Manche mögen's Kowalski - Shannon Stacey - E-Book

Manche mögen's Kowalski E-Book

Shannon Stacey

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Beschreibung

Ladys, aufgepasst: Mitch Kowalski ist zurück! Ihr wisst ja: Spaß - immer! Verpflichtung - niemals …

"Geschlossen." Das Schild, das Paige Sullivan an die Eingangstür ihres Diners hängt, könnte sie seit zwei Jahren auch gut um ihr Herz tragen. Komisch nur, dass Mitch Kowalski das komplett ignoriert: Der notorische Bad Boy, soeben auf seinem Motorrad nach Whitford zurückgekehrt, sieht sie an, als wäre sie ein besonders köstlich aussehendes Erdbeer-Dessert. Allerdings: Sein Lächeln geht Paige unter die Haut … Sollte sie vielleicht eine Ausnahme machen und Kowalski auf seine legendären Fähigkeiten als Mann testen? Paige wäre eher an etwas Solidem, etwas Ernstem interessiert und ist alles andere als der Typ für eine heiße Affäre. Andererseits bleibt Mitch ja nur für sechs Wochen. Kann man in der kurzen Zeit ernsthaft sein Herz verlieren?

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Seitenzahl: 385

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Shannon Stacey

Manche mögen’s Kowalski

Aus dem Amerikanischen von Thomas Hase

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2014 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Deutsche Erstveröffentlichung

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

All He Ever Needed

Copyright © 2012 by Shannon Stacey

erschienen bei: HQN Books, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Mareike Müller

Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München

Autorenfoto: © Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

ISBN eBook 978-3-95649-308-9

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder

auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich

der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Für Jaci und Angela,

weil ich mich in dunklen und stürmischen Nächten immer darauf verlassen kann, dass ihr mich unter dem Bett hervorzieht … oder mir mit Büchern, Taschenlampen und kleinen Snacks Gesellschaft leistet.

1. KAPITEL

Mitch Kowalski hatte sechzig Meilen pro Stunde auf dem Tacho, als er das große Ortsschild passierte, das die Besucher von Whitford willkommen hieß. Mitch wagte es nicht, die freundliche Begrüßung mit einem ebenso freundlichen Lächeln zu erwidern. In den Abendstunden auf einer Harley Davidson sitzend den Mund zu öffnen, brachte die Gefahr mit sich, eine Ladung Fliegen zu verschlucken.

Er war wieder zu Hause. Na ja, noch nicht ganz. Angekommen war er erst, wenn er die Maschine am Ende der langen Auffahrt von der Ferienpension abgestellt hatte, die sich Northern Star Lodge nannte. So ungeduldig er diese Ankunft auch erwartete, drosselte er doch das Tempo, sobald er die erste Ampel auf der Main Street erblickte.

Drei Jahre war es her, seit er seine Heimatstadt in Maine das letzte Mal besucht hatte. Trotzdem hätte er die Strecke durch die Stadt immer noch mit geschlossenen Augen fahren können. Es ging an der Post vorbei, wo er seinen ersten bezahlten Job gehabt hatte, den er auch bald darauf wieder los gewesen war, weil er die Playboyhefte vom alten Farr erheblich fesselnder fand, als Stromrechnungen in die Fächer zu sortieren. Dann kam der Whitford Supermarkt mit der Tankstelle davor, der Fran und Butch Benoit gehörte. Mit deren Tochter war er auf den Abschlussball vom Junior Year gegangen. Der Abend endete damit, dass sie es im Stehen an der Tafel in einem leeren Klassenzimmer gemacht hatten.

Mitch nahm den Gang heraus und ließ die Maschine vor der Kreuzung der beiden Hauptstraßen langsam ausrollen. Zur Linken befanden sich zwei Reihen alte Backsteinhäuser, in denen die Stadtverwaltung, die Bank und eine Anzahl kleinerer Firmen residierten. Auf der rechten Seite lag die Polizeistation, die die Kowalski-Brüder als Jugendliche mehr als einmal von innen gesehen hatten, und die Bücherei, ein ergiebiger Jagdgrund für die Burschen von Whitford auf der Pirsch nach hübschen Mädchen, um diese von ihren Algebrahausaufgaben wegzulocken.

