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Das neue Playbook für Yoga und Meditation zur persönlichen Weiterentwicklung. Dieses Playbook ist keines der üblichen Yoga-Übungshandbücher, denn es geht einige Schritte weiter. Ein präziser Blick auf die Techniken von Yoga und Meditation ermöglicht eine wirksame Praxis mit Auswirkungen im alltäglichen Denken und Handeln. Kurz, es wird zum Sprungbrett für eine echte persönliche Weiterentwicklung. So geht es auch um unser Gedankenkarussell, eine innere Stimmigkeit und die Aufmerksamkeitsökonomie der Tech-Konzerne. Und vor allem wie man in einer immer komplexer werdenden Welt Klarheit bewahrt. Selbst wenn Sie aktuell garnicht vorhaben Meditation oder Yoga in Ihr Leben zu integrieren, wird dieses Buch für Sie neue Erkenntnisse bereithalten. Wenn Sie sich auf dieses Buch einlassen, könnte das herausfordernd werden und Ihr Leben sprichwörtlich auf den Kopf stellen. In fünf Kapiteln erarbeiten die zwei Autoren in Text und mit plakativer Illustration, leicht verständlich die Zusammenhänge von Yoga (Ursprung und heute), Meditation, Achtsamkeit, Bewusstsein, Wirklichkeit, Mikrojustierung, Selbsttransformation und einige weitere. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Praxis der Selbstbeobachtung. Der Praxisteil im fünften Kapitel mit zwei Vorbereitungsübungen, einer Asana und einer Meditationsübung ist vor allem Anregung für ein generelles Verständnis der Selbstbeobachtung und Mikrojustierung. Diese können dann bei vielen anderen Yogaübungen adaptiert und integriert werden. Elf mal "tiefer eintauchen" ermöglichen entsprechende Doppelseiten zu besonders spannenden Themen. Erfahren Sie mehr Tiefe und Details, auch aus wissenschaftlicher Sicht.
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Seitenzahl: 157
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Titel: Playbook „meditationyoga“
Erscheinungsjahr / 1. Auflage: 2021
Autoren: Martin Woznica und Frank Schmidt
Herausgeber/Selbstverlag: Martin Woznica, 6083 Ellbögen, Mühltal 156, Österreich
Konzeption und Gestaltung: Frank Schmidt, 78464 Konstanz, Deutschland
Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. © 2021 Martin Woznica, www.keep-on-moving.de und www.meditationyoga.de
Anmerkung zu Sprachen:
Sanskrit und Pali sind indoarische Sprachen, die phonetisch ähnlich sind und sprachgeschichtlich auf das Altindische folgten.
Sie sind eng verbunden mit dem Buddhismus.
In diesem Buch wird für die Sanskrit-Texte eine Devanagarischrift eingesetzt.
Beispiel: संस्कृत
Die Transliteration von Sanskrit und Pali erfolgt in "IAST" (International Alphabet of Sanskrit Transliteration) in lateinischer Schrift und erleichtert
so die Lesbarkeit und Aussprache in unserem Sprachraum.
Beispiel: saṃskṛta
Transliterationen sind in diesem Buch kursiv geschrieben.
FELDENKRAIS®, FVD®, FELDENKRAIS® Lehrer*in FVD, FELDENKRAIS® Therapeut*in FVD, FELDENKRAIS® Practitioner FVD sind eingetragene Wortmarken des FVD Feldenkrais-Verband Deutschland e.V.
Wichtiger Hinweis!
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Über dieses Buch
Ziel des 1. Kapitels
Wurzeln des Yoga
Bedeutung
Unsere Definition
Motivation und Prioritäten
Weiterentwicklung
Stille-Post-Effekt
Tiefer tauchen
Zusammenfassung des 1. Kapitels
Ziel des 2. Kapitels
Entspannung
Hilfestellung
Gefühl als Wegweiser
Tiefer tauchen
Selbstbeobachtung
Feldenkrais
Tiefer tauchen
Feldenkrais-Strategie
Tiefer tauchen
Erkenntnisquellen
360 Grad Yoga
Vier Elemente
Herausforderungen
Zusammenfassung des 2. Kapitels
Ziel des 3. Kapitels
Meditation und Achtsamkeit
Was ist wirklich "wirklich"?
