Machtspiel - Madlen Schaffhauser - E-Book

Machtspiel E-Book

Madlen Schaffhauser

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Dana Winter kehrt eines Nachts nicht von ihrem Mädelsabend nach Hause zurück. Ihr Mann verständigt sofort ihre Schwester Chloe Kramer und den Polizisten Raul Lunardi, seinen besten Freund. Gemeinsam suchen sie nach der Verschwundenen, dabei erwacht eine heisse Affäre zwischen der Schwester der Entführten und dem Polizisten. Obwohl Chloe sich gegen die Gefühle wehrt, die sie für Raul empfindet, kommt sie nicht gegen die Leidenschaft an, die seine Berührungen in ihr aufwecken. Auch dann nicht, als sie zu wissen glaubt, dass er nicht das Gleiche für sie verspürt. Als sie schliesslich dem Kidnapper auf die Spur kommen und Chloe ebenfalls in dessen Fänge gerät, wird Raul erst bewusst, was er für sie empfindet und befürchtet schon, dass er nicht mehr die Gelegenheit bekommt, ihr seine Liebe zu gestehen...

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Seitenzahl: 510

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Zu diesem Buch

Dana Winter kehrt eines Nachts nicht von ihrem Mädelsabend nach Hause zurück. Ihr Mann verständigt sofort ihre Schwester Chloe Kramer und den Polizisten Raul Lunardi, seinen besten Freund. Gemeinsam suchen sie nach der Verschwundenen, dabei erwacht eine heisse Affäre zwischen der Schwester der Entführten und dem Polizisten. Obwohl Chloe sich gegen die Gefühle wehrt, die sie für Raul empfindet, kommt sie nicht gegen die Leidenschaft an, die seine Berührungen in ihr aufwecken. Auch dann nicht, als sie zu wissen glaubt, dass er nicht das Gleiche für sie verspürt. Als sie schliesslich dem Kidnapper auf die Spur kommen und Chloe ebenfalls in dessen Fänge gerät, wird Raul erst bewusst, was er für sie empfindet und befürchtet schon, dass er nicht mehr die Gelegenheit bekommt, ihr seine Liebe zu gestehen...

Widmung

Für all jene, die mich in meinem Tun unterstützt und ermutigt haben weiter zu machen.

1.

Finn Winter schreckte schweissgebadet auf. Er konnte nicht sagen warum, aber irgendetwas muss ihn im Schlaf gestört haben. Nur was war es? Hatte er einen üblen Traum oder hatte er ein seltsames Geräusch gehört? Finn blieb ganz ruhig liegen und horchte angespannt in die Dunkelheit. Der etwas magere, grosse Mann mit seinen kurzen, schwarzen Haaren schaute auf den Wecker. Es war bereits nach zwei Uhr und die Seite neben ihm immer noch leer. Wo blieb nur seine Frau? Vor über fünfzehn Jahren lernten sie sich im Ausgang in Luzern kennen. Sie hatten einige gemeinsame Kollegen und trafen sich immer wieder durch Zufall. Ein Paar wurden sie etwa nach zwei Jahren, nachdem sie sich zum ersten Mal sahen, an einem Frühlingsabend am Vierwaldstättersee. An ihrem fünften Jahrestag gaben sie sich endlich das Jawort.

Wie jeden Freitag war auch heute Frauenabend. Seine Frau Dana, ihre Schwester Chloe und ein paar ihrer Freundinnen assen meistens in einem Restaurant und unterhielten sich angeregt über irgendwelche Frauenthemen. Wenn sie danach noch Lust hatten, verschlug es sie in die Stadt Luzern in einen Tanzclub. Doch auch dann waren die Frauen höchst selten so lange in die Nacht hinein unterwegs. Zwei Uhr wurde es ganz selten.

Da! Finn hörte es abermals. Ein leises Poltern. Finn als hoch angesehener Staatsanwalt, bewohnte seit drei Jahren, mit seiner Dana, dieses prächtige, vierstöckige Haus mit weisser Fassade, an der Seestrasse in Horw.

Obwohl diese Villa ziemlich gross war, war er sich ziemlich sicher, dass das Geräusch von der Haustür her kommen musste.

Dana war es wohl kaum, die an die Tür klopfte. Denn sie fuhr für gewöhnlich direkt in die Garage und musste das Haus nicht durch die Eingangstür betreten. Jedoch fiel Finn ein, dass sie heute gar nicht mit dem Auto wegfuhr. Chloe, ihre zwei Jahre jüngere Schwester, holte sie um acht Uhr ab. Höchstwahrscheinlich war es doch Dana, die durch die Tür ins Haus kam.

Der Kloss in seinem Magen wollte nicht verschwinden und der siebenunddreissig jährige Mann stieg aus dem Bett, um nachzusehen, woher das Geräusch kam. Er öffnete seine Nachttischschublade und nahm seine Pistole, Walther PP 9mm, heraus. Viele seiner Freunde hatten ihn dazu bewegt, einen Schiesskurs zu belegen, den er vor ein paar Jahren absolviert hatte. Auch wenn die Waffe ihm eine gewisse Sicherheit bot, ebbte dieses beklemmende Gefühl, das ihn zu übermannen versuchte, nicht ab.

Finn ging ein paar Schritte als er nochmals das Poltern hörte. Wie angewurzelt blieb er stehen. Er horchte einen kurzen Augenblick und ging dann mit schwerem Schritt in den Flur hinaus und auf die Treppe zu. Die Stufen aus amerikanischem Mahagoni gaben keinen Laut von sich, als Finn ins untere Stockwerk lief. Unten angekommen blieb er stehen und blickte in alle Richtungen ob er etwas sehen oder hören konnte.

Was machte er da nur? Winter kam sich mit einem Mal lächerlich vor. Wahrscheinlich war es doch nur seine Frau und hatte etwas mehr als genug Alkohol getrunken, so dass sie das Schloss der Haustür nicht mehr traf.

Zielstrebig lief Finn zur Tür, um sie aufzumachen. Doch statt seine Frau in der dunklen Nacht zu erblicken, fand er nur ein grosses, weisses Couvert vor sich auf dem Boden. Als er den Umschlag in die Hände nahm, fühlte er sich klebrig an. Finn betrachtete seine Finger und bemerkte augenblicklich, dass es sich mit grösster Wahrscheinlichkeit um Blut handeln musste. Mit geweiteten Augen und Herzrasen kehrte er sich um und verschloss die Tür hinter sich. Nun sah er, dass sich auf dem Couvert rote Fingerabdrücke befanden. In der Eingangshalle schaltete er das Licht an der Decke an. Sofort wurde der Flur durch einen grossen Kristall Kronleuchter ins helle Licht getaucht.

Finn wurde ganz elend, als er mit zittrigen Händen den blutgetränkten Briefumschlag öffnete und ein Blatt mit den wenigen Worten, die auf einem Computer geschrieben wurden, darauf entzifferte:

„Was sagst du jetzt?“

2.

Raul Lunardi hörte von weit weg sein Handy klingeln. Zuerst wusste er nicht ob er träumte oder ob es in Wirklichkeit geschah. Aus reiner Gewohnheit griff er nach seinem Natel. Auf dem Display erschien die Nummer seines besten Freundes, Finn Winter. Warum rief er ihn nach zwei Uhr nachts an? Das konnte nichts Gutes bedeuten.

Die beiden kannten sich bereits seit ihrer Jungendzeit. Sie gingen in Malters zusammen zur Schule und machten jeden Teenager-Streich mit, die ein Junge machen musste. Beide erlebten in ihren frühen Lebensjahren schwere Schicksalsschläge, wodurch ihre Jugend nicht immer glücklich und unbeschwert blieb. In dieser Zeit waren Raul und Finn unzertrennlich und konnten ihre Gefühle und Gedanke einander anvertrauen. Bis heute sind sie die besten Freunde geblieben und haben ihren Kontakt gut gepflegt.

Als Raul sich aufrichtete kamen die Erinnerungen an den gestrigen Abend wieder. Er wollte sich von seinem strengen Arbeitstag ablenken und sich verwöhnen lassen. Kurz entschlossen schaute er bei Pia vorbei, die immer erfreut war ihn zu sehen.

So kam es, dass Raul die letzte Nacht, wie so viele Nächte, nicht bei sich zu Hause verbrachte, sondern bei der blondhaarigen und kurvenreichen Frau, die nun neben ihm im Bett lag.

Mit schlaftrunkener Stimme nahm er ab.

„Hei Kumpel. Was gibt's?“

„Hallo Raul. Kannst du bitte so schnell wie möglich vorbei kommen?“

Raul erkannte die Stimme seines Freundes kaum wieder. Sie klang verstört und angsterfüllt.

„Was ist passiert?“ fragte Lunardi.

„Ich möchte nicht am Telefon darüber sprechen.“

„Ok. Wo bist du?“

„Zu Hause.“

„In zehn Minuten bin ich bei dir.“ und Raul legte auf.

Gerade als er aus dem Bett steigen wollte, bemerkte er eine kleine Bewegung neben sich.

„Ich werde mich bei dir melden, Honey.“ gab ihr einen Kuss auf die Wange und sprang auf die Füsse. Sein dunkelbraunes T-Shirt, die blauen Jeans, sowie Socken und Boxershorts fand er in der Wohnung verstreut, die er vor kurzer Zeit eiligst von sich streifte. Den Gürtel machte er auf dem Weg zur Haustüre zu.

