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Jenseits der Elbe gibt es nur plattes Land, windiges Wetter und eine stürmische See? Lassen Sie sich überraschen und erkunden Sie die Nordsee neu! Warum nicht mal im Fluss planschen statt im Meer, frische Waldluft einatmen statt steife Brise? Moorigen Grund statt Watt unter den Füßen spüren oder Ebbe und Flut austricksen? In Dithmarschen, Nordfriesland, auf den Inseln und Halligen schlummern verträumte Ecken, quirlige Städtchen und spannende Freizeitmöglichkeiten. Am Nord-Ostsee-Kanal radeln, sich an einem historischen Backhus stärken und den Fährmann mit der Glocke rufen. Mit Drachen surfen, Bernsteine suchen und mit Kindern die Steinzeit erkunden. Krabben pulen oder sich im Kino bedienen lassen - tun Sie, was Ihr Herz begehrt, und das an der Nordsee in Schleswig-Holstein!
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Seitenzahl: 140
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Lieblingsplätze Nordsee Schleswig-Holstein
Lark / Weiler / Wilken / Siems
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Aus Gründen der Lesbarkeit und Sprachästhetik wird in diesem Buch das generische Maskulinum verwendet. Mit der grammatischen Form sind ausdrücklich weibliche sowie alle anderen Geschlechtsidentitäten mit berücksichtigt, insofern dies durch die Aussage geboten ist.
Alle Seitenangaben in diesem Buch beziehen sich auf die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe.
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1. Auflage 2023
© 2023 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75/20 95-0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat/Redaktion: Ricarda Dück
Herstellung: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Susanne Lutzunter Verwendung der Illustrationen von © SylwiaNowik, SimpleLine, jan stopka, eyewave, metelsky25 – stock.adobe.com; © Susanne Lutz
