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Doch noch während ich ihn küsse, kehrt ein Fünkchen gesunder Menschenverstand zurück. Die Widersprüche bringen die Hitze in mir zum Kochen. Was tue ich da?, frage ich mich im hintersten Winkel meines Geistes. Das ist der Vampyrfürst! Schmiedin Floriane wird von allen geachtet. Denn sie fertigt die Waffen, mit denen die Vampirjäger ihr Dorf vor Angriffen schützen. Als Florianes Bruder vom Anführer der Vampire tödlich verletzt wird, greift sie jedoch selbst zum Schwert, bereit, ihr Leben zu opfern. Aber Vampirfürst Ruvan will nicht ihren Tod ... er will sie. Er entführt Floriane in sein Schloss, um sie mit einem Blutschwur an sich zu binden – in Körper und Geist. Nur so kann er beweisen, dass die Vampire keine Monster, sondern ein verfluchtes Volk sind. Doch um den Fluch zu brechen, müsste Floriane ihre Herkunft verraten ... Eine aufregend prickelnde Slow-Burn-Romantasy über eine junge Frau, die bereit ist, für ihre Freiheit - und für ihre Liebe - einen gefährlichen Blutpreis zu zahlen. Duel with the Vampire Lord ist der dritte Band der Stand-Alone-Reihe Married into Magic. In jedem Buch steht ein anderes Paar im Mittelpunkt. Daher können die Bücher der magischen Romantasy-Reihe unabhängig voneinander gelesen werden.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Elise Kova
Duel with the Vampire Lord
Aus dem Englischen von Bettina Münch und Sarah Johnsen
Schmiedin Floriane wird von allen geachtet. Denn sie fertigt die Waffen, mit denen die Vampirjäger ihr Dorf vor Angriffen schützen. Als Florianes Bruder vom Anführer der Vampire tödlich verletzt wird, greift sie jedoch selbst zum Schwert, bereit, ihr Leben zu opfern. Aber Vampirfürst Ruvan will nicht ihren Tod ... er will sie. Er entführt Floriane in seine Burg, um sie mit einem Blutschwur an sich zu binden – in Körper und Geist. Nur so kann er beweisen, dass die Vampire keine Monster, sondern ein verfluchtes Volk sind. Doch um den Fluch zu brechen, müsste Floriane ihre Herkunft verraten ...
Eine aufregend prickelnde Slow-Burn-Romantasy über eine junge Frau, die bereit ist, für ihre Freiheit – und für ihre Liebe – einen gefährlichen Blutpreis zu zahlen.
Duel with the Vampire Lord ist der dritte Band der Stand-Alone-Reihe Married into Magic. In jedem Buch steht ein anderes Paar im Mittelpunkt. Daher können die Bücher der magischen Romantasy-Reihe unabhängig voneinander gelesen werden.
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Für alle, die Bücher lieben und Dolche und Kronen im Bücherregal haben.
EINS
»Heirate mich, und ich mache dir schöne, starke Kinder.« Sein Gelalle ist fast nicht zu verstehen.
Schaudernd schiebe ich – Walt? Waldor? Ich weiß nicht einmal mehr, wie er heißt –, jedenfalls schiebe ich den Arm von Wem-auch-immer von meiner Schulter. Er taumelt lachend rückwärts und stößt dabei fast mit einer Gruppe Frauen zusammen, die auf der Straße tanzt und den Mond anheult. Die Frauen sind bis auf das seidene Nachthemd ausgezogen, das unnatürliche Mondlicht und der Feuerschein, der aus der Schmiede dringt, überziehen ihre Haut mit einem rötlich orangen Schimmer.
Sie können herumwirbeln und tanzen. Können singen und rufen. Sie bewegen sich so frei wie der Saum, der um ihre Oberschenkel schwingt. Wie es wohl wäre, eine von ihnen zu sein? Was würde ich tun? Ich weiß es nicht. Die Fesseln, die mich umgeben, sind so eng wie die Schnallen der groben Lederschürze, die ich anhabe. Sie halten mich umschlossen. Und unter Kontrolle.
Wer-auch-immer greift abermals nach mir.
Ich schlage seine Hand weg. »Das reicht jetzt.« Der Alkohol hat wohl seinen Verstand ausgeschaltet, denn mich zu berühren, könnte ihm eine Tracht Prügel einbringen – im besten Fall. Er kann sich auch nicht damit herausreden, nicht zu wissen, wer ich bin. Jeder in diesem kleinen Ort weiß, wer ich bin. Mit meinen rauen, rußverschmierten Händen und den vernarbten Armen bin ich leicht zu erkennen. Meine Aufgabe gilt als heiliger als die der meisten Jäger. Denn ich bin es, die sie auf Jahre hinaus bewaffnen und ausrüsten wird. Ich kenne die Geheimnisse der Schmiede.
Ich bin die Hüterin von Stahl und Silber.
Wie alle in Jägerweiler weiß der Kerl hier, dass mich nur der Mann anfassen darf, den der Meisterjäger zu meinem Ehemann bestimmt. Ohne jede Ausnahme.
Nicht einmal in der vielleicht letzten Nacht unseres Lebens.
»Gibt es hier ein Problem?«
Als ich Drew das letzte Mal gesehen habe, unterhielt er sich in einer Ecke der Schmiede mit einer jungen Frau. Aber mein Zwillingsbruder und Beschützer ist nie weit weg. Wahrscheinlich ist er herausgekommen, als ihm auffiel, dass ich von meinem Gang zum hinteren Schuppen nicht geradewegs zurückgekehrt bin.
»Kein Problem, nur einen Besoffenen.« Ich verändere meinen Griff um den Henkel des Kohleneimers. Der Köhler wohnt unten in den Sumpflanden. Er ist einer der wenigen Nicht-Jäger, die über die Grenze der versalzenen Erde hinaus ins Land der Vampire dürfen. An diesem Abend, noch bevor die Feierlichkeiten begannen, hat er eine neue Ladung Kohlen geliefert. Sicher wird er morgen bei jemandem im Ort übernachten. Das macht er bei Vollmond regelmäßig, und beim Blutmond auf jeden Fall. Hier im Ort passen wir aufeinander auf, besonders wenn die Vampire angreifen.
Es gibt drei grundlegende Wahrheiten über die geheimnisvollen blutdurstigen Vampire:
Erstens: Sie ernähren sich von menschlichem Blut, das sie für ihre dunkle Magie benötigen. Aus diesem Grund herrscht seit Anbeginn der Zeit Krieg zwischen Vampiren und Menschen. Ohne die Festung und ihre dicken Mauern, die ganz Jägerweiler umgeben, würden sie die Welt mit ihrer Gier nach Blut und Tod überrennen.
Zweitens haben Vampire nur eine echte Schwäche: Silber. Alle anderen Werkzeuge dienen lediglich dazu, sie zu verlangsamen oder ihren Opfern einen sauberen Tod zu schenken. Wird ein Vampir hingegen von einer versilberten Klinge getroffen, ist er auf der Stelle tot. Sie ist unser einziges Verteidigungsmittel und der Grund dafür, dass diejenigen, die wissen, wie man Silber schmiedet, in Jägerweiler verehrt werden.
Die dritte und letzte Wahrheit ist, dass die Vampire ein gemeinsames Bewusstsein besitzen. Die Bestien, die uns Monat für Monat heimsuchen, sind wenig mehr als lebende Golems, die dem Willen ihres Herrn gehorchen. Wird der Vampirfürst getötet, ergeht es seiner Brut ebenso. Doch der Schattennebel schützt den Vampirfürsten, und nur einmal alle fünfhundert Jahre, in der Nacht des Blutmonds, wenn der Schattennebel schwach ist, greift er mit seinen dunklen Rittern in voller Stärke an.
Wenn morgen Abend der volle Blutmond aufgeht, werden die Jäger versuchen, den Vampirfürsten mit meinen Waffen zu töten und die Menschheit zu retten. In einer einzigen Nacht kann sich alles ändern, zum Guten oder zum Schlechten, und niemand außerhalb von Jägerweiler ahnt etwas davon.
Der Jäger, der mich belästigt hat, ist entrüstet. »Ich bin nicht besoffen, ich bin ein edler Jäger!«
»Du kannst kaum noch stehen«, erwidere ich.
»Das reicht, Wallice.« Ah, so heißt er also. »Du solltest mit der Schmiedemaid nicht allein sein«, weist ihn Drew zurecht.
»Wir … wir sind nicht allein.« Wallice schwankt und hickst. »Alle unsere Freunde sind hier, siehst du?« Er stürzt sich in die Gruppe der tanzenden Frauen, die ihn mit offenen Armen empfangen, als hätte er tatsächlich die ganze Zeit mit ihnen getanzt.
Im Handumdrehen hat er eine Brünette im Arm, lässt seine Finger über die Kurven ihrer Schenkel gleiten, bis hinauf zu ihrem prallen Bauch. Selbst die Hände eines ausgebildeten Killers wie Wallice haben etwas Elegantes, wenn sie über Seide streichen. Der Stoff schlägt Falten und fließt über seine Finger, als er ihr Kleid hochzieht.
Ich kann nicht anders, als mich zu fragen, wie sich das anfühlen muss. Meine Schenkel beginnen zu kribbeln, Hitze steigt in mir auf. Ich will nichts von Wallice. Aber ich will wissen, wie es sich anfühlt, berührt zu werden. Begehrt zu werden, nicht nur wegen meines Geschicks mit dem Hammer und meiner Stellung im Ort. Wallice beißt der Frau in den Hals, wie es ein Vampir tun würde. Sie legt stöhnend den Kopf in den Nacken, und ich drehe mich zur Schmiede um, ehe mir die Röte in die Wangen steigt. Drinnen kann ich wenigstens behaupten, die Hitze sei schuld.