Knapp vor halb drei traf Raul an der Seestrasse bei seinem Freund ein. Am Gartentor blieb er stehen und drückte auf die Klingel. Gleich darauf ging das Tor auf und er fuhr weiter, den geschwungenen Weg zum Haus hinauf. Als Lunardi vor der prachtvollen Villa, mit ihren vier Steinsäulen und den grossen Fenstern auf der Frontseite, hielt, war die schwere Tür aus Teakholz bereits offen. Er stieg aus seinem sportlichen Audi TT und entdeckte Finn in der Öffnung. Mit schnellen Schritten ging er auf Winter zu.

Finn drückte Raul die Hand und sie gingen ohne ein Wort ins Haus. Im Wohnzimmer setzte sich Raul auf eines der dunkelbraunen Sofas. Finn ging zur Bar um zwei Gläser mit Brandy zu füllen.

„Für mich bitte Wasser, Finn.“

Als er das Wasser Raul gereicht hatte, nahm Finn einen grosszügigen Schluck Brandy, den er für sich eingeschenkt hatte, um seine Nerven ein wenig zu beruhigen.

„Danke, dass du so schnell gekommen bist Raul.“

„Keine Frage Finn. Was ist denn los? Du siehst ziemlich mitgenommen aus.“

„Es geht um Dana. Sie ist bis jetzt nicht nach Hause gekommen. Kurz bevor ich dich angerufen habe, habe ich ein eigenartiges Geräusch gehört. Ich bin nach unten zum Eingang gegangen, um nachzusehen was es ist. Eigentlich dachte ich, dass es Dana sei, die zu weit ins Glas geschaut habe und ich öffnete die Tür. Aber statt Dana entdeckte ich diesen Umschlag.“ er reichte Raul das Couvert.

Bevor Lunardi ihn entgegennahm, zog er aus seiner Hosentasche ein paar Handschuhe um keine Fingerabrücke darauf zu hinterlassen. Als Kriminalpolizist ist er immer auf solche Umstände vorbereitet. Er hatte nach seiner Lehre als Maschinenmechaniker mit der Polizeischule begonnen. Nach fünf Jahren bei der Verkehrspolizei, wollte er einen Einblick erhalten, wie man in anderen Ländern bei der Polizei arbeitet. Aus diesem Grund ging er nach Australien und blieb dort fast vier Jahre lang. Kurz nach Finn und Danas Hochzeit, die er leider verpasste, kam er zurück in die Schweiz und erhielt, mit seinen damals dreissig Jahren, eine Stelle bei der Kriminalpolizei die sich auf Fahndungen spezialisiert. Bei dieser Abteilung ist er nun seit gut acht Jahren. Oft kam er in Situationen, wo er gerne einen anderen Job gehabt hätte. Bilder, die er am liebsten nicht gesehen hätte oder gerne vergessen würde. Zum Glück sind weit über der Hälfte seiner Fälle Erfolgserlebnisse, die ihn ermuntern, seinen Beruf weiterhin auszuführen.

Nun sah auch Raul die blutverschmierten Fingerabdrücke. Als er den Umschlag öffnete, zog er ein Blatt Papier heraus auf dem stand:

„Was sagst du jetzt?“

Raul sah seinen Freund ratlos an.

„Was meinst du, hat das zu bedeuten?“

„Das wüsste ich auch gerne.“

„Hast du irgendwelche Feinde oder zurzeit einen schwierigen Fall abzuklären?“

„Als Anwalt habe ich viele Verbrecher ins Gefängnis gebracht und werde das in Zukunft auch weiterhin machen. Allerdings habe ich derzeit keine gravierende Rechtsangelegenheit zu klären. Aber was das zu bedeuten hat, weiss ich bei Gott nicht.“ und er zeigte dabei auf den besagten Brief.

Raul legte den Umschlag auf den aus Rosenholz geschnitzten Salontisch und streifte sich die Handschuhe ab.

„Ich habe Dana mehrmals probiert zu erreichen, aber sie nimmt ihr Handy nicht ab. Das ist gar nicht typisch für meine Frau. Und normalerweise bleibt sie nicht so lange weg. Chloe, ihre Schwester, habe ich ebenfalls angerufen. Sie kam gleich ans Telefon und meinte, dass sie um etwa ein Uhr zusammen nach Hause fuhren. Jedoch wollte Dana noch einen Augenblick alleine sein, um die frische Luft und die kühle Sommernacht zu geniessen. Chloe müsste jederzeit hier erscheinen.“

„Warum wollte Dana in dieser Dunkelheit noch spazieren gehen?“ hakte Raul nach.

„Wir hatten heute eine kleine Meinungsverschiedenheit.“

„Um was ging es dabei?“

„Wie du weisst, ist Dana nicht gerade glücklich darüber, dass ich gelegentlich bis spät abends arbeiten muss, oder ein verplantes Wochenende absage.“

„Das muss aber ein ziemlicher Streit gewesen sein.“ hakte Raul nach.

„Für Dana anscheinend schon.“ somit war für Finn das Thema beendet.

„Glaubst du die Person, die diesen Umschlag hier vor der Tür hingelegt hat, hat mit dem wegbleiben deiner Frau zu tun?“

„Ich weiss nicht, was ich momentan denken soll. Ich hoffe nur, Dana ist nichts passiert und ich will mir einreden, dass sie diesen Abend noch ein klein bisschen auskosten möchte und in den nächsten Augenblicken zur Tür herein spaziert kommt, als wäre nichts gewesen.“

„Hast du sonst noch jemand von der Polizei informiert?“

„Nein. Ich wollte zuerst mit dir darüber reden. So wie es aussieht, benötigen wir wohl deine Kollegen?“

„Ich rufe kurz meine Partnerin Eileen Banz von der Spurensicherung an. Sie soll hierher kommen. Wir müssen alles inspizieren und den mysteriösen Umschlag nach Fingerabdrücken absuchen. Jede Hilfe zählt und ist wichtig.“

„Natürlich möchte ich so schnell wie möglich meine Liebste wieder in meine Arme schliessen.“ Bitte lass es ihr gut gehen, dachte sich Finn im Stillen.

3.

„Finn? Wo bist du?“ erklang es vom Eingang her.

„Chloe. Endlich.“ Finn erhob sich, ging in den Flur hinaus und auf seine Schwägerin zu, die er sofort fest in seine Arme schloss.

„Hast du irgendetwas von Dana gehört?“ fragte er sie.

„Sie hat sich bis jetzt nicht bei mir gemeldet. Ich habe es noch ein paar Mal auf ihrem Handy probiert. Kein Erfolg. Und du?“

„Ebenfalls nichts. Wo ist sie nur?“ verzweifelt hob Finn seine Arme und liess sie zugleich wieder fallen.

Chloe Kramer liebte ihren Job als Immobilienmaklerin, den sie bereits seit zehn Jahren ausübte. Sie war eine Frau, die mit ihren dreiunddreissig Jahren, fast ihr ganzes Leben hauptsächlich ihrem Beruf widmete. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte sie zwar noch ganz andere Pläne, doch die wurden von einem Tag auf den anderen zerstört.

Zwei Jahre nach ihrer Lehre als Detailhandelsangestellte, fand sie eine Stelle bei der Maklerfirma Haydn Immobilien und absolvierte die Weiterbildung zur Immobilienmaklerin mit grosser Bravour. Der Inhaber Haydn Jüngst war von Anfang an liebenswürdig und geduldig mit ihr. Er hatte ziemlich schnell, grosses Vertrauen in sie und war sehr stolz auf seine jüngste Mitarbeiterin, die er behandelte, als wäre sie seine eigene Tochter. Sie konnte sich nicht mehr vorstellen, irgendwo anders ihr Geld zu verdienen. Jetzt noch weniger, da ihr Chef vor zwei Wochen verkündete, dass er sie zur Miteigentümerin haben möchte. Ausser ihrem Boss und ihr, waren vier weitere Personen bei Haydn Immobilien angestellt. Sie konnte sich bis heute noch nicht entscheiden, ob sie bereit dazu war, die Führung von diesen Leuten zu übernehmen und ob sie die Verantwortung über die Geschäfte dieser Firma tragen konnte.

Chloe hörte jemand mit schnellen, langen Schritten aus dem Arbeitszimmer kommen. Verwirrt blickte sie sich nach dem grossen Mann mit kurzen, wirren, blonden Haaren um.

„Chloe, das ist mein bester Freund und Kriminalpolizist Raul Lunardi. Raul, darf ich dir meine Schwägerin Chloe Kramer vorstellen?“

Die beiden gaben sich die Hände um sich zu begrüssen.

„Herr Lunardi.“

„Frau Kramer.“

Raul bemerkte, wie Chloes Hände zitterten und sich kalt anfühlten. Das musste an der ganzen Aufregung um ihre Schwester liegen. Er musterte Chloe von Kopf bis Fuss. Dabei wanderte sein Blick wieder zurück nach oben zu ihren grossen, grünen Augen, die ihn unverwandt ansahen. Ihre langen, braunen Haare hatte sie zu einem lockeren Zopf zusammengebunden. Warum war er nie dieser bezaubernden Frau begegnet?

„Hmhm.“ räusperte sich Chloe und wandte sich an Finn.