ISBN 978-3-8392-7550-4
Impressum
Dithmarschen
1 Entlang der Wasserstraße
Brunsbüttel: Radtour am Nord-Ostsee-Kanal
2 Den Großen ganz nah
Brunsbüttel: Schleusenmeile
3 Das einstige Fischerdorf
Neufeld: Hafen
4 Die schwingende Fassade
Marne: Rathaus
5 Auf dem Hoper Kleve
St. Michaelisdonn: Bismarckstein
6 Zwischen Marsch und Geest
Burg: Waldmuseum
7 Planschen im Süßwasser
Hochdonn: Badestelle Klein-Westerland
8 Das große Geschnatter
Gudendorf: Dithmarscher Gänsemarkt
9 Mit Robben auf Tuchfühlung
Friedrichskoog: Seehundstation Friedrichskoog
10 Ins Meer wandern
Friedrichskoog: Trischendamm und Strand Friedrichskoog-Spitze
11 Das Paradies der Vögel
Elpersbüttel: Hallig Helmsand
12 Der Dom der Dithmarscher
Meldorf: Meldorfer Dom
13 Eine Reise in die Vergangenheit
Meldorf: Dithmarscher Landesmuseum
14 Zeitsprung
Albersdorf: Steinzeitpark Dithmarschen
15 Die Hand zum Schwur erhoben
Odderade: Fünffingerlinde im Riesewohld
16 Auf Grünstrand und Düneninsel
Büsum: Familienlagune Perlebucht und Hauptstrand
17 Alte Kutter und Karren
Büsum: Museumshafen
18 Mit Kulleraugen und Stupsnase
Büsum: Fahrt zu den Seehundbänken
19 Erfassen und begreifen
Büsum: Erlebniszentrum Phänomania
20 auf Muschelsuche
Westerdeichstrich: Strand und Wattwanderung in Stinteck
21 Dorf mit Stadtkern
Wöhrden: Historisches Ortszentrum
22 Aber bitte mit Sahne!
Hemmingstedt: Hofcafé Fünf Linden
23 seit über 500 Jahren
Heide: Wochenmarkt
24 Wege zu Musik und Dichtung
Heide: Handwerkerviertel Lüttenheid
25 Für alle Bedürfnisse
Heide: Restaurant und Musikkneipe Rosengasse Heide
26 Denkmal für einen Dichter
Wesselburen: Hebbel-Museum
27 Mit Kohlköpfchen
Wesselburen: Museum KOHLosseum
28 Schutz für Menschen und Vögel
Wesselburenerkoog: Eidersperrwerk
29 Geruhsam über die Eider
Delve: Bargener Fähre
30 Badefreuden umsonst
Delve: Badestellen an der Eider
31 Der morbide Hauch der Geschichte
Lunden: Geschlechterfriedhof
Von Eiderstedt bis Nordfriesland
32 Auf den Spuren von Jules Verne
Tönning: Schiffstour auf der Eider
33 Lichterglanz und Krabbenpulen
Tönning: Hafen mit Packhaus
34 Weltnaturerbe Wattenmeer
Tönning: Nationalparkzentrum Multimar Wattforum
35 Im Schatten der Buche
Tönning: Schankwirtschaft Andresen in Katingsiel
36 Der Künstler und die Islandpferde
Welt: Atelier Rungholt
37 Barock und Bienenstich
Tating: Hochdorfer Garten
38 Trockenen Fußes zum Baden
St. Peter-Ording: Seebrücke zum Strand
39 »Kiek mol wedder in!«
St. Peter-Ording: Museum Landschaft Eiderstedt
40 Die Tränen der Heliaden
St. Peter-Ording: Nordseebernsteinmuseum
41 »God eten un drinken«
St. Peter-Ording: Restaurant Wanlik Hüs
42 Frisches Brot
St. Peter-Ording: Backhus und Marktplatz Dorf
43 Paradies vor dem Deich
St. Peter-Ording: Salzwiesen
44 Der Lebensretter
St. Peter-Ording: Böhler Leuchtturm
45 Das facettenreiche Wahrzeichen
Westerhever: Leuchtturm
46 Allein unter Schafen
Tetenbüll: Friesische Schafskäserei
47 Das Rätsel der Sandbank
Tetenbüll: Tetenbüllspieker
48 Warft voller Überraschungen
Oldenswort: Herrenhaus Hoyerswort
49 Von Gerichten und Geschichten
Witzwort: Museum und Restaurant Roter Haubarg
50 Verträumte Wasserwege
Friedrichstadt: Grachtenfahrt
51 Auf Störtebekers Spuren
Bergenhusen: Niederungsgebiet Eider-Treene-Sorge
52 Wolken von Wollgras
Schwabstedt: Wildes Moor
53 Am grauen Strand, am grauen Meer
Husum: Theodor-Storm-Haus an der Wasserreihe
54 Backsteinrenaissance in neuer Pracht
Husum: Schloss
55 Wo die Viehhändler einkehrten
Husum: Dragseth’s Gasthof
56 Leben und Überleben
Husum: Ostenfelder Bauernhaus
57 O du fröhliche
Husum: Weihnachtshaus
58 Alles im Lot
Nordstrand: Radtour über die Halbinsel
59 Heiß und Eis
Nordstrand: Pharisäerhof
60 Das Leben der Salzwiesen
Reußenköge: Hamburger Hallig
61 Herbststille
Dagebüll: Bottschlotter See
62 Ganz aus dem Häuschen
Dagebüll: Baden am Klimadeich
63 Klingeln vor dem Film
Niebüll: Lichtspielhaus Eck’s Kino
64 Nah am Wasser gebaut
Leck: Fischerhäuser
65 Im Farbrausch des Künstlers
Neukirchen: Museum Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde
66 Auf den Spuren des Malers
Aventoft: Spaziergang um den See Hülltofter Tief
