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Dieser Band enthält folgende Krimis: (399) Trevellian und der Handlanger des Todes (Pete Hackett) Drei Tonnen tödliches Gold (Thomas West) Jesse Trevellian und der Polizistenmörder (Alfred Bekker) Ein Police Lieutenant in Queens wird tot aus dem East River geborgen. Ermittler Jesse Trevellian und sein Kollege Milo Tucker ermitteln in diesem Fall. Die Kugeln, die ihren Kollegen niedergestreckt haben, stammen aus einer Waffe, die zuvor bereits einmal in einer Schießerei im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen benutzt wurde.Und dann wird plötzlich der nächste Polizist ermordet... Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
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Seitenzahl: 389
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Mein Killer, dein Killer: Drei Krimis
Copyright
Trevellian und der Handlanger des Teufels
Drei Tonnen tödliches Gold
Jesse Trevellian und der Polizistenmörder
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Trevellian und der Handlanger des Todes (Pete Hackett)
Drei Tonnen tödliches Gold (Thomas West)
Jesse Trevellian und der Polizistenmörder (Alfred Bekker)
Ein Police Lieutenant in Queens wird tot aus dem East River geborgen. Ermittler Jesse Trevellian und sein Kollege Milo Tucker ermitteln in diesem Fall. Die Kugeln, die ihren Kollegen niedergestreckt haben, stammen aus einer Waffe, die zuvor bereits einmal in einer Schießerei im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen benutzt wurde.Und dann wird plötzlich der nächste Polizist ermordet...
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER STEVE MAYER
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
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https://alfred-bekker-autor.business.site/
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Alles rund um Belletristik!
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 116 Taschenbuchseiten.
Das FBI verfolgt weiterhin den Gangster Fitzgerald, der zunächst spurlos verschwunden war. Doch er meldet sich mit einem Paukenschlag zurück, und die Agenten müssen feststellen, dass er sich mit Terroristen zusammengetan hat, die vor nichts zurückschrecken. Boden-Luft-Raketen sollen bei der Erreichung ihrer Ziele helfen.
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Alfred Bekker
© Roman by Author
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Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
Der Mann hatte sich auf das rechte Knie niedergelassen. Auf seiner Schulter lag eine SA-18/Igla 2. Vom Gesicht des Mannes waren nur Mund und Kinn zu sehen. Augen und Nase waren hinter dem getönten Visier eines schwarzen Helms verborgen.
Das Passagierflugzeug war gestartet und schob sich – fast schwerfällig anmutend – in schräger Bahn zum Himmel empor. An Bord befanden sich über 160 Menschen. Männer, Frauen und Kinder.
Der Raketenschütze hatte sich auf der Ladefläche eines Lastwagens verschanzt. Die Plane war am Heck zurückgeschlagen. Durch die Öffnung zielte er. Die Entfernung zum J. F. K.-International Airport betrug etwa zwei Meilen. Der Mann zielte sorgfältig.
Das Leben von 160 Menschen war in diesen Minuten keinen rostigen Cent wert. Es hing an einem seidenen Faden!
Der Mann drückte ab. Es war wie bei einem Schuss mit einer Panzerfaust. Die Treibladung detonierte. Aber die Rakete versagte. Das Geschoss verließ die Waffe nicht. Aus welchen Gründen auch immer. Sekundenlang verharrte der Mann mit der Rakete bewegungslos. Er schien irritiert. Dann atmete er aus und sagte in das Bügelmikrofon, das mit einer Lautsprecheranlage in seinem Helm verbunden war:
„Zu Hölle damit! Ein Rohrkrepierer. Man sollte den Kerl, der uns diese Dinger verkauft hat, im Hudson versenken.“
„Was ist los, verdammt?“, kam es aus dem im Helm integrierten Lautsprecher. „Das Flugzeug fliegt davon. Warum feuerst du nicht, Abdul?“
„Weil das Scheißding, das uns dieser Hundesohn als ganz besonders effektive Waffe angedreht hat, nicht funktioniert. Weiß der Teufel, warum sie nicht losgegangen ist. Sie hat schon einmal versagt …“
Er hob die schwere Waffe von der Schulter und legte sie in eine Kiste, nahm den Helm ab, legte ihn dazu und warf den Deckel der Kiste zu. Dann sprang er von der Ladefläche, verschnürte die Plane und stieg auf der Beifahrerseite ins Führerhaus. Der Motor sprang an, der Laster begann zu rollen. Der Fahrer lenkte ihn von dem Feldweg, auf dem er gestanden hatte, und wandte sich auf dem Nassau Expressway nach Westen.
Der Kleinlaster kam gerade 300 Meter weit, dann erfolgte eine dumpfe Explosion. Die Plane wurde regelrecht weggeblasen. Bordwände wirbelten durch die Luft, Scheiben barsten. Das Fahrzeug kam von der Straße ab und kippte um. Flammen schlugen hoch, Rauch wölkte dicht. Die Explosion hatte den Tank zerrissen. Das Benzin hatte Feuer gefangen. Im Nu hüllte den Laster eine Wand aus Feuer ein.
Autos hielten an, Männer mit Handfeuerlöschern näherten sich dem Brandherd. Aber die Hitzeentwicklung war zu stark. Sehr schnell wurde jedem auf dem Expressway klar, dass es hier nichts mehr zu retten gab.
Die Passagiermaschine verschwand am Himmel hinter den Wolken, die an diesem Tag drohend über New York hingen. Die Passagiere ahnten nichts von ihrem sagenhaften Glück …
Als Feuerwehr und Polizei kamen, war der Lastwagen ausgebrannt. Die beiden Männer im Führerhaus waren tot.
Sarah und ich hatten einen Autoschieberring zerschlagen. Leider hatten wir nur die kleinen Fische und Statisten erwischt. Der Hai war uns durchs Netz gegangen. Sein Name war Dave Fitzgerald.
Bei uns, beim FBI also, überschlugen sich im Moment wieder einmal die Ereignisse. Terroristen hatten versucht, auf dem La Guardia Flughafen ein israelisches Flugzeug abzuschießen. Gott sei dank war die Rakete explodiert, ehe sie ihr Ziel erreichte. Krisensitzung beim Chef, bei Mr. Jonathan D. McKee also, dem Special Agent in Charge des FBI New York.
Während wir beim SAC waren, kam Steeles Anruf. Der verschwundene Kopf der Autoschiebermafia, Dave Fitzgerald, hatte sich bei ihm gemeldet.
Du hast mich nicht fertig gemacht, Steele. Ich habe neue Freunde gefunden. Ich mache dich fertig. Ganz langsam. Mit deinem hübschen Töchterchen fange ich an, dann hole ich mir deine Frau, und am Ende bist du dran. Und ich erweise damit nicht nur mir einen Dienst, sondern der menschlichen Gesellschaft.
Das waren die Worte des Gangsters.
Nun hatte Steele Angst.
Wir mussten ihm Schutz gewähren. Und da wir den Fall bearbeitet hatten, wählte der Chef Sarah und mich aus, zu Steele zu fahren und ihn zu beschützen.
Wir waren natürlich nicht begeistert von der Aussicht, im Haus des Mafiabosses herumzuhocken, dessen Schandtaten wir kannten, die wir ihm aber nicht beweisen konnten. Offensichtlicher konnte Steele uns gar nicht verhöhnen. Beim Gedanken daran wurde bei mir eine Menge Adrenalin freigesetzt. Ich konnte mich aber auch nicht dagegen wehren. Ich war Gefangener meiner Unzufriedenheit und einer tiefschürfenden Frustration.
Das war die eine Seite. Andererseits durfte die Drohung Fitzgeralds, dem in New York sozusagen die Basis entzogen worden war, nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dass er nicht unterschätzt werden durfte, hatte er bewiesen. Was das Geschäft mit den gestohlenen Nobelkarossen anbetraf, hatte er eine besonders kriminelle Energie an den Tag gelegt. Auf sein Konto gingen aber auch einige Morde!