„Ich fand es ein bisschen merkwürdig, dass meine Schwester um diese Zeit noch die Beine vertreten wollte. Aber sie bestand darauf und es war ja nicht mehr so weit, bis zu eurem Haus. Ich bin auf dem Weg hierher die Strasse abgefahren, die Dana nach Hause gelaufen sein muss. Aber nirgends ein Zeichen von ihr.“

„Gehen wir ins Wohnzimmer.“ meinte Finn und alle folgten ihm hinein.

„Finn. Dana war den ganzen Abend ziemlich schweigsam. Ist irgendwas vorgefallen? Ist bei der Arbeit etwas passiert? Sie war heute sehr verschlossen und weigerte sich mit mir zu reden.“

„Kurz bevor du sie abgeholt hast, hatten wir eine kleine Auseinandersetzung. Wir hatten sicher schon einen grösseren Streit als letzten Abend. Daher kann ich mir nicht so wirklich vorstellen, dass sie wegen dem noch nicht nach Hause kommen wollte. Wiederum wüsste ich nicht, was sie sonst so bedrückt haben sollte.“

Chloe ging auf Finn zu. Sie nahm seine Hände in ihre und drückte sie leicht. In ihren Augen schimmerten Tränen und Angst um ihre zwei Jahre ältere Schwester.

„Was ist eigentlich mit den Überwachungskameras?“ wollte Raul wissen.

„Zum Glück habe ich dich hier. An die habe ich vor lauter Gedanken an Dana ganz vergessen. Die angeschlossenen Bildschirme befinden sich in meinem Arbeitszimmer.“

„Lass uns nachsehen, ob wir auf den Bändern irgendetwas erkennen können.“ und Raul erhob sich aus der Couch.

Zusammen liefen sie ins Büro und versammelten sich vor den vier Bildschirmen, die an der Wand gegenüber der Tür hingen.

„Wo habt ihr überall Kameras montiert?“ wollte Raul wissen.

„Am Gartentor, bei der Garage, bei der Terrasse und an der Eingangstür.“ äusserte sich Finn und sah auf die Bildschirme. Die Terrasse und Garage konnte man auf den Monitoren gut erkennen. Jedoch flimmerten die bei der Eingangstür und die vom Gartentor schwarz, weiss.

„Als ich ins Bett ging, funktionierten alle noch.“

„Warum ging die Alarmanlage nicht los? Die ist doch mit den Kameras verbunden oder?“

„Das ist eine gute Frage. Ich hätte schwören können, dass ich sie eingeschaltet habe. Es ist reine Gewohnheitssache, dass ich die Anlage einschalte, bevor ich ins Bett gehe. Ich könnte es aber auch vergessen haben. Denn wie ihr sehen könnt, ist sie ausgeschaltet.“ und zeigte auf das Display an der Wand neben sich.

„Kannst du bitte die Bänder zurückspulen?“ bat Raul.

Finn setzte sich an das Pult und spulte alle vier um fünf Stunden retour und drückte auf Schnelllauf Modus. Nichts geschah. Immer die gleichen Bilder. Doch plötzlich sahen sie eine Gestalt über die Mauer beim Gartentor klettern. Sie war ganz in schwarz gekleidet und trug eine Maske über dem Gesicht. Auf dem Rücken erkannte man eine kleine Tasche. Kaum war sie auf dem Rasen in den Gebüschen gelandet, flimmerte die erste Kamera bereits schwarz, weiss auf. Chloe, Raul und Finn starrten auf die noch übrigen Displays. Man sah wie sich die Person dem Haus näherte und schon war auch diese Überwachungskamera bei der Eingangstür ausser Betrieb gesetzt.

Chloe stöhnte leise auf. Aus purem Reflex, trat Raul hinter sie und drückte leicht ihre Schultern. Er konnte es sich nicht erklären warum, aber er hegte das Gefühl, als müsse er diese Frau beschützen. Er spürte, wie ihr Körper sich versteifte und leicht zitterte. Wahrscheinlich vor Angst um ihre Schwester, ging es ihm durch den Kopf. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen, erschien ihm dann doch als falsch, da er ihr erst vor ein paar Minuten zum ersten Mal begegnet war.

Chloe starrte auf die noch laufenden Monitore und konnte sich nicht konzentrieren. Ihre Gedanken schweiften ständig zu ihrer Schwester, die sich weiss Gott wo befand. Wo war sie nur? Fragte sich sie ununterbrochen. Die Hände auf ihren Schultern beruhigten sie auf eine seltsame Art und Weise. Sie musste sich eingestehen, dass sich die Nähe und Wärme von diesem fremden Mann hinter ihr, gut anfühlte.

Ein Klingeln unterbrach die Stille zwischen den Anwesenden.

„Das wird Eileen Banz meine Kollegin sein.“ meinte Raul. „Ich gehe schon.“ und löste sich somit von Chloe, um die Tür zu öffnen.

„Hallo Eileen, danke dass du so schnell gekommen bist.“ erklang Rauls Stimme nach kurzer Zeit vom Eingang her.

Eileen ist seit über sechs Jahren beim kriminaltechnischen Dienst. Da sie mit viel Enthusiasmus und Ehrgeiz an ihre Arbeit geht, wird sie von den meisten Kollegen sehr geschätzt, so wie auch von Raul Lunardi.

„Hast du all deine Instrumente dabei?“

„Hei Raul. Was ist denn los, dass du mich um diese Zeit, aus dem Bett holen lässt?“

„Es geht um die Frau von Finn Winter.“

„Der Anwalt Finn Winter?“

„Ja genau der. Dana Winter ist vor wenigen Stunden spurlos verschwunden. Wir wissen nicht, ob ihr etwas zugestossen ist, oder ob sie sich irgendwo amüsiert. Jedoch tippe ich auf Ersteres.“

„Wie meinst du das?“

„Ich glaube, dass Dana nicht aus freien Stücken von zu Hause fern bleit. Herr Winter hat einen Umschlag vor der Tür gefunden.“

Raul lief vor Eileen in den Wohnbereich um ihr den besagten Brief zu zeigen.

„Kannst du diesen bitte ins Labor bringen, um ihn auf jegliche Fingerabdrücke zu untersuchen? Ausserdem wurden zwei der vier Überwachungskameras funktionsuntüchtig gemacht. Vielleicht finden wir da irgendwelche Spuren.“

In der Zwischenzeit sind Chloe und Finn zu ihnen gestossen und hörten gebannt zu, wie Raul und Eileen sich organisierten. Frau Banz streifte sich Handschuhe über und steckte den Brief in einen Beweissicherungsbeutel, um ihn später im Labor zu inspizieren. Lunardi wollte

sich soeben auf den Weg zur Eingangstür machen, als er bemerkte, wie Chloe bleich und niedergeschlagen im Flur stand.

Chloe stellte mit einem gemischten Gefühl fest, wie der Polizist auf sie zukam und sie eindringlich bemusterte. Sie wusste nicht, was sie zu ihm sagen sollte, als er dicht vor ihr stehen blieb. Glücklicherweise kam er ihr zuvor.

„Geht es ihnen gut Frau Kramer?“ fragte Raul mit berührter Stimme.

„Ich fühle mich ziemlich am Boden zerstört. Ich frage mich ständig, wo meine Schwester sein könnte und ob mit ihr alles in Ordnung ist.“

„Wir werden sie finden, Frau Kramer, das schwöre ich Ihnen.“ er machte noch einen Schritt auf sie zu, dass sie seine Wärme schon fast körperlich spüren konnte. Mit einem Finger den er unter ihr Kinn legte, hob er ihr Gesicht ein wenig an, um sie genau betrachten zu können. Sie konnte dem Mann ihr gegenüber kaum in die Augen schauen, da liefen ihr bereits die Tränen. Im nächsten Atemzug lag sie auch schon in den Armen von diesem starken, gutaussehenden Polizisten. Sie prägte sich jeden Muskel von diesem Typen ein. Nach einigen Augenblicken löste sie sich langsam von ihm und rang um ihre Fassung.

„Ich werde mal nachsehen, wie es meinem Schwager geht.“ sie wollte sich schon in Bewegung setzten, als Raul sie am Arm zurückhielt.

„Geht es Ihnen auch wirklich gut?“

„Nein. Aber das spielt momentan keine Rolle.“ und ging davon.

Raul stand im Flur und schaute, verwundert über sich selbst, Danas Schwester nach, die mit hängenden Schultern den Flur entlang lief. Er schüttelte leicht seinen Kopf, um die Gedanken an diese Frau zu zerstreuen und wandte sich von neuem seiner eigentlichen Arbeit zu. Er musste wissen, warum die Kameras vor dem Haupttor und Haustür nicht mehr ordnungsgemäss liefen. Er holte aus seinem Auto eine Stablampe und eine Stufenleiter. Als erstes kontrollierte er das Gerät am Tor. Um an die heran zu kommen, kämpfte er sich an mehreren Dornenranken vorbei. Man musste Acht geben, dass man sich die Haut an den grossen Stacheln nicht verletzte. Es war nicht gerade einfach, um die Kamera im Halbdunkeln zu finden. Aber dafür musste man kein Profi sein, um festzustellen, warum das Gerät nicht mehr funktionierte. Es waren lediglich die Kabel durchgeschnitten. Bei beiden Kameras der gleiche Vorgang. Wenn man das richtige Werkzeug dabei hatte, war es kein Problem diese zu kappen. Gerade als er wieder ins Haus gehen wollte, traf er auf die Spurenexpertin.

„Hast du irgendwas gefunden?“ fragte Raul sie.

