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Ein Buch für Bürger und Behörden Sie wollen als Bürger wissen, was Behörden tun und was sie besser unterlassen sollten. Dafür sorgen alphabetisch geordnete Stichworte aus der vielfältigen Verwaltungswelt. Sie wollen sich informieren, wie Behörden funktionieren und wie sie effizienter arbeiten könnten. Dem dienen kritische Betrachtungen und Vorschläge für geeignete Managementinstrumente. Sie ärgern sich über Politik und Bürokratie und versprechen sich viel von Entstaatlichung. Darauf nehmen die Beiträge inhaltlich Bezug. Sie möchten sich (wieder) mit Deutschland und Europa identifizieren. Dazu will dieser Band beitragen.
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Seitenzahl: 287
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PETER EICHHORN
DER KÖNIGSWEG FÜR EINE MODERNE VERWALTUNG
Herausgegeben vom
SCHRIFTENREIHE
KOMMUNALE HOCHSCHULE FÜR VERWALTUNG IN NIEDERSACHSEN
PETER EICHHORN
DER KÖNIGSWEG FÜR EINE MODERNE VERWALTUNG
Autor:
Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Eichhorn
Emeritus der Universität Mannheim
Präsident der SRH Hochschule Berlin
Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Koop
und Prof. Holger Weidemann.
Vorliegende Ausgabe erscheint als Band 4 in der Schriftenreihe der
Kommunalen Hochschule für Verwaltung in Niedersachsen, herausgegeben
von Prof. Dr. Michael Koop und Prof. Holger Weidemann
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im
Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
eISBN 978-3-7869-0978-1
ISBN 978-3-7869-0836-4
© 2011 und 2013 by Maximilian Verlag, Hamburg
Ein Unternehmen der Tamm Media
Alle Rechte vorbehalten
Layout: Nicole Marquardt, Produktion: Brigitte Battau
EIN BUCH FÜR BÜRGER UND BEHÖRDEN
ÖFFENTLICHER DIENST: DER ALLGEMEINHEIT DIENEN
1. Öffentliche Aufgabe: Dienstleistungen erbringen
2. Neue Steuerung: Systeme mit Pauschalen
3. Der Schlüssel für Reformen: Strategien
4. Mitarbeiter als Dienstleistungsträger
VOM NUTZEN DER NEUEN BEHÖRDENSPRACHE
STICHWORTE IN ALPHABETISCHER REIHENFOLGE
Accountability
Administrative Man
Administrative Preise
Akkreditierung
Ämterpatronage
Aufgabenbündelung
Auftragsführung
Auszahlungen, Ausgaben, Aufwendungen und Kosten
Autoritätsverlust
Balanced Scorecard
Befähigung
Behördenverlagerung
Beihilfen im EG-Vertrag
Benchmarking
Beschwerdemanagement
Beteiligungsbericht
Beteiligungsmanagement
Bildungswettbewerb
Budgetierung
Budgets
Bürgerbüro
Büro- und Telekommunikation
Bürokratieabbau
Bürokratiekosten
Bundesstaatlicher Finanzausgleich
Chefsache
City Marketing
Coaching und Supervision
Compliance
Concours
Controlling
Daseinsvorsorge
Datenschutz und Datensicherheit
Demographische Erosion
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
Dienstprinzip
Doppik
Effizienz und Effektivität
Eigenkapital
Einwanderungsland
Einzahlungen, Einnahmen, Erträge und Leistungen
Entflechtung
Eröffnungsbilanz
Ersatzschulen
Evaluation
Externe Beratung
Externe Effekte
Fiduziarische Stiftungen
Final- und Kausalanalysen
Finanzcontrolling
Finanzwissenschaft
Föderaler Wettbewerb
Forderungsmanagement
Front Office und Back Offices
Führungsstil
Geldverbrauchs- und Ressourcenverbrauchskonzept
Gemeinkostenwertanalyse
Gemeinnützigkeit
Gesundheitsmanagement
Gewährleistungsstaat
Healthcare Management
Humanvermögen
Infrastrukturkoordinierung
Inhouse-Geschäfte
Innovative Verwaltung
Institutionenlehre
International Public Sector Accounting Standards (IPSAS)
Internes Kontrollsystem (IKS)
Integration
Jobcenter
Kalkulation
Kommunale Selbstverwaltung
Kommunaler Finanzausgleich
Konfliktmanagement
Konsolidierung
Konzern Stadt
Konzernbildung
Korruption
Kostenarten
Kostendeckung
Kostenstelle
Kostenträger
Länderfusionen
Länderkooperationen
Leistungsanreize
Leitbild
Leitungsspanne
Leitungsspitze
Liquiditätsplanung
Make or buy-Entscheidung
Managerialismus
Megatrends in der Verwaltung
Metropolregion
Monitoring
Nahverkehrsmanagement
Networking
Nongovernmental Organisations (NGO)
Nutzkosten
Objekt- und Subjektförderung
Öffentliche BWL
Öffentliche Wirtschaft
Ökologische Nachhaltigkeit
Ökonomisierung
Ökosteuer
Örtlichkeitsprinzip
Outsourcing
Pauschalierung
Peer Review
Pensionsfonds
Pensionsrückstellungen
Performance Measurement
Personalauswahl
Personalsteuerung (Grundlagen)
Personalsteuerung (Teilbereiche)
Peter-Prinzip
Politik (Dimensionen)
Principal-Agent-Theorie
Produktivität
Projektmanagement und -controlling
Prozessökonomie
Prozesssteuerung
Public Corporate Governance
Public Management (akademische Grade)
Public Management (Studieninhalte)
Public Private Partnership
Qualitätssicherung
Rating
Rationalisierung
Rationalprinzip
Rechnungsprüfung
Rechtsformendilemma
Regionalmarketing
Rekommunalisierung
Ressourcen
Rückbau in Kommunen
Sanierungsmanagement
Schwachstellenanalyse
Service Learning
Solidaritätsprinzip
Sozialmanagement
Sozialökonomie
Sozialstaatsgebot
Sparsamkeitsprinzip
Sponsoring
Stabilitätsrat
Stadtentwicklung
Stadtlogo und Stadtslogan
Struktur- und Prozessfinanzierung
Substitutionsgesetz der Organisation
Szenariotechnik
Tertiärer Sektor
Transaktionskosten
Umweltschutzprinzipien
Ungüter
Unkosten
Value for Money
Vereinigungen
Verordnung
Verstädterung
Vertragsmanagement
Verwalten
Verwaltungsausgaben
Verwaltungskosten
Verwaltungsökonomie
Verwaltungsprodukte
Verwaltungsrisiken
Verwaltungstypologie
Verwaltungsziele
Vollkosten- und Teilkostenrechnungen
Wissenschaftsmanagement
Wissensmanagement
Zeitmanagement
Zentralisierung
Zero-Base-Budgeting
Zielbeziehungen
Zieltriade
Zielvereinbarung
Zwangsanleihe
Zweckmäßigkeit
Sie wollen als Bürger wissen, was Behörden tun und was sie besser unterlassen sollten.
