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Der Autor schildert Jesus von Nazareth als Mensch seiner Zeit auf der Grundlage der historisch-kritischen Forschung und in der Form einer autobiografisch erzählten spannenden Geschichte. Wer ist Jesus von Nazareth? Darüber gibt es seit 2000 Jahren Streit. Viele Jahrhunderte haben seine Stellvertreter ihn in Dogmen eingemauert und sich an seine Stelle gesetzt. Der Autor lässt ihn aus dem Grab seiner Kirchen auferstehen, mit den Propheten aller Religionen auf die Erde zurückkommen und seine Botschaft der Liebe als universale Religion verkünden. Dieser Jesus erkennt das Glaubensgewand seiner Kirche heute als ebenso irreparabel verschlissen an wie damals seinen mosaischen Tempelglauben. Das kostete ihn das Leben. Heute würde es ihm nicht anders ergehen, sagt der Dichter Dostojewski. Mit dem Leben und der Lehre dieses Jesus ist eine kopernikanische Wende im Glauben aller Religionen eingeleitet. Jesus hat jede selbstlose Liebe des Menschen zur wahren Religion erklärt. Was die Menschen in Liebe oder Selbstsucht den Geschöpfen und der Schöpfung antun, das tun sie dem verborgen anwesenden Gott an. Für Jesus starb der allmächtige Gott am Kreuz. Ihn rettete der ohnmächtige, namenlose "Ich-bin-da-Gott", der ihn im Leiden stark machte, sein Sterben in Liebe verwandelte und seinen Tod in Auferstehung. Damit hat dieser Jesus offenbart, dass es keinen allmächtigen Gott gibt, sondern nur den ohnmächtigen, namenlosen "Ich-bin-da-Gott" der Liebe. Wer immer selbstlos, barmherzig und gerecht ist, der ist gläubig. Wer immer lieblos, herrschsüchtig, gewalttätig ist und sich selbst zum Mittelpunkt der Welt macht, ist ungläubig. Dabei bleibt der Gott der Liebe namenlos, machtlos, aber in allem Sein gegenwärtig. Das ist der neue universale Glaube, und darum geht es in diesem Buch. Bernhard Scherger war über 30 Jahre Lehrer mit den Fächern Deutsch, Pädagogik, Philosophie und Religion.
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Seitenzahl: 440
Veröffentlichungsjahr: 2021
Bernhard Scherger
Jesus von Nazareth
Mein Leben - ein Schrei nach Liebe und Gerechtigkeit
Jesus ist mit den Propheten aller Religionen auf die Erde zurückgekehrt. Sie verkünden die neue und alte Gottesbotschaft: „Was Ihr den Menschen und der Schöpfung antut, tut Ihr Gott an.“ Die Religionen lehnen die Botschaft ab. Jesus und die Propheten treten aus ihren Religionen aus und schließen mit den Völkern der Erde einen neuen Gottesbund der Liebe und Gerechtigkeit.
Impressum:
© 2021 Bernhard Scherger
Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40–44, 22359 Hamburg
ISBN Paperback: 978-3-347-22327-1
ISBN Hardcover: 978-3-347-22379-0
ISBN E-Book: 978-3-347-22328-8
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede weitere Verwertung ohne Zustimmung des Verlags und des Autors ist unzulässig. Das gilt besonders für jede Art elektronischer oder sonstiger Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und Veröffentlichung.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1.0 Ich, Jesus von Nazareth, bin zur Erde zurückgehrt
1.1 Ein Traum
1.2 Mein Rückkehr mit den Propheten aller Religionen
2.0 Mein unbekanntes Leben in Nazareth und Galiläa
2.1 Was ich über meine Kindheit von meiner Mutter weiß
2.2 Was ich von meinem Vater weiß
2.3 Wie ich Abschied von meiner Familie nahm
3.0 Mein öffentliches Leben in Israel
3.1 Wie ich zu meiner besonderen Berufung kam
3.2 Mein Galiläischer Frühling
3.3 Meine Krise in Galiläa und mein letzter Weg nach Jerusalem
4.0 Wie es nach meinem Tod weiterging
4.1 Die Bewältigung des Todes mit dem Wort der Prophete
4.2 Petrus erinnert sich
4.3 Warum ich Paulus nach meinem Tod zum Apostel berief
5.0 Mein Gerichtswort über die Religionen
6.0 Meine Ankündigung eines neuen Bundes für alle Völker
6.1 Das Zeugnis der Propheten und Weisen aller Völker
6.2 Die Ankündigung eines neuen Bundes mit allen Völkern
Vorwort
Jesus von Nazareth ist eine der faszinierendsten Gestalten der Welt- und Religionsgeschichte. Er gilt als der Begründer aller christlichen Kirchen. Erschreckend ist, dass heute scharenweise Christen ihre Kirche verlassen, der christliche Glaube in den Familien nicht mehr weitergegeben wird und es bald keine Priester, Mönche oder Nonnen mehr gibt. Unterdessen erlöschen alte Traditionen, Kirchen werden abgerissen, Klöster schließen ihre Tore, Priester und Bischöfe haben schwere Schuld auf sich geladen und ihre Glaubwürdigkeit verloren.
„Auf ein verrottetes altes Gewand kann man keinen neuen Flicken setzen, denn jeder neue Flicken reißt nur ein größeres Loch im alten Gewand (Mk2, 21).“ Dieses Wort, das Jesus damals seiner jüdischen “Kirche“ gesagt hat, sagt er uns heute. Er hatte damals erkannt, dass seiner verhärteten “Kirche“ kein Reformflicken mehr half, sondern nur noch das Bekenntnis für eine größere Freiheit. Sein Abba-Gott der Liebe war für ihn der Garant seiner Freiheit. Für diese größere Freiheit ist er gestorben. Sie hat seine Kirche heute verspielt und ist in die Verhärtung zurückgefallen. Für diese Freiheit sterben auch heute Menschen und sie sterben nicht umsonst. Der Kirche heute helfen auch keine Reformflicken mehr für ein altes verrottetes Gewand, sondern nur noch ein neues Gewand. Dafür setzen sich immer mehr Menschen mit Leib und Leben ein, auch ohne seinen Namen zu nennen.
Jesus kehrt hier auf die Erde zurück. Dostojewski hat seine Rückkehr im Roman “Die Brüder Karamasow“ prophetisch vorweggenommen. Der höchste Vertreter der Kirche lässt ihn festnehmen, klagt ihn an, verurteilt ihn wieder zum Tod, und die gehorsame Menge zündet den Scheiterhaufen gehorsam an.
Mit welchem Recht berufen sich die Kirchen, die Präsidenten und autoritären Staatslenker heute auf diesen Jesus?
Diese Frage stand im Zentrum der Forschung der letzten 200 Jahre. Die ersten Wissenschaftler, die sich mit dem Leben Jesu historisch-kritisch auseinandersetzten, waren Reimarus und Lessing. Sie erkannten zum ersten Mal einen „garstigen Graben“ zwischen dem Leben des historischen Jesus und dem verkündeten „Christus“ der Kirchen.
Der berühmte Arzt Albert Schweitzer hat 1906 als Professor der Theologie festgestellt, dass es zwar unmöglich ist, ein historisch verbürgtes Leben Jesu zu schreiben, aber nicht unmöglich, seiner Botschaft zu folgen. Das tat er in einem ungewöhnlichen und von vielen bis heute bewunderten Schritt. Er gab seine theologische Professur und erfolgreiche Karriere auf, studierte neu Medizin, wurde Arzt und half im Hospital von Lambarene, mitten im Urwald von Afrika, den Kranken und Armen bis zum Ende seines Lebens.
Das Problem des historischen Jesus ist bis heute Gegenstand der Forschung. Prof. Gerd Theissen hat einige Ergebnisse jüngst zusammengefasst in einem Roman “Der Schatten des Galiläers“.
Im letzten Jahrhundert entstanden ganze Bibliotheken von Jesus-Büchern. Alle sind aus dem Blickwinkel einer seinsmäßigen Gottessohnschaft geschrieben, aber hier zum ersten Mal aus dem Blickwinkel einer menschlichen Gottessohnschaft, wie wir alle Kinder, Söhne und Töchter Gottes heißen und es sind (vgl.1Joh 3.1).
Heute erreicht die Jesus-Literatur neue Kulturkreise. Der gebürtige Iraner Reza Haslan hat auf dem Hintergrund seines islamischen Weltbildes diesen Jesus als „Zelot“ und Revolutionär beschrieben. Sicher hat sich der historische Jesus für die größere Freiheit der Menschen eingesetzt und ist dafür gestorben, aber nicht mit religiösem Fanatismus und politischer Gewalt, sondern in radikaler Gewaltlosigkeit. Der auch aus dem Iran stammende Schriftsteller Said lässt diesen Jesus in seinem Büchlein “Ich Jesus von Nazareth“ mit einem emotionalen Aufschrei für die Freiheit selbst zu Wort kommen und gegen den falschen Schein der Religionen mit ihren „potemkinschen Dörfern“ prophetisch antreten. Sein Jesus will die Menschen von den Fesseln frommer Gewalt und Lügen befreien und sie für einen Glauben universaler, gewaltloser Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit gewinnen.