„Noch nicht. Ich werde bei Tageslicht nochmals herkommen. Im Moment ist es zu dunkel, um etwas finden zu können. Ich werde den Rasen hier.“ und zeigte von der Haustür bis zum Gartentor hinunter „absperren, damit niemand die Spuren verwischen kann. Danach bringe ich den Umschlag ins Labor.“ und machte sich an die Arbeit.

Zurück im Haus folgte Raul dem Kaffeeduft, der sich im Haus verteilte. Schliesslich traf er in der Küche auf Finn und Chloe, die stillschweigend einander vis-à-vis sassen und jeder eine Kaffeetasse in den Händen hielt.

„Möchten Sie auch eine Tasse?“ fragte Chloe, als sie ihn entdeckte.

„Ja, gerne.“ und nahm ebenfalls am Küchentresen Platz.

„Finn, könntest du eine Liste von den Verurteilten erstellen, die wegen dir im Gefängnis landeten und wieder auf freiem Fuss sind? Sowie die Fälle, die du am Bearbeiten bist? Wir müssen alles in Betracht ziehen. Ausser dem Brief haben wir bis jetzt leider keine einzige Spur. Eileen kommt bei Tagesanbruch wieder, um sich dann nochmals genau umzusehen.“

„Was für ein Brief?“ fragte Chloe.

„Ich habe dir doch erzählt, dass ich wegen einem Poltern aufgewacht bin. Als ich zur Tür ging, lag ein Couvert mit roten Fingerabdrücken da. Wie es sich herausstellte, sind die Abdrücke aus Blut.“

Mit geweiteten Augen stiess Chloe einen erschreckten Seufzer aus. Raul legte behutsam seine Hände auf ihre und blickte ihr tief in die Augen.

„Bitte malen Sie sich nicht zu viele schreckliche Bilder aus. Wir werden Ihre Schwester finden.“

„Ich danke Ihnen von Herzen, Herr Lunardi, dass sie uns helfen werden, Dana zu finden.“ und wandte sich ihrem Schwager zu. „Wo denkst du, könnte Dana sein? Was ist ihr nur widerfahren?“

„Ich habe grosse Angst, dass ihr was Schreckliches zugestossen ist. Dass sie von einem Bastard entführt wurde, nur um mir eins auszuwischen.“

Den Kopf auf die Hände gestützt, fuhr er fort „Nur leider kann ich nicht sagen, wer für diese Bosheit in Frage käme. Ich zerbreche mir schon die ganze Zeit darüber den Kopf, komme aber nicht weiter.“

Chloe ging zu ihrem Schwager und nahm ihn in die Arme. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr ging es nicht anders als Finn. Schliesslich war es ihre Schwester und zugleich beste Freundin, die vermisst wurde.

Die drei sassen noch eine Zeit lang am Tisch und versuchten herauszufinden, wo sich Dana befand. Immer wieder sahen sie auf die Uhr und gaben die Hoffnung nicht auf, dass die Vermisste plötzlich im Flur auftauchen würde.

Irgendwann erhob sich Chloe von ihrem Stuhl. „Finn ich werde nach Hause fahren und dann eine Runde joggen gehen. Ich muss versuchen mich abzulenken. Meldest du dich bei mir, wenn ihr etwas erfahren habt?“

„Mache ich. Danke, dass du gekommen bist.“

„Herr Lunardi.“ Chloe gab ihm die Hand, um sich von ihm zu verabschieden.

„Hier, ich gebe Ihnen meine Visitenkarte. Sie können mich jederzeit anrufen, wenn Ihnen irgendwas einfällt.“

Raul hätte sie am liebsten an sich gedrückt, so niedergeschlagen, wie sie drein blickte, getraute sich jedoch nicht. Was hätte sie auch von ihm gehalten? Sicherlich hätte sie ihn weit von sich gestossen und ihn als aufdringlich und unverschämt bezeichnet. Sie kannten sich ja kaum.

Finn begleitete Chloe zur Tür und kam gleich darauf zurück in die Küche.

„Warum bin ich dieser bezaubernden Frau noch nie begegnet?“ fragte Raul seinen Freund.

„Ich habe sie dir aus einem bestimmten Grund nie vorgestellt.“

Verdutzt schaute Raul den Mann gegenüber von ihm an „Wie darf ich das denn verstehen?“

„Wann hattest du eine richtige Beziehung? Chloe ist wirklich nett und verdient mehr, als nur eine kurze Affäre.“

„So siehst du mich also?“

„ Wie soll ich es auch anders können. Fast jede Woche begleitest du eine andere Frau nach Hause und wenn du keine Lust hast zu suchen, rufst du einfach deinem Betthäschen Pia an. Chloe war bis vor etwa einem Jahr in einer ernsthaften Beziehung, die aus unglücklichen Gründen in die Brüche ging. Aber dazu möchte ich dir nichts Genaueres erzählen. Das wäre Chloe gegenüber nicht fair.“

„Ich verstehe dich. Du kannst mir vertrauen, wenn ich sage, dass ich deiner Schwägerin nicht wehtun werde. Ich möchte sie nur kennenlernen.“

„Das rate ich dir auch an.“

„Für mich wird es auch Zeit aufzubrechen. Ich gehe kurz nach Hause und muss mich dann bei dem Polizeiposten blicken lassen. Melde dich, wenn du die Liste mit den Straftätern und deinen allfälligen Feinden fertiggestellt hast. Wenn du sonst über Neuigkeiten verfügst, lass es mich wissen.“

4.

In Gedanken verloren zog Chloe ihre Joggingkleider an. Stets plagten sie die gleichen Fragen. Wo war ihre Schwester und was war geschehen?

Letzte Nacht war eine angenehme Sommernacht. Nach dem heissen, sonnigen Tag und nach dem stickigen Club, lud die kühle Luft einen ein, noch etwas draussen zu bleiben. Es war aber bereits nach ein Uhr, als die beiden Frauen aus dem Tanzclub liefen. Warum also bestand Dana darauf noch einen Spaziergang zu machen? Es musste doch einen Grund dafür geben? Auch deshalb, weil sie alleine sein wollte und Chloes Gesellschaft vehement ablehnte.

Eigenartigerweise waren ihre Gedanken nicht nur bei Ihrer Schwester, sondern auch bei diesem grossen, muskulösen Polizisten, mit den leuchtenden, blauen Augen. Warum schwirrte er in ihrem Kopf herum? Sie hatte sich geschworen, dass sie keinen Mann mehr zu nahe an sich heranlassen würde. Denn das was sie bei ihrer letzten Beziehung durchgemacht hatte, brauchte sie auf keinen Fall nochmal zu erleben.

Chloe zog die Schnürsenkel der Turnschuhe zu und machte sich auf den Weg zu ihrer täglichen Joggingrunde. Ihre Route führte durch den nahegelegenen Wald, die zwischen fünf und zehn Kilometer betrug. Heute war ihr nach einer längeren Strecke zumute. Sie musste ihre Gedanken und Gefühle ordnen, so zerstreut wie sie war. Für das war in der Regel der Sport ihre beste Waffe.

Als sie bereits eine Weile unterwegs war, hörte sie plötzlich ihren Namen.

„Chloe Kramer? “ Sie rannte zuerst weiter, da sie dachte, sie hätte sich verhört. Doch gleich darauf tauchte ein Mann neben ihr auf.

„Herr Lunardi! Was für ein Zufall Sie hier zu treffen. Joggen Sie immer diesen Weg?“

„Eigentlich schon. Meistens nicht um diese Zeit.“ und zeigte auf seine Uhr.

Chloe stellte erst jetzt fest, dass es kaum sechs Uhr am morgen früh war. Dazu noch an einem Samstag. Die meisten Leute waren noch in ihren Betten und würden erst später unterwegs sein.

Schweigsam rannten sie nebeneinander weiter. Zuerst nahm Chloe an, dass es ihr Missfallen würde, wenn Raul weiterhin neben ihr her jogge. Doch zu ihrem Erstaunen musste sie sich eingestehen, dass es ganz und gar nicht der Fall war. Sie fühlte sich wohl in seiner Nähe.

Der Polizist schaute die Frau neben sich verstohlen an. Sie hatte einen schönen, sportlichen Körper, musste er feststellen. Ihr Gesicht besass einen dunklen Teint, was sie ein wenig exotisch aussehen liess. Die Nase war etwas klein, aber sexy. Was ihn ebenfalls beeindruckte war, dass sie ohne Mühe mit seinem Tempo Schritt halten konnte. Er musste sich von ihrem Anblick losreissen und sich wieder auf den Weg konzentrieren.

Nach kurzer Zeit brach Raul das Schweigen. „Geht es Ihnen etwas besser?“

„Der Sport hilft mir meistens, den Kopf frei zu bekommen. Momentan geniesse ich die frische Luft. Ich nehme an, dass das nur von kurzer Dauer sein wird. Ich frage mich dauernd, weshalb Dana noch nicht nach Hause gehen, sondern lieber noch spazieren wollte? Warum habe ich sie nicht davon abgehalten und sie einfach vor der Tür abgesetzt? Nur leider finde ich keine Antwort auf all das.“

„Machen Sie sich keine Vorwürfe. Ihre Schwester ist eine erwachsene Person und weiss selbst, was sie möchte und was nicht. Wie gesagt, ich werde helfen, wo ich kann, Frau Kramer.“

„Ich weiss das zu schätzen. Vielen herzlichen Dank.“

„Ich muss hier vorne nach links. Gehen Sie später nochmals zu Finn? “

„Ja, ich denke schon. Ich möchte nicht, dass er alleine ist und zusammen kommen wir vielleicht, mit der Suche nach Dana, einen Schritt weiter.“ kaum redete sie von ihrer Schwester, bekam sie weiche Knie. Raul musste das bemerkt haben, denn er sah sie mit besorgten Augen an.

