London Sins - The Decision - Rhyannon Byrd - E-Book

London Sins - The Decision E-Book

Rhyannon Byrd

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Beschreibung

Die schwerste Entscheidung seines Lebens ...

Billionär und Playboy Jase Beckett ist das erste Mal in seinem Leben verliebt. Nach einem heißen Wochenende mit Kunststudentin Emmy Reed will er sie nicht gehen lassen. Doch eine Intrige seiner Familie treibt einen Keil zwischen sie, und Emmy kehrt heim nach San Diego. Um sie zurückzuerobern steigt Jase in das nächste Flugzeug. Nur um festzustellen, dass er auch hier vor den Angriffen seiner Familie nicht sicher ist ...

"Aufregend, sexy und romantisch! Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen." VIRNA DEPAUL, NEW-YORK-TIMES-BESTSELLER-AUTORIN

Zweiter Teil der heißen LONDON-SINS-Serie von Bestseller-Autorin Rhyannon Byrd


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Seitenzahl: 193

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Inhalt

TitelZu diesem BuchWidmungErstes KapitelZweites KapitelDrittes KapitelViertes KapitelFünftes KapitelSechstes KapitelSiebtes KapitelDie AutorinDie Romane von Rhyannon Byrd bei LYXLeseprobeImpressum

RHYANNON BYRD

London Sins

The Decision

Teil 2

Ins Deutsche übertragen von Diana Beate Hellman

Zu diesem Buch

Billionär und Playboy Jase Beckett ist das erste Mal in seinem Leben verliebt. Nach einem heißen Wochenende mit Kunststudentin Emmy Reed will er sie nicht gehen lassen. Doch aus Angst vor seinen Gefühlen tut er etwas sehr Dummes, und Emmy kehrt heim nach San Diego. Um sie zurückzuerobern steigt Jase in das nächste Flugzeug. Nur um festzustellen, dass er auch hier vor den Angriffen seiner Familie nicht sicher ist …

Für Cassandra

Wie Tyler sagen würde, bist du die Coolste aller Coolen, Sweetheart.

Ich bin unendlich stolz auf dich, und ich liebe dich mehr, als du dir vorstellen kannst.

ERSTES KAPITEL

Sonntagabend

JASE

Ich lasse das heiße Wasser auf mich niederprasseln. Mit den Händen an der Marmorwand abgestützt stehe ich unter der Dusche und halte den Kopf gesenkt. Obwohl Emmy und ich gerade zweimal hintereinander wahnsinnig aufregenden und sehr befriedigenden Sex hatten, bin ich dermaßen angespannt, dass ich das Gefühl habe, jeden Moment zu bersten, und mein Herz hämmert wie ein verfluchter Presslufthammer.

Ich habe mich ins Badezimmer zurückgezogen, weil ich ein paar Minuten allein sein musste, um meinen Kopf freizubekommen, und mir kein besserer Ort eingefallen ist. Unten im Garten wird die Hochzeit von Lottie und Oliver gefeiert, was bedeutet, dass ich auf meine übliche Methode, mit Problemen umzugehen, indem ich so lange jogge, bis ich total ausgelaugt bin, nicht zurückgreifen konnte. Deshalb bin ich jetzt hier, wasche mir Emmys betörenden Duft von der Haut, obwohl das so ziemlich das Letzte ist, was ich tun will. Aber nur das gibt mir die Zeit, mir in Ruhe zu überlegen, was ich ihr sagen muss.