Ja, es war gut, wieder daheim zu sein, auch wenn bereits alles geschlossen hatte. Wer etwas in der Stadt zu besorgen hatte – das wussten alle hier –, sollte es besser noch vor den Abendnachrichten erledigen.

Mitch überquerte gerade die Kreuzung, da fiel ihm nur ein kurzes Stück weiter der alte Diner ins Auge. Genauer gesagt war es das hell erleuchtete Reklameschild vor dem ehemaligen Burgerrestaurant. Das letzte Mal, als er hier vorbeigekommen war, war der Laden noch zu gewesen. Der damalige Besitzer hatte das Geschäft aufgegeben, was nicht nur an der allgemeinen wirtschaftlichen Flaute gelegen hatte, sondern auch daran, dass er sich nicht besonders engagiert um sein Unternehmen gekümmert hatte. Jetzt prangte ein neuer Name auf dem Schild. Auf dem Parkplatz standen ein paar Wagen, und ein roter Neonschriftzug im Fenster verkündete, das geöffnet war.

Mitch merkte, dass ihm der Magen knurrte, und lenkte seine Harley auf den Parkplatz. Josh, sein jüngster Bruder, erwartete ihn nicht – es sei denn, die Pakete mit der Kleidung und ein paar anderen Sachen, die Mitch vorausgeschickt hatte, waren schon angekommen – und hatte wahrscheinlich längst zu Abend gegessen. Da Mitch keine große Lust hatte, sich irgendwelche Reste zusammensuchen zu müssen, entschloss er sich, einen Happen im Diner zu sich zu nehmen, bevor er weiter zur Lodge fuhr.

Was ihm als Erstes auffiel, als er den Laden betrat, war der Fünfzigerjahrestil, in dem der Diner eingerichtet worden war: viel rotes Vinyl und Marmorfliesen in Schwarz-Weiß. Das Zweite, das ihm sofort ins Auge stach, war die Frau hinter dem Tresen – eine Frau, die er noch nie in Whitford gesehen hatte, was sehr ungewöhnlich war.

Mitch schätzte sie auf ungefähr dreißig, also etwa sieben Jahre jünger als er. Sie hatte ihre braunen Haare zu einem lockeren Knoten zusammengesteckt, so als warte sie nur darauf, dass ihr jemand die Haarnadeln herauszog, um ihn zu lösen. Ihre ansehnlichen Kurven wurden von einer Jeans und einem T-Shirt mit der Aufschrift Trailside Diner verhüllt. Und zu guter Letzt registrierte Mitch, dass er weder einen Ehering noch einen verräterischen hellen Streifen auf der sonnengebräunten Haut ihres Ringfingers entdecken konnte.

Dafür erblickte er ein Plastikschild auf ihrer äußerst ansehnlichen linken Brustseite. Namensschilder waren in einer Stadt, in der die ersten Beziehungen im Laufgitter geknüpft und im Kindergarten vertieft wurden, ebenfalls eine Rarität. Während er auf einen der roten gepolsterten Hocker Platz nahm, konnte er den Namen darauf lesen. Paige.

Er hatte sich absichtlich mit dem Rücken zu den Tischen mit den anderen Gästen gesetzt, in der Hoffnung, nicht gleich erkannt zu werden. Zum einen, weil er nicht wollte, dass Josh von dritter Seite erfuhr, dass er wieder in der Stadt war, bevor er bei ihm auftauchte. Zum anderen war er momentan weit mehr daran interessiert, Paiges Bekanntschaft zu machen, als alte Bekannte wiederzutreffen.

„Kaffee, Sir?“

„Ja, bitte.“ Sie hatte braune Augen, die noch dunkler waren als der Kaffee, den sie in den großen Becher vor ihm goss.

„Sind Sie neu in der Stadt?“ Über die Schulter hinweg schaute sie ihn an, während sie die Kanne zurück auf die Wärmeplatte stellte. „Ich bin seit fast zwei Jahren jeden Tag hier, aber ich habe Sie noch nie gesehen. Na ja, vielleicht ist neu ja auch relativ.“

Mitch griff sich eine Karte, die zwischen dem Gewürzständer und dem Serviettenhalter steckte. Er war neugierig, ob das Angebot in der Zwischenzeit und mit dem neuen Besitzer auch gewechselt hatte. „Das erste Eis in meinem Leben habe ich dort hinten gegessen.“