„Soll ich Sie nach Hause begleiten?“

„Ich danke Ihnen, aber ich möchte Sie nicht länger aufhalten. Sie haben genug um die Ohren.“

Lunardi sah sie befangen an. Als er seinen Mund öffnete, um etwas zu erwidern, meinte sie, dass er sich keine Sorgen um sie machen müsse. Es gehe ihr schon wieder besser.

Mit einem mulmigen Gefühl verabschiedete er sich von ihr und bog nach links ab, während sie weiter geradeaus joggte.

Finn befand sich in seinem Arbeitszimmer, als er Chloe seinen Namen rufen hörte.

„Ich bin im Büro.“ gab er zurück.

„Bist du an deiner Liste?" fragte sie, als sie hereinkam.

„Ich bin alle diese Akten durchgegangen." er deutete neben sich.

Chloe betrachtete die Unordnung auf Finns Schreibtisch. Alles war mit Mappen übersät.

Er war unterdessen in der Staatsanwaltschaft, die ihren Standort in Emmenbrücke hatte, und holte einige Akten seiner abgeschlossenen Fälle.

„Kommt für dich irgendwer in Frage, dem du eine Entführung zutrauen würdest?"

„Eigentlich nicht. Ich hatte bereits ganz verschiedene Straftäter. Zum Beispiel mussten einige wegen ihrer Raserei am Steuer, die einen tödlichen Unfall begangen hatten, vor Gericht. Die schliesse ich grundsätzlich aus. Einige kamen mit dem Drogenhandel in Berührung. Von denen einer erst vor drei Wochen entlassen wurde. Ich habe etliche Vergewaltigungstäter verurteilt. Jemand kam vor wenigen Tagen frei, zwei vor sechs Monaten und einige sind zwischen zwei und drei Jahren auf freiem Fuss.

Weiter bin ich noch nicht gekommen. Häusliche Gewalt oder vorsätzliche Tötung gehören ebenfalls dazu. Ich muss nachher noch die restlichen Akten holen. Aber ob wirklich jemand von denen beschuldigen kann, kann ich mir kaum vorstellen. Wiederum können es auch alle sein. Wer weiss das schon." gedankenverloren schüttelte er leicht den Kopf.

„Kann ich dir irgendwie behilflich sein."

„Du könntest die Namen und Adressen, von denen die aus dem Gefängnis sind, notieren. Dann kann Raul im Büro überprüfen, ob sie noch unter dem angegebenem Wohnort zu finden sind und ob jemand von ihnen wieder straffällig wurde."

Chloe setzte sich auf der anderen Seite von Finn hin. Beide vertieften sich schweigend in ihre Aufgaben. Sie hörten nicht einmal die Klingel und das Eintreten von Raul. Erst als er vom Türrahmen her hallo sagte, schraken sie aus ihren Gedanken auf.

„Es wäre vielleicht nicht schlecht, wenn du die Alarmanlage einschalten würdest. Auch wenn du hier im Haus bist, Finn. Ihr habt mich nicht mal gehört, als ich vom Eingang her, gerufen habe." meinte Raul nachdenklich.

„Die habe ich ganz vergessen. Werde ich gleich erledigen. Ebenfalls sollten noch die Überwachungskameras repariert werden."

„Und warum stand das Gartentor offen?“ hakte Raul nach.

„Oh je!“ vor Schreck hielt Chloe die Hand an ihren Mund. „Das habe ich ganz vergessen zu schliessen! Wird nicht mehr passieren. Entschuldige Finn.“

„Ist schon okay Chloe. Mach dir keine Vorwürfe.“ beruhigte sie Winter.

„Ihr müsst vorsichtiger sein.“ fuhr Raul unbeirrt fort. „Wir haben keine Ahnung, mit wem wir es zu tun haben. Also bitte reisst euch zusammen.“

Chloe zuckte über Rauls schroffe Art zusammen und sah beunruhigt zu Finn, der sich nichts anmerken liess. Aber natürlich hatte der Polizist Recht. Sie mussten vorsichtiger sein.

„Soll ich bei der Sicherheitsfirma anrufen und einen Monteur kommen lassen, um die Kameras zu reparieren?" fragte sie mit möglichst ruhiger Stimme und hoffte, dass man ihre innere Unruhe nicht anmerkte.

„Ich wäre dir sehr dankbar dafür. Die Nummer findest du im orangen Ordner dort im Regal. Die Firma lautet Oppi Sicherheitstechnik."

Chloe erhob sich aus dem Stuhl und ging an Raul vorbei, der inzwischen Mitten im Büro stand, zum Büchergestell. Lunardi atmete ihren frischen Duft ein, der nach süssem Honig und Mandelöl roch. Dieser Geruch, diese langen, braunen Haare einfach himmlisch. Irritiert von seinen Gefühlsregungen blickte er zum Fenster hinaus, um nicht in Versuchung zu kommen, Chloe noch länger zu beobachten, wie sie sich nach dem Ordner streckte. Wie sich ihre Muskeln an den Beinen und ihrem Po anspannten. Er spürte, wie sich irgendwas in ihm regte. Nicht jetzt in dieser Situation, ermahnte er sich. Sie mussten die Frau seines besten Freundes finden. Da war seine Begierde völlig fehl am Platz.

Er konnte nicht anders und sah ihr nach, als sie mit dem Telefon in der Bibliothek verschwand, um die Sicherheitsfirma anzurufen.

Raul räusperte sich, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können und wandte sich an Finn.

„Meine Kollegin Eileen Banz und ihr Partner Otto Lutz von der Spurensicherung werden demnächst vorbeikommen, um alles zu untersuchen. Hoffentlich finden sie etwas.“

„Konnten Sie den Brief schon inspizieren?“

„Als ich im Büro war, hatten sie noch keine Ergebnisse. Ich denke, dass wir bald mehr wissen werden.“

„Denkst du, ich kann kurz in die Staatsanwaltschaft fahren, um die restlichen Akten zu holen? Diese hier habe ich alle durchgesehen und die Namen notiert, die auf freiem Fuss sind. Ich habe mindestens nochmals so viele im Archiv. Dazu werde ich noch meine laufende Fälle kontrollieren.“

„Ich werde hier bleiben und den Leuten die Tür öffnen. Nimm dir die Zeit die du brauchst.“

Chloe kam soeben zurück, als Finn und Raul die Akten zusammensammelten und in die Kartons verpackten, in denen Finn sie transportiert hatte.

„Ein Mann namens Lüthi wird heute Nachmittag vorbeikommen und sich die Überwachungskameras ansehen.“ äusserte Chloe.

„Ich bin dir sehr dankbar für deine Unterstützung Chloe.

„Mache ich gerne. So habe ich nicht das Gefühl, nutzlos rumzusitzen und kann mich von meinen Gedanken ablenken.“

„Geht mir auch so. Dann werde ich mal ins Büro fahren. Ihr erreicht mich auf meinem Handy.“ Finn lud alle Kartons in sein Auto und fuhr davon.

Raul sah Chloe an und fragte sie mit ruhiger Stimme „Können Sie mit jemandem über das was letzte Nacht passiert ist reden?“

Eigentlich stellte er diese Frage, um zu erfahren, ob es einen Mann an ihrer Seite gab und schämte sich sogleich dafür.

Chloe machte den Mund auf, um ihn gleich darauf wieder zu schliessen. Es kam kein Laut über ihre Lippen. Sie senkte ihren Kopf, damit Raul nicht sah, wie sie sich dagegen wehrte, nicht in Tränen auszubrechen. Wie sehr hätte sie eine Schulter zum Anlehnen gebraucht. Nur war da leider niemand, ausser ihrer Schwester.

Als sie aufsah, bemerkte sie den eindringlichen Blick von diesem gut gebauten Mann, mit seinen hellen Haaren.

„Was ist mit ihren Eltern?“ hörte sie Raul fragen.

„Mein Vater ist vor vier Jahren an einem Herzinfarkt gestorben und meine Mutter ist schwer krank. Momentan liegt sie im Krankenhaus, wo sie für die nächste Zeit auch bleiben muss. Sie hat mit ihrer Erkrankung genug zu leiden, darum habe ich noch nichts über das Verschwinden von Dana erzählt. Ich bin sie nicht einmal besuchen gegangen. Es fehlt mir einfach die Kraft dazu.“ Chloes Stimme zitterte bei ihren letzten Worten und gab auf, gegen ihre Tränen anzukämpfen.

Noch bevor sie wusste, was geschah, stand Raul neben ihrem Stuhl und zog sie in Ihre Arme. Sie liess es ohne Widerstand zu, denn es war schon ziemlich lange her, seit sie ein Mann festhielt. Sie musste sich eingestehen, dass es sich sehr gut anfühlte, in solch einer starken Umarmung zu sein.