Himmel, das ist alles so abgefuckt. Als ich sie bat, bei mir in London zu bleiben, wäre ich nie im Leben auf die Idee gekommen, dass sie mich sofort in die Defensive drängen und zwingen würde, ihr einen Grund dafür zu nennen. Mir wäre niemals in den Sinn gekommen, dass sie von mir erwarten würde, ihr mein Herz auszuschütten und meine Gefühle offen auf den Tisch zu legen – zumal ich keinen blassen Schimmer habe, was ich sagen sollte. Die Hälfte der Zeit weiß ich nicht einmal, wie ich mir selbst eingestehen soll, was ich für sie empfinde. Wie um alles in der Welt sollte ich ihr das dann erklären können? So bin ich nun mal nicht gestrickt, und der Frust, der sich meines ganzen Körpers bemächtigt hat, hat zur Folge, dass ich die Hände zu Fäusten balle und gegen die Marmorfliesen schlage. Doch das hilft mir auch nicht, mir über meine Gefühle klar zu werden. Ich habe Emmy erst vor drei Tagen getroffen, und trotzdem ist sie mir bereits mehr unter die Haut gegangen als jede andere Frau, die ich bisher kennengelernt habe. Und obwohl ich es instinktiv leugnen will, ist es in Wahrheit so, dass es sich noch nie zuvor so verflucht richtig oder gut oder real angefühlt hat, mit einer Frau zusammen zu sein.

Sie ist das Beste, was mir je widerfahren ist – ob es sich dabei nun um den Sex handelt, um die Unterhaltungen, die wir miteinander führen, oder darum, wie es sich anfühlt, einfach nur ihre Hand zu halten – und ich verhalte mich wie ein Volltrottel, indem ich mich hier verstecke. Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit inzwischen vergangen ist, aber meine Haut fängt so ganz allmählich an zu schrumpeln. Ich drehe das Wasser ab und schüttle den Kopf, sodass die Wassertropfen in sämtliche Richtungen fliegen. Noch immer weiß ich nicht, was ich ihr sagen soll. Noch immer weiß ich nicht, was ich sagen muss, damit sie ihre Meinung ändert. Lügen werde ich ihr nicht erzählen, und ein Teil von mir möchte einfach so lange mit ihr weiterstreiten, bis sie endlich einsieht, dass erwachsene Menschen ihre Beziehungen so nicht handhaben.

Tief in meinem Inneren kann ich mich jedoch des unangenehmen Gefühls nicht erwehren, dass das zwar meine Art ist, dass das aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass das auch die korrekte Art ist. Dass ich derjenige von uns beiden bin, der sich hier wie ein bockiges Kind aufführt, und nicht sie. Dass sich Männer in der wirklichen Welt mit ihren Gefühlen auseinandersetzen und dazu bekennen, statt den Kopf in den Sand zu stecken und sich einzubilden, sie könnten sich mit diesem Wenn-ich-es-ignoriere,-kann-es-mich-nicht-verletzen-Spielchen irgendwie schützen, obgleich es sie in Wahrheit nur daran hindert, jemals eine enge Beziehung zu führen.

Es ist durchaus möglich, dass ich in der Vergangenheit nur deshalb immer so gut mit dieser Taktik gefahren bin, weil ich noch niemals einer Frau begegnet bin, mit der ich eine dauerhafte Beziehung führen wollte. Die auch nur das Bedürfnis in mir ausgelöst hätte, das zu versuchen. Ich gehe aber schwer davon aus, dass sich das jetzt geändert hat, und das ist … Na ja, es erschreckt mich zu Tode.

Ich zwinge mich, die Duschkabine zu verlassen und greife nach einem Handtuch, mit dem ich mir zunächst über das Gesicht wische und das ich mir dann um die Taille wickle. Bewusst vermeide ich, in den Spiegel zu schauen, denn das Letzte, was ich jetzt sehen will, ist dieser verängstigte kleine Junge, der ich früher mal war, und der immer noch in meinen Gedanken herumspukt. Im nächsten Moment hole ich tief Luft, reiße die Tür auf und gelange zu dem Schluss, dass es für mich die beste Lösung ist, ihr zu sagen, dass ich mehr Zeit brauche. Dass ich zwar weiß, worauf sie hinauswill, das Ganze für mich aber ein Lernprozess ist, sodass ich ihr einfach nicht geben kann, was sie sich erhofft, ohne vorher die Gelegenheit zu bekommen, gründlich über alles nachzudenken.

Das ist eine beschissen lahme Ausrede, aber das Einzige, was mir im Moment einfällt.