Sie lehnte mit der Hüfte am Abstelltisch aus Edelstahl, auf dem die Kaffeemaschine stand, und musterte ihn. „Groß gewachsen, dunkel, gut aussehend, hübsche blaue Augen. Sie müssen einer von Joshs Brüdern sein.“

Normalerweise kam es bei einem Mann nicht sonderlich gut an, wenn man ihn als hübsch bezeichnete. Doch Mitch sah das positiv. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass hübsche Augen ihm den Weg zu attraktiven Frauen ebneten. „Ich bin der Älteste. Mitch.“

Das Lächeln, das ihre Züge erstrahlen ließ, machte sie noch interessanter. „Oh, ich habe schon einiges von Ihnen gehört.“

Das konnte er sich gut vorstellen. An Geschichten, die über ihn und seine Brüder in der Stadt kursierten, gab es keinen Mangel. Wenn einige von ihnen im Laufe der Zeit auch legendäre Züge angenommen hatten, musste er zugeben, dass die meisten im Großen und Ganzen wahr waren. Unwillkürlich fragte er sich, ob sie auch die Geschichte über den Rücksitz des Cadillacs von Hailey Genests Vater kannte. Es war eine der Lieblingsstorys der Whitforder Klatschmäuler. Als der alte Genest seinen Cadillac verkaufen wollte, um sich ein neueres Modell zuzulegen, waren auf dem Boden angeblich noch immer die Weinflecken und die Kratzer im Lederpolster der Rückbank zu sehen gewesen, die Haileys Fingernägel dort hinterlassen hatten.

Auch wenn er damals erst siebzehn gewesen war – Hailey war zu dieser Zeit neunzehn –, hatte sich Mr Genest noch lange lautstark über die Kratzer beschwert, wenn er Mitch in Hörweite wusste. Sobald die Blicke, die Mrs Genest ihm zuwarf, allerdings von vorwurfs- zu hoffnungsvoll wechselten, begann Mitch ihr aus dem Wege zu gehen. Das war in einer Kleinstadt wie Whitford zwar nicht einfach, doch er war schnell, wenn es sein musste.

„Dann sind Sie also der, der ganze Häuserblocks in die Luft jagt?“, fragte sie, mehr um irgendetwas zu sagen, als er auf ihre letzte Andeutung nicht reagierte.

„So könnte man es auch ausdrücken.“ Genauer gesagt war er einer der gefragtesten Sprengmeister des Landes und Chef eines der größten Abbruchunternehmen. Auch wenn die Kunst seines Jobs darin bestand, die Sicherheit einer kontrollierten Sprengung zu gewährleisten, faszinierte die Menschen merkwürdigerweise am meisten, dass er dafür bezahlt wurde, Häuser in die Luft zu jagen. „Gibt es hier eigentlich noch Hackbraten?“

„Das Erste, was die Leute vom Ordnungsamt mir erzählt haben, als ich den Antrag stellte, den Laden zu übernehmen, war, dass ein Diner in New England ohne Hackbraten gar nicht geht.“

„Dann nehme ich den, und ich hätte gern eine Extrascheibe und eine ordentliche Portion Soße. Ich zahl auch dafür.“

„Wie wär’s, wenn die Extras aufs Haus gehen? Gewissermaßen als Willkommensgruß?“

„Das wäre sehr freundlich“, erwiderte er und schenkte ihr sein charmantestes Lächeln. Es war dieses Lächeln, von dem man ihm gesagt hatte, dass seine Augen dabei auf eine besondere Weise funkelten, und mit dem er bisher immer Erfolg gehabt hatte. Und da das nette Kompliment von Frauen gekommen war, bei denen er landen konnte, schätzte er, dass da etwas dran sein musste.

Die leichte Röte, die ihr vom Ausschnitt ihres T-Shirts ins Gesicht stieg, verriet ihm, dass es auch dieses Mal nicht ohne Wirkung geblieben war. Umgekehrt ließ ihn allerdings auch der Hüftschwung nicht kalt, mit dem sie sich umwandte, um seine Bestellung an der Durchreiche zur Küche weiterzugeben. Mitch war sich ziemlich sicher, dass der junge Mann, der die Order dort entgegennahm, kein anderer war als der älteste Sohn von Mike Crenshaw. Gavin hieß er, wenn Mitch sich recht erinnerte.

