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Kräuter haben grossartige Fähigkeiten. Sie sind technisch versiert und sind besonders gute Teamplayer in der Lebensgemeinschaft der Biosphäre der Erde. Beat Ryser zeigt ebenso die tierischen Fähigkeiten der Kräuter. Sie haben Gelenke und Sinnesorgane, mit denen sie spüren, tasten und sehen können. Pflanzen können auch Gefühle haben. Wieso sonst sollten sie schmerzlindernde Substanzen produzieren? Kräuter sorgen sich um den Boden, das Wasser, die Luft und die Biodiversität und zeigen so, wie man sie anbauen soll. - Und zwar ganz anders als dies die konventionelle Landwirtschaft vormacht. Küchenkräuter haben besonders gesunde Inhaltsstoffe und zeichnen sich insbesondere durch einen hohen Gehalt an bioaktiven Stoffe aus. Beat Ryser zeigt, warum diese kleinen Stoffe besonders gesund sind. - Sobald wir nicht mehr genügend bioaktive Stoffe essen und die raffinierten Nahrungsmittel der Ernährungsindustrie in unserer Ernährung überhand nehmen, hat das einen negativen Einfluss auf unsere körperliche und psychische Konstitution. Heilkräuter haben sogar die Fähigkeit, uns Menschen zu heilen. Beat Ryser zeigt, warum und wie die Kräuter mit ihren bioaktiven Stoffen uns kurieren können. Mit diesem Buch lernen wir die Welt der Kräuter auf gänzlich neue Art kennen.
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Seitenzahl: 166
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Schafgarbe: Das einheimische Wildkraut bietet mit seinem weissen Blütenkleid eine Bienenwiese.
Prachtnelke: Die Blüte ist eine prachtvolle Erscheinung.
Borretsch: Die blauen Blüten sind essbar.
Lungen-Enzian: Die blauen Blüten sehen aus wie Alpenenzian.
Schlüsselblume: Die hohe Schlüsselblume zeichnet sich durch eine hellgelbe Blüte und einen dunkelgelben bis orangefarbenen Schlund aus.
Salbei: Die salbeigrünen Blätter sind auch im Winter grün.
Ringelblume: Die gelborangen Blütenblätter sind essbar.
Goldmelisse: Sie stammt aus Nordamerika. Man nennt sie deshalb auch Indianernessel.
Spitzwegerich: Die Blütenknospen haben einen champignonartigen Geschmack.
Raupe auf Brennnessel: Die Brennnessel bietet vielen Kleintieren Nahrung, Versteck, Nistplatz, Jagd-, Schlaf- und Überwinterungsplatz.
Wildtulpe Little Beauty: Die früh im Jahr blühende Blüten sollen bei Bienen sehr beliebt sein.
Prolog
Starring: die Hauptrollen im Buch
Teil Kräuter brauchen eine wilde Natur
1 Das Gänseblümchen ist unglaublich beweglich
2 Technisch versierte Kräuter überzeugen mit ihrem Können
2.1 Die Pollen der Brennnessel werden wie mit einem Katapult weggeschleudert
2.2 Die Pollen von Salbei werden mit einer genialen Mechanik übertragen
2.3 Die Schafgarbe lockt Bestäuber mit optischen Tricks an
2.4 Brennnesseln stechen wie Bienen und Wespen
3 Enziane sind sehr gute Teamplayer in der Biosphäre
4 Kräuter sorgen sich um den Boden, das Wasser, die Luft und die Biodiversität
4.1 Kräuter bedecken und schützen den Boden
4.2 Pflanzen produzieren Sauerstoff
4.3 Kräuter sorgen für Biodiversität
4.4 Pflanzen regulieren den Wasserhaushalt
5 Ausgerechnet die Landwirtschaft beeinträchtigt das Engagement der Kräuter
6 Sanfter Anbau: sich um Boden, Wasser, Luft und Biodiversität kümmern
6.1 Ausdauernde Kräuter erleichtern den sanften Anbau
6.2 Bodenbedeckung schützt den Boden
6.3 Biodiversität: Pflanzen- und Insektenvielfalt
6.4 Begleitpflanzen für mehr Biodiversität und bessere Bodenbedeckung
Teil Die bioaktiven Stoffe der Kräuter sind lebenswichtig
7 Das Aroma von Pfefferminz erzeugt höchsten Genuss
8 Zitronenmelisse duftet himmlisch
9 Brennnessel ist ein einheimisches Superfood
10 Kräuter haben besonders wertvolle Inhaltsstoffe
11 Mit Oregano können würzige Kräuteröle hergestellt werden
12 Kräuter haben besonders viele bioaktive Stoffe
13 Die bioaktiven Stoffe sind lebenswichtig
13.1 Die bioaktiven Stoffe wurden spät entdeckt
13.2 Bioaktive Stoffe sind lebenswichtig für den Menschen
13.3 Was passiert, wenn wir zu wenige bioaktive Stoffe essen
13.4 Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung anerkennt die bioaktiven Stoffe
14 Kräuter sind lebenswichtige Lebensmittel
Teil Wieso haben einige bioaktive Stoffe der Kräuter eine heilende .... Wirkung?