Dafür sorgen alphabetisch geordnete Stichworte aus der vielfältigen Verwaltungswelt.
Sie wollen sich informieren, wie Behörden funktionieren und wie sie effizienter arbeiten könnten.
Dem dienen kritische Betrachtungen und Vorschläge für geeignete Managementinstrumente.
Sie ärgern sich über Politik und Bürokratie und versprechen sich viel von Entstaatlichung.
Darauf nehmen die Beiträge inhaltlichen Bezug.
Sie möchten sich (wieder) mit Deutschland und Europa identifizieren.
Zu dieser Hoffnung will der Band beitragen.
Als öffentlichen Dienst bezeichnet man in Deutschland die Tätigkeit der Beschäftigten bei einem Arbeitgeber in öffentlich-rechtlicher Rechtsform (Dienstherr). Genauer: der öffentliche Dienst umfasst die Tätigkeit von Beamten1 und Tarifbeschäftigten
– bei den Gebietskörperschaften, also in den Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen, sowie
– im mittelbaren öffentlichen Dienst bei anderen Körperschaften (z.B. bei Hochschulen, Sozialversicherungen und Zweckverbänden), Anstalten (z.B. bei Sparkassen, Landesbanken und Rundfunkanstalten) und Stiftungen öffentlichen Rechts (z.B. bei Bundes-, Landes- und Kommunalstiftungen).
Die folgenden Zahlen beeindrucken. Das Statistische Bundesamt weist nach der Erhebung von 2009 über 4,5 Millionen Beschäftigte aus; davon 1,9 Millionen Beamte samt Richter und Soldaten und 2,6 Millionen Arbeitnehmer auf tarifvertraglicher Basis (zumeist als Angestellte). Verteilt auf die drei Ebenen sind in Bundesverwaltungen über 500.000, in Landesverwaltungen über 1,9 Millionen und in Kommunalverwaltungen fast 1,3 Millionen Personen beschäftigt; der mittelbare öffentliche Dienst bringt es auf rund 830.000 Beschäftigte. Von den 4,5 Millionen Beschäftigten arbeiten 3,1 Millionen als Vollzeit- und 1,4 Millionen als Teilzeitbeschäftigte.
Eine Gliederung nach Aufgabenbereichen zeigt, dass sich die meisten Beschäftigten acht Bereichen zuordnen lassen. 930.000 Beschäftigte sind in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen und 700.000 Beschäftigte in den Sozialversicherungen (d.h. in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) und auf kommunaler Ebene in der Sozial-, Kinder- und Jugendhilfe einschließlich Kindertageseinrichtungen und Pflegedienste tätig. Die drittgrößte Gruppe bilden Polizisten und die weiteren Beschäftigten im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und des Rechtsschutzes mit insgesamt 620.000 Personen. Annähernd 410.000 Beschäftigte gehören der politischen Führung und der zentralen Verwaltung an. Es folgen 300.000 Beschäftigte in Krankenhäusern samt Hochschulkliniken, 280.000 Beschäftigte in der Verteidigung samt Bundesverwaltung, 260.000 Beschäftigte in den Hochschulen und 250.000 Beschäftigte in der Finanz- und Zollverwaltung.
Was kann man daraus schließen? Nicht viel, denn lediglich die relativen Anteile werden ersichtlich. Die große Zahl an Lehrern und anderem Personal in den Schulen sagt nichts aus. Schaut man in die Schulen, stellt man fest, dass wir nicht zu viele, sondern zu wenige Lehrer haben angesichts der zu großen Klassen mit oft über 30 Schülern. Die Sozialversicherungen bilden bürokratische Apparate von größtem Ausmaß. Allein die Rentenversicherung verfügt über mehr als 60.000 Bedienstete. Ein paar Tausend müssten ausreichen, wenn man das Rentensystem effizienter gestalten würde. Und die zigtausend Stellen wären für den direkten Dienst am Menschen umzuwidmen. Lehrer an Schulen, Wissenschaftler an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Krankenschwestern und Pflegekräfte würden dringend gebraucht. Einen Großteil der Polizisten und des Personals im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung findet man ebenfalls in den Amtsstuben statt ihm laufend zu begegnen.
»Dienst nach Vorschrift« mag korrekt sein. Erwartet wird aber »Dienst am Bürger« oder gar »Dienst am Kunden«. Der öffentliche Dienst sollte sich weniger angebots- und mehr nachfrageorientiert verhalten. Doch dieser Paradigmenwechsel erfordert eine radikale Kehrtwendung erstens im Aufgabenspektrum der öffentlichen Verwaltungen, zweitens in den gesetzlichen Regelwerken und Organisationsstrukturen der Behörden, drittens in den Denk- und Verhaltensweisen der politischen und administrativen Führungskräfte und viertens im Verwaltungshandeln der Mitarbeiter.
Allen vier Punkten widmen sich die folgenden Seiten.
Der öffentliche Dienst sollte Dienstleister in dem Sinne sein, dass er die Erfüllung staatlicher und kommunaler Aufgaben sicherstellt. Er muss nicht alles selbst tun. Andere können es unter Umständen besser.
In der Öffentlichkeit und in der Staatslehre hängt man gern dem Drei-Gewalten-Schema an. Danach macht die Legislative die Gesetze, die von der Exekutive vollzogen werden, und die Judikative übt die rechtsprechende Gewalt aus. Dieser Gewaltenteilungsgrundsatz wird zunehmend durch Ausnahmen ausgehöhlt. Gewiss entscheiden die Parlamente nach wie vor über Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen, die Arbeitswelt, Wirtschafts-, Verkehrs- und Finanzpolitik, innere und äußere Sicherheit, Kultur und Wissenschaft, Rundfunk, Presse und andere Medien und sie verabschieden die Gesetze – durch welche Einflüsse sie auch immer zustande gekommen sein mögen. Der Gesetzesvollzug ist danach Sache der obersten, oberen, mittleren und unteren Behörden einschließlich der verschiedensten Einrichtungen wie beispielsweise Botschaften und Konsulate, Bundeswehr, Sozialversicherungen, Universitäten und Fachhochschulen, Krankenhäuser, Theater und Museen. Den staatlichen Gerichten obliegt die Prüfung der Rechtsanwendung.
Seit längerem zeigt allerdings die Entwicklung der Staatsgewalten, dass sie sich zum einen überschneiden, zum andern eigenständige Institutionen an ihre Seite treten. In der Europäischen Union sind die gesetzgebende und die ausführende Gewalt nicht mehr strikt voneinander getrennt. So nimmt der Europäische Rat (Rat der Staats- und Regierungschefs) überwiegend legislative Aufgaben wahr. Der Europäische Gerichtshof und nicht minder die Bundesgerichte und die Gerichte der Länder in Deutschland sprechen Recht und schaffen bei namentlich politischen Rechtsstreitigkeiten sog. Richterrecht. Ferner: Nongovernmental Organizations übernehmen weltweit und auch in einzelnen Staaten Regierungsaufgaben ohne Legitimation.
