Mann ohne Kindheit - Heinz Michael Vilsmeier - E-Book

Mann ohne Kindheit E-Book

Heinz Michael Vilsmeier

0,0

Beschreibung

"Mann ohne Kindheit - Vom Opfer zum Täter." ist ein Interview mit einem pädophilen Straftäter, der sich seit 16 Jahren im Maßregelvollzug befindet. Der Text ist insofern beispiellos, als er sowohl aus Opfer- wie auch aus Tätersicht Einblick in den kommerziell organisierten Kindesmissbrauch in Deutschland gewährt. In einer Parallelwelt zur bürgerlichen Gesellschaft ist der Handel mit Kindern, die Herstellung und der Vertrieb von Kinderpornographie und die Prostitution von Kindern mitten in Deutschland erschreckender Alltag. Das Buch verdeutlicht die Funktionsweise des organisierten Kindesmissbrauchs. Dies geschieht sowohl in privaten, wie auch in kommerziell organisierten Zusammenhängen. Die dafür erforderlichen Strukturen befinden sich in der Hand international agierender Organisationen. Das Kundenklientel existiert unabhängig von Schicht- oder Klassenzugehörigkeiten, Bildungsstand, Nationalität, Religion, Kultur oder weltanschaulicher Ausrichtung. Gesellschaftliche Ächtung und staatliche Strafandrohung haben die potentielle Erpressbarkeit der Täter zur Folge. Die Drahtzieher des organisierten Kindesmissbrauchs nutzen diese Erpressbarkeit zur Einflussnahme auf die Politik, die staatliche Verwaltung, die Justiz oder die Wirtschaft. Die Gespräche ereigneten sich im Besucherraum einer forensischen Einrichtung. Sie mussten abgebrochen werden, als zwischen dem Informanten und dem Pflegepersonal Konflikte aufbrachen. Die letzte Begegnung fand in einem hoch gesicherten Raum mit Trennscheibe statt. Der Informant wurde ohne weitere Ankündigung in eine andere Einrichtung verlegt. Der damit verbundene Abbruch der Therapie und die plötzliche Verlegung des Informanten zeigen, auf welch dünnem Eis sich der Autor des Buches bewegt. Dies gilt sowohl in Hinblick auf rechtliche Risiken, wie auch in Hinblick auf die beteiligte Mafia. Diese Risiken dürfen nicht unerwähnt bleiben, da Warnungen bis hin zu Drohungen den Verlauf der Gespräch entscheidend beeinflusst haben.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 563

Veröffentlichungsjahr: 2015

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Heinz Michael Vilsmeier

Interview mit einem pädophilen Straftäter.

Mann ohne Kindheit – Vom Opfer zum Täter.

Impressum:

Mann ohne Kindheit – Vom Opfer zum Täter. Interview mit einem pädophilen Straftäter.

Heinz Michael Vilsmeier

Erste Auflage: Copyright: © 2015 Heinz Michael Vilsmeier

Neuauflage: Copyright: © 2024 Heinz Michael Vilsmeier

Verlag: epubli GmbH, Berlin

https://interview-online.blog

[email protected]

Vorwort

Im April 2014 erfuhr ich von dem Wunsch eines pädophilen Straftäters, seine Erfahrungen im kommerziell organisierten Kindesmissbrauch biografisch zu verarbeiten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Bonobo, wir einigten uns zu einem späteren Zeitpunkt auf dieses Pseudonym, seit 16 Jahren im Maßregelvollzug.

In der Weitergabe seiner Erlebnisse sieht Bonobo, der sich mittlerweile medikamentös behandeln lässt, einen wichtigen Schritt im Rahmen seiner Therapie. Ein weiteres Motiv ist der Versuch, die Öffentlichkeit über den kommerziellen Kindesmissbrauch aufzuklären und so zum Schutz betroffener Kinder beizutragen. In der Tat ist das Wissen über organisierten Kindesmissbrauch in der Gesellschaft nur marginal vorhanden. Dies zeigen Diskussionen im Kontext bekannt gewordener Missbrauchsfälle. Beispiele sind die öffentliche Diskussion über "Posing Fotos" und die Positionierung des Gesetzgebers dazu. Kinder, die zur Herstellung solcher Aufnahmen gezwungen werden, müssen die spitzfindige Diskussion über die Frage, wo bei Posing Fotos die Grenze zur Pornografie verlaufe, als zynisch empfinden.

Vor den Gesprächen mit Bonobo wusste ich nichts über kommerziellen Kindesmissbrauch. Durch das Gespräch mit Bonobo habe ich gelernt, dass eine Parallelwelt zur bürgerlichen Gesellschaft existiert, in der Handel mit Kindern, Herstellung und Vertrieb von Kinderpornografie, die Prostitution von Kindern und somit deren kommerziell betriebener Missbrauch Alltag sind. Das Geschäftskonzept des organisierten Kindesmissbrauchs basiert darauf, dass sich ein gewisser Prozentsatz von Menschen jeden Alters und jeden Geschlechts von Kindern sexuell angezogen fühlt und diese Menschen dem daraus resultierenden Verlangen Befriedigung verschafft. Dies geschieht sowohl in privaten als auch in kommerziell organisierten Zusammenhängen. Kriminelle Akteure beschaffen Kinder, versklaven und unterwerfen sie der sexuellen Ausbeutung. Die dafür erforderlichen Strukturen befinden sich in der Hand international agierender Mafiaorganisationen. Das Kundenklientel existiert unabhängig von Schicht- oder Klassenzugehörigkeiten, Bildungsstand, Nationalität, Religion, Kultur oder weltanschaulicher Ausrichtung.

Gesellschaftliche Ächtung und staatliche Strafandrohung haben die potenzielle Erpressbarkeit der Täter zur Folge. Die Drahtzieher des organisierten Kindesmissbrauchs nutzen diese Erpressbarkeit zur Einflussnahme auf die Politik, die staatliche Verwaltung, die Justiz und die Wirtschaft.

Die Gespräche mit Bonobo ereigneten sich im Besucherraum einer forensischen Einrichtung. Sie mussten abgebrochen werden, als zwischen Bonobo und der Einrichtung Konflikte aufbrachen, die in kürzester Zeit sehr schnell eskalierten. Das letzte Gespräch fand in einem hoch gesicherten Raum mit Trennscheibe statt. Bonobo wurde ohne weitere Ankündigung in eine andere Einrichtung verlegt. Nach 20 Jahren im Maßregelvollzug wurde er entlassen.

Die Gespräche mit dem „Kronzeugen“ Bonobo fanden im Besucherraum einer forensischen Einrichtung statt. Sie mussten abgebrochen werden, als zwischen dem Informanten und der Institution Konflikte aufbrachen. Die letzte Begegnung ereignete sich in einem hoch gesicherten Raum mit Trennscheibe, die die Fortsetzung der Gespräche beinahe unmöglich machte. Der Informant wurde dennoch ohne weitere Ankündigung in eine andere Einrichtung verlegt. – Das Interview wurde auf dünnem Eis geführt, vor allem in Hinblick auf die Mafiaorganisation, die den Informanten innerhalb des Maßregelvollzugs weiterhin kontrollierte und rote Linien vorgab.

Erster Tag

Ich wollte zeigen, dass ich anders bin.

HMV: Das Aufnahmegerät ist jetzt angeschaltet …

Bonobo: … Wie groß ist da der Speicher?

HMV: Wir können ca. 3 Stunden Gespräch speichern.

Bonobo: Oh – das reicht!

HMV: Darf ich Sie mit Ihrem wahren Namen ansprechen?

[Schweigen]

HMV: Bonobo, wir befinden uns in einer forensischen Klinik, einem Zwischending zwischen Strafvollzug und Therapie, dem sog. Maßregelvollzug. Seit wie vielen Jahren sind Sie hier?

Bonobo: Insgesamt bin ich seit 16 Jahren untergebracht, 5 Jahre in Lohr am Main, 10 Jahre in Straubing und seit Februar hier in Mainkofen.

HMV: Wie ist das Leben in einer solchen Einrichtung?

Bonobo: – Den Umständen entsprechend …, eigentlich ganz gut. Man muss seine Ansprüche etwas herunterschrauben – aber wenn man daran denkt, was man gemacht hat, dann ist das alles auch zurecht, dann ist es gar nicht so übel.

HMV: Wie sieht Ihr Alltag aus?

Bonobo: Also hier ist es jetzt so: 6 Uhr morgens steh ich auf, frühstücke, rauche, trink Kaffee, dann wasch ich mich, zieh mich um. Dann ist Arbeiten angesagt, industrielle Fertigung. Dann ist Pause, Mittag, dann geh ich nachmittags wieder arbeiten. Nach der Arbeit rauche ich, sitze am Computer, versuche irgendwie etwas, was ich noch kann, was ich noch weiß, umzusetzen. Musik hören – Klassik, Lesen und Englisch lernen, auch Keyboard übe ich derzeit. Momentan ist da noch nicht viel. Ich habe noch keinerlei Stufen … Von daher gesehen ist da nichts.

HMV: Was haben Sie in den forensischen Kliniken gemacht, in denen Sie davor waren?

Bonobo: Im Grunde genommen war es ähnlich, es ist eigentlich alles gleich. - In Straubing hat es den einen großen Vorteil, dass es ein großer geschlossener Bereich ist, wo es keine Lockerungen gibt. Wenn man jemand besuchen möchte, geht man zum Pfleger und sagt: Ich möchte da und da hin, dann bringt der einen da hin, also auf die Station. Da kann man sich gegenseitig besuchen. Dann ist ein Freizeitbereich da, mit Kaffeeautomat, Süßigkeitenautomat. Man kann einmal die Woche einkaufen gehen, so ein etwas teurer Kiosk, EDEKA, der sündhaft teuer und unfreundlich ist … Das ist der Moder.