»Er hat doch nichts Ungehöriges getan, oder?« Mit einem letzten wütenden Blick auf Wallice holt Drew mich ein.
»Gar nichts. Er hat einfach den Verstand verloren, so besoffen, wie er ist.« Es geht mir nicht darum, Wallice in Schwierigkeiten zu bringen. Das Leben der Jäger ist auch so schwer genug, und heute Nacht geht es ums Feiern, um ausgelassenes Vergnügen. Außerdem hat er nichts Schlimmeres getan, als mir einen Arm um die Schulter zu legen. »Ich bezweifle, dass er überhaupt wusste, wer ich bin.«
»Er muss schon sehr besoffen sein, um das zu vergessen.«
»So kam es mir auch vor; du hast ihn ja mit den anderen Frauen gesehen.« Ich werfe einen Blick über die Schulter. Wallice stolpert gerade mit einer der Tänzerinnen davon.
»Danke, dass du so nachsichtig bist, Flor.« Flor ist die Abkürzung von Floriane. Nur mein Bruder und meine Mutter nennen mich bei diesem Kurznamen. »So geht es in der Nacht vor dem Blutmond nun mal zu.«
»Sollen sich alle Jäger derartig betrinken, dass sie morgen nicht mehr jagen können?« Ich sehe ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Drew tut es mir nach. Wir sind fast gleich groß und von ähnlicher Statur. Wir haben das gleiche schwarze Haar und die Augen unserer Mutter. Wenn ich ihn ansehe, ist es, als würde ich in einen Spiegel schauen und eine männlichere Version meiner selbst vor mir sehen.
»Wir haben Zeit bis zum Sonnenaufgang, um alle Schädel und Mägen wieder auf Vordermann zu bringen, außerdem hilft uns das Jägerelixier. Dagegen kommt kein Kater an.«
»Morgen ist aber keine normale Jagd.«
»Das weiß niemand besser als wir«, sagt Drew mit einer gewissen Strenge.
Ich zucke die Achseln und schweige. Auch Drew lässt das Thema fallen und wir betreten nebeneinander die Schmiede.
Die Schmiede ist eines der größeren Gebäude in Jägerweiler und hebt sich ein wenig von den anderen Bruchsteinhäusern ab, die so eng beieinanderstehen wie die vielen Zähne im Maul eines Vampirs. Im Gegensatz zu den üblichen Strohdächern ist die Schmiede mit Schiefer gedeckt, genau wie die Festung. Ein Vordach zieht sich über ihre Vorderseite und heißt uns willkommen. Der Mittelpunkt der Schmiede ist die Esse, von der mehrere hölzerne Tische wegführen. Sie sind normalerweise mit Werkzeugen und Klingen bedeckt, aber heute Abend türmen sich Essen und Getränke darauf.
Hier ist der Dreh- und Angelpunkt von Jägerweiler, denn jeder braucht irgendwann die Arbeit einer Schmiedin, und der heutige Abend bildet da keine Ausnahme.
Der Brauer hat ein Fass Bier gebracht und angezapft. Die Bäuerinnen und Bauern haben sich darum versammelt und nippen an den Früchten ihrer Arbeit. Die Hutmacherin erzählt den Kindern, die längst im Bett sein müssten, Geschichten. Und inmitten des ganzen Trubels schlägt das Herz von Jägerweiler: die Schmiedin und Schutzpatronin des Ortes. Meine Mutter.
Mutters Hammer schwingt in gleichmäßigem Rhythmus auf und ab. Ihr dunkles Haar hat sich aus dem dicht geflochtenen Knoten in ihrem Nacken gelöst und klebt verschwitzt an den Seiten ihres Gesichts. Selbst jetzt, zur späten Stunde am Vorabend des Blutmonds, sind wir immer noch bei der Arbeit. Es gibt noch viel zu tun.
»Übrigens, mit wem hast du dich vorhin unterhalten?«, frage ich Drew, als wir uns durch eine Schar tratschender älterer Leute schlängeln.
»Wann?«
»Vorhin. Da drüben.« Ich zeige in die Ecke. Wer auch immer die junge Frau war, sie hat nicht auf Drews Rückkehr gewartet.
»Ich habe heute Abend mit vielen Leuten geredet; du musst dich schon ein bisschen genauer ausdrücken.« Er weiß, von wem ich spreche, und stellt sich nur dumm.
»Schön, behalte deine Geheimnisse für dich. Aber wenn ich es gesehen habe, hat Mutter es auch gesehen, und ich kann dir versprechen, dass du ihren Fragen nicht so leicht entkommst.«
»Es war nur irgendein Mädchen, nichts Ernstes.« Drew reibt sich den Nacken.
»Mutter wird dir aufs Dach steigen, wenn du weiterhin mit jeder Frau im Ort ›nichts Ernstes‹ anfängst.« Ich stelle den Eimer neben der Esse ab, schaufle ein paar Kohlen ins Feuer und gehe dann zum Blasebalg, um durch die Arbeit den Frust loszuwerden, der in mir aufkommt. Drew kann anfassen, tanzen und fühlen, so viel er will. Ich dagegen … ich ziehe den Blasebalg noch fester auseinander.
Mutter wirft mir einen dankbaren Blick zu, bevor sie sich wieder ihrem Gespräch mit dem Gerber zuwendet. Was auch immer sie bereden, muss wichtig sein, denn sie macht ein ernstes Gesicht. Gibt es vielleicht ein Problem mit der letzten Ladung Leder, die wir den Jägern für morgen geschickt haben? Ich rufe mir jeden Verschluss und jede Schnalle in Erinnerung, die ich angefertigt habe, jedes Rüstungs- oder Schulterstück und jede Nadel. Habe ich, ohne es zu merken, irgendwo eine schadhafte Stelle ins Metall gehämmert?
»Es hat sich noch keine bei mir beschwert«, sagt Drew achselzuckend. »Ich werde mich niederlassen, wenn ich mich dazu entschließe.«
»Es muss schön sein, einfach entscheiden zu können, wann man mit jemandem zusammen sein oder jemanden heiraten will«, murmele ich vor mich hin. Vor allen anderen mag ich meine Rolle, dem Wohl von Jägerweiler zu dienen, würdevoll akzeptieren. Aber Drew ist der einzige Mensch, bei dem ich nicht würdevoll sein muss.
»Ich hätte das so nicht sagen sollen. Tut mir leid, Flor.«
Ich schüttele seufzend den Kopf und versuche, die Anspannung in meinen Schultern zu lockern. »Es ist, wie es ist.«
»Vielleicht muss es nicht mehr lange so sein.«
Mein Herz setzt einen Schlag aus. »Was meinst du damit?«
»Das erzähle ich dir später.«
»Aber –«
»Zu unserer normalen Zeit.«
»An diesem Abend ist nichts normal«, zische ich. Wir flüstern nur noch. Ich kann kaum glauben, dass er in Hörweite so vieler Menschen auf unser mitternächtliches Training anspielt. »Schau dir die vielen Leute an; wir werden keine Zeit haben zum –«
Ich halte abrupt inne, weil ich den Grund erblicke, der Drew so zuversichtlich sein lässt, dass wir einen ungestörten Moment finden werden.
In der Schmiede wird es still. Selbst Mutters Hammer schweigt. Sie legt ihn auf den Amboss und taucht das Eisen, das sie bearbeitet hat, in die fast weißglühenden Kohlen, die ich in der Esse geschürt habe. Alle Augen sind auf die Silhouette im Türrahmen gerichtet, deren Konturen sich gegen einen rosafarbenen schwärenden Mond abzeichnen.
Der knochenharte, furchterregende Mann, der dort steht, ist Meisterjäger Davos, der Mann, ohne den unsere Welt verloren wäre.
Seine Kleidung ist aus feinem Samt gefertigt. Einem seltenen Material, das allein dem Meisterjäger vorbehalten ist, weil es nur außerhalb der Stadt beschafft werden kann. Seine Hände ruhen auf einem Spazierstock mit einem silbernen Rabenkopf als Knauf. Er gleicht dem großen Vogel, der auf der Schulter des Meisterjägers thront. Ich kämpfe gegen den Schauer an, der mir beim Anblick des Raben über den Rücken läuft.
Die schwarzen Augen des Meisterjägers.
So nennen die Städter den Vogel. Er hat einen Namen; Drew hat ihn mir einmal gesagt, aber ich habe ihn sofort wieder vergessen. Der Name war so unangenehm wie der Blick des Vogels, mit einem Klang wie schrille Schreie oder über Stein kratzende Nägel.
Die alten Geschichten besagen, dass kein einziger Meisterjäger seit dem Bestehen der jahrtausendealten Festung jemals ohne einen Raben war. Wenn ein Meisterjäger stirbt, erhebt sich der Rabe in die Lüfte. Und sobald es Zeit ist, einen neuen Meisterjäger auszuzeichnen, kehrt ein Rabe zurück und setzt sich auf dessen Schulter. Manche behaupten, dass es sich immer um denselben Raben handelt, seit der ersten Steinlegung. Drew zufolge wird der Rabe in der Festung so verehrt, dass er normalerweise unter den würdigen Kandidaten den nächsten Meisterjäger auswählt. Andere im Ort gehen sogar so weit, zu glauben, dass es sich bei dem Geschöpf um einen uralten Gott in Tiergestalt handelt, der Jägerweiler gegen die Geißel der Vampire verteidigt.