15 Thymian duftet fein und tut uns gut
16 Beifuss: „Bitter im Mund, im Magen gesund“
17 Spitzwegerich: Schleimstoffe unterstützen Schleime der Menschen
18 Die Seifenstoffe der Gänseblümchen wirken reinigend
19 Die Gerbstoffe der Schafgarbe verschliessen Wunden
20 Mädesüss produziert schmerzstillendes „Aspirin“
21 Flavonoide haben sogar Einfluss auf unsere Psyche
22 Beifuss ist ein bekanntes, vielseitiges Hexenkraut
Teil Sind nun meine Kräuter genial?
23 Sind nun meine Kräuter wirklich genial?
Achtung: Bei Heilkräutern und auch bei Küchenkräutern ist auf die Dosis zu achten
Kräuter können Allergiestoffe – z.B. Korbblütler – und auch Giftstoffe enthalten. Besondere Vorsicht ist bei Schwangerschaft, während dem Stillen und bei Kindern unter 12 Jahren geboten.
Bei der Verwendung von Küchenkräutern zum Würzen und für die Herstellung von Tee zum Genuss sind bei gebräuchlicher Dosierung keine Nebenwirkungen zu befürchten. Nichtdestotrotz gilt selbst bei Küchenkräutern, dass sie nicht übermässig konsumiert werden sollten. So sollten sie nicht regelmässig über einen langen Zeitraum eingenommen werden und auch nicht grosse Mengen auf einmal.
Ausserdem ist von einer übertriebenen Anwendung von Kräuterölen und anderen Auszügen (Tinkturen etc.) abzuraten, da diese Produkte mit bioaktiven Stoffen stark angereichert sind.
Ich empfehle, Heilkräuter nur in Absprache mit Fachpersonen (DrogistInnen, ApothekerInnen, PhytotherapeutInnen etc.) zu verwenden. - Bitte beachte in jedem Fall die Empfehlungen der Kommission E. Diese Kommission berät in Deutschland das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in der Regel bei der Zulassung von traditionellen Arzneimitteln.
Dank Newton wissen wir, wieso ein Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Newton sass nämlich in seinem Garten, als er den berühmten Apfel vom Baum fallen sah. Er fragte sich, warum fällt der Apfel stets senkrecht und nicht seitwärts zu Boden? Newton war klar, dass auf diesen Apfel eine Kraft wirken muss, die ihn hin zur Erde zieht. Die Kraft, die auf den Apfel wirkt, ist die Erdanziehungskraft. Diese Kraft verhindert zugleich, dass der Apfel spontan von der Erdoberfläche abhebt und aufwärts fliegt. Heute kann man auch erklären, wie sich der Apfel vom Baum löst. Pflanzen haben die Fähigkeit, mit Pflanzenhormonen zu kommunizieren. Das bekannteste Pflanzenhormon ist Ethylen. Sobald der Apfel zu reifen beginnt, setzt er Ethylen frei. Dem Baum teilt er so mit, dass seine Früchte reif werden. Mit zunehmender Reife und zunehmendem Ethylen-Gehalt beginnen die Blätter als Antwort darauf, das Pflanzenhormon Abscisinsäure zu produzieren. Dieses „Altershormon“ bewirkt, dass sich eine verkorkte, poröse Trennschicht zwischen Zweig und Apfelstiel bildet. Die Trennschicht wird brüchig und irgendwann reisst sie und der Apfel fällt zu Boden.