Der Jesus meines Buches setzt den Befreiungsruf von Said fort, tritt aber nicht im überirdischen Gewand einer 2000-jährigen heiligen Tradition auf, sondern im menschlichen Gewand seiner Zeit, das die Forschung ihm heute mehr und mehr zuerkennt. Er gibt sich unserer Zeit als Mensch zu erkennen, wie er sich seiner Zeit als einfacher Mensch zu erkennen gab und nie mehr sein wollte.
Ich habe in vielen Jahren des Studiums die Hoffnung gewonnen, dass die Kirchen, wenn sie der Botschaft Jesu treu bleiben wollen, heute als Weizenkorn in die Erde fallen und sterben müssen, um für eine neue Zeit aufzuerstehen und Frucht zu bringen. Dieses Bild vom Weizenkorn, das stirbt und im Frühling einer neuen Zeit aufersteht, heranwächst und hundertfältige Frucht bringt, hat Jesus mit seinem Leben wahr gemacht. Wenn die Kirche, die sich der fortlebende Christus nennt, nicht dazu bereit ist, wird „die geschehende Geschichte sie als richtender und zerstörender Blitz treffen, ruft Alfred Delp SJ. „Im Angesicht des Todes“ prophetisch seiner Kirche zu.
Zusammenfassen kann ich sagen, dass ich aus meiner wissenschaftlichen Arbeit und dem Glaubenszeugnis von Dietrich Bonhoeffer, der Jüdin Simone Weil, der jüngsten Kirchenlehrerin Therese von Lisieux, von Mahatma Gandhi, Martin Luther King, Bischof Romero und zahllosen Frauen und Männern aus allen Völkern und Religionen, die für die größere Freiheit und Liebe zu zu kämpfen und sterben bereit waren, ein neues Glaubensverständnis gewonnen. Ich habe es jungen Studierenden kritisch und gläubig vorgestellt, und da geschah es immer wieder, dass sie nach ihren Prüfungen zu mir kamen und bekannten: „Jetzt können wir es Ihnen ja sagen. Wissen Sie, dass Sie uns den Glauben, den wir schon über Bord geworfen hatten, zurückgegeben haben? Wann geben Sie ihn unseren Eltern weiter? Auch sie fragen danach und warten darauf.“
Ich versprach es und zögerte viele Jahre. Ich wollte mein neues Glaubensverständnis als kostbare Perle nicht dem blinden Hass der nur Rechtgläubigen aussetzen, die mir nur falschen Glauben und Häresie vorwarfen. Aber meine innere Stimme mahnte mich, dass ich das neue Verständnis nicht für mich behalten dürfe, sondern es allen weitergeben müsse. Hier ist es.
Ostern 2021
BernhardScherger
1.0 Ich Jesus von Nazareth bin zur Erde zurückgekehrt
1.1 Ein Traum
Die Welt steht am Abgrund. Terror, Krieg, Krankheiten und Katastrophen breiten sich aus und machen Angst. Aufgeblähte Kapitalströme umkreisen die Erde und bedrohen mit Inflation die Weltwirtschaft. Machthaber greifen zu autoritärer Herrschaft und schüren Hass und Gewalt. Hohe Vertreter der Kirchen haben sich durch Missbrauch, Korruption und Lügen in Verruf gebracht und ihre Glaubwürdigkeit erschüttert. Fanatische Marodeure verwüsten in der ganzen Welt plündernd und mordend Städte, Dörfer und Landschaften, verbreiten Furcht und Schrecken und nennen sich Gotteskrieger. Da fragen sich immer mehr Menschen: „Steht uns die Apokalypse und das Ende der Welt bevor? Wo ist Gott? Warum lässt er alle Verbrechen und Kriege zu? Warum hilft er uns nicht mit mächtiger Hand? Gibt es den allmächtigen Gott überhaupt?“
Als ich darüber ins Grübeln geriet, überfiel mich ein Traum. Ich hörte eine laute Stimme, die sagte: „Gott hat seinen Messias und alle Propheten auf die Erde gesandt, nicht um die Menschen zu richten, sondern zu retten.“ Ich fragte: „Aber jagen nicht tyrannische Herrscher mit ihren Hohen Priesterschaften hinter ihnen her, um sie zum Schweigen zu bringen?“ Ich hörte zur Antwort: „Die Herrscher wissen nicht, dass sie mit ihrer gesamten Macht und Anhängerschaft nach ersten Siegen ins Unglück rasen.“ Dann sah ich, wie der Messias mit den Propheten durch Länder und Kontinente zog und eine neue Friedensbotschaft verkündete. Jedoch die Menschen wollten sie nicht hören, erkannten den Messias und die Propheten nicht, brachten sie zum Schweigen und gingen weiter blind ihren Geschäften nach.
Ich sah mich am Wegrand stehen und erblickte plötzlich den Messias, der mit seinen Propheten vorbeikam. Er schaute auf, sah mich und rief: „Hallo, guter Freund, heute müssen wir bei Dir einkehren.“ Ich erschrak: „Bei mir? Warum?“ Er sagte: „Wir haben einen Auftrag mit einer wichtigen Botschaft. Die Menschen wollten uns nicht hören. Wir teilen Dir die Botschaft mit. Schreibe sie auf und gib sie weiter.
Ich fragte: „Welche Botschaft?“ Er sagte: „Eine Botschaft von GottGottes für die Menschen, damit wieder Gerechtigkeit und Liebe bei ihnen einkehrt, sie frei werden vom alten Ballast der Jahrhunderte und vom falschen Zwang überholter Gottesgesetze. Viele haben sich schon von den Ketten und Zwangsjacken ihrer Religionen befreit und ihren falschen Glanz als den gleißenden Schmutz alter Zeit erkannt .“
Ich verstand das nicht, aber lud den Messias und seine Freunde in mein Haus ein. Es wurde dunkel. Alle hatten Hunger. Da nahm er Brot, segnete es und teilte es aus. Alle aßen und wurden satt. Danach erzählte er mir sein Leben. Er sagte, dass sein Leben weithin falsch verstanden und die Wahrheit verschwiegen und vertuscht werde. Die Propheten gaben ihre Botschaft weiter. Wir saßen viele Stunden zusammen, und ich hörte ihnen staunend zu und machte mir Notizen, so gut ich konnte. Am Horizont erschien das erste Licht des neuen Tages. Der Messias und die Propheten hatten alles gesagt und schwiegen. Ich wurde müde und schlief ein. Als ich aufwachte, war ich allein. Hatte ich geträumt? Aber die Reste des Brotes lagen noch auf dem Tisch.
Ich begann sofort mit der Arbeit und schrieb das Leben des Messias auf, wie ich es gehört hatte. Aber als ich die Botschaft der Propheten aufschreiben wollte, gelang mir das nicht. Ich begann von vorne, zerriss einen Entwurf nach dem anderen, aber alle Mühe war umsonst. Ich schaffte es nicht und war verzweifelt. Da hörte ich meine innere Stimme, die sagte: „Gib nicht auf! In Deiner Schwachheit wird die Kraft Gottes sich stark erweisen!“ Ich suchte weiter nach einem Schlüssel und fand ihn überraschend in einem kleinen Gedicht des Dichters Novalis. Es beginnt: „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren sind Schlüssel aller Kreaturen …“ Der Dichter zählt darin die Fehlentwicklungen seiner Zeit auf und sieht die Lösung in einem geheimen Wort, vor dem „das ganze verkehrte Wesen“ der neuen Zeit „fortfliegt“. Er nennt das Wort nicht, aber für mich war es das scheue Wort “Liebe“. Ich erkannte es als Schlüsselwort für den Entwurf eines neuen Glaubensverständnisses. Ich ging entschlossen ans Werk und ruhte nicht eher, bis ich fertig war. Es war wie ein neues Glaubensgewand. Ich zeigte es meinen Freunden. Sie schüttelten den Kopf und lehnten es ab. Da hörte ich wieder die Stimme, die sagte: „Habe keine Angst! Gehe an die Hecken und Zäune der Welt und biete es allen an (Lk 14,23)!“Ich ging und die Menschen strömten aus allen Ländern und Kontinenten hinzu und nahmen das neue Gewand dankbar an.