Wenn das stimmt, leistet der alte Gott lausige Arbeit. Denn auch wenn der Vampirfürst selbst nicht durch den Schattennebel gelangen kann, schickt er doch bei jedem Vollmond Monster aus, um uns anzugreifen und daran zu erinnern, dass er da ist und wartet. Zudem hatte der vermeintliche Gott eindeutig nichts dagegen tun können, den bevorstehenden Blutmond zu verhindern.
»Seid gegrüßt, ihr Leute von Jägerweiler«, sagt Davos auf seine matte Art.
»Führe und beschütze uns«, antwortet der ganze Raum.
»Die heutigen Feierlichkeiten scheinen ein Hochgenuss gewesen zu sein.« Davos lächelt. Vermutlich soll es väterlich wirken, aber für mich hat es immer etwas Hinterhältiges. In seinen Augen ist ein Funkeln, das mich zutiefst beunruhigt. Drew hat das nie überrascht.
Davos ist mit dem Blut unserer Feinde getauft, sagt er. Der Mann hat mehr Vampire und mehr von seiner eigenen Sippe leben und sterben sehen als jeder andere.
Dabei sind wir in Jägerweiler an Blutvergießen gewöhnt. Der Tod hat in diesem gottverlassenen Ort ein Sommerhaus.
»Aber die Nacht rückt voran«, fährt Davos fort. »Und ich muss meine Leute zu mir rufen.«
Langsam, wie in Trance, lösen sich Männer und Frauen aus der Menge. Sie sind die Jäger und Jägerinnen und tragen die sichtbaren wie unsichtbaren Narben, die von ihrem blutigen Handwerk zeugen. Ich will Drews Hand ergreifen, will ihn fragen, ob er sicher ist, dass er später noch einmal wiederkommen kann. Der Gedanke, dass er morgen Abend losmarschieren wird, ohne dass ich ihn noch einmal gesprochen habe, ist unerträglich. Auch wenn ich noch gar nicht weiß, was ich ihm sagen will.
Was sagt man zu jemandem, bevor er in den sicheren Tod marschiert? Was könnte ich ihm sagen, was er nicht schon weiß? Mit welchen Worten ließe sich alles ausdrücken? Er war immer der Kluge, der Feinsinnige. Ich bin zu nichts nutze, wenn ich meine Probleme nicht mit einem Hammer bearbeiten kann.
Aber ich lasse ihn gehen.
Mir bleibt keine Wahl.
Er hat seine Rolle und ich habe meine. Sie wurden uns zugewiesen, noch bevor wir geboren waren, allein aufgrund unseres Familiennamens und unseres Geschlechts. Was immer wir auch erhoffen, erträumen oder beneiden mögen, weder er noch ich können von dem uns vorbestimmten Pfad abweichen.
»Braucht Ihr noch etwas aus der Schmiede?«, fragt Mutter Davos.
»Nein, ihr habt für den Schutz von Jägerweiler schon mehr als genug getan. Ohne eure Waffen, ohne euren Beitrag zur Mauerbefestigung und bei der Herstellung unserer Lederrüstungen würden die Jäger an diesem Blutmond in trauriger Verfassung losziehen«, erwidert Davos, während sich seine Leute um ihn versammeln.
»Es ist eine Ehre für unsere Familie, die Jäger und Jägerinnen und den Ort auf die Jagden vorzubereiten, ganz besonders auf diese.« Mutters Blick wandert mit einem traurigen Lächeln zu Drew. Es ist ein Ausdruck, den ich bei ihr schon oft gesehen habe, voller Stolz und Sorge, Angst und Freude. Obwohl wir wussten, dass sein Schicksal die Jagd sein würde, so wie meines die Schmiede, war es für keinen von uns eine Freude, dass er diesen Weg einschlug. Das Jägerleben ist nicht von langer Dauer. Dennoch wussten wir, warum er das Haus verlassen und in die Festung ziehen musste. Wir verstanden es.
So ist es nun mal in der Familie Runil: Die älteste Tochter wird die Schmiedemeisterin und der älteste Sohn zieht in die Festung. In Jägerweiler hat jede Familie ihre traditionelle Rolle. Es liegt eine gewisse Sicherheit darin, wenn wir alle unseren festgelegten Platz einnehmen. Das ist das Versprechen und das Opfer, das wir alle erbringen. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Drew nach Vaters Tod seinen Platz in der Gesellschaft einnehmen würde.
Seitdem warten Mutter und ich jeden Monat darauf, dass Davos kommt und uns mitteilt, die Vampire hätten ein weiteres Mitglied unserer Familie getötet. Aber wie durch ein Wunder kehrte Drew Monat für Monat zurück. Vielleicht wird es auch diesen Monat, trotz des Blutmonds, so sein. Es ist eine törichte Hoffnung, das weiß ich. Aber in Jägerweiler ist jede Hoffnung töricht.
»Wo wir gerade von eurer Familienehre sprechen …« Davos’ Blick wandert zu mir, als er das Thema wechselt. Seine Augen funkeln und mir kommt die Galle hoch. »Nach der morgigen Jagd wird es noch mehr Grund zum Feiern geben. Es ist an der Zeit, die Zukunft unserer Schmiedemaid zu bestimmen, damit das Feuer der Esse auch für die kommenden Generationen weiterlodert.«
»Ich werde tun, was der Meisterjäger befiehlt.« Das Gesicht so ausdruckslos wie die Masken der Jäger, wenn sie in die Sümpfe des Schattennebels ziehen, senke ich das Kinn.
»Mögen nächste Woche die Hochzeitsglocken läuten!« Davos stößt zur Betonung seinen Gehstock auf. Drew hat Mühe, gute Miene zu machen. Ich glaube, er hasst dieses Thema noch mehr als ich.
Ich kann mir vorstellen, was er später sagen wird. Wie kann Davos es wagen, vor allen Leuten über dich zu sprechen, als wärst du gar nicht da. Wie kann er es wagen, von deiner Verheiratung zu sprechen, als wärst du eine kostbare Stute. Aber mein Schicksal ist kein Geheimnis. Die Schmiedemaid wird immer vor ihrem zwanzigsten Geburtstag verheiratet. So ist es nun mal Tradition und Notwendigkeit, da jeder von uns beim nächsten Vollmond sein Leben verlieren könnte. Wahrscheinlich werde ich noch vor Ende des Jahres schwanger sein – ein Gedanke, bei dem mir eiskalt wird, obwohl ich direkt neben der Esse stehe.
Unter den infrage kommenden männlichen Jägern setzt aufgeregtes Gemurmel ein. Sie starren mich lüstern an. Ich greife instinktiv nach einem Hammer und behalte ihn in meiner herabhängenden Hand.
Ich mag die Schmiedemaid sein, aber ich bin kein zartes Blümchen. Ich bin so kalt wie Silber. So stark wie Eisen. Ich werde mich dem Schicksal beugen, aber keinem Mann.
ZWEI
Niemand bemerkt meine weißen Fingerknöchel; sie alle sind zu sehr mit Jubeln beschäftigt. Die Hochzeit der Schmiedemaid ist ein großes Ereignis in Jägerweiler. Wir haben nur wenig Grund zum Feiern, daher geschieht es umso ausgiebiger, sobald sich irgendein Anlass bietet.
Ich behalte meine Panik und Besorgnis für mich. Ich werde ihnen nicht den Spaß verderben. Nicht wegen der kindischen Wunschvorstellung, ich könnte meinen Mann selbst wählen, und zwar aus Liebe oder irgendeinem anderen Grund, der Menschen zueinanderbringt, wie Begehren oder Anziehungskraft. Ich kenne meine Aufgabe. Ich habe eine Verpflichtung, und alles, was damit verbunden ist, ist wesentlich wichtiger als das, was ich mir wünsche.
»Auf in die Nacht!«, sagt Davos und dreht sich um.
»Waidmannsheil!«, erwidert der Rest von uns, als der Meisterjäger mit seiner Schar davongeht.
»Der Blasebalg, Floriane«, sagt Mutter sanft, aber bestimmt. »Und wenn du schon den Hammer in der Hand hast, hilf mir bei ein paar Sicheln. In der Festung können sie nie genug davon haben.« Ihr Blick wandert von dem Werkzeug zu meinem Gesicht. Um ihren Mund liegt ein trauriges Lächeln. Sie weiß nur zu gut, was die Zukunft für mich bereithält. Sie hat das gleiche Schicksal erfahren.
Und sie hat meinen Vater mit der Zeit lieben gelernt.
Ich sehe sie noch mit schweißglänzenden Wangen zusammen in der Schmiede. Sie schenken sich ein Lächeln, das nur ihnen beiden vorbehalten ist. Vater ist flink und leicht. Mutter stark und robust. Er war ihr Schild, sie sein Schwert. Sie waren zwei Teile eines Ganzen, eine Einheit.
Die Erinnerung wird kurz von dem Bild verdrängt, wie die Hülle meines Vaters auf unnatürliche Weise auf die Schmiede zuwankt, und zwar ohne seine Sichel – daran erkannten wir, dass er tot war.
Ich schüttele den Kopf, verscheuche die Gedanken und mache mich an die Arbeit.
