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Dieses Buch enthält die Romane: Adrian Leschek: Die Nebelpfade von Eldariona Alfred Bekker: Drachenkinder Alfred Bekker: Die Insel des Augenlosen Sehers Alfred Bekker: Das Höllentor in eine andere Welt Alfred Bekker: Angriff der Orks Alfred Bekker: Der Fluch des Zwergengolds Alfred Bekker: Die Drachen-Attacke Alfred Bekker: Sturm auf das Elbenreich Alfred Bekker: Überfall der Trolle Alfred Bekker: Die Magie der Zwerge Alfred Bekker: Die Zauberaxt der Zwerge Alfred Bekker: Die Dracheninsel der Zwerge Alfred Bekker: Der Kristall der Zwerge Alfred Bekker: Das Elbenkrieger-Profil Geschichten um Elben, Orks und Zwerge – in unserer und in anderen Welten. Eine einzigartige Fantasy-Abenteuer Sammlung von Alfred Bekker, dem Autor der Zyklen um DAS REICH DER ELBEN, die ELBENKINDER, GORIAN, die DRACHENERDE-SAGA und viele andere mehr. Das Zwischenland ist in großer Gefahr. Um sie abzuwenden, folgt der Elbenkrieger Lirandil einer alten Prophezeiung. Drei Zwergenkinder muss er finden: Eines ist ein Zauberlehrling, eines kennt die Zukunft und eines hat die Kraft und das Geschick eines Schmieds. Diese drei ahnen noch nicht, dass nur sie allein die Macht haben, ihre Welt vor dem Untergang zu bewahren. Wird ihnen das gelingen?
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Seitenzahl: 2615
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Magische Nebelreiche: 2500 Seiten Fantasy
Copyright
Die Nebelpfade von Eldariona
Drachenkinder: Fantasy-Roman
Die Insel des Augenlosen Sehers (Das Reich der Elben Erstes Buch)
Das Höllentor in eine andere Welt
Copyright
Kapitel 1: Das Spiel der Spiele
Kapitel 2: Der Horror zu Hause
Kapitel 3: Im Reich der Verdammten
Kapitel 4: Kreaturen der Finsternis
Kapitel 5 : Hexenspuk im Nebel
Kapitel 6: Der Weg der weißen Wölfe
Kapitel 7: Gefrorene Gesichter
Kapitel 8: Das Dorf der lebenden Toten
Kapitel 9: Der Kampf gegen die Schattengeschöpfe
Kapitel 10: Im Schloss der Blutsauger
Kapitel 11: Der Namenlose Magier
Kapitel 12: Jarmila
Alfred Bekker: Angriff der Orks
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Alfred Bekker: Der Fluch des Zwergengoldes
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Alfred Bekker: Die Drachen-Attacke
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Alfred Bekker: Sturm auf das Elbenreich
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Alfred Bekker: Überfall der Trolle
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DIE MAGIE DER ZWERGE
„Drei Zwergenkinder musst du finden!“
Tomli, der Zauberlehrling
In der Klemme
In die Stadt der Zwerge!
Olba, das Zwergenmädchen
Arro der Starke
Erd-Alben
Zwei Elben in Ara-Duun
Im Thronsaal des Zwergenkönigs
Die Gefahr aus der Tiefe
Das Amulett des Ubrak
Gefährten in der Finsternis
Am Weltenriss
In der Dunkelmetall-Schmiede
In der Halle der Diebe
DIE ZAUBERAXT DER ZWERGE
Im Weltenriss verloren
Lirandil und Saradul
Rettet Ubraks Amulett!
Olba und Arro
Das Wüstenschiff
Angriff der Schatten
Verglüht
An Bord des Wüstenschiffs
Der Felsentroll
In großer Gefahr
Trollzorn!
Nach Cosanien
Der Greif am Himmel
Der Geheime Tempel von Cosan
Ubraks Zauberaxt
DIE DRACHENINSEL DER ZWERGE
Schlangenköpfe und Zwergenmagie
An Bord der 'Sturmbezwinger'
Das magische Buch
Drohendes Unheil
Zur Dracheninsel!
Gefangene
Ein magischer Kampf
Gäste des Zauberkönigs
König Wendurs Geheimnis
Der Verfolger
Von Drachen umzingelt!
Die verlorene Zauberaxt
Im Land der Hundereiter
Am Berg des Drachenhüters
Die Entscheidung
DER KRISTALL DER ZWERGE
Schattenbringer und Weltenriss
Was vom Himmel fällt
Die Stunde des Schülers
Die Herberge des Echsenmenschen
Magier ohne Zauberstab
Ar-Don der Gierige
Gefangen in der belagerten Stadt
Angriff der Leviathane
Auf dem Markt von Hiros
Der Retter der Stadt
Vor dem Fürsten
Die Macht des Kristallschädels
Ein Räuber aus dem Himmel
Auf der Spur des Gargoyle
Der Turm von Gambalzôr
Ein magischer Kampf
Nachwort
Das Elbenkrieger-Profil
Copyright
Prolog
Die Tote in Telgte
Letzte Ausfahrt Ladbergen
Der Freak aus Kattenvenne
Ein Elbenkrieger in der Achtermannstraße
Traumhenker und Schwarzer Tod
Mit den Augen eines Elben
Elbenmagie in Borghorst
Eine Warnung in Tecklenburg
Der Würger von Osnabrück
Um ein Haar in Borghorst
Zwei Verhöre und der Traumhenker
Die Nacht der Toten
Morgengrauen
Leichenschau
Verdächtige und Zeugen
Zugriff in Kattenvenne
Gefährten
„Nichts als die Wahrheit, die reine Wahrheit!“
Die Augen der Mörderseele
Titelseite
Cover
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Dieses Buch enthält die Romane:
Adrian Leschek: Die Nebelpfade von Eldariona
Alfred Bekker: Drachenkinder
Alfred Bekker: Die Insel des Augenlosen Sehers
Alfred Bekker: Das Höllentor in eine andere Welt
Alfred Bekker: Angriff der Orks
Alfred Bekker: Der Fluch des Zwergengolds
Alfred Bekker: Die Drachen-Attacke
Alfred Bekker: Sturm auf das Elbenreich
Alfred Bekker: Überfall der Trolle
Alfred Bekker: Die Magie der Zwerge
Alfred Bekker: Die Zauberaxt der Zwerge
Alfred Bekker: Die Dracheninsel der Zwerge
Alfred Bekker: Der Kristall der Zwerge
Alfred Bekker: Das Elbenkrieger-Profil
Geschichten um Elben, Orks und Zwerge – in unserer und in anderen Welten.
Eine einzigartige Fantasy-Abenteuer Sammlung von Alfred Bekker, dem Autor der Zyklen um DAS REICH DER ELBEN, die ELBENKINDER, GORIAN, die DRACHENERDE-SAGA und viele andere mehr.
Das Zwischenland ist in großer Gefahr. Um sie abzuwenden, folgt der Elbenkrieger Lirandil einer alten Prophezeiung. Drei Zwergenkinder muss er finden: Eines ist ein Zauberlehrling, eines kennt die Zukunft und eines hat die Kraft und das Geschick eines Schmieds. Diese drei ahnen noch nicht, dass nur sie allein die Macht haben, ihre Welt vor dem Untergang zu bewahren. Wird ihnen das gelingen?
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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von ADRIAN LESCHEK
Die Nebelpfade von Eldariona --- Ein epischer Fantasy-Roman von Adrian Leschek
Tauche ein in die geheimnisvolle Welt von Eldariona! Als der Elbenbogenschütze Aelarion und der Zwergenschmied Brondar auf die Spur einer uralten, magischen Linse stoßen, beginnt eine Reise voller Rätsel, Magie und unerwarteter Freundschaften. Gemeinsam stellen sie sich dunklen Mächten, die das Land mit Kälte und Misstrauen spalten wollen.
Begleite ein außergewöhnliches Heldenteam durch flüsternde Wälder, singende Felsen und pulsierende Städte. Entdecke eine Magie, die nicht zerstört, sondern verbindet – und erlebe, wie Mut, Zweifel und die richtigen Fragen das Schicksal einer ganzen Welt verändern können.
Für alle, die poetische Fantasy, ungewöhnliche Helden und eine Geschichte voller Herz und Tiefe lieben!
Atmosphärisch, klug und berührend erzähltMit einzigartigen Charakteren und einer faszinierenden WeltPerfekt für Fans von High FantasyJetzt bestellen und Eldariona entdecken!