Raul spürte, wie ihr Körper von ihren Schluchzern bebte und hielt sie einfach nur fest. Sie standen einige Minuten engumschlungen da, bis sich Chloe versuchte von ihm zu lösen. Sie blickte verlegen zu ihm auf und wollte sich bereits entschuldigen, da spürte sie seine weichen Lippen auf den ihren. Chloe verstand nicht, was hier geschah und wollte sich zunächst wehren. Aber schliesslich gab sie sich diesem geschmeidigen und köstlichen Mund hin. Er küsste sie zuerst ganz zögerlich. Doch dann wurde er immer wilder und drängender. Seine Zunge kitzelte ihre Lippen und versuchte sanft in ihren Mund zu dringen. Er zog sie noch enger an sich, während seine Männlichkeit immer steifer wurde.

Ihr Verstand sagte ihr, dass sie von ihm Abstand nehmen müsse, aber ihr Körper empfand etwas ganz anderes. Sie schloss ihre Augen und es bahnte sich ein leiser Seufzer aus ihrer Kehle.

Ganz plötzlich liess Raul von ihr ab und machte einen Schritt zurück. Er schaute sie mit seinem benommen Blick an und atmete heftig ein, so dass sich sein Brustkorb hob und wieder senkte, als er die Luft langsam ausstiess.

„Es… es tut mir leid.“ hörte sich Chloe sagen.

„Nein, ich muss mich entschuldigen. Ich hätte das nicht tun dürfen. Ich weiss nicht, was mich geritten hat. Bitte verzeihen Sie mir.“ liess sie los und ging nochmals einen Schritt weg von ihr.

Chloes Herz raste vor Erregtheit und Wut. Sie starrte ihn verdattert an.

„Soll das heissen, es war ein Ausrutscher und kommt nicht mehr vor?“ fragte sie ihn mit beklommener Stimme.

„Ja, genau.“

Sie standen sich schweigend gegenüber. Niemand war fähig etwas zu sagen. Beide fuhren aus ihren wirren Gedanken auf, als es plötzlich klingelte.

„ Entschuldigen Sie bitte. Ich habe meine Beherrschung verloren.“ versicherte er ihr mit ruhiger Stimme und ging davon.

Chloe wusste nicht, wie ihr geschah. Sie war ziemlich niedergeschlagen und verwirrt zugleich. Es war ja nur ein flüchtiger Kuss, versuchte sie sich einzureden. Und sie kannten sich erst seit ein paar Stunden. Wahrscheinlich gingen nur die Nerven mit ihnen durch.

Jetzt war ohnehin der falsche Zeitpunkt, um mit einem Mann eine Affäre anzufangen. Und erst recht mit dem Polizisten, der sich für die Suche nach ihrer spurlos verschwunden Schwester, verschrieben hatte.

Raul lief zur Tür und öffnete das Eingangstor. Dabei musste er seine Gedanken und Gefühle schnell unter Kontrolle bringen und das was sich soeben im Büro abgespielt hatte, vergessen. In jeder Hinsicht musste er sich auf die Arbeit konzentrieren.

Es waren Eileen Banz und ihr Kollege Otto Lutz, von der Spurensicherung. Sie begrüssten kurz Raul und holten sogleich ihre Werkzeuge aus dem Volvo. Sie zogen sich Handschuhe über und fingen an alles zu fotografieren. Vom Vorgarten bis hinters Haus und zum Gartentor hinunter. Danach untersuchten sie die Überwachungskamera an der Haustür. Sie nahmen Fingerabdrücke, um diese später im Labor untersuchen zu können. Um nichts zu verwischen, packten sie alle Spuren, die sie fanden, in einen Klarsichtbeutel. Danach machten sie sich an die zweite Kamera beim Gartentor. Zuerst musste man sie finden, in all den Dornenranken, mit den rot und gelb blühenden Rosen. Bei dieser war es ein klein bisschen schwieriger, um an sie ran zu kommen, denn die Dornen ragten gefährlich weit heraus. Auch diese Abdrücke legten sie in einen Beutel und beschrifteten ihn, wie bei der ersten Kamera.

Nun versuchten Sie Schuh- und Fussabdrücke auf der Erde ausfindig zu machen. Der Boden war noch ein ganz wenig feucht, von dem Regen vor einem Tag. Sie sahen verschiedene Spuren. Die einen sahen nach Frauenschuhen aus. Dann gab es grössere, wahrscheinlich von Herrn Winter. Sowie halbe Fussabdrücke waren zu finden. Mit den letzteren konnten sie höchstwahrscheinlich nichts anfangen. Aber trotzdem fertigten sie von allem, was sie fanden konnten, ein Gipsabdruck an. Alles wurde einzeln in Beweissicherungsbeutel verpackt und beschrieben.

Während die Polizisten draussen ihrer Arbeit nachgingen, verspürte Chloe einen ziemlichen Durst und ging vom Arbeitszimmer in die Küche um den Polizisten und ihr irgendwas Kühles zu servieren.

Sie öffnete den Kühlschrank, um ihn nach etwas Trinkbarem zu durchsuchen. Plötzlich weiteten sich ihre Augen vor Schreck. Instinktiv trat sie einen Schritt zurück und öffnete ihren Mund, um einen gellenden Schrei von sich zu geben.

Noch bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnte, war Raul schon hinter ihr.

„Oh mein Gott.“ brachte sie nur heraus.

In der Mitte des Kühlschrankes befand sich auf einem Teller ein abgetrennter Zeigefinger. Auf den ersten Blick sah es so aus, als wäre der Finger mit einem Messer abgetrennt worden. Er war bereits ziemlich grau und violett verfärbt, aber der Lack auf dem Nagel sah makellos und frisch angestrichen aus.

Raul nahm Chloe zur Seite und setzte sie auf einen Stuhl. Lunardi zog sich einen Handschuh über, um den Finger in einen Klarsichtbeutel zu legen.

Er drehte sich zur Frau, die hinter ihm am Tisch sass, um.„Was hat ihre Schwester für Fingernägel?"

„Lange.“

„Angestrichen?“

„Ich glaube schon.“

„Bitte konzentrieren sie sich.“

„Ich glaube, sie waren durchsichtig lackiert. Warum wollen Sie das wissen?“

„Ich möchte ausschliessen können, dass es Danas Finger ist. Doch bevor wir ihn nicht im Labor untersucht haben, kann ich Ihnen nicht mehr sagen und will sie nicht unnötig beunruhigen.“

Chloe starrte vor sich hin. Sie hörte nicht mal mehr, was Raul zu ihr sagte und dass er den Raum verlassen hatte. Nach wenigen Sekunden verspürte Chloe eine gewisse Übelkeit und rannte zum nächsten WC, um sich zu übergeben.

Kraftlos blieb sie auf dem Boden sitzen. Sie zog ihre Knie an und legte den Kopf darauf. Mit den Armen umfasste sie ihre Beine und fing an unaufhaltsam zu weinen.

Erschrocken fuhr sie auf, als sie eine Hand auf ihrem Arm spürte. Raul kniete sich zu ihr hinunter und hielt sie fest an sich gedrückt. Als er erkannte, dass sie sich beruhigt hatte, rückte er etwas von ihr ab und teilte ihr mit, dass die Leute von der Spurensicherung fertig seien und nun alles im Labor untersuchen würden.

„Ich hoffe, dass dieser Albtraum bald ein Ende hat.“ krächzte Chloe mit einer Stimme, die sie selbst kaum verstand.

„Wir müssen jedem Hinweis, den wir bekommen nachgehen und alles genauestens überprüfen. So werden wir Dana finden.“

„Ja, das werden wir.“

„Mögen Sie etwas zu trinken, Chloe?

„Nein.“

„Sie müssen wieder zu Kräften kommen. Ich bin gleich zurück.“

Kurz darauf kam Lunardi mit einem Glas Wasser zurück und reichte es ihr. Sie sassen immer noch im kleinen Toilettenraum, als sie hörten wie das Garagentor aufging. Umgehend erklangen schwere Schritte auf der Treppe.

„Raul, Chloe! Wo seid ihr?“

„Hier!“

Schon erschien Winter in der Tür.

„Was macht ihr denn hier? Ist etwas passiert?“

„Ich werde es dir sofort erzählen.“ sagte Raul mit beruhigender Stimme.

5.

Nachdem Raul Finn alles erzählt hatte, was vorgefallen war, verabschiedete sich Chloe von ihnen.

„Ich werde ein wenig am See spazieren gehen. Ich brauche dringend frische Luft und muss meine Gedanken neu ordnen.“ An ihren Schwager gewandt fuhr sie fort. „Stört es dich, wenn ich später nochmals vorbei komme?“

„Du bist hier immer herzlich willkommen. Das weisst du.“

„Herr Lunardi.“ Sie streckte ihm ihre Hand entgegen, welche Raul sanft drückte. Er hätte Chloe am liebsten in seine Arme geschlossen, um ihr Trost zu spenden. Doch wusste er, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Erschrocken über seine Gedanken, zog er seine Hand etwas zu schnell zurück, was Chloe ein wenig erstaunen lies.

„Frau Kramer. Versuchen Sie sich abzulenken. Sie haben meine Nummer und können mich jederzeit anrufen, wenn irgendwas ist.“

Als Chloe aus dem Haus war, verschwanden die beiden Freunde ins Arbeitszimmer und gingen die restlichen Akten von Finns abgeschlossenen Fällen durch. Schlussendlich brachten sie eine Liste von über zwanzig Personen zusammen.