HMV: Der Laden ist in dem geschlossenen Bereich …?

Bonobo: In dem geschlossenen Bereich. Man kann auch begleitet Fußball spielen und Sport machen. Früher war da ein großes Schwimmbad drin, das haben sie dann aber zugemacht, weil es so wenig benutzt worden ist. Da haben sie aber jetzt den Kraftsport untergebracht, moderne Geräte, alles. Wenn man sich für Sport interessiert, kann man da oft hin, auch am Wochenende. Da habe ich mich auch noch anderweitig beschäftigt, mit Klavierspielen und Lesen. Gitarre habe ich dann noch gemacht. Da hat man den Vorteil noch, dass wir DVDs und Videos haben, womit natürlich immer wieder Schmu gemacht wird, aber das ist halt so, das bleibt halt nicht aus.

HMV: Man nennt das „Maßregelvollzug“ – was ist Ihrer Meinung nach das Besondere daran, im Vergleich zum „Strafvollzug“?

Bonobo: Also heute heißt es ja „Sicherung vor Therapie“, ist also etwas umgedreht. Der große Unterschied ist, dass man in einem Krankenhaus ist, man als Kranker behandelt wird. Die Zimmertüren sind den ganzen Tag offen, es ist eine Therapie da, man muss sich mit sich selbst beschäftigen. Wenn man keine Therapie macht, dann … geht halt auch nichts, dann sitzt man eben 10 Jahre in Straubing. Der große Unterschied ist, dass man an sich arbeiten muss, um zu erkennen, was man gemacht hat und um daran etwas zu ändern, damit man straffrei durchs Leben gehen kann.

HMV: Sie meinen, wenn man nicht bereit ist, eine Therapie zu machen, dauert es sehr viele Jahre, um jemals wieder einmal aus dem Vollzug herauszukommen. …

Bonobo: Richtig. Also man kann sagen, ich habe 10 Jahre, also mit Lohr 5 und dann mit Straubing verloren, weil ich einfach nichts kapiert habe – nichts gemacht und nichts kapiert. Und ich habe mir gedacht: „Hat eh keinen Sinn, komme eh nicht mehr raus!“ Also ich hatte die Hoffnung aufgegeben.

HMV: War das Ihr Gedanke von Anfang an, als sie vor dem Richter standen und dieser ...

Bonobo: Dass jetzt weniger! – Ich hatte eine andere Vorstellung von Therapie. Völlig utopisch! Das Problem war einfach, dass ich in Lohr ein triebhemmendes Mittel haben wollte. Das hat man mir verweigert. Ich bin trotzdem gestuft worden, bin da herumgelaufen und ich habe einfach gemerkt: „Lange geht das nicht mehr gut!“

HMV: Warum hat man Ihnen das Mittel Androcur verweigert? Was hat es für eine Wirkung?

Bonobo: Das senkt den Testosteronspiegel, so wie das Salvacyl, das ich jetzt kriege. Androcur war damals noch nicht so weit wie das. Hat bitterböse Nebenwirkungen. Ich war aber der Hoffnung, dass das eintritt, was jetzt auch eingetreten ist, durch das Salvacyl, dass ich das besser in den Griff bekommen kann, dass dieser körperliche Drang nicht mehr da ist. Man kann das schon als Sexsucht bezeichnen, was ich damals hatte. – Ja, es wäre kontraindiziert, hat es damals geheißen, in dem geschlossenen Rahmen. Bin aber gelockert worden! Und allein um auf die Arbeit zu kommen, musste ich die Station verlassen, war dann innerhalb des Klinikgeländes, aber ich war – unbeobachtet …!

HMV: … in Straubing?

Bonobo: Nein, nicht in Straubing, in Lohr!

HMV: Welche Auswirkungen hatten die Lockerungen?

Bonobo: Auswirkungen hat es insofern gehabt, als ich einfach gemerkt hab, es kribbelt ganz schön. Ich wollte das einfach nicht. Wie lange ich das dort ausgehalten hätte, weiß ich nicht. Ich hab dann gesagt: „Gut, wenn ihr mir da nicht weiter helft, dann will ich erst mal keine Arbeit mehr. Ich kann nicht in die Arbeit gehen, weil mir das einfach zu gefährlich ist!“ Begleiten wollte mich keiner. Dann haben wir gesagt, gut, dann bleiben wir auf Station. Dann sind wir auf Null gestuft worden und … Na ja, irgendwann habe ich dann gesagt: „Jetzt reicht's ich geh jetzt nach Straubing!“ Hab dann den Antrag gestellt und drei Monate später ging es los nach Straubing. Auf eigenen Wunsch.

HMV: Sie sagten, es „kribbelte ganz schön“ – was heißt das?

Bonobo: Das heißt, dass meine pädophilen Anteile größer waren als die anderen und ich mit dem Gedanken gespielt hab, mich Kindern zu nähern, um eventuell irgendwie Missbrauch ihnen zuzufügen.

HMV: Hätten Sie denn in Lohr die Möglichkeit gehabt?

Bonobo: Ja.

HMV: Wie muss man sich das vorstellen?

Bonobo: Lohr ist so ähnlich wie hier, auch so ein bisschen begrünt. Die Kinder laufen da herum, weil die Pfleger auch dort in der Nähe wohnen, das ist auch hier so. Dann gibt es da einen Golfplatz, wo sich die Kinder tummeln. Von daher gesehen … Und ich hätte auch jederzeit die Möglichkeit gehabt, das Gelände zu verlassen, ist ja kein Zaun, keine Mauer, nix drum herum. Man hätte also in die Stadt gehen können, hätte irgendwann abhauen können. … Mir da was suchen … Also Möglichkeiten – waren alle da.

HMV: Sie haben das aber nicht getan?

Bonobo: Hab ich nicht gemacht!

HMV: Obwohl Sie nicht mediziert worden sind und diesen starken Drang verspürten, sich Kindern zu nähern …!?

Bonobo: Ja. Ich kann Ihnen nicht sagen, warum. – Ich weiß es nicht. Es war irgendwie der Gedanke da: 'Nicht während der Therapie! Das kann es nicht sein, dann kommst Du nie wieder raus!' – Das war so ein Hintergedanke.

HMV: Das heißt, die Angst davor, nicht mehr rauszukommen, hat Sie letztendlich …

Bonobo: … würde ich heute sagen …

HMV: … so blockiert, dass Sie sagten: „Okay, ich wage es nicht!“

Bonobo: Richtig. – Ich wollte halt einmal dem Klischee „einmal pädophil, immer pädophil“ … Wie sagt man? … Ich wollte zeigen, dass ich anders bin.

HMV: Dann waren Sie in Straubing – wie ging es dort weiter?

Bonobo: Also Therapie habe ich im Grunde genommen immer gemacht, von dem, was mir angeboten wurde. Ich hab mich aber nicht so wirklich drum gekümmert. Da ist ein Unterschied. Es waren Angebote da, ich konnte aber nichts damit anfangen. Sagen wir mal so: Ich wusste nicht, was Therapie ist, ganz einfach! Das ist … Also, dass die Therapie einer selbst macht, dass man die selbst machen muss, das war mir gar nicht klar! Ich hab das nicht gewusst. Ich dachte: 'Der Psychologe macht das Bisschen schon!' Dass der aber nichts machen kann, ohne meinen Willen, ohne dass ich da in irgendeiner Form bereit bin … Da konnte natürlich auch der Psychologe in Lohr nichts dafür, dass ich mit ihm nicht zurechtgekommen bin.

HMV: Mit anderen Worten: Sie hatten gar nicht den Wunsch, sich zu therapieren bzw. sich therapieren zu lassen.

Bonobo: Richtig. Ich habe gesagt oder gedacht: 'Ich, bin pädophil, da kann man ja eh nichts dran ändern. Ich bin so, ich bleib so und bevor irgendetwas passiert, bleib ich einfach da und gut ist es!'

HMV: Sie sagten vorhin, das Leben in einer forensischen Klinik sei an und für sich aushaltbar …!

Bonobo: Ja. Also früher war es sogar noch angenehm! Ganz früher noch in Straubing, hat man einen Computer auf dem Zimmer gehabt, Spielkonsolen auf den Zimmern gehabt. – Man konnte sich riesige Anlagen aufs Zimmer stellen. Möbel – man konnte sich richtig einrichten, ganz gemütlich.

HMV: Das gibt es jetzt nicht mehr?

Bonobo: Das gibt es jetzt in dieser Form nicht mehr. Also Computer ist jetzt nur noch so, wie es hier auch ist, auf Station. Ein Computer für die Allgemeinheit. Soweit ich weiß, ist das nur in der weiterführenden Station, also F1 bis F3. Spielkonsolen gibt es überhaupt nicht mehr, zumindest nicht auf dem Zimmer. Möbel dürfen auch keine mehr eingebracht werden – Fremdmöbel. Wenn jetzt jemand Möbel hat und wird dann verlegt, hat er sie zu entsorgen oder irgendwo einzulagern. Wer neu nach Straubing kommt, der kriegt keine Möbel mehr.

HMV: Wann ist Ihre Entscheidung gefallen, eine Therapie aktiv zu wollen?

Bonobo: Das war bei meinem ersten Therapeutinnenwechsel, … jetzt weiß ich gar nicht mehr, wie die geheißen hat – ist ja Wurst! Da hat es dann langsam angefangen, mich zu interessieren, was mit mir überhaupt los ist. Die Frau hat … Na ja, logisch, das war die Frau A.! … Sie hat halt angefangen, mit mir zu arbeiten. Sie hat mir Fragen gestellt, über mein Inneres, das war ich so nicht gewohnt, um mich auf bestimmte Verhaltensweisen hinzuweisen und nachzufragen, ob ich eine Idee hätte, woher das kommt, dass ich auf gewisse Sachen so und so reagiere. Da konnte man sich keinen Reim drauf machen. Und da hat es eigentlich erst angefangen, wo ich dann gesagt habe oder wo ich gespürt habe, da tut sich was!