Personen
Aelarion: Ein Elf aus den schattigen Wäldern, Meister des Bogens und des Lauschens; neigt dazu, in Fragen zu denken.Brondar: Zwergischer Meisterschmied vom Drachenfels; pragmatisch, loyal und überraschend musikalisch, wenn es um Stein geht.Ysil (Strangläuferin): Wandernde Grenzgängerin zwischen Wegen und Welten; kennt Orte, an denen Fäden zusammenlaufen.Soran Vel: Gelehrter und Archont der Collegia in Car Theral; ordnungsliebend, lenkt lieber als er drängt.Kharuzan (Schwarzhauch): Ein Zauberer mit Vorliebe für Kälte, Gewohnheiten und feine Schnitte in das, was Menschen für selbstverständlich halten.Maedrig Steinvater: Gesandter aus den Tiefenstuben des Drachenfels; gibt Steinen Geschichten, damit sie halten.Serelith von den Zweiten Wegen: Elbin, die Übergänge kennt; öffnet Pfade, wenn der erste Weg nicht reicht.Liora von der Collegia: Schreibkundige mit Gewissen; stellt Fragen, die Zahlen bändigen.Torna Eisenband: Zwergin mit scharfem Blick für Notwendigkeit; denkt Schmieden und Verantwortung zusammen.Hadrin: Ein junger Bote zwischen Lagern; lernt, welcher Frage er gehört.Tuha-na-Braddogh: Zwischenweltliche Wesen, die Fäden, Klänge und Ränder lieben; handeln eher in Mustern als in Worten.Orte
Eldariona: Das alte, atmende Land; mehr Stimme als Karte.Wälder von Eldariona: Heim Aelarions; flüsternde Kronen, wachsame Schatten.Drachenfels: Weitläufige Hallen der Zwerge; Glut, Erz und Lieder des Gesteins.Magischer Felsen von Orantha: Singender Nahtpunkt zwischen den Häuten der Welt; Tor, wenn Stunde, Wort und Gabe stimmen.Car Theral: Stadt der Collegia; Hallen für Tinte, Debatten und Entscheidungen.Halle der Collegia: Ort geordneter Unordnung; hier werden Regeln aufgeschrieben und geändert.Aveshar (Schwelle/Schlucht): Neutraler Ort über Gischt; Atemverträge werden im Rauschen des Falls gebunden.Glockenhallen ohne Körbe: Räume der Tuha-na-Braddogh; Klänge hängen dort, wo Wände fehlen.Zweite Wege: Unoffizielle Pfade durch Zwischenräume; schneller, aber kosten eine Gewohnheit.Dornklause: Unscheinbare Senke mit Neigung zu selbstgefälligen Sätzen; prüft, ob Fragen bucklig sein dürfen.Salzplatz im Süden: Wandernder Markt aus Waagen, Wasser und Versuchungen.Linde am Platz: Einfache Stadtlinde, die gelernt hat, Zwischenräume zu beschatten.Begriffe
Juwel der Erleuchtung (Fragende Linse): Keine Trophäe, sondern eine Linse, die klärt; verlangt einen Preis in Gewissheiten.Brücke der Unbenannten: Entscheidungskette statt Steg; zeigt Möglichkeiten, nicht nur Wege.Naht: Zarter Faden zwischen Welten oder Willen; lässt sich singen, nicht zwingen.Zwischenräume: Orte und Augenblicke, in denen Wandel leichter geschieht; brauchen Maß statt Kraft.Atemvertrag: Ein Versprechen mit Zeugen aus Luft; bindet zuerst den, der spricht.Gegenlied: Ein kleiner Ton, der falsche Stille kratzt; wirkt am besten, wenn man es nicht will.Glasbruch (Waage): Ein unscheinbares Stück Glas mit feinem Kranz; macht Lärm leiser, damit Fragen sauber greifen.Hammerkopf ohne Stiel: Brondars unvollständiges Werkzeug; trägt Spuren der anderen Seite.Marken (Kharuzans): Feine Gewohnheiten der Kälte; nisten sich in Rissen ein, die niemand prüft.Zweite Frage: Die Übung, jede Entscheidung mit einer Frage zu schwächen, die klärt.Atemzeichen: Drei Punkte über einer Linie; stiller Hinweis: „Atmet, bevor ihr handelt.“Orantha-Felsensang: Die Stunde, da Stein und Wind gemeinsam Antwort geben.Runen des Alltags: Kleine, wiederholte Handgriffe, die mehr bewirken als große Zauber—wenn man sie bewusst tut.In jener Nacht, als der Mond wie eine Scherbe Silber zwischen den Kronen der Bäume lag, war der Wald von Eldariona voller Stimmen. Nicht jene der Tiere oder des Windes, die Aelarion seit Jahrhunderten kannte wie seine eigene Atemmelodie, sondern alte, lang verschüttete Silben, die sich aus Wurzeln, Moos und Schatten lösten. Die Bibliothek der Elben war zu so später Stunde beinahe leer; nur das milde Flackern der Baleth-Laternen strich über die gewölbten Hölzer, und der Duft getrockneter Blätter mischte sich mit dem Harz, das in unsichtbaren Adern durch die lebenden Regale floss.
Aelarion fuhr mit der Fingerspitze über eine Reihe von Bänden aus geölter Rinde, tastete Zeichen, die älter waren als sein ältestes Lied. Er suchte nichts Bestimmtes, und doch führte ihn etwas—ein hauchdünner Zug wie von Sternenlicht—zu einem schmalen Kästchen, eingekeilt hinter zwei Chroniken des Ersten Morgens. Es war schlicht, in Lindenholz gefasst, mit einem Knoten aus Silberdraht versiegelt. Er zögerte kurz. Dann atmete er aus und löste den Knoten.
Die Schriftrolle darin war schmal und spröde, die Ränder von einer gelblichen Patina umsäumt, als hätte die Zeit selbst versucht, sie zu verschlucken. Als Aelarion sie öffnete, explodierte kein Licht; keine Trompeten ertönten, keine Vision fuhr ihm in die Stirn. Nur in der stillen, konzentrierten Helligkeit des Lampenscheins begannen die Lettern—geometrische Zeichen, in die sich Linien woben wie Bäche in ein Tal—zu atmen. Er las.
Vom Juwel der Erleuchtung, stand dort, das ewiges Wissen birgt wie die Tiefen der Nacht die Sterne. Es war keine Waffe, kein Zepter; es war ein Auge, ein leuchtender Kern, gewachsen aus alten Fragen. Und es schlief nicht in einem Berg, nicht in einer Ruine oder unter einer Stadt—in der Schriftrolle hieß es, es ruhe jenseits der Grenzhaut der Welt, in jener schimmernden Dimension, die die Tuha-na-Braddogh Heimat nennen.
Der Name war nicht unbekannt. Die Tuha-na-Braddogh—Wanderer zwischen Fels und Nebel, Sommer und Frost. Wesen, die in Erzählungen als Händlerschattenspiele auftraten, als Stimmen durch den Spalt eines Steins. Manche Elben hielten sie für Trugbilder. Aelarion wusste es besser. Und er wusste, in wessen Ohr man diesen Namen flüstern musste, um eine Tür zu finden.
Er rollte das Pergament behutsam zusammen, stieß die Laterne aus, und der Wald nahm ihn in seine Schatten auf. Unter ihm federte das Moos, und der Boden roch nach Regen, den es in letzter Zeit nicht gegeben hatte. Er ging schneller, als es seine Gewohnheit war, vorbei an Lichtungen, auf denen die Glühfäden der Mondpilze in dünnen Netzen hingen, bis sich die Bäume lichteten und die Hügel in Ferne zu fließen begannen. Und dort, wo die Wälder auf die Zacken des Drachenfels trafen, hob die Erde selbst den Atem an.
Brondar war ein Meister der Glut. Seine Schmiede lag nicht nahe am Schacht, sondern dort, wo im Fels eine Ader fehlte und Raum für Feuer blieb. Der Zwerg stand, als Aelarion kam, über einen Amboss gebeugt, der unter seinem Hammer wie eine zweite Stimme sang. Funken sprangen in die Dunkelheit, kleine kurzlebige Sternschnuppen. Ein Bartband aus gedrehtem Kupfer hielt die schwarzen Zöpfe aus dem Gesicht; die Augen darunter waren klar wie der Bergkristall, den er so oft aus der Wand brach.
„Bei Oranthas Felsensang, Aelarion.“ Brondar legte den Hammer ab und lachte leise, ein rollendes Geräusch, das an das ferner Donnern von Wagenrädern erinnerte. „Man sagt, Elben kommen nur in übergroßer Not in Schmieden.“
„Oder in großer Neugier“, entgegnete Aelarion. Er hob das Kästchen, öffnete es, und die Schriftrolle schimmerte matt. „Ich habe etwas gefunden.“
Brondar wischte sich die Hände an einer Lederstulpe ab und beugte sich vor. Als die Zeichen sichtbar wurden, veränderte sich sein Ausdruck. Ein Schimmer trat in seine Augen, halb Begier, halb Ehrfurcht—das gleiche Licht, das ein junger Schmied hat, wenn er zum ersten Mal sieht, wie Stahl unter seinem Hammer gehorcht.
