Meine erste große Liebe - Catherine Spencer - E-Book

Meine erste große Liebe E-Book

Catherine Spencer

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Beschreibung

Von wegen Dolce Vita! Als Matteo plötzlich auf Ischia auftaucht, versucht Stephanie mit aller Kraft, kühl zu bleiben. Denn sie fürchtet, dass sich ihre feine Familie wieder zwischen sie und den Mann stellen wird, in dessen Nähe sie noch immer weiche Knie bekommt …

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Seitenzahl: 190

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IMPRESSUM

Meine erste große Liebe erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2004 by Spencer Books Limited Originaltitel: „The Italian’s Secret Child“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1566 - 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Tina Beckmann

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733749132

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Der Mann trat plötzlich aus der Baumgruppe heraus, die sich etwa zwanzig Meter weiter an der Weggabelung befand. Von dort aus gelangte man in der einen Richtung zur Nachbarvilla, in der anderen zum Strand. Trotz der Entfernung und obwohl die Nachmittagssonne sie blendete, wirkte er so vertraut, dass Stephanie einen erschrockenen Laut ausstieß. Vielleicht waren es die stolze Kopfhaltung oder seine kraftvollen, geschmeidigen Bewegungen. Erschrocken hielt sie sich die Hand vor den Mund und versteckte sich schnell hinter einem großen Strauch, von wo aus sie mit klopfendem Herzen durch das dichte Blattwerk spähte.

Er konnte es nicht sein!

Bestimmt spielte ihre Fantasie verrückt, weil sie sich in Italien befand. In seinem Land mit seiner Sprache und seiner Kultur. Denn nüchtern betrachtet, war der Gedanke absurd. Er lebte in einem kleinen Nest in der Toskana und verbrachte seine Tage in den Steinbrüchen von Carrara, wo der weltberühmte Marmor abgebaut wurde. Ein einfacher Arbeiter, der in Kanada selbst während seines kurzen Aufenthalts im Sommer immer nur in staubigen Jeans und verschwitzten T-Shirts herumgelaufen war.

Sie hingegen hielt sich mehrere Hundert Meilen weiter südlich auf der Insel Ischia auf, und der Mann in der beigefarbenen Leinenhose und dem weißen Hemd, der gerade den Blick über das azurblaue Meer schweifen ließ, sah nicht im Entferntesten wie ein Arbeiter aus. Er wirkte eher wie einer jener reichen Italiener, die das von Touristen überfüllte Capri mieden und den Sommer lieber auf dieser kleinen, aber wunderschönen Insel verbrachten.

Was ihn jedoch noch lange nicht berechtigte, das von ihren Großeltern gemietete Privatgrundstück zu betreten! Warum also versteckte sie sich dann vor ihm wie eine Diebin, anstatt ihm offen gegenüberzutreten und eine Erklärung für seine Anwesenheit zu verlangen?

Sie tat es, weil sein Anblick eine Flut von Erinnerungen in ihr geweckt hatte. Erinnerungen, die sie jäh in jenen heißen Sommer in Ontario zurückversetzten …

Es war das Jahr, in dem sie neunzehn geworden war. Wie immer verbrachte sie ihre Sommerferien im Haus ihrer Großeltern in Bramley-On-The-Lake. Täglich war die Quecksilbersäule des Thermometers höher geklettert, und die Nächte waren so schwül gewesen, dass niemand Schlaf finden konnte.

Wieder war Stephanie ängstlich und aufgeregt zugleich, wie jedes Mal, wenn sie sich nachts aus dem Haus gestohlen hatte und die Leiter zum Heuboden hinaufgeklettert war. Wie damals spürte sie die raue Pferdedecke unter ihrem nackten Rücken, während sie sich selbstvergessen einem Mann hingegeben hatte, der sechs Jahre älter und unendlich erfahrener war als sie.

Aus dem Nebel der Zeit tauchte der Klang einer sinnlichen Stimme mit einem fremden Akzent auf, und einen verrückten Moment lang empfand sie erneut die Lust, die sie in jenen gestohlenen Stunden der Leidenschaft mit ihm erlebt hatte. Die vibrierende Kraft seines Körpers. Die atemlose Erwartung.