HMV: Dann haben Sie gesagt: „Okay, das ist ein möglicher Weg an mir selbst etwas zu verändern?“

Bonobo: Richtig. Es keimte Hoffnung auf. Dann hatte ich wieder Therapeutenwechsel und einen Umzug, also von einer Station auf eine andere. Das war die Frau L., die war auch so fit. Da haben wir dann sehr über Soziales geredet. Dann kam wieder Frau A. Hab ich wieder wechseln müssen, kam wieder Frau A. Die hatte dann 'mal angefangen, über Verlegung nachzudenken. Ja. … Dann war das Kind quasi geboren.

HMV: Wie lange ist das her?

Bonobo: Das ist jetzt fünf Jahre her, knapp sechs.

HMV: Sie haben jetzt knapp sechs Jahre …

Bonobo: … Intensivtherapie …

HMV: … Therapieerfahrung, Intensivtherapie, wie Sie sagen. Hat sich in dieser Zeit etwas verändert bei Ihnen?

Bonobo: Mir ist bewusst geworden, was ich den Kindern nehme, welche Prägung das hinterlässt, welche … Wie soll ich sagen? Das ganze Umfeld von dem Kind bricht zusammen. Das zerstört nicht nur das Leben dieses einen Kindes, sondern der gesamten Familie, wenn es dann rauskommt.

HMV: Ihnen ist die Tragweite Ihrer pädophilen Handlungen …

Bonobo: … heute bewusst.

HMV: … erstmals bewusst geworden?

Bonobo: Ja.

HMV: Damit ist aber bei Ihnen die Neigung, der Drang zu pädophilen Handlungen nicht weg!?

Bonobo: Richtig. Der ist nicht weg. Darum habe ich mich entschieden, die Einnahme von Salvacyl zu probieren. Das ist ein triebdämpfendes Mittel. Das habe ich jetzt seit einem Jahr und das Körperliche, das rein Körperliche ist auf null gestellt. Bei mir wirkt das Salvacyl so, dass ich impotent bin, ich kriege keine Erektion mehr. … Hab auch überhaupt kein Interesse daran. Was das betrifft, ist körperlich alles – tot. Kopfmäßig arbeitet noch ein bisschen was – aber es ist kein Vergleich zu früher. Absolut nicht!

HMV: „Kopf-mäßig noch ein bisschen was“ bedeutet, Sie haben Fantasien, sexuelle Fantasien – insbesondere pädophile Fantasien?

Bonobo: Nein, das eigentlich nicht. Aber wenn ich jetzt mal Fernsehen schaue und da springt ein Kind über den Bildschirm, dann denke ich: 'Ja, ist der süß!', oder: 'Ist die süß!' Das ist alles sehr, sehr abgeschwächt. Es ist halt … Aufgrund meiner eigenen sexuellen Erfahrungen als Kind … Es hat halt eine andere Qualität! … Ich weiß gar nicht, wie ich das am besten erklären soll! … Es ist ein gewisser Drang da, ein gewisser Wunsch, mich Kindern zu nähern. Jetzt nicht unbedingt sexuell – aber es ist ein Drang da, ein Kind zu berühren, ein Kind anzufassen, in den Arm zu nehmen, zu knuddeln, zu kuscheln … Ist da! … Also Kinder ist für mich … Ist meine Welt! Das wollte ich ja irgendwie in den Griff bekommen, weil ich nicht weiß, ob ich eine Grenze erkenne. Das meine ich damit, dass der Kopf noch arbeitet.

HMV: Sie haben gesagt, aufgrund Ihrer „eigenen Sexualität als Kind“. – Wie ist Ihre Kindheit verlaufen?

Bonobo: Soll ich ganz von vorne anfangen?

HMV: Fangen Sie da an, wo Sie wollen. Wir haben alle Zeit der Welt.

Bonobo: Also geboren bin ich im Dezember '70! Laut meiner Mutter war ich eine recht schwierige Geburt, habe nach der Entbindung aufgehört zu atmen, man hat mich dann wieder zurückgeholt. – Ja. Ich bin in einer kleinen Stadt aufgewachsen, am Stadtrand, direkt. Recht idyllisch, der Wald direkt vor der Haustür. Als ich fünf Jahre alt war, habe ich im Sandkasten gespielt, da kam ein Nachbar, von dem ich wusste, dass meine Familie früher mit ihm einen guten Kontakt hatte, aber wir so uns nicht richtig verstanden haben. … Der spricht mich an. … Ich war ganz von den Socken, dass der mit mir überhaupt normal spricht. Und der lockt mich in seine Wohnung, wollte mir etwas zeigen. Dann hat er mich auf den Tisch gestellt, mein T-Shirt ausgezogen, hat mich ständig gelobt, wie hübsch ich denn sei … Schöner Bauch und hin und her. Dann hat er mir die Hose runtergezogen, hat angefangen, an meinem Penis zu spielen, hat ihn dann später auch in den Mund genommen. … Ja, das war meine erste – sexuelle Erfahrung.

HMV: Wie stand dieser Mann in Beziehung zu Ihrer Familie?

Bonobo: Es gab 'mal, damals anscheinend ein nachbarschaftliches Verhältnis. Anscheinend so, dass man sich gegenseitig besucht hat. Ich hab 'mal Bilder gesehen, wo dieser Mann mich gewickelt hat – und alles Drum und Dran.

HMV: War er in die Familie integriert?

Bonobo: Ein Zeit lang, ja. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie lange das gegangen ist. Ich kannte ihn nur als… Heute würde ich sagen, verbitterten Mann.

HMV: Später …?

Bonobo: Später – ja! Also, soweit ich mich daran erinnern kann. Es war, wie gesagt, das erste Mal, dass er überhaupt mit mir gesprochen hat und auch nur ein freundliches Wort zu mir gesagt hat.

HMV: Aus welcher Familie kommen Sie – was machen Ihre Eltern?

Bonobo: Mein Vater war Berufskraftfahrer. Inland. Meine Mutter war Hausfrau, hat aber immer irgendwie so als Avon-Beraterin was gemacht. Oder auch diese Tupperware. AMC-Töpfe – solche Sachen. Später hat sie sich dann selbstständig gemacht, mit einem Imbiss, wo sie dann auch ihren späteren Freund kennengelernt hat.

HMV: Kann man sagen, dass Ihre Eltern Ihr Vater dadurch, dass er Berufskraftfahrer war, sehr häufig unterwegs waren?

Bonobo: Ja. … Ja!

HMV: Können Sie sich erinnern, ob Sie ihn vermisst haben, wenn er nicht anwesend war?

Bonobo: Ich war froh, dass er fort war! Wir waren heilfroh! Der war einfach nur jähzornig. Man konnte ihm, also meine Mutter, konnte ihm einfach nichts recht machen. Also ich hab relativ wenig abgekriegt – so war es nicht! Ich war ja das Nesthäkchen und ich war ja sein Sohn – zumindest bis ich in die Schule gekommen bin. Aber … Man konnte ihm schlecht was recht machen. – Entweder war ihm das Essen zu salzig oder es war zu viel Muskat oder zu wenig … Er hat ständig irgendetwas auszusetzen gehabt! Und wehe, die Wohnung war nicht nach seinem Geschmack sauber, dann …

HMV: … Hatten Sie Angst vor Ihrem Vater?

Bonobo: Teilweise ja. – Teilweise ja! Ich kann mich an wenig schöne Momente erinnern. Ich weiß noch, dass wir uns bei unserem Nachbarn versteckt haben, wenn mein Vater so ausgeflippt ist. Er hat uns 'mal raus geschmissen, da war, glaube ich, meine Schwester elf. Da war ich so um die sechs 'rum.

HMV: Wie viele Geschwister haben Sie?

Bonobo: Ich hab eine Schwester. Die ist fünf Jahre älter wie ich. Da hatte ich meinen Schlüssel verloren und der ist da ausgetickt, hat uns aus der Wohnung raus geschmissen und hat da geplärrt: „Ihr braucht ohne Schlüssel erst gar nicht mehr heimzukommen, ihr Dreckskrüppel!“ Dann sind wir die halbe Nacht herumgerannt …

HMV: Haben Sie von Ihrem Vater körperliche Gewalt erlebt?

Bonobo: Ja. Anfangs, wie gesagt, nicht so, aber später war ich ihm dann scheißegal, ich war nur noch der Krüppel, der Bastard. Ich hab halt nicht seinen Vorstellungen genügt. Er hat ja weniger geschlagen als getreten. Also, sich auf den Boden werfen, um den Schlägen zu entgehen, brachte nichts, da er dann zugetreten hat.

HMV: Wie hat sich Ihre Mutter dabei verhalten?

Bonobo: Sie hat versucht, sich zwischen den Vater und die Kinder zu stellen, aber mit wenig Erfolg. Er hat sich halt dauernd aufgeregt. Als wir von dem Schlüsselsuchen nach Hause kamen, wir hatten den gefunden, da stand der Krankenwagen vor der Tür und hat meine Mutter abgeholt, mit dem Loch im Kopf. Da hatte mein Vater den Stuhl an Muttis Kopf geschmissen.

HMV: Ist die Erinnerung an diesen Mann, der Sie in seine Wohnung gelockt hat, die erste, die Sie an ihn haben?

