Matti & Brian 3: Nur ein Gerücht - Matti Laaksonen - E-Book

Matti & Brian 3: Nur ein Gerücht E-Book

Matti Laaksonen

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Beschreibung

***Neuauflage von Februar 2022*** Seit dem Sportfest fühlt sich Matti zunehmend von Takahashi bedrängt. Immer wieder taucht dieser wie zufällig in seiner Nähe auf, bis er erneut eine Grenze überschreitet. Zu allem Überfluss macht auch noch ein Gerücht die Runde, durch das Brian sich von ihm zu distanzieren scheint. Als er trotzdem zusagt, seine Ferien mit Matti verbringen zu wollen, hofft dieser, dass sich nun die Kluft zwischen ihnen wieder schließt. Er nimmt sich sogar vor, Brian endlich zu gestehen, was er fühlt. Doch dann sorgt ein Missverständnis für neuen Ärger.

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Impressum

2. überarbeitete Neuauflage 2022

© 2020 Matti Laaksonen

Herausgegeben von:

Matti Laaksonen

c/o skriptspektor e.

U.Robert-Preußler-Straße 13 / TOP

15020 SalzburgAT – Österreich

[email protected]

 

Covererstellung unter Verwendung folgender Bildmaterialien:

Creativeqube Design von creativemarket.com

 

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum der rechtmäßigen Besitzer.

Content Notes:

Bitte beachte, dass es in diesem Buch mögliche triggernde Inhalte gibt (eine aktuelle Liste findet ihr auch auf meiner Website www.mattilaaksonen.de):

- Queerfeindlichkeit

Inhalt

 

Tag 37: Unheimlich

Tag 39: Gerüchte

Tag 40: Teil der Band

Tag 41 Gemütlicher Abend

Tag 42: Steineflitschen

Tag 43: Enttäuschung

Tag 47: Auf Distanz

Tag 48: Ferienbeginn

Tag 51: Eiskalte Insel

Tag 52: Verliebt sein

Tag 53: Missverständnis

Tag 54: Zusammen

Tag 55: Frühstück im Bett

Tag 58: Miteinander reden

Tag 61: Sport

Tag 63: Versprechen

Tag 64: Zurück

Tag 65: Versteckspiel

Danksagung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nostaa kissa pöydälle

Finnisches Sprichwort

»Ich will mich mit dir unterhalten. Allein.«      

Matti stand in seinem Maiden-Kostüm vor Takahashi und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Der eindringliche Tonfall dieser Aussage wollte ihm überhaupt nicht gefallen.

»Kann ich mich bitte vorher umziehen?«, fragte er vorsichtig und deutete auf den Stoffbeutel, den Takahashi in der Hand hielt.

»Nein, du sollst genau so bleiben«, antwortete der grinsend.

Verwirrt zog Matti eine Augenbraue hoch.

Was will der von mir? Vor allem jetzt? Und in diesem blöden Kostüm? Er war viel zu müde, um über eine Erwiderung nachzudenken, und hoffte, dass er seine Klamotten schneller zurückbekäme, wenn er mit ihm mitging. Also seufzte er und ließ sich von dem großen Typen den Weg entlang schieben.

Takahashi brachte Matti in das nahezu leere Internatsgebäude. Von draußen drangen die lauten Stimmen und Rufe ihrer Mitschüler herein, die nach wie vor über das Gelände liefen, sich an den Ständen Essen kauften oder sich mit ihren Freunden trafen und amüsierten. Die Absätze seiner Stöckelschuhe klackerten in regelmäßigen Abständen auf den Fliesenboden. Das Geräusch hallte tausendfach von den Wänden wider, bevor es im Nichts verging.

Das Bild, das sie abgaben, musste ziemlich eigenartig anmuten. Matti in dem Kostüm und der massige Takahashi in seinem Anzug. In einem Tempo, als wären sie auf der Flucht vor etwas Unbestimmten.

