Matchplan Fußball - Timo Jankowski - E-Book

Matchplan Fußball E-Book

Timo Jankowski

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Beschreibung

Ohne Plan kein zielgerichtetes Ergebnis. Hier hilft beim Fußball ein Matchplan. Publik wurde der Begriff vor allem durch Thomas Tuchel, aktuell Trainer von Chelsea London, der zu jedem Spiel seiner Mannschaft einen Matchplan entwirft. Dieser beschreibt eine Strategie im Fußball, mit der versucht wird, für den Spieltag optimal vorbereitet zu sein und auf taktische Veränderungen oder spezielle Spielsituationen reagieren zu können. Diese 4. Auflage wird um eine umfassende Analyse der EM 2021 ergänzt.

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Seitenzahl: 183

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Für meinen Vater, der das schönste Spiel der Welt mittlerweile von ganz oben betrachten kann.

Allgemeiner Hinweis:

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen die männliche Sprachform verwendet. Gemeint ist sowohl die männliche als auch die weibliche und die diverse Form.

Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Timo Jankowski

MATCHPLAN FUSSBALL

MIT DER RICHTIGEN TAKTIK ZUM ERFOLGINKLUSIVE EM-ANALYSE 2020

Matchplan Fußball

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2014 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen

3., erweiterte Auflage 2015

4. überarbeitete Auflage 2021

Auckland, Beirut, Budapest, Cairo, Cape Town, Dubai, Hägendorf,

Indianapolis, Maidenhead, Singapore, Sydney, Teheran, Wien

Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)

eISBN 978-3-8403-3783-3

E-Mail: [email protected]

www.dersportverlag.de

INHALT

1FUSSBALL BEGINNT IM KOPF

2KOMPLEXITÄTSFAKTOREN IM FUSSBALL

2.1Fußball ist ein „Open Skills“-Sport

2.2Fuß statt Hand

2.3Großes Spielfeld und hohe Spieleranzahl

2.4Kleines Ziel

2.5Äußere Einflussfaktoren

2.6Vielseitige Voraussetzungen

2.7Low-Scoring-Sport

2.8Der Ball ist immer frei

2.9Fazit

3WELTSTANDSANALYSE – MERKMALE VON SPITZENSPIELERN UND SPITZENTEAMS

3.1Spielintelligenz – das Treffen von richtigen Entscheidungen

3.2Technik – das Ausführen von Entscheidungen

3.3Fußballfitness und athletische Zubringer

3.4Resilienz und Ablenkungsresistenz – die Fähigkeit erfolgreicher Spieler

3.5Defensive

3.6Offensive

3.7Spieltempo

3.8Relevanz und Potenzial von Standardsituationen

4DIE TALENTFRAGE – ÜBUNG MACHT DEN MEISTER

5WELTMEISTER 2014 – DER MATCHPLAN DER DFB-ELF

5.1Die 10 Erfolgstaktiken und Trends der WM 2014

5.2Matchplan – der Weg der DFB-Elf

5.3Die Erfolgsgeheimnisse des DFB-Weltmeisterteams

6DIE GRUNDLAGEN EINER ERFOLGREICHEN FUSSBALLSTRATEGIE: DIE SPIELIDEE UND DAS SPIELMODELL

7FUSSBALL-PERIODISIERUNG ALS MODELL FÜR EINE MODERNE TRAININGSGESTALTUNG

8DER UNTERSCHIED ZWISCHEN STRATEGIE UND TAKTIK

9VERSCHIEDENE TAKTISCHE HANDLUNGEN IM FUSSBALL

9.1Individualtaktik

9.2Gruppentaktik

9.3Mannschaftstaktik

10DIE VIER (FÜNF) PHASEN DES SPIELS

10.1Phase 1

10.2Phase 2

10.3Phase 3

10.4Phase 4

10.5Phase 5: Standardsituationen

11PERFEKTES UMSCHALTVERHALTEN – DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