Botschaft der alten Inder
Problem
Tiefer tauchen
Ausweg
Technik und Ziel der Meditation
Achtsamkeitsdebatte
Tiefer tauchen
Die seltsame Freiheit unseres Geistes
Tiefer tauchen
Gedankenkarussell
Ich-Impuls
Tiefer tauchen
Befreiung vom Zwang des Unmittelbaren
Tiefer tauchen
Selbstbeobachtung im Alltag – Mikrojustierung
Das ist Yoga
Zusammenfassung des 3. Kapitels
Ziel des 4. Kapitels
Geist in Aufruhr
Wo Bewährtes zum Handicap wird
Falsche Signale
Mentale Fitness
Tiefer tauchen
Automatisches Zugreifen
Im Sog der Aufmerksamkeitsökonomie
Rückeroberung des Geistes
Zusammenfassung des 4. Kapitels
Ziel des 5. Kapitels
360 Grad Yoga-Praxis
Drei Ebenen der Praxis
Atembewegung im unteren Rücken
Ausatmung verlängern
Schulterstand – Vorbereitung
Schulterstand – Basis
Schulterstand – Variante 1
Schulterstand – Variante 2
Schulterstand – Variante 3
Schulterstand – Nachbereitung
Meditation
Offenes Betrachten
Zusammenfassung des 5. Kapitels
Landkarte der wichtigsten Begriffe
Für dieses Buch wichtige Begriffe
An wen richtet sich dieses Buch?
Dieses Buch richtet sich an jene, die Yoga als einen ernsthaften und seriösen Weg zur persönlichen Weiterentwicklung betrachten. Egal, ob Sie lediglich an den Körperübungen interessiert sind oder nur an Meditation, Sie werden hier einige völlig neue Anstöße finden.
Was Sie in diesem Buch erwartet
Dieses Buch verfolgt nicht nur die Idee des Yoga vom Ursprung ins Heute, sondern präsentiert eine gut nachvollziehbare Praxis, die wie selbstverständlich vom Körper zum Geist, vom Feierabend zum Lebensganzen führt. Yoga umfasst wie in einem Rundumblick alle Lebensbereiche. Also ein 360 Grad Yoga. Unser besonderes Augenmerk liegt auf der Praxis der Selbstbeobachtung.
Ein achtsames Beobachten, was im eigenen Körper gerade passiert, ist der Schlüssel zur sicheren Yogastellung. Achtsames Beobachten des eigenen Geistes ist Meditation. Beides hängt also eng zusammen oder geht ineinander über.
Wir haben uns in diesem Buch um eine möglichst klare, präzise Sprache für anspruchsvolle Inhalte bemüht, weil wir ebenso klare, nachvollziehbare Schritte nach innen aufzeigen. Eine feste Verankerung in der Tradition ist uns dabei ebenso wichtig wie der Blick auf wissenschaftliche Erklärungen. Yoga unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Geschlechtern. Wir denken das immer mit, wenn wir der einfacheren Lesbarkeit halber von z. B. dem Yogi sprechen.
Wir alle sind auf unsere jeweils ganz eigene Art damit beschäftigt, herauszufinden, wer wir sind und wer wir sein wollen und wie wir diese beiden meist unterschiedlichen Bilder in Deckung bringen.
Ohne die anderen können wir weder überleben noch uns weiterentwickeln. Gleichzeitig sind die anderen auch der Grund vieler unserer Sorgen. Darum ist es ebenso wichtig herauszufinden, wie wir lieben und geliebt werden können.
Je klarer wir diese drei Fragen sehen und je besser die Antworten zusammenpassen, umso mehr erleben wir unser Leben als erfüllt, voller Sinn und Zufriedenheit. Manche nennen das schlicht Stimmigkeit oder Kohärenz.
Es sind diese wenigen grundlegenden Fragen, die uns antreiben und damit all unseren anderen Aktivitäten zugrunde liegen. Ihre Beantwortung ist eine Lebensaufgabe, die nie ganz abgeschlossen ist.
Sich dieser Aufgabe aktiv zu stellen ist Arbeit – bisweilen sogar harte Arbeit. Ihr aus dem Weg zu gehen, mag kurzfristig funktionieren. Auf lange Sicht wächst die Gefahr, mit dem eigenen Leben in eine Sackgasse zu fahren. Ganz besonders in einer immer unüberschaubareren komplexeren Welt.
Wagen wir den Einstieg in die über 2000 Jahre alte Idee des Yoga, und verstehen wir die Hürden, die sie auf dem Weg zu uns überwinden muss.