Und bevor es ihr gelang, die Bilder zu verdrängen, packte sie erneut der Schmerz über seine Zurückweisung, und ihr Herz krampfte sich zusammen …

Stephanie zwang sich, tief durchzuatmen und wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Sie würde nicht zulassen, dass die schmerzlichste Zeit ihres Lebens sie nach so vielen Jahren einholte, und das nur, weil am Tag ihrer Ankunft in Italien zufällig ein Mann mit schwarzem Haar und breiten Schultern in ihr Blickfeld geraten war. Wenn sie sich schon von einem so unbedeutenden Zwischenfall derartig aus der Fassung bringen ließ, würde sie am Ende dieses Monats nur noch ein Nervenbündel sein. Und dafür war sie ganz bestimmt nicht mit ihrem Sohn von Kanada hierher geflogen.

Dies ist weniger eine Bitte als ein Befehl. Mit diesen ungewohnt drastischen Worten hatte Großmutter Leyland ihren Brief eröffnet. Am 12. Juli, so schrieb sie weiter, feiern Brandon und ich unseren fünfundsechzigsten Hochzeitstag, und Ihr werdet mir sicher zustimmen, dass dieses Ereignis besonders gewürdigt werden muss. Aus diesem Grund verzichten wir auf die üblichen Geschenke und wünschen uns stattdessen, dass die ganze Familie den Monat Juli mit uns in Italien verbringt. Wir sind der Ansicht, dass die diversen Differenzen zwischen unserem Sohn und unseren Enkeln schon viel zu lange bestehen und endlich beigelegt werden sollten. Um Brandons Gesundheit steht es leider sehr schlecht, und ich möchte, dass er noch miterlebt, wie Ihrzumindest einen ernsthaften Versöhnungsversuch unternehmt. Angesichts der bedingungslosen Liebe, die er Euch allen von Eurem ersten Atemzug an entgegengebracht hat, ist es nun, da er sich unaufhaltsam seinem letzten nähert, wohl das Mindeste, was Ihr tun könnt. Und sollte das nach Erpressung klingen, habe ich kein Problem damit. In meinem Alter kann ich es mir zum Glück leisten, zu machen, was ich für richtig halte, ohne mich dafür entschuldigen oder gar schämen zu müssen.

Besäße ich doch nur einen Bruchteil von Großmutters Mut, dachte Stephanie, als sie vorsichtig aus ihrem Versteck hervortrat. Sie ging zu der Stelle, an der sie den Fremden gesehen hatte, und warf einen Blick auf den Weg, der zum Nachbargrundstück führte. Nichts. Dann trat sie an den Rand der Klippe und sah nach unten, doch sowohl der gewundene Pfad als auch das Strandstück, zu dem dieser führte, waren menschenleer.

Offenbar war der Mann verschwunden. Dennoch wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie nicht allein war. Nervös wandte sie sich zur Villa um. Das Licht der untergehenden Sonne tauchte die stuckverzierte Fassade in ein sanftes Licht. Sie dachte an Simon, der von der langen Reise todmüde und zugleich völlig überdreht gewesen war und jetzt ein Nickerchen machte.

„Geh ein bisschen spazieren, Liebes“, hatte ihre Großmutter sie ermuntert. „Ich werde solange ein Auge auf den Jungen haben.“

Erleichtert, für eine Weile dem Schoß der Familie entfliehen zu können, hatte Stephanie das Angebot dankbar angenommen. Das hatte nichts mit ihren Großeltern oder mit ihrer Mutter zu tun. Auch nicht mit ihrem jüngeren Bruder Andrew, sondern vielmehr mit ihrem Vater und Victor, ihrem älteren Bruder. Fast sieben Jahre hatten sie sich nicht mehr gesehen, doch gleich nachdem sie die ersten Begrüßungsfloskeln ausgetauscht hatten, war sie bereits wieder ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.