Bonobo: Ja. – Wie gesagt, was ich noch weiß, ist, dass er früher uns Kinder, alle miteinander, nicht nur mich, ignoriert hat, sich eher noch beschwert hat, dass wir zu laut waren. … Solche Sachen. Wirklich aktiv kann ich mich daran erinnern, wie er mich in die Wohnung mitgenommen hat. Ich war, soweit ich mich erinnern kann, vorher nie oben in der Wohnung. Das war das erste Mal.

HMV: Wie ist das weiter gegangen?

Bonobo: – Soll ich das so sagen, wie ich es heute weiß, oder wie es mir früher vorkam?

HMV: Vielleicht können Sie beide Versionen erzählen. Fangen Sie doch damit an, wie Sie es damals erlebt haben.

Bonobo: Also dann ist das alles komplett unabhängig. – Ich hab im Sandkasten mit einem Nachbarsjungen, Oliver hat der geheißen, gespielt. Der wurde dann von seinem Vater nach Hause gerufen – vielleicht, weil es zum Essen war, keine Ahnung. Oliver hat mich gefragt, ob ich nicht mitkommen wolle. Ich fand: „Ja gut, bevor ich jetzt alleine da unten herumhocke, gehe ich mit!“ Dann sind wir da hingekommen. Wir durften spielen, wir durften alles machen, was wir wollten! Also, das war ein … Kinderparadies. Wir durften im Bett herum hüpfen, auf der Couch … Wir durften alles, was wir wollten. Das hat mir natürlich gefallen. Der Oliver hat mich dann wieder eingeladen. Dann fingen die ersten Dinger an – dass wir uns ausziehen können. Wir können doch in der Unterhose spielen und so … Das haben wir dann auch gemacht, weil da war sein Vater noch alleine mit uns. Späterhin wurden wir animiert, das auch nackt zu machen, nackt zu spielen … Fangen, Verstecken, was auch immer. Das haben wir dann auch gemacht. Wie gesagt, ich war damals fünf, hab mir da nicht viel dabei gedacht. Irgendwann waren dann andere Männer und auch Frauen dabei, die uns beim Spielen zugeguckt haben. Wir wurden dann animiert, im Bett so Spiele zu spielen, wie sich gegenseitig anfassen, zusammen duschen …

HMV: Die Kinder sollten zusammen duschen?

Bonobo: Ja, ja! Ich mit dem Oliver. – Alles nur ich und der Oliver. Das hat sich so hingezogen, bis wir animiert wurden, sexuelle Handlungen an uns durchzuführen – inklusive Blasen. Er bei mir, ich bei ihm. Ich kannte das nicht! – Oliver offensichtlich schon. Ich hab mich ein bisschen … blöd angestellt, sagen wir es mal so. Es war mir auch irgendwie zuwider. Aber irgendwann ging es halt von ganz alleine. Ja, das hat sich immer mehr gesteigert, bis wir auch bei den Erwachsenen was machten – den Penis anfassen …

HMV: Waren die Erwachsenen nackt?

Bonobo: Dann waren sie nackt, ja – beziehungsweise, dann haben sie die Hose eben runtergezogen – Oliver ging gleich hin. Wie gesagt, der war es anscheinend gewohnt. Ich ging zögerlich hin. Aber letztendlich hab ich dann auch alles gemacht, was sie wollten. Ja, und dann war das so, dass ich eines Tages da hin bin und es macht ein Mädchen die Tür auf, die Miriam – gleiches Alter, ein Monat weniger oder mehr, so ungefähr. So genau weiß man das nicht. Macht die Tür auf, fällt mir um den Hals, begrüßt mich, als hätten wir uns schon seit hundert Jahren gekannt. … Ein dicker Schmatz auf die Backe und direkt in die Wohnung reingezogen. … Sie war da nur mit Unterhose bekleidet, wie sie mir die Tür aufgemacht hat. Wir haben uns dann ausziehen müssen – sie kannte das wohl auch schon alles. Wir sollten dann zusammen duschen, die Miriam und ich. Ich war – ziemlich unvorbereitet, hatte wohl schon Mädchen aufgrund meiner Schwester nackt gesehen – aber noch nicht so! Ja, dann sollten wir uns Zungenküsse verabreichen. Ich hatte überhaupt keinen Plan, was das sein sollte. Sie hat es mir dann mehr oder weniger beigebracht. Weil ich mich ein bisschen tollpatschig angestellt habe, war ich für die Miriam dann irgendwann „der Tollpatsch“. [kichert] – „Der Tollpatsch“ hat man mich übrigens später auch oft im Bordell genannt. Ich bin halt oft über meine eigenen Füße gestolpert oder hab mich irgendwie blöd angestellt, beispielsweise das Küssen mit der Miriam. Von da an hatte ich das als Tollpatsch weg …

HMV: Also durch Miriam?

Bonobo: Ja, sie hat damit angefangen.

HMV: Wie alt war Miriam da?

Bonobo: Ungefähr so alt wie ich. Ein paar Monate rauf oder runter. Wie gesagt, das kann man nicht so genau sagen. – Da kommen wir dann später drauf, wieso nicht. – Ja, dann haben wir halt geduscht. Da gab es eine Seife, die mordsmäßig viel Schaum gemacht hat, der total weich war. Keine Ahnung, was das für ein Zeug war. Jedenfalls wären wir beinahe im Schaum ersoffen! … Ja, das war der erste Kontakt mit Miriam, ich hab mich – in sie verliebt.

HMV: Gleich bei dem ersten Zusammentreffen?

Bonobo: Aber komplett! Ich war hin und weg! Das haben sie relativ schnell spitz gekriegt. Auf jeden Fall kam dann irgendwann eines Tages …

HMV: Waren Erwachsene anwesend, während das geschah?

Bonobo: Ja, natürlich. Und Kameras, Erwachsene …

HMV: Kameras!?

Bonobo: Kameras waren auch dabei. Das war ja … Die schwirrten da herum. – Es war ein Mann zugegen, der sich als Vater von der Miriam ausgegeben hat und der angeblich der Onkel vom Oliver, der Bruder vom Oliver seinem Vater sein sollte. Ich hab das natürlich geglaubt – irgendwann dann nicht mehr. Die Begegnungen mit der Miriam in dieser Wohnung kamen öfters vor. Die haben halt gemerkt, dass ich sehr gerne mit der Miriam zusammen bin – auch jede Gelegenheit genutzt hab', um mit der Miriam zusammen zu sein. Daraufhin hat man mir angeboten, zu dem angeblichen Onkel von Oliver, dem Gilbert, nach Hause zu Miriam zu fahren. … Weil, der hat ein großes Haus, Swimmingpool, Sauna und alles Drum und Dran … Ich könnte dann mit der Miriam spielen, das ganze Wochenende … Ich natürlich: „Jawohl, warum denn nicht!?“ Meinen Eltern wurde das auch erzählt. Dieser Gilbert hat sich meinen Eltern vorgestellt. – Ja. – Dann bin ich da mit hingefahren.

HMV: Wie hat er das Ihren Eltern vermittelt? Etwa auf diese Weise: „Der ...“ – Wie ist Ihr Vorname?

Bonobo: F.

HMV: „Der F. hat sich in die Miriam verliebt!“ – oder: „Der F. mag die Miriam sehr gern!“ …

Bonobo: Es war schon so, dass ich den Anfang gemacht hab' und meine Eltern gefragt hab', ob ich zu der Miriam nach Hause fahren dürfte. …

HMV: Sie selbst haben Ihren Eltern gegenüber den Wunsch geäußert, an den Wochenenden zu Miriam fahren zu können?

Bonobo: Richtig. Auch da zu übernachten usw. usf. … Wie gesagt, der Gilbert hat sich dann auch vorgestellt – als ihr Vater. Von da her gesehen waren sie beruhigt – es war alles klar.

HMV: War denn dieser Gilbert wirklich Miriams Vater?

Bonobo: Nein! Nein. Soweit ich weiß, hatte der überhaupt keine Kinder. – Meine Eltern waren mehr oder weniger froh, dass ich aus dem Haus bin. Da haben sie wenigsten ihre Ruh gehabt. Vater sowieso. Dann bin ich da mitgefahren. Ich wurde erfolgreich abgelenkt, damit ich nicht weiß, wo es hingeht. Und dann kam ich da an … Und dann springen da 20, 25 Kinder in dem Haus rum – nackt! Mir wurde dann auch gesagt, dass ich mich ausziehen sollte. …

HMV: Einfach so unvermittelt – kam Ihnen das nicht merkwürdig vor?

Bonobo: Also irgendwie nicht mehr, weil ich ja ständig mit dem Oliver so was gemacht hab, dann mit der Miriam. … Es waren ja auch andere Jungs hin und wieder mit dabei, – hatte ich das vergessen, vorhin? [kichert] – wo immer nackt gespielt wurde. Und das kam mir absolut nicht … Ich dachte, das ist in dieser Familie einfach so. …

HMV: Bonobo, warum kichern Sie, wenn Sie das erzählen?

Bonobo: Es ist zum einen Scham, zum anderen Betroffenheit. Und dann vermischt sich manchmal das damalige mit dem heutigen Wissen, das einfach so krass ist, dass ich da irgendwie kichern muss, das Lachen anfangen muss, um das überhaupt zu begreifen, das richtig auf die Reihe zu kriegen. Das ist manchmal ziemlich unangebracht, ich weiß. Aber anders überlebe ich das wahrscheinlich nicht.

HMV: Ist das Kichern Abwehr vielleicht auch eine Überreaktion?

Bonobo: Ja – genau! … Bei uns ist es nicht so, und da ist es eben einfach so. Ich bin ja davon ausgegangen, dass das eine Familie ist! Ich wusste gar nicht, dass das alles Kinder sind, die da gar nicht hingehören, eigentlich. Ja!

HMV: War dieser Mann, der sie mit nach Hause genommen hatte, dieser Nachbar, war der auch dabei?