Es ist zudem eine komplett überflüssige Ausrede, denn als ich ins Schlafzimmer komme, erwartet Emmy mich nicht im Bett.

»Scheiße!« Ich quetsche das Wort durch meine fest zusammengebissenen Zähne und suche jeden Winkel des Zimmers nach ihr ab. Doch wenn man von dem Kleid absieht, das sie auf der Hochzeit getragen hat und das immer noch mitten im Raum auf dem Fußboden liegt, und von den Pumps mit den mordsmäßig hohen Absätzen, die ich ihr von ihren schmalen Füßen gezogen habe, ist es, als sei sie niemals hier gewesen. Ich marschiere auf den antiken Kleiderschrank zu und reiße die Tür auf. Im nächsten Moment bleibt mir vor Schreck fast das Herz stehen, weil ich sehe, dass ihre persönlichen Sachen alle verschwunden und nur noch die Kleidungsstücke und Schuhe hier sind, die ich ihr gekauft hatte. Ihr Koffer ist ebenfalls weg, was bedeutet, dass sie nicht nur das Zimmer, sondern auch das Anwesen verlassen hat. Sie hat sich aus dem Staub gemacht, verfluchter Mist noch mal. Unwillkürlich entfährt mir ein Schrei, und ich laufe taumelnd zur Tür.

Da ich hoffe, sie noch abfangen zu können, renne ich mit nichts weiter am Leib als diesem bescheuerten Handtuch um meine Lenden aus dem Zimmer und falle um Haaresbreite auf die Schnauze, als ich mit meinen nackten Füßen auf der obersten Stufe der breiten Treppe ausrutsche. Daraufhin umklammere ich mit der einen Hand das Geländer und halte mit der anderen das Handtuch fest, das mir so ganz allmählich von den Hüften rutscht, und fliege förmlich nach unten. Ich bin dermaßen wütend, dass ich es verwunderlich finde, dass mir kein Dampf aus den Ohren quillt und meine Sicht nicht von glutroten Dunstschwaden behindert wird. Nie zuvor in meinem Leben habe ich den Hass so deutlich gespürt wie in dem Moment, in dem ich meine Stiefmutter Caroline erblicke, die neben der Haustür steht und ihre Lippen zu einem hämischen Grinsen verzogen hat, das mehr sagt, als Worte es je könnten.

»Was zum Teufel?«, ist das Einzige, was ich knurrend über die Lippen bringe. Bevor sie antworten kann, tritt mein Cousin Cameron aus der Tür eines der angrenzenden Zimmer und stellt sich neben sie. Seit ich zurückdenken kann, haben diese beiden ein sehr enges Verhältnis zueinander gehabt, was vermutlich einer der Gründe dafür ist, dass ich diesen Wichser nicht ausstehen kann. Jeder Mensch, der die Entscheidung trifft, sich mit Caroline anzufreunden, ist ein Mensch, den ich nicht in meinem Leben haben will. Zumal Cameron ein noch größeres Arschloch ist als sein jüngerer Bruder Oliver, und das will was heißen.

»Du kommst zu spät«, erklärt sie mir in gedehntem Ton. Wie sie mich dabei von Kopf bis Fuß beäugt, lässt mich zusammenzucken – so widerlich ist der lüsterne Blick aus ihren blauen Augen. »Angus bringt sie bereits zum Bahnhof.«

Ich habe Mühe, nicht die Fassung zu verlieren, denn am liebsten würde ich vor lauter Frust brüllen. Emmy hat mich nicht nur verlassen, sie hat sich auch von diesem Miststück dabei helfen lassen, und ich bin so außer mir vor Wut, dass mir plötzlich klar wird, dass es mir jetzt endgültig reicht. Ich habe die Schnauze voll davon, mich mit den Intrigen und Lügen dieser Familie herumzuschlagen. Ich habe die Schnauze voll davon, diese Menschen zu ertragen, damit nach außen hin der Schein gewahrt bleibt. Ich habe die Schnauze voll davon, das alles hinzunehmen statt weg damit zu sagen und mich endlich von ihnen zu befreien.

