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Meditation ist eine effektive und langfristige Methode, mit der Menschen mit Asperger-Syndrom ihre Lebensqualität eigenverantwortlich steigern können. Es ist eine einfache, wirkungsvolle Entspannungsmethode; aber noch viel mehr als das! Meditation wirkt sich positiv auf emotionale Sachverhalte aus, so kann es psychische Meltdowns drosseln, Selbsterkenntnis fördern, den zwischenmenschlichen Umgang vereinfachen. Viele Aspies wissen gar nicht, dass sie gerade aufgrund des Autismus über Eigenschaften verfügen, die Meditation begünstigen, Hingabe und Introvertiertheit zum Beispiel. Dieses Buch erklärt die Meditation umfassend aus einer Perspektive für Aspies. Themen sind u.a. Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene, Übersicht und Erklärungen mehrerer Meditationsformen. Die Autorin räumt mit Vorurteilen auf, präsentiert Meditation frei von Religion und Esoterik, als eine reine Methode für eigenverantwortliche Menschen. Alle Tipps basieren auf beruflichen und persönlichen Erfahrungen der Autorin.
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Seitenzahl: 143
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Ulrike Domenika Bolls, Jahrgang 1972, absolvierte nach dem Abitur eine Design-Ausbildung und begann nebenberuflich Menschen in Krisensituationen zu begleiten. Sie widmete sich Zeit ihres Lebens der Selbstfindung, in Therapien und Seminaren in Deutschland und USA, bis sie im Jahre 2000 als Selbstständige mit Menschen in Transformationsprozessen zu arbeiten begann.
Mit Meditation begann sie im Alter von 20 Jahren, die positive Diagnose für Asperger Autismus, die sie im Erwachsenenalter erhielt, erklärt das kontinuierliche Praktizieren dieser Technik, die ihr Leben jeher prägte.
Heute bietet sie unter dem Namen Highmat® Coaching für Hochbegabte & Hochsensible – mit und ohne Asperger Syndrom – sowie Einweisung, Begleitung und Ausbildung in Meditation an.
Seit 1998 ist sie verheiratet und lebt mit ihrem Mann in München.
Vorwort
Einleitung
Kapitel 1 Was ist Meditation?
Kapitel 2 Die Nutzen von Meditation für Menschen mit Asperger-Syndrom
Kapitel 3 Motivation zur Meditation
Kapitel 4 Geist, Körper, Seele und Emotionen: Was erwartet Dich beim Meditieren
Kapitel 5 Integration von Meditation in den Alltag
Kapitel 6 Meditationsformen
Kapitel 7 Wann, wo, wie und was soll ich anziehen?
Kapitel 8 Hilfsmittel für Meditationen
Kapitel 9 Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene
Schlusswort
Weitere Titel der Autorin
Meine erste Berührung mit Meditation hatte ich mit 20 Jahren. Ich war damals bei einer Psychotherapeutin in Behandlung, wegen Angstzuständen und Depressionen. Die Meditationsübungen, die sie mir im Verlauf dreier Jahre gezeigt hatte, waren zum einen dafür gedacht, dass ich in akuten Phasen emotionaler Zusammenbrüche, die ich damals beinahe jeden Tag durchlebt habe, eine Möglichkeit hatte, mich wieder runterzubringen. Zum anderen sollten sie mir auch langfristig helfen ruhiger zu werden und Stress besser abbauen zu können. Und damit haben wir auch schon zwei hervorragende Gründe im Gespräch, weshalb Meditation so hilfreich ist.
Von meiner Asperger Diagnose wusste ich damals noch nichts, vielmehr habe ich in meinem Leben bereits viel länger meditiert, als dass ich um die Diagnose weiß. Aber heute, wo ich die Diagnose kenne, erklärt sie mir, weshalb ich so viel meditiert habe: Die beiden obengenannten Gründe waren der Einstieg, der Wunsch nach Selbsterkenntnis einer, der später hinzukam.
Aber der Reihe nach. Mit 24 Jahren wohnte ich in der Nähe eines Yoga-Zentrums, was mich dazu motivierte, Yoga zu erlernen. Ich absolvierte dort mehrere Yoga- und auch einen Einsteigerkurs für Meditation. Mit dem, was dort gelehrt wurde, konnte ich allerdings nicht sehr viel anfangen, was aber – wenn ich es heute betrachte – wohl auch daran lag, dass die ganze Atmosphäre in dem Zentrum für meine sensiblen Sinne zu gestresst und zu rigide war. So wurde mir zum Beispiel an einem Meditationsabend untersagt, mit ausgestreckten Beinen zu sitzen oder mit einem bestimmten Finger meine Meditationskette zu berühren, weil dieser Finger in der dort praktizierten Kultur als schmutzig galt. Nein, das war nicht meine Welt.