Bonobo: Er war zwei- oder dreimal bei Oliver mit dabei, also wie ich da in der Wohnung war, vom Nachbarn. Der war auch mal mit dabeigesessen.

HMV: Wohnten Olivers Eltern im selben Haus?

Bonobo: Es war nur noch der Vater da. Die Mutter war gestorben.

HMV: Und Oliver lebte mit seinem Vater im selben Haus wie Sie, und der Nachbar auch?

Bonobo: Ja, genau. Oliver wohnte direkt bei uns gegenüber. Die Familie und der Bärensprung waren einen Stock über uns – ein Stockwerk über uns.

HMV: Da lebten also zwei Pädophile, die einander kannten, im gleichen Haus – war das Zufall?

Bonobo: Also entweder hatten sie sich gekannt oder sie wurden einander bekannt gemacht … Ich hab' keine Ahnung, wie das gelaufen ist. So genau weiß ich das nicht. Ich weiß nur, dass er mich quasi an Olivers Vater vermittelt hat. Ob das vorher schon ein abgekartetes Spiel war, weiß ich nicht. Das ist mir so nicht ganz bekannt.

HMV: Haben Sie einmal die Überlegung angestellt, dass Ihre Eltern Kenntnis davon gehabt haben könnten?

Bonobo: Ja, hab ich. Aber da ist nichts, das war Ignoranz!

HMV: Ihre Eltern sind auch nie in diese Wohnung nachsehen gegangen, in der Oliver wohnte und in der Sie an manchen Tagen mehrere Stunden verbrachten?

Bonobo: Die haben halt geglaubt, ich spiele mit Oliver. Sie haben Olivers Vater mal gefragt, ob ich nicht störe und der hat gesagt: „Nö, lasst ihn doch spielen, ist doch in Ordnung!“ Damit war es dann erledigt. Die waren doch froh, dass ich aus der Wohnung bin.

HMV: Die haben Sie auch nie abgeholt oder zum Essen gerufen?

Bonobo: Nö, ich hab da direkt … Ich war ein Schlüsselkind! Ich hatte einen Schlüssel um den Hals. Ich konnte jederzeit nach Hause gehen. Das fing im Kindergarten sogar schon an. Ich hatte immer einen Schlüssel um den Hals und konnte jederzeit heim. Was das betrifft, …

HMV: Das Verhalten Ihrer Eltern, so wie Sie es schildern, kommt mir doch sehr merkwürdig vor. – Wie kann man sein Kind, fünf, sechs Jahre alt, bei einem Nachbarn mehrere Stunden sich selbst überlassen!?

Bonobo: Jo. – Übernachtet hab ich auch! Oliver war doch mein Freund – das macht man so! Das finde ich nun wieder gar nicht so ungewöhnlich!

HMV: Aber ungewöhnlich ist, dass die Eltern nicht nachhaken.

Bonobo: Ja? Ich weiß nicht. Ich hab ja so etwas Ähnliches als Erwachsener selbst erlebt, mit anderen Kindern.

„Ach, mein Kleiner wird langsam erwachsen!“

HMV: Gut, das kommt sicherlich später. Lassen Sie uns noch mal zurückgehen, wie sie es damals erlebt haben. Sie fuhren also mit Miriam und diesem Mann, der sich als ihr Vater ausgab …

Bonobo: Gilbert!

HMV: Gilbert! – Zu dessen Anwesen. Dort waren viele andere Kinder nackt – auch Erwachsene!?

Bonobo: Später – auch.

HMV: Also beim ersten Mal waren keine anderen Erwachsenen da.

Bonobo: Doch auch, aber erst später. Ich bin da reingekommen und da waren erst mal nur die Kinder. Das ist eine große Halle gewesen. – Man muss sich das so vorstellen: Das ist ein riesiges Haus gewesen! Wenn man reinkommt, sieht man gleich eine riesige Halle, den Eingangsbereich. Und da sind halt die Kinder herum gehüpft – nackt! Es war ein Schwimmbad da, es war eine Sauna da, es war alles da! Es war ein Arztzimmer da eine richtige Praxis. Ein Filmstudio war da und viele Schlafzimmer. Alles, was das Herz begehrt. Mit Wald, mit Tieren, alles Drum und Dran – mit Katzen. Alles, was man sich vorstellen kann. Hühner haben sie auch gehabt.

HMV: War das ein landwirtschaftliches Anwesen?

Bonobo: Ich würde es als Herrenhaus bezeichnen. Das ist ein Riesending! Mitten im Wald drinnen, mehr oder weniger mit einer langen Zufahrtsstraße. Das ist wie im Film, das Ding. – Und ich weiß nicht, wo das Ding steht!

HMV: Sie wissen nicht, wo das Anwesen ist?

Bonobo: Ich weiß nicht, wo das Ding steht! Ich finde es nicht!

HMV: Wie heißt Ihr Heimatort?

Bonobo: Alzenau – das ist bei Aschaffenburg. Würzburg / Aschaffenburg, dann Hanau, Frankfurt.

HMV: Vermuten Sie das Anwesen in der Nähe von Aschaffenburg?

Bonobo: Ich tendiere eher zu Frankfurt. Ich weiß es nicht. Man hat es dann so gemacht, dass ich so genial abgelenkt wurde, dass ich das so nicht mitbekommen habe, wo wir überhaupt hinfahren.

HMV: Sie haben kein Gefühl mehr dafür, wie lange die Fahrt dahin gedauert hat?

Bonobo: Wir sind erstens andere Wege gefahren, zweitens, es hat einmal lang gedauert, dann war es wieder relativ kurz. Wir sind einmal Autobahn gefahren, wir sind einmal keine Autobahn gefahren – das weiß ich noch. Dann habe ich mich irgendwann, da war ich neun oder zehn gefragt, warum wir einmal so und einmal so fahren. Aber ich hab mir keine großen Gedanken darum gemacht.

HMV: Neun oder zehn – das heißt, bis dahin sind circa 5 Jahre vergangen!?

Bonobo: Ja.

HMV: Okay. – Sie erzählten gerade, wie sie zum ersten Mal dort hinkamen und wie sie das wahrgenommen haben, mit den anderen Kindern. – Was ist dann passiert?

Bonobo: Ich wurde quasi den Kindern bekannt gemacht, dann durfte ich mit denen spielen. Das Erste, was es dann hatte, war, dass ich mit drei anderen Kindern in einen Raum gehen musste, da waren drei Männer, zwei Frauen gesessen, wenn ich mich recht erinnere. Wir haben uns da in die Mitte hinstellen müssen, die haben so einen Kreis gebildet, sodass wir ja nicht mehr abhauen konnten. Und dann … ja, durften die uns anfassen. Das war eigentlich im Großen und Ganzen erst mal so alles.

HMV: Wie „anfassen“?

Bonobo: Ja! Wir haben halt dagestanden und sie durften uns streicheln, … Penis anfassen. Wir konnten – mussten aber nicht – sie anfassen. Das war … keine Ahnung, was das für ein Spiel gewesen sein soll! … Zum Einführen oder … Keine Ahnung!

HMV: War Miriam auch dabei?

Bonobo: Nein, ohne Miriam. Drei Jungs. Und, wie gesagt, drei Männer und zwei Frauen. Irgendwie so – wenn ich mich recht erinnere. … Ja … Wobei die Leute angezogen waren. Das war damals so. Aufgenommen wurde es, das weiß ich noch! Aber ich hab das Ding nie wieder gesehen! Keine Ahnung, was damit passiert ist, was sie damit gemacht haben. … Das war so das Erste. Ich wurde dann auch gefragt, ob es mir Spaß macht. … Pfh – ich hab auch noch gesagt: „Ja!“… Ja, und dann kamen die ersten richtigen Freier. Ich wurde dann langsam eingeführt. Also, ich bin dann erst dem Arzt vorgeführt worden. Wir haben ihn „Hundenase“ genannt, weil er aus irgendwelchen Gründen auch immer am Geschlechtsteil der Kinder geschnüffelt hat – wie so ein Hund eben! Dem wurde ich also vorgestellt, der hat mich untersucht, von Kopf bis Fuß. …

HMV: … Bitte?

Bonobo: Der hat mich untersucht! Von Kopf bis Fuß. … Ja … Ist dann eben zu der Entscheidung gekommen, dass ich soweit gesund bin, dass man mich vögeln kann, um es jetzt mal einfach krass auszudrücken. … Und daraufhin hatte ich dann meinen ersten Sex mit Gilbert, der mir einen geblasen hat und ich hab ihm einen blasen müssen. Und der auch das erste Mal Analverkehr mit mir gemacht hat. … Öh … ja, tat Scheiße weh. … Nachdem das dann vorbei war, durfte ich gnädiger Weise zu Miriam. An diesem Tag war dann damit Schluss. Miriam hat mich gedrückt, ich hab geheult, es tat mir alles weh. Miriam hat mich getröstet usw. usf. Hat so etwas gesagt wie: „Irgendwann macht dir das nichts mehr aus!“ Ich hab nicht ganz kapiert, was sie damit meint. … [kichert] … Ja! … Beim zweiten Mal, also am nächsten Tag, dann wollte ich mich weigern. Das war dann ein fremder Mann, der Sex mit mir machen sollte – oder wollte. … Wollte ich mich weigern. Daraufhin hat man mir einen Hund geschenkt, einen kleinen Welpen. Und das ist mein Hund, auf den muss ich jetzt aufpassen, den muss ich füttern, mit dem muss ich in den Garten raus usw. usf. … Und wenn ich nicht brav bin, nehmen sie mir den Hund weg. Und das war dann mein Hund. Ich wollte nicht, dass sie ihn mir wegnehmen, also hab ich mitgemacht. … Ja, so ging das halt. … Ich wurde dann ein bisschen aufmüpfig, weil ich festgestellt habe, ich kann mir ein bisschen mehr erlauben wie die anderen Kinder, was ich … Den Grund dafür habe ich erst später richtig mitgekriegt. – Ich hatte ja eine Familie im Hintergrund und jede Verletzung musste in irgendeiner Form erklärt werden. Das ist – war der Grund, warum ich mir ein bisschen mehr herausnehmen konnte und ich ein bisschen weniger geschlagen wurde, wie die anderen, oder nicht zu den größten Arschlöchern hingebracht wurde. – Sagen wir es mal so.