„Wirklich tragisch, dass Charles so jung von uns gegangen ist“, hatte ihr Vater zum fünf Jahre zurückliegenden Tod ihres Mannes bemerkt. „Aber immerhin ist insofern etwas Gutes dabei herausgekommen, als du jetzt zumindest den Anschein von Anständigkeit wahren kannst.“

Verständnislos sah Stephanie ihn an. „Würdest du mir bitte einmal erklären, inwiefern Charles’ Tod mich anständiger gemacht hat?“

„Indem du dich jetzt auf den Witwenstatus berufen kannst“, belehrte Victor sie in seiner hochtrabenden Art. „In unserer Familie lässt man sich nämlich nicht scheiden, falls es dir entgangen sein sollte.“

„Na, dann war es ja ausgesprochen rücksichtsvoll von Charles, rechtzeitig zu sterben, bevor dieses peinliche Ereignis an die Öffentlichkeit dringen konnte.“ Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Charles nicht Simons leiblicher Vater war, hatte sie im Stillen hinzugefügt. Sie hütete sich jedoch, es laut auszusprechen, denn sie war von klein auf dazu erzogen worden, unter keinen Umständen die Ehre der Familie Leyland zu beflecken.

Außerdem wollte sie Simon auch in Zukunft so etwas wie ein Familienleben erhalten, selbst wenn er seine Verwandten nur selten sah. Und eins war sicher: Hätte ihr Vater auch nur den geringsten Verdacht gehegt, dass sein einziger Enkel das Ergebnis einer flüchtigen Affäre war, hätte er ihn auf keinen Fall anerkannt. Nicht einmal ihre Mutter kannte die Wahrheit. Nicht, dass Vivienne kein Verständnis für sie gehabt hätte, aber auf Dauer hätte es sie zu sehr belastet, ihrem dominanten Ehemann ein derartiges Geheimnis verschweigen zu müssen.

Also hielt Stephanie es für die beste Lösung, bis auf Weiteres alles beim Alten zu lassen und zumindest nach außen hin die Rolle der gefügigen, respektvollen Tochter zu spielen. Ein weiterer Grund war, dass dieses Familientreffen ihren Großeltern sehr viel bedeutete, und sie wollte ihnen zuliebe nicht die Harmonie gefährden, die ohnehin schon bedroht war.

Als sie eine Steinbank entdeckte, die in einer mit Efeu überrankten Nische stand, wischte sie das trockene Laub darauf beiseite und setzte sich hin. Der Blick über die Bucht von St. Angelo war atemberaubend, und plötzlich war sie trotz aller Probleme froh, dass sie hierher gekommen war. Es war gut für Simon, die Welt kennenzulernen. Außerdem hatte sie sich schon seit Jahren nicht mehr einen ganzen Monat Urlaub gegönnt, um mit ihm zusammen zu sein. Letzte Woche war er neun Jahre alt geworden und zeigte bereits erste Anzeichen von Unabhängigkeit. Nicht mehr lange, und er würde nicht mehr so viel Zeit mit seiner Mutter verbringen wollen.

Aus den Augenwinkeln sah Stephanie, wie sich rechts von ihr etwas bewegte. Nervös wirbelte sie herum und atmete erleichtert auf, als sie feststellte, dass es nur ein Schmetterling war, der sich gerade auf einer süß duftenden gelben Blume niederließ. „Du hast mich erschreckt“, sagte sie sanft. „Ich dachte, ich sei ganz allein.“

In dem Moment fiel ein Schatten auf den Weg, und eine unvergessliche Stimme drang an ihr Ohr.

„Dann hättest du dich vorhin vergewissern sollen, anstatt anzunehmen, ich sei nicht da, nur weil du mich nicht sehen kannst. Wie geht es dir, Stephanie?“

Benommen blickte sie auf. Er war noch genauso schön, wie sie ihn in Erinnerung hatte.

Offenbar hatte der Schock darüber, ihm so unerwartet wieder zu begegnen, ihr Denkvermögen beeinträchtigt, denn das einzige Wort, das sie herausbrachte, war „Simon!“.