Ich keuche regelrecht vor Zorn, als ich Caroline entgegenschleudere: »Du bist das kränkste Biest, das mir je begegnet ist.«

Ihre Augen beginnen auf eine Weise zu funkeln, die mir verrät, dass sie auf meine Wut abfährt. »Jase, wir sind deine Familie.«

»Du bist nicht meine Familie. Du bist nichts weiter als ein gottverfluchter Albtraum, und ich habe die Nase voll von dir.« Ich werfe Cam einen vernichtenden Blick zu. »Von euch allen.«

Bevor einer der beiden darauf etwas erwidern kann, drehe ich mich um, um zu gehen. Da sehe ich, dass mein Freund Callan den Korridor hinunterkommt. Nach seiner Reaktion zu urteilen, überrascht es ihn nicht, dass ich nur mit einem Handtuch bekleidet mitten in der Eingangshalle stehe, was bedeutet, dass er entweder mitbekommen hat, dass Emmy weggefahren ist oder aber glaubt, alle in diesem Haus seien total irre.

»Ich hatte befürchtet, dass sie eine Show abziehen will«, erklärt er mir und deutet dabei mit dem Kinn auf Caroline. »Deshalb habe ich Leute an den Hintertüren postiert. Die sorgen dafür, dass die Hochzeitsgäste erst ins Haus dürfen, wenn ich das Okay dazu gebe.«

»War alles in Ordnung mit ihr?«, ringe ich mir mit krächzenden Stimme ab, die gar nicht mehr wie meine klingt.

»Ich habe sie zufällig mit ihrem Koffer im hinteren Korridor stehen sehen«, erzählt er mir und verzieht dabei kaum merklich das Gesicht. »Ich habe versucht, sie dazu zu überreden, auf dich zu warten, aber sie war ziemlich durcheinander und aufgebracht.«

Ich beiße die Zähne fest zusammen. »Inwiefern durcheinander?«

Callan legt die Stirn in Falten. »Sie hat zwar versucht sich zusammenzureißen, aber sie hat geweint.«

»Scheiße.«

Er tritt dichter an mich heran und senkt die Stimme. »Ich hätte sie mit keinem anderen fahren lassen, nur mit Angus. Du weißt, dass er sich gut um sie kümmern wird. Und wenn er wiederkommt kann er dir sagen, welchen Zug sie genommen hat und wohin sie gefahren ist.«

Ich nicke, bin viel zu wütend auf mich selbst, um etwas erwidern zu können. Ich hätte sie niemals allein lassen dürfen. Außerdem scheint Callan zu glauben, dass ich ihr nachfahren will, aber was das angeht, ist er im Irrtum. Ich bin innerlich viel zu wund, so wund, wie ich es nicht mehr gewesen bin seit … Nein! Auf gar keinen Fall. Darüber will ich gar nicht erst nachdenken.

Aber: Obwohl ich nicht bereit bin, Emmy Reed wie ein liebeskranker Trottel hinterherzurennen und sie anzuflehen, zu mir zurückzukommen, werde ich nicht in diesem Haus bleiben. Ich werde niemals wieder eine Nacht unter dem Dach meiner Familie verbringen.

»Ich haue von hier ab.«

»Dann pack deine Sachen, und ich hole in der Zeit deinen Wagen und fahre ihn vors Haus«, sagt Callan, und in diesem Augenblick weiß ich wieder ganz genau, warum ich ihn von jeher so mochte. Er ist der zuverlässigste Mensch, den ich kenne – vorausgesetzt, man ist keine Frau, die versucht, eine Beziehung mit ihm anzufangen, denn in dieser Hinsicht hat er mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen. »Ich komme mit nach oben und hole mir den Wagenschlüssel.«

»Danke«, knurre ich und steure auf die Treppe zu, muss das Wort regelrecht herauspressen, weil meine Kehle sich anfühlt, als würde sie zusammengeschnürt.