HMV: Man hat sie geschlagen?

Bonobo: Ja – aber bei weitem nicht so, wie die anderen. Ich hab mal eine Ohrfeige gekriegt oder den Arsch drauf oder eine auf den Hinterkopf … Ptt ... [deutet gestisch eine Ohrfeige an] … „Bist Du jetzt brav!“ – So etwas schon.

HMV: Es stand also nicht nur die Drohung im Raum, dass man Ihnen den Hund wegnimmt, womit man Sie unter Druck gesetzt hat, man hat Sie auch …

Bonobo: … körperlich gezüchtigt. – Also mit dem Hund oder mit den Tieren allgemein. Es gab ja auch Katzen Drum und Dran, dass, was man am liebsten hatte … Also ich hatte halt einen Faible für Hunde, da hat man so einen Hund geschenkt gekriegt. Und wenn man ein bisschen übertrieben hat oder nicht mehr so ganz bei der Stange war, wie man sein sollte, oder wenn nur die Gefahr bestand, bei mir speziell, dass ich eventuell versuchen könnte, irgendetwas zu verraten, ist man kurzerhand hergegangen und hat den Hund umgebracht. In Beisein des Kindes. … Also meinem ersten Hund, dem hat man den Hals durchgeschnitten, wo ich zugucken musste. Ich hab geheult wie ein Schlosshund. Das war mein armer Hund und hin und her. Da war ich lange Zeit sehr, sehr brav. Dann habe ich wieder einen Hund geschenkt gekriegt. Ich wollte nicht haben, dass der das gleiche Schicksal erfährt. – Aber im Grunde genommen konnte man machen, was man wollte, der wurde irgendwann … Der war dafür … Der wurde einfach irgendwann umgebracht! Das ist … Ja, und irgendwann … Ich glaube, ich hab sechs oder sieben Hunde verschlissen! Irgendwann wusste ich ganz einfach, dass das einfach ein Spiel für die ist, um mich irgendwie bei der Stange zu halten. – Das hat irgendwann einfach nicht mehr gewirkt! Das … Ja!

HMV: … Das ist sehr grausam, was Sie da gerade erzählen!

Bonobo: Ha!

HMV: Ich fasse es gerade nicht! – Als Sie das erste Mal an diesem Ort waren, waren Sie zwei Tage dort …

Bonobo: … das Wochenende!

HMV: Das Wochenende – und dieser Gilbert hat Sie vergewaltigt!?

Bonobo: Ja.

HMV: Dann, am nächsten Tag, war es ein anderer Mann!?

Bonobo: Ja.

HMV: Hat man Ihnen da schon diesen Hund geschenkt …?

Bonobo: Ja, ja, den hatte ich vorher schon.

HMV: Beim ersten Mal hat man Ihnen diesen Hund geschenkt?

Bonobo: Ja, als Dankeschön, dass … dass ich so brav war, durchgehalten hab und Drum und Dran. … Und wenn ich immer so schön brav bin, dann ist das mein Hund. So wurde das …

HMV: Dann hat man Sie … Sie wollten sich am zweiten Tag weigern, weil das beim ersten Mal so wahnsinnig schmerzhaft war …

Bonobo: Ja.

HMV: … und dieser Fremde, der hat Sie gezwungen …?

Bonobo: Nee, der hat mich gefickt. Gezwungen hat mich Gilbert. … Gezwungen haben mich die anderen, er war ein Freier, er war ein Kunde, den ich zu bedienen hatte.

HMV: Schon beim allerersten Mal, als Sie dort hingebracht worden waren, am zweiten Tag!?

Bonobo: Ja. Ich war quasi entjungfert. Man hat also festgestellt, dass man es mit mir machen kann. Ich nenne es jetzt mal so, wie dort die Umgangssprache ist, der Arsch ist geweitet, man kann ihn reinstecken – und an den Rest gewöhnt man sich. So ist da die Umgangssprache.

HMV: So etwas geht doch nicht ohne Verletzungen ab …!

Bonobo: Richtig!

HMV: Sie müssen vom ersten Tag noch verletzt gewesen sein!

Bonobo: Ja. Also, er war schon recht vorsichtig, muss ich dazu sagen. Es waren Verletzungen da, es ist ein bisschen Blut gelaufen. Wie gesagt, es waren Ärzte dabei. Ich wurde untersucht, mein After wurde dann irgendwie eingerieben. Und am nächsten Tag war das insoweit gut, dass man weitermachen konnte.

HMV: Sie sagen, da waren Ärzte dabei. Sind Sie sicher, dass es Ärzte waren?

Bonobo: Ja, ja! Also heute weiß ich es, dass es Ärzte sind, ausgebildete Kinderärzte! Das ist sonnenklar.

HMV: Nach diesem Wochenende hat man Sie zurückgebracht, zu Ihren Eltern?

Bonobo: Ja.

HMV: Das war ein traumatisches Wochenende.

Bonobo: Aus heutiger Sicht: Ja!

[Schweigen]

HMV: Haben Sie mit Ihren Eltern versucht, darüber zu sprechen?

Bonobo: Nee! – Zwei Probleme: Also, zuallererst hat man mir 'mal Angst gemacht, dass, wenn ich irgendetwas erzähle, dann ergeht es meinen Eltern so, wie dem Hund. Mit dem Hund, das hab ich gesehen, d. h. … Zum anderen wurde mir gedroht, ich dürfte die Miriam nicht mehr sehen. Das war fast noch schlimmer, weil sie war mein ein und alles. Das Einzige, was aufgefallen ist, das hat mir meine Schwester dann später gesagt, das hatte ich so nicht mitgekriegt, dass ich angefangen habe, in die Hose zu pinkeln.

HMV: Mit fünf Jahren?

Bonobo: Ja, fast sechs! Ich war schon fast sechs. An was ich mich noch erinnern kann, ist, dass ich Durchfall hatte und dass es verdammt gebrannt hat. Aber ich hab mich nicht getraut, zu Mutter zu gehen oder zu meinem Vater zu gehen.

HMV: Ihre Mutter hat es auch nicht gemerkt, als sie Sie gebadet hat, sie hat nicht gemerkt, dass Sie Verletzungen haben?!

Bonobo: … Gehen wir mal kurz zurück zu Bärensprung, also mein erster sexueller Missbrauch. Als ich da runterkam, sollte ich dann baden. Meine Mutter wollte mich wie üblich ausziehen. Ich hatte eine Angst, irgendwie, dass sie sehen könnte, was ich da oben mit dem Mann gemacht hatte. Nicht so, dass er etwas mit mir, sondern das ich was mit ihm gemacht hatte. Und da hab ich mich geweigert, dass ich mich vor meiner Mutter ausziehe usw. – Sie kam dann mit dem Spruch an: „Ach, mein Kleiner wird langsam erwachsen!“ Als ich mich immer noch geziert hab, hab ich ein paar geschossen gekriegt – Backpfeifen! Dann wurde die Hose runter gerissen, dann wurde ich in die Badewanne gestellt und geduscht. Und nach dieser Erfahrung hab ich nichts mehr gesagt. Zu Vater konnte man nicht gehen, weil der so jähzornig war, der hätte mir ja sowieso nicht geglaubt! Und die Mutter, die war so sehr mit sich selbst beschäftigt, den ganzen Scheiß zu überleben. Die hat gar keine Zeit gehabt – für mich! Oder vielmehr für uns, für meine Schwester genau so wenig!

HMV: Nach diesem Wochenende bei Gilbert hat Ihre Mutter nicht versucht, Sie zu baden …?

Bonobo: Nee, weil … [kichert] … Ich war ja gebadet! Ich kam ja frisch gebadet oder frisch geduscht zurück. In dem Haus war ja alles da. Es war ja ein richtiges Haus, mit allem Drum und Dran. Ich muss geschnüffelt haben wie Blumen! Was das betraf, ich kam sauberer zurück, wie ich hingekommen war.

HMV: Ihr Kichern irritiert mich gerade – woran haben Sie gedacht?

Bonobo: Ja, mir ging es teilweise in dem Puff besser wie zu Hause. Und das ist einfach auch so eine Ambivalenz – wenn ich darüber nachdenke, kann ich mir das Lachen – das Kichern einfach nicht verkneifen. Das ist so!

HMV: Es gab kein Gespräch mit Ihren Eltern!?

Bonobo: Nö, gar nichts! Man hat mich zwar gefragt, „Ja, wie wars dann?“ – Und ich hab gesagt: „Schön, mit Miriam gespielt!“ Und dann hab ich die positiven Sachen erzählt: Der Swimmingpool – Riesending! Sauna! – Ich war das erste Mal in meinem Leben in einer Sauna, als kleines Kind ist das ein Erlebnis. Und dann habe ich erzählt, hat man mir einen Hund geschenkt!

HMV: Den Hund konnten Sie aber nicht mitbringen?

Bonobo: Nee! – Also mein Vater wollte keine Tiere, keine Haustiere. Meine Mutter schleppte dann irgendwann einmal so einen kleinen Mischling an. Lustig. Wie alt war ich denn da? Da hatten wir den Imbiss. Vielleicht 9, 10, 11 oder so. Da kam sie mal mit irgend so einem Mischling an, den sie gerettet hatte, von irgendeiner Familie. Ja, den hat er dann mal akzeptiert, nach langem Hin und Her.

