Liebesrausch & Bettentausch - Isabelle Reiff - E-Book

Liebesrausch & Bettentausch E-Book

Isabelle Reiff

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Beschreibung

In dieser Anthologie versammeln wir die schönsten Geschichten rund um gute Nächte, sinnliche Träume, rauschhafte Liebeswünsche und verführerische Abwechslung im Bett. Zum Allein-Lesen, zu Zweit genießen oder zu Dritt vernaschen.

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Seitenzahl: 211

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Die Schöne Schlafende
Soko Kaninchen
Zwanzig Minuten
Nachtgedanken
Verruchte Verwechslung
Letzte Arbeitsnacht
Das Mädchen
Lebendige Fantasie
GLANZ&GLORIA
Der Mann im Schrank
Ein missverständliches Wichtellos
Scheibenkleister
In letzter Sekunde
Der Weihnachtsdeal
Gefühle, eine Chefsekretärin und anderer Grusel
Das Geschenk
Autoren

Liebesrausch & Bettentausch

eine Anthologie

ELYSION-BOOKS

Print; 1. Auflage: März 2023

eBook; 1. Auflage: März 20213

VOLLSTÄNDIGE AUSGABE

ORIGINALAUSGABE

© 2023 BY ELYSION BOOKS, LEIPZIG

ALL RIGHTS RESERVED

UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert

www.dreamaddiction.de

ISBN (Ebook) 978-3-96000-260-4

ISBN (gedrucktes Buch) 978-3-96000-261-1

www.Elysion-Books.com

eine Anthologie

Die Schöne Schlafende

Aimée Goepfert

Einst bekam ich Eintritt in dies geheime Haus. Viel hörte ich schon in der Vergangenheit von ihm. Doch erhört wurde mein innerer Wunsch zum Besuch all die Zeit nicht. Ein schönes Haus, wo jede Zimmertüre offen stünde. Und wenn es doch eine zum Ausgang geschlossen besaß, so soll diese wohl stets in der Nacht bloß angelehnt sein, hörte ich immer wieder, wenn über diesen Ort heimlich geflüstert wurde. Ein Rätsel, das sich mir all die Zeit nicht lösen wollte, was dieser geheimnisvolle Ort an Geschichten mir zeigen möchte. Doch die Tür zur Straße scheint stets verschlossen zu sein. Jedes Mal, wenn ich an ihr vorbeizog, wurde ich schon, wenn ich mich näherte, leicht nervös und versuchte zu später Stunde mein Glück immer wieder. Doch ein Riegelchen galt ihr nicht. Immer wieder stand sie mir verschlossen da: die Tür zur Straße. Ich musste dann jedes Mal meinen nächtlichen Spaziergang, ohne eine Rast einzulegen, weiter fortsetzen. Alle sprachen sie über diesen Ort. Bunte Geschichten nahmen aus ihren toten Mäulern ihren Lauf. Doch, wenn man sie näher befragte, die Plappermäuler, wussten sie auf meine Fragen kaum eine Antwort zu geben. Niemand war scheinbar bisher drin gewesen, in diesem Haus, und sah, wie sie die Türen zu ihren Frauenzimmern und Stuben wohl offen stehen lassen. Einst, wie aus einem Film, gefiel mir das Bild meiner Gedanken dazu. Einst in jener, jungen Vollmondnacht, ging ich wieder meines nächtlichen Weges. Es war wie ein Ritual vor dem zu Bett gehen, noch einmal bei Dunkelheit aus meiner Kammer hinauszuschleichen. Die Straße an diesem Tage war so leer, als ob sie ganz für mich auserkoren ward. Die Laternen leuchteten die Bäume am Wegesrand matt an. Ein junges Mädchen in einem weißen Gewand mit roten Spritzern vereint, wie ein Kunstwerk schien es mir, kam zur Türe hinaus, als ich gerade, wie gewohnt, weiter meines Weges ziehen wollte. Sie schaute mich so tiefsinnig durchdringend an, dass ich stehen bleiben musste. Sie blickte zu Boden auf