4,99 €
Novalee *** Nach dem College wollte ich einfach nur nach Hause zurückkehren, doch ich hatte nicht mit ihm gerechnet. Er entführte mich im Auftrag eines skrupellosen Mafiosos, um meinen Vater zu treffen, wo es ihn am meisten schmerzt. Sein Blick war kälter als Eis, und doch schaffte er es, dass mir seine Worte unter die Haut gingen. Ich wusste, dass ich ihn fürchten sollte – doch die gefährliche Faszination, die er auf mich ausübte, war stärker als meine Angst. *** Blake *** Der Auftrag war klar: Sie sollte nicht überleben. Doch anstatt sie zu töten, entschied ich, ein perfides Spiel mit ihr zu beginnen. Ihre Hoffnung würde brechen – früher oder später – und wenn es soweit war, würde sie mir gehören. Aber etwas an ihr hielt mich zurück, und die Grenze zwischen Kontrolle und Verlangen begann zu verschwimmen. Ein falscher Schritt, und ich würde nicht nur mein Ziel, sondern auch mein eigenes Leben riskieren. Doch in ihrem Widerstand, in den glühenden Schattierungen ihrer hellbraunen Augen, lag etwas, das selbst mich aus dem Gleichgewicht brachte – und das könnte uns beide ins Verderben stürzen. *** Es handelt sich um eine Neuauflage des Romans, der erstmals 2021 unter dem Pseudonym Noir Kingston erschien.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2024
Novalee
Nach dem College wollte ich einfach nur nach Hause zurückkehren, doch ich hatte nicht mit ihm gerechnet. Er entführte mich im Auftrag eines skrupellosen Mafiosos, um meinen Vater zu treffen, wo es ihn am meisten schmerzt. Sein Blick war kälter als Eis, und doch schaffte er es, dass mir seine Worte unter die Haut gingen. Ich wusste, dass ich ihn fürchten sollte – doch die gefährliche Faszination, die er auf mich ausübte, war stärker als meine Angst.
Blake
Der Auftrag war klar: Sie sollte nicht überleben. Doch anstatt sie zu töten, entschied ich, ein perfides Spiel mit ihr zu beginnen. Ihre Hoffnung würde brechen – früher oder später – und wenn es soweit war, würde sie mir gehören. Aber etwas an ihr hielt mich zurück, und die Grenze zwischen Kontrolle und Verlangen begann zu verschwimmen. Ein falscher Schritt, und ich würde nicht nur mein Ziel, sondern auch mein eigenes Leben riskieren. Doch in ihrem Widerstand, in den glühenden Schattierungen ihrer hellbraunen Augen, lag etwas, das selbst mich aus dem Gleichgewicht brachte – und das könnte uns beide ins Verderben stürzen.
Copyright © 2021 / 2024 D.A. Taylor / Drucie Anne Taylor
Korrektorat: S. B. Zimmer
Satz und Layout: Julia Dahl
Umschlaggestaltung © Modern Fairy Tale Design
Auflage 01 / 2024
Dieses Buch erschien erstmals 2021 unter dem Pseudonym Noir Kingston.
Alle Rechte, einschließlich das, des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Dies ist eine fiktive Geschichte, Ähnlichkeiten mit lebenden, oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Epilog
Über die Autorin
Weitere Werke der Autorin
Rechtliches und Uninteressantes
Memento Mori: Gedenke des Todes oder Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst
Solange wir leben, kämpfen wir, solange wir kämpfen, ist es ein Zeichen, daß wir nicht unterlegen sind und der gute Geist in uns wohnt. Und wenn dich der Tod nicht als Sieger antrifft, soll er dich wenigstens als Kämpfer finden.
Augustinus Aurelius (354-430), Bischof von Hippo, Philosoph, Kirchenvater und Heiliger
Mit dem Rücken lehnte ich an der Wand und sah Catalfamos Capo genervt an. Der Kerl hatte mich hierher zitiert, statt mir den Auftrag telefonisch durchzugeben, nun stand ich seit einer Stunde hier rum. Die Fahrt-, auch die Wartezeit würde ich Davide diesmal definitiv berechnen, denn er hatte mich von einem anderen Auftrag weggeholt. Der Kerl, um den ich mich gekümmert hatte, zersetzte sich nun ohne mein Beisein in einem Fass voll Säure, dabei hatte mein Auftraggeber Fotos verlangt. Es war ganz gut, dass ich eine Kamera aufgestellt hatte, die das ganze Schauspiel filmte, aber nun konnte ich die Genugtuung nicht auskosten. »Wann wird er Zeit haben?«, fragte ich ungeduldig.
»Dann, wenn er es für richtig hält«, antwortete sein Capo überheblich.
Ich schnaubte unzufrieden. Ich würde es nicht riskieren, dem Kerl die Fresse zu polieren, sonst würde Catalfamo mich sicher mit den Fischen schlafen schicken.