Nordfriesische Inseln und Halligen
67 Die Musik der Wellen
List/Sylt: Spaziergang um den Lister Ellenbogen
68 Der Geschmack des Meeres
List/Sylt: Restaurant Sylter Royal & Bistro
69 Ein eiszeitliches Kunstwerk
Morsum/Sylt: Morsum-Kliff
70 Das Rauschen der Brandung
Hörnum/Sylt: Weststrand
71 Wo die Heringsmöwe nistet
Norddorf/Amrum: Führung im Vogelschutzgebiet Amrum-Odde
72 Tanz am längsten Tag
Nebel/Amrum: Sommersonnenwendfeier
73 Im Haus des Seefahrers
Nebel/Amrum: Museum Öömrang Hüs
74 Einfach die beste Luft
Wittdün/Amrum: Aerosol-Wanderung auf dem Kniepsand
75 Wind im Haar
Wittdün/Amrum: Mit dem Rad über die Insel
76 Und überall das Meer
Alkersum/Föhr: Museum Kunst der Westküste
77 Kaffeeklatsch auf Friesisch
Oldsum/Föhr: Café Stellys Hüüs
78 Konzert bei Kerzenschein
Nieblum/Föhr: Der Friesendom Sankt Johannis
79 Ein Blick zurück
Wyk/Föhr: Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum
80 Mitten im Wattenmeer
Hallig Langeneß: Hotel-Restaurant Anker’s Hörn
81 Ahoi, Kapitän!
Halligen Gröde/Oland: Halligtörn ab Schlüttsiel
82 Schafe im Sonnenuntergang
Pellworm: Weststrand an der Alten Kirche
83 Der verschwundene Ort
Pellworm: Rungholtmuseum
84 Mikrokosmos Hallig
Hallig Süderoog: Wattwanderung ab Pellworm
85 Im Trab durchs Watt
Hallig Südfall: Kutschfahrt ab Nordstrand
86 Zur roten Felseninsel
Helgoland: Tagesausflug ab Büsum
87 Das süße Nichtstun
Helgoland: Nebeninsel Düne
Karte
Textverzeichnis
Bildverzeichnis
Die wohl meist befahrene künstliche Seeschifffahrtsstraße der Welt durchschneidet Schleswig-Holstein von West nach Ost. Acht Stunden braucht ein Schiff bei einer Geschwindigkeit von maximal 15 Kilometern pro Stunde, um vom einen zum anderen Meer zu gelangen. Der Nord-Ostsee-Kanal zwischen Brunsbüttel und Kiel existiert seit 1895 und wurde mehrfach erweitert. Begegnen sich zwei große Kähne, geben die von Dalben gekennzeichneten Weichen ihnen Ausweichmöglichkeiten.
Der Kanal wird von flachen Betriebswegen gesäumt, die bei Radwanderern sehr beliebt sind. Selten fährt ein Auto vorbei, dafür ist das Wasser ständiger Begleiter. Möchten Sie die gesamten rund 100 Kilometer mit dem Rad abfahren oder sich Zeit für die Erlebnisse im Hinterland nehmen, sollten Sie für die Tour eine Woche einberechnen. Tipps für Übernachtungsmöglichkeiten, Gastronomie und Ladestationen sind zum Beispiel bei der Touristischen Arbeitsgemeinschaft NOK zu finden, die auch Gepäck-, Personen- und Fahrradtransfers vermittelt.
Wir entscheiden uns für die Dithmarscher Etappe bis Hohenhörn und starten am Parkplatz der Kanalfähre Ostermoor hinter Brunsbüttel. Bei Kudensee könnten wir die Seiten via Fähre wechseln. Ufer-Hopping also, und das kostenfrei. Bei Burg können wir erneut übersetzen, denn auf der linken Seite wartet das Burger Fährhaus mit Speis, Trank und Kanalblick. Auf dem Wasser tummeln sich kleine Segler, Frachtkähne und Containerschiffe neben uns. Oder gar schwimmende Kleinstädte, die abends leuchten, die Luxusliner.
Doch nur am Kanal zu bleiben, wäre fast zu schade. Es lohnt sich, hin und wieder vom Plattenweg abzubiegen und die Gegend zu erkunden. Wer auf der linken Seite bleibt, kann das Naturschutzgebiet am Kudensee besuchen. Zeit abzusteigen, durchzuatmen und zu entschleunigen, die beste Gelegenheit für einen Vogelkiek. Von der Aussichtsplattform lassen sich mit etwas Glück Haubentaucher, Rohrdommeln und Kiebitze beobachten.
Von Hohenhörn lohnt sich ein Abstecher nach Schafstedt. Das reetgedeckte und rundherum gemütliche Landcafé Kerzenhof lockt mit Kaffee und köstlichem Kuchen.
1
Radtour am Nord-Ostsee-Kanal
Startpunkt: Kanalfähre Ostermoor
Fritz-Staiger-Straße 2
25541 Brunsbüttel
Kerzenhof
Judenstraße 10
25725 Schafstedt
04805 304
www.kerzenhof-dithmarschen.de
Torsten ist seit seiner Kindheit von Schiffen begeistert. Daher gehört es für ihn einfach dazu, im Urlaub auch den Schleusen in Brunsbüttel einen Besuch abzustatten. Und jedes Mal aufs Neue ist er von den großen Schiffen fasziniert, die auf ihrer Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal dieses technische Meisterwerk passieren müssen.