„Dio, du verstehst es wirklich, dem Ego eines Mannes einen Dämpfer zu verpassen“, stellte der Mann amüsiert fest. „Habe ich damals so wenig Eindruck auf dich gemacht, dass du dich nicht einmal an meinen Namen erinnerst?“

Wäre es doch nur so gewesen!

„Matteo di Rossi“, sagte Stephanie heiser. „Was, in aller Welt, tust du hier?“

„Ich lebe hier – zumindest zeitweise.“

„Aber …“ Irritiert blickte sie in Richtung Villa.

„Ich wohne nebenan“, klärte er sie auf. „Im Gärtnerhaus.“

Wenigstens das ergab einen Sinn in einer Welt, die plötzlich verrückt zu spielen schien. „Du bist also nicht mehr im … Steinbruch?“

„Ich habe viele Interessen. Marmor ist nur eines davon. Wer ist Simon? Dein Mann?“

„Ich bin nicht verheiratet“, erwiderte sie und vermied es, ihn anzusehen. „Das heißt, ich bin es nicht mehr.“

„Ja, ich weiß. Deine Großmutter hat mir von deiner Scheidung erzählt. Wusstest du nicht, dass wir all die Jahre in Kontakt geblieben sind?“

Stephanie wurde heiß. Was, in aller Welt, mochte er noch über sie wissen?

„Nein.“ Sie wunderte sich selbst darüber, wie unbeteiligt ihre Stimme klang. „Ihr war wohl klar, dass es mich nicht interessieren würde.“

„Vermutlich. Alle Achtung übrigens – du hast wirklich nicht lange gebraucht, um mich durch einen anderen Mann zu ersetzen.“

„Was hast du erwartet, Matteo? Dass ich dir für den Rest meines Lebens nachtrauern würde?“

„Nein. Für so großartig habe ich mich nun auch wieder nicht gehalten.“

Er hätte es tun können, denn sie war nie wirklich über die Trennung hinweggekommen. „Und du? Hast du inzwischen geheiratet?“

Er lächelte ironisch. „Um dich zu zitieren, cara – was hätte ich einer Frau schon zu bieten gehabt, dass sie mich gewollt hätte?“

Das Gesicht eines Engels. Den Körper eines Gottes. Einen Mund, der geradezu der Inbegriff der Sünde war …

Rasch blickte Stephanie beiseite, damit Matteo nicht sah, wie ihr das Blut in den Kopf stieg. „Ich vermute eher, dass dich die Verpflichtungen abgeschreckt haben, die mit einer ernsthaften Bindung einhergehen. Wie alt bist du jetzt? Zweiunddreißig? Dreiunddreißig?“

„Fünfunddreißig.“

Als hätte sie das nicht gewusst. Sein Geburtsdatum war ihr ebenso gegenwärtig wie ihr eigenes oder das von Simon. „Und immer noch ungebunden? Na ja, manche Männer tun sich eben schwer damit, erwachsen zu werden, und offenbar bist du einer von ihnen.“

„Ich würde eher sagen, ich bin einer von den Männern, die sich erst dann in eine Ehe stürzen, wenn sie genau wissen, was sie wollen. Ich halte nämlich nichts von Scheidungen.“

„Du hörst dich genauso an wie mein Vater.“

„Wirklich köstlich, das aus deinem Mund zu hören“, bemerkte er sarkastisch. „Vor allem wenn man bedenkt, wie deutlich du mich damals darauf hingewiesen hast, dass ein primitiver, ungebildeter Niemand wie ich niemals seinen Ansprüchen genügen könnte.“

Wieder errötete Stephanie, diesmal jedoch vor Scham. „Ich war damals erst neunzehn“, verteidigte sie sich. „Was wusste ich da schon? Ich war ein Produkt meiner Erziehung und stand völlig unter dem Einfluss meines Vaters.“

