Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
"Du kennst sicherlich das Gefühl, dein Leben ist gelaufen. Marc ein 50-jähriger, unterdurchschnittlich attraktiver, dicker und lustloser Mann hat sein Leben gelebt. Er besitzt zwar ein gut gehendes Café in Dresden, wohnt als Single in einer kleinen Wohnung…so far! Doch an einem kalten Februar Nachmittag begegnet ihm eine außergewöhnliche junge Frau. Mitten auf der Zeil am berühmten Brockhaus-Brunnen in Frankfurt. Dort wo der Puls am Heftigsten zu spüren ist, erhält auch Marc einen neuen Lebensimpuls. Ein Pulsschlag, der sein Leben für immer verändert. Ein Kaffee mit Folgen. Genieße diese wunderbare Liebesromanze zweier völlig unterschiedlicher Menschen. Erfasse dabei den gesellschaftlichen Konflikt, spüre den moralischen Kampf, vor allem aber, erlebe hautnah den schönsten Tag im Leben der Lilou Charlou. Begleite beide durch diesen Tag, durch ihr Glück und sehe dich mitten auf dem Ozean des Lebens, mit voller Fahrt dem Glück entgegen."
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 222
Veröffentlichungsjahr: 2021
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Lilou Charlou
Guillermo El Oso
Du kennst sicherlich das Gefühl, dein Leben ist gelaufen. Marc ein 50-jähriger, unterdurchschnittlich attraktiver, dicker und lustloser Mann hat sein Leben gelebt. Er besitzt zwar ein gut gehendes Café in Dresden, wohnt als Single in einer kleinen Wohnung…so far!
Doch an einem kalten Februar Nachmittag begegnet ihm eine außergewöhnliche junge Frau. Mitten auf der Zeil am berühmten Brockhaus-Brunnen in Frankfurt. Dort wo der Puls am heftigsten zu spüren ist, erhält auch Marc einen neuen Lebensimpuls. Ein Pulsschlag, der sein Leben für immer verändert. Ein Kaffee mit Folgen.
Genieße diese wunderbare Liebesromanze zweier völlig unterschiedlicher Menschen. Erfasse dabei den gesellschaftlichen Konflikt, spüre den moralischen Kampf, vor allem aber, erlebe hautnah den schönsten Tag im Leben der Lilou Charlou. Begleite beide durch diesen Tag, durch ihr Glück und sehe dich mitten auf dem Ozean des Lebens, mit voller Fahrt dem Glück entgegen.
Als Autor in Frankfurt/M 1962 geboren, verbinde ich es mit Leidenschaft, meine Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen, die Welt mit anderen Augen zu sehen und meiner Fantasie einen gewissen Zauber zu verleihen. Meine Hingabe am schreiben liegt darin, den Leser zu begeistern und ihn in meine faszinierende geschriebene Welt zu entführen. Ganz nach meinem Motto: Gefühlsleben by words ....
Lilou Charlou
Der schönste Tag im Leben der Lilou Charlou
Guillermo El Oso
Kochhorstweg 37
04910 Elsterwerda
Guillermo El Oso
www.elosoblues.de
2. Auflage, 2021
© 2017 Guillermo El Oso – alle Rechte vorbehalten.
Epubli, Berlin
ISBN: 978-3-7450-0739-8
Die Geschichte ist frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und/oder realen Handlungen sind rein zufällig.
Inhaltsverzeichnis
00:00 Uhr6
01:00 Uhr18
02:00 Uhr29
03:00 Uhr41
04:00 Uhr52
05:00 Uhr65
06:00 Uhr75
07:00 Uhr89
08:00 Uhr102
09:00 Uhr114
10:00 Uhr128
11:00 Uhr140
12:00 Uhr151
13:00 Uhr160
14:00 Uhr171
15:00 Uhr182
16:00 Uhr193
17:00 Uhr204
19:00 Uhr227
19:00 Uhr227
20:00 Uhr238
21:00 Uhr252
22:00 Uhr262
23:00 Uhr275
00:00 Uhr
Es fasziniert mich immer wieder, wenn ich am Himmel das Universum betrachte. Diese vielen funkelnden Punkte auf dem pechschwarzen Vorhang der Unendlichkeit, festgezimmert und doch lebendig, unterbrochen vom menschlichen Weltraumschrott der in schillernden Farben ihre Bahnen durchkreuzt. Zu sehen, wie Sternbilder deutlich zum Vorschein kommen, wenn es dunkler wird, hält meine Neugier und meine Phantasie wach. Gibt es dort in den unendlichen Weiten, etwas oder jemanden? Werde ich wahrgenommen, beobachtet oder gar gelenkt? Wie dem auch sei, mir ist es egal. Ich werde seit fünf Jahren im wahrsten Sinne des Wortes vom besten Leben geküsst oder sollte ich besser sagen von ihr, meiner Lilou.