Der Abriss eines alten Casinos mitten im belebten Las Vegas, damit Platz für ein neues und größeres geschaffen wurde, war ein anstrengender Job gewesen, der Mitch in den letzten beiden Monaten keine Zeit für sexuelle Aktivitäten gelassen hatte. Da käme ihm eine kurze Affäre äußerst gelegen. Er könnte den Nett-dich-kennenzulernen-Sex und dann den Ich-weiß-genau-was-du-brauchst-Sex genießen und wäre wieder weg, noch bevor es zum Oh-Mitch-ich-kann-ohne-dich-nicht-leben-Sex kommen konnte.

Mitch bewunderte Paiges perfekte Rundungen, während sie sich bückte, um eine Handvoll Zuckertüten hervorzuholen, und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Es war doch verdammt gut, wieder daheim zu sein.

Paige Sullivan hatte schon einige Geschichten über Mitch Kowalski gehört, und es waren weiß Gott ein paar pikante Anekdoten darunter. Dennoch war sie nicht darauf gefasst, dass dieser Mann jetzt vor ihr auf einem der Hocker an ihrem Tresen saß. Sein dichtes dunkles Haar war gerade lang genug, dass man es ein wenig zerzausen konnte. Mit seinen blauen Augen und diesem ungezwungenen Lächeln hätte er irgendein Filmstar sein können und nicht ein Typ, der hier hereinschneite, weil er Appetit auf eine Portion Hackbraten hatte, sondern vielleicht eher – nach allem, was ihr über ihn zu Ohren gekommen war, war er stets daraus aus – auch auf ein wenig Zuwendung. Zu dumm, dass es für ihn hier nichts zu holen gab außer dem günstigen Mittagsangebot. Schade für ihn. Und möglicherweise auch ein bisschen für sie selbst.

„Wo kommen Sie her?“

Paige zuckte die Achseln, ohne den Kopf zu heben, während sie weiter die Zuckertüten auf die Schälchen verteilte, die auf den Tischen bereitgestellt wurden. „Daher und dorther. Da gab es eine Menge Stationen. Jedenfalls bin ich nicht von hier.“

„Ein Kind der Army?“

„Nein. Kind einer Mutter, die – was soll ich sagen? – nicht sehr ortsgebunden ist.“ Eine Mutter, die, um es anders auszudrücken, ein paar Schrauben locker hatte. Doch das verschwieg Paige. Sie hatte nicht vor, ihre Lebensgeschichte vor ihren Gästen auszubreiten.

„Und wie hat es Sie dann hierher verschlagen?“

„Die alte Geschichte. Mein Auto ging kaputt, und ich bin hier hängen geblieben.“ Sie schenkte ihm Kaffee nach und wandte sich ab. Länger konnte sie nicht herumstehen und schwatzen, denn sie musste sich um den Nachtisch für Tisch sechs kümmern.

Während sie die Erdbeertörtchen vorbereitete, drängte sich ihr der Eindruck auf, dass Mitch sie genau beobachtete. Es waren keine Blicke, die sie zufällig streiften, weil sie sich in seinem Gesichtsfeld bewegte. Nein, er fixierte sie ganz ungeniert. Da sie es gar nicht mehr gewohnt war, Gegenstand solchen Interesses zu sein, machte es sie verlegen. Und die Tatsache, dass er der bestaussehende Typ war, der im Trailside Diner aufgekreuzt war, seitdem sie ihn wiedereröffnet hatte, tat ihr Übriges.

Keine Männer, ermahnte sie sich im Stillen. Sie lebte strikt enthaltsam. Abstinent. Oder wie auch immer. Jedenfalls hieß das, dass sie keinerlei stillschweigende Einladungen zu irgendwelchen Intimitäten annahm, ganz gleich, wie gut die betreffenden Männer aussahen. Kurzum: keine Kerle.

Wenige Minuten nachdem sie das Dessert serviert hatte, rief Gavin von der Durchreiche nach ihr. Sie griff nach dem Teller mit dem heißen Hackbraten und stellte ihn vor Mitch, der mit einem Lächeln die Hand nach der Gabel ausstreckte, das mehr ausdrückte als bloß ein höfliches Dankeschön.