Aber ich hatte ausreichend lernen und mitnehmen können, um für mich zu Hause Yoga und Meditation zu praktizieren, in meiner privaten Umgebung und meinem Tempo. Seitdem haben mich beide Methoden durch die verschiedenen Lebensphasen begleitet.
Zum Meditieren hatte ich mir damals dann eine Art „Altar“ zu Hause eingerichtet, was schlichtweg nur ein Tischchen mit einer Kerze drauf war. Dort setzte ich mich hin, schloss die Augen und zog mich in mich zurück. Zum Abschalten und Aufladen. Ich muss gestehen, das klappte damals noch nicht sehr gut, wenn ich es mit heute vergleiche. Aber diesen Vergleich hatte ich glücklicherweise noch nicht, sondern nur den, mit den schmerzvollen Jahren zuvor und dazu war es eine Verbesserung.
Im Laufe der nächsten zehn Jahre intensivierte ich das Meditieren. Ich lernte viel in Gruppen und praktizierte zu Hause fleißig weiter. Mich motivierte der Ausblick, eines Tages wirklich dort sitzen zu können und in der Lage zu sein, die Gedanken abzuschalten. Ruhe in meinem Kopf. Diese Aussicht erschien mir so paradiesisch, dass ich intensiv dabei blieb, viele Meditationsformen kennenlernte und – ohne dass ich es mich versah – der Aspekt der Selbstfindung in meine Meditationspraxis mit einfloss. Die Frage, wer ich bin, beschäftigte mich. Ich wollte meinen Platz in der Welt finden, mich verstehen, andere verstehen, die mir so oft ein Rätsel waren. Meine eigener Zugang zu meiner Empathie und zu meinen Sinneswahrnehmungen wurden feiner, meine Fähigkeiten mit meinen Emotionen umzugehen verbesserten sich, die Anzahl von Zusammenbrüchen nahm deutlich ab.
Bis dahin hatte Meditieren bei mir nur aus stiller Meditation im Sitzen bestanden. Nun lernte ich in Gruppen auch aktive Meditationen kennen, wie die Dynamische Meditation, Whirling oder die Nadabrahma-Meditation. Das war eine tolle Erfahrung, weil ich das Gefühl hatte, dass auf einmal mein ganzes Wesen – Körper inklusive – gefordert war.
Ich spürte, dass es mir gut tat! Daher habe ich auch gleich ein leidenschaftliches Tempo angeschlagen und täglich nie weniger als eine Stunde meditiert – eher mehr. Ich hatte das Gefühl, mit dem Meditieren etwas für mich zu tun, mir etwas Gutes zu tun, für mich zu sorgen, damit ich mich den Widrigkeiten des Lebens entgegenstellen konnte. Ich machte kleine Fortschritte, hatte das Gefühl im Großen und Ganzen ruhiger zu werden und nach und nach etwas mehr Ordnung in mein Emotionschaos zu bekommen. Meditation – und damit Kommunikation mit mir selber – war ein fester Teil meines Tagesablaufes geworden.
Ich war so begeistert, dass ich alsbald anfing, mit Menschen zu arbeiten, ihnen mein Wissen und meine Erfahrungen weiterzugeben, ab und zu in Gruppen und vermehrt in Einzelarbeit. In dieser Zeit habe ich mich viel mit esoterischen Themen beschäftigt und auch damit meinen Lebensunterhalt verdient. In den Gruppen fühlte ich mich ganz gut aufgehoben, unter dem Aspie-Motto „dazugehören wollen – aber eigentlich auch nicht“, bis ich für mich so viel Sicherheit erarbeitet hatte, dass ich meinen Weg, beruflich und für meine persönliche Entwicklung, alleine weitergehen wollte. Ich entwuchs der Esoterik und übernahm die Verantwortung für mein Leben selber.
Heute distanziere ich mich von esoterischen Gedankengut, aber im Nachhinein betrachtet war diese Zeit sehr nützlich für mich gewesen, unter anderem deshalb, weil ich erlernte, die vielen Konzepte, die in der Esoterik und religiösen Traditionen verbreitet werden, konstruktiv zu hinterfragen und eigenständig zu bewerten. Das gab mir eine neue Freiheit und eine interne Sicherheit und Autorität; und ich weiß also, wovon ich rede, wenn ich hier im Buch die eine oder andere Sache als überflüssig bewerte. Diese Aufforderung zur Eigenständigkeit gebe ich heute in meiner Arbeit an meine Klienten weiter.