*
Es war finster. Der Himmel über New York war eine helle Kuppel, die der Widerschein der Lichter des Big Apple produzierte. New York ist die Stadt, die sich nie zur Ruhe begibt, sagt man. Man sagt es nicht ohne Grund. New York schläft nie!
Steele wohnte in der Nähe des Prospect Parks in Brooklyn. Sein Haus war eine Luxusherberge. Alleine das schmiedeeiserne Gartentor musste ein Vermögen gekostet haben. Die asphaltierte Zufahrt zum Haus, die bei einem Rondell mit Springbrunnen endete, war videoüberwacht. Möglicherweise waren auch in dem parkähnlichen Garten Videokameras installiert.
Ich stand mit der Nase des Dienstbuicks, den wir genommen hatten, fast am Tor. Mein Sportwagen befand sich in der Werkstatt, nachdem ein paar bezahlte Schläger ihr Mütchen an ihm gekühlt hatten. Sarah, meine Teampartnerin, die mir nach Milos Ausscheiden aus dem FBI zugeteilt worden war, stieg aus und läutete. Ich sah sie etwas in die Gegensprechanlage sagen, dann schwang das Tor, wie von Geisterhand bewegt, auf.
Sarah setzte sich wieder auf den Beifahrersitz. Ich fuhr an. Zwischen Bäumen und Hecken rollten wir der Villa entgegen. Vor dem Haus stand ein schwerer Bentley. Ich stellte den Buick dahinter ab, wir stiegen aus. Eine halbrunde, breite Treppe mit vier Stufen führte hinauf zur Haustür. Diese schwang jetzt auf. Ein Mann in Jeans, einem grünen Hemd und einer weinroten Jacke zeigte sich im Türrahmen.
Es war einer von Steeles Leibwächtern.
Beim Henker!, durchfuhr es mich, frustriert bis in die Knochen. Wo leben wir denn? Steele kontrolliert den Drogenhandel, die illegale Prostitution und die Schutzgelderpressung in Südmanhattan. Er beschäftigt eine Hand voll Kerle zu seinem persönlichen Schutz und – für besondere Aufgaben. Männer fürs Grobe, Kerle, die mit der Waffe schnell zur Hand sind. Zur Hölle mit ihm. Dass wir hier sind, um ihn zu beschützen, ist lächerlich. Er hat uns angefordert, um sich über uns lustig zu machen. Nein, er will über uns triumphieren. Er will uns uns seine Überlegenheit beweisen!
Und wir waren dagegen machtlos. Sein Recht als Staatsbürger konnten wir ihm nicht verwehren. Und das nutzte er eiskalt aus. Das stand plötzlich zu meiner Überzeugung fest, und ich hasste Steele dafür. Denn wir hatten ihn verhaftet, der Haftrichter ließ ihn jedoch 12 Stunden später schon wieder laufen?
Der Mister in der Tür forderte uns auf, einzutreten. Steele kam uns entgegen. Von Mrs. Steele oder Loretta, der hübschen 17-jährigen, war nichts zu sehen.
„Fitzgerald machte noch eine Andeutung“, empfing uns der Herr des Hauses, „die ich vergaß Mr. McKee mitzuteilen. Er meinte, er werde zuletzt mich samt meinem Haus in die Hölle blasen. Können Sie sich vorstellen, was er meinte?“
Ich dachte an den missglückten Raketenanschlag auf dem La Guardia Flughafen, verdrängte den Gedanken daran aber sofort wieder, weil mir ein Zusammenhang doch recht weit hergeholt schien. Dennoch konnte ich mich nicht von dem Gedanken lösen, dass er seine Worte nicht von ungefähr derart gewählt hatte, als er von wegblasen sprach.
„Es wäre vielleicht ganz gut“, sagte ich deshalb, „wenn Sie und Ihre Familie für ein paar Tage in ein Hotel ziehen würden. Was halten Sie davon, Steele?“
„Ich habe vor, Frau und Tochter für einige Wochen nach Europa zu schicken, Trevellian“, versetzte der Mafioso, der ziemlich mitgenommen und überhaupt nicht überheblich wirkte. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe. Unrast beherrschte jeden Zug seines Gesichts. Hatte er wirklich Angst vor Fitzgerald, und war es ihm damit, dass wir ihn und seine Familie beschützen sollten, ernst?
Er wies einladend mit der Rechten auf einige Sessel. Sarah und ich ließen uns nieder. Steele setzte sich auf die Couch. Er nickte. „Ja, in die Schweiz. Etwas Erholung wird vor allem Loretta gut tun nach allem, was sie durchgemacht hat. Ich habe schon buchen lassen. Die Maschine fliegt morgen Vormittag ab. Ich dachte mir, Trevellian, dass unter anderem Sie und Ihre Teamgefährtin meine Frau zum J.F.K.-Airport begleiten und sicher ins Flugzeug verfrachten.
„Was heißt unter anderem?“
„Einige meiner Männer werden dabei sein.“
„Kein Problem, Steele“, sagte Sarah, und etwas schnippisch fügte sie hinzu: „Wer beschützt aber Sie in der Zeit, während wir unterwegs sind?“
„Ich komme ebenfalls mit“, erwiderte Steele kühl.
Mein Telefon dudelte. Ich nahm es vom Tisch und hielt es mir ans Ohr. „Trevellian, Special Agent, FBI New York.“
Es war Mr. McKee. „Bei Ihnen und im Hause Steele alles klar, Jesse?“, fragte er.
Ich saß mit Sarah in einem kleinen Kaminzimmer. Ein Fernsehapparat lief. Die Familie Steele befand sich im Livingroom. Wo sich Steeles Leibwächter verkrochen hatten, wussten wir nicht und interessierte uns auch nicht.
Sarah machte per Fernbedienung den Fernseher leise.
„Alles klar, Sir“, bestätigte ich. „Steele will morgen Frau und Tochter in ein Flugzeug setzen und in die Schweiz schicken. Sarah und ich werden sie zum Flughafen begleiten. Steele will mitkommen. Nun, wir haben nichts dagegen einzuwenden.“
„Schlechte Nachricht, Jesse“, sagte der Chef, als ich geendet hatte. „Heute am Abend ist etwas über zwei Meilen vom Kennedy Airport entfernt ein Lastwagen explodiert und ausgebrannt. Fahrer und Beifahrer konnten nur noch tot geborgen werden. Die Kollegen vom NYPD fanden auf der Ladefläche des Wagens eine Boden-Luft-Rakete, wahrscheinlich vom Typ SA-18. Soeben wurde ich informiert. Die Ursache der Explosion ist allerdings noch ausgesprochen unklar.“
„Großer Gott, Sir“, entfuhr es mir. „Der Anschlag auf die israelische Maschine wurde mit einer Boden-Luft-Rakete durchgeführt. Nun taucht ein weiteres Exemplar auf, und zwar ganz in der Nähe des J.F.K.-Flughafens. Woher kommen diese Waffen? Wie gelangten sie in die USA?“
„Die Frage ist, wie viele von den Raketen sich noch in terroristischer Hand befinden, Jesse“, kam es von Mr. McKee. „Mögen zwei Attentate, aus welchen Gründen auch immer, fehlgeschlagen sein. Das dritte, vierte oder fünfte wird ganz sicher nicht mehr fehlschlagen. Himmel, Jesse, wir ahnen, dass es weitere Boden-Luft-Raketen in terroristischer Hand gibt – doch wir können nichts tun, als die Flughäfen besser zu bewachen und die Sicherheitsvorkehrungen zu intensivieren. Ansonsten sind wir machtlos.“
„Wer ermittelt in der Sache mit der israelischen Maschine?“, fragte ich.
„Clive Caravaggio und ein Stab von sechs G-men. Es gibt einige Adressen, von denen man weiß, dass es sich um Al-Quaida Sympathisanten oder Anhänger von Ansar el Islam handelt. Dort wollen Clive und seine Leute den Hebel ansetzen.“
Ich dachte an Farad Darya, den Terroristen, dessen Bande wir vor einigen Monaten zerschlagen und dem wir zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verholfen hatten. Der Gangster saß auf Rikers Island ein, und ich fragte mich, ob er wohl aufs Neue von seiner Zelle aus den Terror in New York steuerte.