In einer globalisierten Welt werden öffentliche Dienstleistungen zum Teil anders erbracht als zu Zeiten von Nationalstaaten. Abkommen zwischen Staats- und Regierungschefs, internationale Verträge auf den Fachebenen, eine vernetzte Weltwirtschaft sowohl in der personellen, finanziellen und virtuellen Kommunikation als auch bei Dienstleistungen und Sachgütern, Logistik und technischen Neuerungen prägen die öffentlichen Aufgaben und ihre Bewältigung. Die Gesetzgeber auf internationaler, nationaler oder regionaler Ebene können und sollen bei den äußerst komplizierten Rechtsmaterien keine Einzelheiten mehr festlegen, sondern müssen sich zunehmend mit Zielsetzungen und mit Strategien zur Zielerreichung begnügen. Den öffentlichen Verwaltungen, einschließlich der supra- und internationalen Verwaltungen, ergeht es ähnlich. Ihnen obliegen aus besagtem Grund weniger Durchführungsaufgaben und mehr Planungs- und Überwachungsaufgaben.
Vom Gewährleistungsstaat ist die Rede. Er kümmert sich darum, dass die Ziele alias erwünschten Zustände beschlossen und verwirklicht werden; also Freiheit, Gleichheit, Frieden, Bildung, Gesundheit, eine hochwertige Infrastruktur und Daseinsvorsorge usw. gewährleistet sind. Die daraus resultierenden Tätigkeiten bedürfen der Prüfung, ob und inwieweit damit eine originäre öffentliche Aufgabe verbunden ist, womöglich sogar eine hoheitliche (von Beamten wahrzunehmende) Aufgabe, oder ob es sich um eine supplementäre öffentliche Aufgabe handelt. Sie bildet oft einen ergänzenden Bestandteil der eigentlichen öffentlichen Aufgabe, nicht jedoch eine aufgabenimmanente Komponente.
Öffentliche Aufgaben sollten einer intensiven Aufgaben- und Verfahrensanalyse – eine in der Unternehmenspraxis gängige, in der Verwaltungspraxis rare betriebswirtschaftliche Methode – unterzogen werden. Man kann vermuten, dass umfangreiche Leistungen als Nebenprodukte von öffentlichen Aufgaben erstellt werden. Es mögen arbeitsökonomische Synergien damit verknüpft sein; dennoch muss man deren Vor- und Nachteile im Interesse der Adressaten der öffentlichen Aufgabe bewerten.
Frage: Gehört es zur öffentlichen Aufgabe
– der Polizei, eigene Kfz-Werkstätten zu betreiben,
– einer Hochschulbibliothek, Buchbindearbeiten zu übernehmen,
– eines städtischen Grünflächenamtes, Pflanzen zu ziehen?
Frage: Erstreckt sich die öffentliche Aufgabe
– der Rechtsberatung seitens eines Rechtsamtes auch auf rechtsanwaltliche Geschäfte,
– der Forderungsverwaltung auch auf das Forderungsinkasso,
– der Stadtgestaltung auch auf die Architekturplanung?
Frage: Handelt es sich um eine öffentliche Aufgabe,
– einen Bauhof, einen Fuhrpark und das Gebäudemanagement zu betreiben?
Vorausgesetzt, es gibt genügend Anbieter für die öffentliche Hauptaufgabe und für Nebenaufgaben, sollte den Aufgabenträgern die Entscheidung überlassen bleiben, entweder für die Gewährleistung zu sorgen und Dritte zu beauftragen oder die öffentliche Dienstleistung mit oder ohne Nebenleistungen selbst zu erbringen.
Beispiel: Das Landratsamt bzw. der Kreisausschuss beschließt, wie der Hausmüll und der Industrieabfall zu entsorgen sind. Es bieten sich Alternativen an: Eigenerstellung oder Fremderledigung, gegebenenfalls kombiniert in einer kreisangehörigen Gemeinde mittels »make« und in einer anderen mittels »buy« oder in derselben Stadt im Zentrum durch die eigenen Stadtwerke und in Wohnquartieren und im Gewerbegebiet durch beauftragte Dritte.
Es ist selbstverständlich, dass solche Beauftragungen nach einem Ausschreibungsverfahren und dem Zuschlag an einen Bewerber vertraglich vereinbart werden. Dabei sind die Risiken abzuwägen, insbesondere Möglichkeiten einer Ersatzvornahme bei Vertragsverletzung oder Insolvenz des Beauftragten zu prüfen. Ein Rückgriff auf eigene Betätigung scheidet allerdings regelmäßig aus, denn mit der Vergabe fließt Know-how ab, wird Personal freigesetzt, das die Aufgaben bisher erledigte, und finden Organisationsänderungen statt. Von den Transaktionskosten gar nicht zu sprechen, die sich aus Informations-, Ausschreibungs-, Vergabe-, Vertrags- und Kontrollkosten summieren. Trotzdem kann es kostengünstiger sein, auf die Eigenerstellung zu verzichten und den Aufgabenvollzug in andere qualifizierte Hände zu geben.
Wie teuer die zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen den öffentlichen Verwaltungen kommen, wenn sie diese selbst erstellen und anbieten, setzt die Kenntnis der Verwaltungskosten voraus. Hier hapert es häufig an aussagekräftigen Kostenrechnungen. Ohne sie helfen aber Vergleiche mit externen Anbietern nicht weiter. Auch für Betriebsvergleiche zur Ermittlung der eigenen Position im Verhältnis zum Durchschnitt und für Benchmarking zur Ermittlung des besten Anbieters und der Gründe dafür fehlen dann die nötigen Informationen.
Deutschland schneidet in internationalen Sozialindikatorenvergleichen (u.a. bei der Lebenserwartung und Schulbildung, bei Hochschulabschlüssen, Fachkräften, Patenten und Kriminalitätsraten) nur mittelmäßig ab. Deutschlandintern sieht es auch nicht gut aus. Die Wahlbeteiligung geht gravierend zurück und große Teile der Oberschicht und des Mittelstandes integrieren sich immer weniger gesellschaftlich. Die Grundrechte und die Verfassungsgrundsätze (vor allem Demokratie, Sozialstaat und Rechtsstaat) halten die Zivilgesellschaft noch zusammen, aber das gesellschaftliche Establishment samt der Medien und die wirtschaftliche Prominenz samt der Verbände reiben sich an der Orientierungslosigkeit und Ineffizienz von Staat und Verwaltung.