Genau wie Torsten sind viele kleine wie große Besucher vom Vorgang des Schleusens beeindruckt, bei dem die wechselnden Wasserstände der Elbe dem konstanten Wasserspiegel des Kanals angeglichen werden. Das geschieht mittels zweier Anlagen mit je zwei Kammern: den 1895 eröffneten Alten Schleusen und den von 1909 bis 1914 erbauten Neuen Schleusen.
Beide Bauwerke sind technische Meisterleistungen ihrer Zeit. Die Kammern der älteren Anlage haben eine nutzbare Länge von 125 Metern und eine Breite von 22 Metern, die Zeit zum Angleichen der Wasserstände beträgt etwa 30 Minuten. Mehr als doppelt so groß sind die Neuen Schleusen: Die Kammern sind 310 Meter lang und 42 Meter breit. Hier haben die Schiffe etwa 45 Minuten zu verweilen, bis sich die Wasserstände angepasst haben.
Von zwei Aussichtsplattformen und einem gesicherten Weg aus können Besucher die großen Pötte aus nächster Nähe betrachten. Die Anlage ist täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu besichtigen. In enger Verbindung mit dem Bau der großen fünften Schleusenkammer wurde das Umfeld des beliebten Ausflugsziels weiterentwickelt. Direkt an der Promenade können Kinder auf einem maritimen Erlebnisspielplatz spielerisch lernen, wie Schleusen funktionieren. Ein elektronischer Schleusenradar zeigt zudem in Echtzeit die Schiffe, die auf dem Nord-Ostsee-Kanal und auf der Elbe unterwegs sind. Führungen umfassen den exklusiven Eintritt in das Schleuseninfozentrum, in dem mittels moderner Medien über den Bau der fünften Schleuse berichtet wird.
Besuchen Sie die NOK-Romantika, das große Lichterfest entlang des Nord-Ostsee-Kanals, das jedes Jahr am ersten Sonnabend im September mit einem vielfältigen Programm gefeiert wird.
2
Schleusenmeile
Brunsbüttel
Gustav-Meyer-Platz
25541 Brunsbüttel
www.schleusenmeile-brunsbuettel.de
Touristische Arbeitsgemeinschaft Nord-Ostsee-Kanal e.V.
Jungfernstieg 2
24768 Rendsburg
www.nok-romantika.de
Manche Orte schleichen sich auf Anhieb ins Herz. Sie verleiten dazu, tief einzuatmen und innezuhalten. Das kleine Neufeld in Dithmarschen ist solch ein Ort. Das Aufregendste hier ist, am Wasser zu sitzen und in die Ferne zu blinzeln. Denn die 600-Seelen-Gemeinde verfügt über einen Hafen, der für das einst an der Nordsee gelegene Fischerdorf von Bedeutung war.
Die Elbe fließt in Sichtweite, was vor allem an den dicken Pötten auszumachen ist, die entweder Kurs auf die Nordsee oder auf Brunsbüttel und den Nord-Ostsee-Kanal nehmen. So meditiert man vor sich hin und genießt ein Fischbrötchen, frisch erstanden im Alice Heimathafen auf dem Deich. Oder man lässt sich gleich auf der großen Terrasse des Lokals nieder, wo ein Plätzchen im Schatten und ein Brot mit frischen, im Koog gepulten Krabben warten. Von diesem leicht erhöhten Punkt ändert sich die Perspektive.
In Neufeld liegen ein paar Häuser auf dem Wall, was bei den Küstenschutzarbeiten gewisse Schwierigkeiten aufwarf. Um die Gebäude zu sichern, wurden auf dem Deich flankierende Mauern errichtet, eine absolute Seltenheit. Bei Sturmflut eröffnet sich von diesem Standpunkt aus sicherlich der beste Blick. Zum Glück liegen heute ein paar hundert Meter Land zwischen See, Fluss und Ort.
Während nebenan die Schafe munter blöken und Gras rupfen, drehen Windräder langsame Runden. Unwillkürlich reift der Gedanke, zur vollständigen Idylle fehle eine alte Windmühle. Doch die gibt es, sie steht nur ein Stück weiter auf dem Püttenweg, die Mühle Immanuel. Ein Künstler nutzt sie als Ausstellungsraum. Warum nicht mit dem Rad hinfahren oder am Deich entlang nach Brunsbüttel, flache neun Kilometer? Oder bleiben. Nichts tun. Dafür ist Neufeld wie geschaffen.