Ehe ich michs versehe, ist auch der letzte Feiernde abgezogen. Nun sind nur noch Mutter und ich übrig, wie immer am Ende eines langen Tages. Die Kohlen färben sich orangerot und die Schatten werden länger.
»Das reicht für heute.« Mutter streicht über das Ambosshorn und hängt den Hammer zurück an seinen Platz, ehe sie die Schultern kreisen lässt und ihre Handgelenke dehnt. Ganz gleich, wie lange wir diese Arbeit schon machen, sie verursacht immer noch Schmerzen. Jeder Schlag fährt den Ellbogen hinauf bis in die Schultern. Der Körper wird bis ins Mark erschüttert. Die Knie tun weh. Schmiedearbeit beansprucht den ganzen Körper.
»Ich räume auf.«
»Danke.« Mutter legt mir eine Hand auf die Schulter. »Was Davos vorhin über deine Heirat gesagt hat …«
»Ich habe es mir nicht zu Herzen genommen.«
Sie lächelt. Ihr ist klar, dass ich lüge. »Ich hatte keine Ahnung, dass er es ansprechen würde. Das sollst du wissen. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich es dir gesagt.«
»Ich weiß«, sage ich leise. Es fühlt sich seit Jahren an, als gäbe es nur sie und mich – seit Vater gestorben und Drew in die Festung gezogen ist. Wir arbeiten jeden Tag Seite an Seite. Essen jeden Abend zusammen. Sie ist die Einzige, die meine Situation wirklich versteht.
»Wenn der Vampirfürst nicht getötet wird und wir den morgigen Tag dennoch überleben, dann machen wir uns über deine Hochzeit Gedanken. Ich überlasse dich nicht blindlings deinem Schicksal. Und ich werde tun, was ich kann, um für dich einen guten Partner zu finden.«
»Danke«, sage ich aufrichtig.
»Natürlich.« Sie beugt sich vor und küsst mich auf die Stirn, die, wie ich weiß, voller Metallstaub und Ruß ist. »Und jetzt lass ich dich allein. Morgen bei Tagesanbruch gibt es viel vorzubereiten und in der Nacht werden wir hier eingesperrt sein, also genieße die Zeit für dich.«
Mutter kennt mich nur zu gut.
Nachdem sie gegangen ist, fahre ich mit der Hand über die glatte Oberfläche des Ambosses. Meine Nägel bleiben in den Rillen des weicheren Metalls vom Horn hängen. Es ist noch warm von ihrer Arbeit.
Mein Zuhause.
Jeden Monat kommen die Vampire und versuchen, uns alles wegzunehmen. Aber den alten Geschichten zufolge sind die monatlichen Überfälle nur Scharmützel. Der wahre Kampf findet morgen statt. Drew hat in den letzten Monaten unermüdlich versucht, mich davon abzuhalten, an meinen möglichen Tod zu denken. Aber wie könnte ich das nicht? Genau wie die alten Geschichten warnen, wird der Mond immer bedrohlicher, das blasse Rosa verdunkelt sich mit jeder Nacht mehr. Das lässt sich nicht ignorieren.
Ich beginne mit dem Aufräumen. Zuerst fege ich die Metallspäne auf, dann harke ich in der Esse die Kohlen zusammen. Der Gedanke, dass wir sie in ein paar Stunden, wenn die Sonne aufgeht, nicht schüren werden, ist merkwürdig. Dann gehe ich nach hinten.
In diesem Teil der Schmiede ist ein Tresor in die dicken Mauern eingelassen. Ich prüfe und zähle das Silber darin, vergewissere mich, dass alle Barren so gestapelt sind, wie Mutter es will. Dann verschließe ich die Tür mit den drehbaren Nummernscheiben, die auf der Vorderseite verschweißt sind. Das seltsame Zahlenschloss ist eine Erfindung meiner Ururgroßmutter. Sie hat das Geheimnis seiner Funktionsweise mit ins Grab genommen. Jede Schmiedemaid hinterlässt ihre Spuren – irgendein großes Werk. Meines ist immer noch ein Mysterium.
Vielleicht schaffe ich es, ein eigenes einzigartiges Schloss anzufertigen, um dieses hier zu ersetzen. Denn kein lebender Mensch weiß, wie es repariert werden kann. Der Vorteil daran ist, dass niemand außer unserer Familie irgendeine Ahnung hat, wie es funktioniert und geöffnet wird. Wenn Angst und Verzweiflung sich zusammentun, zeugen sie schlechte Entscheidungen, sagt Mutter immer. Wir müssen das Silber beschützen, denn es ist unsere einzige Verteidigung gegen die Vampire. Ein Schutz, der mit jedem Tag weniger wird.
Wer durch das Festungstor nach Jägerweiler kommt und sich unserer Gemeinschaft anschließt, darf den Ort nie mehr verlassen. Das ist Teil unseres Opfers, um die Welt vor den Vampiren zu schützen. Niemand gelangt herein oder hinaus, auch Vampire nicht. Dort, wo Menschen hindurchschlüpfen können, können es auch Vampire. Der Weg durch die Festung ist die einzige, streng bewachte Verbindung zur Außenwelt.
Ausgenommen von dieser Abschottung ist allein der Meisterjäger. Er darf die Festung durch das Außentor verlassen, um mit den Händlern zu feilschen, die die anderen Jäger und Jägerinnen von den Mauern aus herbeirufen. Es gibt ein paar Dinge, die wir nicht selbst herstellen können, vor allem Eisen und Silber.
Drew zufolge haben die Schiffe der Applegate-Handelskompanie, die seltenes Rohsilber aus dem fernen Norden transportieren, seit fast einem Jahr nicht mehr in der nahen Hafenstadt angelegt. Mutter und ich fragen uns allmählich, ob sie jemals wiederkehren werden. Wir haben bei Tisch schon oft darüber gesprochen, was wir tun würden, sollten die Silberadern in den weit entfernten Minen versiegt sein. Mutter hat angefangen, in den alten Familienaufzeichnungen nach Ideen zu suchen, wie sich zerstörte Waffen effizienter einschmelzen lassen, um daraus neue Sicheln für die Jäger zu gießen, ohne dass das Silber seine Wirkung verliert.
Die Tür der Schmiede geht auf. Mondlicht tanzt mit Lampenschein, als eine vermummte Gestalt hereinschlüpft. Ich schlage keinen Alarm, denn ich erkenne den Mann auf den ersten Blick.
»Sieht gut aus«, lobt Drew den Zustand der Schmiede.
»Danke für die Abnahme.« Ich hüpfe auf einen der Tische. »Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du es heute Abend noch schaffst.«
»Das musste ich.« Er setzt sich neben mich und wir verbringen ein paar Minuten in angenehmem Schweigen. »Hör zu, wir haben nicht viel Zeit, also morgen …«
»Nein, nicht. Dieser Ton gefällt mir nicht.«
Er redet trotzdem weiter. »Morgen liegt es an dir, Mutter zu beschützen.«
»Das weiß ich.«
»Hast du sie noch?« Er lässt nicht locker. Bleibt unerbittlich, mein Bruder.
»Natürlich habe ich sie noch. Eine ist hier«, ich nicke zu den Schmiedewerkzeugen hinüber, »und eine im Haus, so wie du es gesagt hast.« Ich rutsche unruhig hin und her. »Aber wäre es nicht besser, sie in der Festung abzugeben? Brauchen die Jäger nicht alle Waffen, die sie kriegen können?«
»Dank dir und Mutter haben wir mehr als genug.« Er stößt sich vom Tisch ab und geht zu den Werkzeugregalen hinüber. An einem davon ist das seitliche Holzbrett locker, und dort, wo es auf die Wand trifft, ist eine Sichel verkeilt. Ich hatte sie auf Drews Anweisung hin heimlich angefertigt.
Dann bestand er darauf, dass ich lerne, wie man sie benutzt.
Er zieht die Sichel heraus und hält sie mir mit zugewandtem Griff hin. »Behalte sie in den nächsten Stunden bei dir.«
»Das wird Mutter sehen.«
»Aber sie kann dann nichts mehr dagegen tun. Dafür ist es zu spät.«
»Sie wird begeistert sein, dass wir das Gesetz gebrochen haben.« Ich verdrehe die Augen, während sich meine Finger um das kühle Metall legen. Drew lässt das vertraute Gewicht der Sichel in meine Handfläche gleiten. Ich frage mich, ob sich irgendeine andere Schmiedemaid mit einer Waffe in der Hand jemals so wohlgefühlt hat. Ich bezweifle es. Schmiedemaiden müssen beschützt und um jeden Preis vom Schlachtfeld ferngehalten werden. Die Ressourcen in Jägerweiler sind zu kostbar, als dass alle Waffen besitzen könnten. Jeder hier hat seine Aufgabe und bekommt genug, um diese Aufgabe zu erfüllen. Nicht mehr und nicht weniger.
»Wenn das Schlimmste passiert, wird sie dankbar sein.«
»Sie wird auf uns beide wütend sein, sobald sie die Waffe sieht.« Jetzt haben die Jäger meine beiden Kinder vereinnahmt, höre ich sie schon sagen. Der Lampenschein funkelt auf der messerscharfen Klinge. Ich habe sie wochenlang für den morgigen Tag geschärft. Als könnte ich sie scharf genug machen, um damit meine Sorgen wegzuschneiden.
»Ich habe noch etwas für dich.« Drew zögert, er wirkt gleichzeitig unbehaglich und eindringlich.