„Du warst in jeder Beziehung, auf die es ankam, eine Frau, Stephanie.“

Die Art, wie er ihren Namen aussprach, jagte ihr erregende Schauer über den Rücken, aber Stephanie verdrängte die unerwünschte Reaktion. „Das war ich nicht!“, widersprach sie und dachte daran, wie gefühllos er ihre Affäre damals beendet hatte. „Ich war ein unbedarfter Teenager und habe geglaubt, ein Mann würde es auch so meinen, wenn er einer Frau seine Liebe gesteht. Ich war viel zu naiv, um zu durchschauen, dass du nur mit mir ins Bett gehen wolltest.“

„Du bist also nicht freiwillig zu mir gekommen?“, fragte Matteo sanft. „Habe ich dich aus dem Haus gezerrt und gewaltsam in den Stall geschleppt?“ Er schüttelte langsam den Kopf. „Tut mir leid, cara, aber das habe ich ganz anders in Erinnerung. Soweit ich mich entsinne, hast du unsere … Zusammenkünfte genauso genossen wie ich.“

Gespielt gleichgültig ließ Stephanie den Blick übers Meer schweifen. „Schon möglich. Ich kann mich wirklich nicht mehr an sämtliche Einzelheiten unserer Affäre erinnern. Das Ganze ist eine Ewigkeit her, und seitdem sind wahrhaft wichtigere Dinge in meinem Leben passiert.“

„Ich war dein erster Liebhaber“, erinnerte er sie unnötigerweise. „Vielleicht war ich es nicht wert, mit deiner feinen Familie an einem Tisch zu sitzen, aber ich habe dir beigebracht, was Leidenschaft ist. Eine solche Erfahrung vergisst eine Frau für den Rest ihres Lebens nicht.“

„Und sie vergisst auch nicht, wenn man sie eiskalt sitzen lässt. Wenn mein Gedächtnis mich nicht völlig täuscht, bist du meiner ziemlich schnell überdrüssig geworden.“

„Ich weiß allerdings noch genau, wie es war, dich in den Armen zu halten. Wie deine Haut sich angefühlt hat, dein Haar … Ich erinnere mich an deine Berührungen, deinen Duft …“

Entschlossen stand Stephanie auf, um der Situation, die mit jeder Sekunde unerträglicher wurde, ein Ende zu bereiten. Erschrocken stellte sie fest, dass sie ganz weiche Knie hatte. „Es war nett, dich wiederzusehen, Matteo, aber ich muss jetzt wirklich gehen.“

Sie wollte sich an ihm vorbeidrängen, doch er hielt sie am Handgelenk fest. „Du hast mir immer noch nicht gesagt, wer Simon ist.“

Genau diese Frage hatte sie am meisten gefürchtet. Einen Moment lang betrachtete sie schweigend die kräftige Männerhand auf ihrem Arm. Dann seufzte sie resigniert und antwortete: „Er ist mein Sohn.“

Matteo zog die Brauen hoch. „Dein Sohn?“

„Warum siehst du mich so überrascht an?“ Sie verfälschte die Wahrheit ein wenig, um seine Gedanken in eine harmlose Richtung zu lenken. „Meine Ehe hat zwar nicht lange gehalten, aber zumindest etwas Gutes ist dabei herausgekommen.“

„Anscheinend war es nicht gut genug, um eine Scheidung zu verhindern.“

„Es ist nicht die Aufgabe eines Kindes, eine gescheiterte Beziehung zu kitten.“

„Nein.“ Er sah sie nachdenklich an. „Wenn ich einen Sohn hätte, würde ich allerdings Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um meine Ehe aufrechtzuerhalten. Unter keinen Umständen würde ich zulassen, dass mein Kind wie ein Vermögenswert zwischen seinen Eltern aufgeteilt wird.“

Ausgerechnet in dem Moment tauchte Simons kleine Gestalt auf der Terrasse auf. Stephanie, die um jeden Preis eine Begegnung zwischen ihm und Matteo vermeiden wollte, erwiderte schnell: „In einer perfekten Welt würde niemand so etwas tun, aber ich habe schon vor langer Zeit gelernt, dass eine solche Welt nicht existiert. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest …“

„Mum?“

„Ja, Liebling, ich komme.“ Beruhigend winkte sie dem Jungen zu, bevor sie sich mit grimmigem Gesichtsausdruck zu dem Mann an ihrer Seite umdrehte. „Lass jetzt meinen Arm los, Matteo. Sofort!“

Er schien sie kaum wahrzunehmen. Stattdessen blickte er unverwandt Simon an. „Das ist also dein Sohn?“

„Ja.“

„Ich hoffe, dass ich ihn bald kennenlerne.“

„Schon möglich.“ Wenn es nach ihr ginge, würde das nie der Fall sein!