Ursprung
Welche Kernaussagen lassen sich aus den historischen Schriften ableiten?- Wurzeln des Yoga
Bedeutung
Was bedeutet Yoga und über welchen Yoga-Weg sprechen wir?
- Welcher Yoga
- Bedeutung
Motivation
Welche Motivation treibt uns bei Yoga an und welche Prioritäten haben wir?- Motivation und Prioritäten
Stille-Post-Effekt
Worauf müssen wir achten, wenn wir 2000 Jahre alte Texte interpretieren? - Stille-Post-Effekt
Das Wort "Yoga" begegnet uns inzwischen überall im Alltag, in den unterschiedlichsten Zusammenhängen. Deswegen erscheint es uns wichtig, gleich zu Beginn auf einige sehr wesentliche Unterscheidungen aufmerksam zu machen. Es geht um das Wort yoga, die Yoga-Philosophie oder Denkrichtung und die Körperübungen des haṭha yoga. Im Alltag geht diese Unterscheidung schnell verloren.
yoga
als eine allgemeine Bezeichnung für "sich selbst ins Joch spannen“ oder eine Askesetechnik, um so das eigene Selbst zu transzendieren. Dafür gibt es die verschiedensten Yoga-Wege. Heute sollten wir hier vielleicht besser von einer speziellen Selbstdisziplin sprechen, mit dem Ziel eine Perspektive zu gewinnen, die über den eigenen, eingeschränkten Horizont hinausreicht.
Yoga
als eine Bezeichnung für eine ganz bestimmte, traditionelle indische Denkrichtung oder allgemeiner, als ein umfassendes Konzept des menschlichen Geistes, seiner Eigenschaften und seiner Veränderungsmöglichkeiten. Begründet wurde dieses Konzept von Patan˜jali mit seinem Yoga-Sūtra. Hier wird gleich zu Beginn das entscheidende Ziel des gesamten Weges genannt: den Geist zur Ruhe zu bringen (citta vṛtti nirodhaḥ) und im Einklang mit sich selbst, zu seinem wahren Selbst zu finden (draṣṭuḥ svarūpe‚vasthānaṃ).
Hatha-Yoga
Körper- und Atemübungen, die als ein Mittel zur Selbstdisziplin (yoga) ausgeführt werden, um dem übergeordneten Ziel des Yoga, den Geist zur Ruhe zu bringen und Einklang mit sich selbst zu finden.
Mit Blick auf die beiden ursprünglichen Bedeutungen des Begriffs und unter Berücksichtigung eines Stille-Post-Effekts verstehen wir Yoga als:
Die charakteristischen Körper- und Atemübungen des Hatha-Yoga stellen sehr wirkungsvolle Hilfsmittel zum Erreichen dieses Ziels dar.
Wer im alten Indien, Yoga gleich welcher Art lernen wollte, ging zu einem Lehrer (guru). Ob der das Ansinnen akzeptierte, hing davon ab, wie ernst es dem Schüler war und wie glaubhaft er seine Motivation machen konnte. Akzeptierte der Lehrer den Schüler, begann eine lange, intensive Beziehung (gurukula). Dabei musste der Schüler dem Lehrer in vielerlei Hinsicht dienen, als Gegenleistung für das erhaltene Wissen. Geld war nicht im Spiel, dafür eine Menge Anstrengung und Motivation.
Heute sind die Gründe, die Menschen zum Yoga treiben, ebenso vielfältig, wie die Intensität, mit der sie es praktizieren. Viele suchen einfach etwas Entspannung, um so das Hamsterrad des Alltags zu verkraften. Dafür ist man gerne bereit, etwas zu bezahlen. So ist in unserer Welt Yoga zu einem ganz normalen Business geworden. Aber es gibt auch einige, die tief nach innen blicken wollen.
In jedem Fall ist es inzwischen schwierig, von "dem Yoga" zu sprechen, weil alle etwas anderes darunter verstehen. Orientiert man sich an der ursprünglichen Idee, ahnt man, dass nicht überall yoga drin sein muss, wo Yoga draufsteht. Irgendwo sollte dieses „sich ins Joch spannen“ schließlich auch sichtbar werden. Nicht als archaische Askese, sondern schlicht als eine der eigenen Erkenntnis folgende Selbstbeschränkung oder Disziplin. Und die entsprechende Erkenntnis zu entwickeln, ist selbst bereits Teil des Weges.