Ich verlieh meinen Gedanken Ausdruck: „Sollte etwa wieder Farad Darya die Finger im Spiel haben, Sir? Und während Clive und die Kollegen irgendwelchen imaginären Leuten hinterher hecheln, putzen seine Handlanger mit einer SA-18 irgendwo ein Flugzeug aus der Luft oder einen Zug von den Schienen.“
„Malen Sie den Teufel nicht an die Wand, Jesse. Es sieht jedenfalls im Moment so aus, als hätte man unsere Stadt wieder mal zum Ziel terroristischer Anschläge gemacht. Wir müssen jedenfalls alles daran setzen, um zu verhindern, dass sich die Ereignisse des elften September zweitausend-eins wiederholen, und sei es auch nur im verkleinerten Maßstab. Die Bevölkerung verlässt sich auf uns, sie vertraut uns, und wir wollen und dürfen dieses Vertrauen nicht enttäuschen.“
„Wir wären unser Geld nicht wert“, knurrte ich.
„Okay, Jesse“, sagte Mr. McKee, „Ich wollte Sie nur informiert haben. Wir halten uns gegenseitig auf dem Laufenden.“
„Klar, Sir. Vielen Dank für den Anruf.“
Dann war die Leitung tot.
Ich erklärte Sarah, was Sache war, und ich verschwieg ihr auch nicht, was es mit Farad Darya auf sich hatte. Er hatte vom Gefängnis aus die Entführung Joanna Miles, der Tochter des Stadtverordneten Gilbert Miles, organisiert, um seine Freilassung zu erpressen. Dieser Mann war in seinem islamischen Fanatismus extrem gefährlich und auf keinen Fall zu unterschätzen.
„Vielleicht sollten wir uns mal mit ihm unterhalten“, meinte Sarah. „Eventuell können wir ihn aus der Reserve locken …“
Ich lachte fast belustigt auf. „Das ist ein Profi, Kollegin“, gab ich zu verstehen. „Eiskalt, abgebrüht, mit allen schmutzigen Wassern gewaschen, und das Schlimmste, er ist hochintelligent. Den locken wir nicht aus der Reserve. Der macht sich höchstens über uns lustig.“
Als ich das sagte, hatte ich noch keine Ahnung, wie sehr vor allem Sarah Anderson in das engmaschige Netz aus Hass, Fanatismus und Besessenheit verstrickt werden sollte, dass sie in den kommenden Tagen dem Tod in seiner ganzen Unersättlichkeit und Brutalität hautnah gegenüberstehen würde.
Drei Bodyguards und ich sicherten in die Runde, als Mrs. Steele und die 17-jährige Loretta das schlossähnliche Haus verließen und zum Bentley schritten, dessen Türen offen standen. Zwei Bedienstete schleppten Koffer und Reisetaschen, die in den Kofferraum des Wagens verladen wurden. Mrs. Steele und Loretta nahmen im Fond des Wagens Platz. James Steele setzte sich auf den Beifahrersitz, einer der Leibwächter schwang sich hinter das Lenkrad.
Sarah und ich gingen zu unserem Dienstbuick. Wir wollten dem Bentley folgen. Voraus fuhren zwei weitere Bodyguards des Mafioso in einem Ford.
Der Ford rollte an. Der Bentley folgte, dann gab ich etwas Gas. Wir fuhren langsam die Ausfahrt hinunter, passierten das Tor und wandten uns nach Osten, um um J.F.K.-Airport zu gelangen. Wir benutzten den Eastern Parkway.
Die New York Avenue kreuzte. Die Ampel stand auf rot. Wir hielten hintereinander an. Der Ford war das vierte Fahrzeug in der wartenden Kolonne. In der New York Avenue rollte der Verkehr vorüber. Nach Süden und nach Norden. Die Zeit der morgendlichen Rushhour war längst vorbei, und so hielt sich das Verkehrsaufkommen in Grenzen.
Ich schaute in den Rückspiegel. Hinter mir hielt ein Toyota, bei dem Fahrzeug dahinter handelte es sich, soweit ich es im Seitenspiegel erkennen konnte, um einen Chevy. Der Fahrer telefonierte mit seinem Handy. Ich dachte mir nichts dabei und schaute wieder nach vorne.
Die Ampel schaltete auf gelb, dann auf grün. Die Autos vor uns rollten an. Der Ford mit den beiden Bodyguards des Mafiabosses, den und dessen Familie wir zu beschützen hatten, fuhr auf die Kreuzung. Plötzlich fegte von rechts ein 5er BMW heran. Der Fahrer musste bei Rot über die Ampel auf der New York Avenue gerast sein. Der BMW schob sich zwischen den Ford und den Bentley und wurde hart abgebremst.
Die Bremslichter des Bentley glühten auf.
Zwei Kerle sprangen aus dem BMW. Sie hielten Pistolen in den Fäusten!
Alles in mir schaltete auf Alarm. Unwillkürlich warf ich einen Blick in den Außenspiegel. Aus dem Chevy, dessen Fahrer eben noch telefoniert hatte, sprangen ebenfalls zwei Kerle.
Erkennen und Reagieren waren bei mir eine Sache des Augenblicks. Sie hatten uns in die Zange genommen, und ich zischte: „Achtung, Sarah, eine Falle!“ Dann riss ich meine Tür schon auf und sprang ins Freie. Die SIG Sauer P226 sprang wie durch Zauberei in meine Hand.
Vorne krachten einige Schüsse. In den sich vermischenden Knall hinein schlug eine Autotür. Ich richtete die SIG auf den Kerl, der auf der Fahrerseite aus dem Chevy gesprungen war. Da sah ich es bei ihm schon aufglühen. Ich warf mich zur Seite. Eine peitschende Detonation wurde über mich hinweggeschleudert, ich spürte den Luftzug der Kugel an meiner Schläfe und feuerte.
Der Bursche bei dem Chevy zuckte zusammen.
Der Mann im Toyota zwischen unserem Dienstbuick und dem Chevy gab Gas. Er gehörte also auch dazu. Er scherte aus der Fahrspur aus und ich hatte den Eindruck, als machte der Wagen einen Satz auf mich zu.
Auf der anderen Seite des Buick hörte ich das Bellen von Sarahs P228. Das Motorengeräusch des Toyota erschien mir plötzlich überlaut, wie das Aufbrüllen eines Ungeheuers, das mich im nächsten Moment verschlingen oder in Grund und Boden stampfen würde. Der Lärm um mich herum mutete an wie ein höllischer Choral.
Ich rollte herum, zweimal, dreimal, etwas streifte mich und raste an mir vorbei, ich wälzte mich weiter und sah, dass es die Räder des Toyota gewesen waren, die mich gestreift hatten. Aber ich spürte keinen Schmerz. Ich sah bei dem Chevy einen der Kerle knien. Er hatte die Pistole verloren und verkrampfte beide Hände vor dem Leib.
Hinter dem Steuerrad des Chevy aber saß einer. Wahrscheinlich jener Bursche, der zunächst als Beifahrer fungierte. Der Toyota verschwand mit kreischenden Rädern in der New York Avenue. Bremsen quietschten. Es krachte dumpf, weil ein Wagenlenker eine Vollbremsung hinlegen musste und das nachfolgende Fahrzeug auffuhr. Glas klirrte. Wasserdampf von einem geplatzten Kühler hüllte die Szene ein.
Ich riss den Kopf zu dem 5er BMW herum, der den Bentley mit Steele und seiner Familie von dem Ford mit den Bodyguards abgeschnitten hatte. Zwei Kerle waren bei dem Fahrzeug und versuchten, Mrs. Steele und Loretta aus dem Fond des Wagens zu zerren. Von James Steele sah ich nichts, ebenso wenig trat der Fahrer des Bentley in Erscheinung.