»Können wir ein bisschen langsamer machen? Ich kann nicht so schnell in den Dingern laufen«, bat Matti und deutete auf die schwarzen High Heels. Takahashi war unerbittlich weitergelaufen und hatte ihn vor sich hergeschoben, ohne darauf zu achten, dass Matti schon ein paarmal fast hingeflogen wäre.

Der lachte, zügelte aber das Tempo, wobei Matti noch immer seine liebe Not hatte, mit ihm mitzuhalten. Immerhin hatten sie den Gang zu den Zimmern erreicht und stoppten schlussendlich vor einer der gleichaussehenden Türen. Offenbar Takahashis. Das veranlasste ihn jedoch nicht dazu, Matti aus seinem Griff zu entlassen, nicht einmal, als er die Tür aufschloss und sie mit dem Fuß aufstieß.

Matti hatte absolut keine Ahnung, was nun passieren würde. Zwar hatte Takahashi Matti mit dem Aufgabenblatt von McLair geholfen, aber er konnte ihn nicht einschätzen. Ihre erste Begegnung, in der der Japaner ihn so bedrängt hatte, hing ihm noch im Gedächtnis. Und obwohl er sich bei ihren letzten Treffen freundlich gezeigt hatte, ging von ihm eine bedrohliche Aura aus, die sich Matti nicht erklären konnte. Er fühlte sich wie die Beute eines Raubtieres, das, bevor es endgültig zupackte, vorher mit ihr spielte, indem es sie immer wieder entkommen ließ und sich dann wieder auf sie stürzte.

Nein, er war die letzten Male doch nett, vergiss das endlich.

Dennoch trug er dieses Kostüm, das ihm viel zu knapp war und er sich fürchterlich unwohl darin fühlte. Takahashi drängte ihn in das dämmrige, stickige Zimmer, das nur schwach von den letzten Strahlen der Oktobersonne erhellt wurde.

Matti stolperte, fing sich aber im letzten Augenblick und wandte sich sofort an den anderen. Flucht nach vorn! »Also, was gibt’s?«, fragte er mit belegter Stimme.

Sein Gegenüber hatte sich auf das Bett gesetzt und war ihm dennoch unangenehm nah, der Raum war zu klein, als dass Matti den Abstand aufbauen konnte, den er gern gehabt hätte.

Takahashi musterte ihn unverhohlen von oben bis unten. »Ich habe noch nie einen Jungen gesehen, der in einem solchen Outfit so gut aussiehst.«

Matti blinzelte irritiert. Was? Er wollte sich also auch nur über ihn lustig machen wie alle anderen auch. Oder will er mit mir flirten? Ach, Quatsch! »Ehm, danke? Obwohl ich nicht weiß, ob das wirklich ein Kompliment ist«, brummte er und verschränkte die Arme vor der Brust.

So ein Spinner. Dafür hat er mich jetzt hergebracht?

Takahashi grinste, griff nach Mattis Arm und zog ihn so heftig zu sich, dass er auf dessen Schoß plumpste. »Japp, war es«, sagte er und legte einen Arm um Mattis Taille. Mit der anderen streichelte er seinen Oberschenkel entlang und schob den Rock gefährlich weit nach oben. Sein warmer Atem streifte Mattis Ohr, was ihm, zusätzlich zu dem beklemmenden Gefühl, auch noch einen Ekelschauer über die Haut jagte. Er war bis in die Haarspitzen angespannt.

Was soll das?

»Lass das, bitte.« Matti drückte die Hand weg, erhob sich mit zittrigen Beinen und schob sich den Rock wieder an die richtige Stelle. Das war eine furchtbar unangenehme Situation, die er nicht verstand und die ihn zutiefst verunsicherte.

Was will er wirklich von mir?