Dann sah ich wie im Zeitraffer einen Sturm der Zerstörung die Welt erschüttern und über alle Völker und Kontinente hinwegrasen. Ich dachte, die Welt geht unter. Aber sie ging nicht unter, sondern veränderte sich nur. Ich hoffte auf das Erscheinen des Messias und der Propheten. Aber sie kamen nicht, und ihre Ankunft verzögerte sich. Sie waren auf dem Weg, aber ich kannte weder den Tag noch die Stunde ihrer Ankunft.
Eines Morgens, als gerade die Sonne aufging, sah ich am Horizont eine große Schar von Menschen, die niemand zählen konnte. Sie zogen singend und jubelnd auf den großen Platz vor mir und versammelten sich um den Messias und die Propheten. Alle trugen das neue Gewand. Ich hörte, dass der Geist Gottes sie hier zum ersten gemeinsamen Fest der Völker eingeladen hatte.
Der Messias, der von den Propheten zum Sprecher gewählt worden war, stand auf einem kleinen Hügel und richtete sein Wort an alle:
„Hört und versteht die Botschaft Gottes, die wir heute an Euch richten. Verhärtet Eure Herzen nicht! Vor aller Zeit, als Gott alle Galaxien mit Milliarden Sonnen schuf, wollte er nicht der allmächtige einsame Herrscher über den Kosmos seiner Schöpfung sein, sondern die alles durchwaltende und bewegende Liebe in ihr. So wurde seine Liebe zu ihrem geheimen Siegel und ihrer verborgenen Kraft. Diese geheime Liebe Gottes setzte auf Eurer Erde die Evolution in Gang und entwickelte sich in Milliarden Jahren auf das Leben hin, brachte die erste lebende Zelle hervor und breitete sich dramatisch schnell als tausendfaches buntes Leben in Pflanzen, Tieren jeder Art und zuletzt in den Menschen über die ganze Erde hin aus. Aber mit der ersten lebenden Zelle, die starb, war auch der Tod geboren. Es gab das unendliche Sterben und Geborenwerden eines tausendfachen Lebens. Die Evolution überwand den Tod durch die Weitergabe des Lebens von Generation zu Generation. Im Menschen erwachte die Liebe und kam Gott zu sich selbst. Diese Liebe, die schon unbewusst im Tierreich und in aller Schöpfung da war, ist im Menschen mit der Weitergabe des Lebens zum Bewusstsein ihrer selbst gekommen.
Der Mensch gewann die Freiheit, sich für die selbstlose und machtlose Liebe zu entscheiden, allen Menschen zu dienen, sie und sich auf diese Weise glücklich zu machen und die Welt in Frieden zu lassen. So hatte er sich für das Bild Gottes entschieden, wozu Gott ihn sich hat entwickeln lassen. Seine Freiheit hatte aber eine Kehrseite. Er konnte sich in gleicher Weise narzisstisch und egoistisch für sich allein entscheiden, sich einsam auf den Thron von Macht, Ehre und Reichtum setzen und alle Menschen zu Sklaven zu machen. Hatte er sich für diese Freiheit entschieden, führt er zuerst ein scheinbar glänzendes und bejubeltes Leben, aber hatte sich am Ende in Hass, Streit und Krieg selbst zerstört und riss noch alle um sich herum in den Abgrund der Selbstzerstörung.
Die griechische Philosophie beschreibt diese Freiheit der Entscheidung im Mythos des Herakles am Scheideweg. Der Held sieht zwei schöne Frauen auf sich zukommen. Beide werben für ihren Lebensweg. Er muss sich entscheiden. Die eine ist reich, üppig und verführerisch schön, verspricht einen Lebensweg von Lust, Ansehen, Reichtum und Ehre, aber verschweigt, dass ihr Weg erkauft wird mit dem Leid und der Versklavung unendlich vieler Menschen. Am Ende hat er so viel Hass auf sich gezogen, dass die Menschen ihn ablehnen und alles zerstören, was er sich einst aufgebaut hat.
Die andere Frau ist bleibt zurückhaltend und lädt Herakles zu einem mühevollen, aber glücklichen Lebensweg zusammen mit vielen Menschen ein. Ihr Weg macht die Welt besser, friedlicher und offen für eine gute Zukunft. Diese Leben gewinnt die Liebe der Menschen und bleibt glücklich bis zum Ende. Herakles entscheidet sich für den mühevollen, aber glücklichen Lebensweg.
Seit der Steinzeit hat sich der Mensch in allen seinen Gemeinschaften, Stämmen, Clans, Völkern, Herrschaften und Reichen für Macht, Lust, Ansehen und Versklavung vieler entschieden, und dieses Leben hat er mit Priesterschaften, Religion und einem projektiven allmächtigen Gott gesichert. Hier geschah der „Sündenfall“ des Menschen, der ihn bis heute in jedem Jahrhundert zu endlosen Kriegen und Selbstzerstörungen geführt hat. Der Sündenfall wurde ihm zwar bewusst, und er hat sich über Jahrhunderte bemüht, ihn unter die Kontrolle seines Verstandes zu bringen. Aber das ist ihm bis heute nicht gelungen. Er gelang ihm zwar, das Leben in bewusster Liebe zu einem Du vereinzelt weiterzugeben, aber diese Liebe wurde nicht zum Maßstab für die Gemeinschaften und Kulturen. Die Gründer der großen Religionen versuchten auch immer, die alte narzisstische Macht- und Triebstruktur des Menschen mit Gesetzen, göttlichen Geboten, Fasten, Bußübungen und Gelübden zu bändigen. Aber auch das war weithin vergebens.
Der Mensch hielt sich für die Krone der Schöpfung und war doch nur ihr letztes, sich selbst oft nur zerstörendes Geschöpf der Evolution. Er wurde in allen Kulturen von Herrschern und Tyrannen als Sklave und Untertan missbraucht und fiel immer wieder - oft im Namen seines Gottes - in seine Tier- und Triebnatur zurück, zerstörte damit sich, seinen Glauben und die Würde seines Menschseins. Und doch blieb die Liebe, worin Gott sich geheimnisvoll verbarg, die immerwährende Sehnsucht des Menschen. Er ahnte früh, dass sein Leben über den Tod hinausgeht. Deshalb gab er seinen Toten Geschenke des Lebens mit ins Grab. Selbst die Tiere schienen diese Ahnung zu haben. So staunen wir heute über die langen Wanderungen der Elefanten zu den Orten ihrer verstorbenen Artgenossen, wo sie ihrer Toten „in Liebe gedenken“.
Der Mensch ist das einzige Wesen, das weiß, dass es sterben muss. Wie alles Leben wehrt er sich gegen den Tod, nimmt ihn nicht an, versteht ihn weithin noch als Strafe und nicht – wie Franziskus – als Lobpreis für das Geschenk des Lebens und der Liebe. Franziskus und viele weise und heilige Männer und Frauen wussten, dass nur die Liebe den Tod überwindet.
Das ist heute meine Botschaft: Ihr Menschen seid in Eurer Evolution noch lange nicht am Ende. Immer noch fesselt Euch die alte Triebstruktur Eurer evolutiven Mitgift. Ihr habt Euch bis heute nur einseitig cerebral und nicht human weiterentwickelt. So wie Ihr Euch vor 30.000 Jahren mit Stöcken und Steinen totgeschlagen habt, schlagt Ihr Euch heute mit hochentwickelten Bomben und Raketen tot. Wohin hat sich Euer Verstand also entwickelt? Früher seid Ihr in Stämmen übereinander hergefallen, habt Euch ausgeraubt, vertrieben und gegenseitig ermordet. Heute fallt Ihr als Völker mit Ideologien und Religionen übereinander her und tötet Euch in großen und kleinen Kriegen. Mit großen Militärbündnissen rüstet ihr gegeneinander auf, glaubt zur Sicherheit stärker sein zu müssen als der Gegner und droht mit den stärksten Waffen. So denkt auch der Gegner, und damit macht Ihr Euch arm und zerstört Euch gegenseitig. Nach dem Bild und Gleichnis Eurer Macht habt Ihr Euch Götter und Götzen geschaffen, die Eure sinnlosen Kriege rechtfertigen. Eure Herrscher von Gottes Gnaden, Eure Präsidenten, Generäle und Machthaber mit ihren Ideologen, Experten und Priesterschaften verlangen von Euch unbedingten Gehorsam im Namen Gottes oder der nationalen Sicherheit. Mit ihren angeblich göttlichen Moralgesetzen und heiligen Schwüren haben sie Euch gehorsam und willenlos gemacht. Wer ihrer Macht und ihren unterdrückenden Gesetzen nicht gehorsam ist, den verfolgen, quälen und töten sie im Namen ihrer Lügen .