Es bedurfte fast 15 Jahre kontinuierlicher Arbeit, bis ich so weit war, dass ich die Erfahrung eines ruhigen Geistes nicht nur für die Dauer einiger kurzer Momente erlebte, sondern bei Bedarf selbst herbeiführen und beibehalten konnte. Ich wusste, wer ich war – und wer ich nicht war. Das war es, was ich hatte erreichen wollen.
Zazen (Meditation im stillen Sitzen nach der Zen-Tradition) war die Meditationsform, mit der ich als letztes in Kontakt kam und die ich heute fast ausschließlich nur noch praktiziere. Allerdings nicht in den Regeln und Konzepten, die in Zen-Gruppen praktiziert werden, sondern ohne Brimborium drum herum. Ich nehme die Essenz mit, das Sitzen vor der weißen Wand. Das Sitzen in mir.
Da tauchte jetzt aber wenig Bezug zu Asperger in Deinem Bericht auf, magst Du denken. Stimmt, denn selbst bis zu dem Zeitpunkt hatte ich für meine Eigenschaften dieses Wort, diese Ursache noch nicht entdeckt.
Ich hatte mich Zeit meines Lebens für Autismus und Asperger interessiert, habe mit großem Interesse Berichte und Biographien zu dem Thema gelesen, weil ich mich in so vielen Schilderungen wiederfinden konnte. Doch dass auch ich in das Spektrum falle, hätte ich nicht gedacht; ich habe ja funktioniert und dachte, dass es normal wäre, dass das Leben so schwer sei. Ich wusste, dass ich hochsensibel bin, also sehr viel empfindlicher auf Reize aus der Umwelt reagiere, als die meisten Menschen. Ich wusste, dass ich intrapersonal und spirituell hochbegabt bin. Spiritualität sehe ich dabei als eine geistige Verbindung zum Transzendenten, vollkommen frei und unabhängig von religiösen und esoterischen Konzepten. Im spirituellen Bereich zeigt sich mir meine Begabung vor allem, weil mir diese ganze innere Arbeit um die Selbsterkenntnis, viel leichter zu fallen schien, als den Leuten aus meinem Umfelde.
Ich kannte also meine Eigenschaften, Eigenarten, Macken und Probleme, aber dass diese eine spezielle Ursache mit Namen hatten, habe ich erst im Erwachsenenalter erfahren. Als ich die Diagnose erhielt, wusste ich also schon, wer ich bin, was ich bin, wie ich bin. Gleichwohl empfand ich die Diagnose als Erleichterung, weil es mir plötzlich schlüssig erklärte warum ich so bin. Und es erklärt mir – um beim Thema Meditation zu bleiben – weshalb ich mich so konzentriert in die Meditation gestürzt habe – und habe stürzen können.
Ich habe dann beschlossen, wenn die erste Hälfte meines Lebens schon recht mühsam war, es mir wenigstens in der nächsten Hälfte möglichst leicht zu machen. Ich erarbeitete mir, welche Faktoren mich beeinträchtigen und entwickelte Maßnahmen und Lösungen, um es mir in diesen Bereichen leichter zu machen. Da ich zu diesem Zeitpunkt schon seit über zehn Jahren als Coach arbeitete, konnte ich auf einen großen Erfahrungsschatz an Lösungsstrategien zurückgreifen.
Meine Grunderkenntnis war jedoch, dass ich es mir sogar schon sehr gut eingerichtet hatte, um glücklich leben zu können! Es waren nur mehr vornehmlich Kleinigkeiten, die ich optimieren konnte. Der Grund für mein bereits zufriedenes Leben war meine ausgereifte Selbstkenntnis, die ich mir mit intensivem Einsatz seitdem ich 20 Jahre alt war, erarbeitet hatte. Meditation war ein massiver Bestandteil dieser Arbeit.
Erst zu jenem Zeitpunkt realisierte ich, welche große Bereicherung Meditation für Menschen mit Asperger Syndrom sein kann. Wir haben das Bedürfnis nach innerer Ruhe in einer reizbeladenen Welt und bringen die Befähigung mit, nämlich die Begeisterungsfähigkeit, um eine Sache intensiv zu verfolgen.
Ich habe auf meinem Wege eine Menge Bücher über Meditation kennengelernt, manche besser, manche schlechter, die wenigsten kamen mir ausreichend auf den Punkt. Viele reden viel, anstatt praktische Tipps zu bieten. (Im Nachhinein frage ich mich, womit sie diese Bücher voll kriegen? Vielleicht ist meines deshalb eher dünn geworden, weil ich mich auf das Wesentliche konzentriere? Diese Entscheidung überlasse ich vielleicht besser meinen Lesern.)
