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Straßburgs Geschichte war turbulent - zweisprachige Straßenschilder zeugen ebenso davon wie das Nebeneinander deutscher und französischer Fassaden. Was jedoch nur wenige wissen: In Straßburg nahm Antoine de Saint-Exupéry seine ersten Flugstunden. Ein Voodoo-Museum erklärt hier afrikanische Glaubenswelten. Außerdem kann man in der Stadt gotischen Stripperinnen begegnen. Diese und andere Anekdoten erzählt Stefan Woltersdorff, führt an Lieblingsplätze in und um Straßburg, im Elsass und der Rheinebene. Dabei zeigt er auch, welche klugen Köpfe dieser zutiefst europäischen Region ihren Stempel aufdrückten.
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Lieblingsplätze in Straßburg und Umgebung
Stefan Woltersdorff
Aus Gründen der Lesbarkeit und Sprachästhetik wird in diesem Buch das generische Maskulinum verwendet. Mit der grammatischen Form sind ausdrücklich weibliche sowie alle anderen Geschlechtsidentitäten berücksichtigt, insofern dies durch den Kontext geboten ist.
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2., überarbeitete Neuausgabe 2025
© 2015 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75/20 95-0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat/Redaktion: Anja Kästle/Ricarda Dück
Satz/Layout: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Susanne Lutz
unter Verwendung der Illustrationen von © brichuas – stock.adobe.com; © Fiedels – stock.adobe.com; © VRD – stock.adobe.com; © scusi – wwwstock.adobe.com; © Ольга Ева – stock.adobe.com; © jan stopka – stock.adobe.com; © DesignStudio RM – stock.adobe.com; © Katrin Lahmer; © Benjamin Arnold; © Susanne Lutz
Kartendesign: © 123vectormaps.com
ISBN 978-3-7349-3166-6
Nach 13 Jahren in der elsässischen Provinz konnte ich keine Geranien mehr sehen. Doch zum Glück gibt es sowohl in Straßburg als auch in Kehl, meinen beiden langjährigen Wohnorten, nur wenige davon. Überhaupt entspricht die Europastadt kaum jenem folkloristischen Abziehbild, das zahlreiche Reiseführer bis heute von ihr zeichnen und das viele Touristen daher auch erwarten. Mein Straßburg ist facettenreicher, widersprüchlicher, manchmal auch widerborstiger …
Um nicht schon zu Beginn falsch verstanden zu werden: Doch, ich mag an der Stadt durchaus auch ihre elsässische Seite, und ich leide mit ihr, wo immer diese verloren zu gehen droht. Wie viele Straßburger ärgere ich mich über die auf rot-weiß getrimmte Einheitsküche, die vielerorts zu horrenden Preisen als typisch elsässisch verkauft wird. Dafür atme ich erleichtert auf, wenn ich, meist in Seitengassen, immer wieder auf neue, kleine Lokale stoße, deren Köche die Vielfalt elsässischer Rezepte noch kennen und zugleich kreativ weiterentwickeln. Auch ich halte es für eine verpasste Chance und einen historischen Fehler, dass das Strossburjerditsch aus dem öffentlichen Raum praktisch völlig verdrängt wurde und freue mich, wenn das Interesse an dieser jahrhundertealten Sprache trotz allem immer wieder aufflackert.
Aber das Straßburg des 21. Jahrhunderts ist eben nicht nur mit der viel beschworenen und im Grunde nie wirklich eingelösten französisch-elsässischen Doppelkultur zu beschreiben. Schon lange kommt in der Stadt nicht nur das kleine Schàngele zur Welt, sondern auch Rachid und Salika, Hui und Lin, Vasil und Ewa. Aus den Radios klingt immer seltener volkstümelndes Humpftata, dafür mehr französischer Rap, teilweise »maid in Sträsbörg«.