»Was denn?«
Er kramt in seiner Tasche und holt ein kleines Fläschchen aus Obsidian hervor. »Hier.«
»Was ist das?« Ich lege die Sichel neben mich auf den Tisch und drehe das seltsame Gefäß in den Händen.
»Der Grund, warum ich mich erst so spät weggeschlichen habe und warum ich unbedingt kommen musste.« Drew atmet tief ein, wie er es immer tut, wenn er seinen Mut zusammennimmt, um mir etwas zu sagen, was mir nicht gefallen wird. »Wenn die Vampire die Stadt erreichen, ist die Sache schiefgegangen. Die hier verbliebenen Jäger werden jede Hilfe brauchen, die sie bekommen können. Und … und ich kann morgen nicht in die Sümpfe gehen, wenn ich nicht dran glauben kann, dass du und Mutter sicher seid.«
»In Jägerweiler ist niemand sicher.« Ich schnaube bitter. Unser Leben ist ein einziger Kampf, der Versuch, Vampire und unsere eigene Angst abzuwehren.
»Deshalb hast du trainiert.«
»Aber ich bin immer noch nicht gut genug, um es mit einem Vampir aufzunehmen.«
»Du bist besser, als du denkst. Und mit dem hier wirst du nicht aufzuhalten sein.« Er weist mit dem Kopf auf das Fläschchen.
Allmählich dämmert mir, worum es sich bei seinem Geschenk handelt. Ich schaudere von Kopf bis Fuß, angefangen bei der Hand, die das Fläschchen hält. Gänsehaut überläuft mich.
»Nein.« Unwillkürlich halte ich es ihm wieder hin. Er weicht einen Schritt zurück. »Nein, nein.« Ich springe vom Tisch, er weicht noch weiter zurück. »Du kannst doch nicht …«
»Habe ich aber.«
»Wenn du … wenn irgendjemand herausfindet, dass du das aus der Festung mitgenommen und mir gegeben hast, hängt man dich dafür.«
»Wenn du und Mutter bei meiner Rückkehr nicht mehr hier seid, wäre ich sowieso lieber tot«, erwidert Drew mit Nachdruck.
Den Blick auf das Fläschchen gerichtet, flüstere ich: »Das Jägerelixier.« Es auch nur auszusprechen, fühlt sich bereits verboten an. Es in der Hand zu halten, ist im höchsten Grade illegal.
»Und ein besonders starkes Gebräu dazu.« Drew verlagert das Gewicht und wirkt einen Augenblick lang unsicher. Aber der Moment geht vorüber, ehe ich die Gelegenheit nutzen und ihm das Fläschchen zurückgeben kann. »Davos hat gesagt, dieses Elixier wäre so selten und stark, dass er es speziell für morgen aufgehoben hat. Es stammt aus einem besonderen Brunnen tief unter der Festung. Deshalb weiß ich, dass es dich stark genug machen wird, um Mutter und die Schmiede zu verteidigen.«
»Und wenn man mich damit erwischt oder herausfindet, dass ich es getrunken habe, werde ich gehängt.« Kopfschüttelnd funkle ich ihn an. Er spielt mit unserem Leben.
»Niemals würde irgendjemand die Schmiedemaid hängen. Außerdem, woher sollten sie es wissen? Trink es nur, wenn du in die toten Augen eines Vampirs starrst. Ansonsten behalte es für dich und gib es mir am Morgen nach dem Blutmond zurück.« Er sagt das, als ob es so einfach wäre.
»Was ist mit dem Jägerwahn?«, frage ich.
»Wer einmal davon trinkt, wird nicht gleich wahnsinnig. Es baut sich erst mit der Zeit auf.« Drew schaut gedankenverloren vor sich hin. Er hat mit angesehen, wie Waffenbrüder und -schwestern dem Wahnsinn des Jägerelixiers – einer beispiellosen Mord- und Kampflust – erlagen.
Drew ist im Laufe der Jahre vor meinen Augen verhärtet, hat sich in einen Mann verwandelt, den ich manchmal kaum wiedererkenne. Umso mehr sehne ich mich nach seiner Nähe. Das ist der Grund, weshalb ich zugestimmt habe, mich von ihm trainieren zu lassen. Denn im Gegensatz zu ihm glaube ich nicht, dass wir unserem Schicksal entkommen oder es sogar beugen können, wenn wir nur stark genug werden, so verlockend das auch klingen mag. Nein, die nächtlichen Trainings finden statt, weil ich meinen Bruder vermisse.
Er redet weiter: »Außerdem vermute ich, dass der Wahnsinn gar nichts mit dem Elixier zu tun hat, sondern eher mit dem, was wir in den Sümpfen des Schattennebels sehen und tun müssen.«
Mit weißen Fingerknöcheln umklammere ich das Fläschchen. Unser ganzes Kampftraining erscheint mir plötzlich so töricht. Ich bin eine Schmiedemaid, keine Jägerin. Ich soll Waffen herstellen, nicht benutzen. Das alles geht viel zu weit. »Bitte, zieh morgen nicht los. Bleib hier in der Stadt und beschütze uns. Zwing mich nicht, das hier zu benutzen.«
»Ich gehe, damit du dich nie wieder vor einem Vampir fürchten musst.« Mein dummer Bruder macht einen Schritt auf mich zu und legt mir beide Hände auf die Schultern. »Ich gehe mit der Vorhut, damit die Vampire es nicht bis hierher schaffen.«
Die Vorhut! Drew wird an vorderster Front sein. Mein Herz beginnt zu rasen.
»Tu das nicht, Drew«, sage ich hastig. »Davos liebt dich …«
Drew schnaubt leise.
»Du bist der Bruder der Schmiedemaid; wenn du ihn bittest, mich verteidigen zu dürfen, wird er dir erlauben, als Teil des Ortsschutzes hierzubleiben. Du musst nicht so tief in die Sümpfe gehen.«
»Doch, ich muss.« Seine Stimme wird zu einem Flüstern. Obwohl wir allein sind, schaut er sich um. »Davos würde mich nicht hierlassen, weil er mich auf diese Nacht vorbereitet hat, seit ich mich den Jägern angeschlossen habe. Man hat mich für eine besondere Mission auserwählt, Flor. Ich kann es beenden.«
»Es beenden?«
»Alles beenden.« Drew nimmt mich fest in den Arm. Auf diese Weise hat auch Vater uns vor dem Vollmond immer umarmt. In diesem Moment weiß ich, dass ich meinen Bruder zum letzten Mal sehe. Er nimmt Abschied.
»Bitte geh nicht«, flehe ich. Meine Kehle ist wie ausgetrocknet. Meine Augen brennen. »Irgendwelche besonderen Missionen oder alten Geschichten kümmern mich nicht. Es wird nie aufhören. Sie werden immer Jagd auf uns machen. Also bleib hier bei mir und lebe.« Meine Angst und Unsicherheit werden immer stärker. Ich bin die Närrin, vor der Mutter immer gewarnt hat, und gebe mich der Verzweiflung hin, als ich sage: »Lass nicht zu, dass ich irgendeinen Jäger heiraten muss, der Davos gefällt. Woher soll ich wissen, dass es ein anständiger Kerl ist, wenn du nicht da bist, um einzugreifen?«
Drew lässt mich los. »Ich werde niemals zulassen, dass du ein unglückliches Leben führst.«
»Aber …«
»Morgen«, sagt er leise. »Wenn der Blutmond den Schattennebel schwächt und der Vampirfürst seine Legionen persönlich hindurchführt, werde ich bereit sein und warten. Ich werde ihn töten – den Kopf des Schwarms – und diesem endlosen Krieg ein Ende setzen.«
Mir krampft sich das Herz zusammen. Ich bringe kein Wort mehr heraus. Dass der Vampirfürst kommen würde, wusste ich. Aber … ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet mein Bruder ausersehen ist, ihn anzugreifen.
»Das kannst du nicht tun«, flüstere ich.
Drew lächelt traurig. »Vertraust du deinem älteren Bruder so wenig?«
»Du bist nur ein paar Minuten älter«, erwidere ich unwillkürlich. Er lacht leise. »Bitte, ich …«
»Die Entscheidung ist gefallen. Ich tue das für ganz Jägerweiler. Aber auch für dich. Wenn der Vampirfürst stirbt, musst du keine Schmiedemaid mehr sein. Dann wird Jägerweiler ein Ort wie jeder andere auch. Du musst nicht mehr jeden Tag hier arbeiten und wirst auch nicht verheiratet. Und wir beide könnten endlich ans Meer fahren.« Das Meer. Unser Sinnbild für den allumfassenden Traum von der Welt jenseits der Mauern.
»Ich brauche das Meer nicht.« Das ist eine Lüge. Eine, die ich mir seit meiner Kindheit so oft eingeredet habe, dass ich sie immer mehr glaube, je älter ich werde. Die Zeit hat ihre eigene Art, Träume auszulöschen. »Alles, was ich brauche, ist, dass es dir und Mutter gut geht und das Feuer in der Schmiede brennt.«
»Als wir Kinder waren, wolltest du ans Meer«, entgegnet er.
»Wir waren sieben. Damals war alles einfacher.« Kopfschüttelnd frage ich mich, wie wir uns gleichzeitig so ähnlich und doch so verschieden sein können. Drew hat immer gekämpft und gekämpft – für mehr, für Jägerweiler, für Träume, die ich schon lange nicht mehr träume.
»Du könntest so viel mehr sein, Floriane«, sagt Drew sanft.