»Jase! Wo willst du denn hin?«, fährt Caroline mich von hinten an. »Unsere Unterhaltung ist noch nicht beendet.«

Ich mache mir nicht einmal die Mühe, mich umzudrehen, als ich erwidere: »Warum verschwindest du nicht einfach und lässt mich in Frieden?«

»Du kannst dieses Haus nicht verlassen, Jasper Beckett! Wir feiern hier eine Hochzeit!«

Ich lache bitter auf. »Heilige Scheiße, Caroline. Als würde mich das interessieren.«

»Lass ihn doch gehen«, brummt Cameron leise vor sich hin. »Warum interessierst du dich überhaupt für das, was er tut? Ich dachte, du würdest ihn auf den Tod nicht ausstehen können.«

Der Junge klingt bestürzt, was seltsam ist. Ich meine, was läuft da eigentlich zwischen den beiden? Ich kann hören, dass sie Callan und mir nach oben folgen. Oder besser gesagt, Caroline folgt uns, und Cameron läuft ihr wie ein Hündchen hinterher.

Sie geht über die Einwände meines Cousins hinweg und hört nicht damit auf, mich zu reizen. »Wirklich, Jase, es ist besser so. Leuchtet dir das denn nicht ein? Dein Vater und ich könnten niemals akzeptieren, dass du mit einer solchen Person eine ernsthafte Beziehung führst. Was würden unsere Freunde sagen? Sie ist so … gewöhnlich.«

Ich bleibe so plötzlich auf der obersten Stufe stehen, dass mir um Haaresbreite das Handtuch herunterfällt. Ruckartig drehe ich mich zu ihr um und schlage die Hand weg, die sie mir soeben auf den Arm gelegt hat. »Halt deinen Mund, es reicht jetzt!«, brülle ich, wobei meine schroffe Stimme vor Zorn vibriert. »Verdammt noch mal, ich weiß nicht, was mit dir nicht stimmt, aber ich will dich niemals wiedersehen, und ich will nie wieder ein Wort von dir hören!«

Sie wird blass, tritt einen Schritt zurück und rempelt dadurch Cameron an, der gleich hinter ihr steht.

»Jase«, höre ich meinen Vater leise sagen, und ein kurzer Blick nach unten verrät mir, dass er am Fuß der Treppe steht und uns mit blutunterlaufenen Augen anstarrt.

»Bemüh dich gar nicht erst«, zische ich ihn an und bin überzeugt, dass mir die Abscheu, die ich für ihn empfinde, im Gesicht geschrieben steht.

Ohne ein weiteres Wort von mir zu geben, drehe ich mich um und steure auf mein Zimmer zu, und dieses Mal ist Callan zum Glück der Einzige, der mir folgt. Er schweigt und wartet an der Tür, während ich meine Autoschlüssel hole, die auf einem der Nachttische liegen. Als ich sie ihm aushändige, kann ich seinem Gesicht ansehen, dass er etwas sagen möchte, doch ich schüttle den Kopf, und daraufhin verlässt er kommentarlos den Raum.

Als die Tür hinter ihm ins Schloss fällt, marschiere ich zum Kleiderschrank und reiße die Türen auf. Ich fluche leise vor mich hin, als mir auffällt, wie viele der Designerkleider Emmy zurückgelassen hat. Aus irgendeinem irrationalen Grund macht es mich wütend, dass sie diese nicht mitgenommen hat. Diese Geste wirkt auf mich wie das abschließende »Verpiss dich«, mit dem sie mir in aller Deutlichkeit vermittelt hat, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben will. Dass sie keine Erinnerungen haben möchte, die von längerer Dauer sind als das nachhallende Echo ihres Körpers, der sich an mich erinnert.

Ich bin wahnsinnig versucht, ihr hinterherzurennen, aber was sollte das bringen? Sie hat ihre Antwort so klar formuliert, wie sie konnte, und ich habe alles gesagt, was ich zu sagen habe. Dass Emmy von mir verlangt hat, meine Gefühle offen auf den Tisch zu legen, war ebenso naiv wie aussichtslos – vor allem angesichts der Tatsache, dass sie nicht bereit war, das Gleiche zu tun. Und ich werde ganz sicher keine romantische Scheiße von mir geben, nur um sie zu beschwichtigen.