Doch nicht nur die Sprache, auch das Gesicht Straßburgs hat sich in den letzten Jahren rasant verändert, ja, der Wandel nimmt sogar weiter an Fahrt auf: Das Europa-Viertel wächst und wächst, die Avenue du Rhin, symbolträchtige Verbindung von Straßburg und Kehl, hat sich in einen Stadtboulevard verwandelt, und auf dem Gelände des einstigen Stadthafens entstehen auf einem Gebiet von 74 Hektar derzeit vier neue Wohn-, Kultur- und Geschäftsviertel in unmittelbarer Nähe zu Deutschland.
Schon heute sind beide Ufer eng miteinander verflochten: durch Bus, Bahn, eine grenzüberschreitende Tramlinie (seit 2017) und nicht zuletzt durch die Menschen selbst. Tausende Deutsche leben auf Straßburger und fast ebenso viele Franzosen auf Kehler Seite. Für viele gemischte Familien ist die Grenze ohnehin nicht mehr existent. Und auch wirtschaftlich profitieren beide Seiten davon. In Kehl etwa kommt jeder zweite Kunde aus Frankreich, weshalb viele Läden ihre Angebote zweisprachig ausschreiben. Eine europäische Kuschel-Party ist dennoch nicht zu erwarten, denn mehr Begegnung führt eben auch zu mehr Reibung. Aber gerade dies macht die künftige Doppelstadt am Rhein zu einem spannenden Labor, das für Besucher wie Bewohner eines jedenfalls nie sein wird: langweilig.
Da hier alles mit allem so eng verbunden ist, fiel mir die Auswahl und auch die Anordnung der Texte nicht immer leicht. An erster Stelle steht natürlich die Straßburger Altstadt, gefolgt von der wilhelminischen Neustadt und dem Villenviertel Robertsau, ferner der populären Krutenau und der Ville Nouvelle Richtung Rhein. Zusätzliche Kapitel zur deutschen Nachbarstadt Kehl sowie dem Hinterland beider Städte runden den Band ab. Die Auswahl meiner Lieblingsplätze ist natürlich völlig subjektiv und oft sogar zufällig. Wichtig war mir die geografische Streuung und eine gewisse thematische Vielfalt sowie im letzten Kapitel die Beschränkung auf Ausflüge, die maximal 40 Kilometer vom Straßburger Münster entfernt sind.
Obwohl es für alle erwähnten Orte sowohl deutsche als auch französische Namen gibt, habe ich mich aus praktischen Gründen auf die im jeweiligen Land amtliche Schreibung beschränkt. Nur bei Straßburg habe ich eine Ausnahme gemacht: Da die Europastadt irgendwie uns allen gehört, habe ich mir erlaubt, sie bei ihrem deutschen Namen zu nennen.
Stefan Woltersdorff
Kreuz und quer durch die Straßburger Altstadt
Den Weg zum Straßburger Münster alias Cathédrale Notre-Dame alias ’s Müenschter vun Strossburi muss man wirklich niemandem erklären: Egal welche Route durch die Innenstadt wir auch wählen, früher oder später stehen wir vor dem weltberühmten Bau aus rotem Vogesen-Sandstein. Irgendwie scheint er uns eben magisch anzuziehen, fast wie ein Magnetberg im Straßburger Häusermeer. Vielleicht ist er eben doch nicht nur ein Kunstwerk aus unbelebtem Stein, sondern ein lebendiges Wesen: Wie ein Baum war er dem deutschen Dichter Clemens Brentano erschienen, wie ein Engel seinem französischen Kollegen Paul Claudel. Die Straßburger Autorin Barbara Honigmann dachte gar an den Zeigefinger Gottes, während der Elsässer René Schickele sich an eine alte Dame mit übergroßem Hut erinnert fühlte.