Eine schwierigere Frage ist, wie der Apfel von Newton entgegen der Erdanziehungskraft auf den Baum kam. Die Lebenskraft lässt die Pflanzen entgegen der Erdanziehungskraft in die Höhe wachsen und unter tatkräftiger Mithilfe von Insekten entwickeln sich Früchte.
Der Mensch versuchte immer schon die Lebenskräfte und auch die Kräfte der Kräuter zu verstehen und zu erklären. Die Steinzeitmenschen erklärten sie mit Pflanzengeistern und Magie. Die Griechen brachten sie mit Göttern in Verbindung: beispielsweise wurde Thymian in griechischen Tempeln verbrannt, um sich mit seinem duftenden Rauch der Liebesgöttin Aphrodite ergeben zu zeigen. Im Mittelalter waren die Alchemisten unter anderem auf der Suche nach dem Lebenselixier, der Quinta Essentia. Die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde umfassen die materielle Welt. Noch in der Antike fügte man dem System der vier Elemente eine weitere Kraft hinzu; das fünfte (=quinta) Seiende (=essentia), die Quinta Essentia. Die Quinta Essentia bildet die geistliche Welt und durchzieht die gesamte Materie. Die äusserliche Wahrnehmung der Materie ist das eine, das Wesentliche oder die Quintessenz versteht man erst, wenn man das geistige der Welt versteht. Alle bekannten früheren Heilkundigen, von Aristoteles bis Paracelsus, erklärten das Leben als das Beseelte. Wissenschaftler haben seither viel über chemische und biologische und über das Erbgut (DNA) in den Pflanzen herausgefunden. Wie die Materie zu Leben erweckt wird, verstehen wir jedoch immer noch nicht wirklich. Was ist die Essenz, die Lebenskraft, die den Apfelbaum zum Wachsen bringt? Die Erklärungsversuche sind nach wie vor Platzhalter für einen unverstandenen Vorgang. Trotzdem existieren das Leben und die Lebenskraft. Wir können sie jeden Tag erleben.
Gänseblümchen
Pfefferminze
Thymian
Spitzwegerich
Weide
Zitronenmelisse
Beifuss
Oregano
Schafgarbe
Schwalbenwurz-Enzian
Johanniskraut
Mädesüss
Salbei
Brennnessel
Wildtulpe
Prachtnelke
Honigmelonen-Salbei
Die Fähigkeiten der Kräuter sind für uns Menschen nicht offensichtlich. Sie haben keine sichtbaren Augen, Ohren, Nasen, Münder, Gehirne, keine inneren Organe wie Herzen, Lungen etc. Trotzdem nehmen die Pflanzen ihre Umwelt bestens wahr. Ihre Organe sind klein und im Körper dezentral verteilt und ohne technische Hilfsmittel oft nicht sichtbar.
Was verstehe ich unter Kräutern?
Bei den meisten Pflanzen im Buch handelt es sich um Küchenkräuter und/oder Heilkräuter. Bei diesen Begriffen spielt der Verwendungszweck die zentrale Rolle. Küchenkräuter können in der Küche zum Würzen oder zum Dekorieren von Speisen verwendet werden. Heilkräuter dienen dem Heilen. Nicht immer verwende ich die Pflanzen auch im botanischen Sinne als Kräuter – also um niedrig wachsende Pflanzen, die nicht verholzen. Beispielsweise wird Thymian als Küchenkraut angesehen, botanisch handelt es sich jedoch um einen Strauch, der verholzt. Hingegen ist die Brennnessel eindeutig eine krautige Pflanze, die in der Küche eher als Gemüse und weniger als Küchenkraut verwendet wird.
Wir registrieren kaum, dass sich Pflanzen bewegen. Solange wir ihre Bewegungen nicht richtig realisieren und würdigen, nehmen wir sie mehr als Sachen und weniger als Lebewesen wahr. Sie bewegen sich jedoch viel mehr als wir denken; eben nur sehr langsam.