Der Chevy fuhr an. Die Räder drehten durch, das Fahrzeug bäumte sich geradezu auf. Ich feuerte. Auch Sarahs Waffe auf der anderen Seite des Buicks dröhnte. Die Windschutzscheibe des Chevy splitterte, der Wagen brach nach links aus und jagte schräg über die Straße, krachte auf der anderen Straßenseite gegen eine Peitschenmast und stellte sich schräg. Der Glaszylinder der Lampe fiel in die Tiefe und zerschellte auf dem Asphalt. Der Fahrer des Chevy sprang aus dem Fahrzeug, feuerte zweimal in unsere Richtung und flüchtete zu Fuß.
Ich kam hoch und rannte zu dem Bentley hin. Die beiden Frauen schrien und kreischten. Die Fahrertür stand offen. Einer der Kerle sah mich kommen und wandte sich mir zu. Der andere zerrte Mrs. Steele aus dem Fahrzeug.
Um den 5er BMW kamen die beiden Bodyguards herum, die im Ford vorausgefahren waren. Warum sie jetzt erst in Aktion traten, war mir ein Rätsel, jedoch beschäftigte mich diese Frage auch nicht länger. Ich schnellte auf den Burschen zu, der sich mir in den Weg stellen wollte. Da er beide Hände benötigt hatte, um Loretta aus dem Wagen zu ziehen, hatte er die Pistole geholstert. Ich ließ ihm nicht die Zeit, sie zu ziehen. Seine Rechte fuhr zwar unter die Jacke, aber da war ich schon über ihm.
Ich prallte gegen ihn. Er flog gegen den Bentley. Meine Linke kam blitzartig aus der Hüfte und bohrte sich ihm in den Leib. Er quittierte den Schlag mit einem verlöschenden Aufschrei und verdrehte die Augen. Mein nächster Schwinger explodierte an seinem Kinn. Sein Kopf flog in den Nacken …
Plötzlich waren die beiden Bodyguards James Steeles da. Sie warfen sich auf den Burschen und rissen ihn zu Boden. Auf der anderen Seite des Bentley sah ich Sarah mit dem anderen Gangster kämpfen. Ja, kämpfen! Im wahrsten Sinne des Wortes. Auch er hatte die Waffe geholstert und jetzt, da er keine Chance mehr sah, Mrs. Steele aus dem Wagen zu zerren, attackierte er meine Kollegin mit beiden Fäusten. Er trieb sie regelrecht vor sich her. Sarah hatte zwar die Pistole in der Faust, aber entsprechend der Verhältnismäßigkeit der Mittel setzte sie die Waffe gegen die Fäuste ihres Gegners nicht ein.
Geschickt wich Sarah Anderson den Schwingern des Gangsters aus. Er schlug von der Seite nach ihrem Kopf. Behände tauchte Sarah ab. Der Schlag wischte über sie hinweg, sie kam hoch und schlug mit der Pistole zu. Der Kopf des Gangsters wurde auf die linke Schulter gedrückt. Sarah rammte ihm die Waffe in den Leib, der Kerl machte eine unfreiwillige Verbeugung, und dann bekam er Sarahs Faust mit der SIG auf den Hinterkopf. Er stürzte wie ein gefällter Baum auf das Gesicht.
Der Kampf war vorbei. Der Bursche, dem ich ein Stück Blei verpasst hatte, lag jetzt auf dem Gesicht. Sein Kumpan, der sich an seiner Stelle ans Steuer des Chevy gesetzt und die Flucht ergriffen hatte, hatte ihn eiskalt über den Haufen gefahren.
Der Toyota war verschwunden, ebenso der Bursche, der zuletzt am Steuer des Chevy gesessen hatte. Die beiden Kerle aus dem BMW waren überwältigt. Auf dem Eastern Parkway und der New York Avenue staute sich der Verkehr. Es ging nichts mehr vorwärts.
Ich lief um den Bentley herum. Mein Blick begegnete dem Sarahs.
„Alles in Ordnung?“, rief ich ihr zu.
Sie zeigte mir den erhobenen Daumen. Ich war beeindruckt. Irgendwie hatte sie den Kerl ziemlich locker fertig gemacht. Ja, sie hatte es drauf.
Sarah wandte sich der Beifahrertür zu und öffnete sie. James Steele presste die rechte Hand gegen seine linke Schulter. Blut quoll zwischen seinen Fingern hindurch. Er war bleich, seine Augen flackerten, seine Lippen formten tonlose Worte.
Loretta saß weinend auf dem Rücksitz. Mrs. Steele schien einen Schock erlitten zu haben. Sie zitterte an Leib und Seele, wimmerte und heulte und war nicht ansprechbar.
Der Fahrer des Bentley rührte sich nicht. Er saß zusammengesunken über dem Lenkrad. Blut sickerte aus einer Wunde an seinem Hinterkopf und färbte seinen Hemdkragen rot.
Ich angelte mein Handy aus der Jackentasche und stellte eine Verbindung zu Mr. McKee her. „Sir“, sagte ich nach einem kurzen Gruß, „wir sind auf dem Weg zum Flugplatz überfallen worden …“ Ich schilderte dem Chef den Ablauf des Überfalls.
In der Nähe war Sirenengeheul zu vernehmen. Sicher hatte jemand das nächste Revier verständigt, und von dort aus waren die Patrolcars in der Umgebung informiert worden, dass auf der Kreuzung Eastern Parkway/New York Avenue der Teufel los war.
Mr. McKee zeigte Erleichterung, weil weder Sarah noch mir noch den beiden Frauen ein größeres Leid zugestoßen war, schränkte aber ein, indem er sagte: „Für Loretta muss es ganz besonders schlimm sein. Sie befand sich erst in Entführerhand und erlebte den Irrsinn brutaler Gewalt, als die Leute ihres Vaters sie mit Waffengewalt befreiten. Und jetzt das!“
„Ja“, versetzte ich, „das Mädchen kann einem Leid tun. – Hinter dem Überfall steckt meiner Meinung nach Fitzgerald. Er hat gedroht, sich an Steele zu rächen.“
„Sie haben ja zwei der Kerle auf Nummer Sicher, Jesse“, meinte Mr. McKee. „Vielleicht sind die beiden bereit, zu reden. Sie können uns sicher verraten, wo sich Fitzgerald verkrochen hat. Lassen Sie die Burschen ins Field Office schaffen. Und dann nehmen Sie und Sarah die beiden in die Mangel.“
„Sarah hat sich übrigens prächtig geschlagen, Sir“, sagte ich. „Sie hat einen der Kerle ausgeknockt, dass ich nur so gestaunt habe. Die Handschrift der jungen Lady ist nicht zu verachten.“
„Nun“, meinte der Chef, „sie ist FBI-Agentin und hat dasselbe Ausbildungsprogramm durchlaufen wie Sie, ich und jeder andere G-man.“
Ich dachte an einen Satz, den mir Sarah einmal sagte. Ich bin Special Agent, losgelöst von geschlechtlichen Attributen, waren ihre Worte gewesen. Dabei war es unmöglich, sich ihrer fraulichen Faszination zu entziehen. Sie hatte alles, was ein Mann von einer Frau erwartet. Schönheit, Intelligenz, Charakter …
Ich lächelte unwillkürlich. „Natürlich, Sir. Ich ließ mich wahrscheinlich von dem Gedanken leiten, dass sie zum sogenannten schwachen Geschlecht gehört. Mein Fehler.“
Der SAC lachte. Dann beendeten wir das Gespräch.
Ein Streifenwagen raste heran. Der Lichtbalken auf dem Autodach schleuderte rote und blaue Reflexe in die Umgebung. Mit quietschenden Bremsen verhielt der Buick am Straßenrand. Zwei Cops sprangen heraus. Weitere Patrolcars kündigten sich mit heulenden Sirenen an.