Takahashi ließ ihn nicht einen Moment aus den Augen. Fixierte ihn mit seinem starren Blick. »Ich habe doch das Fußballturnier gewonnen. Willst du mir nichts zum Sieg schenken?«

»Wieso sollte ich?«, erkundigte er sich heiser. Matti ahnte nichts Gutes und trat einen zusätzlichen Schritt von ihm weg, stieß mit seinem Hintern aber schon gegen den Schreibtisch.

»Macht man das nicht so?« Takahashi zuckte mit den Schultern.

»Nein?«

Der Japaner schnaufte. »Schade, hab’s mir aber fast gedacht. Aber meinen Gewinn habe ich ja so oder so.« Er hatte ein grimmiges Grinsen im Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Blick wanderte erneut über Mattis Körper.

»Wie bitte?« Er verstand nicht und fühlte sich trotz des Stoffes seltsam nackt. Er schlang seine Arme um die nicht bedeckte Haut seines Bauchs, aber es half nichts gegen dieses bedrückende Gefühl.

»Woher meinst du, wusste Brit von dem Thema des Wettbewerbs? Und was meinst du, wer sie dazu gebracht hat, dich in dieses hübsche Kostümchen zu stecken?«, raunte Takahashi und ließ ihn dabei nicht eine Sekunde aus seinen kleinen, schwarzen Augen, die ihn belustigt anfunkelten.

»Was?«, fragte Matti entrüstet. Ihm hatte er das letztendlich zu verdanken? Und er hatte gedacht, dass Leslie dahintersteckte, weil sie ihn nicht leiden konnte!

Gerade habe ich noch gedacht, dass er doch kein so schlechter Typ ist.

Er wollte gehen. Das hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Mehr wollte er sich dazu nicht anhören. Er bibberte und spürte die Tränen, die sich in seinen Augen sammelten.

Scheiße, hätte er mich nicht einfach verprügeln können? Das ist ja schlimmer, als beleidigt zu werden.

»Ich gehe jetzt«, zischte er.

Takahashis griff nach Mattis Handgelenk, wie Klauen schlugen sich die Finger in seine Haut. Rabiat zog er ihn an sich, spreizte dabei seine Beine, sodass er dazwischen zum Stehen kam. Er presste die Oberschenkel gegen Mattis Knie, um ihm die Flucht zu erschweren.

Selbst im Sitzen war der Japaner noch so groß, dass er auf Mattis Brusthöhe war. Er presste den Kopf dagegen und atmete tief ein, dabei schlang er die Arme um seinen schmalen Körper und drückte ihn enger an sich. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, legte er ihm auch noch die Hände auf den Hintern!

Matti unterdrückte einen überraschten Laut und schob die Pranken weg. »Hey, w-was machst du da?«, stammelte er. Er war verwirrt, verängstigt und absolut überfordert.

»Sorry, Kleiner. Ich brauche nur ein wenig Zuwendung. Kannst du mir über den Kopf streicheln?«, wisperte Takahashi fast schon sanft und ein wenig niedergeschlagen. Das wollte gar nicht seiner selbstbewussten Art passen und ließ Matti stutzen.

Er klingt so unglücklich.

Was war das für eine abstruse Situation? Matti verstand gar nichts mehr und hatte sich in den Armen des anderen komplett verkrampft, bis er seufzte und sich entschloss, dass es besser wäre, Takahashis Wunsch zu erfüllen, um hier so schnell wie möglich verschwinden zu können, obwohl es absolut falsch war. Also tätschelte er ihm zögerlich und nur ganz leicht über Kopf und Haare, die vom Gel klebrig und steif waren.

»Gibst du mir auch noch einen Kuss?«, flüsterte Takahashi in Mattis Kleid. »Man hört, dass du gern Jungs küsst.«

Matti erstarrte in seiner Bewegung. »Was?«, stieß er hervor und versuchte, sich erneut aus dieser unfreiwilligen Umarmung zu lösen.