Kräuter gestalten ihre Umwelt und kümmern sich um ihre Lebensgrundlagen, nämlich um den Boden, die Luft, das Wasser und die Biodiversität. Wenn wir Kräuter sanft anbauen wollen, können wir die Kräuter einfach nachahmen und so anbauen wie sie es am liebsten haben.
Die Pflanzen verdienen unseren Respekt und unsere Achtung
Wir können stolz auf die Schweizer Verfassung sein. Denn die Schweiz ist das einzige Land, das die Würde der Pflanzen in der Verfassung schützt. Auf den ersten Blick ist diese rechtliche Verankerung erstaunlich. Für einige Menschen, die sich intensiv mit Pflanzen beschäftigen, sind der Respekt und die Achtung gegenüber den Pflanzen selbstverständlich.
Der Mensch braucht Pflanzen zum Leben
Der Mensch ist von der Pflanze abhängig. Nur Pflanzen sind mit ihrem Chlorophyll fähig, Sauerstoff herzustellen. Das Chlorophyll, welches nur in grünen Pflanzen vorkommt, beherrscht die Photosynthese. Das Kraftwerk ist fähig, mit Hilfe von Licht Energie zu erzeugen. Als Nebenprodukt entsteht Sauerstoff, der sich in der Atmosphäre ansammelt und den Tieren und Menschen zur Verfügung steht. Zudem stehen die Pflanzen am Anfang der Nahrungskette. Sie stellen Energie (fossile Rohstoffe), Material für die Herstellung von Kleidern und zum Bauen sowie Arzneimittel her. Ohne sie sind Tiere und Menschen nicht lange lebensfähig. Sie verdienen - zu unserem Vorteil - unseren Respekt und unsere Achtung.
Pflanzen haben viele raffinierte Fähigkeiten
Pflanzen können wie Tiere Nahrung aufnehmen und verdauen und nichtverwertete Stoffe ausscheiden. Sie atmen und im Innern der Pflanze gibt es Stoffkreisläufe und Phytohormone (Botenstoffe). Sie haben Sinnesorgane, mit denen sie ihre Umwelt wahrnehmen können. Sie „sehen“, woher das Licht kommt und wachsen dem Licht entgegen. Die Wurzeln spüren Wasser und Nährstoffe im Boden auf, indem sie die kleinsten Gehalte zuverlässig messen oder „schmecken“ und zu den höheren Gehalten hin wachsen; sie folgen sozusagen der zunehmenden Konzentration. Die Wurzeln fühlen die Schwerkraft und ertasten Hindernisse und können darum herum oder durch Ritzen hindurch wachsen. Es ist auch bekannt, dass sie mit Bodenpilzen zusammenarbeiten und kommunizieren. Die Symbiose zwischen den Pflanzen und Pilzen ist für beide Lebewesen vorteilhaft. Die Pilze liefern Mineralstoffe und die Pflanzen Photosynthese-Produkte wie Zucker. Die Wurzeln kennen den Unterschied zwischen freundlichen und feindlichen Bodenpilzen.
Selbst wenn die Pflanzen kein Bewusstsein und keine Gefühle haben, verdienen sie eine würdige Behandlung durch den Menschen. Es geht auch um den Respekt vor der Natur und letztlich vor uns Selbst, da wir ja von der Natur abhängig und selber Teil davon sind.
Kräuter kümmern sich um den Boden, die Luft, das Wasser und die Biodiversität
Kräuter bedecken und schützen den Boden, regulieren den Wasserhaushalt, produzieren Sauerstoff und fördern die Biodiversität. Ist das nicht genial? Sie sorgen sich um den Boden, das Wasser, die Luft und die Vielfalt des Lebens, als ob sie wüssten, dass diese vier Bereiche ihre Lebensgrundlagen sind. Die „moderne“ Landwirtschaft macht genau das Gegenteil. Die schweren Maschinen, Mineral- und Hofdünger, Pflanzenschutzmittel, viele andere Hilfsmittel der „modernen“ Landwirtschaft sowie die massive Ausräumung der Landschaft führen zu enormen Umweltschäden und untergraben unsere Lebensgrundlagen. Es braucht dringend Alternativen. Ich probiere deshalb meine Kräuter möglichst naturschonend und sanft anzubauen. Ich nehme die Kräuter als Vorbild und schützte den Gartenboden mithilfe von lebenden Pflanzen oder mit „totem“ Pflanzmaterial (Mulch) und pflanze möglichst viele verschiedene Pflanzen. - So einfach ist das Gärtnern. Es ist möglich, mit einem sanften Anbau unseren Lebensgrundlagen Boden, Wasser, Luft und Biodiversität Sorge zu tragen - so wie das die Kräuter auch machen.