Sarah kümmerte sich um den Fahrer des Bentley. Ihn hatte eine Kugel am Hinterkopf gestreift, und sie schien die Wirkung eines Keulenhiebes gehabt zu haben. Die beiden Kerle, die überwältigt worden waren, hockten am Boden. Die Bodyguards Steeles bedrohten sie. Der BMW stand nach wie vor quer vor dem Bentley.
Ich ging zu den beiden Cops hin und wies mich aus. Dann klärte ich sie auf. Indessen kamen zwei weitere Streifenwagen an. Zwei Officer gingen daran, den Verkehr zu regeln. Eine Ambulanz wurde angefordert. Außerdem wurde das Police Department verständigt.
Ich holte Handschellen aus dem Dienstbuick und fesselte die beiden Gefangenen. Sie sprachen kein Wort. Mir war längst klar geworden, dass uns die Besatzungen des Toyota und des Chevy beobachtet hatten, und zwar von dem Augenblick an, als wir das Grundstück Steeles verlassen hatten. Sie waren uns gefolgt, und der Chevyfahrer hatte mit den Kerlen im BMW telefonisch in Verbindung gestanden, damit das Timing funktionierte.
Die Kollegen vom Department kamen nach etwa einer dreiviertel Stunde und übernahmen. Der Mann, den ich niedergeschossen und den sein Komplize mit dem Chevy überfahren hatte, war tot. Der Coroner wurde angefordert, ein Vertreter der Staatsanwaltschaft erschien. Zwei Ambulanzen kamen und kümmerten sich um Steele und den verwundeten Bodyguard. Sie wurden abtransportiert.
Daran, dass Mrs. Steele und Loretta in die Schweiz düsten, war natürlich nicht mehr zu denken. Mrs. Steele war noch immer nicht ansprechbar und musste ebenfalls stationär untergebracht werden. Um Loretta würde sich ein Polizeipsychologe kümmern müssen, wahrscheinlich musste aber auch sie sich in stationäre Behandlung begeben.
Der BMW wurde beschlagnahmt. Schließlich war die Kreuzung geräumt, und der Verkehr konnte wieder fließen.
Sarah und ich fuhren nach Manhattan und begaben uns ins Field Office. Die beiden Kerle, die wir verhaftet hatten, waren von den uniformierten Kollegen zur Federal Plaza transportiert und hier in Gewahrsam genommen worden.
Sarah und ich wollten sie erst etwas schmoren lassen, ehe wir sie einvernahmen. Himmel, dass der Autoschieber-Fall solche Ausmaße annehmen würde, hätte ich mir niemals träumen lassen. Aber dass Dave Fitzgerald ein kaltschnäuziger, skrupelloser Verbrecher war, hatte er bewiesen, als er Edric Brown, Allan Webb und Abe Bogard von seinem Killer ermorden ließ. Brown hatte einen Fehler begangen, Webb und Bogard wollten in eigener Regie Geschäfte machen, als sie Loretta Steele entführten. Alle drei bezahlten mit dem Leben.
Fitzgerald hatte neue Verbündete gefunden. Und er hatte nicht lange auf sich warten lassen, nachdem er Steele ziemlich massiv gedroht hatte.
Sarah und ich begaben uns zunächst mal zu Mr. McKee, um ihm ausführlich Bericht zu erstatten – und in der Hoffnung, eine Tasse von Mandys hervorragendem Kaffee angeboten zu bekommen.
Der Frachter machte an den Greenpoint Piers fest. Eine Gangway wurde ans Festland geschwenkt. Aus einem Laster, der bei den Piers gewartet hatte, stiegen zwei Männer. Sie waren dunkelhäutig und hatten schwarze Haare. Der eine von ihnen war nicht älter als 30 Jahre, der andere mochte Mitte 40 sein.
Über die Gangway schritt ein mittelgroßer, untersetzter Mann an Land. Unter seiner Mütze schauten graue Haare hervor. Tiefe Linien und Falten zerfurchten sein Gesicht. Die drei trafen am Rand des Piers aufeinander und begrüßten sich, indem sie sich umarmten. Der Mann vom Schiff sagte: „Allah sei mit euch.“
Auf dem Frachter wurde die Ladeluke geöffnet. Der Haken eines Krans verschwand im Leib des Schiffes. Wenig später wurde eine Kiste von etwa zwei Metern Länge ins Freie gehievt. Zwei weitere Kisten folgten. Einige Matrosen trugen die Kisten von Bord und verluden sie auf dem Kleinlaster. Die Plane wurde geschlossen und verschnürt.
Der mittelgroße Mann verabschiedete sich von den beiden Kerlen, die mit dem Lastwagen gekommen waren, und kehrte auf den Frachter zurück. Die Gangway wurde wieder eingeholt.
Der Lastwagen rollte in Richtung Norden davon. Der Beifahrer nahm sein Handy zur Hand.
„Daud“, kam es durch den Äther.
„Hallo, Aman“, sagte der Mann im Laster. „Wir haben die Ware übernommen und sind jetzt auf dem Weg zum Queens Midtown Tunnel. In einer Stunde etwa sind wir im Versteck.“
„In Ordnung, ich werde kommen. Sag Rahman Bescheid. Ich will ihn sprechen.“
„Verstanden.“
Damit war das Gespräch beendet.
Rashid rief Ullah Rahman an. Der Waffenhändler sagte sein Erscheinen zu und fragte mit dem nächsten Atemzug, ob Interesse an C-4-Plastiksprengstoff bestünde.
„Wie viel könntest du uns liefern“, wollte Rashid wissen.
„Eine halbe Tonne, eine Tonne …“ Ohne die Stimme zu senken brach Rahman ab.
„Ich weiß nicht“, sagte Rashid. „Am besten sprichst du mit Aman Daud drüber. Er wird auch da sein, wenn du kommst.“
Die beiden Männer durchfuhren etwas später die Röhre des Queens Midtown Tunnel und waren in Manhattan. Auf der Second Avenue wandten sie sich nach Süden, bogen 20 Minuten später in die East Houston Street ein und erreichten schließlich SoHo.
Dieses SoHo hat nichts mit dem berühmten Stadtteil in London zu tun. Der Name erklärt sich durch die Lage und steht für South of Houston Street. Es handelt sich um ein Stadtviertel zwischen Broadway und Avenue of the Americas. In dem Viertel wurden im Laufe der Zeit leerstehende Fabrikhallen in Wohnungen, Geschäfte und Ateliers verwandelt. Cast-Iron Buildings bestechen durch Fassaden aus kunstvoll gegossenen Metallteilen. SoHo war sich in den vergangenen 25 Jahren zu einem der bevorzugten Einkaufsviertel New Yorks avanciert.
Aber es gab auch noch leerstehende Gebäude, und in den Hof eines dieser Bauwerke chauffierte Mohammed Elamin den Kleinlaster. Ein großes Grundstück umgab es. Es handelte sich um eine alte Fabrikhalle mit einem angebauten Bürogebäude. Zwischen den Betonplatten im Hof wuchs das Unkraut hüfthoch. Von den Gebäuden fiel der Putz großflächig ab. Die Mauer, die das Areal eingrenzte, war aus blanken Backsteinen errichtet, zwischen denen sich der Kalkmörtel im Laufe der Jahre zu Sand und Staub zersetzt hatte. Graffiti-Künstler hatten sich hier überall ausgetobt.
Achmed Rashid und Mohammed Elamin steigen aus dem Führerhaus.
Die Hintertür des ehemaligen Bürogebäudes wurde aufgezogen, ein Mann schob seinen Kopf ins Freie. „Habt ihr die Ware?“
„Sicher“, antwortete Achmed Rashid. „Drei Kisten, getarnt als medizinisches Material.“
Der Mann in der Tür rief etwas über die Schulter, dann kam er ins Freie. Er war blond und Amerikaner. Sein Name war Wilson Dexter. Im Gefängnis hatte er sich mit einem Mann angefreundet, der der Al-Quaida-Zelle New York angehört hatte. Nach seiner Freilassung wandte er sich an Aman Daud, den Führer der Untergrundorganisation Ansar el Islam in New York, die eng mit der Al-Quaida zusammenarbeitete und deren Interessen dieselben waren.