»Alles, was ich will, ist, nicht noch ein Mitglied unserer Familie sterben zu sehen.«
»Dann versprich mir, dass du Mutter beschützen wirst, damit ich mich ganz darauf konzentrieren kann, am Leben zu bleiben und den Vampirfürsten zu töten.«
Wenn er es so ausdrückt … »Na schön. Aber du musst zurückkommen.«
»Das werde ich.«
»Schwör es. Schwöre, dass du nach der Blutmondnacht, wenn das Sonnenlicht auf den Glockenturm fällt, auf dem Weg nach Hause bist.«
»Ich schwöre, dass ich zurückkommen werde.«
Ich ziehe ihn fest an mich. Ebenso fest, wie ich mich an meine Gefühle klammere. Er hat es mir geschworen. Er wird zurückkommen.
Doch mein Herz kennt die Wahrheit. Vielleicht liegt es daran, dass wir Zwillinge sind. Oder daran, dass er ein Jäger ist, so wie unser Vater einer war. Vielleicht weiß ich auch nur als eine in Jägerweiler Geborene, dass der Tod bereits in der Luft liegt.
Er mag schwören, dass er zurückkommen wird, aber …
Er lügt.
DREI
Heute ist der erste Tag in meinem Leben, an dem wir die Esse nicht angefeuert haben.
Normalerweise steht Mutter jeden Morgen als Erste auf. Sie macht Tee, dann geht sie in die Schmiede, um die schlummernden Kohlen in der Feuerstelle in Flammen zu verwandeln, aus denen das Glutbett für unsere Arbeit entsteht. Die Esse glüht zornig rot, als verachte sie es, noch vor dem Himmel erwachen zu müssen. Ich kann die Hitze schon am Küchenfenster spüren, wenn ich schließlich herunterkomme, und Mutter bedient dann bereits den Blasebalg. Noch bevor die Sonne aufgeht, sind wir bereit, Silber und Stahl für jene besondere Legierung zu verschmelzen, die nur wir herstellen können.
Aber heute ist im Haus alles ruhig.
Ganz Jägerweiler ist von einer ohrenbetäubenden Stille erfüllt.
Ich bin vor Mutter aufgestanden. Auch wenn es nicht völlig ungewöhnlich ist, zeigt es zusammen mit allem anderen, wie seltsam dieser Tag ist. Ich schaue hinaus auf die ruhigen Straßen. Aus dem Schornstein der Bäckerei dringt kein Rauch. Niemand stapft zum Arbeiten auf die Felder, die sich zwischen der Ortschaft und den Sümpfen des Schattennebels erstrecken. Draußen sind nur diejenigen zu sehen, die gerade die zarten Silberglöckchen, die wir in monatelanger Arbeit geschmiedet haben, an ihren Dachvorsprüngen befestigen.
Mutter und ich schließen uns ihnen an.
Wir reden nicht viel. Die Jäger haben uns gesagt, welche Vorbereitungen wir treffen sollen; sie unterscheiden sich kaum von denen an jedem anderen Vollmond. Viel können wir ohnehin nicht tun, schon gar nicht wegen des Vampirfürsten. Denn was wir vom Herrscher und Kopf des Vampirschwarms zu erwarten haben, darüber bleiben die alten Geschichten vage: Manche behaupten, er wäre ein geflügeltes Monstrum, andere, dass er allen Lebewesen in seiner Nähe mit einem bloßen Gedanken das Blut aussaugen kann. Ich bin mir nur bei einer Sache sicher: Er ist ohne jeden Zweifel die Ursache für alle Not und jeden Verlust in Jägerweiler.
Das Gespräch mit Drew lastet auf mir, während die Stunden vergehen. Seine Worte – seine Lügen – waren schärfer als die Sicheln, die ich schmiede. Schärfer als die Waffen, die ich unten in der Stube versteckt habe. Ich schaue zur Festung hinüber, als könnte ich einen Blick auf ihn erhaschen, dabei befindet er sich hinter dicken, hohen Mauern. Nicht zum ersten Mal frage ich mich, was dahinter vor sich geht.
Aber die Angelegenheiten der Jägerschaft gehen mich nichts an. Ich habe kein Gelübde als Jägerin abgelegt. Ich werde heute Nacht keine Maske tragen. Ich bin die Schmiedemaid, und mein Platz ist hier, so wie der von Drew in den Sümpfen des Schattennebels ist. Wir können unsere Rollen nicht tauschen, egal wie sehr wir uns das wünschen mögen.
Geläut setzt ein.
Der Glockenturm von Jägerweiler erhebt sich mitten auf dem Marktplatz. Er ist ebenso alt wie die Festung und soll vor Tausenden von Jahren errichtet worden sein, zur gleichen Zeit wie die Mauern, die den gesamten Grund und Boden der Stadt umgeben. Einer der Jäger ist der Glöckner. Ich habe das immer für eine sinnlose Aufgabe gehalten. Keiner von uns würde den Vollmond vergessen. Und wir brauchen in einer solchen Nacht mit Sicherheit kein abendliches Geläut, das uns ermahnt, rechtzeitig ins Haus zu gehen. Jeder Glockenschlag ist schlimmer als der vorherige.
Ich verteile die silbernen Glöckchen um unsere Haustür, dann schaue ich zu Mutter hinüber. Sie starrt zum Glockenturm. Mit seinen drei Stockwerken ist er das zweithöchste Bauwerk unseres Städtchens. Das höchste ist die Festung mit vier Stockwerken, und ich bin überzeugt, dass es das höchste Bauwerk ist, das je von Menschenhand errichtet wurde. Mutters Gesichtsausdruck ist so hart wie das Eisen, das wir bearbeiten, und verrät keinerlei Emotion. Ich halte es genauso. Wir können es uns nicht leisten, weich zu sein.
»Willst du dir den Zug ansehen?«, frage ich.
»Natürlich.« Sie schüttelt den Kopf, als wolle sie die sorgenvollen Gedanken verscheuchen, von denen ich weiß, dass sie da sind. Sie werden sich nicht verscheuchen lassen, nicht heute Abend.
Zusammen mit dem Rest von Jägerweiler machen wir uns auf den Weg zur Hauptstraße. Ich habe noch nie eine so große Gruppe von Menschen so still erlebt. Man hört nichts als die Schritte unserer Stiefel auf dem Kopfsteinpflaster. Weinen dringt aus einem der Fenster. Es hört nicht auf.
Die Hauptstraße führt von der Festung zu Marktplatz und Glockenturm und dann entlang der unteren Mauer aus Jägerweiler heraus. Sie durchschneidet die Felder der Bauern und zieht sich durch die gesalzene Erde nach Norden. Dann verläuft sie weiter bis in die Sümpfe des Schattennebels, in ein Gebiet jenseits meiner Kenntnisse. Niemand weiß, was am Ende der Straße liegt. Niemand hat es je so weit ins Land der Vampire geschafft und hinterher darüber berichten können.
Drew hat erzählt, die Straße sei uralt und führe bis zur Vampirfestung am Ende der Sümpfe. Er behauptet, es in einem von Davos’ Büchern gelesen zu haben – einem geheimnisvollen, uralten Wälzer, den nur er lesen durfte. Plötzlich ergeben die vielen Privilegien, die meinem Bruder gewährt wurden, einen schrecklichen Sinn. Der Meisterjäger hat ihn zu etwas geformt, was er für den idealen Vampirkiller hält. Und genau deshalb wird er meinen Bruder heute Abend auf den Vampirfürsten hetzen.
Mein Magen ist in Aufruhr, als Mutter und ich schließlich stehen bleiben. Ich weiß nicht, ob ich meinen Bruder in seiner Jägerkluft überhaupt sehen will. Nicht heute Abend. Nicht bei diesem Vollmond. Ihn zu sehen, wird alles real machen, und das letzte Bild, das ich von ihm haben werde, wird Drew, der Jäger, sein, und nicht Drew, der Bruder, so wie er letzte Nacht war.
Aber es ist zu spät, um umzukehren.
Das mächtige Fallgatter der Festung öffnet sich mit dröhnendem Scheppern. Dahinter steht die Streitmacht der Jägergilde. Alle tragen die gleiche Rüstung aus dickem Leder und dünnen Metallschilden, die für schnelle Bewegungen ausgelegt ist. Nur so können sie mit der unnatürlichen Schnelligkeit der Vampire mithalten. Alle tragen schlichte Masken mit schmalen Augenschlitzen und einen hohen, um den Hals gebundenen Kragen.
Drew hat mir seinen einmal von innen gezeigt, als ich wissen wollte, warum sie so feine Stacheln benötigen. Im Kragen befinden sich versteckte Spitzen, die ein tödliches Gift enthalten. Die Spitzen werden von Lederklappen bedeckt, aber wenn ein Jäger seine Kehle richtig berührt, springen die Nadeln heraus und gewähren ihm einen sauberen Tod. Noch wichtiger ist, dass das Gift das Blut für den Vampir ungenießbar macht. Es ist eine riskante Konstruktion, aber sie ist die wenigen Unfälle, die sich ereignen, wert. Die Alternative wäre, die Jäger in Silber zu hüllen, und dafür ist es eine zu kostbare Ressource.
Das widerstandsfähige Leder und die hohen Kragen, die Masken, das Gift – all das soll Vampire daran hindern, ihre dunkelste Magie auszuüben. Mit dem Blut können sie die Gesichter derjenigen stehlen, von denen sie trinken, und sich dann als unsere Lieben in die Stadt einschleichen.
