Lore-Roman 16 - Lore von Holten - E-Book

Lore-Roman 16 E-Book

Lore von Holten

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Beschreibung

Petra Baroness von Schilling - Tochter aus erstklassigem Haus, Spross einer ebenso alten wie reichen Familie - ist gewohnt, mit viel Geld umzugehen, es mit leichter Hand auszugeben und immer wieder neues vorzufinden. Und darin ist sie das genaue Gegenteil von dem bescheidenen Dr. Volker Amberg. Dennoch lieben sie sich. Ihm zuliebe hat die Baroness sogar jeden Umgang mit ihren früheren Bekannten aufgegeben und führt nun ein völlig bürgerliches und zurückgezogenes Leben.
Petra ist zufrieden, bis plötzlich wie aus dem Nichts ein alter Jugendfreund auf der Bildfläche erscheint. Die arglose Baroness denkt sich nichts dabei und freut sich über die Zerstreuung. So hat Herbert ein leichtes Spiel: Mit seinen schicken Anzügen und seinem weißen Sportwagen weiß er Petra zu blenden. Er spricht von großen Bällen, von weiten Reisen und vom Glanz der großen Welt. Da erwacht in Petra die Sehnsucht nach ihrem früheren, nach einem abwechslungsreichen Leben. Und schon ist Volker vergessen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Verlockt vom Glanz der großen Welt

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: EdwardDerule/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5731-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Verlockt vom Glanz der großen Welt

Ein hochdramatischer Schicksalsroman

Von Lore von Holten

Petra Baroness von Schilling – Tochter aus erstklassigem Haus, Spross einer ebenso alten wie reichen Familie – ist gewohnt, mit viel Geld umzugehen, es mit leichter Hand auszugeben und immer wieder neues vorzufinden. Und darin ist sie das genaue Gegenteil von dem bescheidenen Dr. Volker Amberg. Dennoch lieben sie sich. Ihm zuliebe hat die Baroness sogar jeden Umgang mit ihren früheren Bekannten aufgegeben und führt nun ein völlig bürgerliches und zurückgezogenes Leben.

Petra ist zufrieden, bis plötzlich wie aus dem Nichts ein alter Jugendfreund auf der Bildfläche erscheint. Die arglose Baroness denkt sich nichts dabei und freut sich über die Zerstreuung. So hat Herbert ein leichtes Spiel: Mit seinen schicken Anzügen und seinem weißen Sportwagen weiß er Petra zu blenden. Er spricht von großen Bällen, von weiten Reisen und vom Glanz der großen Welt. Da erwacht in Petra die Sehnsucht nach ihrem früheren, nach einem abwechslungsreichen Leben. Und schon ist Volker vergessen …

Dr. Volker Amberg stand vor der gläsernen Apparatur, deren viele Leitungen, Kolben und Röhren einem gespenstischen Ungeheuer glichen, und beobachtete gespannt die grünliche Flüssigkeit. Hier kochte es, dort schlugen sich Dämpfe nieder, an einer anderen Stelle kroch gelblicher Rauch durch erdfarbene Filter, an noch anderen Stellen bildeten sich wie durch Zauberhand trockene Spuren von Substanzen.

Der Chemiker schaute auf die Laboruhr. Rasch schloss er ein paar Hähnchen, öffnete andere. Das Blubbern im Innern der Gasleitungen verstärkte sich. Dr. Amberg stellte die Flamme eines Bunsenbrenners größer.

In diesem Augenblick gab es einen harten Knall, Glassplitter flogen ihm um die Ohren. Rasch riss er die Hände hoch, um das Gesicht zu schützen. Auf seinem Handrücken war auf einmal eine schnittähnliche Wunde. Sie blutete.

Mit fliegenden Händen schaltete Dr. Amberg die gesamte Apparatur ab, ehe noch größeres Unheil geschah. Das Blubbern erstarb.

Wütend wusch er die verletzte Hand. Es war ein Schnitt, nichts weiter, er hatte Glück im Unglück gehabt. Ebenso gut hätte der Splitter seine Augen treffen können. Dann holte er ein Pflaster und drückte es auf den Handrücken. Fertig.

Nun hatte er das zweifelhafte Vergnügen, das Labor aufzuräumen. Die Kollegen, die es am nächsten Morgen betraten, durften von seiner Arbeit nach Feierabend nichts merken. Mürrisch löste er die Gummiverbindungen, kippte die restlichen Chemikalien fort, kehrte die Splitter zusammen. Ein Kolben war geborsten.