Paige ignorierte das leise Kribbeln, das dieses Lächeln in ihr auslöste. Stattdessen drehte sie sich um und setzte noch eine Kanne Kaffee auf. Normalerweise tat sie das so kurz vorm Schließen an einem Wochentag nicht mehr. Aber sie hatte nicht mehr genug zum Nachschenken und konnte auch nicht wissen, ob nicht doch der eine oder andere Gast noch ein Weilchen bleiben wollte und dafür bereit war, auf etwas Schlaf nach der soundsovielten Tasse Kaffee zu verzichten.

Während die Maschine lief, zog Paige eine der viereckigen Plastikboxen unter dem Tresen hervor, in denen das Geschirr eingesammelt wurde, und begann, die Ketchupflaschen von den Tischen zu räumen, wobei sie versuchte, nicht an den Mann zu denken, der am Tresen seinen Hackbraten aß. Ihr war bekannt, dass Mitch Kowalski einen gefährlichen Job ausübte. In seinen ausgewaschenen Jeans und dem schwarzen T-Shirt, das seinen kräftigen Oberkörper, der von harter Arbeit durchtrainiert war, umschmiegte, sah er tatsächlich ein Stück weit nach dem Bad Boy aus, für den er allgemein gehalten wurde.

Wenn sie es recht bedachte, wusste sie eine ganze Menge über den Ältesten der Kowalski-Sprösslinge. Während seine Brüder in der ganzen Stadt als wahre Goldjungen gepriesen wurden, bekam der weibliche Teil der Bevölkerung ein gewisses Glitzern in den Augen, sobald Mitchs Name fiel. Und diesem Glitzern folgten oft genug ein paar pikante Details aus seinem Vorleben, die alle auf eins hinausliefen: dass eine Frau mit diesem Mann keine Enttäuschungen erlebte.

Paige stieß mit dem Hinterteil die Pendeltür zur Küche auf und brachte die Ketchupflaschen in den Kühlraum. Sie brauchte sie erst am nächsten Morgen aufzufüllen. Trotzdem verweilte Paige einen Moment lang dort, um sich das erhitzte Gesicht abzukühlen. Okay – vielleicht nicht nur das Gesicht. Wenn sie sich vorstellte, dass Mitch mit siebzehn Jahren ein Mädchen so weit gebracht hatte, dass es mit den Fingernägeln die Lederpolster im Auto des Vaters ruinierte, was war dann erst von ihm als erfahrener Mann zu erwarten? Nicht, dass sie etwas von ihm erwartete, nachdem sie sich zu Enthaltsamkeit entschlossen hatte. Aber man durfte ja wohl noch über eine theoretische Frage nachdenken.

Das Seltsamste an den Geschichten über Mitch Kowalski war das Fehlen jeglicher Bitterkeit oder Feindseligkeit. Dass ein Mann einen nicht unbeträchtlichen Teil der Frauen einer Kleinstadt beglückt hatte, ohne eine breite Spur von gebrochenen Herzen und Eifersüchteleien hinterlassen zu haben, schien ein Ding der Unmöglichkeit. Und doch hatte er dieses Kunststück offenbar vollbracht. Stattdessen begleiteten schwärmerisch verklärte Blicke die Erinnerungen an ihn.

Fünf Minuten vor Feierabend war der Diner fast leer, abgesehen von Mitch am Tresen und einem älteren Paar, das über seinen Bechern mit lauwarmem koffeinfreien Kaffee ausharrte. Kurzerhand ging Paige zur Tür und drehte das „Geöffnet“-Schild herum. Ihre Teilzeitservicekraft Ava, die für gewöhnlich die Spätschicht übernahm, hatte sich krankgemeldet, und so hatte Paige den ganzen Tag gearbeitet – von sechs Uhr in der Früh bis neun Uhr abends. Jetzt war sie reif fürs Bett.

Mit seinem Bon in der Hand trat Mitch zu ihr an die Kasse. „Wann gibt’s Frühstück?“

„Um sechs.“ Paige mochte nicht daran erinnert werden, dass um halb fünf ihr Wecker klingeln würde.