meine frisch geputzten Schuhe mit schwarzem Leder, die ordentlich gebunden waren. Dann sah sie wieder nach oben und musterte mich. Sie hielt die Eingangstür zum geheimnisvollen Haus weiter offen, ohne ein Wort zu sagen, blinkten bei Nacht ihre zarten dunklen Äuglein mich schimmernd an. Ich durfte wohl wirklich endlich Eintritt nehmen, bei klarem Himmel, bei Vollmondnacht. Das Mädchen trat hinaus zur Straße. Sie verschwand um die nächste Ecke aus meinem Augenblick, so schnell, wie sie aus dem Nichts für mich auftauchen mochte. Ich ging durch die große Tür, die sich wieder hinter mir mit einem Ruck verschloss, einen schmalen Weg auf Kieselsteinen zu einem großen Platz zwischen Häuserwänden entlang. Ich erblickte durch das zarte Licht schon die erste offene Tür. Der Platz schien mir eher nach einer Heiligenstädte als nach einem Gärtchen aus, so wie das Mondlicht es zum Erleuchten brachte und die Sträucher, um mich herum in ihrem dunklen Glanz erstrahlen durften. Als ob ich nun einer unter ihnen sei. So schien es mir. Ich hörte die Grillen zirpen, so klar klang die Nacht für mich. Der Wind, der durch die Blätter raschelte, wurde in mir zur Einheit göttlicher Natur. Ich drehte mich zurück zur Eingangstür und fragte mich: „Wird das zarte Ding von draußen noch zu mir zurückkehren?“ Es war mir ein Rätsel, zu solch einer späten Stunde, in so jungen Jahren hinauszugehen, auf die leere dunkle Straße, mit all ihren kleinen Gassen, in denen man schnell nicht mehr wusste, wo es ein noch aus geht. Ich saß nun eine ganze Weile auf dem Bänkchen zwischen zwei Rosenbäumchen, die voller Blütenduft in dieser zarten Nacht in mich einzudringen schienen. Ich legte meine Hände ineinander, als ob ich auf jemanden warten würde, der mich nun gleich befreien sollte - meine gespannte Warterei zum Mondesblick gen Himmel hinaufschauend. „Ist das Mädchen von der Eingangstür meine Begleitung für den Abend, und wird mich zudem durch das Haus gleich zu führen wissen?“, durchbohrt es sich in mir. Oder, ob hier im Haus überhaupt in dieser Vollmondnacht Leben ist? Unsicher wurden meine Glieder, wie viel Zeit mir hier noch bliebe. Nicht zu wissen, ob mir solch eine Gelegenheit noch mal geschenkt wird und die jetzige jederzeit vorbei sein könnte: Im Hier und Jetzt zu sein -, entschloss ich mich nun meinen Gang allein fortzusetzen. Ich öffne mich nun ganz der Freiheit, meinen Gedanken folgen zu dürfen. Ich erhebe mich nun, um mich blickend, laufe ich ein kleines Stück zu meiner Linken und zähle sie: Die Türen. - Fünf möchten es sein. - Keine gleicht meinem Auge der anderen. Nicht zu wissen, wohin mit mir. Doch eine goldene, rote Umrandung zieht mich förmlich im Mondschein an. So muss ich mich, wie vom Blitz getroffen, der ersten Türe nähern. Sie bewegt sich leicht hin und her. Es könnte der Windhauch sein. „Oder gewährt sie mir ins stille Kämmerlein ihren Eintritt?