So schwer wie Blei liegt ihr Kopf auf meinem Brustkorb und hebt und senkt sich im Takt meiner Atmung. Gespannt starrt auch sie in den heißen Nachthimmel von Dresden. Völlig entspannt. Völlig vertraut.
Schon seit Wochen herrscht die Sonne über Deutschland, eine Hitzewelle folgt der anderen. Tagsüber ist es nicht auszuhalten, weshalb sich die Nächte verlängern. Hier am Ufer der Elbe liegen wir gerne, trinken einen hervorragenden Chianti classico und tauchen ein, in die unendlichen Weiten des Weltalls und der Ruhe, um die ganze Spannung des Tages von uns abfallen zu lassen. Ja, es überkommt mich eine herrliche Stille und Zufriedenheit. Ich fühle mich einfach nur wirklich glücklich.
....
Als wir uns diese Villa kauften, hofften wir, dass wir solche Momente genießen könnten und auch brauchen würden. Lilou war Feuer und Flamme, nachdem sie davon erfuhr, wo ich wohnen würde.
»Hab von Dresden schon viel gehört, soll voll kultisch sein.«
War ihre Meinung und deshalb auch kein Wunder, dass sie diese interessante Metropole kennen lernen wollte.
Sie freute sich wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal auf einem Jahrmarkt ist, als ich sie für ein langes Wochenende zu mir einlud. Ich kann mich noch heute lebhaft an die geschwollenen Füße erinnern. Jeden Winkel von Dresden saugte Lilou mit ihren großen wachen Augen in sich auf. Plötzlich als wir an der Elbe entlang spazierten, stand sie minutenlang mit weit aufgerissenen Augen, als würde sie vor Schock erstarrt sich der hungrigen Schlange als Beute ergeben, vor dieser einsamen alten Villa. Lebhaft, mit wilden weit ausholenden Gesten, zeigte sie mir, wie sie sich ein Leben dort in der Villa vorstellen könnte. Ein Leben mit mir!
- »Ein Leben mit mir?«
Hat sie das wirklich gemeint?
»Ein Leben mit mir!«
Ich zelebrierte jede einzelne Silbe im Gedanken. Diese Worte, diese Tragweite.
»Mit mir leben« krächzte ich vor mich hin.
Ein enormes Glücksgefühl stieg in mir auf, ich strahlte über das ganze Gesicht. In mir wurden ungeahnte Lebensgeister wach. Wie eine Krokusblüte erwachte ich aus einem langen tiefen Winterschlaf.
Lilou war einfach bezaubernd, sie hat diese natürliche unbekümmerte Art, lebensfroh, verspielt, sehr liebenswert und manchmal schon kindlich. Eigenschaften, die mich so faszinierten und anzogen, dass ich mein Leben auf den Kopf stellte und alles um mich herum verdrängte. Fortan drehte sich alles nur noch um Lilou, die mit mir hier leben wollte.
....
Fünf Jahre ist das jetzt her. Wir liegen oft hier im Garten der Villa und genießen jeden dieser Tage. Saugen förmlich das gemeinsame Leben in uns auf, so als würden wir dadurch die Segel hissen für unsere unaufhaltsame Fahrt durch die unendlichen Weiten des Ozeans.
Lilou hebt ihren Kopf etwas an und ich spüre eine gewisse Angespanntheit bei ihr. Ihre Hände sind in Bewegung und lenken mich von meinen Gedanken ab. Sie nippt an einem Glas frischgepressten Orangensaft. Im Mondlicht kann ich ihre feinen Gesichtszüge sehen, die Haare wellen sich entlang ihrem Rücken. Ich liebe wirklich diese anmutige Frau. Als sie mir mitteilte, dass sie keinen Wein mehr trinken will, dachte ich so bei mir, das wird nicht einfach, aber Lilou hält sich eisern daran und trinkt keinen Wein mehr. Ich bin so stolz auf sie.