Lachend schüttelte Mitch den Kopf. „Ich habe mich nicht ganz richtig ausgedrückt. Bis wann kriege ich noch Frühstück?“

Dass sie diesem Mann nun häufiger begegnen sollte, war ihr noch gar nicht in den Sinn gekommen. Ihn, die Versuchung in Person, regelmäßig an ihrem Tresen anzutreffen, würde es ihr nicht gerade einfacher machen, der Versuchung zu widerstehen. „Frühstück gibt es den ganzen Tag. Poached Eggs allerdings nur bis elf.“

Er schien etwas sagen zu wollen, aber das Pärchen von Tisch sechs hatte wohl gemerkt, dass geschlossen wurde, und sich erhoben. Die beiden schritten auf die Kasse zu. Mitch beschränkte sich auf ein Lächeln, das bei Paige wieder dieses Kribbeln auslöste, das sie nicht spüren wollte, dann stand auch er auf und verschwand durch die Tür. Paige konzentrierte sich darauf, bei ihren letzten Gästen abzukassieren, bevor sie nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag endlich Feierabend machen konnte.

Als sie hinter ihnen absperrte, sah sie durch die Glastür, wie Mitch an der Ausfahrt des Parkplatzes hielt, ehe er auf die Straße abbog. Das Motorrad, auf dem er saß, ließ sie an ein schwarzes sprungbereites Raubtier denken, das zwischen seinen Beinen vor strotzender Kraft nur so bebte. Da die ledernen Satteltaschen den Rest verdeckten, konnte Paige nur Mitchs breite Schultern in dem engen schwarzen T-Shirt erkennen.

Er ließ die Maschine aufheulen und drehte sich noch einmal zu ihr um, und ihre Blicke trafen sich für eine Sekunde, bevor er Gas gab und im Dunkel der Nacht verschwand.

Keine Männer! Paige schaltete die Außenbeleuchtung aus. Seit nunmehr zwei Jahren hatte es keinen Mann mehr in ihrem Leben gegeben. Sie hatte um alle immer konsequent einen Bogen gemacht. Allerdings war die Versuchung, damit zu brechen, noch nie so groß gewesen wie bei Mitch Kowalski.

Mit verschränkten Armen stand Mitch neben seiner Harley. Die Freude über seine Heimkehr war arg getrübt, als er bemerkte, in welchem Zustand sich die Northern Star Lodge befand. Wie hatte es damit in nur drei Jahren derart bergab gehen können? Die Vorderfront des Hauses sah, soweit man das im Schein der Gartenlaternen erkennen konnte, noch nicht ganz heruntergekommen, aber schon recht schäbig aus. Von der Veranda blätterte die Farbe ab. Um die Hecken herum wucherte das Unkraut. Am Treppengeländer fehlte eine Stange. Mitch wollte sich gar nicht ausmalen, welchen Eindruck das Haus im hellen Tageslicht machen würde.

Sein Urgroßvater hatte die Lodge als Landsitz für die Familie bauen lassen, damals schwammen die Kowalskis noch in Geld. In seinen Anfängen war es ein stattliches Haus gewesen, wie es für New England typisch war – mit einer breiten Landhausveranda und dem traditionellen weißen Anstrich. Die ursprünglich schwarzen Fensterläden hatte Mitchs Mutter später dunkelgrün gestrichen, um das recht streng wirkende Äußere des Hauses ein wenig heiterer erscheinen zu lassen. Während Mitch jetzt einen Blick auf die Fensterläden warf, musste er feststellen, dass einer ganz fehlte und etliche schief in den Angeln hingen. Und auch hier war ein frischer Anstrich vonnöten.

Irgendwann hatte sein Urgroßvater nach hinten hin noch einen ähnlich großen Anbau hinzugefügt, sodass das ganze Gebäude eine L-Form bekam. In dem hinteren Trakt befanden sich unten eine große Küche und ein Speisesaal und im Obergeschoss Zimmer für die Dienstboten.

Der Sohn des Erbauers, Grandpa Kowalski, hatte mit wenig Glück an der Börse spekuliert. Er liebte das Risiko, war jedoch alles andere als ein guter Geschäftsmann gewesen. Nachdem das Familienerbe aufgebraucht war und auch die große Villa in der Stadt hatte verkauft werden müssen, verwandelte er den Landsitz der Familie kurzerhand in einen exklusiven Jagdclub. Aus den Dienstbotenunterkünften wurden Gästezimmer, und damit war die Northern Star Lodge geboren. In den folgenden Generationen verlagerte sich das Gastgewerbe dann von den Jagdgesellschaften auf die Wintersportler, und jetzt waren es hauptsächlich Motorschlittenfahrer, die hierherkamen. Josh führte das Haus, das jedoch allen fünf Kindern zu gleichen Teilen gehörte.