Dass es zu so einem Sammelsurium an Yogas gekommen ist, mag teilweise dem Zeitgeist geschuldet sein. Einen mindestens ebenso großen Anteil dürfte der Stille-Post-Effekt haben.
Werden wir uns also bewusst, welche verschiedenen Motivationen uns wirklich antreiben, Yoga und Meditation zu machen. Wie haben sie sich über die Zeit verändert und was erwarten wir davon, welches Ziel hatten oder haben wir vor Augen?
Yoga begegnet uns im Alltag in den verschiedensten Formen mit weitgefächerten Angeboten. Die Angebotslandschaft spannt sich zwischen den Polen unterschiedlicher Begriffe auf, die Yoga dabei charakterisieren.
An einem Ende begegnen uns beispielsweise Angebote, die rein kommerziell und fitnessorientiert sind, also auch nur auf den Körper blicken. Hier wird Yoga ganz selbstverständlich mit Hatha-Yoga gleichgesetzt. Am anderen Ende der Angebotsskala sehen wir die körperliche Entwicklung eingebettet in ein viel umfassenderes Programm zur persönlichen Weiterentwicklung. Die kommerzielle Ausrichtung ist dabei weniger dominant, in seltenen Fällen sogar gar nicht vorhanden. Hinzu kommen sicher noch einige weitere Eigenschaften, zwischen denen sich das weite Feld der Yogalandschaft aufspannen lässt, beispielsweise Spaß oder Ernsthaftigkeit, Entspannung oder Anstrengung, metaphysisch begründet oder wissenschaftlich.
Das Wissen der alten Yogis hat einen langen Weg zurückgelegt, um zu uns zu gelangen. Auf diesem Weg liegen einige Hürden, die immer wieder neu überwunden werden müssen. Zu diesen zählen Übersetzungen von einer Sprache in eine andere oder die Übertragung von einer Lebenswelt in eine andere. Beide Hürden bergen die Gefahr von Verzerrungen, ganz ähnlich wie beim Kinderspiel "Stille Post". Die Botschaft, die dabei von Ohr zu Ohr weitergeflüstert wird, ist am Ende nicht mehr dieselbe wie am Anfang. Viele kleine, oft nur unbedeutende Veränderungen sorgen im Extremfall für eine vollkommen andere Botschaft. Warum sollte das nicht auch für das überlieferte Wissen zu Yoga gelten?
SpracheDer Transfer von einer Sprache in eine andere erfordert eine Übersetzung. Die Texte, die aus dem alten Indien zu uns gelangen, haben oft sogar mehrere Übersetzungen hinter sich, wurden beispielsweise von Sanskrit ins Englische und dann erst ins Deutsche übertragen. Immer wieder gibt es in der einen Sprache Worte, die die andere so nicht kennt oder für die es hier mehrere Begriffe gibt. Beide Möglichkeiten können zu subtilen Veränderungen der ursprünglichen Bedeutung führen.
Begriffe, Modelle, KonzepteDie sind eingebettet in das Wissen und Weltverständnis der jeweiligen Zeit. Wollen wir die Konzepte der alten Inder verstehen, müssen wir also das dazugehörige Wissen und Weltverständnis der damaligen Zeit beachten.
Stellen Sie sich vor, Sie wollten jemandem die Art der Berge schildern, die Sie in Ihrem Asienurlaub gesehen haben. Ihrem Nachbarn zu Hause in Tirol werden Sie vielleicht sagen, dass die Berge in Ihrem Urlaubsort so ähnlich aussahen wie im Stubaital, jedoch mit einem anderen Pflanzenbewuchs. Mit wenigen Worten erzeugen Sie so bei Ihrem Nachbarn ein Bild, das tatsächlich den Gegebenheiten entspricht. Ihr Nachbar hätte zusätzlich die Möglichkeit zurückzufragen, ob die Pflanzen denen um Innsbruck herum gleichen oder eher jenen, die man auf den Bergen bei Oberammergau findet. Eine kurze Antwort Ihrerseits würde das Bild, das Ihr Nachbar vor seinem inneren Auge sieht, schnell noch etwas näher an das tatsächliche heranrücken. Das alles funktioniert deshalb so einfach und zuverlässig, weil Sie beide über ähnliches Wissen in Form von Erfahrungen und Vergleichsobjekten verfügen.