Dreht man sich gen Westen, wo die Schiffe hinaus aufs Meer ziehen, verwandeln sich Deich und Hafen zum perfekten Punkt für einen stimmungsvollen Sonnenuntergang an lauen Sommerabenden.
3
Hafen Neufeld
Op’n Diek
25724 Neufeld
Restaurant-Café Alice Heimathafen
Op’n Diek 5
25724 Neufeld
04851 9567380
www.alice-heimathafen.de
Ein Gebäude wie ein überdimensioniertes Tor: Das Rathaus von Marne hat eine verbindende Funktion. Man gelangt durch seinen halbrunden Durchgang von der Mittelstraße zum Alten Kirchhof. Das verleiht dem Backsteinbau von 1915 eine gewisse Leichtigkeit, zu der auch das Schwingen des Gebäudes gen Osten in konkav-konvexer Form beiträgt. Eine außergewöhnliche Architektur, die einer genaueren Betrachtung lohnt. Allein die Spannung der Wölbungen zwischen der Mitte und den Seiten erinnert an Francesco Borromini, der im barocken Italien plastische Architekturen schuf. Der Gedanke bewegter Baukunst, übersetzt in eine andere Zeit, an einen anderen Ort. Für das Marner wie für das Büsumer Rathaus zeichnet der leider früh verstorbene Architekt Carl Mannhardt (1875–1918) verantwortlich. Seine Handschrift ist bei beiden Gebäuden zu erkennen.
In Marne wie Büsum fallen die freien halbrunden Giebel ins Auge. Und bei der Büsumer Fassade wirkt die Wölbung des Mittelteils, als hätte Mannhardt sich selbst zitiert. Eindeutig war er dem Jugendstil zugetan, davon zeugen beide Bauwerke. Mannhardt betonte eine hohe Taktung der Fensteröffnungen, was bereits auf den Backstein-Expressionismus der 1920er-Jahre hinweist, ebenso wie die Lebhaftigkeit der Fassaden. Dabei unterscheiden sich die Gestaltungselemente der Vorder- und Rückseite in Marne sehr. Während die Fassade zur Mittelstraße bis hin zu den Hauben auf Vielfalt setzt, öffnet die der Kirche zugewandte Seite den Platz und verleiht ihm durch ihren Schwung eine Art Energie. Hier findet der Wochenmarkt statt, im Herzen der Stadt.
1891 erhielt Marne die Stadtrechte, gewiss zeugen die Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete Maria-Magdalena-Kirche und das Rathaus im Stile des aufstrebenden Architekten von jenem Selbstbewusstsein.
Neben den Ämtern beherbergt das Marner Rathaus Truhen, Schränke und Bilder aus den Zeiten, als die Dithmarscher Bauern zu Wohlstand gekommen waren. Besuchen Sie auch das Rathaus in Büsum und lassen Sie Mannhardts Architektur auf sich wirken.
4
Rathaus Marne
Alter Kirchhof 4/5
25709 Marne
www.amt-marne-nordsee.de
Rathaus Büsum
Kaiser-Wilhelm-Platz
25761 Büsum
www.buesum.de/buesum-erleben
Hoch über einem Tal steht bei St. Michaelisdonn ein riesiger Findling, der Donner Bismarckstein. Sein Durchmesser beträgt zwei Meter, er ist dreieinhalb Meter groß und beeindruckende 25 Tonnen schwer.
Man stieß auf ihn bei Arbeiten zum Bau des Nord-Ostsee-Kanals und wollte ihn für Fundamentmaterial sprengen – jedoch ohne Erfolg. Im Jahr von Bismarcks 100. Geburtstag errichtete man diesen Koloss in seinem Gedenken auf dem Hoper Kleve, dem Hoper »Kliff«. Das war allerdings kein leichtes Unterfangen. Zunächst mit Schiff und Bahn transportiert, wuchtete man ihn die letzte stramm bergauf führende Strecke mit einer Handwinde auf eingeseiften Bohlen hinauf. Ein wahrer Kraftakt!