11.1Umschalten bei Ballgewinn

11.2Umschalten bei Ballverlust

12ZONENFUSSBALL

12.1Breitenachse

12.2Längsachse

12.3Längsachse und Breitenachse

12.4Ableitungen

13PRESSING: DEFENSIVSTRATEGIEN MIT SYSTEM

13.1Abwehrpressing

13.2Mittelfeldpressing

13.3Angriffspressing

13.4Gegenpressing

14GRUNDORDNUNGEN UND SPIELSYSTEME

14.1Spielerorientiert oder systemorientiert

14.2Die drei Basis-Grundordnungen

14.3Gängige Spielsysteme im modernen Fußball

a) 1-4-4-2-Linie

b) 1-4-4-2-Raute

c) 1-4-3-3

d) 1-4-2-3-1

e) 1-4-1-4-1

f) 1-5-3-2

15SPIELSYSTEME MIT DREIERKETTE

15.11-3-5-2

15.21-3-4-3

16AUFEINANDERTREFFEN IDENTISCHER SPIELSYSTEME

16.1Analyse beim Aufeinandertreffen identischer Spielsysteme

16.2Aufeinandertreffen zweier verschiedener Spielsysteme

17MATCHPLAN – PERFEKTE VORBEREITUNG AUF DAS NÄCHSTE SPIEL

17.1Inhalte eines Matchplans

17.2Gegneranalyse

17.2.1Was ist die Spielidee des Gegners?

17.2.2Analyse des individualtaktischen Offensivverhaltens

17.2.3Analyse des individualtaktischen Defensivverhaltens

17.2.4Analyse des gruppentaktischen Offensivverhaltens

17.2.5Analyse des gruppentaktischen Defensivverhaltens

17.2.6Analyse des mannschaftstaktischen Offensivverhaltens

17.2.7Analyse des mannschaftstaktischen Defensivverhaltens

17.3Gegneranalyse der Standardsituationen

17.3.1Anspiel

17.3.2Freistoß

17.3.3Eckball

17.3.4Einwurf

17.3.5Elfmeter

17.4Plan B: Wenn-dann-Strategien

17.4.1Plan B: Unterzahl-/Überzahlsituationen

17.4.2Zwei Beispiele für „Wenn-dann-Strategien“ am Ende des Spiels

18MUSTERMATCHPLAN

18.1Allgemeine Punkte

18.2Wie verhält sich der Gegner in den vier Phasen des Spiels?

18.3Taktische Analyse

a) 1-4-4-2 gegen 1-4-3-3

b) Taktische Analyse in der Defensive

c) Taktische Analyse in der Offensive

18.4Gegneranalyse der Standardsituationen

a) Gegneranalyse des Anspiels in der Defensive

b) Gegneranalyse des Anspiels in der Offensive

c) Gegneranalyse Freistoß in der Defensive

d) Gegneranalyse Freistoß in der Offensive

e) Gegneranalyse Eckball in der Defensive

f) Gegneranalyse Eckball in der Offensive

g) Gegneranalyse Einwurf in der Defensive

h) Gegneranalyse Einwurf in der Offensive

i) Gegneranalyse Elfmeter in der Defensive

j) Gegneranalyse Elfmeter in der Offensive

18.5Plan B

19GESTALTUNG DER TRAININGSWOCHE

EM-TRENDS

AUSBLICK

DER AUTOR

BILDNACHWEIS

KAPITEL 1

Fußball beginnt im Kopf

„Fußball beginnt immer im Kopf und geht von dort durch den Körper zu den Füßen, niemals andersherum.“

Iniesta mit Spielintelligenz gegen mehrere Gegner

Der Fußball verzaubert und fasziniert die Menschen auf der Welt wie kein anderer Sport.

Mehr als 3,5 Milliarden Menschen weltweit haben die WM 2018 verfolgt und alleine das Finale zwischen Frankreich und Kroatien sahen über 1,12 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt.