Die Bretter knarrten unter Mitchs Schritten, während er die Stufen hinauf zur schweren eichenen Haustür stieg, die leise quietschte. Hier schien tatsächlich alles den Bach hinunterzugehen.

Der große Salon war hell erleuchtet, und dort lümmelte Mitchs jüngster Bruder auf einem der schweren braunen Ledersofas. Das eine Bein steckte vom Knie abwärts in einem soliden schneeweißen Gips. Vor ihm am Sofa lehnte ein Paar Krücken. Josh hielt ein Bier in der Hand. Eine weitere Dose stand ungeöffnet am Ende des Tischs, wo sich Mitchs Lieblingssessel befand.

Mitch ließ sich dort hineinfallen und machte den Verschluss der Bierdose auf. „Woher wusstest du, dass ich dich besuche?“

„Mike Crenshaw hat dich gesehen, wie du in den Diner gegangen bist, als er von seinem Veteranentreffen kam. Der hat es seiner Frau erzählt, die hat Jeanine Sharp angerufen, die hat Rosie beim Bingo antelefoniert, und die hat dann mir Bescheid gesagt.“

Rose Davis war die Haushälterin in der Northern Star Lodge, gleichzeitig aber vor allem Ersatzmutter für die Kinder gewesen und hatte diese Doppelrolle innegehabt, seitdem Sarah Kowalski an einem Aneurysma gestorben war, als Mitch zwölf Jahre alt war.

„Bist du hier, um den Babysitter für mich zu spielen?“

Wenn man Josh, das „Baby“ unter den Brüdern, betrachtete, konnte man den Eindruck gewinnen, dass er ein Kindermädchen gebrauchen könnte. Und eine gründliche Dusche obendrein.

Alle Geschwister hatten das Aussehen im Wesentlichen vom Vater geerbt. Alle waren sie schlank und über einen Meter achtzig groß, selbst Liz. Dennoch gab es Unterschiede in ihrer Erscheinung. Josh hatte die Nase von seiner Mutter, und sein Gesicht hatte eher weichere Züge, während die Gesichter von Ryan und Sean schärfer geschnitten waren. Diese beiden hatten dasselbe Profil wie ihr Großvater. Josh und Mitch hatten dunkles Haar wie der Vater, die anderen kamen in der Haarfarbe mit ihrem Dunkelblond mehr nach der Mutter. Mitch hatte die markantesten Züge und einwandfrei die klassische „Kowalski-Nase“. Allen gemeinsam war das strahlende Blau der Augen ihres Vaters. Diese faszinierenden Augen waren es, die, sofern es sich um die männlichen Kowalskis handelte, besonders die Frauen zweimal hinschauen ließ.

In seinem gegenwärtigen Zustand jedoch wäre Josh wohl kaum eines zweiten Blickes gewürdigt worden, es sei denn, um sich zu vergewissern, dass dieses Gesicht nicht auch auf einem der Steckbriefe prangte, die in der Post hingen. Sein Haar wirkte ungepflegt, und er sah aus, als hätte er sich schon seit mehreren Tagen nicht mehr rasiert. Er trug eine ausgeleierte Jogginghose, deren eines Bein in Höhe des Knies abgeschnitten war, damit Josh es bequemer über den Gips streifen konnte. Das dezente Muster auf dem T-Shirt entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Spaghettisoße.

„Sehe ich aus wie ein Babysitter?“ Mitch trank einen großen Schluck aus seiner Bierdose und überlegte, wie er sein Erscheinen erklären sollte, ohne seinen Bruder allzu sehr vor den Kopf zu stoßen. „Ich habe läuten gehört, es gibt eine Neue im Diner, von der jeder schwärmt. Die wollte ich mir mal anschauen.“

Josh fiel nicht darauf herein. „Ja, ja, ich weiß. Hat Rosie dich angerufen, dass du kommen sollst?“

„Natürlich. Dein Gips war vermutlich noch nicht trocken, da hat bei mir schon das Telefon geklingelt. Wann warst du zuletzt unter der Dusche?“

Josh winkte ab. „Duschen kann ich vergessen. Ich muss in die Wanne steigen – nach Hausfrauenart“, fügte er in verächtlichem Ton hinzu. „Damit ich dieses Bein raushängen lassen kann.“

„Ist doch schön so ein Schaumbad.“

„Ach, leck mich … Wie lange bleibst du denn dieses Mal? Drei Tage oder eine ganze Woche?“

Müde sah sein kleiner Bruder aus, müde und ausgebrannt. Rundheraus gesagt: richtig fertig. Mitch begann, sich ernsthaft zu sorgen. „Rosie meinte, du wolltest die große Eiche vor dem Haus beschneiden und bist runtergefallen.“

„Nicht ganz. Die Leiter ist weggerutscht.“ Josh zuckte die Achseln und nippte an seinem Bier.