HMV: Den durften Sie behalten?

Bonobo: Das war ja nicht meiner, das war ihr Hund! Aber den Hund, den ich von Gilbert gekriegt hatte, oder von der Organisation gekriegt hab', der war dafür gedacht ... Irgendwann krepierte der sowieso, weil der Bonobo ja irgendwann nicht brav ist.

„Zeig mir mal ein paar Kinder!“

HMV: Sie sprechen jetzt von „der Organisation“?

Bonobo: Ja.

HMV: Was muss ich mir darunter vorstellen?

Bonobo: Es ist eine Abzweigung von einer noch größeren Organisation. Dieser Zweig betreibt Kinderbordelle, stellt Kinderpornografie her, in ganz großem Stil, also professionell. Diese Bilder kosten ein Schweinegeld – und auch die Filme. Ja, man kann es, ich benutze das Wort ungern, als Kinderpornoring bezeichnen. …

HMV: Wie ging es weiter?

Bonobo: Ich war dann relativ oft dort, also im Monat bestimmt zweimal. An Wochenenden, feiertags, wenn es irgendwie gegangen ist. Ich muss aber dazu sagen, dass ich da hin wollte – allein nur wegen der Miriam. Ich habe den ganzen Scheiß erduldet, nur um bei der Miriam zu sein. Das haben die relativ schnell herausgefunden! Wenn mir gedroht wurde: „Dann kommst Du heute nicht zu Miriam, dann siehst Du sie eben heute nicht!“, dann hab ich alles gemacht, alles, was sie wollten. Na, dann fingen die ersten Filmaufnahmen an. … [kichert] Die ersten Aufnahmen waren mit anderen Jungs, anderen Mädchen, unter anderen auch mit Miriam. … Sexuelle Handlungen mit Eindringen usw. usf., was ich als nicht sonderlich schlimm empfand. Tat nicht weh, hat sogar Spaß gemacht. Das war Abenteuer.

HMV: Sie meinen die sexuellen Handlungen zwischen den Kindern?

Bonobo: Ja. Das war also … Das fand ich ... – Ah, das hab ich sogar fast genossen! – Man kann es sogar als genießen bezeichnen. Ja! Das war schön. Ja, und dann wurden auch Filmaufnahmen von, also mit Erwachsenen gemacht. – Das ist die Frage jetzt, soll ich da ein bisschen in die Details gehen? Es gibt da verschiedene. Ich meine, ich hab mich ja auch weiter entwickelt … Ich hab dann irgendwann einmal auch Text gekriegt.

HMV: Wollen Sie ins Detail gehen?

Bonobo: Wenn man das in das Buch reinschreiben kann … Dann würde ich mal sagen, … ja fangen wir mit dem Schlimmsten an. – Also nach der Reihenfolge kann ich das jetzt nicht mehr … Deswegen fange ich jetzt irgendwo mal an …

HMV: Ja …

Bonobo: Ich schätze, da war ich sieben oder acht, so um den Dreh herum. Da musste ich dann mit einer Frau ins Bett steigen – das war ganz ekelhaft … Mir fehlt das Wort … Es war übel. Ich sollte ihr an der Scheide lecken. Sie hat an meinem Penis herumgespielt – nicht gerade sanft! Wirklich brutal! Dann hat sie von mir verlangt, dass ich meine Hand in ihre Scheide stecke … Puh … weg war er! … Den Fuß sollte ich reinstecken, bei einer anderen Frau …

HMV: … da war noch eine andere Frau?

Bonobo: Nee, ein anderes Mal. … Das wird jetzt ein bisschen – … Das will ich schnell hinter mich bringen, … [lacht] … Nein, ich bring das jetzt nicht!

HMV: Okay!

Bonobo: Ein anders Mal hat man versucht, meinen Kopf in die Scheide hineinzudrücken. … Den hat man auch reingedrückt – hat zum Glück nicht so ganz geklappt! - Dann wurde ich an die Titten gedrückt – die hatte solche Euter! Die hat dann meinen Kopf da rein und – Pfh! – so zusammengedrückt. Ich bin dann irgendwann mal … Ich hab dann keine Luft mehr gekriegt und bin dann in Ohnmacht gefallen. … Als ich zu mir gekommen bin, waren die dann weg! Da war die Miriam bei mir am Bett gesessen, hat mich gestreichelt … und so … Ein andermal … Ja – ihr war wahrscheinlich mein Penis zu klein! … Keine Ahnung, was für ein Problem die hatte! Die ist auf mir herumgeritten und durch ihre Haare war bei mir alles wund, der ganze Genitalbereich. Das hat aber anscheinend nicht so viel Spaß gemacht, wie sie sich das vorgestellt hat. … Hat irgendwie Wut gekriegt, nimmt meine Hoden – quetscht zu! … Irre Schmerzen! Wahnsinn! Ich hab gekrischen geschrien! … Das Ende vom Lied war, ich hatte eine Hodenquetschung. Ich musste dann zu diesem … zu dieser Schnüffelnase, diesem „Hund“ [kichert], der dann die Diagnose gestellt hat: Hodenquetschung. Ich hab dann so eine Spreizunterhose angekriegt, dass das nicht so zusammengeht, dass das Luft hat, ein bisschen. Und ich hatte zwei Tage Ferien – kann man so sagen. - Ja, Frauen waren das Übelste überhaupt!

HMV: … War es immer derselbe Ort, an dem Sie waren?

Bonobo: Ja, verschiedene Schlafzimmer, aber das Haus war immer das gleiche.

HMV: Das Haus war immer das gleiche und dorthin kamen Freier und Freierinnen. Wann haben Sie das verstanden, wann ist Ihnen bewusst geworden, dass es sich dabei um Freier und Freierinnen handelte?

Bonobo: … Ungefähr mit elf. Ungefähr mit elf, als sie mich auf den Straßenstrich geschickt haben.

HMV: Das heißt, diese Jahre zwischen Ihrem sechsten und elften Lebensjahr wurden sie dort missbraucht und vergewaltigt, von Männern und von Frauen?

Bonobo: Ja.

HMV: Aber Ihnen war nicht klar, dass diese Leute Sie als Prostituierten einsetzen?

Bonobo: Nein. – Ich wusste, dass es dafür Geld gibt, dass ich das mache, das habe ich relativ früh mitgekriegt, weil über Geld verhandelt wurde! … Man muss sich das so vorstellen: Man sucht sich ein Kind in verschiedenen … Es gibt verschiedene Wege, um sich ein Kind herauszusuchen. Heute geht es meist über das Internet, aber damals gab es regelrechte Kataloge, wo Kinder abgebildet waren, auf Papier. Oder der Freier oder der Kunde kam erst einmal … „Zeig mir mal ein paar Kinder!“ Das war dann einer, der sie erst einmal vorher antesten durfte, … also anfassen durfte, den Penis in den Mund nehmen durfte usw., usf. Ja, ihn befummeln durfte. Dann wurden Preise ausgehandelt …

HMV: Liefen diese Verhandlungen zwischen den Kunden und diesem Gilbert?

Bonobo: Unter anderem! Dieser Gilbert hatte noch seine Leute.

HMV: Männer – auch Frauen?

Bonobo: Männer und Frauen!

HMV: Waren es mehr Männer oder mehr Frauen?

Bonobo: Es waren mehr Männer als Frauen. – Aber die Frauen waren halt viel schlimmer!

HMV: Inwiefern?

Bonobo: Sie waren brutaler! Gnadenloser! Das ist … Ich kann mich an keine Frau erinnern, die mich missbraucht hat und wo ich sagen könnte, da war irgendetwas, was mir wenigsten ein bisschen Spaß gemacht hätte! Bei Männern ja, da gab es das durchaus. Aber Frauen? – Nichts! Ich sag ja, die waren noch nicht einmal zum Blasen fähig, ohne dass es wehtut. Das war irre! Das war einfach nur ekelhaft, das war so … Ah! Ich kann das gar nicht in Worte fassen! Das ist so …

HMV: Wie war das zahlenmäßige Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Freiern und Freierinnen?

Bonobo: … Von 100 Männer eine Frau. So ungefähr!

HMV: Frauen waren also die Minderheit?

Bonobo: Ja, die waren schon in der Minderheit, zumindest in diesem Bordell und mit mir. … [Schweigen]

HMV: … Entschuldigen Sie bitte, ich hatte Sie unterbrochen. Sie sagten, mit den Frauen war es besonders schmerzhaft und auch brutaler …

Bonobo: … gnadenlos! – Da konnte man schreien, da konnte man weinen, da konnte man machen, was man wollte, die waren da … Die haben ihr Ding durchgezogen, gnadenlos, ohne mit der Wimper zu zucken! Das war denen einfach so scheißegal! Männer haben wenigsten ab und zu … Nicht alle, da gab es auch Arschlöcher klar! … Aber da gab es wenigsten ab und zu mal einen, der gesagt hat: „Lassen wir das, machen wir was anderes!“ – Die …!? - Ums Verrecken nicht! Ums Verrecken nicht!

HMV: Sie hatten bereits angefangen zu schildern, was dabei passiert ist. Sie sollten Ihre Hand in die Scheide einer Frau stecken, Sie sollten Ihren Kopf in die Scheide stecken …!?

Bonobo: … den Fuß!

HMV: Den Fuß?