Seit nunmehr tausend Jahren schon projizieren die Menschen ihre Hoffnungen, Ängste und Träume auf diesen Bau, denn so alt ist er bereits. Freilich blieb von diesem romanischen Münster im Wesentlichen nur die Krypta erhalten. Der übrige Bau wurde nach und nach im Stil der Gotik neu errichtet. Als ihr Prunkstück gilt die mächtige und doch verspielt wirkende Westfassade, ein Meisterwerk Erwins von Steinbach. Ein Epitaph an der Nord- und eine lebensgroße Statue an der Südseite des Münsters erinnern an den wohl bekanntesten Münster-Baumeister. Doch sein kühner Plan wurde von seinen Nachfolgern abgeändert: der Raum zwischen den ursprünglich zwei Glockentürmen wurde aufgefüllt, sodass ein durchgängiges Glockengeschoss entstand. In der frühen Neuzeit errichtete man auf der so entstandenen Plattform einen weiteren Treppenturm und jene berühmte Haube, die die Straßburger »Müenschterzipfel« tauften.
Fünf große Portale führen ins Innere des Münsters – es gibt eben auch hier mehr als nur einen Weg zu Gott. Tatsächlich haben die Steinmetze an jedem Portal ein anderes Thema gestaltet. Die drei an der Westfassade variieren Glaube, Hoffnung und Liebe. Das Letztere ist natürlich das beliebteste. Also auf zum Portal der klugen und törichten Jungfrauen an der Südwestflanke. Der mittelalterliche Steinmetz interpretiert hier ein Gleichnis aus dem Matthäus-Evangelium: Kluge Mädchen warten geduldig und sittsam auf ihren schon etwas älteren und hier bärtig dargestellten Bräutigam, während die törichten, nun ja … Leider steht das nicht in der Bibel, wohl aber für alle sichtbar und in Stein gehauen am Straßburger Münster.
Ein Jüngling mit schicker Schmalzlocke, gekleidet nach dem allerletzten modischen Schrei der Gotik, kommt von links lässig herangeschlendert. Da er aus Stein ist und daher nicht sprechen kann, lässt er in seiner Hand ein rundes Äpfelchen hüpfen und grinst dabei von einem Ohr zum anderen. Die so Angesprochenen verstehen diese Botschaft natürlich sofort, und da ihr Herz offenbar nicht nur aus Stein ist, reagieren sie auch prompt: Während die eine lustvoll ihre Hüften schwingt, ist die andere bereits dabei, mit einer lasziven Handbewegung den obersten Knopf ihres Gewandes zu öffnen. Leider vergisst sie dabei eine wichtige Grundregel der Partnerwahl: immer auch einen Blick hinter die Fassade zu werfen.
Wir dagegen tun dies und entdecken im Rücken des Fürsten der Welt (so heißt er nämlich) Schlangen, Lurche und Kröten, niedere und somit teuflische Tiere also. Kein Zweifel – vor uns steht kein Mensch, sondern der Verführer selbst. Schaut also bitte erst einmal genau hin, scheint die Botschaft des Steinmetzen zu lauten, unterscheidet klug zwischen Schein und Sein. Eine durchaus noch aktuelle Aussage, wie man zugeben muss. Und eine europäische obendrein: Denn nichts anderes bedeutet das altgriechische Wort »Europa«: »Die (Frau) mit der weiten Sicht« (zusammengesetzt ausευρύς/eurýs/weit und оψ/ óps/Sicht). Sagte ich es schon? Wir befinden uns in einer der Hauptstädte Europas …
Die klugen und törichten Jungfrauen am Münster sind Kopien, die Originale befinden sich im Frauenhaus-Museum (Musée de l’Œuvre Notre-Dame).
Notre Dame de Strasbourg
Place de la Cathédrale
FR-67000 Strasbourg
Buchung deutschsprachiger Führungen in Straßburg:
Tourist-Information Kehl
Kehl Marketing GmbH
Rheinstraße 77
D-77694 Kehl
Der Fürst der Welt mit törichten Jungfrauen in seinem Gefolge
Musée de l’Œuvre Notre-Dame
3 Place du Château
FR-67000 Strasbourg
+33 368 985000
Der Legende nach wurde das Straßburger Münster über einem unterirdischen See errichtet. Nach dem Sieg des Christentums wurden die heidnischen Gottheiten dorthin verbannt, und so leben sie bis heute im wahrsten Sinne des Wortes »unter« uns. In der Geschichte steckt mehr als nur ein Körnchen Wahrheit.
