Liebesspiele - Heinrich Mann - E-Book

Liebesspiele E-Book

Heinrich Mann

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Beschreibung

Liebesspiele ist eine Erzählung von Heinrich Mann. Auszug: Gleich wie er sie erblickte, bekam Paul Lissen einen großen Schreck. Er stand nichtsahnend und sanft gestimmt in München an seinem Coupéfenster, da kam diese große, tiefrot gekleidete Frau mit dem warmen Blond und den geraden schwarzen Brauen neben dem Mann, der vornehm und verbraucht aussah, den Bahnsteig entlang. Paul Lissen zitterte, so entsetzlich deuchte ihn sofort dieses weiße, kraftvoll modellierte, weise gemalte Gesicht; es war grausam und dabei tot; und erblaßt starrte er darauf hin, wie auf ein weites Leichenfeld, wo jetzt die Reihe an ihm war. Die Frau bemerkte ihn und sah verächtlich weg.

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Liebesspiele

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Liebesspiele

Gleich wie er sie erblickte, bekam Paul Lissen einen großen Schreck. Er stand nichtsahnend und sanft gestimmt in München an seinem Coupéfenster, da kam diese große, tiefrot gekleidete Frau mit dem warmen Blond und den geraden schwarzen Brauen neben dem Mann, der vornehm und verbraucht aussah, den Bahnsteig entlang. Paul Lissen zitterte, so entsetzlich deuchte ihn sofort dieses weiße, kraftvoll modellierte, weise gemalte Gesicht; es war grausam und dabei tot; und erblaßt starrte er darauf hin, wie auf ein weites Leichenfeld, wo jetzt die Reihe an ihm war. Die Frau bemerkte ihn und sah verächtlich weg.

Dreimal gingen sie den Zug entlang. Der Diener hinter ihnen suchte umständlich nach einem leeren Coupé erster Klasse. Es gab keins, da stiegen sie in das, wo nur Paul Lissen war. Er grüßte und setzte sich mit Herzklopfen in seine Ecke. Er war vorher fast ganz damit zufrieden gewesen, daß Liane ihn wieder einmal betrogen hatte, und daß er nun, ein wenig beleidigt, ein wenig schmerzlich, eine einsame Erholungsreise nach dem Süden antreten konnte. Gumbinner und von Eisenmann hatten ihn neulich beim Rennen geradezu blödsinnig hineingelegt. Er hatte, wie gewöhnlich, sich ängstlich gehütet, merken zu lassen, daß er den Zusammenhang begriffen habe. Er behielt immer sein abgefeimtes Lächeln als Versteck für alle seine Schüchternheiten und Zweifel, verschenkte immer Geld und fragte sich immer: ›Kann ich darum keinen Freund und keine Geliebte finden, weil ich das viele Geld habe? Wahrscheinlich. Bei der Heftigkeit meiner Begierden wäre ich sonst, wenn ich arbeiten müßte, vielleicht ein Künstler, könnte die starken Abenteuer, die ich nicht wage, wenigstens erfinden, und so mein Herz den andern aufzwingen.‹ – Während sechs Weiber auf einmal von ihm lebten, starb Paul Lissen, genannt der Jubeljüngling, insgeheim an lauter schwermütigen Begierden. Er war schon sein Leben lang auf der Jagd nach Liebe. Aber er hatte es nur ein einziges Mal eingestanden, unter Tränen der Leidenschaft, als er ganz sicher war, daß seine Beichte ohne Folgen bleiben würde. Keine andere Frau konnte, zum Glück, solche Seelenverfassung bei ihm annehmen. Und nun gar die da, ihm schräg gegenüber!