“ Sie knarrt, als ich mich noch näher anschleiche, sodass ich durch einen Spalt hineinschauen kann: Ein Tischchen mit einem Lämpchen, das noch das letzte Ende ihrer Kerze zeichnet, - ein schmales Bettchen steht an der Wand, auf ihm ein weißes Laken, wohl ordentlich gemacht, als ob die Stube auf ihr Mädchen wartet, das durch eine neue Kerze es wieder ganz zum Leuchten bringen soll. Das nächste Zimmerchen ist klein wie eine Vorratskammer, mit all ihren Speisen, ohne jeden Platz für etwas, so scheint es mir, als ich in das schwarze Etwas hineinblicken darf. Ein Riegel könnte von außen vorgeschoben werden, was mir ein wenig Bange werden lässt, bei meinen dunklen Gedanken, da selbst kein Licht von außen die zierliche Stube zum Leuchten bringt. Nur ein Kind könnte wohl in ihr Platz nehmen, so klein ist sie: Die Tür mit ihren Zimmerdecken dazu, dass ich mich selbst bei dem Gedanken schon bücken möchte. Am nächsten Kämmerlein lädt eine ebene braune Tür mich ein, diese zaghaft aufzustoßen, um Einlass zu bekommen. Ich öffne sie zaghaft und sehe durch einen Spalt. Dieser ist gerade groß genug wie ein Guckloch für mich. „Was sehe ich?“: Ein Weib, mit dem Rücken zu mir gerichtet. Sie kniet. Ihr Haar so lang und eben, dass es fast den wohl hölzernen Boden meines Blickes erreicht. Ein zartes Licht scheint über sie hinweg und zeigt mir, wie sanft und ordentlich sie mit einem Kamm ihre Haarpracht ins Reine glättet. Jedes ihrer Strähnen nimmt das Frauenzimmer sich vor, als ob es sich dabei selbst liebkosen möchte, die zarte Kopfbedeckung, seidenglatt müssten sie miteinander sein: Ihre Haare! So wie sie sich fast jedes einzelne vorknöpfen möchte. Ich versuche, gar so leise zu sein, dass sie mich bloß nicht bemerkt, das zarte Ding, um ihr am Ende ja nicht ein Störenfried in ihrer nächtlichen Arbeit zu sein. Auch sie trägt, wie das Mädchen an der Tür zur Straße, ein weißes Gewand. Das bemerke ich schnell. Es scheint so rein an ihr hinunter, was ich aus meiner Deckung schnell bemerken möchte. Ihr Bettchen will in der Mitte der kleinen Stube wohl ordentlich von ihr gemacht sein. „Warum schläft es zu so später Stunde nicht?“, frage ich mich. Ich schaue Richtung Tür zur Straße zurück, noch immer kein Zeichen, dass das Mädchen vom Eingang, mich hier empfangend, zu mir zurückkehren möchte. Als ich gerade gehen will, um nicht länger als Eindringling in diesem heiligen Haus umherzuschleichen, wohl ist mir beim Umherschleichen nämlich nicht, nehme ich all meinen Mut zusammen. Die nächste Tür bleibt vor mir stehen, als ob sie mich einlädt einzutreten. Da sehe ich, wie ein Mädchen sich gerade ein Gewand von einem Haken, an der Wand befestigt, nimmt, und erst mit dem rechten Arm, dann mit dem Linken hineinzuschlüpfen wagt. Ich sehe sie nur von hinten in ihrem Schattenspiel und erblicke, dass ihre zarten Füßchen wohl keine Schuhe tragen. Blonde Löckchen hat das Mädchen, wie ein Engel, so deucht sie mir. Gern möchte ich ihren Namen wissen und hören, wie ihr Stimmlein klingen möchte. Der Gedanke schreckt mich fast vor mir selbst zurück. Stören möchte ich sie nicht, so possierlich wie sie ihre Löckchen über ihr Kleid hebt und sich vor ihrem Spiegel mit einem Lämpchen zu Hilfe kommt, welches sie in ihren jungfräulichen Händen hält und sich dabei selbst betrachtet. Ich möchte mir nicht anmaßen, sie als Jungfrau zu bezeichnen, doch das Mädchen scheint mir von ihrer Erscheinung aus der Rückhand so bescheiden und unschuldig zu sein, dass es gar nicht weiß, wie schön und rein ihre Gestalt auf mich wirken könnte. „Wenn sie mich doch nur anblicken würde, das zarte Ding!