Aber daran dachte Takahashi gar nicht. Er hatte ihn im Griff, wie Schraubzwingen presste er ihn enger an sich. »Habe gehört, dass du am Freitag beim Flaschendrehen warst. Bin etwas traurig, dass ich nicht dabei war. Und der Kuss mit deinem Mitbewohner schien wohl richtig heiß gewesen zu sein«, sagte er mit rauer Stimme, der noch immer etwas seltsam Melancholisches anhaftete.

Matti schluckte, ihm lief ein Schauer über den Rücken. »Was … woher …?«, stotterte er die Frage, die ihm als erstes in den Sinn kam. Ihm wurde langsam bewusst, was das Ganze sollte.

»Ich habe meine Quellen«, erklärte Takahashi kryptisch und drehte den Kopf so, dass er Matti ansehen konnte. »Bitte, nur auf die Wange«, flüsterte er.

»Wieso sollte ich das tun?«, fragte Matti mit tonloser Stimme. Alle Alarmsirenen in seinem Kopf heulten. Er wollte hier weg!

»Komm schon. Als Kitty. Davon erfährt auch niemand.«

Matti biss die Zähne aufeinander. Kein hilfreicher Gedanke, wie er aus dieser Situation fliehen konnte, kam ihm in den Sinn. Alles drehte sich im Moment darum, was der Typ von wem gehört haben könnte. »Schön, auf die Wange«, fluchte er laut. »Als Kitty.«

Wieso tust du das?, schrie ihn seine innere Stimme an. Aber Matti ignorierte sie. Zum einen, weil er selbst keine Antwort darauf wusste und zum anderen, weil er einfach nur wegwollte, aber sich nicht selbst aus dem Griff des Japaners befreien konnte und das als einzige Chance sah.

Als Takahashi zufrieden lächelte und nickte, lehnte Matti sich ein Stück zu ihm herunter, sodass er ihm einen schnellen Schmatzer auf die Wange pressen konnte. Die Bartstoppeln kratzten über seine Lippen und der penetrante Geruch nach Deo und Schweiß stieg ihm in die Nase. Ihm wurde schlecht. Dieses Zusammenspiel aus Moschus, Leder und irgendwas Moosigem war ein Anschlag auf seine Nervenzellen.

»Danke«, brummte Takahashi und wollte ihn noch immer nicht freigeben. Stattdessen drückte er sein Gesicht wieder an Mattis Brust und atmete tief ein.

Was soll das denn jetzt noch?

Matti presste sich ungeduldig von ihm. »Gut, ich geh dann jetzt.«

Nur langsam nahm Takahashi die Hände von Mattis Hüfte und händigte ihm seine Sachen aus, die im Stoffbeutel neben ihm standen. Er fixierte Matti mit einem Ausdruck im Gesicht, als würde er sagen wollen ›Ich will mehr‹. Dieser Blick. Matti kannte ihn. Ein eiskalter Schauer lief über seinen Rücken und er schüttelte sich.

Will er doch mehr von mir? Aber wieso dann der ganze Scheiß mit dem Kostüm? Er drehte sich ruckartig um und lief aus der Tür, ohne sich zu verabschieden. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und seine Knie waren weich. Der hat sie ja nicht mehr alle!

Da er mit seinen wackeligen Beinen und den High Heels nicht so schnell laufen konnte, wie er gern wollte, zog er sie sich kurzerhand aus und hastete barfuß in sein Zimmer. Zum Glück waren die Flure noch immer verwaist. So hatte diese Situation nichts von einem Walk of Shame. Vollkommen erledigt, zerzaust, mit schlechtem Gewissen und voller Abscheu vor sich selbst.

Er schüttelte innerlich den Kopf. Es ist nichts passiert. Seine Lippen bebten und die Augen brannten. Doch, eigentlich schon.

 

Er schlüpfte durch die unabgeschlossene Tür in sein Zimmer und atmete erleichtert aus, es endlich geschafft zu haben.