Die Tür öffnete sich und ich sah einen weiteren Stiefellecker meines Auftraggebers. Er gehörte zu meinen Stammkunden und ließ mich die besonders schmutzigen Aufträge erledigen, damit man sie ihm nicht nachweisen konnte. Ich war ein Vertrauter der Mafia, unterstand ebenso der Omertà wie deren Mitglieder, aber ich war keines, da ich keinen Initiationsritus wünschte. Ich blieb lieber unabhängig, so verdiente ich mehr Geld. Und Davide Catalfamo akzeptierte es, jedoch standen seine Aufträge immer an erster Stelle. Sonst hätte ich den Kerl im Säurefass nicht zurückgelassen. Ich wusste, dass niemand nachsehen würde, denn ich arbeitete so, dass man mich gar nicht erst auf dem Radar hatte. Ich lebte in einem Herrenhaus, das über einen schalldichten Keller verfügte, einen eigenen Zugang zur Kanalisation hatte und mir somit ermöglichte, zu kommen und zu gehen, wann ich wollte, selbst dann, wenn einmal der Fall eintreten sollte, dass die Cops mich überwachen. Außerdem war mein Grundstück so groß, dass ich nicht befürchten musste, dass man mein Haus observieren konnte. Meine zahlreichen Auftraggeber und die gute Bezahlung hatten mir diesen Luxus ermöglicht, den ich nun voll auskostete.
»Er hat jetzt Zeit für dich, Blake«, sagte der Kerl, woraufhin ich mich von der Wand abstieß.
Ich ging auf ihn zu, ließ mich von ihm zu Davide bringen und war gespannt, was mich diesmal erwarten würde.
Wir erreichten Davides Schreibtisch, doch er stand mit dem Rücken zu uns am Fenster.
»Du hast mich hierher bestellt?«, begann ich, statt ihn zu grüßen. Mit mehr oder minder höflichen Floskeln hielt man sich nur unnötig auf, also ersparte ich mir diese.
Er drehte sich zu mir herum. »Habe ich.« Davide ging an seinen Schreibtisch, nahm Platz und legte die Fingerspitzen aneinander, sodass seine Hände ein Dreieck bildeten. »Setz dich, mein Freund.«
»Ich habe nicht besonders viel Zeit. Ein Auftrag wartet auf seine vollständige Erledigung«, entgegnete ich.
Daraufhin schickte er seinen Lakaien raus. Erst, als die Tür geschlossen wurde, konzentrierte er sich auf mich. »Kannst du dich an Michele erinnern?«
»Deinen Bruder?«
»Richtig.«
Ich nickte knapp.
»Er wurde abgeschoben und in Italien erschossen, kaum dass er den Flughafen verlassen hatte. Howard Shelton ist der Direktor der Einwanderungsbehörde, die für seine Abschiebung gesorgt hat«, erklärte er.
»Und jetzt soll ich ihn aus dem Weg räumen?«
Davide schüttelte den Kopf. »Du wirst mir den Kopf seiner Tochter bringen.«
Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Du verlangst allen Ernstes den Kopf seiner Tochter?«, hakte ich perplex nach. Normalerweise vergriff ich mich nicht an Frauen, weshalb ich mich darüber wunderte, dass er mir diesen Auftrag geben wollte.
»Si.« Ja.
Nun nahm ich doch in dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz. »Ist das dein Ernst?«
»Si, Blake. Es ist mein Ernst. Dieser miese Sohn einer Hure lehnte die Gelder ab, die wir ihm boten, ließ sich nicht einschüchtern und tut so, als gehöre ihm die Welt. Ich habe meine Männer ausgeschickt, damit sie Shelton im Auge behalten, sie haben recht schnell herausgefunden, dass er eine dreiundzwanzigjährige Tochter hat, die gerade mit dem College fertig geworden ist.« Er räusperte sich, als er eine Mappe aus der Schreibtischschublade holte. »Ihr Name ist Novalee Shelton.«
Ich nahm die Akte entgegen und schlug sie auf. Mich traf beinahe der Schlag, als ich die Fotos dieser Schönheit sah. »Was hat sie damit zu tun?«
»Mein Bruder bedeutete mir eine Menge. Nun habe ich ihn wegen Sheltons Sturheit verloren, also soll er auch etwas verlieren, das ihm wichtig ist.«
»Du weißt, dass ich die Finger von Frauen lasse«, erinnerte ich ihn.
»Aber du arbeitest schnell, sodass niemand unnötig leidet. Ich kann sie auch von meinen Männern verschleppen lassen, aber die werden sie foltern und vielleicht vergewaltigen, bevor sie sie erlösen.«
Ich schnaubte unzufrieden. »Ist das wirklich dein Ernst?«
»Mein voller Ernst«, antwortete er mit einer Ruhe, die jedem anderen einen Schauer über den Rücken gejagt hätte, mir allerdings nicht. Ich ging mit der gleichen Ruhe vor, wenn ich einen Auftrag zu erledigen hatte.