Tatsächlich war der Untergrund von Straßburg wie fast überall in der Rheinebene feucht. Als man im 11. Jahrhundert das romanische Münster errichtete, musste der Boden mit Eichenstämmen stabilisiert werden. Doch durch die Begradigung des Rheins sank im 19. Jahrhundert der Grundwasserspiegel dramatisch ab, das Holz lag plötzlich auf dem Trockenen und wurde morsch. Um ein Haar wäre das Münster damals eingestürzt, wenn nicht der damalige Dombaumeister Johann Knauth Risse bemerkt und den Untergrund rechtzeitig mit Zement stabilisiert hätte. Und die heidnischen Geister? Um dies herauszufinden, nehmen wir die Treppe hinter der Apsis und steigen hinab in die Tiefen des Münsters und seiner Geschichte. Der Zugang ist nur auf Anfrage und im Rahmen von Sonderführungen möglich, die bei der Tourist-Info von Kehl oder von Straßburg gebucht werden können.
Wer den Besuch auf diesem Weg vorbereitet, wird reich belohnt. Nur wer sich auf einen unterirdischen See freut, wird leider enttäuscht: Nach einigen Stufen finden wir uns in einer weiteren Kirche wieder, der Krypta. Der dreischiffige romanische Bau ist der faszinierende Rest des 1015 vom damaligen Bischof in Auftrag gegebenen und nach ihm benannten »Wernher-Münsters«. Im Mittelschiff wechseln sich Pfeiler und Säulen ab, Letztere von skulptierten Kapitellen geschmückt. Sie zeigen fantastische Ornamente, rätselhaftes Blattwerk und … diverse Fabelwesen und Teufelsfratzen. Da sind sie also, und wirken noch immer so lebendig wie vor tausend Jahren.
Über die Tourist-Infos von Kehl und Straßburg können auch Führungen im sonst verschlossenen, nördlichen Querschiff gebucht werden.
Romanisches Kapitell in der Krypta des Münsters
Notre Dame de Strasbourg
Place de la Cathédrale
FR-67000 Strasbourg
Presbytère de la cathédrale
1 Rue de Rohan
FR-67060 Strasbourg
+33 388 214334
Rund um das Münster gibt es nur Touristen? Im Prinzip ja, aber … hier kommt mein persönlicher Geheimtipp (also bitte nicht weitersagen): Nur wenige Meter von der Kathedrale entfernt, aber gut versteckt vor neugierigen Blicken, liegt die Place du Marché Gayot, von Insidern kurz und bündig P.D.M.G. genannt. Sieben schmale Durchgänge führen auf den fast quadratischen Platz.
1769 ließ ihn François-Marie de Gayot in seiner Funktion als königlicher Statthalter am Ort eines abgebrannten Palais unter dem Namen Cour Brûlée anlegen. Das Projekt war Teil einer grundlegenden Stadtsanierung, deren Ziel es war, die mittelalterlich-enge Bebauung aufzubrechen. Das Ergebnis sieht ein wenig nach Puppenstube aus: idyllische Fachwerkhäuschen, niedrige Türen, schmale Fenster … Der Straßburger Dichter Jean-Paul Klée, der viele Jahre hier ein Appartement bewohnte, erzählt sogar, der Straßburger Kardinal Louis-René Edouard de Rohan-Guéméné habe hier im 18. Jahrhundert kleinwüchsige Menschen aus seinem Hofstaat untergebracht.