Plötzlich ging die Tür auf. Dr. Amberg fuhr herum. Der Chef stand im Rahmen. Dr. Bruck, groß, kühl, streng, immer der Überlegene.

„Was machen Sie denn hier, Kollege Amberg?“

„Ich bin mit meiner Arbeit nicht ganz fertig geworden, Herr Bruck. Etwas Nachsitzen sozusagen.“

Dr. Bruck kam näher, sah die restlichen Apparaturen, die Amberg noch nicht hatte forträumen können.

Nach wenigen Augenblicken sagte er entschieden: „Sie lügen, Amberg. Das ist etwas ganz anderes, und ich nehme an, dass es sich um genau die gleiche Privatsache handelt, mit der ich Sie nach Feierabend schon einmal erwischt habe.“

„Sie haben recht, Herr Doktor Bruck. Entschuldigen Sie.“

„Sie wissen doch, dass ich derlei Späße gar nicht schätze?“

„Ich weiß es …“

„Dennoch haben Sie die Stirn, Ihre Versuche fortzusetzen? Das ist ein Entlassungsgrund, Amberg!“

„Bitte – wenn Sie meinen …“

Bruck wandte sich der Tür zu. Über den Rücken hinweg sagte er: „Diesmal will ich die Sache noch auf sich beruhen lassen. Beim nächsten Mal aber sind Sie fällig – ohne Rücksicht auf Verluste, Herr Amberg.“

Fort war er.

Volker Amberg biss die Zähne zusammen. Am liebsten wäre er Bruck nachgeeilt, hätte ihm seinen Kittel vor die Füße geworfen und wäre gegangen – für immer. Doch weil das nicht möglich war, musste Amberg seinen Zorn in sich hineinwürgen, und das verdoppelte den Ärger.

Amberg räumte die restlichen Sachen fort. Nun hatte er also das mehr als zweifelhafte Vergnügen, morgen Früh wieder diese langweiligen Stahlproben zu untersuchen, die sie ihm aus dem Werk heraufschickten. Jeden Tag das Gleiche, immer dieser Trott, den ein geschickter Laborant genauso gut hätte bewältigen können.

So wenig es ihm schmeckte: Augenscheinlich doch, denn sonst würde er dies alles hier ja nicht tun. Er hatte nicht so viel Glück gehabt wie zum Beispiel Horst Ehmke, sein Studienfreund, der in der Forschungsabteilung einer Arzneimittelfabrik arbeitete und dort ein Labor zur Verfügung hatte, wie es selbst die Professoren an den Universitäten nur vom Hörensagen kennen. Ja, er, Volker, hatte kein Glück gehabt, keine Beziehungen, er hatte nicht die Gabe besessen, mit seinen Pfunden zu wuchern. Dafür vertat er jetzt sein Leben mit der Analyse von Stahlproben.

Alles war aufgeräumt, Volker Amberg knipste das Licht aus und ging. Er nickte dem Pförtner zu und hing den Laborschlüssel an das Brett.

Draußen regnete es, Volker schlug den Mantelkragen hoch, und gerade als er dies tat, schoss ihm plötzlich durch den Kopf, warum der Versuch misslungen war. Eine Kleinigkeit war es, eine Lächerlichkeit geradezu.

Am liebsten wäre er umgekehrt und hätte von Neuem begonnen, doch das konnte er sich nicht mehr leisten. Wenn Bruck ihn abermals erwischte, dann war alles aus. Erst ein bisschen Zeit verstreichen lassen, warten, bis Bruck vielleicht in Urlaub war oder auf Dienstreise. Dann konnte er sich wieder wie ein Dieb ins Labor schleichen und weiterarbeiten, und er durfte dabei froh sein, dass der Pförtner für ein paar Zigarren beide Augen zudrückte und schwieg.

Der notwendige Aufschub war umso ärgerlicher, als Volker Amberg das sichere Gefühl hatte, dass er dicht vor dem Ziel stand. Er suchte nach einer Substanz, die man etwa zum Verstreichen von Mauerritzen verwenden konnte, die zwar trocknete, aber nicht zu bröckeln begann, die elastisch blieb und leicht bearbeitet werden konnte. Er war durch Zufall auf dieses Problem gestoßen, als er daheim im Hause seiner Mutter mit Gips hantierte und sich geärgert hatte, wie schwierig dieses Material zu handhaben war.

Nun, die Menschheit musste notgedrungen auf das neue Mittel weiter warten. Missmutig, müde und enttäuscht stieg Dr. Amberg in seinen alten Wagen. Der Motor sprang lärmend an.