„Das Juwel der Erleuchtung“, las er, die Silben schwer, als müsste er sie abwiegen. „Hah. Meine Großmutter kannte Geschichten darüber. Man sagt, wer es ansieht, sieht sich selbst—und alles, was je war und sein könnte.“
„Alles Wissen“, sagte Aelarion, und in seinen Worten lag kein Hochmut, kein Hunger, sondern die ruhige Schärfe dessen, der eine Klinge prüft. „Was man damit tun könnte… Wie viele Irrtümer man verhindern könnte. Wie viele Wege man nicht mehr im Dunkeln ertasten müsste.“
Brondar brummte. „Und wie viele falschen Gewissheiten es Männern in die Hände legen könnte, die schon ohne es zu sicher sind.“
Sie sahen einander an—die stillen, alten Augen des Elben, die tiefe, lebendige Klarheit des Zwergs. Aelarion nickte. „Weisheit wächst an Grenzen. Ich weiß. Doch die Schriftrolle sagt mehr. Das Juwel liegt bei den Tuha-na-Braddogh.“
Brondars Stirn legte sich in Falten. „Diese Spinnenfüßer mit ihren Stimmen, die sich anfühlen, als ob sie zwei Hälse hätten?“
„Du hast sie gesehen.“
„Schwer zu sagen, ob ‚sehen‘ das richtige Wort ist.“ Brondar griff nach einer Steinflasche, nahm einen Schluck und reichte sie Aelarion. „Aber wir haben gehandelt. Als das Erz im Westgang zu singen begann, kamen sie. Wir brauchten eine Brücke durch den Riss, und sie boten uns eine, die man nicht sehen kann und dennoch trägt. Wir gaben ihnen funkelndes Salz und Liederschrauben und—“ Er hielt inne, betrachtete die Schriftrolle. „Du willst zu ihnen.“
„Ich möchte das Juwel finden“, sagte Aelarion leise. „Und ich möchte es nicht allein tun. Ich möchte, dass du an meiner Seite gehst, alter Freund.“
Brondar legte die Flasche ab, griff zum Hammer und legte ihn wieder hin, als bräuchte seine Hand etwas zu halten, um eine Entscheidung abzuwiegen. Dann verzog sich sein Mund zu einem Grinsen, das zuerst ein Blitzen in den Augen war. „Wenn du dir ein Abenteuer aussuchst, suchst du dir ein großes, Elf.“ Seine Stimme wurde weich. „Eldariona ist größer, als unsere Füße je messen werden. Aber manche Türen öffnen sich nur, wenn zwei sehr verschiedene Schlüssel zugleich gedreht werden.“
„Also?“
„Also gehen wir.“ Brondar schlug auf den Amboss, nicht hart, eher wie ein Siegel, das man schließt. „Ich weiß, wo der Weg beginnt. Du kennst Orantha?“
Aelarion nickte langsam. „Der Felsen, der singt, wenn der Morgenwind aus den Kälteklüften fällt. Ich war einmal dort, in einem der Jahre, in denen die Eichen doppelt trugen.“
„Das ist mehr als die meisten wissen.“ Brondar trat näher, seine Stimme fiel in den rauen Ton, den er benutzte, wenn er von Dingen sprach, die wichtiger waren als Stahl. „Der Magische Felsen von Orantha ist kein Stein wie andere. Er ist eine Naht. Wenn man die richtigen Worte zur rechten Stunde spricht und den richtigen Tribut darbringt, zieht er Fäden zwischen den Häuten der Welt. Ich habe gesehen, wie ein alter Schmiedemeister durch ihn eine Nachricht in die Hallen unter den Bergen sandte, wo nie ein Fuß von uns gewesen ist. Und ich habe gehört, dass die Tuha-na-Braddogh dort tanzen, wenn die Monde übereinanderliegen.“
„Ein Tor“, sagte Aelarion. „Oder etwas noch Zarteres.“
„Ein Liedfaden, vielleicht.“ Brondar blinzelte. „Aber wir können ihn betreten. Mit dir, mit mir, mit Mut. Und mit Vorsicht. Denn der Felsen gibt, aber er nimmt auch.“
Aelarion rollte die Schriftrolle sorgfältig wieder ein. „Dann sammeln wir, was wir brauchen.“
Sie gingen gemeinsam durch die Schmiede, und Brondar begann aufzuzählen, was die Reise verlangen würde. Nicht übermäßig viel—hier half die Weisheit des Elben, der leicht und dennoch vorbereitet reiste. Ein Messer, das er nicht liebte, sodass er es verlieren konnte, wenn er einen Preis zahlen musste. Ein Trinkbeutel, gefüllt mit Wasser, das am Morgen einer Mondwende geschöpft worden war. Drei Nägel aus kaltem Eisen, nicht, um zu schlagen, sondern um daran zu erinnern, wo man hielt. Brondar fügte hinzu: ein Stück Glas aus dem ersten Bruch eines Ofens, ein Hammerkopf ohne Stiel, eine Spindel aus Lindenholz.
„Für was?“ fragte Aelarion und befestigte alles in dem schmalen Bündel, das er mitgebracht hatte.
„Für Worte, die man nicht spricht, sondern legt“, antwortete Brondar. „Die Tuha-na-Braddogh mögen Gaben, die unvollständig sind, die nach Händen rufen.“
„Wie ein Lied, das auf einen zweiten Sänger wartet“, murmelte Aelarion.
„Genau.“
Als der erste Blaugrau-Streifen an der Fernkante der Welt auftauchte, erreichten sie das Mundloch des Tunnels, der aus Brondars Hallen in die offene Landschaft stieg. Der Wind brachte den Duft von Wacholder, und weit über die Wipfel schob sich der Morgen. Aelarion blieb stehen, sah noch einmal zurück in die Dunkelheit, in der die Funken seines Freundes vor nicht langer Zeit getanzt hatten, und nickte dem Fels zu, der ihn nun freigab. Brondar trat an seine Seite, die Axt auf den Rücken geschwungen, den Gurt festgezurrt.
„Hast du je bereut, den Wald gegen Stein zu tauschen?“, fragte der Zwerg leise, ohne Spott.
Aelarion lächelte, und sein Lächeln war ein feiner Schatten. „Ich tausche nicht. Ich lerne. Der Wald geht mit mir, Brondar. So wie der Stein mit dir geht, wenn du im Wald bist.“
„Weise Worte“, brummte Brondar. „Die Tuha-na-Braddogh werden sie mögen. Oder sie werden darüber lachen. Bei ihnen weiß man nie, ob man gelobt oder verspottet wird.“
„Solange sie uns den Weg zeigen.“
„Sie zeigen nie den ganzen. Aber vielleicht zeigen sie genug.“
Sie folgten einem alten Pfad, der zwischen Heidekraut und dunklen Kiefern aufstieg, und der Tag entfaltete sich wie ein Blatt, das der Tau schwer macht. Aelarion erzählte, während sie gingen, von den Zeilen, die er in der Schriftrolle nicht laut gelesen hatte; von den Warnungen, die zwischen den Lettern lagen, wie Dornen in einem Blütenkranz. Dass das Juwel nicht genommen werden könne, wie man einen Stein nimmt; dass es nicht besessen, nur berührt werden dürfe, und dass jeder, der sein Licht sehe, einen Schatten zurücklasse, der ihm vorausgehe.
Brondar hörte zu, seine Schritte fest, sein Atem ruhig. „Schatten, die vorausgehen“, wiederholte er. „Das ist ein Zwergwort, Elf. In den tiefsten Schächten siehst du manchmal deinen Schatten um die Ecke biegen, bevor die Lampe folgt. Es ist ein Zeichen, dass du an einem Ort bist, der dich prüft.“
„Dann ist es gut, dass ich nicht allein gehe“, sagte Aelarion.
Sie verließen die Pfade und stiegen in ein Tal hinab, das die Alten das Schweigende nannten, weil dort nie Vogelruf zu hören war. Am Ende des Tals, wo ein einzelner, halb gestürzter Menhir stand, bog ein kaum sichtbarer Pfad nach Osten zu einer Kette flacher Hügel. Dahinter, wusste Brondar, erhob sich Orantha—kein Berg im üblichen Sinn, sondern eine Buckelung des Landes, in deren Herz ein Fels lag wie ein Herzmuskel, der das Lied der Welt pumpte.
Gegen Mittag erreichten sie eine Quelle; das Wasser war kalt und schmeckte nach Eisen und Regen. Sie füllten ihre Beutel und ruhten kurz. Aelarion legte die Hand auf das Gras und sprach leise Worte, die es beruhigten; Brondar legte drei Krümel Brot an den Rand der Quelle und murmelte etwas in der Sprache der Steine, die wenig Fremden vertraut war. Als sie sich wieder erhoben, sahen sie in der Ferne die leichte Schattierung eines Hügels, auf dessen Kuppe kein Baum wachsen wollte.
„Orantha“, sagte Brondar, und in seiner Stimme lag Respekt.
„Wir sind früh genug“, meinte Aelarion. „Die richtige Stunde ist beim Eintreten des ersten Dämmerlichts, wenn der Tag stirbt und die Nacht noch nicht geboren ist.“
„Zwischenräume“, nickte Brondar. „Immer die Zwischenräume.“
Sie gingen weiter, und mit jedem Schritt wurde das Licht fester. Die Luft roch nach warmem Stein. Als die Sonne zu kippen begann, standen sie an der Flanke des Hügels. Der Fels von Orantha lag offen—eine Fläche glatter, dunkler Materie, weder Granit noch Basalt, sondern etwas, das die Hand als vertraut und doch als fremd erkannte. Wenn der Wind darüberstrich, hörte man einen Ton, so fein, dass er eher erahnt als gehört wurde, ein Flirren, ein Summen, das dem Blut die Richtung wies.
Brondar stellte den Hammerkopf auf den Boden, legte das Glas daneben und die Spindel, Aelarion legte den Trinkbeutel und die Nägel. Sie standen einander gegenüber, der Fels zwischen ihnen wie ein Atem. Der Himmel darüber färbte sich von Gold zu Grün, von Grün zu Violett. Als der erste Stern aufblinkte, hob Aelarion die Hände und begann, die Worte zu sprechen, die die Alten nur flüsterten, wenn der Wald schlief. Brondar antwortete mit Silben, die klangen, als ob Steine aneinander rieben—kein hässliches Geräusch, sondern eines, das an Regen erinnert, wenn er in ein Becken fällt, Stein auf Wasser, Wasser auf Stein.
Der Fels vibrierte. Es war zuerst ein Zittern, kaum, als würde man auf einen Baumstamm treten und das Leben darin spüren. Dann wurde es stärker; Licht floss aus unsichtbaren Adern, sammelte sich in Linien, die keine Härte kannten, und bildete Muster, die Aelarion in der Schriftrolle gesehen hatte—Kreise in Kreisen, die nicht konzentrisch waren, sondern sich gegenseitig suchten wie Hände in der Dunkelheit. Ein Hauch von kalter Wärme, ein Paradox, strich ihnen über die Wangen.
„Bereit?“, fragte Brondar, und obwohl er grinste, war seine Stimme ernst.
„Mit dir—immer“, antwortete Aelarion.
Sie traten vor, und die Welt wurde dünn wie Glas. Zwischen den Schlägen des eigenen Herzens hörte Aelarion ein anderes Pochen—tiefer, älter, nicht Laut und nicht Stille. Für einen Augenblick schien alles auf eine Nadelspitze gezogen: die Wälder von Eldariona, die Hallen unter dem Drachenfels, die weite, unbetretene Ferne. Dann fiel der Ton, der Fels atmete aus, und die Luft, die ihnen entgegenschlug, roch nach etwas, das weder Wald noch Stein war. Nach Übergang.
„Tuha-na-Braddogh“, flüsterte Brondar, nicht mit Furcht, sondern mit jener Wachsamkeit, die man dem Unbekannten entgegenbringt, wenn man es als Nachbarn begrüßen will.
Und irgendwo, jenseits des Sichtbaren, lachten Stimmen—nicht spöttisch, nicht freundlich, sondern neugierig. Als wollten sie wissen, welche Lieder zwei so verschiedene Schlüssel zu singen vermochten, wenn sie gemeinsam eine Tür drehten.