Aber es tut mir fast körperlich weh, dass sie weg ist. Ich war noch nicht dazu bereit, sie gehen zu lassen, und es bringt mich um, dass ich nicht die Möglichkeit hatte, sie ein letztes Mal in den Armen zu halten. Sie zu küssen. In ihr zu sein. Ich hatte vorgehabt, jeden einzelnen Zentimeter ihres wunderschönen Körpers zu erforschen, mir jedes Detail einzuprägen und so zu verinnerlichen, dass ich die Erinnerungen, wenn sie erst einmal weg war, immer und immer wieder vor meinem geistigen Auge hätte ablaufen lassen können.

Doch diese Möglichkeit habe ich jetzt nicht mehr. Die habe ich verloren. Und alles nur, weil sie wollte, dass ich mein Innerstes vor ihr ausbreite und ihr Dinge gebe, die ich noch niemals jemandem gegeben habe. Dinge, von denen ich selbst dann nicht wüsste, wie ich sie geben sollte, wenn ich sie würde geben wollen. Das will ich aber nicht. Verdammt, das … kann ich nicht. Es gibt für mich nichts Furchterregenderes, als mir vorzustellen, meine innersten Gefühle preisgeben zu müssen.

Auch wenn ich es für die süßeste, stärkste und faszinierendste Frau gewesen wäre, die mir jemals begegnet ist.

Für die Frau, die mich gevögelt und dann im Stich gelassen, mich einfach bei meiner kaputten Familie zurückgelassen hat.

Ich weiß wirklich nicht, warum ich dieses Haus und die Menschen, die darin leben, nicht längst in die Wüste geschickt habe. Habe ich mich an die naive Hoffnung geklammert, ich würde ihnen eines Tages doch noch etwas bedeuten? Dass Alistair aus seiner Ginflasche herauskriechen würde und Caroline … Nein, dass sie ein hoffnungsloser Fall ist, habe ich schon immer gewusst. Allerdings ist dieses Haus das letzte Bindeglied, das ich zu meiner Mutter habe, und obwohl ich nur noch verschwommene Erinnerungen an sie habe, weiß ich, dass sie mir häufig gesagt hat, dass sie mich liebe. Wenn ich mich recht entsinne, ist sie der einzige Mensch auf dieser Welt, der diese Worte je zu mir gesagt hat, und obwohl Sarah ihnen vielleicht nicht gerecht geworden ist, hat es zumindest eine Zeit gegeben, in der sie mich genug geliebt hat, um mir das zu sagen. Ist das der Grund dafür, dass ich immer wieder in diesen Albtraum zurückgekehrt bin? Habe ich mir ihre Scheiße deshalb all die Jahre gefallen lassen?

Falls es so war, durchbreche ich jetzt dieses Muster. Denn meine Mutter ist tot, und die Menschen, die noch in diesem Haus leben, sind toxisch und tun mir nicht gut.

Es ist eine Erleuchtung, die längst überfällig war – und zudem eine, die ich Emmy verdanke.

Emmy … Himmel, wenn ich an sie denke, würde ich am liebsten den Kopf in den Nacken werfen und schreien. Stattdessen fange ich an, mit hinter dem Kopf verschränkten Händen und auf die Brust gepresstem Kinn im Zimmer auf und ab zu laufen, während ich vor Frust koche und ein Gefühl wie Trauer verspüre, das sich nicht leugnen lässt. Derweil stimmt die für die Hochzeit engagierte Band unten im Garten »Bad Romance« von Thirty Seconds to Mars an. Normalerweise liebe ich diesen Song, aber im Moment bewirkt er, dass ich die Zähne zusammenbeißen muss, weil der Text wie ein rostiger Nagel über meine Nervenenden kratzt.

Als plötzlich an meine Zimmertür geklopft wird, werfe ich das Handtuch auf das vom Sex zerwühlte Bett und greife nach einer Jeans, die ich mir rasch überziehe. Da ich davon ausgehe, dass es Callan ist, öffne ich die Tür, ohne vorher zu fragen, wer da ist, und erstarre, als ich stattdessen in die dunklen Augen meines Großvaters blicke.