Auf Kritik stoßen vornehmlich
– das Verhältniswahlsystem mit übermächtigen Parteien bei Kandidatennominierung und Koalitionsbildung,
– die exzessiven gesetzlichen Sozialversicherungen, die die Mitglieder der Solidargemeinschaften massenweise dazu verleiten, die Mittel über Gebühr anonym zu beanspruchen,
– das Steuerunsystem, das in seiner Dimension und Differenziertheit weltweit seinesgleichen sucht,
– der kleinstaatliche Föderalismus mit einem zergliederten Schulwesen, einem je Land gesonderten Beamten-, Organisations-, Haushalts- und Kommunalrecht, die exorbitante Verschuldung aller Gebietskörperschaften, die die nachfolgenden Generationen belastet und deren Handlungsspielräume empfindlich einschränkt und
– der für die Bürger undurchsichtige vertikale (zwischen Bund, Ländern und Gemeinden) und horizontale Finanzausgleich (zwischen den Ländern).
Auf einen gemeinsamen Nenner gebracht wurde bisher dem zugegeben salopp formulierten Slogan gefrönt: Mehr Bürgerferne und mehr Bürokratie wagen! Mit Bürgerferne ist der Abstand zu den Bürgern und ihren realen Alltagsnöten in mehrfacher Hinsicht gemeint. Beispiele: Infrastrukturprojekte werden unzureichend kommuniziert. Einkommensteuerpflichtigen Bürgern wachsen die jährlichen Steuererklärungen über den Kopf und die Steuerbescheide sind ohne Hilfe nicht verständlich. Den Kassenpatienten enthält man Arzt- und Krankenhausrechnungen vor. Ortsbehörden werden in die zentralen Landratsämter verlagert, Finanzämter verschmolzen, Postämter geschlossen – mit der Folge weiter Wege und hohen Zeitaufwands.
Die große Politik scheint sich darum kaum zu kümmern. Sie ist primär auf Machtergreifung, Machtausübung und Machterhalt aus. Bewährtes Instrument dazu ist die Bürokratie. Sie verkörpert Macht durch Regelwerke. Um nicht missverstanden zu werden: Legitime Macht ist ein Element unserer Demokratie, die der frühere Bundespräsident Theodor Heuss (1884 - 1963) definierte als auf Wahlen des Volkes beruhende Herrschaft auf Zeit. Dieser den Politikern in Gesetzgebung und Regierung zugestandene befristete Einfluss wird aber über Gesetze und Verordnungen bis hinein in kleinste Details geltend gemacht. Es heißt, man will möglichst jedem Einzelfall gerecht werden und gerichtsfest sein. Tatsächlich versteckt sich aber hinter der überbordenden Regelungsflut oft purer Lobbyismus. Ungezählte Beispiele für Subventionen enthalten in Form von Geboten und Verboten, Auflagen und anderen Pflichten, Ausnahmen und Befreiungen das Steuer-, Sozialversicherungs-, Gesundheits- und Sozialrecht, das Planungs-, Bau-, Vergabe- und Umweltrecht, das Schulrecht, das Finanzausgleichsrecht und weitere Rechtsmaterien.
Je verklausulierter die Regelwerke gestrickt sind, desto undurchschaubarer erweisen sie sich, desto besser lassen sich Begünstigungen verstecken, desto stärker wachsen die Bindungen zu den Interessengruppen und desto mehr an Zustimmung kann man von dort erwarten. Bürokratische Einflussnahmen bzw. Abhängigkeiten entstehen durch
Formularzwänge, Antragsverfahren, Aufnahmeprozeduren, Zulassungsvoraussetzungen, Fristsetzungen, Verfahrensauflagen, Informations- und Nachweispflichten, Unterlagenerstellung, Bedienungsanleitungen, Entlassungsprozeduren usw.
Diese zum Zweck der Gleichbehandlung und Risikovermeidung geregelten Restriktionen routinisieren zwar Arbeitsabläufe. Aber dieses bürokratische Korsett schlägt auch unterschiedliche Anträge und Nachfragen über den gleichen Leisten, hemmt innovative Entwicklungen, verzögert Genehmigungsverfahren und bietet keine Leistungsanreize.
Unbürokratisches Verhalten sollte die Devise lauten! Minister fordern gern ein unbürokratisches Verhalten in Ausnahmesituationen bei Unfällen, Krankheiten und Naturereignissen ein. Dann werden nicht Bürokratieregeln befolgt, sondern kundenorientiert, nämlich form- und fristlos gehandelt – oder Institutionen und Personen außerhalb des öffentlichen Dienstes mit der Aufgabe betraut. Als »Bürokratieunterworfener« wünscht man sich nicht nur anlassbezogenes und vorübergehend unbürokratisches Procedere, sondern ein dauerhaftes unbürokratisches Verhalten und entsprechende administrative Strukturen.
Konkret: Stellt sich im öffentlichen Bereich ein brisantes Problem, löst man es häufig, indem es zur Chefsache erklärt wird, so dass man mit einer kurzfristigen Entscheidung rechnen kann. Man übergeht beteiligte Abteilungen und überspringt Instanzen. Die Mitarbeiter in diesen Organisationsbereichen und Organisationsstufen verlieren jedoch Autorität, wenn diese Praxis gang und gäbe wird. Das Hochzonen wäre entbehrlich, würde man Dienstwege kürzen und an die Stelle mehrerer Mitentscheider oder Mitberater in Abteilungen und Instanzen Leistungszentren mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen einrichten. Solche Kompetenzen setzen allerdings voraus, dass die Abgeordneten in den Gesetzen, die ministeriellen Spitzenbeamten in den Verordnungen, Dienstanweisungen und Richtlinien auf detaillierte Festlegungen und entsprechende Einflussnahmen verzichten und nur Rahmenbedingungen und Eckdaten normieren. Innerhalb dieser rechtlichen Vorgaben fände das Verwaltungshandeln statt. Den Rechtsansprüchen der Bürger würden die administrativen Entscheider genügen, wenn sie diese Spielräume einhielten.
Die Steuerung der Verwaltungsarbeit in Leistungszentren (Performance Centers) hat eine Parallele zu Profit Centers in Unternehmen. Diese werden über Leistungsvorgaben und Budgets geführt ohne allzu enge Differenzierungen. Übertragen auf die öffentlichen Kernverwaltungen (sie sind gemeint, weil die staatlichen und kommunalen Unternehmungen häufig schon darüber verfügen) bedeutet dies eine Abkehr von Detailregelungen und eine Hinwendung zu Vorgaben in Form von Systemen mit Pauschalen. Einen Anfang müsste man mit vereinfachten Steuer-, Krankenversicherungs- und Rentensystemen machen, gefolgt von weiteren publikumsintensiven Leistungsgesetzen im Bereich der Arbeitsförderung, Familien- und Sozialhilfe. Für die Innensteuerung der Verwaltungen und der Mitarbeiter hätte man ebenfalls Systeme mit Pauschalen einzuführen, zum Beispiel beim Umzugskostenrecht.