Der Schritt war klein, doch der Fall war tief. Aelarion spürte, wie ihm der Boden unter den Sohlen entglitt und sich zugleich ein neuer, federnder Halt aus nichts bildete. Das Licht vergaß, wohin es gehörte, und floss in Fäden nach oben, während der Schatten sich legte wie warmer Rauch. Brondars Hand fand seine Schulter, fest wie ein Haken im Fels. Ein Herzschlag lang waren sie zwei Punkte in einem Atemzug, der einer Welt gehörte, die nicht die ihre war.
Dann standen sie.
Über ihnen wölbte sich kein Himmel, sondern ein Netz aus schimmernden Adern, das in langsamen Wellen pulsierte, als würde irgendwo ein riesenhafter Meereskörper schlafen. Unter ihnen lag kein Boden, sondern eine Fläche aus ruhiger Dunkelheit, die sich nur dort verfestigte, wo ihr Wille sie betrat. In der Ferne—die keine Ferne war, eher ein Neben—schwammen Gebilde, die aussahen wie aufgeschlagene Muscheln aus Glas, deren Innenflächen mit Zeichen bestickt waren, die sich unablässig umschrieben.
„Nicht stehen bleiben“, murmelte Brondar, und sein Atem bildete kleine, glänzende Runen, die nach einem Augenblick erloschen. „In den Zwischenräumen sammelt sich mancherlei.“
Aelarion nickte, obwohl sein Nicken in dieser milchigen Nichtluft keine Wirkung zu haben schien. Er breitete die Finger aus, und die unsichtbaren Ströme strichen daran vorbei, wie Wasser an einer Kielflosse. Es roch nach kalter Erde, nach Metallregen, nach dem ersten Ton, den ein Kind trifft, das noch nicht weiß, was ein Lied ist.
Sie gingen. Jeder Schritt war eine Entscheidung, und die Entscheidungen formten Trassen, die hinter ihnen flossen wie stilles Gefieder. Nach einer Weile—die sie nicht messen konnten, weil jeder Schlag ihres Herzens ein anderer war—begannen die Stimmen deutlicher zu werden. Es waren viele, übereinandergelegt, mit kleinen Verschiebungen, wie wenn man zwei Instrumente stimmt und sie noch ein wenig reiben.
Dann traten die Tuha-na-Braddogh aus der Nähe.
Sie waren größer als Menschen, kleiner als Bäume, und ihre Gestalt war weniger Körper als Vorschlag. Drei Gelenke, wo man zwei erwartete, ein Blick, der nicht genau aus einem Paar Augen kam, sondern aus einem Kranz lichtender Punkte, die die Stirn umspielten. Ihre Haut schien zugleich alt und neu, wie eben erst gebrochener Schiefer, über den der Regen zum ersten Mal gestrichen war. Um ihre Gelenke lagen Bänder aus filigranem Metall, das wie geschriebene Luft aussah.
„Zwei Stimmen, ein Tritt“, sagte die vorderste Gestalt, und der Klang legte sich Aelarion in die Handinnenflächen, als hätte er einen Kiesel aufgehoben. „Ein Lied aus Holz und Stein. Gründe nennt ihr euch Aelarion und Brondar. Ihr tretet in unser Nahtgebiet.“
Brondar verneigte sich mit jener knappen, respektvollen Bewegung, die Zwergenälteste für Freund wie Feind gleich hatten. „Wir danken für das Halten des Fadens.“ Er legte den Hammerkopf ohne Stiel vor sich. „Ein Gruß. Unvollständig, damit er zu euch finde.“
Aelarion trat hinzu und legte die Spindel aus Lindenholz daneben, dann den Trinkbeutel. „Wasser vom Morgen einer Wende. Ein Lied, das bereit ist.“
Die Tuha-na-Braddogh hielten inne—nicht, als wären sie überrascht, sondern als schmeckten sie. Ihr Vorderster beugte sich, nicht tief, aber weit genug, dass die lichternen Punkte einmal um ihre Stirn kreisten und ein kurzes, weiches Klingen entstand. „Gaben, die bitten. Das ist gut. Ihr sucht ein Auge, das nicht sieht, und einen Stein, der nicht liegt. Ihr sucht das Juwel, das wir die Fragende Linse nennen.“
„Wir suchen Erkenntnis“, sagte Aelarion ruhig. „Und wir wissen um den Preis von Türen.“
„Wissen?“, fragte eine zweite Stimme, die nicht von einer zweiten Gestalt kam, sondern aus einer Lücke zwischen zwei Bewegungen der ersten. „Wissen ist ein Netz. Man verheddert sich oder man fischt. Ihr wollt fischen.“
Brondar brummte zustimmend. „Wir wollen lernen, ohne zu verlieren, was uns hält.“
Die Tuha-na-Braddogh lachten, und ihr Lachen klang wie aufeinandergelegt fallende Tropfen. „Das sagt man zwischen den Felszungen auch, wenn man über den Riss steigt. Und doch lässt jeder das Messer fallen, das er am wenigsten zu verlieren meint.“ Die vorderste Gestalt streckte eine Hand aus. Ihre Finger waren lang, drei und eine Falte, und zwischen ihnen lag ein Licht, das keine Quelle hatte. „Wer die Fragende Linse berührt, der lässt hier etwas, das ihn trug. Eine Gewissheit. Eine Erinnerung. Ein Vorurteil. Man bekommt es wieder—anders. Wollt ihr das?“
Aelarion spürte, wie sich der Wald in ihm rührte, als habe ein Wind eine alte Tanne berührt. „Ich will, dass das, was ich für wahr halte, die Berührung eines größeren Lichts aushält. Wenn es bricht, war es Schlacke.“
Brondar sah ihn an, und in seinem Blick lag Stolz. „Ich habe Klingen gehärtet, die beim ersten Regen rosteten, weil ich sie liebte und zu schnell kühlte. Ich werde nicht dieselbe Dummheit mit meinen Gedanken tun. Wir nehmen die Prüfung.“
Die Tuha-na-Braddogh nickten—eine Bewegung, die gleichzeitig vorwärts, seitwärts und nach innen ging. Sie wiesen, und ein Weg wurde sichtbar, nicht als Linie, sondern als Reihung von Momenten, die in der Dunkelheit zu glimmen begannen wie aneinandergereihte Glutstücke.
„Geht die Brücke der Unbenannten“, sagte die Stimme. „Sie führt euch an Orte, die ihr nie betreten habt und dennoch kennt. Am Ende liegt der Vorraum der Linse. Dort wartet der Wächter der Fragen—er nimmt nicht, er bittet. Aber wer sein Bitten nicht versteht, verliert mehr, als er gab.“
„Und wenn man versteht?“, fragte Brondar.
„Dann verliert man genau das Richtige.“ Das Lächeln—wenn es eines war—der Tuha-na-Braddogh war sanft. „Und gewinnt etwas, das man nicht wusste, dass man es zu brauchen hatte.“
Aelarion und Brondar nahmen ihre Bündel wieder auf. Aelarion spürte, wie der Trinkbeutel kurz schwerer wurde, als hätte er eine Antwort in sich eingesogen; Brondar merkte, wie der stiellose Hammerkopf leise vibrierte, als sehne er sich nach einer Hand, die ihn ganz mache. Sie gingen auf die glimmenden Momente zu.
Die Brücke der Unbenannten war weniger ein Pfad als eine Entscheidungskette. Jeder Schritt brachte ein Bild, das nicht ganz ein Bild war, sondern ein Hauch davon. Aelarion sah eine Lichtung, auf der er nie gestanden hatte, und wusste doch, dass dort ein Hirsch stirbt, weil er einmal einen Pfeil gespannt hatte. Brondar sah eine Kammer, die er nie geschmiedet hatte, und wusste doch, dass dort eine Axt gesungen hätte, hätte er sie geformt. Sie gingen weiter. Der Schatten, den Aelarion in der Schriftrolle erwähnt gesehen hatte, lief voraus—nicht dunkel, sondern hell, wie die Negativform einer Laterne.
„Siehst du ihn?“, fragte Aelarion leise.
„Ja“, sagte Brondar. „Und er schaut sich nach uns um. Als wollte er wissen, ob wir ihm folgen können.“
Die Brücke veränderte sich: Aus Glut wurde Frost, aus Frost wurde Musik. Sie kamen an eine Stelle, an der der Weg sich spaltete—nicht nach rechts oder links, sondern nach oben und innen. Aelarion schloss die Augen und lauschte. Der Wald in ihm neigte sich nach innen. Er wählte den inneren Pfad. Brondar atmete aus, zählte im Kopf, wie er es tat, wenn er einen Hitzeriss durchsah, und wählte die Richtung, die sich anfühlte, als hätte ein Stein darin vor langer Zeit eine Geschichte hinterlassen.
Sie trafen sich wieder. Vor ihnen breitete sich eine Fläche aus, die wie eine Wasserhaut schimmerte. Dahinter lag ein Raum ohne Wände, in dem sich Dinge ohne Namen mit Dingen ohne Form unterhielten. In der Mitte hing etwas, das aussah wie ein Auge und eine Blüte und ein geschlossener Mund zugleich. Es war nicht das Juwel—das fühlten sie beide—aber es war seine Vorhalle, sein Atem.
Der Wächter der Fragen zeigte sich nicht als Wesen. Er zeigte sich als Kälte unter der Zunge, als Druck auf dem Scharnier des Kiefers, als kleine, beharrliche Geräusche in der Nähe des Herzens. Und dann als Worte, die aus der Erinnerung selbst sprachen.
„Was würdet ihr opfern, um zu wissen?“, fragte es—nicht in der Sprache der Elben, nicht in der der Zwerge, sondern in jener leisen Muttersprache, die jeder trägt und selten hört.