»Was willst du?«, fahre ich ihn an. Ich bin viel zu verärgert, um so zu tun, als seien wir etwas anderes als Bekannte wider Willen.

Er zieht die Augenbrauen hoch, ist immer noch mit den gleichen dunklen Jeans und dem mit Farbe bespritzten Hemd bekleidet, die er auch am Morgen trug, als er Emmy das Interview gab. »Darf ich hereinkommen?«, fragt er mit seiner tiefen, krächzenden Raucherstimme.

Ich schüttle ungläubig den Kopf und mir entfährt ein bitteres Lachen. »Klar, wieso nicht?«, knurre ich und denke dabei: Gott, was für ein Tag. Ich verliere Emmy und erhalte als Entschädigung einen Besuch von meinem Großvater. Da soll mir noch mal einer was von Karma erzählen. Und was tut er überhaupt hier, verflucht noch mal? So weit mir bekannt ist, hat Harrison dieses Haus nicht mehr betreten, seit meine Mutter sich das Leben genommen hat. Nicht einmal, als ich noch ein Kind war und mit einem ständig betrunkenen Vater und einer psychotischen Stiefmutter hier festsaß.

Ich ziehe die Tür ein Stück weiter auf, damit er hereinkommen kann, und laufe ans andere Ende des Zimmers, wo ich mit dem Fuß unauffällig das Kondom, das ich vorhin achtlos auf den Boden geworfen hatte, unter das Bett schiebe, bevor sein Blick darauf fällt. Doch als ich mich anschließend wieder zu ihm umdrehe, stelle ich fest, dass er sich gar nicht für das Zimmer interessiert. Nein, seine gesamte Aufmerksamkeit gilt dem Gemälde, das über dem Bett hängt. Obwohl es eines seiner eigenen Werke ist, starrt er darauf, als habe er es noch nie zuvor gesehen. Und das Gefühl, das in seinen Augen flackert, ist eines, das ich noch nie zuvor bei ihm gesehen habe. Es ist keine Wut, denn dazu ist es zu traurig, und für Gleichgültigkeit ist es zu lebendig, aber Wut und Gleichgültigkeit sind die einzigen Regungen in Harrisons Gesicht, die mir vertraut sind.

Ich fahre mir mit den Händen durch mein feuchtes Haar und sage: »Pass auf, ich versuche, mich hier nicht wie ein Arschloch aufzuführen, aber das ist im Moment gerade kein günstiger Zeitpunkt für mich. Folglich wäre es besser, wenn du gleich auf den Punkt kommen und mir sagen würdest, warum du hier bist.«

Er schiebt seine Hände in die vorderen Hosentaschen und sieht mich einem finsteren und zugleich mysteriösen Blick eindringlich an. »Ja, das habe ich gehört.«

»Was hast du gehört?« Meine Stimme klingt herausfordernd und ungeduldig.

Seine Lippen fangen an zu zucken, als müsse er sich ein Grinsen verkneifen. »Ich habe gehört, dass du Caroline mehr oder weniger erklärt hast, sie solle die Flatter machen. Emmy wird stolz auf dich sein.«

»Emmy ist nicht da«, ringe ich mir mit zusammengebissenen Zähnen ab. Ich muss jetzt endlich wissen, wieso er hier ist und dann soll er verschwinden.

»Ja.« Er seufzt, schaut sich endlich um und lässt den Raum auf sich wirken. »Ich dachte mir schon, dass sie weg ist.«

»Also? Was duldet keinen Aufschub, dass du herüberkommen und mich jetzt aufsuchen musstest?«

»Deine Amerikanerin hat heute Morgen ein paar Dinge gesagt, die mich nachdenklich gestimmt haben.«

Ich ziehe die Augenbrauen hoch, und obwohl ich den Mistkerl eigentlich auffordern möchte, Leine zu ziehen, bin ich neugierig. »Ach ja? Was denn?«