Bonobo: … Ja, wie gesagt! Ich sollte halt die Scheide lecken, das fand ich besonders ekelhaft! Es war feucht, es hat gerochen … Dann die Haare! Dann, dann, dann … Ich weiß gar nicht, wie ich das erklären soll … Der ganze Mensch war einfach nur ekelhaft! Mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Das ist unbeschreiblich, was da in mir vorgegangen ist. – Angst! Todesangst! – Den Kopf da zwischen die Titten drücken, bis man keine Luft mehr kriegt! – Eier zusammenquetschen! – Schlagen! – Nase zuhalten! – Sich mit der Scheide auf das Gesicht setzen! – Drin rumrubbeln und sich auf den Penis setzen, drauf rumreiten! – Die Haare, die schaben da unten, das tut weh, das brennt! – Schmeckt Scheiße!

HMV: Sie sagten, Sie wollen mit dem Schlimmsten anfangen ...

Bonobo: … das ist schon das Schlimmste! Also für mich persönlich, was mir persönlich am meisten ausgemacht hat! Es gibt noch andere Dinge, die andere Leute vielleicht noch für viel schlimmer erklären würden, aber für mich persönlich sind diese Erfahrungen besonders übel. Bis heute noch. Ich hab eine Abneigung gegenüber Frauen, das ist … Ach! Da sind wir momentan gerade am Kämpfen, das ich das einigermaßen in den Griff kriege. Mittlerweile gehts einigermaßen gut. Das war aber schon schlimmer! Deswegen hab ich ja Frauen überhaupt nicht mehr akzeptiert. Purer Hass! Also ich hab heute noch Probleme, Filme zu gucken, wenn da Frauen mitspielen, die sich da ein bisschen aufführen. Ich denke mir da: "Du blöde Schlampe, halt doch die Fresse!" Will ich nicht sehen, brauch ich nicht sehen! Am schlimmsten sind ja die, die da ihre Titten in die Kamera strecken, da ist es ganz aus! Da mach ich dann den Fernseher aus, weil das ertrage ich einfach nicht!

HMV: Als das geschah, waren Sie acht?

Bonobo: Sieben, acht, da hat das mit den Frauen auch angefangen. Erst waren es eigentlich nur Männer und Kinder, dann kamen die Frauen dazu … Ja, und dann ging das so weiter. Sex in allen Spielarten in allen Situationen. Wie gesagt, ich war im Filmstudio, wo man … Innerhalb von ein paar Minuten hat man … Da war erst eine Küchenszene, zehn Minuten später war da ein Schlafzimmer drin gestanden, wieder zehn Minuten später war da ein Wohnzimmer drin gestanden … Requisiten-technisch ging das ruckzuck! Das war also schon … Es gab natürlich auch freie Aufnahmen, wo man draußen herumgelaufen ist. Das Gebiet war ja recht groß. – Ja, alle Spielarten, die man sich vorstellen kann! Und wie gesagt, mir ging es da noch bei weitem besser wie anderen.

„Alles, was jetzt passiert, ist deine Schuld!“

HMV: Was haben Sie beobachtet?

Bonobo: Bis zum Mord alles! – Alles komplett inklusive Mord!

HMV: Wollen Sie darüber sprechen?

Bonobo: [Schweigen] ... Können wir tun – ja! ... [Schweigen]

HMV: Wenn es Ihnen zu viel wird, sagen Sie es bitte.

Bonobo: Ich bin noch am überlegen, wo ich jetzt anfangen soll. – Also heute weiß ich das ja, dass sogenannte Snuff-Filme gemacht wurden. Was ich selbst gesehen habe und selbst mitgekriegt habe, war einmal ein Mädchen, vielleicht ein Jahr alt, maximal, wenn überhaupt, wo einer den Penis dem Kind in den Hals gesteckt hat, bis zum Anschlag, bis es erstickt ist. Da war ich neun, etwa. Die meisten Kinder sind halt einfach nicht mehr gekommen. Das hab ich dann später mitgekriegt, dass die – verschwunden sind, umgebracht wurden. Das Allerschlimmste war Miriam. … Ja, jetzt greife ich mal einfach vor. Das war der 23.12.1980, zwei Tage nach meinem Geburtstag. Die Miriam sollte mit einem Kunden ins Bett gehen, wo man wusste, dass es ein ganz brutales Arschloch ist. Ich wollte das nicht, ich hab mich dagegen aufgelehnt und alles Mögliche versucht. Ich hab gebissen, geschrien, hab gekrischen, getreten, gespuckt. Aber all das hat nichts geholfen, die musste da hin. … Ich hab gesagt: 'Wenn die Miriam jetzt zu dem Mann hingehen muss, dann sag ich alles meiner Mutter.' Daraufhin hab ich erst mal eine Ohrfeige gekriegt. Dann wurde ich geschnappt, ich hatte damals lange Haare als Kind. Ich wurde an den Haaren gepackt, wurde hinterher geschleift, die Miriam auch. Ich wurde festgehalten, gezwungen, dass ich zugucke. Gilbert nimmt ein Messer in die Hand, hält es ihr an den Hals und sagt zu mir: „Alles, was jetzt passiert, ist deine Schuld!“ Und dann zieht es durch die Kehle durch. Durch ihren Hals! Blut spritzt raus … Das dauert ewig. – Nicht so schnell wie im Film! … Das dauert ewig! … Ich seh noch, wie sie versucht zu sprechen, geht aber nichts! Ich sehe, wie ihr Mund meinen Namen formt – aber es kommt nur ein Gegurgel … raus. Dann bin ich glücklicherweise irgendwann umgekippt. Als ich wieder zu mir kam, war Miriam nicht mehr als Miriam zu erkennen. … Sie war in Einzelteile … zerlegt. Da war überall Blut, auch an mir klebte Blut, das noch warm war. Ich musste dann regelrecht durchs Blut waten und ihre Körperteile in Tüten verpacken. Dann wurde mir mitgeteilt, wenn ich nur ein Wort verlauten lasse …

[Unterbrechung durch Pflegepersonal]

HMV: Bonobo, Sie schildern diese schreckliche Begebenheit, ohne dass Sie dabei emotionale Bewegtheit erkennen lassen. Sie sprechen überhaupt über viele Dinge so, als würde es sie kaum berühren.

Bonobo: Das muss man unterscheiden! – Innerlich berührt es mich schon, vor allem das, was Miriam betrifft. Ich hab das jetzt aber auch schon relativ oft erzählt, sodass ich das mit mehr Abstand erzählen kann. Aber es berührt mich schon, so ist das nicht! Vieles habe ich damals nicht als so schlimm empfunden, wie es eigentlich heute ist! Von daher gesehen bin ich vielleicht einfach nur abgestumpft. … Ich meine, es gehört ja auch gewaltig viel oder wenig Emotion dazu, wenn man ein Kind missbraucht! Da muss man total abgestumpft sein, um das hinzukriegen.

HMV: Entschuldigen Sie, wenn ich da noch einmal nachhake – wie haben Sie das in der Situation damals erlebt? … Sie haben Miriam geliebt – und dieser Gilbert tötet sie vor Ihren Augen und zwingt Sie, ihre Körperteile in Plastiktüten zu verpacken!

Bonobo: Ja, das … Klar, es war grausam! Absolut grausam. Und wenn ich alleine bin, dann kann ich darüber auch weinen und alles Drum und Dran. Wie anfangs schon erwähnt, haben wir in Straubing eine Andacht abgehalten! Da hab ich … die ganze Zeit geweint, während diese Andacht da war. Das hat mir auch geholfen, darüber etwas hinwegzukommen, das mit mehr Abstand zu sehen, weil ich mir ja die Schuld gegeben hab.

HMV: Sie haben gerade eine Begebenheit erzählt, deren Grausamkeit geradezu unvorstellbar ist. – Sie waren anwesend, als dieses Mädchen, das Ihr ein und alles war …

Bonobo: … Ja. …

HMV: … vor Ihren Augen ermordet wurde. Sie wurden gezwungen, die Körperteile dieses Kindes in Tüten zu verpacken … Wie geht es Ihnen, wenn Sie das jetzt erzählen?

Bonobo: Heute geht es besser, weil ich das große Glück hatte, in Straubing gewesen zu sein, wo man für Miriam eine Andacht gehalten hat, was mir sehr geholfen hat, das zu überwinden und das auch mit mehr Abstand erzählen zu können. … Das ist grausam, das ist absolut grausam! Ich hab mir die alleinige Schuld gegeben. Was hab ich auch so eine große Fresse, was soll das?!

HMV: Sie haben getan, wozu man Sie gezwungen hat. Was ist dann passiert?

Bonobo: Wie gesagt, man hat mir dann gesagt, dass, wenn ich auch nur irgendjemandem nur ein Wort davon erzähle, dass sie das Gleiche meinen Eltern, meiner Schwester, meiner Großmutter, also die ganze Palette durch meiner ganzen Familie antun werden. … Ich … hab eigentlich nichts mehr gemacht. Ich war dann auch für das Bordell, das ein Elitebordell war, nicht mehr geeignet, weil ich nur noch dagelegen hab, die Leute über mich drüber rutschen lassen, war für Filme nicht mehr geeignet, weil ich nichts mehr gemacht hab als nur dazuliegen. Wo man sich dann daraufhin entschlossen hat, mich auf den Babystrich nach Frankfurt zu schicken. – Eisenbahner, bekanntes Ding!

HMV: Wie? – Eisenbahner?

Bonobo: Eisenbahner heißt das Teil ja! Da ist eine Eisenbahnbrücke und unter dieser Brücke läuft der Kinderstrich. – Ob es heute noch so ist, weiß ich nicht! Aber ich denke schon. Unter anderem, es gab noch andere Plätze, wo ich hinmusste. … Und da hab ich dann eigentlich … Das war dann der Punkt, wo ich gecheckt habe, dass das Freier sind, dass ich da verkauft werde usw. usf.

HMV: Da waren Sie dann zehn oder elf …