“, sage ich noch im Geheimen zu mir. Sie dreht sich um. Ich kann gerade selbst noch vor Schreck aus der Türe treten und mich schnellen Atems hinter ihr verstecken wissen. Schützend steht sie nun vor mir: Die Tür. Sie scheint mit blauer Farbe verziert zu sein, die fast dem Himmel gleichen möchte. Doch dieser ist nun schwarz wie die Nacht. Oder wartet das Mädchen noch auf jemanden und hat sich deshalb hinter dieser Himmelstüre so zurechtgemacht? Ich warte einen Moment der Stille ab und erhasche noch schnell die wohl allerletzte Tür. Sie knarrt gewaltig in Windeseile, als ob sie schon in die Jahre gekommen ist und ein wenig Pflege ihr guttun würde. Sie hat wahrlich schon ihre Ecken und Kanten. Ich stelle mir vor, welch ein Weib wohl hinter dieser Tür sich mir verbergen könnte. Es rückt sich ein merkwürdiges Bild in meinem Kopf zurecht, dass es mich wohl bemerken könnte, schon etwas in die Jahre gekommen, das Frauenzimmer, und mich gleich dann zu sich hinein bittet. Ich fühle mich nicht wohl bei diesem Hirnspuk. Ich entscheide mich schnell, bevor ein Windstoß uns zusammen führen könnte, aufzubrechen. Bevor sich meine Schritte zur Eingangstür einfinden können, erblicke ich neben der Alten, eine Spiegeltür, in der ich mich selbst mit meinem Hut, meinem schwarzen Mantel, seinen Knöpfen dran, wohl eine Weile ganz für mich betrachten möchte. Sie erinnert mich an einen alten Wandspiegel meines Vaters, vor dem ich als Kind mich immer gern verkleidete und mit meinem zarten Schwesterchen, um den besten Platz vor ihm wetteiferte. Doch nur wer brav am Mittag seinen Teller schon leer gegessen hatte, durfte nach dem Mahl schon früher aufstehen und konnte sich die erste Reihe an der Spiegelfront reservieren. Musik durften wir uns am Sonntagnachmittag dazu auch anmachen, die aus den Lautsprechern gern dröhnte, bis meine Mutter sie runter stellte, die Lautstärke unserer Liedchen, dass wir sie kaum noch zum Mitmachen hören konnten. Sie hatte Bedenken oder vermutlich sogar Angst, dass unsere alte Nachbarin, Frau Kelpling uns hören könnte. Uns Kinder grüßte sie meist nicht. Sie sagte einmal zu mir und meinem Schwesterchen, als wir draußen im Garten auf der Wiese spielen wollten, dass wir nicht so laut herumtrampeln dürfen in unseren Zimmern, sonst könne sie ihren Mittagsschlaf nicht fortsetzen und würde noch krank werden. Ich stimmte ihr nur nickend zu und wünschte ihr noch gute Nacht, da sagte sie, dass ich noch mal zurückkommen solle zu ihr, mein Schwesterchen könne ruhig schon in ihrem weißen Kleidchen auf der Wiese tanzen gehen. Ich wollte ihrer Bitte Folge leisten. Sie winkte mich noch näher zu sich heran, bis ich ihr fast direkt auf das Unterste ihrer Kittelschürze schauen konnte, die sie um das Haus meist trug. Sie zeigte hinunter auf die Steinplatten und sagte: „Sieh, kleiner Johann, wenn du die hier siehst, darfst du gewiss drauf treten, das sag‘ ich dir, weil ich weiß, dass du ein artiger Junge in der Schule bist und recht schnell lernst, die machen mir mein ganzes Blumenbeet kaputt.