Meditationsbücher gibt es also zahlreiche, aber keines für uns Aspies. Wir ticken anders, haben andere Ticks, die in Betracht gezogen gehören. Eine Umfrage in meinem Aspie-Bekanntenkreis ergab dann auch eindeutig, dass Bedarf für ein Buch bestünde, das sich speziell mit Meditation für Aspies beschäftigt.
Also keimte die Idee in mir, dieses Buch zu schreiben. Die Qualifikation, dachte ich mir, bringe ich allemal mit: Mehr als 10.000 Stunden meines Lebens habe ich darauf verwendet, mich kennenzulernen, in Kursen, Seminaren, Ausbildungen und meinem stillen Kämmerlein. Heutzutage arbeite ich als Coach für Hochbegabte & Hochsensible – auch mit Asperger –, ich biete Begleitung und Ausbildung in Meditation an und unterstütze auf diese Weise unter meinem Firmennamen Highmat® Menschen dabei, ihre innere Heimat wiederzufinden. Ich kann aus persönlicher und beruflicher Erfahrung auf profunde Kenntnisse in Meditation zurückgreifen, habe mir in den Jahren einen großen Schatz an Tipps, Tricks, Praktiken und Vereinfachungen angesammelt, aus dem ich schöpfen kann.
Also, wer sonst, wenn nicht ich?! Ich setzte mich hin und schrieb los; das Resultat hältst Du jetzt in Deinen Händen. Alle Tipps, die Du in diesem Buch findest sowie alle Beschreibungen und Texte, beruhen auf eigener Erfahrung, die ich durch eigene Meditation oder durch meine Arbeit mit Klienten gesammelt habe. Ich hoffe Dir damit einen guten Start in einen neuen Abschnitt Deines Lebens geben zu können, nicht mit den Worten eines Oberlehrers, sondern eher mit denen einer guten Freundin.
Ich mache Dir nichts vor, „Meditieren lernen in 5 Minuten“, wie es in unseren geschäftigen Zeiten verlangt wird, gibt es nicht. Meditieren zu lernen ist ein andauernder Prozess. Sich dafür zu entscheiden, kann das Leben verändern und da Du dieses Buch in den Händen hältst, nehme ich an, dass Du in Deinem Leben etwas verändern möchtest. Vielleicht möchtest Du mehr innere Ruhe und Entspannung erlangen und ausgeglichener werden. Vielleicht wünscht Du Dir auch mehr Klarheit darüber, wer Du bist, mehr Selbsterkenntnis. Wie wäre es mit einem engeren Kontakt zu Deinen Emotionen, damit Du sie besser kennenlernst und besser mit ihnen umgehen kannst? Das sind Effekte von Meditation.
Jeder Aspie hat spezielle Eigenschaften, die sein Leben und seine Persönlichkeit auszeichnet, mal mehr hiervon, mal mehr davon, da ist jeder von uns seine ganz eigene, individuelle Mischung. Meditation ist ebenso individuell, wie die Menschen, die meditieren. Wenn Du fragst „Was ist Meditation?“ wirst Du so viele unterschiedliche Antworten bekommen, wie die Anzahl an Menschen, die Du befragst.
Natürlich gibt es keine spezielle Meditation für Aspies. Oder sogar zur Heilung vom Asperger Syndrom. Aber aus dem großen Gebiet der Meditation lassen sich Punkte herausarbeiten, die Aspies den Einstieg und die Praxis von Meditation erleichtern. In diesem Buch beleuchte ich Aspekte des Asperger Syndroms unter dem Gesichtspunkt der Meditation. Wie können uns unsere Eigenschaften beim Meditieren unterstützen? Welche Meditationen sind für unsere Eigenschaften geeignet? Darauf wirst Du Antworten finden.
Mein Buch richtet sich zum einen an Meditationsanfänger. Vorbereitungen und Übungen für den Alltag, Informationen über Meditationsformen, eine Checkliste für die Meditationspraxis bieten eine umfassende, zweckmäßige Übersicht über das Thema Meditation.
Fortgeschrittenen vermag vielleicht gerade meine großzügige Herangehensweise eine neue Sichtweise auf ihre Meditationspraxis bieten. Für neue Freiheiten und Inspirationen ist damit auch für Erfahrene gesorgt.