Zum Beweis ihrer Macht ließen und lassen sich die Pharaonen, Kaiser, Könige, Präsidenten, Autokraten und Diktatoren mächtige Paläste, Burgen und Schlösser errichten. In ihnen prassten sie in Reichtum und Wohlleben und ließen sich von ihren Sklaven, Dienern und Untertanen bejubeln. Sie ließen sich zu ihrer Ehre und ihrem ewigen Gedenken Pyramiden, Grabmäler und Kathedralen erbauen. Sie ließen Ihre Körper für die Ewigkeit einbalsamieren oder in Stein meißeln. Aber trotz all ihrer Anstrengungen, über den Tod hinaus zu leben, zerfielen ihre Reiche, zerbrach ihre Macht, verdarben ihre Körper und wurde ihre Erinnerung ausgelöscht. Ihr Untergang war nicht, wie die Priester behaupten, die Strafe der Götter für ihre Vergehen, sondern die natürliche Folge eines ungeschriebenen Gesetzes, das heißt: Alle Macht, die sich nur auf Unterdrückung, Versklavung und Ungerechtigkeit stützt, ist zum Scheitern verurteilt. Das gilt auch für die Macht der Religionen und ihrer Hohen Priester und Prophetensöhne.
In ihren Ursprüngen haben sich die Weltreligionen von dem ungerechten und unbarmherzigen Systemen der Macht und Herrschaft gelöst, sich auf einen barmherzigen und gerechten Gott berufen und ihn zur Mitte ihres Glaubens gemacht. Aber alle Religionen sind im Lauf ihrer Geschichte von ihren guten Ursprüngen abgefallen und zu den Götzen der Macht, der Unbarmherzigkeit und Ungerechtigkeit übergelaufen. Obwohl sie in ihren heiligen Texten am wahren Glauben festgehhalten haben, sind sie in ihrem geschichtlichen Handeln von der Wahrheit und Liebe abgefallen, haben Kreuzzüge und heilige Kriege geführt und haben sich damit zuletzt selbst zerstört.
Wann werdet Ihr das eherne Gesetz der Schöpfung erkennen, dass alle ungerechte Gewalt, alle Lügen und Verbrechen, alle Korruption und Unmenschlichkeit am Ende, oft erst nach bejubelten Schein-erfolgen, die sichere Selbstzerstörung bedeuten?
Euer einziger Weg zum Frieden ist nicht Eure unterdrückende Macht und hochgerüstete Gewalt, sondern Euer humaner Dienst, Eure gegenseitige Hilfe, Euer Verzeihen, Eure Nachsicht und Ehrfurcht gegenüber aller Natur und Wirklichkeit und Eure selbstlose Liebe. Gewalt bringt immer Gegengewalt hervor. Sie kann zuletzt nur besiegt werden durch die Bereitschaft, der Gewalt keine Gegengewalt entgegen zu setzen. Zu dieser Einsicht sind wir evolutiv noch nicht imstande. Zuletzt müssen wir durch die Selbstzerstörung mit unseren stärksten Waffen hindurchgehen, um zur Einsicht zu kommen, dass der Weg der Gewalt für alle Seiten immer der schlechteste Weg ist. Zu dieser Einsicht werden wir wohl erst durch das Erleiden unserer Selbstzerstörung kommen. Die armen Länder werden dann die reichen Länder sein, die reichen Länder die armen, und die Fluchtbewegung wird sich umkehren. Das habe ich meinem Volk in der Bergpredigt, meinen Freunden mit der Fußwaschung und allen mit meinem Leben und Sterben vorgelebt. Aber meine Jünger und Nachfolger habe das nicht verstanden und sind bald wieder von meiner Botschaft und meinem Leben abgefallen und zu den Götzen der Macht übergelaufen, haben auf Herrschaft und Unterdrückung gesetzt und zerstören sich heute selbst. Meine Freunde glaubten die Stellvertretung Gottes einnehmen zu müssen und haben sich die Füße zum Zeichen ihrer göttlichen Macht – statt anderen zu waschen – küssen lassen. Das ist der Beweis und das Kainsmal ihres Abfalls. Auch von den verlorenen Kreuzzügen und Hexen-folterungen und -ermordungen haben meine Nachfolger nichts gelernt. Vielmehr haben sie den Teufelskreis von Macht und Selbstzerstörung immer wieder ohne Einsicht fortgesetzt. Die nächste selbstverschuldete große Selbstzerstörung steht vor Eurer Tür, und sie wird schlimmer sein als alle vorherige. Euer Werk Gottes wird Euch mit aller Macht und allem Geld nicht retten, sondern Eure Selbstzerstörung nur beschleunigen.
Jetzt ist die Stunde der kopernikanische Wende Eures Glaubens. Heute könntet Ihr noch umkehren und zu einer gottgewollten Welt der Liebe ohne Hass und Gewalt kommen, morgen wird “der Blitz der Geschichte“ (Alfred Delp) Euch dazu zwingen.
Heute sollt Ihr erkennen und wissen, dass es Euer Gottesbild vom allmächtigen Herrscher über den Wolken nicht gibt, der Eure patriarchalische und hierarchische Macht garantiert, der nur Opfer, Wallfahrt, Fasten und Gebet von Euch fordert, Euren angeblichen Ungehorsam mit der Hölle bestraft und Euren Gehorsam mit dem Paradies und ewiger Lust belohnt.
Es gibt nur den einen Gott der Liebe, der keinen Namen hat und kein Bild, der in Euch ist und in allem Sein als geheimes Siegel. Der Gott der Liebe schenkt Euch alle Freiheit und macht Euch zu verantwortlichen freien Stellvertretern seiner Schöpfung. Zu seiner Liebe könnt Ihr Euch bekennen und zu ihm als freie selbstverantwortliche Kinder eines lieben Vaters kommen. Zu ihm könnt Ihr beten, dass er Euch in seiner Liebe die Kraft schenkt, alle Not zu bewältigen und alle Katastrophen zu lindern, alle Krankheiten zu besiegen, alle Verbrechen zu verhindern oder zu bestrafen und alle Lügen mit der Macht der Wahrheit aufzudecken.
Der Gott der Liebe nimmt in allem Sein den letzten Platz ein und hat doch die höchste und allgegenwärtige geheime Macht. Er will nicht die Freiheit seiner Geschöpfe aufheben und sein Gottsein in der Liebe dabei aufgeben. Aber er schenkt seiner Schöpfung und seinen Geschöpfen die Kraft, alle Not, selbst die größte, zu meistern und zur Dynamik der Liebe werden zu lassen.
Mein geliebter Bruder und Freund Franziskus hat Euch die vollkommene Freude einmal am Beispiel der furchtbarsten Katastrophe, die er erlebte hat, erklärt. Er erzählt, wie er mitten im Winter in Eiseskälte, gänzlicher Verlassenheit an eine Tür klopft und um Hilfe bittet. Aber statt Hilfe wird er in die Eiswüste zurückgejagt und werden noch Hunde auf ihn gehetzt. Diese Situation bezeichnet Franziskus als den Zustand der vollkommenen Freude. Ein Widersinn? Ja, nach unseren scheinbar „normalen“ Maßstäben. Aber sein Maßstab ist der neue Maßstab der Liebe, die uns stark macht, selbst in den schlimmsten Situationen nicht unglücklich zu sein, sondern in der Liebe glücklich zu sein, zu wachsen und die „vollkommene Freude“ darin zu erleben. In dieser Liebe verwandelt sich jede Katastrophe in ihr Gegenteil. An der Katastrophe des Kreuzes habe ich diese vollkommene Liebe gelernt und im Tode erfahren.
Diese Liebe bleibt der Schöpfung treu. Von dieser Liebe gibt es kein Bild und keinen Namen. Sie könnt Ihr nicht beschreiben und nicht in Worte fassen, denn Euer namenloser Gott ist mitten in aller Schöpfung gegenwärtig da, wie er im brennenden Dornbusch sich als“der, der da ist“offenbarte.
Alle Religionen aber, die sich auf das Bild eines allmächtigen Gottes als Garanten ihrer Macht berufen, berufen sich auf einen Götzen. Das hat Gott Euch mit dem Zweiten der Zehn Gebote verboten: „Du sollst Dir kein Bild von Gott machen!“, auch nicht das Bild eines gewünschten und ersehnten allmächtigen Gottes.
Noch einmal sage ich Euch: Bald werdet Ihr zur Einsicht kommen, dass es Euren allmächtigen Gott, den die Religionen Euch seit Jahrtausenden verkünden und Euch damit unterdrücken, nicht gibt. Wenn es ihn gäbe, wäret Ihr nicht freie, gottesebenbildliche Geschöpfe, sondern Sklaven. Aber Gott will keine Sklaven, hat Euch nicht als Sklaven geschaffen und hat nicht die Macht der Herrscher garantiert, damit sie Euch unterjochen, sondern hat Euch als freie Menschen nach seinem Bild und Gleichnis in Liebe erschaffen, die kein Bild zu fassen vermag und kein Name ausdrücken kann, die nur an ihrem Handeln, an ihren Früchten, an ihrer Demut und ihrem letzten Platz und ihrem letzten Dienst erkannt wird.