Über 250 Millionen Menschen spielen regelmäßig aktiv Fußball auf der Welt und riesige Länder wie China oder Indien mit Milliarden an Einwohnern entdecken erst jetzt nach und nach ihre Passion für diesen tollen Sport.

Die beiden deutschen Trainerkoryphäen Gero Bisanz und Gunnar Gerisch die, die einen großen Anteil an der Ausbildung und Entwicklung des Fußballs in Deutschland haben, beschreiben die Magie des Fußballs in einem ihrer Fachbücher wie folgt:

„Die einfache Spielidee, leicht verständliche Regeln, die Überschaubarkeit des Spielgeschehens auf dem großen Spielfeld und die besondere Atmosphäre machen einen Teil der großen Popularität aus. Noch mehr Faszination ergibt das Wechselspiel aus Planung und Intuition, mannschaftlicher Geschlossenheit und individuellem Freiheitsspielraum, Kalkulierbarem und Unvorhersehbarem, Zweikampfhärte und spielerischer Leichtigkeit, strategischer Order und hoher kreativer Spielkultur.“

Um Fußball in Vollendung auf höchstem Niveau zu spielen, bedarf es vieler verschiedener Leistungsfaktoren, die perfekt aufeinander abgestimmt sein müssen.

Erst das intelligente Zusammenfügen dieser verschiedenen komplexen Leistungsfaktoren, mit dem Ziel, Spielsituationen optimal zu lösen, zeichnet die Spielfähigkeit eines guten Fußballers aus.

Mithilfe taktischer Maßnahmen, welche in Individual-, Gruppen- und Mannschaftstaktik aufgeteilt werden, können diese Leistungsfaktoren dann auf eine komplette Mannschaft übertragen werden.

Bei zwei gleich starken Teams ist es am Ende immer eine gute Spielidee, die richtige Taktik, das geeignete System und die perfekte Umsetzung eines Plans, die die Fähigkeiten eines jeden einzelnen Spielers akzentuieren und den Erfolg bringen.

In jeder Fußballzeitschrift und bei jeder Fußball-Live-Übertragung werden Begriffe wie Taktik, Spielsystem, Grundordnung, 1-4-4-3 oder Matchplan erwähnt oder sogar bildlich dargestellt, doch fast nie genauer erklärt.

Auch wenn man diese Begriffe nicht überschätzen darf, sollte man sie aber auch nicht unterschätzen, denn am Ende des Tages beruht jeder Erfolg im Fußball auf Training, harter Arbeit und einer detaillierten Planung.

Eine lustige, aber wahre Anekdote verdeutlicht die Wichtigkeit der Klärung dieser Begriffe:

Ein Trainer sagt in der F-Jugend zu seinen Spielern: „Ihr fünf spielt heute hinten!“ Daraufhin sagt einer der jungen Spieler mutig: „Du, Trainer, wo ist denn hinten genau und darf ich auch mal mit nach vorne?“

Wie sollen junge Spieler ohne ein Verständnis für eine Spielidee oder Taktik das Spiel als Ganzes begreifen lernen?

Wie sollen sie lernen, dass ein Angreifer bei einem Ballverlust auch auf die Defensive umschalten muss und sich der Abwehrspieler bei Ballbesitz mit in die Offensive einschaltet?

Wie vom niederländischen Philosophen Jan Tamboer in der Action-Theorie objektiv unumstößlich aufgezeigt, startet jede Fußballaktion auf der Welt mit verbaler oder nonverbaler Kommunikation (Taktik), woraufhin der Spieler eine Entscheidung trifft (Spielintelligenz) und dann diese Entscheidung ausführt (Technik)1.

Ob F-Junior, Amateur- oder Profispieler, jeder, der Fußball spielt, führt dieselben Fußballaktionen aus, die wie beschrieben, alle mit einer taktischen Intention starten.