....
Lilou arbeitet immer hart, ist daran interessiert, unsere Träume zu verwirklichen. Alles was sie mir damals zeigte, als wir in Dresden das erste Mal vor der Villa standen, ja bis ins kleinste Detail, hatte sie bis heute auch umgesetzt.
Sie hatte sich als erstes ein kleines Zimmer sauber gemacht. Es diente als Ausgangspunkt zur kreativen Umsetzung all ihrer Ideen. Sie hielt das alles sehr spartanisch, stellte lediglich eine große schwere quadratische Tischlerplatte auf vier Holzböcke in die Mitte des Raumes. Schon der Transport wurde zu einem Schauspiel. Lilou hatte einen Handbollerwagen gekauft und zog diesen, während ich krampfhaft versuchte, die zwei mal zwei Meter große Platte, zu balancieren. Im Kreativzentrum unserer Villa stand dann Lilou stundenlang, zeichnete und entwarf. An den Wänden hängten ihre Phantasien. Lilou hatte dabei ein klar strukturiertes System. Ihre ersten Ideen hingen erstmal eine Woche an der linken Wandseite. Dann entschied sie, ob sie die Idee weiterverfolgen wollte. Wenn ja, hängt sie den Favoriten an die rechte Wandseite. Alles was Rechts hing, musste ich, wenn es mir gefiel, an die Stirnwand hängen oder wenn es mir nicht zusagte, an die Rückwand. Aber die Rückwand wurde noch nie verwendet. Sie verwaiste förmlich. Damit diese Wand nicht so nackt und kühl daher kam, ließ ich ein schönes buntes zweisitziges Sofa davor aufstellen. In diesem verkrochen wir uns oft, still und leise, gaben uns unseren Träumen hin. Wenn ich heute noch diesen magischen Raum betrete, spüre ich förmlich die kreative Energie von Lilou.
Sie überraschte mich damit wirklich jeden Tag aufs Neue. Sie war sehr geschickt, einfallsreich und ausdauernd. Ihr Ziel war es, mich zu überraschen, mich zu verwöhnen und für andere da zu sein. So entstand allmählich und mit viel Liebe aus der alten Villa das Paradies der Familie Charlou.
....
Lilou reißt mich aus meinen Gedanken, als sie mit Schwung aufsteht.
»Was ist, Schatz« murmle ich, bevor sie wortlos über die Veranda ins Haus verschwindet.
Durch die starke Wärme, das Zirpen der Grillen, und das leise Fließen der Elbe, komme ich mir vor wie in der Toskana. Es geht eine leichte Brise, die etwas Abkühlung verspricht. Und doch steht selbst, jetzt um diese Zeit, mir der Schweiß auf der Stirn. Ich spüre, wie sich eine Schweißperle ihren Weg an meiner Schläfe bahnt.
»Oh, man! Diese Hitze ist unerträglich.«
Ich nehme einen kräftigen Schluck aus meinem Weinglas. Dabei spiegelt sich der Mond funkelnd im Rot, als würde er in einem Ozean aus Blut eintauchen. Schon klappert die Verandatür und das leise Tapsen der nackten Füße über das Holz verrät, dass Lilou wieder im Anmarsch ist. Dabei muss ich sagen, Lilou geht nicht, Lilou tanzt.
Als sie vor mir steht, hält sie mir eines dieser von ihr selbstentworfenen und gebastelten Holzbrettchen hin, dekoriert mit verschiedenen Käsesorten, Weintrauben, Brot und ihrem spezial Knoblauch-Chili-Dip.
»Komm her!«
Flüstere ich ihr zu, stelle das Brett zu meiner Seite und ziehe Lilou zu mir auf den Schoß. Sie lächelt mich an. Nimmt ein Stück Brot, taucht es in den Dip und hält es mir vor dem Mund. Ich liebe das und trotz der unerträglichen Hitze, wird mir ganz warm ums Herz! Verdammt wie liebe ich doch diese tolle Frau. Ich beiße in das mit Dip vollgesaugte Brot und merke dabei deutlich, dass Lilou zugenommen hat. Sie ist deutlich schwerer, als früher und der Bauch deutlich unter dem dünnen Long-Shirt zu sehen.