Das Gänseblümchen ist überall präsent und blüht teilweise das ganze Jahr direkt vor unserer Haustür. Trotzdem beachten wir die zarte Blume kaum und wissen nicht viel von ihr. Im Verlaufe meiner Recherchen habe ich an ihr viele wunderbare Fähigkeiten entdeckt, die ich dieser unscheinbaren Pflanze nicht zugetraut hätte.
Es ist doch bemerkenswert, dass das Gänseblümchen fast das ganze Jahr blüht, also auch in kalten Jahreszeiten. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass es auch in kalten Regionen weit verbreitet ist: im Norden und in hohen Lagen. Es kommt zudem gehäuft dort vor, wo der Mensch sesshaft ist. Die erfolgreiche Besiedlung hat es auch dem Rasenmäher zu verdanken. Ausserdem ist das geniale Gänseblümchen erstaunlich beweglich. Es ist zwar an einem Standort mit seinen Wurzeln verankert, doch kann es in seinem beschränkten Lebensraum seine Organe optimal ausrichten. Es hat Fähigkeiten, sich mit Sinneszellen in seiner Umwelt zu orientieren. Je nach Sinneswahrnehmungen kann es sich bewegen und auf äussere Einflüsse reagieren. Es lohnt sich, seine genialen Fähigkeiten genauer anzuschauen.
Bitte verwechsle das Gänseblümchen nicht mit der Margerite
Ich kenne die Pflanze als „Margritli“. In einigen Regionen der Schweiz wird das Gänseblümchen so genannt. Ich muss zugeben, dass mich die Bezeichnung „Gänseblümchen“ zunächst verwirrt hat; und als Folge davon auch der Name „Margerite“. Dazu kommt, dass das Gänseblümchen auch noch andere Namen hat. Deshalb eine kleine Entwirrung.
Im Laufe der Jahre hat das Gänseblümchen viele volkstümliche Namen erhalten. Hierzu zählen Tausendschön, Massliebchen, Himmelsblume oder eben schweizerisch Margritli. Übrigens trägt das Gänseblümchen auf Englisch den wohlklingenden Namen „Daisy“.
Das schweizerische Margritli ist nicht zu verwechseln mit Margeriten. Die Unterscheidung ist nicht immer einfach. Aufgrund der sehr ähnlichen Blüten können die beiden Pflanzen leicht miteinander verwechselt werden. Gänseblümchen sind maximal 20 Zentimeter hoch und die Margriten werden mit etwa einem halben Meter wesentlich grösser. Das Gänseblümchen hat eine bodenständige Blattrosette, aus der bis zu 20 Zentimeter hohe Blütenstiele (ohne Blätter) mit einzeln stehenden Blütenkörbchen hervorgehen. Hingegen sind auf dem Stängel der Margeriten von unten bis oben Blätter angeordnet und die Blüten befinden sich an der Spitze des Stängels. Die Form der Blätter ist ähnlich; die glattrandigen Gänseblümchenblätter unterscheiden sich jedoch eindeutig von den gezahnten Blatträndern der Margeriten.
Die Blüten des Gänseblümchens sind sehr ausdauernd. Das heisst: sie blühen beinahe das ganze Jahr, von März bis November. Teilweise blühen sie auch im Winter, sofern keine strengen Fröste aufkommen. Das langandauernde Blühen ist wahrscheinlich der Grund für den botanischen Namen Bellis perennis - die „ausdauernde Schöne“. Wegen der langen Blühdauer ist das Gänseblümchen eine wertvolle Nahrungsquelle für Insekten, die im Winterhalbjahr aktiv sind.