In allen Fällen wären statt der dezidierten Kriterienkataloge für diverse individuelle Lebenslagen Erhebungssysteme bei Steuern und Sozialabgaben und Verteilungssysteme bei Geld- und Sachleistungen jeweils mit Pauschalen für bestimmte Fallgruppen einzurichten. Andere Länder (etwa Australien, Kanada, Neuseeland, Schweiz und USA) haben diese neuen behördlichen Steuerungsinstrumente längst eingeführt und damit maßgeblich zur Entbürokratisierung beigetragen. In Deutschland sind die bisherigen Bemühungen um Deregulierung und Vereinfachung des Steuerrechts wenig erfolgreich. Und wo man sie realisierte, etwa die Fallpauschalen in der Krankenhausfinanzierung, wurde die Systemänderung (früher Kostenerstattung im Einzelfall) mit einem bürokratischen Aufwand an Dokumentieren, Klassifizieren und Kodieren verbunden, der sich auf Ärzte eher zusätzlich belastend als befreiend auswirkt.
Denken und Handeln kreisen in Politik und Verwaltung gewöhnlich um Maßnahmen, die es staatlicherseits durchzuführen, zu tolerieren oder zu unterlassen gilt. Verwandte Maßnahmen werden gebündelt und als öffentliche Aufgaben gesetzlich erfasst und via Rechtsverordnungen im einzelnen vollzogen. Die parteipolitischen Auseinandersetzungen, lobbyistischen Interventionen und ministeriellen, allgemeiner: administrativen Auslegungen und Anwendungen des Rechts knüpfen in der Regel an konkreten Bedürfnissen an und suchen nach rechts- und sozialstaatlichen Lösungen für die Bedarfsdeckung. Diese Vorgehensweise entspricht operativem Verhalten (früher als Taktik bezeichnet) und trifft zumindest in Deutschland für die zivilen Behörden zu. Bei den Streitkräften und ihrer militärischen Führung (dem Generalinspekteur der Bundeswehr und den Inspekteuren des Heeres, der Luftwaffe, der Marine und des Sanitätsdienstes samt ihren Führungsstäben) ist es anders. Dort dominieren strategisches Denken und Handeln. Strategie definiert Carl von Clausewitz in seinem Hauptwerk »Vom Kriege« (1832–34) als Lehre von der Kriegführung mit dem Ziel der Gefechtsentscheidung. Dieses Verständnis übernahm die US-amerikanische Managementlehre für Unternehmen im Wettbewerb, es ging in die Managementpraxis in Deutschland und weltweit ein und harrt hierzulande anders als in manch anderen Ländern der Übernahme in die Staatsorganisation im weiten Sinn auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene.
Strategien beziehen sich auf grundlegende Entwicklungen auf weite Sicht. Politische und administrative Führungskräfte müssen wegkommen von der Ausrichtung auf Maßnahmen. Als Manager an der Spitze im Parlament, in den Fraktionen, in den Ministerien und nachgeordneten Behörden, in Kommunalvertretungen und -verwaltungen sollten sie sich nicht mehr den operativen Aufgaben annehmen, höchstens bei Ausnahmen (sog. Management by Exceptions) eingreifen, die durch Grenzsituationen (z.B. Eilentscheidungen bei Katastrophen) veranlasst oder wenn Fehler im operativen Verhalten zu korrigieren sind. Dieses Umdenken und Andershandeln lässt sich nicht durch rhetorische Formelkompromisse und fragmentarische Reformen erreichen, sondern bedarf einer prinzipiellen Änderung in der Einstellung und im Verhalten bei den Topmanagern in Politik und Verwaltung. Die Internationalisierung politischer Entscheidungen und der interne Druck von Gesellschaft, Medien, Wirtschaft und Großverbänden treiben den Staat in ein Labyrinth, dessen bürokratische Wege nicht zum Ausgang führen. Vielmehr geht es – um im Bild zu bleiben – um die Anlage des Gartens ohne Dickicht. Aufgabe der Spitzenkräfte in Politik und Verwaltung ist es, grundlegende Ziele zu setzen, strategisch zu planen, zu steuern und zu überwachen.
Strategien erfordern eine Auseinandersetzung mit Wettbewerbern, Politik- und Verwaltungsstrategien dementsprechend mit konkurrierenden Ländern in Europa und weltweit. Staatlicher Wettbewerb erstreckt sich auf Bildung, Wissenschaft und Forschung, Ernährung, Gesundheit und Sport, Volkswirtschaft, Finanzen und Währung, Lebensqualität, Sicherheit und Rechtsschutz sowie nicht zuletzt auf soziale Sicherung und Naturschutz. Aus den vermehrt veröffentlichten ländervergleichenden Statistiken und Berichten der EU, OECD, Unesco, von Hochschulen, Forschungsinstituten, Stiftungen und Beratungsfirmen kann man die Position des eigenen Landes erkennen und sehen, wohin zumeist die Politik samt Verwaltung geführt hat und welche Strategien nötig sind, um sich besser zu platzieren, lies: um bessere Verhältnisse für die Bevölkerung zu schaffen.
Bei Strategien fragt man, woran die Best- oder Besserplatzierung liegt, was zu unternehmen ist, damit man Stärken stärkt, Schwächen beseitigt, Chancen sucht und Risiken vermeidet (sog. Differenzierungsstrategie). Wo sollen künftig die Schwerpunkte der Entwicklung gebildet werden? Wie sollen die Strategien gegenüber dem Ausland und im Inland realisiert werden? Zuvor ist eine ungeschminkte Bestandsaufnahme vonnöten (in Berichten zur Lage der Nation scheint sie manchmal auf).
Wenn man beispielsweise einsehen muss, dass das bisherige Gesundheitswesen weder medizinisch noch finanziell auf Dauer beibehalten werden kann, sind die Bedingungen zu hinterfragen, Ziele festzulegen, ein neues Gesundheitssystem zu entwerfen, rechtlich zu verabschieden und tatsächlich in Gang zu setzen. Strategisch gesehen müssen Entscheidungen getroffen werden über Art, Umfang, Qualität und Kosten der medizinischen Versorgung samt der gesetzlichen Ansprüche sowie über Art und Weise der Finanzierung durch gesetzliche und private Krankenversicherungen.
Solange sich Spitzenpolitiker und ranghohe Beamte beim Bund, bei Ländern und Gemeinden und in deren legislativen, exekutiven und judikativen Institutionen mit alltäglichen Routineaufgaben befassen, bleiben Strategien und neue, dringend gebotene Systeme auf der Strecke. Entbürokratisierung gelingt nur mit Hilfe strategischer und systemischer Neuerung. Bloße operative Verbesserungen mögen vielleicht Einsparungen bei Personal- und Sachkosten, gegebenenfalls auch bei Zweckausgaben bewirken, aber neue zielbezogene (effektive), zweckmäßige (effiziente) und wirtschaftliche (kostengünstige) Strukturen und Prozesse darf man davon kaum erwarten.