Der Regen hörte auf. Die Straße glänzte vor Nässe. An der nächsten Ecke bog er rechts ab, fuhr um den Block und schlug die entgegengesetzte Richtung ein. Nein, jetzt mochte er nicht nach Hause. Er wollte zu Petra.

Übrigens nicht nur wegen des beruflichen Ärgers. Petra hatte in den letzten Tagen einen gewissen Zwiespalt in ihm wachgerufen, den er nicht verdauen konnte, mit dem er noch nichts Rechtes anzufangen wusste. Er wusste nicht einmal, ob er sich die Veränderungen, die er bei Petra festzustellen glaubte, nur einbildete oder ob sie tatsächlich existierten. Warum sollte er nicht versuchen, sich Klarheit zu verschaffen? Ungewissheiten konnte er nicht ausstehen, und dies war eine Ungewissheit, die ihn erheblich bedrückte.

Verständlich, denn er liebte Petra. Sie war nicht nur bildhübsch mit ihrem lockigem Haar, ihrer samtenen Haut, ihrem lachenden Mund und den sprühenden Augen. Sie war auch wirklich ein liebenswertes Menschenkind, zärtlich, dann wieder ausgelassen wie ein Kind, klug, wenn es etwas Gescheites zu sagen oder zu tun gab, und sehr temperamentvoll.

Petra Baroness von Schilling – Tochter aus erstklassigem Haus, Spross einer ebenso alten wie reichen Familie, verwöhnt – war gewohnt, mit viel Geld umzugehen, es mit leichter Hand auszugeben und immer wieder neues vorzufinden. Und darin war sie das genaue Gegenteil von Volker Amberg.

Sein Vater war Lehrer gewesen, der noch während Volkers Studium starb. Volker hatte verbissen gearbeitet, um Geld zu verdienen. Er hatte es geschafft, er hatte eine Stelle, er verdiente auch einigermaßen, aber eben nicht üppig. Und so drehte er nach wie vor jeden Pfennig um, gönnte sich nicht viel, sparte.

Gegensätze über Gegensätze. Dennoch liebten sich die reiche Petra von Schilling und der bescheidene Dr. Volker Amberg. Wie war das eigentlich gekommen?

Es begann wie ein Zufall. Sie waren im Verkehrsgewühl mit ihren Autos zugammengestoßen. Es hatte leichte Schäden, aber eine sehr erregte Debatte gegeben. Petra hatte ihre Schuld an diesem kleinen Zwischenfall abgestritten, obwohl sie wirklich schuld gewesen war. Aber dann hatte sie plötzlich gelacht. Er hatte eingestimmt – und beide hatten erkannt, dass der Vorfall so viel Erregung gar nicht wert gewesen war. Und aus diesem Lachen war langsam die Liebe erwachsen. Man hatte sich verabredet, hatte Gefallen aneinander gefunden, mehr und mehr, und eines Tages gab es einen Kuss. Er war nicht der einzige geblieben.

Beinahe hätte Volker Amberg eine rote Ampel überfahren. Das brachte ihn aus seinen Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. Ungeduldig wartete er, bis das Stopplicht auf Grün sprang. Die Häuser wurden niedriger, die geschlossenen Zeilen rechts und links neben der Fahrbahn lösten sich auf, parkähnlicher Wald kam, Volker bog in eine Seitenstraße ab.

Nur noch Villen gab es hier, eine schöner als die andere. Noch eine Seitenstraße – da lag das Haus, das Petra gemietet hatte. Weiß, flach, modern und luxuriös.

In einiger Entfernung gab es einen kleinen Parkplatz. Volker lenkte seinen Wagen dorthin, weil die Straße ziemlich schmal war. Er stieg aus und ging dem Haus entgegen. Plötzlich blieb er stehen. Aus der Garageneinfahrt des Hauses schob sich rückwärts ein weißer offener Sportwagen. Volker kannte ihn nicht. Ein Mann in einer hellbraunen Lederjacke saß hinter dem Lenkrad. Er lachte und rief etwas. Als er auf der Straße stand, hielt er den Wagen an.

Petra von Schilling trat aus dem Haus und sagte etwas. Der junge Mann lachte noch mehr. Er streckte die Hand aus, zog Petras Rechte zu sich und küsste sie. Dann streckte er ihr seinen Mund entgegen, doch sie schüttelte lachend den Kopf und lief ins Haus.