Ob Legende oder Wahrheit: Die kleinen Leute gehören noch heute fest zum P.D.M.G. dazu. An warmen Tagen nämlich tollen häufig Kinder auf der großen Metallskulptur La pierre trouée (Der durchlöcherte Stein) herum, die 2003 in der Platzmitte aufgestellt wurde. Der Name spielt auf den Vogesenort Pierre Percée an, wo ihr Schöpfer, der französische Installationskünstler Jean Clareboudt, seine letzten Lebensjahre verbrachte. Wer sich der Kunst lieber kontemplativ nähert, statt auf ihr herumzuturnen, kann sich auf einer der schattigen Terrassen niederlassen. Gleich mehrere Cafés reihen sich an der Nordseite des Platzes aneinander, während an der Südseite diverse Restaurants mit regionaler, nationaler und internationaler Küche aufwarten. Und auch die Preise sind durchaus noch familiär …
Nur wenige Schritte entfernt lädt das Restaurant Bistrot & Chocolat (8 Rue de la Râpe) zur Entdeckung seiner vegetarischen und veganen Küche ein. Unbedingt probieren: die beste heiße Schokolade der Stadt!
Auf den Place du Marché Gayot führen sieben schmale Passagen. Ausgangspunkt sind die Rue des Frères, Rue des Soeures, Rue des Écrivains und Rue du Chapon.
Informationen und Auskunft: Fremdenverkehrsamt Strasbourg
17 Place de la Cathédrale
FR-67000 Strasbourg
+33 388 522828
Nirgendwo sonst kommen sich Adels- und Bauernstand so nahe wie am Marché aux poissons. Noch heute findet auf dem ehemaligen Fischmarkt am Illufer jeden Samstag Vormittag der Marché des producteurs statt, die Edelausgabe unter den insgesamt 20 Straßburger Wochenmärkten: Ausgewählte Produzenten aus dem ganzen Elsass bieten hier ihre frischen und mehrheitlich biologischen Produkte an: Käse, Gänseleber, Kräuter, Schokolade …
Direkt neben dem Platz steht seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts das ehemals bischöfliche Schloss. Es trägt den Namen einer einst mächtigen Familie des französischen Hochadels, den Rohans. Sie stellte die letzten vier Fürstbischöfe Straßburgs, die bis zur Französischen Revolution hier residierten. Ihr Bistum umfasste große Teile des Nieder-Elsass, aber auch Gebiete auf der rechten Rheinseite. Der letzte Rohan auf dem Straßburger Bischofsstuhl war auch der bekannteste: Louis René Edouard de Rohan-Guéméné. In den Jahren vor Ausbruch der Revolution war er in zwei Affären verstrickt, mit denen er sich selbst und dem absolutistischen Staat das politische Grab schaufelte: Ins Stolpern brachte ihn Cagliostro, den er 1780 an seinen Hof holte. Der skandalumwitterte Wunderheiler gründete in Straßburg eine freimaurerische Geheimloge, die als vorrevolutionäres Sammelbecken galt. Fünf Jahre später stürzte Rohan über die sogenannte »Halsbandaffäre«. 1790 schließlich musste er vor der Revolution in seine rechtsrheinischen Besitzungen nach Ettenheim fliehen, wo er 1803 starb.
Sein Schloss beherbergte danach noch so manche Untermieter: den revolutionären Magistrat der Stadt, Kaiser Napoleon, die Universität Straßburg und heute drei städtische Museen: Im Untergeschoss das für Archäologie, im Parterre das für Kunstgewerbe und im ersten Stock das für die Schönen Künste. Doch Rohans Name steht immer noch am Eingang …
Im archäologischen Museum veranschaulicht ein Stadtmodell, wie Straßburg zur Römerzeit ausgesehen hat.
Blick von der Wasserseite auf das Palais Rohan mit demMusée Archéologique
2 Place du Château
FR-67000 Strasbourg
+33 368 985000
»Ich bezog ein kleines, aber wohlgelegenes und anmutiges Quartier an der Sommerseite des Fischmarktes …« Diese Zeilen stammen von Johann Wolfgang Goethe, der 1770 als Jurastudent nach Straßburg kam und sich im Haus 35 am Alten Fischmarkt eine Studentenbude mietete. Eine schlichte Tafel, die unter dem Doppelfenster von Goethes einstiger Wohnung angebracht wurde, erinnert daran.