Steil ist der Weg, weil nach der letzten Eiszeit an der Stelle ein Kliff entstanden war. Der Meeresspiegel stieg so hoch, dass die Brandung gegen die Altmoränen lief, die nach dem Abschmelzen der Eisschilde zurückgeblieben waren. Das Material, das die Wellen von den Steilküsten abrissen, verteilte sich als Nehrungshaken vor dem Kliff und drängte das Meer zunehmend zurück. Noch heute überrascht es, wenn man in dieser Gegend von der Geest in die Marsch fährt, dass man starke Gefälle überwinden muss. Die Wälle dieser Nehrungshaken werden »Donn« genannt, daher die Namen der Ortschaften Hochdonn und St. Michaelisdonn, in dessen unmittelbarer Nachbarschaft der Bismarckstein auf dem Hoper Kleve steht. Als er aufgestellt wurde, bestand in dieser Gegend noch kein Wald. Heute muss man durch Äste und Blätter hindurchschauen, um den Blick in das Tal am Fuße des Kleves genießen zu können.
Dass man auf die Idee kam, den großen Findling zu Ehren des »Eisernen Kanzlers« an diesem erhabenen Standort zu errichten, kann man nachvollziehen. Da oben auf dem Kleve thront er nun, der Stein, der sich nicht hatte sprengen lassen.
Das Hoper Kleve ist ein Naturschutzgebiet. Ein Rundwanderweg von vier Kilometern führt über das Kliff durch den lichten Eichenmischwald, der für trockenen Geestboden typisch ist.
5
Bismarckstein
Hopen
25693 St. Michaelisdonn
Die schönsten Entdeckungen macht man, wenn man gar nicht damit rechnet. Wir sind schon fast an der Abzweigung vorbeigefahren, als uns ein Wegweiser zum Waldmuseum auffällt. Wald? Wir sind doch in Dithmarschen, einem sehr forstarmen Landstrich! Burg aber liegt an der Grenze zwischen der Marsch und der Geest, und mit dem 66 Meter hohen Wulfsboom befindet sich in der Gegend die höchste Erhebung des südlichen Dithmarschens. Dort steht auch das Museum, untergebracht in einem Aussichtsturm, von dem man bis Cuxhaven blicken kann.
Die Überraschung macht nicht nur der Wald aus. Die Ausstellung selbst ist völlig anders, als wir erwartet haben. Uns schwebte ein Lehrpfad zwischen Baumstämmen vor. Wir finden uns jedoch zwischen Präparaten der unterschiedlichsten Tiere wieder, wie das Reh, das man oft in der Natur beobachten kann, aber auch den Dachs oder die Waldohreule, die sich selten zeigen. Sie erzählen uns von ihrem Leben im Forst, von der Aufzucht der Jungen und von der Jagd. Ein Ratespiel mit Geräuschen aus dem Wald lehrt uns, ihre Stimmen zu unterscheiden. Die Bäume stellen sich natürlich auch vor, und nun können wir endlich sagen, welcher Zapfen zu welchem Nadelholz gehört. Dazu vermitteln reich bebilderte Schautafeln Informationen zum Artenschutz, zur Nutzung des Waldes durch den Menschen und zur erdgeschichtlichen Entwicklung der Region.
Der Lehrpfad existiert auch, aber dieser ist entgegen unserer Vorstellung eine Walderlebnisroute mit Insektenhotel und Fledermausstation. Durch das Gehölz um Burg führen Spazierwege, die uns zu einem Eisvogelteich und einem prähistorischen Opferstein bringen. So viel haben wir entdecken können. Wie gut, dass wir unserem Instinkt und dem Schild an der kleinen Straße gefolgt sind.
Für Spiel und Spaß nach dem Aneignen von Wissen sorgt gleich neben dem Museum ein großer Waldspielplatz mit Kletterturm und Seilbahn.
6
Burger Waldmuseum
Waldstraße 141
25712 Burg (Dithmarschen)
04825 2985
www.burger-waldmuseum.de
Es ist schon lange her, als ich zum ersten Mal von Klein-Westerland hörte, einer Badestelle, die irgendwo am Nord-Ostsee-Kanal liegen sollte. Das machte mich neugierig, weil ich mir doch gar nichts darunter vorstellen konnte. Also machte ich mich damals auf den Weg, dieses ominöse Etwas ausfindig zu machen. Da ich nur eine vage Beschreibung hatte – und zu jener Zeit noch kein Navi –, war es nicht ganz einfach, die Stelle zu finden. Aber nach etwas längerem Suchen hatte ich Erfolg – und war positiv überrascht.