Ihr geht zu den Menschen in ihrer Not. Sie tragen mein Antlitz und Ihr seid die wahren Stellvertreter Gottes, wenn Ihr den Letzten und Ärmsten zur Seite steht - am Krankenbett, im Gefängnis, im Lager und auf den Straßen der Welt. Das hat mein geliebter Freund Dietrich Bonhoeffer Euch zuletzt noch gesagt, aber Ihr habt es nicht verstanden und nur seine Lieder gesungen. Er schrieb Euch:“Menschen gehen zu Gott in Seiner Not, finden Ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot, sehen Ihn verschlungen, von Sünde und Tod, stehen bei Gott in Seinem Leiden.“ Mit jedem hilfesuchenden und hilfreichen Menschen kommt Gott zu Euch und macht Euch die Welt mit seiner Liebe zum Ort des Himmels.
Wenn Ihr Euch aber der Liebe verweigert, bestraft Gott Euch nicht, sondern Ihr bestraft Euch selbst mit Streit, Hass, Gewalt und Krieg. Wenn Ihr Euch weiter mit dem Virus des narzisstischen Egoismus, Nationalismus und Rassismus ansteckt und glaubt, mit Gewalt und Hass, Mord und Totschlag die großen Gewinner zu sein, dann habt Ihr zuerst Erfolg, aber zerstört Euch und Eure Welt.
Heute beginnt für Euch eine neue Zeit. Gott ist nicht mehr der allmächtige Herr und Herrscher über Euch, sondern die Liebe in Euch und in allem Sein, das Euch umgibt. Ihr erfahrt diesen Gott der Liebe, wenn Ihr das Leben weitergebt, wenn Ihr unter dem gestirnten Himmel staunend steht und Euch dabei vergesst, wenn Ihr Meer und Gebirge bewundert, einen Baum umarmt und Ihr das tausendfache Leben um Euch sich entfalten seht. Das Erfahren der Liebe Gottes in Euch und um Euch ist keine blinde Schwärmerei, sondern die Wahrheit der Liebe Gottes in aller Schöpfung.
Ihr steht heute vor einer Entscheidung: Entweder Ihr bejaht diesen Gott, der Euch ein Leben lang nicht loslässt mit seiner Liebe, die größer ist als Ihr selbst, stärker ist als alle Gewalt und über Euer Leben hinaus in die Ewigkeit reicht. Oder Ihr verweigert Euch der Liebe, sucht Euch selbst und zerstört Euch selbst und Eure Welt in Lüge, Hass und Gewalt.
Mit meinem letzten Wort am Kreuz, als ich Jesus, Euer Prophet und Messias, verzweifelt rief: “Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“, verlor ich meinen Glauben an einen allmächtigen Vatergott, auf dessen Hilfe ich gehofft hatte, aber gewann einen neuen Glauben an den Gott der Liebe, der mich nicht vom Kreuz befreite, mir aber die Kraft gab, an meinem Kreuz im Tod das Zeugnis der Liebe zu erfahren und in dieser Liebe glücklich zu sein und aufzuerstehen.
Das Feuer dieser Liebe, die von meinem Tod am Kreuz ausging, war so stark, dass die Menschen darin einen neuen Glauben erkannten und diesen Glauben mit ihrer Liebe über Jahrhunderte weitergaben und lebendig erhielten. Heute scheint davon nur Asche übrig geblieben zu sein. Ich bin mit den Propheten gekommen, um das Feuer dieser Liebe, das sich unter der Asche verbirgt, neu zu entfachen und auferstehen zu lassen.
1.2 Meine Rückkehr mit den Propheten
Ja, ich Jesus von Nazareth, den Ihr Messias, Prophet und Gottessohn nennt, bin mit allen Propheten der Religionen auf die Erde zurückgekommen. Wir sind durch Eure Länder, Straßen und Marktplätze gezogen, waren in Euren Tempeln und Gotteshäusern und wurden nicht erkannt. Wir haben unsere Botschaft verkündet, aber die Menschen wollten sie nicht hören und fühlten sich durch uns gestört. Sie hatten sich ein anderes Bild von uns gemacht, wussten nicht, wer wir waren, und verstanden nicht, was wir sagten.
Dabei sah ich mich als Messias und Gottessohn überall verehrt und abgebildet, als Kind in der Krippe, als Wundertäter in Galiläa, als Wanderprediger in ganz Israel, als Prophet in Jerusalem und als gekreuzigten Erlöser und auferstandenen Sohn Gottes in zahllosen Kirchen, Kathedralen und Häusern. Welch ein unverständlicher Widerspruch war das für mich! Ich fragte die Menschen, was sie von ihrem Messias wussten und hörte nur eine Antwort: „Er war Gott!“ Ich fragte die Schulkinder, und sie sagten: „Er hat Wunder gewirkt und war Gott.“ Viele kannten mich nicht und lachten nur.
So möchte ich heute mein Leben neu erzählen, damit die Menschen mich neu kennenlernen und besser verstehen.
Ich möchte alle Menschen zuerst an meinen letzten Tag und mein Testament. Ich hatte den Menschen mein Gerichtswort als Maßstab für ihr Leben mitgegeben: „Was Ihr den Geringsten antut, das habt Ihr mir und damit Eurem Gott angetan.“ Vor dem letzten Abendmahl habe ich meinen Freunden das letzte Sakrament als mein Testament geschenkt: die Fußwaschung. Dazu habe ich ihnen gesagt: „Ich, Euer Herr und Lehrer, bin Euer Sklave und verrichte an Euch den letzten Dienst, damit Ihr als meine Jünger nie Herrschaft, Macht und Reichtum beansprucht, sondern Vorbild in der Liebe, der Demut und im selbstlosen Dienst seid.(vgl. J 15,5-14) Heute muss ich darüber klagen, dass Ihr mein Testament schon früh verraten und ins Gegenteil verkehrt habt. Statt den letzten Dienst an den Menschen zu verrichten, habt Ihr Euch von tausend Dienern bedienen, habt Herrschaft ausgeübt und Euch die Füße küssen lassen. Ach, hättet Ihr doch mein Wort: „Ich bin Euer Sklave und der Geringste“ so viel nachgedacht und geschrieben, wie Ihr jahrhundertelang über das „Ich bin“ (Mk 14,22) meines Abendmahlwortes geschrieben habt!
Wenn Ihr mein Gerichtswort nicht missbraucht und verraten hättet, hättet Ihr keine Scheiterhaufen angezündet und keine Kriege in meinem Namen geführt, sondern mich in allen Menschen, besonders in den Geringsten wiedererkannt. Auch die Andersgläubigen und die Ihr ungläubig nanntet, waren für Euch die Geringsten. Warum habt Ihr in ihnen nicht mich erkannt! Ich werde Euch im „Jüngsten Gericht“ nicht nach Euren Glaubensbekenntnissen, Dogmen, Moralgeboten und Kirchengesetzen fragen. Ich werde Euch nicht nach Euren ewigen Wahrheiten und Offenbarungen fragen. Ich werde Euch nicht fragen, ob Ihr an Abraham, Moses, Buddha oder Mohammed geglaubt oder nicht geglaubt habt, ob Ihr an mich als Prophet, Messias, Gottessohn oder Gott geglaubt habt oder nicht geglaubt habt. Ich werde Euch nicht fragen, ob Ihr an die Lehren von Moses, Jesus, Buddha, Mohammed, Marx oder Mao geglaubt habt, ob Ihr an den einen oder an keinen Gott geglaubt oder ob Ihr an Sonne, Mond und Sterne als Götter geglaubt habt. Ich werde Euch nur fragen, ob Ihr gegenüber meiner Schöpfung, meinen Geschöpfen und allem Leben Ehrfurcht, Demut und Liebe gezeigt habt. Ich werde Euch im Gericht nur fragen, ob Ihr mich in den Armen und Geringsten erkannt, meinen Hunger gestillt und meinen Durst gelöscht, meine Krankheit geheilt, meine Armut gelindert und meine Einsamkeit in Liebe geteilt habt. Wenn Ihr das getan habt, lade ich Euch als Gesegnete meines Vaters ins Paradies der Liebe ein. Wenn Ihr das nicht getan habt, bleibt Euch das Paradies verschlossen, auch dann, wenn Ihr Euch rechtfertigt und sagt: „Wir waren doch Deine unfehlbaren Stellvertreter, haben Deine Sakramente gespendet und empfangen, an alle Dogmen geglaubt, viele Gebete gesprochen, zahllose Wallfahrten gemacht und Almosen gespendet. Wir haben Deinen Stellvertretern Gehorsam erwiesen und die Gottlosen im Gehorsam gegenüber Deinem Wort bestraft.“ Meine Antwort wird sein: „Eure Rechtfertigungen helfen Euch nicht, sondern klagen Euch an und verschließen Euch das Paradies; denn Euer Gewissen hat Euch gesagt, dass ich der Gott der Liebe und Barmherzigkeit bin, wie meine Propheten es Euch gesagt haben. Ich bin nicht der Gott der Rechtgläubigkeit, sondern der Barmherzigkeit. Aber Ihr habt nicht auf meine barmherzige Stimme gehört, sondern auf die unbarmherzige Stimme Eurer egoistischen Ehre, Macht und Herrschaft. Was ich damals meinen Hohen Priestern gesagt habe, sage ich heute Euch allen: „Eure einzige Rechtgläubigkeit wäre Eure Barmherzigkeit und Liebe Euren Mitmenschen, Euren Mitgeschöpfen und meiner Schöpfung gegenüber. Das wäre Euer Glaube, Eure Offenbarung und Eure Wahrheit gewesen!“
Ja, Ihr lebt in apokalyptischen Zeiten und Eure alten Glaubensweisen gehen zu Ende. Über Jahrhunderte haben Eure Offiziellen in Kriegen, Lügen und falschen Verurteilungen zahllose Untaten begangen, meine Schöpfung zerstört, die Geringsten ausgebeutet, versklavt, unterdrückt und unmenschlich behandelt. So ist Euer Glauben zum Unglauben und Skandal für viele Völker geworden. Ihr habt Kontinente erobert, aber die Menschen entwurzelt und zu Kindern der Hölle gemacht.