„Es sollte mich wundern, wenn nicht. Da wir unmittelbare Nachbarn sind, werden wir uns in den nächsten Wochen bestimmt häufig über den Weg laufen.“ Sanft strich er ihr mit dem Daumen übers Handgelenk. „Dein Puls rast ja, Stephanie. Mache ich dich nervös?“

„Überhaupt nicht“, log sie. „Allerdings fängst du langsam an, mich zu nerven.“

Matteo senkte die Lider mit den langen Wimpern, als wollte er den amüsierten Ausdruck in seinen Augen verbergen. „Wenn du es sagst“, meinte er leise. Dann hob er ihre Hand an die Lippen und hauchte einen Kuss darauf. „Bis zum nächsten Mal, cara.“

Stephanie hoffte inständig, es möge kein nächstes Mal geben. Sie wusste aber, wie gering die Chance war, dass ihr Wunsch sich erfüllte. Zumindest war sie dankbar, dass Simon blond und blauäugig war wie sie, auch wenn sein Haar um einige Nuancen dunkler war als ihres.

Er sah Matteo absolut nicht ähnlich, und niemand, der die beiden gesehen hätte, wäre auf die Idee gekommen, dass sie Vater und Sohn waren.

Nächtliche Stille hatte sich über die Villa gesenkt, doch Stephanie konnte keinen Schlaf finden. Rastlos ging sie auf dem schmalen Balkon vor ihrem Zimmer auf und ab, während sie noch einmal das unerfreuliche Gespräch Revue passieren ließ, das Simon unabsichtlich beim Abendessen ausgelöst hatte.

„Wer war denn der Mann, mit dem du heute Nachmittag gesprochen hast, Mum?“, hatte er sich zwischen Hauptgang und Dessert erkundigt, und von da an hatte das Unheil seinen Lauf genommen.

„Er wohnt im Gärtnerhaus auf dem Nachbargrundstück“, antwortete Stephanie. „Ich bin ihm zufällig beim Spazierengehen begegnet.“

„Und warum hat er deine Hand gehalten?“

Sie stellte unbehaglich fest, dass sich bei Simons unschuldiger Frage sämtliche Blicke auf sie richteten. Nervös tupfte sie sich mit der Serviette die Lippen ab und versuchte verzweifelt, die Fassung zu bewahren. „Er hat meine Hand nicht gehalten, Simon. Er hat sie zur Begrüßung geschüttelt. Wir haben uns Guten Tag gesagt, weil wir uns von früher kennen.“

„Ein erstaunlicher Zufall, findest du nicht?“, bemerkte ihr Vater und betrachtete sie misstrauisch über den Rand seines Weinglases hinweg.

Ruhig hielt sie seinem Blick stand. „Trotzdem ist es wahr.“

Offenkundig verärgert über ihren rebellischen Unterton, zog er die Brauen hoch. „Und hat dieser Mensch auch einen Namen?“

„Allerdings“, schaltete sich ihr Großvater ein. „Es ist Matteo di Rossi.“

„Und? Sollte mir das etwas sagen?“

„Eigentlich schon. Er ist in dem Sommer, in dem Stephanie ihren Highschoolabschluss gemacht hat, aus Italien herübergekommen und hat sechs Wochen bei uns gewohnt. Er hat die Granitschneidemaschine gekauft, von der du immer behauptet hattest, dass sie nie funktionieren würde.“

„Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern.“

„Das überrascht mich nicht, Bruce“, meinte ihre Großmutter bissig. „Es war der Sommer, in dem dein Vater am Rücken operiert wurde und du viel zu sehr damit beschäftigt warst, die frei gewordene Dekanstelle an der Uni zu ergattern, um dich um ihn zu kümmern. Zum Glück war Matteo da und hat mit Hand angelegt, wenn wir Hilfe brauchten. Ich weiß wirklich nicht, wie wir damals ohne ihn zurechtgekommen wären.“