Ihre Augen leuchten und funkeln wie ein diamantener Stern. Es ist diese blaue schimmernde Magie, die mich fesselt, was mich willenlos werden lässt. Sie schaut mir damit tief in meine schwarze Seele. Diese gibt alle Geheimnisse preis.
Sie nimmt zwei Weintrauben in den Mund, küsst mich und schiebt eine gekonnt mit ihrer Zunge zu mir rüber. Anscheinend ist meine Überraschung nicht zu übersehen, denn sie lacht sich nach hinten biegend und greift schon nach den nächsten zwei Weintrauben.
Lilou spielt und experimentiert gerne. In der Ferne ertönt die hektische Melodie eines Sumpfrohrsängers. Es ist einer jener Momente, in denen ich die Harmonie zwischen Natur und Mensch erkenne und schätze. Wo ich in meine Gedanken eintauche und meine Seele baumeln lassen kann. Als würde ich auf der Reise mit einem Segelschiff, den Wind einfangen und dem unbekannten Horizont entgegenfiebern.
....
Als ich Lilou in Frankfurt das erste Mal sah, war ich schon von ihrem Aussehen und ihrem Auftreten verzückt. Sie saß auf der verschneiten Treppe des Brockhaus Brunnen mitten auf der Zeil und beobachtet sehr aufmerksam und mit weit aufgerissenen Augen das wilde Treiben der Menschen. Ihre Beine schienen im Takt einer Musik zu wippen. Durch die enge Jeans konnte man das Muskelspiel deutlich wahrnehmen. Jede Faser ihres Körpers war in Spannung, als würde eine Raubkatze zum Angriff übergehen. Ihre Augen hingegen zeichneten sich durch Ruhe, Wärme und einer wachen Neugier aus. Feuerrote Wangen leuchteten durch die schneidende Kälte über dem dicken Patchwork Schal. Die Hände tief vergraben in den Ärmeln ihrer Wolljacke. Bei all der Spannung spürte man, dass die Kälte ihr schon zugesetzt hatte.
Auf wen oder was würde sie warten? Warum sitzt sie hier im Schnee? Ihre langen rotblonden Haare lugten unter einer blauen Bommelmütze hervor, an deren Spitzen schon Frost erkennbar war. Die leicht blauen Lippen stärkten meinen Entschluss, sie zu einem heißen Tee oder Kaffee einzuladen.
Unsere Blicke trafen sich, doch sie nahm mich nicht wahr. Also ging ich zu ihr und sprach sie nett an:
»Verdammt kalt hier im Schnee. Komm, ich lade dich zu einem Kaffee, Tee oder einer heißen Schokolade ein!«
Lilou sprach kein Wort, schaute erst rechts, dann links an mir vorbei, zuckte mit den Schultern, lächelte und erhob sich. Ich zeigte in Richtung der Kleinmarkthalle und meinte:
»Da ist es wärmer, du bist ja schon halb erfroren!«
Ich ging einfach los und freute mich, als Lilou mir folgte.
In der Kleinmarkthalle suchte sie alles mit ihren wunderschönen blauen Augen ab. Musterte mich, die Umgebung, die Menschen und fing an, sichtlich die Wärme zu genießen. Ich redete ununterbrochen auf sie ein. Wie ein Wasserfall der einfach nicht aufhört zu fließen, konnte ich nicht aufhören zu reden. Sie trank ihre heiße Schokolade und stand unvermittelt ruckartig auf, gab mir einen Kuss auf die Wange und verschwand im Getümmel. Noch bevor ich was erwidern konnte, war sie verschwunden. Als ich bezahlte, entdeckte ich einen handgeschriebenen Zettel von ihr in meiner Jacke:
Zurück in meinem Hotel schrieb ich ihr eine E-Mail,
entschuldigte mich bei ihr für mein seltsames Benehmen und ermunterte sie, mir wieder zu schreiben, weil ich sie gerne besser kennenlernen möchte.
Meine Tage in Frankfurt vergingen viel zu schnell ohne auch nur eine Antwort von ihr. Ohne sie wieder am Brunnen getroffen zu haben. Dabei nutzte ich jede freie Minute, um dort am Brunnen in der eisigen Kälte der hektischen Geschäftsstadt, auf sie zu warten. Ich erledigte meine Geschäfte so schnell es ging. Auch hinterfragte ich mich, was in mich gefahren war. Nachts starrte ich vom Bett aus an die Decke meines Hotelzimmers und checkte ständig meinen Account. Aber ich erhielt keine Antwort aus der Welt der elektronischen Kommunikation.