“, und trat mit ihrem schwarzen Schlappen auf das Schnecklein drauf, dass sie gleich eine ganze Schleimspur auf ihren schlurfigen Schritten ins Haus hinterließ, die alte Kelpling. Ich wusste nicht, wie ich mich zukünftig gegenüber ihr verhalten sollte, und was sie damit meinte, dass ich recht schnell lernen würde. Ob sie mich für ihr Vorhaben, zu töten, als kleiner Junge einsetzen wollte? Erzählt habe ich damals von diesem Gespräch niemandem und ging zu meinem Schwesterchen auf die Wiese. Die Kleine rief schon nach mir und wartete freudig auf unser munteres Spielchen am Sonntag. Gierig bin ich nun endlich das Geheimnis für mich zu lüften. Ich muss sie nur sorgsam zu öffnen wissen, die Spiegeltür. Wenn sie sich überhaupt öffnen lässt. Der Griff, der wohl schon vor mir unzählige Male gedrückt worden ist. Die Klinke scheint schon viele Leben hinter sich zu haben, gezeichnet von den Menschen, die sie schon unzählige Male gedrückt haben müssen, um Eintritt zu erhaschen. So trug sich ein Bild in mir zusammen, dass es nichts Schöneres gebe, als hinter die geheimnisvolle Tür ihres eigenen Spiegels zu schauen, als ob meine Gedanken in ihre Welt Einzug erhalten werden. So führt sie mich: Zart geöffnet, einen dunklen Gang mit Kerzlein, die leuchten frisch wie Sternlein schön, hinunter. Ich schließe die Knöpfe meines Mantels, stecke meine Hände in seine Taschen und vergewissere mich, dass ich die Türe zum Platz im Gärtchen auch offen gelassen habe, damit noch ein Fünkchen Wärme vom Mondschein in das kühle Dunkel eindringen kann. Es schlängelt sich wie ein Pfad auf einer Schnitzeljagd, bis zum Ende des Weges kreuz und quer. Da sehe ich sie schon, die wohl letzte angelehnte Tür. Ich atme kaum noch sichtbar, langsamen Schrittes gehe ich zu ihrem Spalt und sehe: Ein Bettchen nahe zu mir, ein Spiegel in der hintersten Ecke, ein Tischchen, ein Lämpchen nahe zu Boden und einem Höckerchen in der Ecke. Ich will doch lieber gehen, da sehe ich plötzlich, wie sich unter dem sauberen Laken etwas im Bettchen regt. Ich schließe die Augen. Meine Hände sind feucht und zittrig. Etwas lässt mich wie verwurzelt stehen bleiben. Ich öffne mutig meine Augen und erfreue mich des Anblicks wider meines Lebens: Ihre Wangen, ihre Äuglein geschlossen schön, ihre Lippen scheinen blutrot für mich zu sein. Im Schattenspiel strahlen diese in ihrer Farbenpracht mich direkt an. Ich stehe vor dem unbekannten Ding und kann mir kaum vorstellen, was passieren würde, wenn sie aus ihrem Schlaf nur erwacht. Ihre Wangen so hell und zart, die von einem Mädchen sein müssen. Ich frage mich aufgrund ihres Anblicks, ob ich die stille Schlafende nur anschauen darf oder ob sie mich einlädt unter ihr Deckchen zu kommen, um mich von der kühlen Nacht bei ihr etwas aufzuwärmen. In der Tat würde sich dies sicherlich unserer Trauung ähneln, wie ein Spiegel, sich gegenüber dem anderen nah zu sein. Wenn ich mich zu diesem Vorstoß selbst nur trauen würde, fürchte ich mich vor ihrem Blick. Ich möchte doch nicht diesen schönen Moment für die stille Schlafende zerstören, um sie meines Willens wach zu machen. Ich schaue sie noch ein Weilchen an, bis sie wohl in ihrem Traum ihre Decke ein klein wenig zur Seite nimmt und etwas vor sich herflüstert, dass wohl kaum für mich bestimmt sein kann. Entdeckend ihre kleinen Füßchen, die rein und sauber sind, für meines Blickes wohl bestimmt, erschrecke ich mich selbst vor mir, fast angezogen meinen Mantel öffnend, sie zu berühren: Die Schöne Schlafende! Und da ertappe ich mich. Ich verschwinde hastig, stumm aus dem Spalt der Tür in die Dunkelheit der Nacht hinein, wie einem Windhauch ähnelnd, der sich zwischen uns voll und ganz lebendig erregt.