Heute geht Eure Macht zu Ende. Die Menschen wenden sich entsetzt ab von Eurer Unbarmherzigkeit, Eurer Unmenschlichkeit und Eurem tausendfachen Missbrauch. Euer Glaube ist zum verdorrten Baum, Eure noch scheinbar mächtige Religion ist zur Titanic auf ihrer letzten Fahrt geworden. Gott hat Euch Eurer Blindheit überlassen, und damit seid Ihr gegen den Eisberg der Zeit gefahren. Jetzt ist es sein heiliger Wille, dass Ihr wie das Weizenkorn in die Erde fallen und sterben müsst, um in einer geschwisterlichen Gemeinschaft mit allen Völkern eine neue Auferstehung zu feiern. Die Erde wird nach Eurer selbstverschuldeten Katastrophe Euer Gelobtes Land werden. Hört auf, sie zu zerstören und zur Wüste zu machen! Folgt heute meinem Aufruf und lauft nicht der Fata Morgana großsprecherischer Macht nach. Sie wird Euch am Ende zerstören und umbringen.
Der barmherzige Gott hat sich Euch als liebender Vater und nicht als Gott der Macht geoffenbart. Alle Religionen haben Gottes Barmherzigkeit in Unbarmherzigkeit verwandelt und seine Gerechtigkeit in Ungerechtigkeit und seine Liebe in Hass und Krieg. So ist Eure Welt zu einer zerrissenen, hasserfüllten und unmenschlichen Hölle geworden. Erbarmungslos führt Ihr in meinem Namen gegeneinander Krieg. Nach Eurer Selbstzerstörung wird der barmherzige und liebende Gott Euch einen Neuanfang schenken, damit niemand sich vor ihm rühmen kann.
Zu meiner Zeit vor zweitausend Jahren ging der Mittelpunkt der Welt mit den orientalischen Großreichen der Babylonier, Assyrer, Ägypter, Perser und Griechen verloren. Das abendländische Weltreich der Römer wurde zum neuen Weltmittelpunkt. Die Hohen Priester des Tempels zu Jerusalem konnten zu meiner Zeit das verrottete jüdische Glaubensgewand nicht mehr flicken (vgl. Mk 2,21). Das hatte ich erkannt und für ein neues Glaubensgewand bin ich gestorben. Mein Apostel Paulus hat es entworfen.
Er lebte zur gleichen Zeit mit mir in Jerusalem. Aber wir sind uns nie begegnet. Er studierte unsere alte Religion in Jerusalem und war gesetzestreuer Jude. Ich war für ihn lange ein falscher Prophet. Meine Verurteilung und Kreuzigung hielt er für gerecht. Er verfolgte nach meinem Tod meine ersten Anhänger in Jerusalem, verurteilte meinen treuen Anhänger Stephanus als Häretiker zum Tod und betrieb seine Steinigung, Als er die Verfolgung meiner Anhänger auf Damaskus ausdehnen wollte, stürzte er vor den Toren der Stadt vom Pferd. In diesem Sturz habe ich mich ihm geoffenbart und ihn gefragt, warum er mich verfolge? Er schwieg, brach seelisch und körperlich zusammen, ging für drei Jahre in die Wüste, erkannte mich als liebenden Messias, der für seine Wahrheit gestorben war. Er wurde der glühendste Verkünder meiner Botschaft der Liebe. Er hat dann das neue Glaubensgewand für den neuen Weltmittelpunkt des römisch-abendländischen Weltreiches geschaffen und weitergegeben. Heute hat Europa seinen Weltmittelpunkt verloren. Aus seinen Samenkörnern, die sterben, wächst neues Leben. Alle Weisen, alle Prophetinnen und Propheten der Völker und Religionen geben ihre Botschaft weiter und stimmen ein in den Ruf nach einem universalen Glaubensgewand. Eure alten Religionsgewänder sind nicht mehr erneuerungsfähig. Gott selbst will seinen ersten bevorzugten Geschöpfen, die er nach seinem Bild geschaffen hat, nach den Wirren der kommenden Zeit ein neues Glaubensgewand schenken(Röm 11,32).
Das ist der Wille Gottes, dass alle alten Religionen heute wie Weizenkörner in die Erde der Geschichte fallen müssen, um morgen in einem neuen Frühling als universaler Glaube aufzuerstehen und tausendfältige gute Früchte zu bringen.
Über Jahrhunderte ist Euch mein Leben verzerrt und falsch überliefert worden. Ich werde es Euch neu schildern. Vor allem werdet Ihr meine Göttlichkeit neu verstehen lernen. Sie offenbarte sich nicht in Macht- und Wundertaten, wie Euch über Jahrhunderte gesagt wurde, sondern in der Radikalität der Annahme meines Menschseins mit allen Schwächen und der Übernahme des Todes, der keine Strafe Gottes ist, sondern ein Geschenk seiner Liebe mit dem Versprechen: Wer im Leben in der selbstlosen Liebe gewachsen ist, bleibt in Gott und wird auferstehen zu einem neuen Leben. Nur die Liebe ist der wahre Glaube. In jeder Liebe ist der namenlose „Ich-bin-da-Gott anwesend, wie er sich dem Propheten Moses geoffenbart hat. Der namenlose “Ich-bin-da-Gott“ der Liebe hat sich Euch in allen Religionen geoffenbart, damit Ihr in der Liebe wachset und stark werdet mit den Früchten des Friedens, der Gerechtigkeit, des Verzeihens, der Geduld, der Wahrheit und der Barmherzigkeit. An diesen Früchten werdet Ihr die Wahrheit jeder Religion erkennen. Mit diesen Früchten gehören auch die Menschen zum Gott der Liebe, die an keinen Gott glauben oder keiner Religion angehören. Im Letzten Gericht fragt der Gott der Liebe nicht nach Eurem Glauben, sondern nach Eurer tätigen Liebe. Wenn Ihr mit Euren Taten in der Liebe geblieben seid, gehört Euch das Paradies; denn wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Aber wenn Ihr Euch selbst zum Mittelpunkt der Welt gemacht habt und alle Welt zur Sklavin, habt Ihr am Ende die Hölle gewählt und Euch und die Welt zerstört.
2.0 Mein unbekanntes Leben in Nazareth und Galiläa
2.1 Was ich über meine Kindheit von meiner Mutter weiß
Die Geschichte meines Lebens muss ich Euch neu erzählen. Eure Wissenschaftler haben in den letzten 200 Jahren große Anstrengungen unternommen, ein zuverlässiges Bild von mir als Mensch, Messias und Gottessohn zu gewinnen. Sie studierten die alten Texte, die erst 30 bis 70 Jahre nach meinem Tod in verschiedenen Sprachen über mich geschrieben worden sind. Ihre guten Ergebnisse aber sind bis heute von meinen Kirchen nicht anerkannt worden, weil sie mit dem Bild, das sich die Kirchen von mir gemacht haben, nicht übereinstimmten. Deshalb haben sie die guten Ergebnisse der Wissenschaftler verdammt, verboten und sie selbst zum Schweigen gebracht.