Also können die oben erwähnten Themen automatisch auch schon im jungen Alter auf spielerische Art und Weise gut erklärt werden, wobei Worte wie Taktik oder Umschaltverhalten noch gar nicht in den Mund genommen werden müssen, aber durch geeignete Spielformen und Fragestellungen kann der Lernprozess schon im jüngsten Alter implizit beginnen.

Ein weiterer Punkt, der die Bedeutung von Strategie und Taktik verdeutlicht, ist, dass in der ganzen Geschichte des Fußballs jeder erfolgreiche Trainer seine Mannschaft immer nach taktischen Überlegungen und Plänen auf- und eingestellt hat und sowohl die eigenen Stärken und Schwächen als auch die des Gegners in seine Überlegungen mit einbezogen hat.

Begriffe wie das WM-System (1-3-2-2-3), das der ehemalige Arsenal-London-Trainer Herbert Chapman erfunden hat und mit dem Deutschland 1954 Weltmeister wurde oder der italienische Catenaccio (1-5-4-1), der von Helenio Herrera bei Inter Mailand perfektioniert wurde, sind in der Geschichte des Fußballs tief verankert.

Der renommierte Trainer und dreifache WM-Teilnehmer Guus Hiddink ist sich der Hierarchie der Taktik im Fußball bewusst, wie er in mehreren Interviews beschreibt und weiß, dass er immer zuerst das Hauptaugenmerk auf die Taktik legen muss, da auf dieser die Leistungsfaktoren des Fußballs aufbauen.

Ein Trainer muss sich immer zuerst im Klaren über seine Spielidee und seine taktischen Ansprüche sein, damit er daraus die richtigen Inhalte seiner Trainingseinheiten ableiten kann, um somit Erfolg versprechende Prozesse einzuleiten.

Erfolgstrainer Guus

Hiddink – menschlich und fachlich top

Im Fußball ist man immer nur so gut wie das nächste Spiel, weshalb sich ein Fußballtrainer immer wieder Gedanken darüber machen muss, wie er Spielidee und taktische Maßnahmen zielgerichtet auf seine Mannschaft überträgt, um das nächste Spiel zu gewinnen.

Um optimal auf jedes Spiel vorbereitet zu sein, bedarf es immer eines Plans für jeden einzelnen Spieltag – des sogenannten Matchplans.

Ziel dieses Buchs ist es, allen, die Interesse, Begeisterung und Spaß am Fußball haben, ausgehend von einer Weltstandsanalyse, Themen wie Spielidee, Taktik, Umschaltverhalten, Zonenfußball sowie Vor- und Nachteile verschiedener Formationen aufzuzeigen, um aus diesen Ideen und Hintergründen heraus dann selbstständig einen konkreten Matchplan für ein einzelnes Spiel zu entwickeln.

„Wer nicht vorausschauend denkt und den Gegner dazu auch noch unterschätzt, wird ganz bestimmt von ihm überwältigt.“ – Sun Tzu, die Kunst des Krieges (ca. 500 v. Chr.)

Viel Spaß beim Lesen und Umsetzen!

1Das Buch kann über folgenden Link bezogen werden: https://www.fcevolution.com/winkel/books/football-theory/

Strukturiert das Training und Spiel seiner Mannschaft mit 31 Prinzipien: FC Bayern München-Trainer Julian Nagelsmann

KAPITEL 2

Komplexitätsfaktoren im Fußball

„Es ist wie mit Omelettes und Eiern. Ohne Eier keine Omelettes! Es hängt von der Qualität der Eier ab. Im Supermarkt gibt es Eier der ersten, zweiten und dritten Klasse. Einige sind teurer, einige lassen dich bessere Omelettes machen. Wenn die erstklassigen Eier weg sind, hast du ein Problem.“ – José Mourinho

Zunächst werden die wichtigsten Faktoren erläutert, die den Fußball zu einer sehr komplexen Hochleistungssportart machen, was einen großen Einfluss auf taktische Überlegungen hat.