Das sesshafte Gänseblümchen ist erstaunlich beweglich
Eine Pflanze ist in der Regel mit ihrer Wurzel an einen Standort gebunden. Sie ist somit nicht in der Lage, sich wie ein Tier fortzubewegen und den Standort zu wechseln. Sie hat jedoch die Fähigkeit ihre Pflanzenteile zu bewegen.
Viele, vielleicht sogar alle Pflanzen, haben die Fähigkeit, einzelne Pflanzenteile zu bewegen. Natürlich bewegen sie sich auch im Wind oder Wasserpflanzen im Wasser. Nein; ich meine ein aktives, selbständiges Bewegen. In der Botanik spricht man von Pflanzenbewegung, wenn eine Pflanze auf einen Reiz mit einer Bewegung reagiert. Das heisst: die Pflanze kann zum Beispiel Licht mit Sinneszellen wahrnehmen und aufgrund dieses Lichtreizes eine Bewegung ausführen. Das Gänseblümchen ist fähig, verschiedene Lichtwellen, aber auch Temperatur-Veränderungen und sogar die Schwerkraft wahrzunehmen. Je nach Reiz reagiert es und bewegt sich. Es hat im Stängel ein Gelenk, das ohne Knochen, Muskeln und Sehnen mit Hilfe der Hydraulik bewegt werden kann. Die Sinneswahrnehmung ist nicht nur für Tiere von Bedeutung, sondern auch für Pflanzen. Denn nur so sind sie in der Lage, ihren Lebensraum bestmöglich auszunutzen. Allerdings bewegen sie sich so langsam und unmerklich, dass wir das kaum wahrnehmen.
Wir wissen alle, dass sich die Pflanzen gegen das Licht hin bewegen. Wie machen sie das?
Alle Pflanzen wachsen in Richtung Licht und die Blätter nehmen in der Regel eine Position ein, in der sie möglichst viel Licht aufnehmen können. Wenn sich nun die Pflanze beispielsweise im Schatten einer anderen Pflanze befindet, probiert sie dem Schatten auszuweichen und möglichst rasch ans Licht zu gelangen. Für die Pflanze ist diese Fähigkeit besonders wichtig. Denn mit Hilfe des Lichtes stellt die Pflanze über die Photosynthese ihre Energie her, die sie für ihr Wachstum benötigt. Damit solche Bewegungen möglich sind, muss die Pflanze Licht wahrnehmen können. Wie macht sie das? In den Blättern und Stängeln der Pflanze gibt es Lichtrezeptoren. Diese Rezeptoren bestehen aus einem Stoff, der bei Blaulicht mit einer Lichtlänge zwischen 400 und 500 Nanometer aktiviert wird. Sobald die Rezeptoren aktiviert werden, wandert das Pflanzenhormon Auxin an die reizabgewandten, beschatteten Stellen der Pflanze. Dort verursacht dieses Wachstumshormon ein stärkeres Wachstum. So wachsen beispielsweise die Stängelzellen auf der schattigen Seite schneller als diejenigen auf der belichteten Seite. Der Stängel krümmt sich so dem Licht entgegen.
Das Gänseblümchen geht einen Schritt weiter und ist sogar fähig, seine Blüten zur Sonne hin auszurichten
Es ist doch erstaunlich, dass das Gänseblümchen seine Blüten im Tagesverlauf zur Sonne hin ausrichtet; also am Morgen gegen Osten, am Mittag gegen Süden und am Abend Richtung Westen. Noch erstaunlicher ist, dass es dafür ein Gelenk verwendet. Dass Säugetiere und Menschen Gelenke haben und so ihre Körperteile bewegen können, ist das eine. Aber dass Pflanzen auch Gelenke haben sollen, ist doch sehr überraschend und mutet sogar ein bisschen fantastisch an.
„Hydraulisches Gelenk“: Zellen werden auf der sonnenabgewandten Seite mit Wasser aufgepumpt.