Staat und Kommunen begegnen den Bürgern und Unternehmen durch Personen in Dienststellen, Behördenbüros, am Schalter, auf der Straße und zu Hause, wenn eine Wohnung oder ein Büro besichtigt wird (z.B. durch einen Mitarbeiter des Bauamtes oder des Finanzamtes) oder ein Gespräch zu führen ist (z.B. mit einem Polizisten oder Sozialarbeiter). Beamte und Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst verrichten die öffentlichen Dienstleistungen bzw. (EU-sprachlich) die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse entweder selbst oder gemeinsam mit Dritten (sog. Public Private Partnership) oder übertragen sie ganz auf Dritte, meist Private. Letzteres besagt aber nicht, dass die öffentliche Aufgabe privatisiert wird; privatisiert wird lediglich der Vollzug. Planung und Überwachung der Aufgabenerfüllung bleiben in öffentlicher Hand.
Exemplarisch steht hierfür das Straßenwesen, das öffentlich projektiert wird, wohingegen Straßenbau, Ampelinstallationen und Randbegrünung durch private Firmen erfolgen. Diese Arbeitsteilung ist im Technik- und Umweltbereich üblich, ebenso im Bereich der Beschaffung von Sachgütern (Büroausstattung, Dienstkleidung, Fahrzeuge, Waffen usw.), die in Deutschland bekanntlich nicht von Behörden selbst hergestellt werden. Bei den Dienstleistungen allerdings tendieren die Verwaltungen mehr zur Eigenerstellung und weniger zur Fremdvergabe und Fremderledigung. Hier kommen Eigeninteressen ins Spiel, seien es bewährte Aufgabenbewältigung, Unwissen oder Unbehagen über Vergleichsangebote.
Auch im Bereich öffentlicher Dienstleistungen sollte es kein Tabu sein, zu fragen, wer und wie sie professionell am besten erbracht werden können. Professionalität umfasst mehrere Eigenschaften. Im öffentlichen Dienst wird stets zurecht auf Sach- und Fachkunde hingewiesen, also darauf, dass der Bearbeiter Sachverhalte tatsächlich erfassen und fachmännisch erledigen kann. Um zu rechtlich bindenden und möglichst gerichtsfesten Entscheidungen zu gelangen, nehmen dabei rechtliche Aspekte einen breiten Raum ein. Zu wenig Beachtung finden indessen ökonomische Perspektiven in Bezug auf die zu Bedienenden, die Bediensteten, die Allgemeinheit und die natürliche Umwelt. Damit soll nicht dafür plädiert werden, Rechtmäßigkeit durch Wirtschaftlichkeit zu ersetzen. Anzustreben ist hingegen, rechtmäßiges und wirtschaftliches Verwalten miteinander zu verbinden. Im Rahmen rechtlichen Handelns bieten sich oft unterschiedliche Alternativen an, aus denen man dann aus wirtschaftlichen Gründen eine auswählt, vorausgesetzt, man ist informiert und kann rechnen.
Während sich dieser Fragestellung und Wahlmöglichkeit die Mitarbeiter annehmen sollten, sind die Entscheider auf den obersten politischen und administrativen Ebenen sogar imstande, zu überlegen, ob und inwieweit es aus ökonomischen Gründen zweckmäßig ist, rechtliche Restriktionen zu verändern (was teilweise geschieht, wie Gesetze zur Beschleunigung von Verwaltungsverfahren oder zur erleichterten Bearbeitung von Masseneinsprüchen oder zur Abkürzung von Gerichtsverfahren aus prozessökonomischen Gründen beweisen).
Zu den genannten ökonomischen Perspektiven gehört es, dass die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst kundenorientiert tätig werden. Es reicht nicht aus, einem Verwaltungsakt eine Rechtsmittelbelehrung hinzuzufügen. Man muss sich in der Verwaltung in die Rolle des zu Bedienenden versetzen, seine Anforderungen und Wünsche gewissermaßen internalisieren und bei
Auskünften, Beratungen, Betreuungen, Bescheinigungen, Bekanntmachungen, Anordnungen, Aufforderungen, Fristsetzungen, Rücksprachen, Vorladungen, Anträgen, Bescheiden und anderen Verwaltungsleistungen
ein kundenfreundliches Verhalten üben. Das fällt vielen Mitarbeitern nicht leicht, da sie sich der staatlichen Autorität bewusst sind und ein solches Verhalten in ihrer Ausbildung meist nicht gelernt haben. Kundenorientierung soll Zufriedenheit stimulieren. Selbst wenn der Bürger mit Abgaben, Geboten und anderen Pflichten belastet wird und mit der Sache und Situation unzufrieden ist, kann er davon einen freundlichen Umgangston und freundlich formulierten Behördenbrief sehr wohl unterscheiden.
Im Übrigen sind diese Verhaltensweisen nicht auf die Beziehungen zwischen Verwaltern und Verwalteten begrenzt, sondern gelten auch für die Vorgesetzten und Mitarbeiter. Hier ist es der Führungsstil, der einen wesentlichen Anteil an der Mitarbeiterzufriedenheit hat. Vom Führungsstil hängt ab, ob und inwieweit der Wille des Vorgesetzten durchgesetzt und wie das Verhalten der Mitarbeiter gesteuert werden kann. Je nach Aufgabe und Art der Verwaltung (ein Stadtplanungsamt arbeitet anders als eine Polizeiwache oder die Zollfahndung), der augenblicklichen Lage (Eilbedürftigkeit oder Großveranstaltungen) und der beteiligten Menschen (jünger oder älter, mehr oder weniger akribisch, Generalist oder Spezialist) muss man den Führungsstil anpassen: manchmal eher autoritär, manchmal eher kooperativ.
Öffentliche Bedienstete sind im Interesse der Allgemeinheit tätig. Die Interessengruppen (engl. Stockholders) achten genau darauf – insbesondere wenn sich die Handlungsweisen der Verwalter respektive der Ämter auf sie auswirken –, dass alles korrekt erfolgt, also weder subjektiv veranlasste Vergünstigungen oder Belastungen, Schlamperei, Verschwendung oder Willkür vorkommen. Die jüngst stattgefundenen Massendemonstrationen gegen und für den Neu-, Erweiterungs- und Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs zeigen, dass die Öffentlichkeit außer rechtsstaatlichem Handeln Information und Kommunikation fordert. Im öffentlichen Dienst und selbst bei öffentlichen Unternehmen – wie bei der Deutsche Bahn AG – scheint diese ökonomische Selbstverständlichkeit noch nicht genügend etabliert zu sein.
An diesem kritischen Beispiel kann man auch eine weitere oft vernachlässigte Perspektive erkennen: die mangelnde Sensibilität für ökologische Aus- und Einwirkungen (engl. Outcomes and Impacts). Wenn Behörden verlagert, geteilt oder fusioniert und neue Standorte bezogen oder alte aufgegeben werden, ist von Aufgabenwandel, Organisationsänderungen, Personalumsetzung, Abordnung, gegebenenfalls von Verwaltungskosteneinsparungen die Rede. Wenig hört man indessen von daraus resultierenden externen Effekten wie etwaige Arbeits- und Zeitaufwendungen und Wegekosten für die Bürger oder die Naturvereinnahmung infolge von erhöhten Emissionen und Immissionen.