Winter massierte seinen Nacken, der sich unerträglich verspannt hatte, während sie die Unterlagen durchsahen. Er wagte einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr, die bereits nach zwölf Uhr anzeigte. Ihm war gar nicht aufgefallen, wie lange er und Raul vor den Akten sassen und diese studiert hatten, so schnell raste die Zeit an ihnen vorbei. Zeit, die sie momentan nicht vorrätig hatten.

„Hoffentlich kommen wir mit diesen Namen einen Schritt weiter. Es kann doch nicht sein, dass Dana einfach so verschwunden sein soll. Ich habe niemandem etwas Böses getan und ich mache nur meinen Job.“

„Wie du weisst, kann man meistens nicht verstehen, warum solche Taten begangen werden. Ich würde dir gern irgendwas Aufmunterndes sagen, aber mir fehlen selbst die Worte. Ich kann dir nur versprechen, dass wir alles daran setzen werden, um deine Frau schnellstmöglich zu finden.“

„Ich danke dir, Lunardi.“ brachte Finn mit rauer Stimme hervor.

Irgendwann fing der Staatsanwalt zögernd an zu sprechen. „Ich frage mich ständig, wie der Finger in meinen Kühlschrank gekommen ist. Dazu lag er noch auf einem Teller aus unserem Haushalt. Mit was für einem Verrückten haben wir es hier zu tun?“

„Das möchte ich auch gern wissen.“

„Ich habe heute Morgen etwas zu Trinken und zu Essen herausgenommen. Da lag weit und breit nichts so unappetitliches im Kühlschrank.“

„Es muss jemand herein gekommen sein, als mindestens du im Haus gewesen bist. Die Alarmanlage sowie die Kameras waren immer noch ausgeschaltet. Zudem liess Chloe das Gartentor offen, als sie gekommen ist. Also kein Problem um unbemerkt ins Haus zu kommen.“ stellte Raul fest. „Wie konnte sie eigentlich ins Haus ohne dass du ihr öffnen musstest?“

„Sie hat einen Schlüssel. Wenn Dana und ich in die Ferien fahren oder ein verlängertes Wochenende im Tessin verbringen, giesst Chloe unsere Pflanzen. Und ausserdem verbringt sie viel Zeit mit ihrer Schwester hier. Also fanden wir, dass sie den Schlüssel gleich behalten soll.“

Beide schwiegen einen kurzen Moment, bis Raul weiterfuhr. „Hast du dir überlegt, ob in den letzten Tagen irgendwas anders war als sonst? Habt ihr euch beobachtet gefühlt oder hat sich Dana anders benommen?“

„Wie meinst du das?“

„War sie nervös?“

„Nein.“

„Eigenartige Telefonate erhalten?“

„Nein.“

„Seltsamen Besuch erhalten?“

Wieder verneinte Finn. „Nicht das ich wüsste.“

Der Kriminalpolizist schaute auf seine Uhr und stellte fest, dass es schon fast dreizehn Uhr war. Sein Magen knurrte leise vor sich hin. Seit dem frühen Morgen hatte er nichts mehr zu sich genommen und Finn mit grosser Wahrscheinlichkeit auch nicht.

„Wollen wir irgendwas zu Essen bestellen?“

„Keine schlechte Idee. Ich habe zwar gar keinen Hunger, aber uns würde eine kleine Stärkung gut tun.“

„Sollen wir uns eine Pizza kommen lassen?“

„Darum kümmere ich mich.“

„Ich werde ums Haus gehen und mich ein wenig umsehen. Möglicherweise haben wir etwas übersehen.“

Finn bestellte für sich und Raul zu essen. Danach ging er ins Arbeitszimmer und machte sich Notizen, was Dana und er in den letzten Tagen alles erlebt hatten und wo sie unterwegs waren, während Lunardi draussen nach einer Fährte suchte.

Nach einer guten halben Stunde tauchte schon der Kurier mit der Pizza auf dem Grundstück von Finn auf. Raul kam gerade hinter dem Haus hervor, als der Pizzawagen den Weg vom Tor hinauf fuhr. Finn stand bereits am Eingang und erwartete den Kurier. Erst jetzt bemerkte Raul, wie niedergeschlagen Finn aussah. Er wirkte in den letzten vergangenen Stunden um einige Jahre gealtert zu sein. Bei all den Geschehnissen war das auch kein Wunder.

Der Staatsanwalt bezahlte den Pizzalieferanten, woraufhin dieser in sein Wagen stieg und seine Auslieferungen weiterführte. Die zwei Freunde gingen gemeinsam ins Innere des Hauses.

„Ist es dir recht, wenn wir draussen essen? Ich muss an die frische Luft. Die Räume engen mich irgendwie ein.“ meinte Finn.

„Na klar.“

Sie holten sich in der Küche Teller, Besteck und was zu trinken. Danach begaben sie sich

durch breite, weisse Doppeltüren auf die Terrasse hinaus.

Mitten auf der Terrasse stand ein runder Tisch und um ihn herum passende Korbsessel, auf denen sie Platz nahmen. Finn stocherte mehr auf der Pizza herum, als dass er davon ass. Ihm war einfach nicht nach essen zumute. Er fühlte sich schwach und müde, wie noch nie zuvor.

„Ich merke soeben, wie sehr mir Dana fehlt. Warum muss zuerst dem Menschen, den man über alles liebt, so was passieren, damit man merkt, wie sehr man ihn braucht und ohne ihn nicht leben kann.“ Finn stütze seinen Kopf auf seinen Händen ab und fing geräuschlos an zu weinen.

Raul hatte seinen besten Kumpel noch nie so hilflos erlebt, wie in diesem Moment. Über den Tisch ergriff er Finns Arm und drückte ihn mit einem leichten Druck. Sie blieben eine Weile so dasitzen und Raul wartete ab, bis es seinem Freund wieder besser ging.

„Finn, ich muss zurück zur Kripo. Kommst du alleine klar?“

„Es wird schon gehen.“

„Was hast du jetzt noch vor?“

„Mal schauen. Geh du ruhig, aber melde dich bitte, sobald du etwas erfahren hast.“

Sie erhoben sich und Raul verliess die Terrasse über den Garten. Er stieg in sein Auto, das vor dem Haus stand und fuhr los.

Eigentlich hätte der Staatsanwalt an einigen seiner Fälle weiterarbeiten müssen, doch so sehr er sich auch bemühte, konnte er sich momentan nicht auf seine Arbeit konzentrieren. Also machte er sich auf den Weg an den Vierwaldstättersee, um nachzusehen, wo Chloe blieb. Nach einer Weile kam er an einer Reihe Bänke vorbei, die fast alle besetzt waren. Es war ein ruhiger Platz, der einen zum Verweilen einlud und einen schönen Blick auf den See bot. Weiter vorne sah er eine Frau, auf einer dieser Bänke sitzen, die ihm bekannt vorkam. Als er näher kam, erkannte er Chloe, die völlig energielos, dasass. Die letzten Meter lief er nicht mehr, sondern rannte auf sie zu.

„Chloe!“ rief er.

Sie blickte mit Tränen verschleierten Augen zu Finn auf. Ohne Begrüssung oder sonst ein Wort nahm er neben seiner Schwägerin Platz und legte den Arm um ihre Schultern. Sie sassen, frei von jeglichem Zeitgefühl, schweigend nebeneinander und sahen aufs Wasser hinaus.

Erst jetzt entdeckte er die gelbe Strickjacke auf ihrem Schoss.

„Was ist das?“ fragte Winter und starrte weiter auf Chloes Hände, die die Jacke fest umklammert hielten.

Verdutzt sah sie ihn an. „Weisst du das nicht?“

„Nein. Sollte ich?“

„Weisst du denn nicht, was Dana gestern Abend anhatte?“

„Nein. Raul hat mich auch schon danach gefragt. Ich weiss es leider nicht.“

„Warum nicht?“

„Ich habe sie gestern nicht mehr gesehen, bevor du sie abgeholt hast.“

„Hattest du am Nachmittag nicht frei?“

„Doch. Aber ich musste dann doch nochmals ins Büro.“

„Hattet ihr darum einen Streit?“

„Nein. Warum weisst du davon?“

„Warum dann?“ sie blieb hartnäckig.

„Ich möchte nicht darüber reden?“

„Kann es etwas mit dem Verschwinden von Dana zu tun haben?“

Ein kurzer Augenblick verstrich bis er antwortete. „Nein.“

Finn hoffte, dass sie sein Zögern in seiner Stimme nicht bemerkt hatte. „Ich werde Raul anrufen. Die Leute vom kriminaltechnischen Dienst sollen diesen Ort schnellstmöglich nach Spuren untersuchen.“ Er nahm sein Natel hervor und tippte Rauls Nummer ein. Kaum hatte er diese eingegeben, nahm der Polizist auf der anderen Seite bereits ab.

„Kannst du so rasch als möglich an den See kommen? Wir sind gleich neben dem Seehotel Bogen.“

„Wer sind wir?“

„Chloe und ich.“

„Bin unterwegs.“ Ohne ein weiteres Wort legte Raul auf.