So war es auch bei Vater.
Ich verbanne den Gedanken in die Leere, die sein Tod hinterlassen und die sich noch vergrößert hat, als Drew in die Festung zog. Aber ich will nicht auf dieselbe Weise an Drew denken wie an meinen Vater. Er wird nach Hause zurückkehren. Daran muss ich glauben, wenn ich nicht verzweifeln will.
Angeführt von Davos, zieht die Prozession an uns vorüber. Und natürlich geht Drew an der Seite des Meisters. Ich erkenne ihn an seiner Rüstung, auch wenn es die gleiche ist wie die von allen anderen. Ich habe sämtliche Schnallen und Beschläge daran gefertigt. Der silberne Ring an seinem rechten kleinen Finger sieht aus wie meiner.
Drew wendet den Kopf. Unsere Blicke begegnen sich. Ich spüre, dass er mich hinter seiner Maske anstarrt.
Der Drang, zu ihm zu laufen und ihn zu packen, ihn zu schütteln und zurückzuhalten, ihn anzuschreien für das, was er tut, ist überwältigend. Ich bewundere ihn unendlich für die Opfer, die er gebracht hat und weiterhin erbringt, und für die Hoffnung, die er trotz allem auch weiterhin aufbringen kann.
Vergiss dein Versprechen nicht, forme ich tonlos mit den Lippen.
Er schiebt den rechten Daumen unter seine Finger und dreht den Silberring. Es ist eine Geste, die sicherlich allen außer mir entgeht. Sie hat keine explizite Bedeutung, es ist eher ein Gefühl, eine Erinnerung an die Verbindung zwischen uns, an das Band, das uns zusammenhält.
Ich senke das Kinn. Er schaut wieder nach vorn.
Dann ist Drew fort. Der Rest des Zuges marschiert weiter und verdeckt die Sicht auf ihn. Mutter und ich bleiben mit den anderen Bewohnern stehen, bis der Großteil der Jäger und Jägerinnen längst entschwunden ist. Nur einige wenige von ihnen sind weiter an der unteren Mauer stationiert, die die Stadt umgibt.
Zu Hause angekommen, nimmt Mutter den Eimer mit Salz, der vor unserer Tür steht, und versieht jedes Fensterbrett und die Türschwelle sorgfältig mit einer dicken Schicht. Dann schließen wir uns drinnen ein und stellen uns auf eine lange Nacht ein.
»Komm«, fordert Mutter mich gefasst auf. Ich folge ihr schweigend die Treppe hinauf, denn ich bin immer noch so aufgewühlt, dass ich schreien oder schluchzen würde, wenn ich den Mund aufmache. »Hier hinein.«
Mutter führt mich in ihr Schlafzimmer. Sie öffnet die Truhe am Fußende ihres Bettes und holt die Winterdecken heraus und die Bettwäsche, die die Hutmacherin ihr und Vater zur Hochzeit geschenkt hat. Ganz unten in der Truhe liegt eine Lederrüstung, die jener der Jäger aufs Haar gleicht. »Zieh sie an.«
»Woher hast du die?« Ich schaue zwischen ihr und der Rüstung hin und her. »Einfachen Bürgern ist es nicht erlaubt, eine Jägerrüstung zu besitzen.« Jeder im Ort hat seinen Platz, niemand darf die Privilegien eines anderen Standes besitzen, aber allen ist garantiert, dass sie immer genug haben werden. Würdige Belohnungen für würdige Opfer – noch eine Lehre unserer Stadt.
»Es ist deinem Bruder auch nicht erlaubt, dich zwischen den Vollmonden in den Fertigkeiten eines Jägers zu unterrichten.«
Ich erstarre. Die Augen meiner Mutter, so dunkel wie die Kohlen in der Schmiede, wie ihr Haar, das meinem gleicht, sehen mich durchdringend an. »Du wusstest es?«, frage ich flüsternd.
»Ich wusste es schon seit der ersten Nacht.« Sie schnaubt. »Ihr zwei habt doch nicht wirklich geglaubt, dass ihr so etwas vor mir geheim halten könnt, oder?«
»Wir haben nicht … Wir wollten nicht … Warum hast du nie etwas gesagt?« Ich habe tausend Fragen, schaffe es aber kaum, auch nur eine zu formulieren.
»Warum sollte ich meine Kinder daran hindern, zu lernen, wie sie sich selbst verteidigen können?« Sie stemmt die Hände in die Hüften. »Bei den alten Göttern! Wenn ihr von einem Vampir angegriffen würdet, würde ich doch wollen, dass ihr so viel wie möglich wisst. Die Stadt braucht ihre Schmiedemaid. Ich fand es schon immer töricht, dass wir nicht lernen dürfen, wie man die Waffen, die wir herstellen, im Fall der Fälle richtig benutzt.«
»Das ist nicht die Aufgabe einer Schmiedemaid.«
»Manchmal sollten sich Aufgaben ändern.« Diese Auffassung widerspricht unserer gesamten Lebensweise.
»Selbst wenn …« Nein, obwohl ich es möchte, kann ich ihr nicht einmal in Gedanken zustimmen. Meine Einwände liegen unter den Predigten begraben, die die Stadtältesten, Davos und sogar Mutter selbst mir immer wieder über unsere Stellung im Leben eingebläut haben. Stattdessen wende ich ein: »Aber ich bin nicht so gut wie Drew.« Unsicher beäuge ich die Rüstung. Ich bezweifle, dass sie mir passen wird, und das nicht nur wegen meiner Rundungen. Das ist nicht das Leben, für das ich gemacht bin.
»Natürlich nicht. Du hast deine Tage schließlich in der Schmiede verbracht. Genauso wenig kann er es mit deinen Schmiedekünsten aufnehmen.« Sie lächelt. »Aber wenn du in die Festung gegangen wärst und nicht er, bin ich mir sicher, dass du genauso gut geworden wärst wie dein Bruder.« Das bezweifle ich, sage aber nichts. Es war nicht mein Schicksal. »Jetzt lass mich dir hineinhelfen.«
»Was ist mit dir?«, frage ich, als sie mir die Rüstung hinhält. Auch wenn ich sie noch nie getragen habe, kenne ich sie gut. Ich habe Tausende dieser Schließen geschmiedet und jede einzelne mehrfach überprüft.
»Ich konnte mit dem Gerber nur eine Rüstung aushandeln. Es hat Jahre gedauert, bis ich alle Teile hatte, um einen kompletten Satz zusammenzuschustern, ohne dass die Jägergilde etwas merkt.« Die Gilde zu bestehlen, dafür könnte sie hart bestraft werden, ebenso wie Drew, der mir das Elixier zugesteckt hat. Unsere Familie scheint geradewegs auf den Galgen zuzusteuern. »Wir haben das Geschäft abgeschlossen, kurz nachdem Drew mir von dem bevorstehenden Blutmond erzählt hat.«
»Was hast du dem Gerber dafür gegeben?«
»Kleine silberne Dolche, drei Stück.«
»Und woher hattest du das Silber?« Aber ich weiß, was sie sagen wird, noch bevor sie es ausspricht. Damit ist ein Rätsel gelöst, über das mein Bruder und ich uns seit Jahren den Kopf zerbrechen.
»Ich habe die Gedenk-Sichel deines Vaters eingeschmolzen.« Das kostbare Geschenk der Festung an die trauernde Witwe und die Schmiedemaid, ein Regelbruch, der einzig und allein dazu dient, den Toten zu ehren.
»Mutter –«
»Krieg jetzt bloß keine Schuldgefühle.« Sie unterstreicht ihre Worte mit einem festen Ruck an den Riemen der Rüstung. Ich atme tief ein, meine Brust sträubt sich gegen den beengenden ledernen Brustpanzer. »Das war meine Entscheidung, Floriane.« Sie benutzt meinen vollen Namen, daher weiß ich, dass es ihr ernst ist. »Ich nehme an, du hast die Sichel noch, die du heimlich geschmiedet hast?«
»Ja.«
»Und die, die dein Bruder für dich besorgt hat?«
Sie weiß wirklich alles. »Auch.«
»Gut.« Mutter zieht den Gürtel um meine Taille straff. »Geh und hole sie.«
Benommen steige ich die Treppe wieder hinunter. Drew und ich waren so vorsichtig, so bedacht. Wir haben versucht, Mutter aus dieser Sache herauszuhalten. Trotzdem wusste sie die ganze Zeit über Bescheid und traf ihre eigenen Vorbereitungen, genau wie wir. Auch sie hat für unsere Familie das Gesetz umgangen.
Für mich.
Meine Brust schnürt sich zusammen, als ich die beiden Sicheln hole und sie an meinem Gürtel befestige. Sie und Drew haben so viel für mich riskiert. Eine Last legt sich auf meine Schultern. Mutter lehnt mit verschränkten Armen an der Wand. Der Himmel hinter ihr hat eine zornrote Farbe angenommen und lässt in ihrem schwarzen Haar goldene Strähnen aufblitzen wie Feuer in einem Kamin.
»Du siehst aus wie eine echte Jägerin.«
»Ich habe weder Maske noch Kragen.« Ich reibe mir den Hals. Ich mag aussehen wie eine Jägerin, aber ich bin keine. Ich werde nie eine sein. Ich weiß nicht, ob ich mir das Leben nehmen könnte, nicht einmal im Angesicht eines Vampirs; nicht einmal, wenn ich wüsste, dass es das Beste für Jägerweiler wäre. Deshalb war Drew für die Gilde bestimmt und ich für die Schmiede.