2.1FUSSBALL IST EIN „OPEN SKILLS“-SPORT

Fußball zählt zu den „Open Skills“-Sportarten, die sich durch unvorhersehbare und chaotische Situationen auszeichnen und eine Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten und kreativen Möglichkeiten in der Ausführung bieten. So können die Spieler nahezu alles tun mit dem Ball, solange er nicht mit der Hand gespielt wird. Zudem können die Spieler sich auf einem sehr großen Feld völlig frei bewegen.

Währenddessen in den „Closed Skills“-Sportarten, zu denen z. B. Schwimmen, ein 100-m-Sprint oder auch Tennis zählen, der Raum deutlich klarer definiert und begrenzt ist. Zudem ist es nicht erlaubt, den Gegner zu attackieren, was die Komplexität deutlich verringert.

Aus diesem Grund zählt Fußball zu den mit Abstand am schwierigsten zu kontrollierenden Spielen und muss deshalb unbedingt als ein kollektives und systematisches Spiel begriffen werden, dessen oberstes Ziel es ist, die Komplexität so weit wie möglich zu vereinfachen, damit durch Modelle und Prinzipien Muster erkannt werden können.

Die Fußballwelt ist in erster Linie komplett auf das Resultat fixiert und nutzt oft lediglich die Resultate, um über einen Verein, eine Mannschaft oder einen Trainer zu urteilen, was im besten Fall als sehr spekulativ bezeichnet werden kann in einem solch komplexen Sport wie Fußball.

2.2FUSS STATT HAND

Der Ball wird beim Fußball, wie es der Name schon sagt, mit dem Fuß und nicht etwa wie beim Basketball oder Handball mit der Hand gespielt, wodurch die Fehlerhäufigkeit enorm steigt, da der Ball selbst bei einer perfekten Technik lange nicht so gut kontrolliert werden kann, wie mit der Hand, die durch den Alltag von vorneherein durch Tätigkeiten wie Schreiben oder Essen mit Messer und Gabel ganz anders ausgeprägt ist. Dass auch evolutionär eine stark erhöhte neuronale Anforderung beim Spiel mit dem Fuß besteht, zeigt sich an der Tatsache, dass, wenn einem Affen ein Ball zugerollt wird, er ihn fast ausschließlich und automatisch in die Hände nimmt und diese zum Spielen nutzt.

2.3GROSSES SPIELFELD UND HOHE SPIELERANZAHL

Weitere Faktoren, die den Fußball zu einer sehr anspruchsvollen Sportart machen, sind die hohe Anzahl der beteiligten Spieler und ein großes Spielfeld, für das bei internationalen Spielen laut FIFA eine Länge von 105 m und eine Breite von 68 m vorgeschrieben ist, wodurch sich ein 7.140 m2 großes Feld ergibt.

Andere Mannschaftssportarten, wie Handball, Basketball oder Eishockey, haben eine wesentlich geringere Spieleranzahl und es wird auf einem kleineren Spielfeld agiert, was eine weitaus höhere Anzahl an Möglichkeiten hervorbringt, sein Ziel zu erreichen, nämlich einen Punkt oder ein Tor zu erzielen, weshalb Basketballspiele nicht selten im dreistelligen Bereich und Handballspiele immer im zweistelligen Bereich enden.

Beim Fußball hingegen kann ein einziger Moment ein komplettes Spiel entscheiden.

2.4KLEINES ZIEL

Der Fußball stammt in seinen Ursprüngen vom Rugby ab. Beim heutigen Rugby können die Spieler jedoch auf einem etwa gleich großen Feld den Ball hinter der gesamten Toraußenlinie mit der Hand ablegen, um einen Punkt zu erzielen, wohingegen beim Fußball der Ball genau in einem 7,32 x 2,44 m großen Gehäuse untergebracht werden muss, welches auch noch von einem Spieler bewacht wird, der die Hände zu Hilfe nehmen darf.