Soko Kaninchen

Elisa Hohnscheid

»Okay, ich fahre los«, tippe ich in meine WhatsApp-Gruppe.

Meine Überwachungs-Safety-net-Gruppe, bestehend aus fünf Freundinnen. Der Name: Soko Kaninchen. Schnell den Live-Standort senden, ansonsten ergibt das Ganze ja keinen Sinn. Motor an, los geht’s. Auf zu meinem Sex-Date mit Timo.

Timo kenne ich über eine Datingapp. Wobei »kennen« heillos übertrieben ist. Einmal haben wir gechattet, innerhalb eines Tages hatte er mich so weit, dass ich nun, eine Woche später, auf dem Weg zu ihm bin. Es war sein Glück, dass ich an bewusstem Tag auf dem monatlichen Hormon-Hoch surfte. Der Eisprung, Frauen wissen Bescheid.

Auf seinen Fotos gefällt er mir. Er wirkt sportlich, selbstsicher. Seine Art zu schreiben mag ich. Leicht anzüglich, dabei witzig. Ich war mir der Sache sicher. Jetzt ist von meinem Selbstbewusstsein kaum etwas übrig. Meine Knie zittern, als ich Gas gebe und auf die Autobahn fahre. Fünfundvierzig Minuten Fahrt liegen vor mir. Alles, um flachgelegt zu werden. Es sollte sich also besser lohnen!

Mein Handy gibt währenddessen einen Piep nach dem anderen von sich. Die Mädels laufen langsam warm. Alle fiebern mit. Mein erstes Date nach der Trennung von Kai. Ein Jahr ist das her. Egal wie es wird, Timo soll der Eisbrecher werden, der mich zurück ins Dating-Game katapultiert.

Untypischerweise verfahre ich mich kein einziges Mal auf dem Weg zu ihm. Das muss ein gutes Zeichen sein. Ich finde sogar seine Straße auf Anhieb. Dort holpere ich von Schlagloch zu Schlagloch und fahre schließlich auf den Parkplatz eines Tennisclubs. Parken, Mantel nehmen, Auto abschließen. Ich atme durch wie ein Krieger, der in die Schlacht zieht. Auf geht‘s.

Strammen Schrittes steuere ich auf das Haus mit der Nummer achtzehn zu. Was bei Google Maps aussah wie ein Einfamilienhaus, entpuppt sich von nahem als verlebtes Gebäude mit mehreren Parteien. Na, egal. Er muss nicht reich sein. Mit eiskalten Fingern drücke ich auf die Klingel. Keine zwei Sekunden später wird aufgedrückt. Das ging flott. Hat er an der Tür gewartet? Ich öffne, gehe die Treppe hinauf, versuche, meine Gedanken zu sortieren, mich darauf einzustellen, gleich dem Mann zu begegnen, über den ich seit einer Woche die wildesten Fantasien habe.

Ich habe nicht wirklich Zeit, um mich innerlich zu wappnen. Seine Tür ist direkt die erste, ich renne fast in ihn hinein. Wobei ... ist er das? Ich starre ihn an. Das sollen ein Meter achtzig sein? Das wage ich zu bezweifeln. Und wie kann man mit einundvierzig so faltenfrei sein?

Er strahlt mich an, ich zwinge mich ebenfalls zu einem freundlichen Gesichtsausdruck. Fünfundvierzig Minuten Fahrt, sage ich mir. Fünfundvierzig Minuten Fahrt. Würde ich ihm auf der Straße begegnet, würde ich an ihm vorbeilaufen. Er ist nichtssagend. Ja, ich erkenne ihn vage, doch die Blaupause aus meinem Kopf stimmt nicht mit der Realität überein. Ich suche nach Bekanntem, sehe aber nur einen jungenhaft wirkenden, schmächtigen Mann, der mich anlächelt. Dieses Lächeln irritiert mich. Hoffentlich ist er kein Psychopath.

»Hallo«, sagt er und ich zucke innerlich zusammen.

Seine Stimme klingt hoch. Eine helle Männerstimme. Nein, das mag ich nicht. Ich will eine Stimme, die mich auszieht. Diese hier packt mich in einen Schneeanzug.

»Hallo«, antworte ich und bleibe an der Schwelle stehen.

»Komm doch rein«, sagt er.

Ich schüttle den Kopf. »Wir wollten erst spazieren gehen.«

»Ach so, das willst du echt machen?«

Ich nicke standhaft.