»Hoffen wir, dass du nichts davon brauchen wirst.« Mutter setzt sich an den Tisch, faltet die Hände und schließt die Augen. Ich kann sehen, wie sie in einem stillen Gebet die Lippen bewegt. Hoffentlich hören ihre alten Götter zu. Ich schaffe es nicht, zu Göttern zu beten, die uns offensichtlich vergessen haben.
Ich trete ans Fenster. Der Himmel ist jetzt scharlachrot. Die Sonne blutet aus. Während ich hinsehe, verschwindet sie ganz, und für kurze Zeit wird es dunkel, ehe der Mond wütend und rot aus der Asche seiner Schwester aufsteigt.
Der Blutmond hängt über der Welt und färbt sie purpurn. Es ist der größte Mond, den ich je gesehen habe, entflammt wie eine eitrige Pustel. Er schiebt sich über die Dächer und erfüllt die Luft mit einer unruhigen Energie. Ich lege meine Hände auf die Sicheln.
»Geh lieber weg vom Fenster«, sagt Mutter leise.
»Ich werde verrückt, wenn ich nicht sehen kann, was passiert.« Ich weiß nicht, was ich zu sehen erwarte, aber ich weiß, dass es viel schlimmer ist, nicht Bescheid zu wissen.
»Hoffentlich passiert gar nichts.«
»Hoffentlich«, wiederhole ich.
Den ersten Teil des Abends klopft mir das Herz bis in den Hals. Ich kann den Blick nicht von den leeren Straßen losreißen. Jeder Schatten ist verwunschen. Hinter jeder Ecke verbirgt sich ein Vampir, der nur in meinem Kopf existiert.
Meine Gedanken entfernen sich von der Realität, wandern zurück zu jener Nacht … vor langer Zeit … der Nacht, in der Vater starb.
Ich erinnere mich daran, wie er fortging. Er küsste uns zum Abschied und umarmte uns fest, wie er es immer tat. Anders als Drews Umarmung fühlte seine sich nicht endgültig an. Ich frage mich, ob es einfacher gewesen wäre, wenn wir gewusst hätten, dass wir ihn zum letzten Mal sehen. Hätte es trotzdem so wehgetan? Hätte ich diese gähnende Leere in meinem Inneren vielleicht erahnen können, sodass der Absturz weniger plötzlich gekommen wäre?
Er ging, und als wir ihn das nächste Mal sahen, hatte er seine Sichel nicht dabei. Ein Monster hatte sein Gesicht gestohlen.
Schreie dringen an meine Ohren.
Aber dieses Geschrei entstammt nicht der Erinnerung an den Tag, an dem Vater fortging. Mutter hört es ebenfalls. Sie springt auf und rennt, ungeachtet ihrer vorherigen Warnung, zum Fenster.
»Siehst du irgendetwas?«, fragt sie flüsternd.
»Nein.« Ich bin noch dabei, die Gespenster der Vergangenheit abzuschütteln.
»Es hat sich nah angehört …«
»Stimmt.« Ich packe die Sicheln fester. Wenn die Vampire hier sind, bedeutet es, dass die Vorhut gefallen ist. Es bedeutet, dass Drew … Ich kann es nicht einmal denken. Doch etwas in mir sagt, dass er nicht tot ist. Mein Bruder lebt. Es ist törichter Optimismus, mehr nicht. Und doch bin ich mir ganz sicher, dass ich es tief in meinem Inneren wüsste, wenn er tot wäre. »Geh nach oben.«
»Flor …«
»Bitte, Mutter«, sage ich leise, aber bestimmt, und sehe ihr fest in die Augen. Ich habe ihr noch nie etwas befohlen. Vielleicht ist es Drews Vertrauen in mich – seine einzige Bitte, sie zu beschützen –, das mir die Kraft gibt, streng zu sein. »Geh nach oben und versteck dich.«
»Wenn da draußen ein Vampir ist, findet er mich auch im Versteck.«
»Deshalb haben wir das Salz. Außerdem werde ich das Monster so nah gar nicht herankommen lassen.« Ich schüttele den Kopf. »Hast du die Rüstung nicht genau dafür beschafft? Und mich heimlich mit Drew trainieren lassen? Um dich zu beschützen?«
Sie packt mich an den Schultern und schüttelt mich leicht. »Um dich selbst zu beschützen.«
»Ich kann beides tun, wenn du mich lässt.« Und Drew ebenfalls, ich kann auch ihn beschützen, sagt zumindest mein Herz. Logisch gesehen weiß ich es besser. Es gibt keine Möglichkeit, ihm jetzt noch zu helfen. Dennoch, während die Schreie immer näher kommen, weiß ich mit immer größerer Gewissheit, dass Drew mich braucht. Die Dinge sind furchtbar schiefgelaufen. Der Blutmond ist hungrig und wir sind die Beute. »Geh nach oben und versteck dich. Streue Salz auf deine Türschwelle, gib keinen Laut von dir und komm vor dem Morgen nicht mehr raus, egal was passiert.«
Ihre Augen funkeln, ihr Mund verzieht sich. Sie will mir widersprechen, das weiß ich. Aber sie wird es nicht tun.
Denn so sind wir.
So sind wir schon immer gewesen.
In Jägerweiler steht jeder mit einem Fuß im Grab und hat eine Hand an einer silbernen Waffe. Wir gehen nicht kampflos unter. Wir sind das Einzige, was zwischen unserer Welt und den Vampiren steht, die sie verschlingen wollen.
»Sei vorsichtig. Triff keine unüberlegten Entscheidungen«, flüstert Mutter, als sie mich in eine feste Umarmung zieht. »Wir sehen uns morgen früh.«
»Ich bewache einfach nur den Eingang.« Ich weiß nicht, warum das wie eine Lüge klingt. Es ist alles, was ich tun sollte; alles, was ich leisten kann. Trotzdem rast mein Herz. Meine Füße sind begierig darauf, es auch zu tun. »Wir sehen uns morgen früh.« Ich streichle ihren Rücken, und sie zieht sich zurück, nimmt den Eimer mit Salz und geht.
Ich bin allein mit meinen Sorgen und den näher kommenden Schreien. Ich lege die Hände auf die Griffe der Sicheln und will sie aus ihrer Halterung ziehen, als eine Bewegung mich zusammenzucken lässt und ich die Waffen fast fallen lasse.
Ein einsamer Schatten durchschneidet die Nacht. Er ist nicht menschlich, so viel kann ich an den Bewegungen erkennen. Sie sind zu schnell, zu flüssig und doch irgendwie hektisch und unregelmäßig. Das Monster bleibt stehen und lässt seine gespenstischen Augen von links nach rechts gleiten. Es sind tiefschwarze Murmeln, mit nur einem einzigen winzigen goldenen Fleck in der Mitte. Spitze, tödliche Zähne ragen aus seinem klaffenden Maul. Mit einem Biss kann dieses Wesen seinen Opfern die Kehle aufreißen und sich mit Blut vollsaugen.
Seiner blutgetränkten Vorderseite nach zu urteilen hat der Vampir das bereits getan. Und sich nicht einmal die Mühe gemacht, seiner Beute das Gesicht zu stehlen. Er weiß, dass das heute Abend nicht nötig ist.
Langsam greife ich in meine Tasche und ziehe das Obsidianfläschchen heraus. Das Jägerelixier. Ein mächtiger, uralter Trank, der uns die Kraft und Schnelligkeit der Vampire verleiht, sodass wir es mit ihnen aufnehmen können. Allerdings ist der Trank so stark, dass er nur von Jägern getrunken werden darf, weil er den Jägerwahn auslösen kann – diesen Zustand der Raserei und Mordlust.
Drew hat gesagt, es wäre in Ordnung.
Ich schaue wieder zu dem Vampir. Schnuppernd schleicht er über die Straße zu einem anderen Eingang. Seine Stirn berührt die herabhängenden Glöckchen. Sie beginnen leise zu läuten, aber ihr Klang vertreibt ihn nicht. Panik und Zweifel schließen sich in meinem Herzen zusammen. Hatten die Jäger unrecht? Werden uns die Glöckchen und das Salz überhaupt helfen?
Ich öffne das Fläschchen und betrachte die wenigen Tropfen Flüssigkeit darin. Selbst im roten Mondlicht wirkt sie pechschwarz. Als ich das Fläschchen an meine zitternden Lippen führe, atme ich den einzigartigen Geruch ein. Ein schmerzhaftes Sehnen erfüllt meinen ganzen Körper; allein der Duft lässt ein nie gekanntes Verlangen in mir aufsteigen. Es ist, als hätte ich, ohne es je zu ahnen, mein Leben lang auf diese Freiheit gewartet, auf die Macht, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Ich trinke.
Das dickflüssige Gebräu gleitet in einem Schluck meine Kehle hinunter und fällt in meinen Magen wie eine brennende Flasche Schnaps, die auf dem Boden zerbirst. Feuer lodert in mir auf und ich sinke auf die Knie.
Vor meinen Augen blitzen Bilder auf. Von der Festung. Von Augen so hell wie die Sonne. Von Sternenlicht und Bergstädten, wie sie nur in Bilderbüchern vorkommen. In einem Wimpernschlag sind die Bilder wieder verschwunden.
Mehr!, schreit mein Körper. Die Lasten, Leiden und Schmerzen der Wirklichkeit gleiten ins Nichts.