Alle Mitarbeiter – auch die Führungspersonen – sind Dienstleistungsträger und sie müssen lernen, den öffentlichen Dienst als rechts- und sozialstaatliche Leistung sowie als betriebs- und volkswirtschaftlich relevante Leistung zu begreifen. Die ökonomische Erheblichkeit ihrer Tätigkeiten ist vielen Verwaltungsangehörigen nicht bewusst. Manche Juristen zitieren gern den Satz: »judex non calculat« (der Richter rechnet nicht) und betonen ihre rein rechtlich fundierten Entscheidungen. Sie übersehen dabei, dass jedwede Betätigung eine ökonomische Basis und Folge besitzt. Entscheidungen – einerlei, ob in Verwaltung oder Justiz – hängen stets ab von organisatorischen und personellen Voraussetzungen
(insbesondere von Betriebsgrößen, Stellenplänen, Hierarchien, Büroausstattung, Organisationstechnik, Arbeitsprozessen, Personalpolitik, Teamarbeit, Zeitmanagement und Qualifikation)
sowie von Kostenaspekten und Finanzierungsmodalitäten. Und sie wirken sich aus auf die Haushaltswirtschaft des Staates (auf Budgetierung, Besteuerung usw.) und die gesamte Volkswirtschaft (auf Konsum, Investitionen, Staatsquote usw.), dort gemessen in aggregierten Größen. Im Übrigen dürfen außer rechtlichen und wirtschaftlichen Überlegungen politische, kulturelle und soziale Zusammenhänge nicht ausgeklammert werden, wobei sie in programmgestaltenden Verwaltungen meist bedeutsamer sind als in exekutierenden Behörden.
1 Zur Erleichterung der Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen in der Regel die männliche Form verwendet. Diese Bezeichnungen umfassen sowohl männliche als auch weibliche Personen.
Wer A sagt, muss auch B sagen. Im vorliegenden Kontext ausgedrückt: Wer gute Verwaltung will, hat die Konsequenzen zu bedenken, nämlich sich mit neuen Fragestellungen, Gegenständen, Sachverhalten, Methoden, Erfahrungen und Erkenntnissen auseinanderzusetzen. Das Medium dafür ist die Verwaltungssprache. Ihr ergeht es wie anderen Fachsprachen: Sie unterliegt einem ständigen Wandel. Alte Fachwörter verschwinden. Die neuen oder mit verändertem Inhalt verwendeten Begriffe entstehen in Deutschland oder entstammen europarechtlichen Vorgaben oder sind der Betriebswirtschafts-, namentlich der Managementlehre, zum Teil auch der Volkswirtschaftslehre, der Politik-, Sozial- und Verwaltungswissenschaft entnommen. Die Wortprägungen machen auch nicht vor angelsächsischen Termini halt und durchdringen Gesetzgebung und Verwaltungshandeln.
Im Folgenden werden aktuelle Fachausdrücke erklärt, oft auch beschrieben, welchem neuzeitlichen Denken und Handeln sie entspringen. Eine Vielzahl dieser Begriffe bricht heutzutage der Entbürokratisierung Bahn. Früher war das anders – und schon damals spielte die Verwaltungssprache eine herausragende Rolle. So ist die Keilschrift, älteste Schrift der Menschheit, 3.000 Jahre v.Chr. für Verwaltungszwecke erfunden worden. In Babylonien und Assyrien, den antiken Kultur- und Handelszentren, gab es genügend zu verwalten. In späteren Zeiten diente der Verwaltungswortschatz dem Mess-, Rechts- und Steuerwesen. Bis heute zielt die Fachsprache der Verwaltung vornehmlich auf juristische Eignung. Die Einrichtung und Steuerung von deregulierten (z.B. Steuer-, Krankenversicherungs- und Renten-) Systemen und managementorientierten Strategien sowie die Verständlichkeit für und die Verständigung mit dem Bürger stehen nicht an erster Stelle. Um diesen Anforderungen zu genügen, muss man fünf Sprachfehler vermeiden:
– fachsprachliche Begriffe sollten inhaltlich definiert sein (im Gesetz dürfen Personalausgaben nicht mit Personalkosten gleichgesetzt werden)
– bürokratische Wortmonster schaffen Verunsicherung und Verwirrung (wie etwa eine »Kostenzusageübernahmeerklärung« oder eine »Rechtsbehelfsbelehrung«)
– klischeehafte Leerwörter (sog. Barockisierung) lassen sprachliche Präzision vermissen (statt Baustelle liest man Baustellenbereich, statt Verkehr Verkehrsbereich, statt Stau Rückstau, obwohl es einen Vorstau nicht gibt, statt planen vorplanen, statt ändern abändern usw.)
– rechtlich zwar einwandfreie, hoch- und volkssprachlich aber erklärungsbedürftige Wendungen (z.B. »die Aussetzung der Vollziehung«) schüren Unbehagen oder Spott bei den Bürgern
– wenig Bürger- und Kundenfreundlichkeit und mehr obrigkeitsstaatliche Provenienz verraten antiquierte Formulierungen (z.B. »der Antragsteller kann form- und fristgerecht Widerspruch einlegen«)
Mit einer zeitgemäßen Verwaltungssprache müssen die öffentlichen Verwaltungen alle Einwohner samt Immigranten, zum Teil auch EU-Ausländer und andere Menschen ohne deutschen Pass, erreichen, ebenso die Vertreter von Unternehmen und weiteren Institutionen. Die Amts- bzw. Verwaltungssprache sollte mit Rücksicht auf Internationalisierung und Globalisierung eindeutige Anglizismen nicht aussparen, wohl aber überflüssige und modische Imponierfremdwörter. Wesentlich ist für die Verwaltungssprache, dass ihr Vokabular sowohl die Fachleute in der Verwaltung als auch die Bevölkerung informiert. Im verwaltungssprachlichen Alltag sind Rechts- und andere Fachausdrücke angemessen zu erklären, die hohe Begrifflichkeit der Gesetzessprache in die Umgangssprache zu übersetzen und der bürokratische Nominalstil, der ständig Substantiva gebraucht, zu entlasten. Elegant und gut lesbar erweist sich die Verwaltungssprache, wenn sie Fachausdrücke kurz und bündig verbal verknüpft.
Den modernen Fachausdrücken – gewissermaßen die Wegmarken auf dem Königsweg – widmet sich dieses Buch. Es erschließt außer deutschen Stichwörtern eine Reihe englischer Bezeichnungen, die sich insofern nicht einfach übersetzen lassen als der begriffliche Inhalt einen spezifischen Kontext aufweist, der für die öffentlichen Verwaltungen in Deutschland zum einen neu ist.