»Da bist du ja.« Brian stand vor ihm, noch in seinem Bunny-Kostüm, inzwischen hatte er aber die Ohren abgelegt und seine Füße waren nackt. Die kleine Schürze hing ihm locker um die Hüfte. Er musterte Matti von oben bis unten. Sein Blick blieb an den Schuhen in seiner Hand kleben. »Wo warst du?«, fragte er, als Matti ihn einfach nur erschrocken anstarrte. Wie ein Reh, das in das Scheinwerferlicht eines heranrasenden Autos blickte. Er fühlte sich eigenartig ertappt, obwohl nichts geschehen war, dass dieses Gefühl hätte auslösen können.

»Ehm, ich wurde abgefangen und habe mich ein bisschen verquatscht«, erklärte er schnell und mit rasendem Herzen, das ihn Lügen strafen würde, wenn Brian es gehört hätte. Von der Sache mit Takahashi durfte er ihm nicht erzählen! Doch wieso sagte er ihm nichts von seinem Gesprächspartner?

Walk of Shame, riefen alle seine inneren Stimmen gleichzeitig.

Bevor sein Mitbewohner irgendetwas dazu erwidern konnte, setzte er nach: »Danke, dass du bei dem Kostümwettbewerb mitgemacht hast. Es hat mir sehr geholfen, nicht allein auf der Bühne zu stehen«, wurde er endlich das los, was ihm die ganze Zeit schon auf der Seele gebrannt hatte.

Brian machte einen Schritt auf ihn zu und streichelte ihm sanft über den Kopf. Er zog ihm dabei die Haube mit den Katzenohren aus den Haaren und grinste ihn an. »Gern geschehen.«

Matti riss die Augen überrascht auf. Selbst diese vergleichsweise leichte Berührung ließ sein Herz stocken und er spürte, wie sich ein sanftes Prickeln von seiner Kopfhaut in seinen ganzen Körper ausbreitete, begleitet von einer enormen Hitze, die sich in seinem Gesicht sammelte. Die Berührung war so anders als die von Takahashi. Und seine Reaktion darauf war es ebenso.

Wenn Brian doch nur –

»Ich hüpfe eben unter die Dusche«, verkündete der, drehte sich um und verschwand im Bad.

Matti schluckte und sah auf seine Hände, die er vor dem Körper zusammengefaltet hatte. Er löste sich aus der Starre, setzte sich aufs Bett und seufzte laut. Dabei wischte er sich durch das geschminkte Gesicht und fluchte innerlich, weil er jetzt die ganze Pampe in den Händen hatte.

Was für ein Tag.

Er wartete geduldig, bis Brian mit einem Handtuch um die Hüften das Badezimmer verließ. Er achtete nicht auf seine Nacktheit – versuchte es jedenfalls, so gut es ging – und schlüpfte hinein. Er beeilte sich nicht. Je länger er brauchte, desto weniger wahrscheinlich war es, dass Brian ihn darauf ansprach, mit wem er sich verquatscht hatte. Außerdem musste er sich erst einmal um das Make-Up auf seinem Gesicht kümmern.

 

Er schrubbte sich das Make-Up von der Haut und ließ den Tag Revue passieren. Takahashi war ein eigenartiger Typ und Matti wusste nicht, was er von ihm halten sollte. Der Blick, den er ihm zugeworfen hatte, war ihm durch Mark und Bein gegangen. Dass er gehört hatte, dass er und Brian sich beim Flaschendrehen geküsst hatten, machte die Sache nicht besser. Ging die Geschichte rum? Und weshalb? Sollte er ihm das sagen, damit er vorbereitet war, falls ihn jemand darauf ansprach?

Matti rieb sich aufgebracht durch die nassen Haare. Vielleicht konnte er sich auch nicht so gut verstellen, wie er meinte, und es war mehr als offensichtlich, dass er auf seinen Mitbewohner stand.

Aber hätte Brian nicht schon etwas dazu gesagt? Er spritzte sich heißes Wasser ins Gesicht, um auch die allerletzten Make-Up Reste wegzubekommen.