„Lass mich raten. Du hast die Leiter auf deine Werkzeugkiste gestellt, die auf der Ladefläche deines Pick-ups stand.“

„Ja und? Die Leiter war nicht lang genug, und eine andere hatte ich nicht.“

„Und warum hast du nicht eine Firma angerufen, die so etwas macht?“

„Meine Güte, ja, Mr Allwissend mit Baumdoktordiplom. Wie konnte ich nur?“

Mitch dachte nicht daran, sich auf eine Debatte in diesem Ton einzulassen. Er trank von seinem Bier und wartete darauf, dass Josh selbst auffiel, dass er ein Esel war. Schließlich war Mitch es nicht gewesen, der auf die bescheuerte Idee gekommen war, eine Leiter auf eine Ladefläche zu stellen, anstatt sich Hilfe zu holen. Deshalb musste er sich von seinem Bruder auch nicht so einen Mist anhören.

„Na schön, ich hätte diese Baumfritzen anrufen sollen und hab es nicht getan. Und nun ist mein Bein im Arsch. Zufrieden?“

„Führ dich nicht so idiotisch auf.“ Mitch leerte seine Bierdose und warf sie in einen Papierkorb, den jemand – vermutlich Rose – für Joshs Leergutsammlung neben dem Sofa bereitgestellt hatte. „Wie viele von denen hattest du heute schon?“, fragte Mitch, als es im Papierkorb schepperte.

„Nicht genug.“ Auch Josh kippte seinen Rest Bier in sich hinein, bevor er die leere Dose zu den anderen warf.

Mitch war sich nicht sicher, mit welchem Problem Josh sich herumschlug, doch ganz bestimmt war es nicht sein gebrochenes Bein. Jedes Mal, wenn Mitch heimkam, was zugegebenermaßen seltener passierte, als es sollte, war Josh ein Stück weiter heruntergekommen.

„Warum wäschst du dich morgen früh nicht mal, und ich nehme dich zum Frühstück mit in den Diner? Wir könnten da sitzen und die neue Kellnerin betrachten.“

„Paige? Sie ist nicht die Kellnerin. Ihr gehört der Laden jetzt. Und sie ist nicht interessiert.“

„Sie war interessiert.“

„Jeder Mann in Whitford hat es bei ihr probiert, und ich sage dir, sie ist nicht interessiert. Sie ist seit rund zwei Jahren hier und hat in der ganzen Zeit nicht eine einzige Verabredung gehabt, von der jemand wüsste. Und wenn sie eine gehabt hätte, hätte jemand in dieser Stadt davon erfahren.“

Mitch dachte daran, wie sie errötet und beinahe ängstlich seinem Blick ausgewichen war, und zog den Schluss, dass sie wahrscheinlich nur auf den Richtigen wartete. An Interesse fehlte es auf seiner Seite nicht, und er war gern bereit, sie von ihrem zweijährigen Keuschheitsgelübde zu erlösen, das sie anscheinend abgelegt hatte. Vorausgesetzt, sie sah in ihm den Richtigen. Sie könnten ein bisschen Spaß haben, solange er hier war, um die Lodge auf Vordermann zu bringen. Dann würde er ihr einen Abschiedskuss geben und zu seinem nächsten Job aufbrechen. Ohne Bedauern, ohne Reue. So wie immer.

2. KAPITEL

Mit ihren sechsundfünfzig Jahren hatte Rose Davis Besseres zu tun, als das Rudel Kowalski-Kinder zusammenzuhalten. Sie könnte beispielsweise Mützchen für ihr Enkelkind häkeln, wenn ihre Tochter Katie nur endlich zu Potte käme. Oder sie könnte einen hübschen längeren Ausflug mit ihren Freundinnen nach Connecticut machen, wo es dieses schicke Casino gab.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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