Ein Beispiel für eine anglizistische Neuerung: Die aus Kanada und den USA stammende Lehr-Lern-Methode Service Learning empfiehlt sich für die Aus- und Weiterbildung für den öffentlichen Dienst, weil sie das Verhältnis des Bürgers zum Staat mit Hilfe von Projekten hinterfragt und aufbereitet. Es handelt sich um »civic education«, zu Deutsch: um eine Art Demokratiepädagogik.
Zum andern ein Beispiel für einen veränderten Begriffsinhalt eines deutschen Fachworts: Unter Öffentlicher Wirtschaft subsumierte man früher die Staatswirtschaft samt öffentlicher Haushaltswirtschaft, später die Gesamtheit der staatlichen und kommunalen Unternehmen. An die Stelle dieser am öffentlichen Eigentum orientierten Begriffsbestimmung trat inzwischen ein funktionaler Inhalt. Öffentliche Wirtschaft kennzeichnet jetzt die zu erfüllenden öffentlichen (in erster Linie: Daseinsvorsorge-) Aufgaben unabhängig davon, ob daran öffentliche Verwaltungen und Unternehmen oder private Unternehmen oder beide Seiten beteiligt sind.
Konfuzius sagte: Zuerst verwirren sich Worte, dann die Begriffe und schließlich die Sachen. Die folgenden Stichwörter2 für eine erneuerte öffentliche Verwaltung sollen dies verhindern.
2 Sie erschienen in loser Reihenfolge in der monatlich publizierten Fachzeitschrift Deutsche Verwaltungspraxis unter der Rubrik ABC – Glossar – XYZ. Quelle: DVP, 59. Jg., 12 Hefte, 2008, 60. Jg., 12 Hefte, 2009, 61. Jg., 12 Hefte, 2010.
Dieses Wort steht für verantwortliche Rechenschaftslegung. Seit sich die illegalen Fälle von (verharmlosend sog.) kreativer Buchhaltung, Vorteilsgewährung, Betrug, Korruption, Sozialabgaben- und Steuerhinterziehung sowie anderen Pflichtverletzungen vornehmlich bei Kapitalgesellschaften, aber auch bei Körperschaften und Anstalten öffentlichen Rechts häufen, werden verstärkt soziale Verantwortung (social responsibility) sowie Transparenz und Publizität insbesondere in Bezug auf Anlage- und Kreditrisiken in der Wirtschaft und mittelbar auch in der Verwaltung eingefordert. Accountability ist Teil von »good governance« im Sinne einer werteorientierten Führung und Kontrolle. Dementsprechend hat die Rechenschaftslegung über eine bloße handelsrechtliche Bilanzierung oder haushaltsrechtliche Rechnungslegung hinauszugehen.
Verantwortliche Rechenschaftslegung liegt bei einer Unternehmung unter anderem vor, wenn sie Aktionäre, Gläubiger, Arbeitnehmer, Lieferanten bis hin zu Wirtschaftsprüfer und die Öffentlichkeit über Bilanzrisiken informiert; ihrer Verantwortung wird eine öffentliche Verwaltung unter anderem gerecht durch performance measurement. Dieses accountability-Instrument erweist sich längst als überfällig, denn nur so werden die Sachziele von Behörden erfasst, die die eigentlichen Ziele und die Legitimation behördlicher Tätigkeit verkörpern. Haushaltsplan und Jahresabschluss mit Einnahmen und Ausgaben spiegeln lediglich die finanzielle Seite der originären Sachziele wider.
Accountability verlangt von öffentlichen Verwaltungen ein aus den politischen Zielen und öffentlichen Aufgaben des Gesetz- und Verordnungsgebers (bei Bund und Ländern) und der Gemeindevertretung (von kreisfreien Städten und Landkreisen) abzuleitendes betriebliches Zielsystem – durchaus für die einzelnen obersten, oberen, mittleren und unteren staatlichen sowie kommunalen Behörden. Ein solches Zielsystem müsste die Sachziele und die Finanzziele und ihre (komplementären, konkurrierenden und indifferenten) Interdependenzen enthalten. Als gesellschaftliche Sachziele kämen in Betracht vorbildliches Handeln, soziale Verantwortung und Mitarbeiterzufriedenheit, bei den ökologischen Sachzielen Ressourcenschonung, Schadstoffvermeidung und Entsorgungssicherheit und bei den wirtschaftlichen Sachzielen Kundenorientierung, Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit (letztere z.B. bei Kommunalverwaltungen, wenn es um die Akquisition von Landesmitteln oder um die Ansiedlung von Gewerbebetrieben geht). Eng mit den Sachzielen sind die Finanzziele verknüpft, bei denen Ertragskraft (insb. Steuer- und Gebührenaufkommen), Aufrechterhaltung der Liquidität und Schutz vor Anlageverlusten und Überschuldung die Zieltriade bilden.
Darüber hinaus haben accountability und performance measurement zur Voraussetzung, dass Kennzahlen bzw. Maßstäbe für die Ziele festgelegt und als Norm- bzw. Standardwerte, auch mit Ober- und Untergrenzen (Zielkorridore), vorgegeben werden. Es folgen die strategischen und operativen Maßnahmen zu ihrer Realisierung, die Bewertung erzielter Ergebnisse durch laufendes Monitoring, unterstützt von einem Frühwarnsystem, das über Abweichungen unverzüglich informiert und die Ursachenfindung einleitet, schließlich die Berichterstattung über Ausmaß und Güte der Zielerreichung. Hier sind zahlreiche Ansätze entwickelt worden, auf die an dieser Stelle nur mit Stichworten hingewiesen werden soll: Balanced Scorecard, Sozial- und Ökobilanzen, Outcome-Impact-Rechnungen bzw. Wirkungsrechnungen, Qualitätsaudits und Wissensbilanzen.
In die Organisationstheorie von dem amerikanischen Betriebswirtschaftsprofessor und Nobelpreisträger Herbert A. Simon (1916–2001) bereits 1945 eingeführter fiktiver Entscheidungsträger. Im Gegensatz zum »economic man«, der theoretisch stets rational entscheidet, also einen »homo oeconomicus« darstellt, indem er seine Ziele festlegt und für die Zielerreichung sämtliche Präferenzen und Alternativen prüft und dann die optimale Alternative auswählt, handelt der »administrative man« beschränkt rational. Er geht von den gegebenen Bedingungen, insbesondere von den Kenntnissen und Ressourcen, aus, formuliert keine expliziten Ziele, sucht unterschiedliche Ziele auszugleichen und will Zielkonflikte vermeiden. Der »administrative man« prüft nur so lange Alternativen, bis er eine Entscheidung gefunden hat, die sich als zufriedenstellend (engl. satisficing) erweist. Damit ist er weniger einseitig konstruiert, kommt der Wirklichkeit näher und passt eher in die Welt der Verwaltung.