Vielleicht besteht ja doch ein klitzekleines bisschen Hoffnung, wisperte die, wenn auch ziemlich kleinlaute, Stimme in seinem Hirn, doch er schüttelte innerlich den Kopf.

Mach dir doch keine Hoffnung. Vielleicht sagt er nichts, weil es ihm unangenehm ist und es lieber ignoriert,hielt eine andere dagegen.

Matti verbarg sein Gesicht in den Händen. Diese Stimmen nahmen langsam Überhand und er hatte Angst, den Verstand zu verlieren, wenn er seinen inneren Monologen so zuhörte.

 

Er schlurfte angezogen zurück ins Zimmer und sah, dass sich Alice zu ihnen verirrt hatte. Sie unterhielt sich mit seinem Mitbewohner, der nur noch in einer blaukarierten Boxershorts und einem lockeren, weißen Shirt mit tiefem V-Ausschnitt dasaß. Sie hatte sich auf den Schreibtischstuhl gesetzt und plapperte auf ihn ein, anscheinend ohne sich von seinem Aufzug ablenken zu lassen.

Sie drehte sich zu Matti und strahlte ihn an. »Oh, Matti! Ich habe euch vorhin gesehen. Glückwunsch zum Sieg. Das war mehr als verdient«, rief sie aufgeregt.

»Danke.« Er zwang sich zu einem schiefen Lächeln. Er wäre gern einfach ins Bett gefallen. Der Tag war viel zu aufreibend gewesen. Auch wenn er sich eingestehen musste, dass es ein winziges bisschen Spaß gemacht hatte, mit Brian auf der Bühne zu stehen. Aber das ganze Drumherum hatte ihn viel zu sehr mitgenommen.

»Ich hätte richtig Bock, mit euch zu cosplayen. Das wäre bestimmt mega«, schwatzte Alice weiter.

»Nee, lass mal. Das ist nicht so meins«, gab Brian von sich und gähnte herzhaft, als wollte er ihr signalisieren, dass er müde war und sie gehen sollte.

»Und wie sieht’s bei dir aus, Matti?«, fragte sie und drehte sich wieder zu ihm. Ihre Beine schwangen hinterher und baumelten von dem Stuhl herab wie bei einer Puppe. Das zerfetzte Kleid ihres Piratenkostüms schwang mit und kurz befürchtete Matti, dass sich die vielen einzelnen Stoffstreifen in dem Stuhl verheddern könnten.

»Oh, ehm. Nein, das mache ich auch nicht so gern.«

»Ach wie schade. Das macht aber echt Spaß!« Alice sah zwischen ihnen hin und her, als keine Reaktion kam, zuckte sie mit den Schultern und fuhr einfach fort: »Der Tag heute war richtig cool, finde ich. Die meisten Klassen hatten auch echt tolle Kostüme. Obwohl die Idee mit den Pyjamas nicht so kreativ war. Die ist ja schon voll ausgelutscht.« Sie drehte sich mit dem Schreibtischstuhl um die eigene Achse und erzählte weiter. »Übrigens hat meine Klasse das Basketballturnier gewonnen. Aber kein Wunder, wir haben ja auch Ryan, der ist größer als alle anderen!«

»Mhm, das haben wir mitbekommen«, meinte Brian, um überhaupt etwas zum Gespräch beizutragen.

»Ich habe dich bei dem Dreibeinrennen gesehen. Du warst echt gut!«

»Danke.« Brian beugte seinen Kopf ein wenig.

»Ach, ja! Wusstet ihr, dass die eine aus eurer Klasse, ich glaube ihr Name ist Momo, mit einem Typen aus meiner Klasse zusammen ist? Ich habe die beiden vorhin knutschen gesehen! Die haben sich hinter den Ständen versteckt. Total niedlich. Sie hatte ein Schildkrötenkostüm an und er war ein Pirat, das hat total gut gepasst«, schwärmte Alice und lächelte bei der Erinnerung.