Kein »Hallo«- kein »Lass mich in Ruhe«, rein gar nichts. Als würde ich alleine in einer Nussschale durch das stille Meer schaukeln, ständig ausschauhaltend nach dem rettenden Ufer.
Ich konnte meine Abreise nicht länger hinausschieben. Es war ein komisches Gefühl der Faszination, Traurigkeit, Verwirrtheit. Was wollte ich von ihr? Wieso brannte so eine Sehnsucht in mir? Ich ging ein letztes Mal zum Brunnen, trank noch schnell einen Kaffee in der Kleinmarkthalle und fuhr aus Frankfurt ab. Im Rückspiegel verblasste die Skyline, aber in meinem Herzen blieb ein klares unauslöschliches Bild! Das Bild, wie sie auf der verschneiten Treppe am Brunnen saß. Und ich würde nie ihre großen blauen wachen Augen vergessen!
01:00 Uhr
Während wir uns wieder in das trockene warme Gras legen, um diesen Moment zu genießen, fliegen kleine Glühwürmchen auf der Suche nach Weibchen umher.
»Wie genial die Natur erschaffen wurde« flüstere ich leise in die dunkle Nacht hinaus.
Lilou zeigt mit ihrem Arm auf eine Sternschnuppe, die über uns fliegt. Mit all meinen Sinnen nehme ich diesen Moment auf! Ich rieche das warme Gras, verfolge die Sternschnuppe, spüre den Atem von Lilou und lausche dem nächtlichen Treiben der Natur. All das soll mich immer daran erinnern, dass ich ein kleiner Grashüpfer hier auf der Erde bin. Wir müssen bei dem Gedanken herzlich lachen und stören so etwas die nächtliche Idylle.
»Ich denke, ich geh dann mal!«
Erhebe mich, um aufzustehen, als Lilou mich festhält. Sie schaut mir tief in die Augen. Der Druck am Arm wird leicht stärker. Schweiß steht auf ihrer Stirn. Die langen Haare wild durcheinander. Ein Paar Grashalme haben sich dort verirrt. Sie nimmt mein dickes aufgeheiztes Gesicht in ihre Hände, schaut mir tief in die Augen, schenkt mir ihr bezauberndes Lächeln und küsst mich innig.
Immer dann, wenn sie mir sagen will, wie sehr sie mich schätzt und liebt, macht sie das! Warum nur konnte ich erst jetzt diese fünf Jahre mit dieser wunderbaren Frau leben? Vorher war mein Leben trist, eintönig und öde. Jahrzehnte lang irrte ich auf den Ozeanen mit meiner kleinen Jolle umher, bis ich auf das Paradies stieß. Seitdem vergehen kein Tag, keine Stunde und keine Minute, an dem ich mich nicht daran berausche. Ich genieße das Leben hier in vollen Zügen, nie darf das Enden. Vollkommenes Glück.
....
Das erste Mal als Lilou mir so ihre tiefe Zuneigung zeigte, war hier in Dresden. Hier im Garten. Hier als wir erstmals diese Villa sahen. Von diesem Moment an war uns beiden klar, dass wir die Villa kaufen, heiraten und eine Familie gründen. Ich dachte noch wie absurd. Und doch waren wir beide uns absolut sicher das Richtige zu tun. Zur Besiegelung unserer Verlobung lud ich Sie ins Meatery zum feinen Steak ein.
Erst drei Monate kannten wir uns, es war das erste Mal seit Frankfurt, dass wir uns wieder sahen. Ich hatte Lilou in Frankfurt am Brunnen abgeholt. Sie saß wieder dort mit ihrer engen Jeans, Turnschuhe, eine bunt geblümte Bluse und einer schicken leichten beigen Strickjacke. Hatte eine Handtasche umhängen und als sie mich sah, lächelte sie verlegen. Ich hatte mich herausgeputzt, ging noch morgens zum Friseur, trug einen dunkelbraunen Anzug mit Krawatte und kam mir reichlich unwohl darin vor. Ich wollte ihr gerade die Hand zur Begrüßung reichen, als sie auch schon aufsprang und mich umarmte. Ich wurde noch verlegener, das Gesicht färbte sich tiefrot und der Schweiß drang unweigerlich nach draußen. Wir gingen zum Auto und fuhren nach Dresden. Während der ganzen Fahrt tauschten wir Ideen für das Wochenende aus und beschlossen als erstes, dass ich mich zu Hause umzog.