Zwei weitere Männer folgten Wilson Dexter. Die drei Kisten wurden abgeladen und ins Haus getragen. Im Keller wurden sie abgestellt. Achmed Rashid öffnete eine der Kisten. Sie beinhaltete zehn SA-18 Raketen.
Die SA-18 ähnelt den russischen Sam-7 und den amerikanischen Stinger-Raketen, die während des Afghanistankrieges in den 80er Jahren von den Mudschaheddin gegen die sowjetischen Besatzer eingesetzt wurden.
„Neue Raketen“, gab Rashid zu verstehen und nahm eine der Waffen aus der Kiste, wog sie in beiden Händen und grinste. „Frei Haus aus St. Petersburg. Keine alten Lagerbestände, wie mir Ullah Rahman versichert hat. Damit können wir jedes landende oder startende Flugzeug im Umkreis von fast drei Meilen abschießen. Die Tschetschenen haben es vorgeführt.“ Rashid lachte auf. „Sie heizen den Russen mit diesen Dingern ganz schön ein.“
„Wir sollten Aman Daud Bescheid sagen“, regte Wilson Dexter an. „Er wollte informiert werden, sobald die Ware eingetroffen ist.“
„Habe ich schon“, erklärte Achmed Rashid. Er legte die gefährliche Waffe zurück in die Kiste und schloss sie. Dann verließen die Männer den Keller. Mohammed Elamin schloss hinter sich die Tür zu dem Raum mit den drei Kisten ab.
Zuerst kam Aman Daud, ein etwa 50-jähriger Iraker, der seit 12 Jahren in den USA lebte. Er trug einen dunklen Anzug und ein weißes Hemd, das am Hals von einer grün-rot gestreiften Krawatte zusammengehalten wurde. Zwei Männer begleiteten ihn, geschmeidige Burschen mit breiten Schultern und wachsamen Augen.
„Ist Rahman schon da?“, wollte Daud wissen.
„Nein“, antwortete Achmed Rashid. „Aber er hat prompt geliefert. Dreißig Raketen. Und es soll sich dieses Mal nicht um alte Lagerbestände handeln, deren Funktionsfähigkeit Glückssache ist. – Rahman hat C-vier-Plastiksprengstoff angeboten. Brauchen wir so etwas?“
„Nein. Wir machen keine Geschäfte mehr mit Ullah Rahman. Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass Agenten des russischen Geheimdienstes und von der CIA hinter Rahman her sind. Das FBI und der Secret Service sind ebenfalls eingeschaltet. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Rahman auffliegt.“
„Rahman muss sterben“, knurrte Mohammed Elamin. „Nur so ist sichergestellt, dass er uns nicht verpfeift.“
Aman Daud nickte. „Rahman wird heute noch eliminiert. Er ist nicht mehr tragbar für uns.“
Im Hof des heruntergekommenen Gebäudes fuhr ein Auto vor. Daud wandte sich an einen seiner Bodyguards. „Geh hinunter, Yussef, und geleite Rahman herauf.“
Der Bursche nickte und verließ den Raum, in dem es einen Tisch und einige Stühle gab. An der Wand neben der Tür stand ein Schrank. Das Mobiliar war alt. Es war deutlich, dass das Gebäude seit Langem verlassen war.
Aman Daud stand am Fenster. Er hatte es vorgezogen, sich nicht zu setzen. Die anderen Kerle hockten um den Tisch herum. Einige rauchten. Der Tabakqualm zog unter der Decke dahin.
Auf der Treppe erklangen Schritte, dann betrat Ullah Rahman den Raum. Ihm folgte Aman Dauds Leibwächter. Ullah Rahman war ein mittelgroßer, dicklicher Mann mit Halbglatze. Er schwitzte und betupfte sich unablässig mit einem weißen Taschentuch das feiste Gesicht.
„Hallo, Mr. Daud“, rief er und bewegte sich mit vorgestreckter rechter Hand auf den Anführer der Terroristen zu. „Es ist für mich immer wieder ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen.“
„Das Vergnügen ist ganz meinerseits“, lächelte Aman Daud – es war ein hintergründiges Lächeln. Er ergriff die dargebotene Hand und schüttelte sie. „Die Ware, die Sie uns beim ersten Geschäft lieferten, hat sich allerdings als Schrott entpuppt. Eine der Raketen ging zu früh los, die andere sprengte unsere eigenen Leute in die Luft. Die heutige Lieferung, so haben Sie versichert, soll einwandfrei sein.“
„So ist es, Mr. Daud“, sagte Rahman und nahm seine Hand aus der seines Gesprächspartners. Er betupfte sich wieder das Gesicht. „Sie haben mir für die dreißig Raketen eineinhalb Millionen Dollar angezahlt. Ich bekomme also noch neunhunderttausend Dollar von Ihnen. Stückpreis achtzigtausend Dollar. So wurde es vereinbart.“
Aman Daud musterte ihn durchdringend. Rahman fühlte sich plötzlich unbehaglich. Warum starrte ihn Daud so seltsam an? Er hob die Schultern, trat von einem Fuß auf den anderen.
Aman Daud stieß unvermittelt hervor: „Abzüglich hundertsechzigtausend Dollar für die beiden Blindgänger, die Sie uns lieferten, Rahman. Minus siebenhundertvierzigtausend für den Lastwagen und die Männer, den wir verloren haben. Das heißt, wir sind quitt, Rahman.“
Aman Daud prallte regelrecht zurück. In seinem Gesicht zuckten plötzlich die Nerven. Er schluckte würgend, japste nach Luft und stammelte erregt: „Sie – Sie wollen mich also betrügen, Daud. Bei Allah, und ich Narr bin darauf hereingefallen. Man sollte eben niemals Geschäfte mit …“
Der Mann hinter Rahman hatte seine Pistole unter der Jacke hervorgeholt und schlug zu. Wie vom Blitz getroffen sackte Ullah Rahman zusammen. Hart schlug er am Boden auf.
„Fesselt und knebelt ihn“, kommandierte Aman Daud. „Achmed, Mohammed, ihr lasst ihn in der Nacht verschwinden. Nach ihm wird kein Hahn krähen. Die Geheimdienste und das FBI werden die Akte Ullah Rahman schließen und die Sache wird ihr Bewenden haben.“
„In Ordnung, Aman“, sagte Achmed Rashid. „wo setzen wir die erste Rakete ein?“
„Mein Freund, Dave Fitzgerald, hat mich um einen Gefallen gebeten. Da können wir gleich testen, ob das Material, das wir heute bekommen haben, in Ordnung ist.“
Mohammed Elamin verzog das Gesicht. „Wir sollten dem Amerikaner nicht so tiefe Einblicke gewähren“, murmelte er.
„Keine Sorge“, versetzte Aman Daud. „Fitzgerald kann nur von Nutzen für uns sein. Er ist im Moment einer der am dringlichsten gesuchten Männer in New York. Er frisst mir sozusagen aus der Hand. Und er hat durch seine Autoschiebereien gute Beziehungen in uns freundlich gesonnene Länder; Saudi Arabien, Libyen, Irak – nur um einige zu nennen. Das kann für uns von Nutzen sein.“
„Du musst es wissen“, knurrte Achmed Rashid. Er schoss Wilson Dexter einen schrägen Blick zu. „Fitzgerald ist kein überzeugter Anhänger unserer Sache. Er wird von persönlichen Motiven geleitet, und das ist nicht in unserem Sinn. Aber du bist der Boss, Aman.“
„Dann sind wir uns ja einig“, sagte Aman Daud. „Gut, ihr wisst Bescheid. Wenn es zum Einsatz kommt, werdet ihr informiert. Wir werden unseren Feinden großen Schaden zufügen. Rache für die Taliban, Rache für den Irak, Rache, Rache, Rache. Wir sind Gotteskrieger in einem heiligen Krieg. Allah ist mit uns.“
Die Besessenheit ließ seine Augen glühen. Etwas Bösartiges schien Aman Daud zu umgeben.