»Okay, dann muss ich mich anziehen.«

Er wirft eine rote Winterjacke über und setzt sich eine schwarze Wollmütze auf. Ohne einen einzigen Blick in einen Spiegel. Und für so eine Nachlässigkeit stand ich drei Stunden im Bad? Habe meine Beine und Bikinizone rasiert, bis die Klinge stumpf war? Meine Haare gewaschen und mühsam in Form gebogen? Mich bestmöglich geschminkt? Mein Outfit geplant? Na ja, warten wir erstmal ab.

Er wohnt direkt am Waldrand. Mit imposanten Schritten marschiert er los, ich komme auf dem gefrorenen Boden mit meinen glatten Sohlen kaum hinterher. Schlau von mir, ausgerechnet diese Schuhe anzuziehen. Aber er könnte sich ja meinem Tempo anpassen? Ein verkrampftes Gespräch beginnt. Er erzählt mir irgendetwas von Bäumen, die über die Wurzeln miteinander kommunizieren. Er hat nämlich einen VHS-Kurs über Wälder belegt und weiß Bescheid. Ich versuche, mir über seine Begeisterung kein Urteil zu bilden. Er kann ja dennoch nett sein. Was mich viel eher irritiert, ist dieses Lächeln. Er lässt mich keine Sekunde aus den Augen. Es ist mir unangenehm. Könnte das das Lächeln eines Serienmörders sein? Ich denke an mein Handy, das zuverlässig meinen Standort sendet. Falls ich sterbe, kennt man wenigstens meinen letzten Aufenthaltsort.

Fünfzehn Minuten später bin ich derart durchgefroren, dass wir den Spaziergang beenden. Tapfer folge ich ihm in seine Wohnung, in der ich von einer Hitzewelle erschlagen werde. Moment. Das ist wirklich seine Wohnung? Ich schaue mich um.

»Das ist die Wohnung meiner Oma«, kommt er meiner Frage zuvor. »Ich habe sie von ihr übernommen.«

»Mitsamt den Möbeln?«

Er lächelt schon wieder. »Ich mag das.«

Ich finde es zu gediegen, aber was soll‘s. Ich will hier nicht einziehen. Sein Sofa ist kleiner, als ich gedacht habe. Ein Zweisitzer. Er hatte vorgeschlagen, einen Film zu schauen, doch jeder weiß ja, dass das ein Synonym ist. Den Fernseher schaltet er folgerichtig nicht ein, als er mir ein Glas Leitungswasser reicht. Etwas anderes hat er nicht im Haus. Wieder frage ich mich, wieso ich mein Äußeres getunt habe und neue Unterwäsche trage.

Er lässt sich neben mich plumpsen, ich bekämpfe meinen Fluchtinstinkt. Ich ziehe das jetzt durch. Beine breit, rein, raus, fertig. Das werde ich schaffen. Der Eisbrecher.

Vollkommen unvermittelt, ohne ein weiteres Wort, taucht sein Gesicht vor mir auf. Zack, der erste Kuss. Ohne mich vorher irgendwo berührt zu haben. Ich bin nicht vorbereitet. Seine Lippen fühlen sich warm an. Blitzartig rufe ich mir in Erinnerung, wie man vernünftig küsst. Zunge weich werden lassen, nicht verkrampfen. Seine Lippen rutschen über meine, als er den Mund aufreißt. Will er mir übers Gesicht schlabbern? Ich warte darauf, dass sich bei mir irgendeine Art der Gefühlsregung einstellt. Schmatz. Himmel. Er schmatzt beim Küssen. Da, wieder: Schmatz. Ich habe keine Zeit, mich näher mit dem Geräusch zu befassen, denn in diesem Moment wandern seine Hände plötzlich in Richtung meiner Taille. Die Situation erinnert mich an meine Teenager-Zeit, als man noch nicht so genau wusste, was man tat. Er löst seinen Mund von meinem, lächelt wieder, drängt mich zurück und legt sich halb auf mich. Mit zu viel Gewicht. Mein Kopf sinkt in eines der Kissen, ich fühle mich gefangen. Egal, Natalie, mach mit. Du liebst Sex, du brauchst einen Mann in und auf dir, das wird schon. Entspann dich. Ich versuche, auf mich selbst zu hören, schließe die Augen. Mein Kleid wird hochgeschoben, die Druckknöpfe geöffnet. Darunter trage ich nur meine neue Unterwäsche. Hände legen sich darauf, wischen darüber. Stell dich nicht an, Natalie! Du bist keine Jungfrau mehr. Hoffnungsvoll öffne ich die Beine. Er beschäftigt sich mit meinem Bauch. Wieso?