Die Bewegung und Ausrichtung der Blüte zur Sonne hin, nennt man in der Fachsprache Heliotropismus; altgriechisch heisst hélios Sonne und tropé Wendung. Es stellt sich die Frage: wie macht das die Pflanze? Wie kann sie sich ohne Sehnen, Muskeln und Knochen so bewegen? Die Antwort ist: Die Bewegung funktioniert wie Hydraulik. Am Blütenstiel befindet sich etwas unterhalb der Blüte ein „Gelenk“ (Pulvinus) mit sogenannten Motorenzellen. Der Stiel ist an dieser Stelle leicht verdickt. Die Motorenzellen pumpen Kalium-Ionen ins nahe gelegene Gewebe. Das Kalium zieht daraufhin Wasser an. Die Pflanzenzellen werden so mit Wasser aufgepumpt, dehnen sich aus und werden prall. Da nur die Zellen auf der sonnenabgewandten Seite prall werden, beugt sich der Stängel zur Sonne hin. Nachts nimmt der Zelldruck wieder ab und die Pflanze kehrt von selbst wieder in die Ausgangslage zurück – als ob die Pflanze ein Gedächtnis hätte. Durch diesen Hydraulik-Mechanismus sind relativ schnelle Bewegungen möglich. Der Heliotropismus wird übrigens durch blaues Licht gesteuert.
Wieso erdenkt sich eine Pflanze einen solch aufwändigen Mechanismus? Heliotropismus wird meist bei arktischen und alpinen Pflanzenarten und vor allem bei Korbblütlern beobachtet. In kalten Gebieten und in der kalten Jahreszeit ist die ganztägige Aufwärmung durch die Sonne für die Blüte vorteilhaft. Dadurch werden die Reifung der Pollen sowie das Wachstum der Pollenröhren und die Samenproduktion positiv beeinflusst. Die andauernde Blütenerwärmung durch die Sonne wird zudem von Insektenbestäubern insbesondere bei ungünstigen Temperaturverhältnissen als Wärmequelle geschätzt und dient damit als Lockmittel. Gesamthaft kann man davon ausgehen, dass der Blüten-Heliotropismus den Erfolg für die Fortpflanzung steigert.
Ein weiteres Bewegungsphänomen ist das Schliessen der Blüte in der Nacht (Schlafbewegung)
Geschlossene Gänseblümchen-Blüte
Das Schliessen der Blüte in der Nacht zeigt wie wichtig der sparsame Wärmehaushalt für das Gänseblümchen ist. Die Gänseblümchen-Blüten öffnen und schliessen sich nämlich im Tagesrhythmus. Jeden Abend legen sich die weissen „über“ die gelben Blüten und entfalten sich am Morgen wieder. Wenn die Erwärmung der Blüte am Tag durch Heliotropismus so wichtig ist, dann ist ein Schliessen der Blüte in der Nacht naheliegend. Die geschlossene Blüte ist besser vor Nachtkälte oder Nachtfrost geschützt. Denn mit dem Schliessen wird die Blütenoberfläche vermindert, so dass weniger Wärme in der kalten Nacht verloren geht.
In Versuchen konnte man den Tagesrhythmus durch Lichtmanipulationen verschieben. Somit ist es naheliegend, dass die Pflanze diese Schlafbewegung ebenfalls mithilfe von Licht steuert. Besondere Rezeptoren nehmen das Licht wahr. Die Phytochrom-Rezeptoren (Farbpigmente) werden am Abend durch das dunkelrote Licht inaktiviert und am Morgen durch hellrotes Licht aktiviert. Die Wahrnehmung wird dann in ein ungleiches Wachstum an der Basis der äusseren Blütenblätter umgesetzt. Die Blüten werden somit mithilfe einer Wachstumsbewegung geschlossen und geöffnet.
Können Pflanzen sehen?
Für uns ist es selbstverständlich, dass Pflanzen Photosynthese betreiben und gegen das Licht hin wachsen. Etwas erstaunlicher ist, dass nicht nur Sonnenblumen sondern auch Gänseblümchen ihre Blüten den ganzen Tag zur Sonne hin ausrichten. Wir haben in Zusammenhang mit dem Schliessen der Blüten in der Nacht entdeckt, dass Gänseblümchen mit Lichtrezeptoren unterschiedliche Lichtwellen wahrnehmen können. Die Schlussfolgerung ist naheliegend: Pflanzen können Licht wahrnehmen - sie können somit auch sehen