Ganz anders verhält es sich, wenn Sie Ihre Urlaubseindrücke einer Person in Holland schildern wollten, von der Sie wüssten, dass jene Person niemals Berge besucht und in irgendwelchen Filmen oder Bildern gesehen hätte. Sie würden sich wahrscheinlich schwertun, bei Ihrem Gegenüber ein wirklich den Gegebenheiten entsprechendes Bild zu erzeugen, zumal der kaum etwas durch geeignete Rückfragen dazu beitragen könnte. Sie beide besitzen in diesem Fall einfach keinerlei Erfahrungen und Vergleichsobjekte, an die der jeweils andere gedanklich andocken könnte!
Je weniger solcher Andockstellen Sie haben, umso mehr wächst die Wahrscheinlichkeit, dass das Bild, welches Sie gesehen haben, verzerrt beim anderen ankommt. Genauso verhält es sich bei den Bildern, die von den alten Yogis zu uns herüber gelangen. Stellen Sie sich nur einmal vor, was so ein alter Yogi vor seinem inneren Auge sehen würde, wenn Sie ihm beschreiben wollten, was ein Flugzeug ist, ein Handy oder ein Gehirnscanner. Aber nicht nur das schlichte Wissen ändert sich, auch die Lebensumstände und die damit verbundenen Regeln. Werden die Regeln einfach so in eine andere Zeit übernommen, kann es sein, dass sie ihre Berechtigung verloren haben. Das verdeutlicht ein Leitfaden für „gutes Benehmen“, den Adolph Knigge im 18. Jahrhundert formulierte. Unter anderem sollte die Dame immer rechts vom Herrn gehen. Während er ihr in einem schmalen Treppenhaus, wenn kein Platz für zwei bestand, keinesfalls folgen, sondern vorausgehen musste. Auch heute noch wähnt sich so mancher Zeitgenosse im richtigen Verhalten, wenn er Knigges Regeln befolgt. Doch der Freiherr Knigge hatte seine Gründe. In seiner Welt trugen die Herren links einen Degen und die Damen ausladende Röcke. Ging sie also links neben ihm, kamen Degen und Rock sich ins Gehege. Und folgte er ihr im Treppenhaus, ermöglichte ihm das ein Blick auf ihre Wade, was einem frühen Upskurting gleichkam. Wenn aber heutzutage ein Mann aus Höflichkeit jeder Frau im Treppenhaus voraneilt, entbehrt das jedem tieferen Sinn. Das zeigt, wie problematisch es sein kann, überlieferte Verhaltensregeln ohne Berücksichtigung der Lebensumstände beizubehalten. Und der Sprung vom alten Indien in unsere heutige Welt dürfte um einiges größer sein als der von Freiherr Knigge zu uns.
Hinzu kommt, dass der Yogi und Sie ja nicht dieselbe Sprache sprechen, es also einer Übersetzung bedarf, was zu weiteren Missverständnissen führen kann. Ein Beispiel ist das Sanskrit Wort "citta". Es kann sowohl mit Geist als auch mit Bewusstsein übersetzt werden. Das ist aber noch nicht alles. Nach dem Indologen Heinrich Zimmer bezeichnet citta alles, was durch den Geist erfahren und getätigt wird, zum Beispiel beobachten, denken und beabsichtigen. Georg Feuerstein, ebenfalls Indologe, ergänzt, dass citta in den klassischen Texten als Sammelbegriff für verschiedenste innere Prozesse benutzt wird, die etwas mit Aufmerksamkeit zu tun haben.
Zusätzlich zu diesen doch recht unterschiedlichen Übersetzungsmöglichkeiten kommt nun noch ein verändertes Weltwissen. Sigmund Freud und die Entstehung der Psychologie als Wissenschaft haben unser heutiges Verständnis von Bewusstsein und Geist zweifellos mitgeprägt. Dürfen wir dieses Verständnis jetzt einfach auf das citta der alten Inder übertragen? Ganz abgesehen davon, dass Bewusstsein und Geist, zumindest in unserem heutigen Verständnis, zwei recht unterschiedliche Dinge markieren.
Wenn wir uns nun noch klarmachen, welche zentrale Stellung gerade diese beiden Begriffe – Bewusstsein und Geist – in den Lehren Indiens einnehmen, erscheint ein Stille-Post-Effekt als kaum vermeidbar.