Der Bursche saß am leeren Tisch im Vernehmungsraum, das weiße, kalte Neonlicht umriss seine Gestalt.
Ich hatte ihm gegenüber am Tisch Platz genommen. Auf der Tischplatte vor mir stand ein Aufnahmegerät.
Sarah hatte sich am Stirnende des Tisches aufgebaut. Sie stemmte sich mit beiden Armen auf die Tischkante. „Wie heißen Sie?“, begann sie das Verhör.
Ich drückte den Aufnahmeknopf. Der Bursche verzog das Gesicht. Dann sagte er: „Smith.“
„Vorname?“
„Harry.“
„Na schön, Harry Smith, dann erzählen Sie uns mal, wer Sie losschickte, damit Sie und einige Komplizen verhindern, dass Mrs. Steele und ihre Tochter den Flughafen erreichen. Für wen arbeiten Sie?“
Smith war einer der Kerle, die wir bei dem Überfall am Morgen dieses Tages festgenommen hatten, und zwar jener Bursche, den Sarah in nahezu unnachahmlicher Manier ausgeschaltet hatte.
Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück, streckte die Beine weit von sich und dehnte: „Was springt für mich heraus, wenn ich das Maul aufmache?“
„Ich kann Ihnen sagen, was für Sie herausspringt, wenn Sie das Maul nicht aufmachen“, presste ich hervor. „Vielleicht können Sie es sich selber ausrechnen. Versuchter Mord, versuchte Entführung, unerlaubter Waffenbesitz, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und noch ein paar Dinge mehr, die Ihnen der Staatsanwalt zum Vorwurf machen wird. Ich schätze mal, dass man auf eine Gesamtstrafe von zwanzig Jahren kommen wird. Wenn man Sie wieder laufen lässt, sind Sie alt und grau, Harry Smith.“
„Ich will für mich die Kronzeugenregelung in Anspruch nehmen. Das heißt, ich erzähle, was ich weiß, und gehe straffrei aus. Eines Kapitalverbrechens habe ich mich nicht schuldig gemacht …“
„Sagen Sie uns den Namen des Mannes, der Sie und Ihre Kumpane bezahlt hat, Smith“, knurrte ich ungeduldig, „und ich werde beim District Attorney ein gutes Wort für Sie einlegen. Oder machen wir es so. Ich nenne Ihnen ein paar Namen, und Sie nicken, wenn ich den Ihres Auftraggebers nenne. Vielleicht fällt Ihnen das leichter.“
„Na, denn nenn mal einen Namen, Trevellian“, knirschte der Gangster.
„Wie wär‘s mit Fitzgerald? Dave Fitzgerald?“
„Scheiß Spiel!“, fauchte Smith. „Okay. Treffer. Du hast es auch ohne mich gewusst. Jetzt hast du Gewissheit. Was willst du noch?“
„Wo steckt Fitzgerald?“, schnappte Sarah und fixierte den Gangster fragend, vielleicht auch erwartungsvoll.
„Warum nennen Sie mir nicht einfach ein paar Adressen, Lady?“, knirschte Smith. „Und wenn Sie die richtige erraten, nicke ich.“
„Weil mir das zu blöde ist, mein Freund“, versetzte Sarah kühl. „Also raus mit der Sprache: Wo hat sich der Schuft verkrochen?“ Mit gesenkter Stimme fügte meine Teamgefährtin hinzu: „Sie sollten die Zähne auseinandernehmen, Smith. Möglicherweise können wir nämlich im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt Ihre zu erwartende Haftstrafe auf die Hälfte verringern. Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Vor allem wenn sie vor einem liegen und man die dreißig schon weit überschritten hat.“
Sarah spielte darauf an, dass Smith gut und gerne 40 Jahre alt war.
„Ich weiß es nicht“, kam es von Smith. Wahrscheinlich nahm er den zweifelnden Ausdruck in Sarahs Miene war, denn er wiederholte mit Nachdruck: „Ich weiß wirklich nicht, wo sich Fitzgerald versteckt hat. Er ist auf der Flucht. Ich habe mich mit ihm, nachdem er mich um ein Treffen gebeten hat, in einer Kneipe in East Harlem verabredet. Wir kannten uns von früher. Er wollte sich an Steele rächen. Den Grund hierfür kenne ich nicht. Fitzgerald hat einen von Steeles Bodyguards gekauft. Von ihm erfuhr er, dass heute morgen die beiden Ladys zum Flughafen gebracht werden sollten.“
„Er hat einen von Steeles Leibwächtern gekauft?“, wiederholte ich ungläubig.
„Ja.“ Smith nickte wiederholt.
„Welchen?“
„Keine Ahnung?“ Smith wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und erwiderte meinen Blick, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken.
„Sagte euch der Verräter denn nicht, dass zwei FBI-Agenten im Haus Steeles sind?“
„Doch.“ Smith grinste verächtlich. „Und zwar genau die beiden Agenten, die Fitzgerald hasst wie die Pest. Trevellian und Anderson. Er versprach uns eine Sonderprämie, wenn wir euch ein wenig die Flügel stutzen.“
Sekundenlang war ich wie vor den Kopf gestoßen. Dann fragte ich: „Was verstehen Sie darunter?“
„Soll ich mir selbst die Schlinge um den Hals legen, indem ich diese Frage beantworte?“
Ich winkte ab. „Sie haben wirklich keinen Schimmer, wo Fitzgerald untergeschlüpft ist?“
„Nicht den blassesten. Das musst du mir glauben, Trevellian.“
„Seit wann sind wir per du miteinander, Smith?“, wies ich ihn endlich zurecht. „Also halten Sie sich an die Regeln. Wie heißt Ihr Gefährte, den wir hops genommen haben?“
„Sag ruhig du zu mir, Trevellian.“
Ich ging nicht darauf ein. „Den Namen Ihres Gefährten!“
Smith verzog den Mund. „Jonathan Frawley. Er weiß auch nicht mehr als ich. Wir bekamen jeder hundert Dollar, weitere hundert sollten wir erhalten, wenn wir Mrs. Steele und ihre Tochter zu einem gewissen Ort gebracht hätten.“
„Welchen Ort?“, fragte Sarah mit scharfer, schneidender Stimme.
„Zu einer leerstehenden Wohnung in der Upper East Side. Sechsundsiebzigste Straße, Hausnummer dreihundertsechzehn. Die Wohnung liegt in der dritten Etage.“
„Wer waren die anderen Kerle, die geflohen sind? Und wer ist der Bursche, der gestorben ist?“
„Der Tote heißt Lenny Carter. Conrad McGrady, Guy Brannigan und Milt Jackson sind euch durch die Lappen gegangen.“
„Was können Sie uns sonst noch sagen? Wissen Sie etwas über die neuen Freunde Fitzgeralds?“, wollte Sarah wissen.
„Ich weiß gar nichts. Am allerwenigsten weiß ich etwas über seine Freunde. Wie ich schon sagte, kenne ich Fitzgerald von früher. Ich arbeitete mal für ihn als Mechaniker in seiner Tankstelle. Er erinnerte sich meiner und rief mich an. Da ich keinen Job habe und auf jeden Cent angewiesen bin, sagte ich nicht nein.“
„Und ähnlich war es bei Ihren Kumpanen?“
„Yeah.“
„Haben Sie ‘ne Ahnung, was Fitzgerald meint, wenn er sagt, dass er zuletzt Steele samt seinem Haus in die Hölle blasen werde?“
„Bei Gott, nein! Das ist wahrscheinlich so daher gesagt. Nein …“ Smith schüttelte den Kopf. „Ich kann mir darauf keinen Reim machen.“
Ich dachte wieder an den missglückten Anschlag mit der Boden-Luft-Rakete. Etwas regte sich in den Tiefen meines Bewusstseins, doch es blieb unbestimmbar. Dennoch zuckte es wie eine Warnung vor drohendem Unheil durch mein Gehirn. Ich wusste nicht, worauf es sich bezog. Ich wusste nur, dass es immer wieder an die Oberfläche schwemmte und sich nicht verdrängen ließ.