»Wollen wir ins Schlafzimmer?«, fragt er und lächelt.

Kann er bitte damit aufhören? Ich will Leidenschaft, nicht dieses merkwürdige Lächeln. Ich nicke und stemme mich hoch. Er steht auf, geht vor mir her, als wäre ich eine gewöhnliche Besucherin, nicht diejenige, in die er gleich sein Geschlechtsorgan einzuführen gedenkt.

Im Schlafzimmer schließt er als Erstes die Jalousie. Damit die Nachbarn nicht alles sehen. Ich beschwere mich nicht, er muss ja nicht jeden Makel an meinem Körper im winterlichen Sonnenlicht erkennen.

Nebeneinander ziehen wir uns aus. Eine sonderbare Situation, wie ein altes Ehepaar. Er beugt sich über mich. Ich falle rückwärts auf die Matratze. Hoffnung keimt auf. Ich brauche einen dominanten Mann. Ich bin nicht zartbesaitet, ich will was spüren. Ich will einen, der mir zeigt, wo es langgeht, der mich rumkommandiert und mir sagt, was ich zu tun habe. Der mit mir macht, was er will und mich nicht befremdet ansieht, wenn ich ihm von meinen Vorlieben erzähle. Der mir an den Haaren zieht und den Arsch versohlt, so dass ich am nächsten Tag den Handabdruck erkennen kann. Bitte, bitte sei so einer.

Nein. Ist er nicht. Er ist stattdessen eine Art Blitz. In Windeseile arbeitet er verschiedene Körperstellen ab, von denen er wohl ausgeht, dass es Frauen im Allgemeinen, und somit auch mir, gefällt. Hier drücken, da kneten, da lecken. Ich bin so lange nicht mehr berührt worden, dass es mich nicht komplett kalt lässt. Es geht nur so schnell, dass ich kaum etwas mitbekomme.

»Gut schaust du aus«, murmelt er, natürlich lächelnd, mit dem Kopf zwischen meinen Beinen. Dann lässt er seine Zunge kreiseln. Das ist das, was ich die Schiffsschraube nenne, und ich habe keine Ahnung, wer Männern Oralsex auf diese Art und Weise erklärt hat. Es bringt mir nichts. Egal. Vielleicht taugt er was, wenn er in mir ist.

»Fick mich endlich«, kommandiere ich.

Wenn er ein Mann wäre, wie ich ihn will, würde er sich das nicht gefallen lassen. Er würde mir spätestens jetzt zeigen, wer das Sagen hat. Ich erwarte eine Reaktion, irgendetwas, einen Widerspruch. Aber keinen stummen Gehorsam. Ratsch. Die Verpackung vom Kondom.

Dann bewegt er sich auch schon auf mir. Moment. Ist er drin? Ich horche in mich hinein. Ja, ist er. Ein kleiner Schwanz. Ich öffne die Schenkel weit, in der Hoffnung, ihn tiefer zu spüren. Ich spüre allerdings nur sein Körpergewicht, das mich in die zu weiche Matratze presst. Gut, dann von hinten. Ich befreie mich, drehe mich um, gehe vor ihm auf alle viere. Er versteht das zum Glück. Seine Hände berühren zart meine Hüfte, weiter gehts. Ich würde am liebsten frustriert schreien. Was zum Teufel macht er? Wo ist er? Wieso packt er nicht zu? Weshalb nimmt er nicht meine Hüfte und fickt mich, so dass ich mich irgendwo festhalten muss?

»Fester«, sage ich. »Und tiefer.«

Meine Anweisungen werden befolgt. Immerhin, er gibt sich Mühe.

»Schlag mich«, bekomme ich hervor.

»Äh, was?«

»Schlag mir auf den Arsch. Los!«