Ein Freund von mir, theologischer Wissenschaftler, hat seine Forschungen über mich ganz aufgegeben und erklärt, dass eine Antwort auf die Frage nach meiner historischen Existenz unmöglich sei. Aber er hat mein Testament in die Tat umgesetzt, ist Arzt für die Ärmsten der Armen geworden und hat mich, seinen Gott und Heiland, in ihnen wiedergefunden nach meinem Wort „Was immer Ihr den Geringsten antut, das tut Ihr mir, Eurem Gott, an.“ Aber die Forschung hat nicht aufgehört. Neue Wissenschaftler und sogar Dichter haben weiter nach der historischen Wahrheit meines Lebens geforscht und viele neue, richtige Erkenntnisse über mich zusammengetragen.
Ich muss zuerst darüber klagen, dass schon meine Apostel sich nach meinem Tod ein falsches Bild von mir gemacht haben. Zu Lebzeiten haben sie mich bedrängt, dass ich ihr machtvoller König und politischer Befreier werden solle. Sie wollten mich immer wieder an die Spitze einer Befreiungsarmee gegen die römische Besatzungsmacht stellen. Das habe ich strikt abgelehnt. Sie haben nie verstanden, warum ich die Macht immer abgelehnt habe. Sie haben nie verstanden, dass es zum Wesen der Liebe gehört, die gewalttätige Macht abzulehnen. Nach meinem Tod sind sie ihrem Wunsch, mich als Herrscher zu sehen, treu geblieben und waren überzeugt, dass ich bald mit Macht und Herrlichkeit an der Spitze einer himmlischen Streitmacht wiederkomme und das Reich Gottes mit göttlicher Macht errichte. Sie hätten wissen müssen, dass ich nie ihr Verständnis von Macht hatte.
Mit meinem Testament, einen Tag vor meinem Tod, wollte ich ihnen und allen zukünftigen Freunden meine wichtigste Botschaft hinterlassen. Vor der Feier unseres letzten Paschamahls habe ich mich gegürtet, mich niedergekniet und meinen Freunden die Füße gewaschen, was sonst nur Sklaven ihren Herren tun. Damit wollte ich meinen Jüngern sagen, dass ihre höchste und heiligste Aufgabe auf der Erde ist: allen Menschen wie ein Sklave aus freien Stücken und in Liebe zu dienen und nicht in irgendeiner Weise über sie Macht auszuüben. Aber meine Freunde haben diese Botschaft nicht verstanden, meine “Fußwaschung“ schnell vergessen und sich für das Gegenteil entschieden. Nach meinem Tod haben sie mich zu einem Götzen der Macht gemacht, der bald auf Erden das Gottesreich errichtet und sein unumschränkter Herrscher und Richter sein wird. Sich selbst haben sie dann zu seinen Stellvertretern gemacht.
So herrschten sie auch bald über mich und meine Botschaft und statteten sich in meinem Namen mit Macht aus, die sie bei mir im Leben immer vermisst hatten. Sie haben mich bald zum allmächtigen Sohn Gottes in Macht und Herrlichkeit gemacht. Jetzt war ich für sie nicht mehr der dienende ohnmächtige Mensch an letzter Stelle, sondern der allmächtige Gott und Herrscher an der ersten Stelle ihrer Hierarchie der Unmenschlichkeit. Das war ihre Sünde gegen den Heiligen Geist, dass sie überzeugt waren, mir zu folgen und meinen Willen zu tun und doch von mir abgefallen waren. Das machte ihre Umkehr unmöglich. Zum Zeichen ihrer Herrschaft in meinem Namen ließen sie sich jetzt die Füße küssen. Hat niemand den Verrat gemerkt und beklagt? Doch! Viele haben das erkannt und beklagt, aber die wurden von der Macht meiner Stellvertreter als Ketzer und Häretiker zum Schweigen gebracht. Meine Stellvertreter definierten sogar mit höchster Autorität ihren Verrat als die göttliche Wahrheit. So wurde mein falsches Bild als das allein wahre Bild aller Welt verkündet. Die höllischen Folgen dieses Abfalls waren Kriege, Kreuzzüge, Verketzerungen und nie erlöschende Scheiterhaufen mit Millionen unschuldiger Opfer.
Jetzt möchte ich von meinem wirklichen Leben auf Erden erzählen, wie ich es mir vor aller Zeit frei erwählt hatte.
Ich bin arm geboren, meine Eltern waren arme Leute, und mein kleines Dorf war in Israel weithin unbekannt. Von Kind an erlebte ich Not und Armut in meiner Familie. Die Armut habe ich immer geliebt.
Ich gewann bald früh die Erkenntnis, dass unser Leben in Armut das glücklichere Leben ist und wir im Sterben nichts mitnehmen können, wohl alle Liebe, die unser wahrer Reichtum ist, der bleibt. Das macht uns zu glücklichen Menschen. Mein Abba-Gott der Liebe will unsere Schlacht- und Brandopfer nicht, auch nicht unsere Glaubensbekenntnisse, Gebete und Wallfahrten, sondern unsere Barmherzigkeit und Liebe gegenüber aller Schöpfung, gerade gegenüber den Geringsten und Schwächsten in ihr.
Aber bis jetzt verachtet Ihr die Schwachen und Geringen und kehrt nur Eure scheinbare Stärke und Macht heraus und unterdrückt sie mit Hunger Folter und Krieg. Damit macht Ihr Eure Welt zur Hölle.
Ich überlegte, wenn ein liebender Gott aus Liebe Mensch würde, könnte er das nur unter Verzicht auf alle göttlichen Privilegien (vgl. Phil 2,6-8). Sonst wäre er in Wahrheit kein Mensch, sondern Gott in Menschengestalt. Die Linke seines Menschseins würde von der Rechten seines Gottseins nicht einmal etwas wissen wollen (vgl. Mt 6,3) Dabei würde er den letzten Platz wählen, weil die Liebe immer den letzten Platz wählt. Das gilt auch für die Menschen. Wenn sie den letzten Platz wählen, öffnet sich ihnen die Liebe zu allen Menschen und der ganzen Schöpfung. Das würde die Welt zum Paradies machen. Wenn sie aber die ersten Plätze wählen mit Reichtum, Macht und Ansehen, dann müssen sie andere unterdrücken und sich selbst für besser zu halten. Das führt Schritt für Schritt zu Neid und Hass, zu Lüge und Betrug, zu Gewalt und Krieg, Mord und Totschlag. So zerstören die Menschen ihr Zusammenleben, ihren Frieden, ihre Zukunft und machen ihre Welt zur Hölle.
Als 80 Jahre nach meiner Geburt die Naherwartung für meine frühen Jünger nicht in Erfüllung gegangen war, fragten sie danach. Niemand wusste mehr etwas, und da erzählten meine Evangelisten Matthäus und Lukas, wie sie sich meine wunderbare Geburt als Messiaskind vorgestellt haben. Tatsächlich gab es keine Wunder bei meiner Geburt. Wahr ist, dass ich arm und nackt geboren wurde wie Ihr alle. Zu meiner Mutter kam kein Engel vom Himmel, der ihr eine göttliche Botschaft über ihre jungfräuliche Empfängnis und Geburt gebracht hätte. Aber sie empfing in ihrem Herzen eine frohe Botschaft, dass sie ihr Kind als Geschenk der Gnade Gottes annehmen darf. So bin ich als Kind eines menschlichen Vaters ein Kind Gottes geworden. Ich bin wohl nicht im Stall zu Bethlehem geboren, sondern sicher in der Wohnhöhle unseres Hauses in Nazareth. Aber meine Eltern haben mir dazu nichts gesagt. Meine Mutter hat mir auch nie etwas von Hirten auf dem Feld erzählt, die sie mit dem Neugeborenen besucht und eine von Engeln gesungene Friedensbotschaft gehört hätten. Es wären auch keine königlichen Boten aus dem Morgenland gekommen und hätten ihr kostbare Geschenke gebracht, aber auf dem Antlitz meiner Mutter hätten alle den Abglanz der Liebe Gottes erkennen können. Meine Mutter empfing alle Menschen wie Boten Gottes und Könige.
Meine Kindheit verlief wie die aller Kinder unseres kleinen Ortes im Hügelland von Galiläa. Ich hütete schon früh Schafe und Ziegen, ging dem Vater zur Hand, passte auf meine jüngeren Geschwister auf und half ihnen. Wir besuchten am Sabbat alle zusammen die Synagoge, und ich hörte da die alten Geschichten unseres Volkes von Abraham, Isaak, Jakob, von Moses und den Propheten, von David und seinem Freund Jonathan. Ich liebte den Gott meiner Väter, der uns aus der Knechtschaft Ägyptens mit starker Hand befreit hat. Meine Helden waren die Freiheitskämpfer unseres Volkes, und dazu gehörten auch die mutigen Frauen.