Aelarion spürte, wie in ihm ein Bild aufstieg: die Stimme, die ihn durch sein erstes Jahrhundert getragen hatte, die sanft und fest gewesen war wie eine Rinde, die nicht bricht. Er sah, wie sie sich löste, nicht verschwand, sondern sich entfernte, als wolle sie Platz machen. Er hätte sie halten können. Er ließ sie gehen. „Ich gebe die Gewissheit, dass ich den Wald besser kenne als jeder andere“, sagte er. „Ich will ihn neu kennenlernen, nachdem ich gesehen habe.“
Brondar hörte in sich die Lieder der Schmiede seines Vaters, die ihm in jeder Nacht den Takt gegeben hatten. Er liebte sie, weil sie ihn stark gemacht hatten, und er wusste, dass er manche Schlacht gewann, weil sie in ihm sangen. Er legte sie nicht nieder—man kann eine Axt nicht niederlegen, wenn man sie braucht—aber er gab die Gewissheit auf, dass es keine besseren Lieder geben könne. „Ich gebe die Sicherheit, dass die alten Weisen immer recht haben“, sagte er. „Ich will mich lehren lassen, auch wenn es meine Hand umlernt.“
Die Luft vibrierte. Nicht zustimmend, nicht missbilligend—anerkennend, wie ein Schmied, der sieht, dass der Lehrling den Hammer nicht mehr umklammert, sondern führt. Der Druck ließ nach, die Kälte wurde kühl, nicht frostig. Vor ihnen öffnete sich die Wasserhaut—nein, nicht öffnete, sondern zog sich an der Stelle, wo ihre Blicke waren, zurück.
„Nicht viele kommen, um zu verlieren“, sagte der Wächter, und jetzt war die Stimme ein feines, gläsernes Summen. „Nicht viele kommen zu zweit, um zwei verschiedene Verluste zu wählen. Das Juwel ist nicht fern. Aber es ist nie nah. Geht, und wenn ihr es seht, denkt daran: Es zeigt, was ist. Nicht, was ihr erträumt. Trinken heißt, den Durst benennen.“
Aelarion und Brondar traten durch. Hinter ihnen fiel die Haut zurück, ohne zu schließen; vor ihnen legte die Welt der Tuha-na-Braddogh ihren nächsten Faden. Die Luft schmeckte nach heller Nacht. Die Ferne—diese artige Nähe—flackerte, und dort, wo die Adern des Nicht-Himmels am ruhigsten pulsierten, begann ein neuer Ton zu singen, tief wie ein Berg, klar wie ein Stern.
„Hörst du?“, fragte Aelarion.
„Ich höre“, sagte Brondar. „Und ich glaube, ich weiß, wie man dazu den Takt schlägt.“
Sie lächelten, zwei sehr verschiedene Schlüssel, die eben erst begriffen, wie viele Türen eine Freundschaft drehen konnte. Und sie gingen weiter, dem Lied entgegen, das eine Linse war, und einem Licht, das der Schatten freundlich schaute, weil er merkte, dass er nicht allein vorausgehen musste.
Der Ton führte sie in eine Weite, die sich unter den Füßen wie gespannter Bogen anfühlte. Nicht der Raum weitete sich, sondern ihre Möglichkeit, in ihm zu sein. Zwischen den pulsierenden Adern des Nicht-Himmels hingen Formen wie Glocken ohne Körbe, deren Ränder hauchfeine Runen schwitzten. Wenn Aelarion daran vorbeiging, las er keine Wörter, sondern Möglichkeiten, wie ein Wind die Richtung wechselnd.
„Das ist eine Halle“, sagte Brondar leise. „Eine Halle ohne Wände, und doch hat sie einen Hall.“
Der Boden begann, auf ihren Tritt zu antworten—erst mit kaum hörbaren Klicks, dann mit Tönen, die sich ineinander legten wie Holzmaser und Steinader. Der tiefe Gesang, der sie gelockt hatte, teilte sich, und aus einem einzigen Kern wurden zwei Strecken: eine aus gleichmäßigen Pulsen, die zählten, und eine aus schwebenden Intervallen, die lauschten.
„Zwei Wege“, murmelte Aelarion. „Einer, den man mit Hammern misst. Einer, den man mit Atem findet.“
„Wir trennen uns nicht“, sagte Brondar, schon bevor der Gedanke ganz aufkam. „Nicht hier.“
Aelarion nickte. „Dann verbinden wir die Wege.“
Sie hielten an. Aus dem Bündel nahm Brondar die drei Nägel aus kaltem Eisen, legte sie in Dreiecksform. Aelarion setzte die Spindel in die Mitte, eine dünne, aufwärts sehnende Linie. Der Glasbruch vom Ofen trat an die Spitze, der Trinkbeutel an die Basis. Brondar hob den stiellosen Hammerkopf und schob ihn so unter das Glas, dass es gerade nicht berührte.
„Was tust du?“, fragte Aelarion.
„Ich baue uns einen Ton“, antwortete Brondar. „Einen, der zählen kann und hören muss.“
Aelarion löste einen Haarfaden von seinem Zopf, band ihn an die Spindel und befestigte ihn am Glas, sodass es im Nichtwind ganz leicht schwingen konnte. Er legte die Fingerspitzen an den Trinkbeutel und ließ einen einzigen Tropfen auf das Glas fallen.
Das leise, helle Klingen, das entstand, war kein Ton, den man nur hörte. Es war ein Faden, der beide Wege berührte: Er sprang in die Pulsschritte und legte zugleich eine feine Schwingung in den Atem. Vor ihnen, wo die Adern am ruhigsten liefen, verschob sich der Raum. Wie wenn man die Oberfläche eines Sees für einen Moment durchsichtiger werden sieht, ohne dass sie aufreißt.
„Zusammen“, sagte Aelarion.
„Zusammen“, bestätigte Brondar, und sie traten vor.
Die Veränderung war sanft. Nicht Zug, nicht Stoß. Eher das Gefühl, wenn eine Tür offenstehen und einen längst erwarteten Gast hereinlassen will. Die Halle der Fragen lag hinter ihnen, und vor ihnen wurde die Welt still. Nicht leer—die Stille hatte Gewicht. Sie spürten sie auf der Zunge, unter den Lidern, im Knöchel. Und in dieser Stille lag es.
Das Juwel der Erleuchtung war keine Kugel, kein Stein, kein Prisma. Es war eine Linse in dem Sinn, dass es alles durch sich hindurch bat, es aber nicht vergrößerte, sondern klärte. Wie eine Pfütze, in die man schaut, und plötzlich ist das Wasser keine Grenze mehr, sondern eine Einladung, das darunter zu sehen. Seine Ränder waren nicht sichtbar; sein Zentrum war nicht dort, wo man hinsah, sondern dort, wo der Blick zu fragen begann.
Aelarion atmete aus. Ein Name für eine alte Eiche stand ihm auf der Zunge—die, deren Zweig er als Kind unter die Zunge gelegt hatte, um das Sprechen mit Vögeln zu lernen. Der Name entglitt ihm, nicht wie etwas, das man verliert, sondern wie etwas, das freiwillig Platz macht. Er erschrak nicht, aber er merkte es.
Brondar lauschte. Die Schmiedelieder seines Vaters, die immer auf den zweiten Schlag die Spannung nahmen, gerieten einen Hauch aus dem Takt. Nicht falsch. Offen. Als hätte einer ein Fenster geöffnet und die Luft geänderten Druck bekommen.
„Es beginnt“, sagte er tonlos.
Vor ihnen erschien kein Wächter, keine Gestalt. Es erschien die Frage. Nicht als Satz, sondern als Geometrie in der Luft, als zartes Knacken in den Gelenken des Raums: Welche Frage tragt ihr?
Aelarion spürte tausend, und alle wollten zuerst. Wie heilt man, ohne zu reißen? Wie schützt man, ohne zu binden? Wie liebt man, ohne zu sammeln? Er sah sie kommen, und er legte eine nach der anderen neben sich ab, wie man Pfeile prüft, die noch nicht an der Sehne liegen.
Brondar dachte an Wissen wie an Feuer. Zu klein, es wärmt nicht. Zu groß, es frisst. Er dachte an Geheimnisse der Zwerge, die behütet werden mussten, damit sie nicht zu Waffen für Torheit werden. Er dachte an die Tuha-na-Braddogh, die lachten, wenn man glaubte, man hätte genug Hände.
„Wir fragen falsch, wenn wir nach allem fragen“, sagte er leise. „Ein ganzes Erz auf einmal bricht dir den Stollen.“
Aelarion nickte. „Dann fragen wir nach dem Werkzeug.“
Sein Blick fand Brondars, und da lag die Freundschaft, die so viel leichter war als die Welt. „Wie fragt man richtig?“, sagte Aelarion halblaut, und schon beim Sprechen merkte er, dass es zu weit gefasst war.
Brondar hob den Hammerkopf, ließ ihn nicht fallen, sondern hielt ihn an die richtige Stelle, sodass das Glas ganz leicht erneut anschlug. „Nicht ‚richtig‘“, murmelte er. „‚Heilsam‘. Oder … ‚wahr ohne zu zerbrechen‘.“
Aelarion schloss kurz die Augen. Als er sie öffnete, war sein Blick klar. „Frag mit mir.“
Sie sprachen nicht in Worten, die man aufschreiben konnte. Sie fanden einen Satz, der sich aus ihnen beiden ergab, wie Wasser, das durch zwei Hände gegossen wird und eine Form annimmt, die keine von beiden Hände allein schaffen. Und die Frage, die die Luft trug, war diese:
Wie erkennen wir das Maß des Wissens, das wir jetzt halten sollen, damit es heilt und nicht verletzt—uns und die, für die wir Verantwortung tragen?
Die Linse antwortete nicht mit Geräusch. Sie antwortete, indem sie ihre Stille veränderte. Eine neue Tiefe öffnete sich, und darin lag—kein Text, kein Befehl—ein Weg. Ein Weg, wie man die nächste Frage fände. Ein Muster, wie man Irrtum von Unsicherheit unterscheidet. Ein Wissen darum, wie man in Eldariona—und darüber hinaus—mit dem, was man weiß, nicht mehr Schaden anrichtet als nötig, und wie man erkennt, wann man Halt macht.