2.5ÄUSSERE EINFLUSSFAKTOREN

Eine wichtige Rolle spielen auch äußere Einflussfaktoren, wie Witterungsverhältnisse und die Beschaffenheit des Spieluntergrundes. Andere Teamsportarten, wie Handball, Basketball oder Volleyball, finden in der Halle statt, wo der Boden immer nahezu identisch ist und das Wetter daher keine Rolle spielt.

2.6VIELSEITIGE VORAUSSETZUNGEN

Komponenten der Leistungsfähigkeit des Fußballspielers (nach Weineck, 2004)

Beim Fußball müssen alle athletischen Fähigkeiten, wie Schnelligkeit, Koordination, Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit, in einem Zusammenspiel beherrscht werden, wie es in kaum einer anderen Sportart der Fall ist, wo der Athlet oftmals nur in einer dieser Fähigkeiten gut geschult sein muss. Zudem erfordern die ständigen Wechsel von Offensive auf Defensive zusätzlich höchste Anforderungen an die Spielintelligenz.

2.7LOW-SCORING-SPORT

Fußball ist ein sogenannter Low-Scoring-Sport, wodurch der Zufall eine höhere Gewichtung erfährt und was sich sehr auf die Attraktivität beim Zuschauen auswirkt.

In der Premier League werden im Schnitt 2,79 Treffer pro Spiel erzielt, wohingegen beispielsweise im Basketball in der NBA 204 Punkte im Schnitt erzielt werden.

Im Basketball gewinnt der Favorit in über 80 % der Spiele und im Handball liegt diese Quote sogar noch darüber, wohingegen diese Favoritenquote beim Fußball unter aktuell 65 % liegt.

Im Fußball gewinnt oft nicht die bessere Mannschaft, verglichen mit anderen Sportarten, wodurch die Ergebnisse verzerrt werden, was aber den Fußball auch extrem spannend macht. In Pokalspielen, deren Überraschungsmoment gerade darin liegt, dass Underdogs auf höherklassige Teams treffen und diese auch besiegen können, ist die Spannung für den Fan deswegen noch höher.

Genau aus dieser Faszination heraus gilt es, die Verteilung von Fernsehgeldern kritisch zu hinterfragen.

So könnte die extreme Dominanz der finanzstärksten Mannschaften, die klar an die Finanzen gekoppelt ist, zu einem abnehmenden Interesse führen:

So holte der FC Bayern München bereits den neunten Meistertitel in Folge und Juventus Turin errang in Italien acht Titel in Folge, bevor die Serie 2020/2021 von Inter Mailand unterbrochen wurde, die viel neues Geld durch Investoren aus China zur Verfügung hatten.

In Frankreich holte Paris St. Germain sieben Titel in zehn Jahren, aber auch kleinere Ligen, wie in Österreich, wo Red Bull Salzburg ebenfalls neunmal in Folge Meister wurde, versprechen durch diese Korrelation mit extremen Finanzvorteilen gegenüber der Konkurrenz nur wenig Spannung.

Interessant ist dabei, dass in der Premier League, in der an alle Teams hohe TV-Gelder ausgezahlt werden, in den letzten 10 Jahren immerhin fünf verschiedene Mannschaften die Meisterschaft gewinnen konnten.

2.8DER BALL IST IMMER FREI

Anders als im Basketball oder in anderen Ballsportarten ist der Ball im Fußball immer frei, da er mit den Füßen gespielt wird.

So kann man im Basketball viel schwerer direkt proaktiv angreifen, sondern befindet sich vielmehr in einer passiveren Verteidigungsrolle.

Dadurch kommt es im Fußball häufiger zu Ballverlusten und Fehlern, da der Ball nicht so gut wie mit der Hand geschützt werden kann.

Proaktive Balleroberungen sind im Basketball äußerst schwer möglich, wie Dirk Nowitzki hier perfekt demonstriert.