Wenn wir uns auch erst das zweite Mal überhaupt sahen, kannten wir uns doch sehr gut, wir wussten wirklich alles von einander, denn stundenlange Chats und Dutzende von Selfies und Bildern, ließen uns in die Welt des jeweils anderen tief eintauchen. Gerade diese unbekümmerte intime Art, führte zu einer tiefen, ja blinden Vertrautheit. Ich war von den Möglichkeiten überwältigt und sprang immer tiefer in das unbekannte Gewässer der digitalen Welt.
Lilou wollte immer alles wissen. Ihr Wissensdurst kannte keine Grenzen, wie ein kleines Kind erfragte sie jedes kleine Detail und erzählte mir im Gegenzug, wie und was sie denkt, gab mir Einblick in ihr Seelenleben, schreckte dabei vor nichts zurück. So wusste ich, dass sie zwar nicht so sehr auf Steak stand, weshalb sie mich verdutzt anschaute, als ich ihr sagte, dass wir in das feinste Steakhaus von Dresden gingen, aber ich wusste auch, dass sie nun mal Seeteufel sehr mag und den Besten gibt es ebenfalls hier.
Es war ein wirklich schöner gemütlicher Abend. Ein Candle-Light-Dinner der gehobenen Art. Begeistert von dem Ambiente und der Atmosphäre wollte ich gleich im dortigen Hotel noch eine Suite mieten. Aber nicht so Lilou. Sie wollte lieber zu mir nach Hause, zwar liebte sie mich wirklich sehr, doch sie hatte da so ihre klaren Vorstellungen.
Überhaupt bewunderte ich ihre klare Denkweise, gerade Ziele und unverrückbare Prinzipien. Bei mir zu Hause das gleiche Ritual, sie nahm mein Gesicht in ihre kleinen Hände, küsste mich intensiv, ging ins Bad und legte sich dann auf mein altes Sofa.
Wir schrieben uns noch per WhatsApp wie jeden Abend, bis sie einschlief. Ich weiß noch, dass ich die ganze Nacht kein Auge zu bekam. So glücklich und entschlossen war ich in diesem Moment, mein Leben neu zu schreiben.
Diesem Wochenende in Dresden folgten viele Stunden auf der A4! Es begann ein Dresden-Frankfurt-Dresden-Frankfurt-Dresden Marathon. Zum Glück fährt sich so ein Audi Q7 ja fast wie von selbst.
An meiner Stimmung im Auto konnte man jedenfalls feststellen, auf welcher Strecke ich gerade unterwegs war. Freitag morgens war ich voller Elan, hörte laut Musik und sang, was meine Kehle so hergab. Hielt beim Blumenladen Alice und kaufte einen frischen Strauß Blumen. Trank im Starbucks einen Cappuccino Venti und wartete darauf, meine kleine Lilou von der Schule abzuholen.
Auf der Rückfahrt nach Dresden strahlten wir beide vor Freude und genossen in aller Ruhe die Fahrt. Sonntag abends war das schon etwas schwieriger, unsere Deadline war zwanzig Uhr! Wir stiegen wortlos und traurig ins Auto, jeder in seinen Gedanken versunken. Vor ihrer Haustür geparkt, verabschiedeten wir uns eine halbe Stunde lang. Es zerriss uns immer wieder das Herz. Die Rückfahrt erfolgte glücklicherweise in der Nacht und so konnte man meine Tränen nicht sehen, wenn im Autoradio Jazz dudelte und ich lustlos und deprimiert hinter dem Lenkrad hing.
Manchmal musste ich das Wochenende in Dresden bleiben und konnte Lilou nicht abholen, so kam es dann auch, das Lilou zum ersten Mal mit einem Flugzeug flog. Wir waren beide extrem aufgeregt. Ich hatte alles so gut wie möglich vorbereitet. Ein Taxi fuhr sie zum Frankfurter Flughafen und ich holte sie in Dresden ab. Als sie wieder in Frankfurt landete, schrieb sie mir, dass das Starten und Landen bei ihr so ein Kribbeln im Bauch verursachte und deshalb immer laut lachen musste. Es war eine aufregende, aber auch chaotische Zeit!