Aelarion sah, wie in seinem Wald Wege aufleuchteten, die nie getreten worden waren, nicht als Einladung, sie zu nehmen, sondern als Marker: Hier nicht. Hier später. Hier nur mit zweiter Hand. Er merkte, wie der Name der Eiche nicht zurückkam, aber an seine Stelle trat etwas anderes: ein feiner, neuer Sinn für ihr Schweigen.
Brondar spürte, wie in seinen Händen ein kleines, nicht lautes Zittern entstand—nicht Schwäche, sondern Feinheit. Er würde eine Klinge das nächste Mal zwei Atemzüge später aus der Glut nehmen. Er würde fragen, bevor er hämmerte, und das Hämmern würde antworten, nicht nur der Stahl. Er hörte, wie ein weiteres Lied neben das seines Vaters trat, nicht um es zu ersetzen, sondern um ihm einen dritten Schlag zu geben, der nie da gewesen war.
Dann wurde das Licht—wenn man es so nennen wollte—ein wenig heller. Nicht blendend. Wach. Und mit der Helligkeit kam etwas, das wie eine Warnung schmeckte, ohne Drohung zu sein. Eine fremde Schwingung, aus der Halle zurück, wo die Glocken ohne Körbe hingen. Die Tuha-na-Braddogh die kein Geräusch machten, wenn sie nicht wollten, machten jetzt eines. Kurz. Dringlich.
„Etwas bewegt sich“, sagte Aelarion, und die Linse war nicht beleidigt, dass sein Blick von ihr wich. Sie war eine Lehrerin, die weiß, wann ein Schüler zur Tür schauen muss.
Brondar hob den Kopf. Der tiefe Pulspfad, den sie nicht gegangen waren, hatte eine Unruhe, die nicht von ihnen stammte. Ein anderes Trittmaß, schwer und ungeübt. Und etwas in der Schwingung trug den Geruch von Gier—nicht die einer Ratte, die Brot sucht, sondern die eines Mannes, der meint, dass Brot ihm die Krone schulde.
„Wir sind nicht die ersten, die die Schrift gelesen haben“, sagte Brondar hart.
„Und nicht die letzten“, antwortete Aelarion. „Aber vielleicht die einzigen, die zu zweit fragen wollten.“
Die Linse senkte ihre Stille wieder, als wolle sie sagen: Ich bin hier. Ich renne nicht. Doch die Welt der Tuha-na-Braddogh begann, am Rand ihrer Aufmerksamkeit zu zittern, wie eine Haut, die eine Mücke spürt.
„Was immer da kommt“, sagte Brondar, und sein Grinsen war diesmal nicht für den Spaß, sondern für den Mut, „es wird uns finden. Aber nicht unvorbereitet.“
Aelarion nickte. Er legte die Hand an den Trinkbeutel. Das Wasser darin hatte einen neuen Geschmack: es erinnerte an die richtige Frage. Er sah Brondar an, und zwischen ihnen lief der unsichtbare Faden, den sie am Felsen von Orantha geknüpft hatten.
„Noch eine Frage“, flüsterte Aelarion.
„Die richtige, zur richtigen Zeit“, antwortete Brondar.
Und als die fremden Schritte den Rand erreichten und die Glocken ohne Körbe in einen Ton fielen, der Warnung war und Willkommen, standen der Elf und der Zwerg nebeneinander—mit einer Linse, die nicht ihnen gehörte, aber ihnen eine Aufgabe gegeben hatte. Die Welt hielt den Atem an, gerade so lange, dass ein Kapitel enden konnte. Und irgendwo, hinter der Stille, lächelte Eldariona, weil seine Kinder nicht nur suchten, sondern lernten, zu fragen.
Die fremden Schritte kamen nicht wie Marsch, sondern wie das unbeholfene Tasten eines Kindes nach einer Saite, die es außer Kraft setzen will, indem es sie zu fest drückt. Die Halle mit den Glocken ohne Körbe krümmte sich leicht, als wollte sie dem Fehlton ausweichen, und die Adern im Nicht-Himmel verloren einen Wimpernschlag lang den Takt.
Sie traten aus der Stille der Linse zurück, nicht in Abkehr, sondern in Schutz. Der Weg, der als Pulskette geflossen war, flackerte auf, als eine Kantigkeit über ihn ging. Drei Gestalten lösten sich aus der Nähe—Menschen, sah Aelarion im ersten Blick, obwohl das Wort hier kaum Bedeutung trug. Ihre Umrisse waren schwerer, als wollte jedes Gelenk mehr Gewicht tragen, als gut für es wäre. Voran ein Mann in dunklem, fließendem Stoff, die Hände von Ringen besetzt, deren Steine kein Licht annahmen. Seine Augen waren wach und klug und zu überzeugt. Hinter ihm zwei Begleiter, schmächtiger, doch mit dem ruhigen Selbstvertrauen von jenen, die die Klingen halten, wenn andere die Worte führen.
„Die Brücke war leichter, als man sagt“, bemerkte der Anführer, nicht zu Aelarion und Brondar, sondern zur Halle selbst, als müsste die Welt ihm Auskunft geben. „Soran Vel, Archont der Collegia von Car Theral. Im Namen der Fürsten von Eldariona—“
Er hielt inne. Das Wort hing zwischen ihnen wie ein Vogel, der merkt, dass der Ast, auf dem er landen will, nicht dort ist. „—beanspruche ich… den Zugang zu der Linse der Tuha-na-Braddogh.“
Ein Knistern, kaum hörbar, lief durch die Glockenränder. Die Tuha-na-Braddogh zeigten sich nicht, doch die Luft hatte den Geschmack von Ironie. Brondar hob eine Braue.
„Archont“, sagte Aelarion ruhig. „Das Netz, das man hier wirft, fängt nur den, der wirft.“
Sorans Blick glitt zu ihnen. Er registrierte die schlichte Ausrüstung, die Ruhe, das Fehlen sichtbarer Waffen, und sein Mund zog sich zu einem Lächeln, das freundlich sein sollte und nicht war. „Ein Elf und ein Zwerg. Das ist neu. Man sagt, Freundschaft zwischen Stein und Blatt ist selten wie Regen in den Tiefenschächten.“
„Manchmal fällt er“, antwortete Brondar, und seine Stimme war freundlich und nicht. „Und dann wächst darunter etwas, das lange hält.“
Soran schob die Hände zusammen, und die Ringe summten, als spräche ein Chor von Metall in ihnen. Die beiden Begleiter stellten kleine bronzene Stative auf, deren Füße in die Dunkelheit einsanken, als sei sie weicher Boden. Drähte spannten sich dazwischen, und die Luft roch plötzlich nach heißem Staub und Geheimnissen, die zu früh gelüftet wurden.
„Wir sind hier, um das Wohl des Landes zu sichern“, sagte Soran leichthin. „Das Juwel gehört nicht euch. Es gehört niemandem. Und gerade darum gehört es denen, die am besten damit umzugehen wissen.“
Aelarion nickte langsam, als hätte er einen Vogelruf gehört. „Ein Satz, den ich in vielen Zungen kenne.“
Brondar trat einen halben Schritt vor und setzte den Hammerkopf neben die Nägel und die Spindel—ein kleines, fertiges Dreieck inmitten der Apparaturen aus Bronze und Draht. „Die Linse lässt sich nicht nehmen“, sagte er. „Man muss sie fragen. Und sie fragt zurück.“
„Dann sind wir alle gekommen, um zu fragen“, sagte Soran und hob eine Hand. Die Drähte begannen, eine feine, peitschende Spannung zu singen. Er richtete die Geste nicht gegen sie, sondern gegen den Raum, in dem die Linse geschlafen hatte. „Wir sind nicht blind. Und wir sind nicht dumm.“
Der erste Ton seiner Maschine war wie ein falsch gestimmter Finger auf einer Harfe, der die Saite zur Reue zwingt, indem er sie festhält. Die Halle zuckte. Die Glocken ohne Körbe antworteten mit einer disharmonischen Welle, die an den Rändern ihrer Wahrnehmung kratzte. Aelarion fühlte, wie der Wald in ihm sich zusammenzog, wie wenn Blitz in der Nähe schlägt. Brondar sah, wie die Bronze einen Moment lang die Farbe von kaltem Blut annahm.
„Nicht hier“, sagte Aelarion leise, mehr zu Brondar als zu Soran. „Dies ist kein Ort für Zwang.“
„Es ist jeder Ort für Zwang, wenn Zwang funktioniert“, entgegnete Soran, und in seinen Augen lag etwas, das sich für Notwendigkeit hielt.
Die Tuha-na-Braddogh entschieden, sichtbar zu werden. Nicht als Körper—das mochte ihnen zu plump sein—, sondern als Interferenzen in den Rändern der Glocken. Die Ränder dickten sich, und in dem Moment, in dem Sorans Geräte den zweiten Ton ansetzten, rutschte der Klang ihnen weg, wie Wasser zwischen gespreizten Fingern. Ein Lachen wie mehrschichtiger Regen.
„Ihr könnt Zungen binden“, sagte eine Stimme, die nicht aus einem Mund kam. „Aber nicht den Atem. Ihr könnt Hände fesseln. Aber nicht, was sie hatten, bevor sie Hände wurden.“
Soran zuckte nicht zurück; sein Mund verzog sich, als hätte er mit einer solchen Antwort gerechnet. „Jede Tür hat ein Scharnier. Man findet es. Und wenn nicht, macht man eines.“
Brondar seufzte. „Ich mag ihn nicht“, sagte er sachlich.