Ich muss Euch noch einmal versichern, dass meine überlieferten Kindheitsgeschichten keine historischen Tatsachen schildern wollen, sondern Glaubensgeschichten, die in mir schon den Messias und Erlöser gesehen haben. Paulus, der erste Berichterstatter über mein Leben, weiß nichts über meine Kindheit und interessierte sich ausdrücklich nicht dafür. Er nennt mich nur den „Sohn einer Frau“, nicht einmal den Sohn einer Jungfrau! Auch der erste Evangelist Markus weiß nichts von einer Jungfrauengeburt. Das bedeutet: In den ersten 80 Jahren nach meiner Geburt haben sich meine frühen Anhänger und auch Paulus nicht für meine Kindheit interessiert, sondern nur für mein Leiden, Sterben und meine Botschaft.
Nach meinem Tod erwarteten sie gespannt meine Wiederkunft auf den Wolken des Himmels als Messias, der das Reich Israel neu errichtet, während die alte Welt untergeht. Aber ich kam nicht wieder, weil die Zeit dafür nicht reif war. Da verschoben sie meine Wiederkunft auf das Ende der Welt und fragten nach meiner Kindheit. Lukas und Matthäus gaben darauf völlig verschiedene Antworten. Lukas erzählte um 90 Eurer Zeitrechnung, also fast 100 Jahre nach meiner Geburt, die anrührenden Geschichte, wie meine Mutter mich im einem Stall von Bethlehem zur Welt bringt, weil es in den Herbergen des Ortes keinen Platz gab. Er erzählt von Hirten auf dem Feld, die von Engeln eine frohe Botschaft empfangen hätten, dass der Messias in ihrer Nähe geboren sei und sie als erste dem Kind ihre Aufwartung machen sollten.
Matthäus erzählt eine ganz andere Geschichte. Er weiß von einem Mordauftrag des König Herodes, der alle Kinder bis zu zwei Jahren töten ließ, weil er von sternkundigen Männern aus dem Orient erfahren hätte, dass ein Herrscherkind geboren worden sei. Die Historie kennt viele Verbrechen dieses Herrschers, aber von einem solchen Mordauftrag weiß sie nichts. Das junge Paar mit dem Neugeborenen musste dann - nach Matthäus - nach Ägypten fliehen, um sich vor dem Mordauftrag des Königs Herodes zu retten. Das stellt der Evangelist mit Absicht so dar, als wenn ich wie Moses als der gerade geborene neuer Moses und Messias aus Ägypten kommt und sein Volk rettet und die Freiheit bringt. Von einer Geburt im Stall und Wundern bei der Geburt weiß Matthäus offenbar nichts. Aber er kennt den Stammbaum Jesu besser als Lukas und macht daraus eine Apologie und Verteidigung gegen die im jüdischen Volk seiner Zeit kursierenden diffamierenden Gerüchte über meine illegitime Geburt. Matthäus bestreitet sie nicht einmal, sondern lässt Josef sehr entschieden seine Vaterschaft ablehnen und überlegt, seine Frau deshalb in Ehren zu entlassen. Das lässt Matthäus aber durch ein Eingreifen Gottes nicht zu. Ein Engel fordert Joseph nachts im Traum auf, das Kind als Geschenk der Gnade Gottes anzunehmen. Josef gehorcht und nimmt mich als sein Kind an und bewies damit einen so großen Glauben wie Abraham. Mein Vater hatte erkannt, dass er seine Frau und mich nicht auf dem Altar seiner Mannesehre opfern durfte. Die meisten Männer hätten das wohl getan.
Vor allem stand mein Vater hinter mir, wenn im Dorf abfällig über mich als Bastard geredet wurde. Viele Männer warfen ihm vor, dass er kein Ehrgefühl hätte und ein Kind, das nicht sein Kind sei, angenommen habe. Das verletzte ihn, aber seine selbstlose Liebe zu mir stand darüber. Er nahm mich immer wieder in den Arm und sagte, dass ich sein geliebter Sohn und das über alles geliebte Kind unseres Vaters im Himmel sei. Mir wurde klar, dass Gott gerade die Kinder, die die Menschen und Religionen illegitim nennen und verachten, besonders liebt.
Den Stammbaum benutzt der Evangelist Matthäus dann nicht, um die wahrscheinliche Wahrheit meiner unehelichen Geburt zu widerlegen, sondern er bestätigt sie sogar und fügt scheinbar ohne Grund vier Frauen illegitimer Kinder in meinen Stammbaum ein, der am Ende zu Josef als meinem Vater aus dem Geschlecht des Königs David führt und mich zum Sohn Davids macht. Lukas kennt diesen Stammbaum mit den vier illegitimen Kindern nicht. Matthäus aber will damit sagen, dass schon in meinem Stammbaum Gott vier illegitime Kinder und ihre Mütter anerkannt, geadelt und zu Trägern des messianischen Geschlechts gemacht hat!
Sicher fragt Ihr jetzt, wie die Kirche zu meiner so hoch beschworene jungfräuliche Geburt gekommen ist und sie bis heute beschwört? Die Evangelisten Matthäus und Lukas und alle frühen Theologen hätten meine Geburt als von Wundern begleitete Geburt eines Gottessohns verstanden, weil ich als Messias nicht auf so “unwürdige“ Weise zur Welt kommen durfte wie jeder Mensch, sondern Gott selbst zum Vater haben müsste, dem „kein Ding unmöglich ist“ (Lk 1,36).
Hier gebe ich zunächst meinem päpstlichen Stellvertreter das Wort, der als Theologe schrieb: „Die Gottessohnschaft Jesu beruht …. nicht darauf, dass Jesus keinen menschlichen Vater hatte …. denn die Gottessohnschaft ….. ist kein biologisches, sondern ein ontologisches Faktum, kein Vorgang in der Zeit, sondern in Gottes Ewigkeit.“ (Ratzinger: Einführung, S.199f, München 1968). Diese Aussage ist klar und sagt, dass es kein Widerspruch zum Glauben ist, wenn ein Mensch mein biologischer Vater war.
Der große mittelalterliche Theologe Anselm von Canterbury (1044-1109) hat für meine natürliche Geburt noch ein anderes Argument. Er sagte: „Gott ist immer der, der größer nicht gedacht werden kann.“ Jetzt muss ich Euch fragen: “Welcher Gott ist größer, der Gott, der im Ursprung seiner Schöpfung schon die Idee meiner Menschwerdung hatte und mich so Mensch werden lässt, wie es seine Schöpfungsordnung vorsieht und wie jeder Mensch auch Mensch wird? Oder der Gott, der mit einem Wunder einen Fehler in seiner Schöpfung korrigieren muss, um mich auf engelhaft-göttliche Weise Mensch werden zu lassen. Natürlich stimmt Ihr dem Gedanken zu, dass der Gott größer ist, der kein Wunder nötig hat, um sich nach seinem Schöpfungsplan Mensch werden zu lassen!
Das für mich aber wichtigste Argument für meine ganz menschliche Empfängnis und Geburt ist, dass ich mir schon vor aller Zeit die letzte Stelle als Mensch ausbedungen habe. Ich wollte schon in der Empfängnis und Geburt, wie im Leben und im Tod die letzte Stelle einnehmen, die die Liebe nur einnehmen kann. Darin bestand das Zeugnis meines Lebens, und das habe ich im Sakrament der Fußwaschung beim letzten Abendmahl als mein Testament hinterlassen. Aber meine Jünger und ersten Nachfolger haben mich und meine Botschaft verstanden. Ihr Versagen wird heute zur seligen Schuld, die mein letztes Sakrament für meinen Dritten Bund bereit hält. Der erste Bund war der orientalische Abraham-Moses-Bund, der Zweite Bund war der Abendländisch-Römische-Christusbund, und der Dritte kommende Bund wird der universale Gottesbund sein. Der Geist Gottes wird die Menschen in die Wahrheit dieses Bundes einführen (J 16,13).
Bestätigend dazu erinnere ich Euch an den Euch bekannten Engelmythos, die vor aller Schöpfung zum ersten Mal von Gott in den Plan meiner Menschwerdung eingeweiht wurden. Als sie die Niedrigkeit meiner Menschwerdung vorgeführt bekamen, verweigerte der höchste Lichtträger Gottes, der Erzengel Luzifer mit seinem Anhang, Gott den Gehorsam. Er hielt es für unter seiner erhabenen Engelwürde, dass Gott in einer so beschämend niedrigen Geburt Mensch wird. In diesem Augenblick sah sich der Engel des