„Ja, richtig!“, rief Andrew. „Ich habe ihn kennengelernt, als ich einmal übers Wochenende zu euch rausgefahren bin. Sympathischer Kerl. Konnte fantastisch Racketball spielen und schwimmen wie ein Fisch. Und gearbeitet hat er wie ein Pferd. Meistens war er bis zu den Ellbogen mit Maschinenöl beschmiert, während er versuchte, Großvaters diverse Apparate zum Laufen zu bringen.“ Er lachte. „Ein ausgesprochen zupackender Typ.“

„Jetzt, wo du es sagst, erinnere ich mich auch wieder.“ Victor, von der schmalen, aristokratischen Nase bis hin zum vorzeitig ergrauten Haar ganz das Ebenbild seines Vaters, verzog geringschätzig die Lippen. „Bei Stephanie hätte er wohl auch ganz gern zugepackt, wenn sich ihm die Gelegenheit geboten hätte. Und ich hatte nicht den Eindruck, dass er dabei auf großen Widerstand gestoßen wäre.“

„So ein Blödsinn!“, protestierte Stephanie, doch das Herz schlug ihr bis zum Hals. Victor war der egozentrischste Mensch, der auf diesem Planeten lebte. Wenn selbst er etwas von der Anziehungskraft zwischen ihr und Matteo bemerkt hatte, war kaum anzunehmen, dass es den anderen entgangen war.

„Das will ich auch hoffen!“, erklärte ihr Vater streng. „Schließlich haben wir dich dazu erzogen, dass du dich deiner gesellschaftlichen Stellung entsprechend benimmst. Und solltest du damals tatsächlich hinter meinem Rücken mit einem dubiosen Ausländer herumgeturtelt haben …“

„Meine Güte, Bruce!“, fiel Vivienne ihm ungewohnt heftig ins Wort. „Wir waren in dem Sommer zwar nur für kurze Zeit am See, aber ich hätte es sicher gemerkt, wenn sich da etwas abgespielt hätte.“

Sekundenlang schwieg er und musterte seine Frau eisig, um ihr klarzumachen, dass man den allmächtigen Professor Leyland nicht ungestraft unterbrach. „Ich wünschte, ich könnte deine Sorglosigkeit teilen, Vivienne“, erwiderte er endlich. „Allerdings vermute ich eher, dass unsere Tochter einen traurigen Hang zum Gewöhnlichen hat. Was natürlich auch erklärt, warum sie einen Mann wie Charles nicht halten konnte.“

Abrupt stand Stephanie auf „Ich muss mir das nicht anhören“, stieß sie empört hervor und zog Simon ebenfalls von seinem Stuhl. „Und mein Sohn schon gar nicht.“

„Könnte es sein, dass wir da einen wunden Punkt getroffen haben?“, rief Victor ihr hämisch hinterher, während sie Simon eilig von der Veranda ins Haus drängte. Es kostete sie ihre ganze Willenskraft, nicht herumzuwirbeln und ihrem Bruder eine geharnischte Antwort zu verpassen.

Daraufhin hatte ihre Großmutter ein Machtwort gesprochen. „Schluss jetzt! Stephanie hat völlig recht. Diese Unterhaltung ist nicht für die Ohren eines Kindes bestimmt und auch für meinen Geschmack viel zu aggressiv.“

So viel zum Thema Familienzusammenführung.

In tiefen Zügen atmete Stephanie die süß duftende Nachtluft ein. Sie sehnte sich nach innerem Frieden, doch der sollte ihr anscheinend nicht vergönnt sein. Ihr Vater war so herrisch wie eh und je, ihre Mutter schaffte es nach wie vor nicht, ihm die Stirn zu bieten, und Victor war nach wie vor unerträglich dünkelhaft. Nur Andrew zeigte so etwas wie Menschlichkeit.