„Ich auch nicht“, murmelte Aelarion. „Aber ich mag, was er uns lehrt: dass wir schnell fragen müssen.“
Sie wussten, dass sie die Linse nicht „mitnehmen“ konnten. Aber die Linse hatte ihnen einen Weg gezeigt, wie man Frage in Werkzeug übersetzt. Aelarion kniete, legte die Fingerspitzen auf die Spindel, die noch die feine Schwingung trug, und ließ einen weiteren Tropfen aus dem Trinkbeutel fallen. Brondar drehte den Hammerkopf einen Hauch, dass seine innere Spannung den Glasbruch anhob, ohne ihn zu berühren. In die Luft, wie man auf die Haut einer Trommel tippt, legten sie die Frage, die die Linse ihnen als Nächste geschenkt hatte—nicht groß, nicht endgültig, sondern anwendbar:
Wie versetzt man Wissen ins Schweigen, ohne es zu verraten?
Die Antwort kam als Muster. Nicht sie selbst hörten es zuerst, sondern Sorans Drähte: Ihre Spannung verlor den Biss, wurde weich, als hätte man ihnen den Grund entzogen, sich zu straffen. Die Bronzeklauen an den Füßen fanden keine Haftung mehr. Der Ton, der die Halle fixieren wollte, bekam eine sanfte Unentschlossenheit, wie ein Mann, der plötzlich die Höflichkeit entdeckt.
Soran zuckte; zum ersten Mal erschien ein Schatten von Ärger in seinem Gesicht. „Wer stört—?“
„Fragen stören nicht“, sagte Aelarion. „Sie verschieben nur.“
Die Tuha-na-Braddogh lachten wieder—diesmal nicht nur über Soran, sondern auch über die beiden, die gelernt hatten, zu fragen und zu handeln in einem Zug. „Ihr tragt bereits“, sagten sie. „Ihr tragt das Muster, das eine Stille macht, wenn Lärm anklopft.“
Die Linse antwortete ihnen noch einmal, still. In Brondars Hand vibrierte der Hammerkopf, als atme er. Ein feines, helles Kränzchen bildete sich am Rand des Glasbruchs, dort, wo er an die unsichtbare Antwort gehalten worden war. Es war keine Splitterung. Es war eine Spur—ein Nachhall, der blieb. Aelarion sah es und wusste: Sie würden die Linse nicht stehlen, aber ein Stück von ihrem Weg würde mitgehen, verankert in einem schlichten, unvollständigen Ding, das zu Händen rief. Eine Fragewaage.
„Genug“, sagte Soran hart, und seine Stimme hatte den Klang eines Mannes, der spürt, dass ihm ein Werkzeug entgleitet. Er hob beide Arme, und die Ringe begannen, nicht mehr zu summen, sondern zu beißen. Er richtete den Biss auf Aelarion und Brondar.
Brondar trat vor. Nicht schnell. Fest. Er hob die offene Hand, als wollte er einen Freund begrüßen, und sprach in der Sprache der Steine, nicht lang, nur einen Satz, der die Jahre von Erde und Druck anrief. Aelarion legte die flache Hand auf den Glasbruch und gab ihm den Atem eines Blattes, das im Wind nur so viel nachgibt, wie es nicht bricht.
Der Biss verpuffte. Nicht stumpf—respektvoll. Wie eine Klinge, die in einem Moment erinnert wird, dass sie ein Spiegel sein könnte.
Sorans Begleiter zögerten. Man sah in ihren Gesichtern, dass sie Menschen waren, die mehr gesehen hatten, als gut tat, und dass ihre Überzeugungen nicht so sicher saßen wie die ihres Herrn. Einer senkte den Blick. Der andere hob ihn und hielt ihn in Aelarions. Sie standen so, einen Atemzug zu lang für Gehorsam.
„Dies ist nicht der Ort“, sagte Aelarion zu Soran, und seine Stimme war noch immer ruhig, aber jetzt lag darin etwas, das man nicht leicht beiseiteschob—keine Drohung, eine Grenze. „Geh. Frage dort, wo du Antworten ertragen kannst.“
„Ich ertrage sie überall“, fauchte Soran. „Und ich hole, was Eldariona gehört.“
„Eldariona gehört niemandem“, brummte Brondar. „Und wenn, dann gehört es denen, die es lieben, ohne zu besitzen.“
Die Tuha-na-Braddogh setzten dem Streit ein Ende, wie man eine Sanduhr dreht. Der Raum kippte. Nicht viel, gerade so, dass die Drähte Sorans plötzlich ihre eigenen Schatten banden und die Stative, elegant und nutzlos, seitlich durch die Dunkelheit glitten wie Fische, die begriffen, dass sie Luft geworden waren. Soran trat zurück; sein Fuß fand für einen Augenblick keinen Widerstand, und er musste, zum ersten Mal seit er diesen Ort betreten hatte, seine Arme ausbreiten, um nicht zu fallen. Sein Blick wurde kalt.
„Ihr habt Verbündete“, sagte er, und er meinte nicht die Tuha-na-Braddogh. „Freundschaften, die zu Toren werden. Wir sprechen uns wieder.“
„Vielleicht“, sagte Aelarion. „Dann bring eine Frage mit. Keine Zunge.“
Soran sah zu den Glocken ohne Körbe, als wolle er sich das Muster des Raumes einprägen. Dann nickte er knapp, ein militärischer Reflex, und wandte sich ab. Die beiden Begleiter folgten—der eine mit leichtem Zögern, der andere mit einem kurzen, stummen Gruß, der so klein war, dass er nur auffiel, weil alles hier groß war.
Sie verschwanden, nicht als hätten sie einen Weg gefunden, sondern als hätte der Weg entschieden, sie zu lassen.
Die Stille fiel zurück an ihren Platz. Die Linse schimmerte nicht; sie blieb, was sie war: eine Einladung, die nie bittet, nie nötigt. Aelarion und Brondar standen eine Weile, bis der Atem wieder der ihre war.
„Wir können nicht bleiben“, sagte Brondar schließlich. „Nicht, wenn die Welt da draußen sich schon nach uns umdreht.“
„Und nicht mit leeren Händen“, ergänzte Aelarion. Er betrachtete den Glasbruch. Das feine Kränzchen am Rand hatte die Farbe von Morgendunst über Flusswasser. „Was immer dies ist—es ist nicht Diebstahl. Es ist … Einverständnis.“
„Eine Lehre, die getragen werden will“, sagte eine Tuha-na-Braddogh-Stimme, die diesmal näher klang, als stünde sie hinter ihrer Schulter. „Ihr habt nicht genommen. Ihr habt behalten, was wir euch gegeben haben, indem ihr es werden ließet. Das ist die Art, wie man Dinge mit hinausnimmt, ohne sie zu reißen.“
„Und der Preis?“, fragte Brondar. „Was haben wir gelassen?“
„Gewissheiten“, antwortete die Stimme freundlich. „Ihr habt gute gewählt. Wir sehen euch anders kommen, wenn ihr wiederkommt.“
„Wenn“, korrigierte Aelarion sanft.
„Wenn“, stimmte die Stimme zu. „Geht jetzt. Die Naht am Orantha-Felsen pulst. Etwas wartet dort, das euren Schatten kennt.“
Sie packten. Es war nicht viel loszulösen: ein Faden aus Haar, eine Spindel, drei Nägel, ein Hammerkopf, ein Trinkbeutel—und der Glasbruch, der jetzt mit etwas geschmückt war, das kein Schmuck sein wollte. Aelarion verbeugte sich in die Stille der Linse. Brondar legte die Hand auf den Boden, der keiner war, und murmelte einen Dank an die unbenannten Zwischenräume.
Der Rückweg war kürzer. Wege aus Fragen sind es oft. Sie erreichten den Saum, an dem der Nicht-Himmel auf das Erinnern von Himmel traf, und die Adern über ihnen sammelten sich, als schlügen sie einen letzten Takt für den Abschied. Der Faden, den sie am Felsen von Orantha begonnen hatten, spannte sich, ein vertrauter Zug, der sie nach Hause rief.
„Bereit?“, fragte Brondar.
„Nicht mehr“, sagte Aelarion. „Anders.“
Sie traten, und die Welt machte jenen dünnen, glasigen Klang, der entsteht, wenn man zwischen Drinnen und Draußen durchgeht und beide höflich genug sind, sich nicht festzuhalten. Der Wind roch wieder nach Wacholder und Eisen. Der Fels von Orantha lag unter ihren Händen, warm vom Tag. Der Himmel darüber hatte die Farbe des späten Abends.
Und dort, am Rand des Felsens, wo ein Schatten sein dürfte, wenn die Sonne so gestanden hätte, wie sie nicht stand, wartete eine Gestalt.
Sie war nicht groß. Sie war nicht klein. In ihrem Umriss lag etwas von Berg und etwas von Baum. Ein Mantel, der nicht sagte, zu welchem Volk sie gehörte. Eine Kapuze, die das Gesicht halb nahm und halb gab. Ein Stock in der Hand, an dessen Spitze etwas hing, das nicht ganz ein Stein war und nicht ganz ein Samenkorn.
„Ihr seid lange fort gewesen“, sagte die Gestalt, und ihre Stimme war die eines, der den Ort kennt, bevor er kam. „Und ihr seid nicht leer.“
Brondar legte den Hammerkopf in die Handfläche, schwer wie ein Versprechen. Aelarion hob den Glasbruch, zart wie ein Zweifel.
„Wer bist du?“, fragte er.
Die Gestalt hob den Kopf ein wenig. Ein Lächeln, das nicht unfreundlich war, blitzte kurz. „Jemand, den euer Schatten vorausgeschickt hat“, sagte sie. „Und jemand, der weiß, dass Sorans Schritt nicht der einzige ist, der euch folgt.“
Der Abend hielt den Atem an, riss ihn nicht, aber hob ihn ein. Hinter ihnen, tief im Felsen, summte Orantha—zufrieden über eine Naht, die hielt. Vor ihnen wartete eine Frage, die die Linse nicht stellen konnte, weil sie zu sehr nach Welt schmeckte. Und Eldariona lauschte. Denn die Art, wie Geschichten sich aneinanderhängen, entscheidet, ob Länder lange Namen behalten.