Unserer Meinung nach ist es sehr wichtig, die Möglichkeit eines Stille-Post-Effekts zu berücksichtigen, um Yoga wirklich zu verstehen und für sich selbst zum Leben zu erwecken.
Um den Yoga-Weg zu beschreiten, ist es notwendig, seinen Ursprungsgedanken im Blick zu behalten und den Kontext zu berücksichtigen, aus dem er stammt und in den wir ihn übertragen.
Ursprung
Die Grundidee des Yoga ist, den Geist zur Ruhe zu bringen und sein wahres Selbst zu finden.
Bedeutung
Der Begriff Yoga begegnet uns in zwei unterschiedlichen Formen. Während das Wort yoga lediglich „sich selbst ins Joch spannen“ bedeutet, entwirft Patañjalis umfassendes Yoga-Konzept eine detaillierte Beschreibung des Geistes und seiner Veränderung. Die charakteristischen Körperübungen (haṭha yoga) bilden einen optionalen Baustein dieses Konzepts.
Motivation
Die Motivation, Yoga zu erlernen und zu praktizieren, hat einen erheblichen Wandel erfahren. Während man sich ursprünglich um Unterweisung bewerben musste, mit der Bereitschaft fortan sein gesamtes Dasein im Licht des Yoga zu betrachten, ist er heute zu einem großen Business geworden, das für jeden ein passendes Angebot parat hat.
Stille-Post-Effekt
Beschreiten wir nun einen Weg, der das Potenzial besitzt, in gut nachvollziehbaren Schritten durch körperliche Praxis den Geist zu verändern, so wie Yoga uns dies verspricht. Wir zeigen Ihnen, welche Rolle Entspannung dabei spielt und wo sie Anleitung finden.
Entspannung
Ist Yoga gleichbedeutend mit Entspannung? Über welche Arten von Entspannung reden wir?- Entspannung
- Reparatur-Entspannung
- Präventive Entspannung
Selbstbeobachtung
Was verstehen wir unter Selbstbeobachtung und wie entwickeln wir die dafür notwendigen Fähigkeiten?
- Hilfestellung
- Gefühl als Wegweiser
- Selbstbeobachtung
- Feldenkrais
Erkenntnisquellen
Wie lässt sich der Stille-Post-Effekt reduzieren? Welcher Nutzen ergibt sich aus der Beachtung wissenschaftlicher Erkenntnisse?- Erkenntnisquellen
360 Grad Yoga
Durch welche Vorgehensweisen sorgen wir für eine Veränderung des Geistes während der körperlichen Praxis? - 360 Grad Yoga
- Vier Elemente
- Herausforderungen
Entspannung ist der Begriff, den die meisten Menschen spontan mit Yoga verbinden, auch wenn sie es noch nie aktiv ausprobiert haben (dabei meinen sie Hatha-Yoga).
In der Tat scheint es naheliegend, Entspannung mit dem ruhigen Geist im Sinne von vṛtti nirodhaḥ gleichzusetzen. Also ist Yoga nichts weiter als eine ausgeklügelte Entspannungsmethode, die „ganz nebenbei“ zu einem gänzlich veränderten („transzendierten“) Geist führt?
Reparatur-Entspannung
Zweifellos besitzt jeder der drei zentralen Bausteine einer Hatha-Yoga-Stunde das Potenzial, zur Entspannung beizutragen. Da ist zunächst der charakteristische Wechsel zwischen der Aktivität in einer Asana, gefolgt von einer kurzen Phase der Passivität in der Ruhe- bzw. Rückenlage. Hinzukommen Atemübungen (prānāyāma) und als dritter Baustein Anfangs- und Endentspannung. So gesehen bietet Hatha-Yoga dem Entspannung Suchenden gleich dreifache Erfolgsaussichten.
Dass Hatha-Yoga sowohl zur körperlichen als auch zur geistigen Entspannung beiträgt, stellt zweifellos einen immensen Pluspunkt dar. Dabei profitiert der Übende von der seit langem in der Medizin bekannten und subtilen Wechselwirkung zwischen geistiger und körperlicher An- und Entspannung. Vor allem die geistige Entspannung interessiert den stressgeplagten westlichen Menschen besonders.
Präventive Entspannung
Damit Yoga aber nicht nur als reparierende Entspannungstechnik funktioniert, muss mittel- bis langfristig noch etwas hinzukommen: eine Veränderung. Denn das geistige Zur-Ruhe-Kommen, welches im Yoga-Sūtra