....
Ich schnappte mein leeres Weinglas und das leere Tablett. Schau noch einmal in den Himmel und fülle meine Lungen mit der frischen Elbbrise, als wäre ich monatelang in einem Unterseeboot von der Außenwelt abgeschlossen und nun aufgetaucht, drehe mich im Kreis, um nochmal alles abzusuchen, lächle Lilou an und gehe über die Veranda ins Haus.
Eine angenehme Kühle schlägt mir entgegen, als ich ins Wohnzimmer komme. Auf dem Couchtisch leuchtet mein Handy auf, gefolgt von diesem »piep, piep«, das mir sagt: »Da ist eine neue Nachricht für Dich.«
Lilou- »Ich liebe Dich wirklich, von hier bis zum Mond und wieder zurück!«
Ich schau aus dem Fenster, Lilou steht da und blinzelt mir lächelnd zu. Mein Gott, wie liebe ich diese Frau! Ich schenke ihr mein schönstes Lächeln, werfe ihr aus der Ferne einen Handkuss zu und puste, nein, hauche ihn ihr entgegen.
Mit einem Gefühl des Glücks gehe ich lächelnd hinauf ins Bad, um eine Dusche zu nehmen. Die Dusche ist so erfrischend, weckt all die müden Lebensgeister und ich spüre, wie sich mein aufgeheizter Körper immer mehr abkühlt, wie sich die Poren der Haut öffnen, die ausgelaugte sonnen- gedörrte Haut alle Feuchtigkeit förmlich aufsaugt. Immer noch empfinde ich ein seltsames Gefühl, wenn ich so über meine schrumpelige Haut gleite. Die erschlaffte Haut fühlt sich leblos an, ohne jegliche Spannung. Wie eine alte matschige faule Tomate.
....
Lilou hatte nie etwas gesagt oder darauf bestanden aber sie tat alles, damit es funktionierte. Was hatte ich nicht all die Jahrzehnte versucht! Sport, Diätpläne, Pillen, Kuren, immer wenn jemand meinte, mir eine Empfehlung geben zu müssen, versuchte ich es wenigstens. Doch der innere Schweinehund war stark, praktisch übermenschlich. Er packte mich, rang mit mir, würgte mich und ich gab auf. Wie kann man denn bitte schön auch auf eine Tafel Schokolade, auf einen, mit Liebe gebackenen Kuchen oder auf Eis in seiner vielfältigsten Kreation verzichten? Schon gar nicht, wenn man tagtäglich damit zu tun hat. Man will doch kein Eremit sein! Wenigstens eine Freude im Leben haben und sich nicht alles verbieten lassen. Das Leben ist nun Mal auch ein Genuss.
Lilou jedenfalls ging es völlig anders an. Sie kochte einfach gesund, abwechslungsreich und verzichtete auf süße Extras, spornte mich an, mit ihr aktiv zu sein und verlor nie ein Wort darüber, was ich machen oder nicht machen sollte. Lilou machte einfach, dachte für zwei und hatte die Energie für zwei. Eines Tages merkte ich, wie alles weiter wurde, Hemden, Hosen, Pullover und Shirts.
Im ersten Jahr verlor ich fünfzehn Kilogramm an Körpergewicht. Fett, ekliges Fett, dass ich mir in so vielen Jahren angefuttert hatte. Ich liebte Süßigkeiten. Schokolade, Pralinen, Eis und Kuchen. Ja, das waren meine Leidenschaften. Doch Lilou entfachte in mir eine andere!
Einmal meinte Sie: »Sag was schmeckt dir besser? Diese Schokolade…« es war jene tolle Nougat-Schokolade deren leeres Papier sich in jeder meiner Schubladen und Taschen befand »...oder magst du lieber einen langen heißen Kuss von mir?«
Da gab es für mich nichts zu überlegen. Jeder einzelne intensive Kuss von Lilou war Millionen mal wertvoller als auch nur eine ganze Schokoladenfabrik.
Lilou hatte eine ganz besondere Art zu küssen, es war mehr ein zelebrieren, ein filigranes Ballett, harmonisch abgestimmt auf die Bewegung unterschiedlichster Lippen. Ich hatte Heißhunger auf ihre Zärtlichkeit, ihre Streicheleinheiten und ihre zuckersüßen Küsse.