Die Gestalt trat aus dem Halbschatten, und das Licht des späten Abends glitt an ihrem Mantel ab, als sei er aus etwas gewebt, das Licht lieber trug als spiegelte. Unter der Kapuze blitzten Augen auf, grau wie nasser Schiefer, aufmerksam ohne Hast.
„Man nennt mich Ysil“, sagte sie. „In manchen Liedern bin ich Strangläuferin, in anderen nur eine, die zur rechten Zeit am falschen Ort war. Ich komme nicht, um euch den Weg zu nehmen. Ich komme, weil Wege sich kreuzen, wenn die Naht pulst.“
Brondar musterte den Stock mit dem Samenkorn-und-Stein an der Spitze, das in einem Takt vibrierte, der dem Orantha-Felsen verwandt war. „Du kennst die Tuha-na-Braddogh?“
Ysil neigte den Kopf. „Ich kenne ihre Ränder. Mehr kann man selten behaupten. Wichtiger ist: Ich kenne Soran Vel. Und die Wege, die er schon gegangen ist, wenn andere noch überlegen, ob sie Schuhe schnüren sollen.“
Aelarion spürte, wie sein Körper die Müdigkeit bemerkte, die die Linse hinterließ, eine Klarheit, die Kraft forderte. Er hielt den Glasbruch so, dass Ysils Blick daran entlangrutschen konnte, ohne ihn zu fangen. „Er war dort, ja. Er ging nicht mit leeren Händen, auch wenn seine Hände leer aussahen.“
„Er ging mit Zorn“, erwiderte Ysil. „Und Zorn ist eine Hand, die man nicht sieht, bis sie greift.“ Sie hob den Stock. Das Ding an seiner Spitze gab einen Ton von sich, kaum hörbar, eher ein Kitzeln im Ohr. „Euer Schatten ist eurer vorausgegangen. Er hat mir gesagt, dass ich warten soll. Also wartete ich.“
Brondar grinste kurz. „Unser Schatten ist gesprächiger geworden.“
„Er ist neugieriger geworden“, korrigierte Aelarion, und in seiner Stimme lag weder Sorge noch Stolz. „Was willst du von uns, Ysil?“
„Wollen?“, sie lächelte flüchtig. „Ich will, dass Eldariona atmet. Soran will, dass es gehorcht. Er wird nicht mit einer Maschine wiederkommen. Er wird mit Menschen kommen, die glauben, sie retteten etwas, indem sie es fesseln. Und nicht nur Menschen.“ Ein Blick zu Brondar. „Die Ältesten eures Clans sind unruhig. Der Rat hat Witterung aufgenommen. Sie werden fragen, ob du ein Geheimnis aus der Schmiede getragen hast, das nicht dir gehört.“
Brondar seufzte, und das Seufzen war schwerer als sein Hammer. „Sie werden fragen, ob ich mehr liebe als den Stein.“
Aelarion legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Und was antwortest du?“
„Dass ich den Stein besser liebe, seit ich den Wald rieche“, sagte Brondar, rau und ehrlich. „Aber sie hören solche Sätze nicht gern, wenn eine Bedrohung von außen geht.“
Ysil trat näher, bis der Orantha-Felsen ihr die Knöchel golden färbte. „Auch der Konvent der Elben bewegt sich, Aelarion. Deine Schriftrolle hat Spuren hinterlassen. Manche werden dich drängen, die Linse zu entreißen, ehe ‚die Kurzlebigen‘ es tun. Andere werden dich verbieten wollen, je wieder dorthin zu gehen. Beides sind Fesseln, nur mit unterschiedlichen Siegeln.“
„Dann brauchen wir eine Antwort, die nicht aus Trotz kommt“, murmelte Aelarion. Er hob den Glasbruch an die Stirn, schloss kurz die Augen. In dem feinen Kranz am Rand lief eine Schwingung, die den Atem zentrierte. „Ysil, du sagst nicht, was du bist. Bist du Bote? Späherin?“
„Ich bin der Knoten, der in einer Schnur sitzt, damit man weiß, wo man war“, erwiderte sie. „Und ich habe ein Angebot. Nicht aus Macht, aus Notwendigkeit: Kommt zur Schwelle von Aveshar. Dort, wo der Fluss die Klippe küsst und das Wasser die Theorien der Gelehrten auslacht. Es ist neutraler Boden. Älteste der Zwerge schicken dorthin Ohren, wenn sie einander nicht trauen. Elben schicken dorthin Augen, wenn sie sich selbst prüfen wollen. Ich kann euch dorthin führen, ohne dass Sorans Späher euch zählen.“
Brondar blinzelte. „Aveshar. Ich habe davon gehört. Ein Ort, wo Verträge nicht mit Tinte, sondern mit Atem gezeichnet werden.“
„Und wo sie halten, solange er warm ist“, nickte Ysil. „Nicht länger. Aber lange genug, um Worte zu wählen, die nicht zu Klingen werden.“
Aelarion sah zur Linie des Waldes hinab, deren dunkle Schulter im Abend sich senkte. „Wir haben wenig Zeit. Soran wird nicht schlafen, nur weil die Nacht kommt.“
„Er schläft selten“, sagte Ysil trocken. „Und wenn, dann mit einem Auge im Traum.“
Brondar hob den Hammerkopf, und die Spur vom Jenseits schimmerte kalt. „Bevor wir gehen, will ich etwas wissen.“ Er blickte zu Aelarion. „Die Waage.“ Er meinte den Glasbruch, den feinen Kranz, das Muster der Linse, das sich wie Tau gehalten hatte. „Können wir sie führen? Oder führt sie uns?“
Aelarion hielt das Stück zwischen beide Hände, als hielte er einen Vogel, den man nicht zähmen sollte. „Sie ist kein Orakel. Sie ist ein Takt. Wenn wir fragen, kann sie den Lärm leiser machen, der falsche Antworten nach sich zieht. Mehr nicht. Und genug.“
„Genug“, wiederholte Brondar zufrieden. „Dann prüfen wir. Eine kleine Frage. Hier, am Orantha, in der Welt, die nach Staub riecht.“
Ysil trat einen Schritt zurück, respektvoll. Aelarion atmete, legte den Tropfen Wasser aus dem Beutel auf den Glasrand, so wie er es in der Halle getan hatte, und stellte leise, ohne viele Worte, die Frage, die in ihrer Einfachheit gefährlich war:
Welcher Weg schützt am meisten, ohne die Falschen zu binden?
Der Kranz leuchtete nicht. Er vibrierte. Und in dieser Vibration lag kein Pfeil, sondern ein Ausschluss: nicht zurück in den Wald, nicht hinunter in den Drachenfels, nicht in die Turmzimmer der Collegia. Eine feine Strömung zeigte schräg über die Hügel, dorthin, wo der westliche Himmel heller blieb, obwohl die Sonne schon fiel.
Ysil atmete leise auf. „Aveshar.“
„Aveshar“, wiederholte Aelarion. „Dann gehen wir, ehe der Schatten, der uns vorauslief, müde wird.“
Sie brachen auf. Der Orantha-Felsen sah ihnen nach, und der Wind fuhr durch das Heidekraut, als flüstere er ein altes Einverständnis. Ysil ging leicht, als sei die Erde eine Bekannte, der man nicht auf die Füße tritt. Brondars Schritte waren kurz und sicher, die eines Mannes, der den Boden kennt, selbst wenn er ihn zum ersten Mal betritt. Aelarion bewegte sich, als lausche er und antworte im selben Zug.
Der Pfad führte zunächst über flache Rücken, wo Wacholderbusch und Stein sich abwechselten, dann hinab in eine Senke, in der Nebel stand, obwohl die Luft trocken war. Ysil hob die Hand. „Hier sind Worte träge“, warnte sie. „Man spart sie besser. Dieser Nebel liebt es, sie festzuhalten, und gibt sie nachts wieder, wenn niemand zuhört.“
Sie schwiegen und hörten stattdessen zu: den Tieren, die im Gras schliefen, den Steinen, die sich durch Temperatur veränderten, dem eigenen Herz. Einmal blieb Aelarion stehen und deutete auf einen Abdruck im leichten Staub—kein Tier, kein Mensch. Etwas, das mehr Gelenke trug als nötig und weniger Laut machte, als angenehm war.
„Nicht Soran“, sagte Ysil. „Jemand, der Soran beobachtet. Oder euch. Oder beides. Ihr seid die neue Kreuzung im Land.“
Brondar brummte. „Dann gehen wir, als wären wir schon dreimal da gewesen.“
Als die Sterne kamen, erreichten sie die erste Kante der Schlucht von Aveshar. Das Wasser war fern noch ein Gemunkel, doch die Luft schmeckte feucht. Auf der Klippe standen drei Steinpfosten, alt und ohne Inschrift. Ysil berührte keinen. „Nur die Mitte zwischen ihnen ist Weg“, sagte sie. „Links ist Erinnerung, rechts ist Drohung.“
„Und die Mitte?“, fragte Brondar.
„Gegenwart“, antwortete Ysil. „Ein seltener Boden.“
Sie traten zwischen die Pfosten. Der Klang des Wassers wurde klarer, und mit ihm der Geruch von Moos und alten Versprechen. Ein Licht flackerte unterhalb der Kante—kein Feuer, sondern das Nachleuchten eines Ortes, der es gewohnt war, dass Menschen Dinge versprachen, die ihnen wehtaten.
„Wir werden nicht allein sein“, sagte Ysil. „Ich habe Fäden gezogen. Nicht genug, um ein Netz zu sein. Genug, um nicht zu fallen.“
„Wer kommt?“, fragte Aelarion.
„Eine Stimme für die Zwerge, aber nicht die lauteste. Ein Ohr für die Elben, aber nicht das stolzeste. Und vielleicht—“ Ein Schatten lief über ihr Gesicht. „—ein Mund für die Collegia, der weniger Ringe trägt.“
Brondar lachte leise. „Und wir haben eine Waage, die keine Waage ist, und eine Freundschaft, die keine Klinge braucht, um scharf zu sein.“