2.9FAZIT

Gerade durch die große Komplexität sowie ein hohes Maß an Unvorhersehbarkeit und den hohen Anforderungsgrad benötigt man zielgerichtete Maßnahmen, um dem Prinzip Zufall im Fußball so weit wie möglich entgegenzuwirken und die Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Jeder Trainer braucht also ein Konzept, will er zielgerichtet trainieren und seine Mannschaft besser machen.

Das Gegenteil wäre folgender Ansatz, den man leider immer wieder von Trainern hört:

„Ist doch eh nicht so wichtig, was und wie wir trainieren, da beim Fußball fast alles zufällig passiert!“

Stellen Sie sich selbst die Frage, ob Sie gerne unter einem solchen Trainer trainieren möchten.

Das Wort Training an für sich bedeutet nämlich schon, dass ich systematisch und geplant trainiere, um eine Leistungsverbesserung zu bewirken.

„Jedes Detail zählt!“

Bei jeder Spitzenmannschaft sind klare Handlungsmuster zu erkennen, mit denen vergleichbare Spielsituationen gelöst werden. Diese vorgegebenen und trainierten Handlungsmuster bringen einen klaren Vorteil in der Ausführungsgeschwindigkeit mit sich, warum es oft so scheint, als ob diese Topteams immer den berühmten Schritt voraus sind.

Generell kann man festhalten, dass, je höher das Niveau einer Mannschaft ist, in jeder Spielphase in derselben Situation simultan mehr kollektive Bewegungen stattfinden.

Dies ist auch der Grund, warum das Thema der dynamischen Raumbesetzung als eine Weiterentwicklung des Positionsspiels in der Zukunft des Fußballs eine wichtige Rolle spielen wird.

Kollektive dynamischen Bewegungen sind wichtiger denn je, damit eine Mannschaft auch in der Zukunft in der Lage sein wird, sich Torchancen zu erarbeiten, oder in der Defensive Torchancen des Gegners zu verhindern.

Diese kollektiven Bewegungen können in allen Spielphasen mit Hilfe von Spielprinzipien und entsprechenden Trainingsprozessen optimal aufeinander abgestimmt werden, sodass der Faktor Zufall durch entsprechende Strukturen minimiert werden kann.

Der interessierte Leser kann in seiner Analyse selber einmal darauf achten, wie viele aufeinander abgestimmte kollektive Bewegungen gleichzeitig bei einer Mannschaft stattfinden und wie sich diese Mannschaften über einen längeren Zeitraum entwickeln werden.

Bei Spitzenmannschaften finden in der Regel 3-4 simultane Bewegungen gleichzeitig statt, wobei das Timing, die Distanzen sowie die Positionsbesetzung entscheidend für das Gelingen sind.

KAPITEL 3

Weltstandsanalyse – Merkmale von Spitzenspielern und Spitzenteams

„Look at the best, learn from the best, be the best!“

Pele – Weltfußballer des 20. Jahrhunderts

Zunächst muss jeder Fußballtrainer wissen, was die besten Spieler und Teams dieser Welt auszeichnet. Erst nach diesem Benchmarking können überhaupt geeignete Maßnahmen, wie eine Spielidee und eine geeignete Trainingsphilosophie, entwickelt werden, um die Spieler auf Topniveau zu trainieren und mit den höchsten Ansprüchen, die der Fußball stellt, auszubilden.

Mit einer sogenannten Weltstandsanalyse werden die besten Teams in den internationalen Topligen, sowie in der Champions League als auch bei Kontinentalmeisterschaften und natürlich Weltmeisterschaften analysiert und verglichen, um daraus Empfehlungen abzuleiten und Entwicklungen und Tendenzen im Spitzenfußball zu erkennen.

Auf den folgenden Seiten werden wesentliche Merkmale, die die Spitzenteams und die Spitzenspieler im modernen Fußball auszeichnen, analysiert.

Was zeichnet die besten Teams und Unterschiedspieler aus?

Welche Details gibt es und welche Fakten und Fähigkeiten müssen in den Trainingsund Spielprozess integriert werden?