Lilou hatte also einfach die Schokolade durch aromatische Küsse ersetzt und statt Kuchen gab es noch mehr Aufmerksamkeiten. Et voilà, seit dem verbesserte sich mein Körper, teilweise zumindest.
....
Die Spülung der Toilette reißt mich aus meinem Gedanken. Ich dreh das nun heißer werdende Wasser schnell ab.
»Willst du auch noch duschen?«
Lilou steht bereits nackt vor der Dusche und nickt mit dem Kopf. Zwei zuckersüße Brüste wie Orangen rund und fest, prall gefüllt, strecken sich vor mich aus. Ihr Bauch so fest und straff, als würde er jeden Moment platzen, zum Greifen nah. Ihre samtweiche, apricotfarbene Haut, schimmert matt im Licht.
Schnell springe ich an ihr vorbei und schnappe mir meinen Bademantel. Noch immer schäme ich mich im gleißendem Licht ob meines alten faltigen noch immer dicken Körpers. Auf der anderen Seite fördert Lilou’s Anblick in mir ein wahres Kinofestival. Diese Schönheit, Jugend, Frische und Lockerheit, steht eben Alter, Reife, Falten und Steifheit gegenüber. Mir kommt unweigerlich Disney`s »Die Schöne und das Biest« in den Sinn. Lilou lächelt, schüttelt den Kopf, drückt mir einen Kuss auf den Bauch, geht in die Dusche und stellt das Wasser an.
02:00 Uhr
Lilou hatte es eingeführt, dass wir unbekleidet schlafen. Sie hat gelesen, dass das gesünder für den Körper und Organismus ist. Weil es zudem auch noch so erdrückend schwül ist, liegen wir nackt auf dem Bett und empfinden es, zumindest im Moment, als angenehm kühl.
Lilou liegt mit geschlossenen Augen auf dem Rücken und streichelt sanft über ihren straffen Bauch. Mit einem Mal nimmt sie meine Hand, zieht sie rüber zu sich und legt sie auf ihn. Mir wird ganz wuschig, denn er fühlt sich so ungemein sanft an.
Wie jeden Abend, Morgen und Mittag hat sie ihn eingecremt. Ein Zittern und eine Spannung der Bauchdecke kann auch ich jetzt spüren, wie ein leichtes Stoßen aber doch eher eine gleitende Bewegung. Und wieder. Meine Hand liegt unterhalb ihres Bauchnabels, in der Nähe ihres blank rasierten Schambereichs. Es wirkt total faszinierend, ich hätte nie gedacht, dass ich das je erleben würde.
....
Mein ganzes Leben lang, schon als Baby und als ich zur Schule ging, war ich ein proper Junge. Der Liebling sportlicher Normalo’s, um mich daran zu erinnern, dass ich wohl zu viel fresse und mich einfach zu wenig bewege.
So kam es, wie es kommen musste, ich war ihr Spielball für Witze, Hohn und Spott, Streiche und kindlicher Hänseleien. Dabei spielte ich sogar im Fußballverein und dachte, Turnen kann vielleicht auch nicht schaden. Als ich mir dann beim Bocksprung eine Delle in den Hintern sprang, ließ ich das lieber sein und konzentrierte mich voll auf den Fußball. Weil ich nicht so schnell und viel laufen konnte wie die anderen, stellte man mich ins Tor. So wurde Fußball eine wirklich große Leidenschaft von mir.
Die Nachmittage verbrachte ich regelmäßig auf unserem Bolzplatz hinter der Schule, auch wenn ich immer der Letzte war, der halt noch genommen werden musste.
Und doch hatte ich, eine Qualität ganz anderer Art. Ich war das Sorgentelefon für die gescheiterten Teenie-Liebschaften meiner Klassenkameradinnen, das Taschentuch was voll geheult, beschmutzt und dann, wenn wieder alles gut war, einfach in den Eimer geworfen wurde. Wenn die Mädchen Trost und Zuspruch brauchten, kamen sie zu mir, brauchten sie aber was fürs Herz oder fürs Bett, beachteten sie mich nicht. Ich war sozusagen der nette Typ, der immer ein offenes Ohr hatte, dass Anhängsel, das man duldete. Oder um es poetisch zu sagen, dass Rettungsboot aller Luxusliner.