Volker Amberg trat hinter einen Baum, als der Sportwagen vorwärts schoss und an ihm vorbeipreschte. Die Szene war ganz harmlos gewesen, doch ihr Anblick hatte Volker die Kehle zugeschnürt. Er glaubte zu fühlen, dass mehr dahintersteckte.

Der Chemiker sah dem Mann hinter dem Lenkrad nach. Gepflegte Erscheinung, einer von jenen jungen Männern, die durch ihr Aussehen und ihr Gehabe auf den ersten Blick glänzende Vermögensverhältnisse ahnen lassen.

Er ging weiter. Die Haustür fand er geschlossen. Wie immer in solchen Fällen ging er seitlich am Haus vorbei und erreichte hinten die Terrasse, die ebenerdig in den kleinen Hausgarten mündete. Ein Schwimmbecken gab es dort, ein wenig Rasen, dichte Büsche zu den Nachbargrundstücken. Die Terrasse war teilweise überdacht. Sessel standen dort und ein runder Tisch. Petra, weiß gekleidet mit engem Mieder und kurzem Rock, räumte Gläser und eine Flasche fort. Sie summte vergnügt.

Das Gesicht des bisher unbemerkt gebliebenen Gastes verdüsterte sich. Petra hatte, daran gab es keinen Zweifel, mit dem Unbekannten, der ihre Hand geküsst und mit seinem Mund nach mehr verlangt hatte, hier fröhlich beisammengesessen.

Volker trat um die Ecke.

„Kann ich helfen?“, fragte er unvermittelt.

Petra von Schilling schrak zusammen.

„Volker – wie kannst du mich nur so erschrecken?“, rief sie.

„Komme ich ungelegen?“, fragte er verdrossen. „Dann kann ich ja wieder gehen.“

„Du bist verrückt!“, entgegnete sie lachend, aber es klang ein wenig gezwungen. „Seit wann bist du mir ungelegen?“

Er bohrte die Hände in die Taschen. Sein Gesicht blieb düster und verkniffen, als er erwiderte: „Man kann nie wissen. Cocktails getrunken?“

„Ja, mit Hannelore, wenn du es genau wissen willst. Sonst noch eine Frage?“

„Ist sie schon lange fort, die Hannelore?“

„Soeben abgefahren. Eigentlich hättest du sie sehen müssen.“

***

Volker Amberg brauchte ein paar Sekunden, ehe er weitersprechen konnte. Sie log ihn an. Und plötzlich war wieder das Gefühl in ihm, dass mit Petra irgendeine Veränderung vor sich gegangen war. Auf einmal erschien sie ihm fremd und entrückt. Ja, das war das richtige Wort: Sie war von ihm fortgerückt.

Betont langsam erwiderte er: „Doch, ich habe Hannelore gesehen. Sie trug eine Lederjacke und fuhr einen weißen Mercedes. Ich wusste nicht, dass sie sich manchmal in einen Mann verwandelt.“

Petra schoss tiefe Röte ins Gesicht. Er sah es ganz genau, obwohl sie sich sofort abwandte und mit einer Martiniflasche im Haus verschwand. Er ging ihr nach, fasste ihren Arm und drehte sie herum, sodass sie ihn ansehen musste.

„Du hast gelogen, Petra – was soll das heißen?“

„Ich … ich weiß nicht, was du willst! Bitte, lass mich los. Es tut weh!“

„Warum lügst du mich an?“, wiederholte er und ließ ihren Arm los. „Ist das nicht unwürdig für dich und für mich?“

„Also gut, ich habe gelogen! Du hast mich erschreckt, das brachte mich durcheinander.“

„Petra, was du da versuchst, das hat keinen Sinn. Mit dir ist etwas geschehen, ich merke es seit einiger Zeit, seit zwei, drei Wochen vielleicht. Du hast dich verändert. Du bist nicht mehr wie früher. Du weichst mir aus. Gehe ich dir auf die Nerven?“

„Volker – ich bitte dich!“

„Also, was ist dann?“

„Wollen wir dieses Gespräch nicht besser …“

„Nein, wir wollen es nicht aufschieben, denn es duldet keinen Aufschub. Ich liebe dich, Petra, das weißt du. Daher habe ich ein Recht auf die Wahrheit.“

Sie presste die Lippen zusammen und starrte zu Boden, wo ein dicker Perserteppich lag. Ihre Schuhe versanken beinahe darin. Es zuckte in ihrem schönen Gesicht. Dann warf sie den Kopf zurück und schaute ihm mitten ins Gesicht.