Chloe räusperte sich. „Weisst du, was mir so zu schaffen macht? Ich sah Dana das letzte Mal, als ich sie, nur etwa fünfhundert Meter von hier entfernt, aus meinem Auto steigen liess. Und hier liegt nun ihre Jacke. Wo ist sie nur?“

„Sie ist bis gestern nie nach eurem Mädelsabend noch spazieren gegangen. Warum dieses Mal?“

Während die Beiden ratlos, nebeneinander auf der Bank auf Raul warteten und ihren Gedanken nachgrübelten, nahm Finn die Strickjacke aus Chloes Händen und hielt sie sich ins Gesicht, um Danas Duft einzuatmen. Er musste sich beherrschen, dass er seinen Tränen nicht schon wieder freien Lauf liess. Schliesslich war er ein angesehener Staatsanwalt und nicht so ein Waschlappen, wie er sich momentan fühlte. Ausserdem wollte er vor Chloe keine Schwäche zeigen und atmete ein paar Mal tief ein und aus, um sich allmählich wieder zur Ruhe zu bringen.

Der Kriminalpolizist kam kurze Zeit später mit seinem Auto angerast. Er machte sich keine Mühe einen Parkplatz zu suchen. Stattdessen hielt er am Strassenrand an und ging über die Wiese auf Chloe und Finn zu.

„Was gibts?“ meldete er sich.

Finn erhob sich und reichte Raul die Strickjacke.

„Chloe hat dieses Kleidungsstück hier gefunden.“

Chloe Kramer hatte keine Kraft, um sich zu erheben. Sie sah nicht mal auf, als Raul sich vor sie stellte.

„Frau Kramer, wann und wo genau haben Sie diese Jacke gefunden?“

Mit ihren Gedanken weit weg, nahm sie im hintersten Ecken ihres Gehirns wahr, dass man ihr eine Frage gestellt hatte. Sie schaute auf und blickte in die wundervollsten, sanftesten Augen, in die sie je gesehen hatte.

„Was?“ brachte sie knapp hervor.

„Wann und wo genau haben Sie diese Jacke gefunden?“ wiederholte sich Lunardi.

„Hier auf dieser Bank. Ich kann Ihnen nicht sagen, seit wann ich hier sitze. Als ich von Finn weggegangen bin, spazierte ich am See entlang und landete hier an diesem Ort, weil mir diese gelbe Jacke aufgefallen ist. Seit da bin ich an dieser Stelle.“ ihr Mund fühlte sich schon ganz trocken an.

Raul schaute auf seine Uhr. Sie musste schon eine ganze Weile an diesem Ort gesessen haben, dachte er für sich.

Er blickte erneut Chloe an. „Ich werde diese Jacke ohne Umschweife ins Labor bringen, um sie ebenfalls nach Spuren zu untersuchen. Darf ich Sie bitten mit mir zu kommen? Dann können wir Ihren Fund und was Ihnen sonst noch alles einfällt, gleich schriftlich protokollieren.“

Chloe erhob sich langsam von der Bank. Ihre Beine wollten ihr nicht so recht gehorchen. Sie fühlten sich schwach an. Lange war sie nur dagesessen und hatte sich kein bisschen bewegt. Dazu kam, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr zu sich genommen hatte. Weder zu trinken noch zu essen.

Schon trat Lunardi neben sie und hielt sie um ihre Taille fest, um sie zu stützen. Wie machte er das nur? Konnte dieser Mann etwa Gedanken lesen? Sie war ihm dankbar für seine Stütze und lehnte sich, mit einem angenehmen Kribbeln im Bauch, an ihn.

„Soll ich dich nach Hause fahren Finn?“ erklang die männliche Stimme, die zu diesem muskulösen Mann gehörte.

„Danke. Aber ich brauche Zeit für mich. Es wird mir gut tun, den Weg zu meinem

Haus zu Fuss zurückzulegen.“

Finn drehte sich um und liess seine Schwägerin und seinen Freund an Ort und Stelle stehen.

Chloe und Raul gingen zu seinem Audi TT. Dabei hielt er Chloe die ganze Zeit um ihre Taille fest, als könnte ihr sonst etwas geschehen. Sie genoss es, seinen starken Arm an ihrem Körper zu spüren. Allein schon durch seine Berührung fühlte sie sich wohl und beschützt.

Beim Auto angekommen, öffnete er die Beifahrertür, damit Chloe sich hineinsetzen konnte. Er ging auf die andere Seite und schwang sich hinein.

Raul hob eine Flasche vom Boden, die bei Chloes Füssen lag, auf und hielt ihr das Wasser hin.

„Hier trinken Sie etwas. Es wird Ihnen gut tun.“

Verlegen schaute Chloe ihn an. „Haben Sie immer eine Flasche mit dabei?“

„Sobald ich mit dem Auto unterwegs bin, nehme ich eine Trinkflasche mit mir mit. Besonders bei einem solchen heissen Sommertag, wie diesen.“

„Das geht mir genauso.“

Sie nahm die Flasche dankend entgegen und trank in grossen Schlucken fast die ganze Flasche leer. Nachdem sie sich angeschnallt hatten, fuhr Raul los.

6.

Chloe fühlte sich, neben Raul, erregt und niedergeschlagen zugleich. Solche Gefühle hatte sie schon lange nicht mehr gegenüber einem Mann empfunden.

Sie schloss, die Fahrt über, ihre Augen und genoss es neben Raul zu sitzen, der mit einer angenehmen Selbstsicherheit durch die Strassen fuhr.

Schon nach kurzer Zeit kamen sie bei der Kripo in Luzern an, was sie sehr bedauernswert fand. Raul fuhr ins Parkhaus auf seinen Platz und mit dem Lift gelangten sie in den dritten Stock, wo Lunardi sein Büro hatte. Als sie dort ankamen, traten sie auf den Korridor hinaus und bogen nach links ab.

Auf dem Flur trafen sie auf Sofia Grüner, die einige Mappen mit sich herumtrug.

„Hallo Sofia. Was machst du denn heute hier?“

„Lola hat mich angerufen. Sie fühlt sich nicht wohl und hat mich gebeten für sie einzuspringen. Da mein Mann mit unseren Söhnen an ein Fussballspiel gegangen ist, habe ich zugesagt.“

„Sofia, darf ich dir Chloe Kramer vorstellen? Die Schwester von der vermissten Dana Winter. Frau Kramer, das ist Sofia Grüner eine unsere Protokollführerin.“

„Frau Kramer.“

„Frau Grüner.“ Sie gaben sich zur Begrüssung die Hand.

„Sofia, hast du nachher kurz Zeit? Ich würde gerne Frau Kramers Aussage schriftlich festhalten.“

Eigentlich wollte Sofia in wenigen Minuten Feierabend machen. Zumal ihre Kinder und ihr Mann noch nicht zu Hause sein würden, konnte sie ohne weiteres länger arbeiten.

„Aber sicher doch. Du findest mich im Büro.“

„Danke. Bis gleich.“

Sofia ging den Flur entlang in ihr Büro. Lunardi führte Chloe an seinen Arbeitsplatz, der sich fast am Ende der dritten Etage befand.

„Ich möchte kurz die Strickjacke abgeben“, Raul hob den Beutel mit dem besagten Kleidungsstück, in die Höhe „damit man sie so rasch als möglich im Labor untersuchen kann. Darf ich Sie einen Augenblick alleine lassen?“

„Tun Sie, was Sie tun müssen.“ Chloe nahm auf einem der Stühle an Rauls Schreibtisch Platz. Als sie wieder aufsah, trat der Polizist bereits aus dem Büro. Chloe Kramer blickte sich in dem kleinen Raum um. Das Pult stand an einer Wand und bot freie Sicht auf die Tür. Links vom Tisch befand sich ein Fenster. Jedoch hatte man momentan keinen Ausblick, da die Lamellen zugezogen waren, damit die starken, sommerlichen Sonnenstrahlen den Raum nicht zu fest aufheizen konnten. An der Wand gegenüberliegend befand sich ein grosses Regal, das mit Ordnern vollgestopft war.

Auf dem Pult entdeckte sie zwei gerahmte Fotos. Chloe sah sich um, ob sie niemand beobachtete und drehte die beiden Bilder, aus reiner Neugierde, zu sich um. Auf dem Einen war ein älteres Ehepaar zu sehen. Wahrscheinlich Rauls Eltern. Das Andere zeigte eine ziemlich junge und hübsche Dame mit roten, langen Haaren. War das seine Freundin oder sogar seine Frau? Wie konnte er sie dann heute Morgen küssen? Sie nahm es in Ihre Hände, um die Person genauer zu betrachten.

„Was machen Sie da?“ erklang Rauls Stimme schroff von der Tür her.

Erschrocken stellte Chloe den Rahmen mit der jungen Frau an seinen Platz zurück.

„Entschuldigen Sie bitte. Das war nicht meine Absicht.“

Unbesänftigt fuhr er weiter „Ach nein. Was dann? Was haben Sie gesehen?“

Chloe wusste zuerst nicht, wie sie darauf reagieren sollte und entschied sich für die Wahrheit.

„Eine wunderschöne, junge Frau. Ich weiss, es gehört sich nicht. Meine Neugierde war grösser als mein gutes Benehmen.“

Raul zeigte auf das eine Foto. „Meine Mutter Anais und mein Vater Linus.“ Danach nahm er das zweite zur Hand und schaute es lange an. Chloe sah, dass seine Augen einen seltsamen Ausdruck annahmen, den sie nicht zu deuten wusste. Als er dann weiterfuhr, verstand sie sofort.

„Das ist meine kleine Schwester Julia. Sie ist vor zwölf Jahren ums Leben gekommen.“ wieder betrachtete er das Foto seiner Schwester eine gewisse Zeit lang. Als er seinen Blick auf Chloe richtete, erkannte sie den Schmerz in seinen Augen, den seine Gedanken an Julia ihn ihm verursachten.