Dieses Buch ist frei von religiösen oder esoterischen Konzepten. Es ist neutral formuliert und appelliert an einen eigenverantwortlichen Umgang mit Meditation, welcher vorgeschriebene Regeln in Frage stellen und revidieren darf. Auch wenn ich viele Meditationstraditionen kennengelernt habe, folge ich heute keiner mehr. Mein Anliegen ist vielmehr die Essenz von Meditation nahezubringen, die weder an Regeln, Traditionen oder Glauben gebunden ist. Die Essenz ist das, was jede Meditation ausmacht, wenn sich der Meditierende allein auf sich konzentriert und mit sich in Kontakt geht. Von dort aus kann jede Meditationsform praktiziert werden, ungeachtet von Konzepten.
Von Meditation sagt man, dass es ein lebenslanger Prozess sei, Asperger zu haben auch; man könnte scherzhaft sagen, dass allein deshalb beide schon einmal gut zusammenpassen. Aber darüber hinaus, was viele Aspies selber gar nicht wissen, bringen gerade wir Aspies Fähigkeiten mit, die Meditation fördern. In den Kapiteln „Übungen für den Alltag“ und „Tipps für Anfänger“ findest Du ebenso generelle Tipps als auch spezielle für Aspies.
Einige Dinge wiederhole ich an verschiedenen Stellen des Buches, aus dem Grunde, dass jeder Leser sich die Kapitel herauspicken können soll, die ihn gerade vornehmlich interessieren. Du findest im Zuge dessen Querverweise zu anderen Kapiteln, um Dir die Anwendung des Buches zu erleichtern.
Auch bezüglich der Sprache ist dieses Buch auf Aspies abgestimmt. Ich persönlich liebe Sprache und genieße es mit Sprache zu spielen. Vielen Aspies fällt es jedoch schwer, bildhafte Redewendungen zu verstehen. Das war auch bei mir früher nicht anders, aber vielleicht durch meine Begeisterung für das Spiel mit den Worten, habe auch ich mir eine sehr bunte Ausdrucksweise angewöhnt. Hier konzentriere ich mich indes auf einen einfachen, klaren Stil, um Missverständnissen vorzubeugen.
Also, legen wir los, damit Du bald beginnen kannst!
Da ich schon mehr als mein halbes Leben meditiere, sind mir im Laufe der Zeit auch viele Vorurteile diesbezüglich zu Ohren gekommen. Hier möchte ich mit den häufigsten aufräumen, damit Du davon unbelastet ins Thema einsteigen kannst.
Dieser Eindruck wurde meiner Meinung nach in den 70ern und 80ern geprägt. Damals waren Menschen, die meditierten, meistens Hippies und Ökos (was damals eher als Schimpfwort zu verstehen war), die von ihren Reisen nach Indien womöglich noch verrückte Frisuren und neue Vornamen mitbrachten.
Aber auch heute vermag dieser Eindruck noch zu entstehen. Viele Meditierende, die man vor allem in Meditationsgruppen oder Centern trifft, könnte man so bezeichnen. Das kommt häufig durch eine übertriebene, wohl gewünschte, aber häufig nur künstlich aufgesetzte Art von innerer Ausgeglichenheit und falschverstandenen Mitgefühls. Diese Form der künstlichen Übertreibung führt dazu, dass normale menschliche Eigenschaften des Gefühlsspektrums, wie Wut, Gereiztheit oder Ungeduld unterdrückt werden. Dadurch erscheinen diese Menschen wie weichgewaschen, leise redend, verklärt lächelnd. Das ist kein Zustand, den Du zu imitieren oder gar anzustreben bräuchtest.
Es kommt vor, dass dieses Gutmenschentum sich bis in die Art der Meditation hinein erstreckt. Das sieht dann so aus, dass die Absicht der Meditation zum Beispiel wie folgt lautet: „Ich wünsche Mitgefühl und Liebe für alle Menschen und Wesen des Universums.“ Ja, das mag ein hehrer Ansatz sein, führt aber meines Erachtens am Sinn einer Meditation vorbei. In einer Meditation geht es um Dich. Nicht um alle Menschen und Wesen im Universum. Und wenn man sich auf das Miteinander konzentrieren will, sollte das Ziel auch nicht sein, alle Menschen und Wesen lieben zu müssen, sondern vielmehr einen besonnenen, reflektierten, erwachsenen Umgang miteinander zu erreichen. Solltest Du mal in einer Meditations-Gruppe landen, wo so etwas angeleitet wird, rate ich Dir, den Satz für Dich umzumünzen auf: „Ich bringe mir Mitgefühl entgegen und liebe mich.“ Damit nämlich beginnt die Umsetzung für alle Menschen und Wesen, mit Dir. Wie solltest Du anderen Liebe entgegenbringen, wenn Du es für Dich nicht tust. Und diese Aufgabe ist zunächst einmal groß genug.