„Gut, Volker, ich will es dir sagen. Vielleicht ist es wirklich besser so. Dieser Mann ist gekommen …“

„Der eben wegfuhr?“

„Ja. Herbert Romey. Ich kannte ihn schon als Kind.“

„Und? Die Kinderzeit müsste eigentlich vorbei sein.“

„Das dachte ich auch, aber …“

„Alte Freundschaft, wie?“ Hohn lag in seiner Stimme.

„Teilweise, ja“, gestand sie, und ihre Erregung wuchs. Er verletzte sie mit seinem Spott und machte sie wütend. „Aber auch nur teilweise. Ich weiß nicht, wie es kommt. Ich mag ihn gern.“

„Man küsst sich bereits“, versetzte Volker scharf und nickte. „Man mag sich wirklich.“

„Volker, du verhöhnst mich, als wenn ich ein Verbrechen begangen hätte!“, warf sie ihm vor. „Können wir nicht wie Erwachsene miteinander reden?“

„Gibt es da noch etwas zu reden?“, sagte er hart. „Du hast dich in ihn verliebt. Widersprich nicht – ich weiß es. Zwei Männer gleichzeitig aber kann man nicht lieben. Also willst du mich aus deinem Leben streichen. Bitte sehr – ich mache es dir nicht schwer, denn um Liebe kann man nicht bitten. Ich werde …“

„Volker!“, rief sie erregt. „Jetzt hör endlich auf mit diesem Unfug! Du kannst mich doch nicht verdammen, weil ich ihn nett finde! Du weißt doch noch gar nichts! Habe ich nicht die ganze Zeit hier in diesem Hause gewartet, bis du gekommen bist? Haben wir nicht ein Leben geführt wie irgendein Liebespaar, das glücklich ist, wenn es mal gemeinsam ins Kino gehen darf? Habe ich dir nicht viel geopfert? Kann es dich da verwundern, wenn plötzlich einer kommt und von großen Bällen, von weiten Reisen, vom Glanz der großen Welt spricht? Früher habe ich das selbst gekannt, es war mir selbstverständlich! Ich habe es aufgegeben – für dich, und es tat mir nicht leid. Ich bereue es auch nicht – aber jetzt möchte ich wieder einmal ein bisschen …“

„Genug!“, unterbrach er sie barsch. „Die reiche Baroness spielt nicht mehr mit, ich sehe es. Ich habe es dir oft genug angekündigt, du hast es nicht wahrhaben wollen, hast von ewiger Liebe und unverbrüchlicher Treue gesprochen. Nun haben wir die Scherben! Leb wohl, Petra!“

Er wandte sich zum Gehen, so plötzlich, dass sie zusammenschrak. Doch sie lief ihm nach, sobald sie sich wieder gefasst hatte. Auf der Terrasse holte sie ihn ein.

„Volker, du hast den Verstand verloren! Du kannst doch nicht einfach weglaufen!“

„Ich habe hier nichts mehr zu suchen! Werde glücklich in deinem Glanz der großen Welt!“

Sie hielt ihn am Arm zurück. „Volker – du lässt mich allein?“

„Genau das ist meine Absicht!“

„Aber – das kannst du doch nicht tun! Warum hilfst du mir nicht, das alles zu überwinden? Warum holst du mich nicht zurück?“

Er schaute sie an, ernst, zornig, mit loderndem Blick. Dann schüttelte er den Kopf.

„Zurückholen soll ich dich? Dir die schönen Reisen ausreden und die glanzvollen Bälle? Damit du nach einem Vierteljahr von neuem Sehnsucht danach verspürst? Nein, Petra, wer gehen will, den soll man gehen lassen. Ich habe dich geliebt, aber ich laufe dir nicht nach wie ein Hund.“

Er riss sich mit einer raschen Bewegung los, schnellen Schrittes ging er am Haus vorbei, er drehte sich nicht um. Doch Petra von Schilling folgte ihm nicht. Sie sank auf einen Sessel und starrte auf die blanke Oberfläche des Schwimmbeckens.

„Dann soll er eben gehen, wenn er es nicht anders haben will“, flüsterte sie.

Dann stand sie auf, strich das Kleid glatt und räumte die restlichen Gegenstände vom Tisch. Leere war in ihr.

Leere war auch in Volker Amberg. Mit mechanischen Bewegungen lenkte er seinen Wagen Stadtwerts, erreichte seine Wohnung, ging hinauf. Er legte seine Jacke ab und machte sein Abendessen zurecht. So tat er es jeden Abend, wenn er nicht draußen bei Petra war. Und so würde er es von nun an jeden Abend tun. Petra gab es ja nicht mehr für ihn.