Eine Stimme klang in mir nach. Mr. McKees Stimme. Sie sagte: Schlechte Nachricht, Jesse. Heute am Abend ist etwas über zwei Meilen vom Kennedy Airport entfernt ein Lastwagen explodiert … Die Kollegen vom NYPD fanden auf der Ladefläche des Wagens eine Boden-Luft-Rakete, wahrscheinlich vom Typ SA-18 …
Auch der Laster wurde von der Straße geblasen.
Was braute sich über unseren Köpfen zusammen? Dumpfe Ahnungen drängten in den Vorgrund, Ahnungen, die mich frieren ließen. Was wurde vorbereitet? Osama Bin Laden hatte gedroht, nicht zu ruhen. Bereitete hier in New York seine Anhängerschaft den großen Coup vor, der vielleicht die Ereignisse des 11. September in den Schatten stellte? Sollte ein neuer Schlag gegen die amerikanische Gesellschaft im Allgemeinen und New York im Besonderen den Nullpunkt der neuen Angriffswelle, den Ground Zero, markieren? O verdammt! Seit dem 11. September lebt man in New York nicht mehr so wie früher, nicht mehr wie in den anderen Metropolen der Welt. Sicher, das Leben hat sich wieder normalisiert. Aber Ground Zero lebt in den Köpfen. Man hat das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen, dessen Lunte schon brennt.
Smith schien wirklich nichts mehr zu wissen. Ich schaltete das Aufnahmegerät ab und läutete nach dem Wachmann. Der Gangster wurde wieder in die Arrestzelle zurückgebracht.
„Upper East Side, sechsundsiebzigste Straße, Hausnummer dreihundertsechzehn, dritte Etage“, sagte Sarah Anderson, meine Teamgefährtin, die jetzt Milo Tuckers Platz einnahm, nachdem Milo dem FBI den Rücken gekehrt hatte. „Worauf warten wir?“
Sie war noch voller Tatendrang, die junge Lady, an der ich mehr und mehr Gefallen fand. Ich ertappte mich dabei, dass bei ihrem Anblick oder beim Gedanken an sie meine Phantasie in eine Richtung galoppierte, die unserer Zusammenarbeit sicherlich nicht zuträglich war. Aber Sarah war von einer Attraktivität, die mich bannte, sie verströmte etwas, dem ich mich nicht entziehen konnte. Und ich sah in ihr immer öfter nichts anderes als nur die schöne und begehrenswerte Frau, die sie war, und nicht die Kollegin, die man mir im Kampf gegen das Verbrechen auf New Yorks Straßen zur Seite gestellt hatte. Wenn Sarah mich ansah, hatte ich das Gefühl, dass der Blick ihrer Augen in die verborgensten Winkel meines Gehirns eindrang.
Sie brachte mich aus der Fassung.
Reiß dich am Riemen, Jesse!, peitschte eine Stimme tief in meinem Innern.
Diese fünf Worte sagte ich mir immer öfter, und jedes Mal mit etwas mehr Nachdruck.
Wir verließen den Vernehmungsraum und fuhren in die Tiefgarage. Wenig später waren wir auf dem Weg nach Norden.
Es war um die Mitte des Nachmittags. Zwischen den Buildings mutete alles grau und diesig an. Die schöne Zeit mit 14 Stunden Sonne am Tag war vorbei. Hin und wieder setzte Nieselregen ein. Durch die langanhaltende Trockenheit war schon viel Laub von den Bäumen und Büschen abgefallen, das der Wind vor sich hertrieb und an den Bordsteinen aufhäufte.
Ich fuhr auf der Park Avenue. Beim Grand Central Terminal teilte sich die Straße und wir ließen den Bahnhof linker Hand liegen, passierten das Graybar Building und kamen eine Viertelstunde später in die Upper Eastside. Die Hausnummer 316 fanden wir zwischen Second und First Avenue. Ich hielt Ausschau nach einem Parkplatz und fand ihn ein Stück entfernt. Es ging ziemlich eng zu, aber es gelang mir, den Buick zwischen einen Golf und einen Toyota zu platzieren.
Dann standen wir vor dem Gebäude. Es war ein fünfstöckiges Haus mit vielen Fenstern, die von einem ehemals kunstvollen Stuck eingerahmt waren, der jedoch teilweise abgesprungen war und von dem die Farbe abblätterte. Hinter wenigen Fenstern waren Vorhänge zu sehen. Die anderen waren nur staubblind.
„Nicht gerade einladend“, meinte Sarah.
„Ganz und gar nicht“, stimmte ich zu. „Sieht ziemlich unbewohnt aus.“
Wir stiegen die Treppe bis zur Haustür empor. Sechs Stufen. Das Geländer aus Eisen war völlig verrostet. Die Haustür war aus Holz, verwittert und von dunklen Fäulnisflecken übersät. Sie ließ sich öffnen. Ein düsteres Treppenhaus empfing uns. Es roch nach Moder und Staub. Meine Hand tastete nach dem Schalter der Treppenhausbeleuchtung. Es knackte, als das Licht anging. In dem zersprungenen, verstaubten Plastikgehäuse an der Decke lagen wohl 1000 tote Fliegen. Sie bedeckten den Boden so dicht, dass fast kein Licht mehr hindurchdringen konnte.
„Himmel, wo sind wir da hingeraten?“, flüsterte Sarah und ließ ihren Blick kreisen.
„Komm.“
Wir stiegen die Treppe hinauf. In jedem Stockwerk gab es zwei Apartments. Die Holztreppe knarzte. Die Wände waren vollgekritzelt. Bei jedem Treppenabsatz gab es ein Fenster, in deren Ecken sich Spinnenwegen zogen und deren Fensterbretter ebenfalls mit toten Fliegen übersät waren.
In der zweiten Etage streckte ein Mann seinen Kopf aus einer der Türen. Als wir die Treppe hinaufkamen, zog er ihn schnell wieder zurück. Die Tür klappte zu.
Dritte Etage. Ich atmete tief durch. Welche der beiden Türen war die Tür zu der Wohnung, in die Mrs. Steele und ihre Tochter gebracht werden sollten?
Ich ging zur Tür auf der rechten Seite. Es gab ein Namensschild. Shannon stand darauf. Ich legte den Daumen auf den Klingelknopf. Der durchdringende Ton der Glocke war durch die Tür zu vernehmen.
Sarah war bei der anderen Tür. Sie blickte zu mir her. In der Wohnung waren Schritte zu vernehmen. Dann wurde die Tür eine Hand breit geöffnet, ein Teil von einem weiblichen Gesicht wurde sichtbar, die etwas schrille Stimme einer Frau fragte: „Was wollen Sie denn?“
„Wer wohnt in der Wohnung nebenan?“, erkundigte ich mich.
„Niemand. Sie steht seit ewigen Zeiten leer. Hin und wieder kommt mal jemand vorbei, manchmal sind es mehrere Leute. Sie verschwinden aber alle nach einiger Zeit wieder. Im Moment …“
Da hörte ich Sarahs fordernde Stimme: „Aufmachen! FBI!“
Sie war neben die Tür an die Wand geglitten und hielt die Rechte mit der SIG in die Höhe.
„Gehen Sie schnell in Ihre Wohnung und schließen Sie die Tür“, sagte ich zu der Frau, dann zog ich meine Waffe und war mit wenigen Schritten auf der anderen Seite der Tür, die Sarah belagerte.
„Da ist jemand drin“, raunte mir meine Kollegin zu. „Ich habe an der Tür Geräusche gehört.“
Ich klopfte mit dem Knauf der SIG von der Seite gegen die Türfüllung. Dumpf hallten die Schläge nach innen und im Treppenhaus. Die Geräusche versanken in der Stille, als ich inne hielt. Ich lauschte. In der Wohnung war ein Schaben zu vernehmen, dann ein Knarren.