Brian sah immer mal wieder zu Matti. Er schmunzelte und verdrehte gespielt genervt die Augen. Alice war so in ihrem Redefluss, dass sie diese Geste gar nicht mitbekam, aber Matti grinste. Sein Mitbewohner wollte anscheinend wirklich, dass sie verschwand.

»Aber ich finde ja, dass unsere Kostüme die Besten waren. Also, nichts für ungut, aber ihr habt ja auch gar nicht viel Kreativität reingesteckt. Wir haben tagelang gebastelt!« Sie breitete ihre Arme aus und deutete auf ihr Outfit. Sie hatte es aus verschiedenen Stofffetzen zusammengebastelt und trug ein rotes Samtkorsett dazu. Sie hatte mehrere Strumpfhosen mit Löchern übereinander gezogen, auf ihrem Kopf trug sie ein rotes Kopftuch und in ihre blonden Locken hatte sie einige künstliche Dreads, Perlen und Federn eingeflochten. Das Outfit war aufwendig und sah gut aus, das konnte Matti nicht abstreiten. Aber meine Güte, geht sie denn gar nicht mehr?

Alice rotierte noch immer auf dem Schreibtischstuhl und stieß sich immer wieder mit einem Fuß ab, damit sie sich weiterdrehte. Matti wurde allein vom Zusehen schwindelig.

»So, was wollte ich noch?« Sie tippte sich mit ihrem Zeigefinger gegen das Kinn und sah an die Decke. Ihre Drehung stoppte sie dafür nicht. »Ich glaube, das war’s.« Endlich stemmte sie beide Füße auf den Boden, hielt an und sprang vom Stuhl auf. »Also, ich geh dann mal wieder. Wir sehen uns«, sagte sie und hüpfte beschwingt aus dem Zimmer, ohne überhaupt eine Verabschiedung abzuwarten.

Brian warf sich seufzend auf seine Matratze und schlug die Hände aufs Gesicht. »Puh, endlich ist sie weg«, stöhnte er in sie. »Sie ist ja echt lieb, aber manchmal erzählt sie auch ganz schön viel auf einmal.«

Matti stimmte ihm lachend zu und setzte sich auf den vorgewärmten Drehstuhl.

Sein Mitbewohner rieb sich übers Gesicht und stutzte. »Boah, nach dem ganzen Make-Up hat meine Haut echt ein wenig Pflege nötig!«, stellte er fest und flitzte ins Bad. »Magst du auch eine Maske?«, rief er heraus und hielt zwei quadratische Verpackungen in die Höhe.

Matti drehte sich in seinem Stuhl zu ihm und legte den Kopf schief. »Eine Maske, echt jetzt?«

Brian grinste und nickte. »Ach, komm schon«, bat er ihn und so stand Matti auf und begab sich ebenfalls ins Bad.

»Wieso hast du so was?«, fragte er ihn, überrascht von der Tatsache, dass Brian gerade zwei Packungen in die Höhe hielt.

»Na ja. Das Chlorwasser ist echt nicht gut für die Haut, deswegen habe ich mir mal welche gekauft.«

Matti schüttelte belustigt den Kopf. So auf Pflege bedacht, hatte er ihn gar nicht eingeschätzt. Obwohl …

»Hier. Ich drück sie dir auf.« Brian hatte ein Päckchen geöffnet und hielt eine Tuchmaske in der Hand. Bevor Matti noch etwas sagen konnte, spürte er das feuchte, kalte Ding auf seiner Haut. Brian drückte sie ihm sanft aufs Gesicht und strahlte ihn an, als er sein fertiges Werk betrachtete.

Matti war froh, dass das Tuch seine glühenden Wangen bedeckte. Die Berührung hatte ihn wieder völlig unerwartet getroffen.

---ENDE DER LESEPROBE---