Europameister und Weltmeister Spanien – eine der erfolgreichsten Fußballmannschaften aller Zeiten

3.1SPIELINTELLIGENZ – DAS TREFFEN VON RICHTIGEN ENTSCHEIDUNGEN

Der moderne Fußball wird über Raumkontrolle entschieden. Die Mannschaft, die zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Raum kontrolliert, gewinnt das Spiel.

Raumkontrolle in den spielentscheidenden Zonen, wie den Halbspuren, der Zone 14 und vor allem im Strafraum des Gegners, ist dabei die Königsdisziplin und erfordert Spieler mit einem Höchstmaß an Spielintelligenz.

Zudem ist die Ballkontaktzeit von 1,9 Sekunden (2008) auf 0,9 Sekunden (2016) gesunken und auch immer mehr vermeintlich kleinere Nationen und Teams entwickeln sich in diese Richtung, weshalb immer noch mehr und noch schnellere Entscheidungen getroffen werden, was die Wichtigkeit dieser Thematik weiter verdeutlicht.

Die Spielintelligenz beschreibt im Fußball das Treffen einer Entscheidung und beschreibt und entscheidet neben der Technik über die Fähigkeiten eines Spielers.

Je mehr Spielerfahrung und verschiedene Entscheidungswege ein Spieler auf hohem Niveau und in der ganzen Komplexität des Spiels erlebt und diese permanent weiterentwickelt, desto bessere Entscheidungen kann er dann auch im Spiel treffen.

Fehlt diese Entscheidungsqualität und eine entsprechende Handlungsschnelligkeit, ist dies im Fußball auf hohem Niveau so gut wie nicht kompensierbar!

Oder etwas überspitzt formuliert: „Ein Spieler muss nur groß und stark sein, wenn er nicht über genügend Spielintelligenz verfügt.“

Und da Fußball ein Entscheidungssport ist, muss auch statt einem „Durchführungstraining“ so oft wie möglich ein „Entscheidungstraining“ durchgeführt werden.

Die Spieler müssen lernen, Situationen noch schneller wahrzunehmen und so durch ein gutes Training, die üblichen 0,3 Sekunden Reaktionszeit eines Topathleten um die Hälfte auf 0,15 Sekunden zu reduzieren, um damit dem Gegner im Spiel gedanklich und in der Ausführung immer einen Schritt voraus zu sein.

3.2TECHNIK – DAS AUSFÜHREN VON ENTSCHEIDUNGEN

Alle Spieler inklusive dem Torhüter müssen fußballerisch perfekt geschult sein, um Spielsituationen immer und überall unter höchstem Zeit- und Gegnerdruck lösen zu können. Mit Technik ist im Fußball, aufbauend auf der Spielintelligenz, die Ausführung einer Entscheidung gemeint, weshalb diese Fähigkeit natürlich auch entsprechend komplex entwickelt werden muss.

Die Spieler müssen über eine perfekt geschulte Basistechnik verfügen, auf der die jeweilige Positionstechnik aufbaut.

Hierbei taucht immer wieder die sogenannte 10.000-Stunden-Regel auf, die besagt, dass man 10.000 Stunden benötigt, um eine komplexe Fähigkeit, wie beispielsweise eine perfekte Positionstechnik im Fußball, zu erlangen.

Ein wichtiger Punkt im technischen Bereich ist es, möglichst kurze Ballkontaktzeiten anzustreben, da diese die Topteams von durchschnittlichen Teams trennen.

Internationale Spitzenspieler passen den Ball im Durchschnitt bereits nach circa einer Sekunde weiter!

Xavi – Technik in Perfektion

Die Weltmeister, Iniesta und Xavi vom FC Barcelona, spielen zudem nahezu jeden zweiten Ball direkt weiter und das mit einer extrem hohen Erfolgsquote, was es für die gegnerische Mannschaft sehr schwer macht, gegen diese Spieler zu verteidigen, da der Ball im Sekundentakt den Ort wechselt.