»Und du willst sie tot sehen?«
»Wenn du unbedingt willst, hab vorher deinen Spaß mit ihr, aber früher oder später wird sie durch deine Hand sterben müssen«, erwiderte Davide entschieden. »Also nimmst du den Auftrag nun an oder soll ich Luca und Daniele ausschwärmen lassen?«
»Bis wann forderst du ihren Kopf?«
Davide sah mich finster an. »Warum?«
»Ich muss doch wissen, wie schnell der Job erledigt sein soll«, erwiderte ich, ohne mich von seinem Blick einschüchtern zu lassen. Davide wusste, dass ich mir keine Angst machen ließ, außerdem waren wir Freunde, sodass er es nicht wagen würde, mir nur zwei oder drei Tage Zeit zu geben.
»Schnapp sie erst mal und wir lassen den alten Shelton eine Weile schmoren, bevor er erfährt, was seinem kleinen Augenstern widerfahren ist. Ich bin mir sicher, dass er mich kontaktiert, weil er mich in Verdacht hat. Wenn er einsichtig ist und ein kleines Abkommen mit mir eingeht, muss die Kleine nicht mal draufgehen. In dem Fall wirst du aber für genug Material sorgen, mit dem ich ihn erpressen kann.«
»Also soll ich sie entführen?«, bohrte ich tiefer nach. Ich hatte seinen Plan genau verstanden, aber ich wollte es aus seinem Mund hören.
Er nickte. »Si, Blake.«
»In Ordnung.«
»In der Akte steht alles, was du über Novalee Shelton wissen musst«, sagte er. »Du kannst gehen.«
»Soll ich dich kontaktieren, wenn ich sie habe?«, erkundigte ich mich.
»Auf dem üblichen Weg«, antwortete er.
Ich erhob mich. »Ich werde mich melden.«
»In Ordnung.«
Danach verließ ich Davides Büro. Seine Familie hatte mithilfe von Kreditwucher, Schutzgelderpressung und Zwangsprostitution ein Vermögen angehäuft. Normalerweise hielt die italienische Mafia sich aus Prostitution heraus, aber die »Amerikaner« unter ihnen pfiffen darauf.
Als ich meinen Wagen erreicht hatte, stieg ich ein. Die Akte landete im Handschuhfach. Falls ich in eine Polizeikontrolle geraten sollte, mussten die Cops nicht wissen, dass sich Fotos und Unterlagen über Novalee Shelton in meinem Besitz befanden.
Sobald ich zu Hause war, musste ich erst mal meine Reise nach Washington D.C. planen, aber das war das geringste Übel. Ich würde mit dem Auto fahren, so viel war klar, die Kleine würde im Kofferraum mitreisen. Ich sollte noch für genügend Bargeld sorgen, denn ich vermied es, bei Aufträgen mit Kreditkarte zu zahlen.
Ich tat es nicht einmal, wenn ich irgendwo Urlaub machte.
Eigentlich nie.
* * *
Endlich war ich wieder zu Hause. Jahrelang war ich nicht bei Dad, weil er so gut wie nie Urlaub machte. Er war der Direktor der Einwanderungsbehörde, hatte entsprechend viel zu tun und vernachlässigte gern mal die Familie. Mein Bruder und ich waren ihm egal, weshalb Carter an den Feiertagen meist zu mir nach Seattle gekommen war, damit wir sie miteinander begehen konnten. Unsere Familie war keine mehr. Wir waren bloß Menschen, die den gleichen Nachnamen trugen und zufällig das gleiche Blut teilten – mehr nicht. Aber wehe, wir machten Dad in irgendeiner Weise Ärger, dann setzte es was. Zwar befand er sich selten im Fadenkreuz der Presse, aber seit es die neuen Einwanderungsgesetze gab, hatte er sich keine Freunde gemacht. Ich fragte mich immer, warum man den allgemeinen Unmut an ihm ausließ, denn er war nicht für die Gesetze verantwortlich. Das waren der Präsident und die Mitglieder des Senats. Dad war nur einer von vielen, die sie umsetzen mussten, ganz egal, ob sein Gewissen dabei mitspielte oder nicht, ganz egal, ob es darunter litt oder nicht.
Kopfschüttelnd verdrängte ich die Gedanken, denn ich hatte keine Lust, mir die Laune verderben zu lassen. Heute würde ich meine Freundinnen wiedersehen. Wir würden feiern, endlich mal wieder Spaß haben und darauf freute ich mich sehr. Wir hatten verschiedene Colleges besucht, uns deshalb in den letzten vier Jahren kaum gesehen und ich hatte die drei vermisst. Hailey hatte in New York studiert, Stacy in Kalifornien und Dove war in Washington geblieben. Ich saß vor meinem Spiegel, schminkte mich und nachdem ich Lippenstift aufgetragen hatte, lächelte ich meine Reflexion an. Zufrieden nickte ich meinem Spiegelbild zu, anschließend erhob ich mich, um meinen begehbaren Kleiderschrank auf den Kopf zu stellen.
Ich entschied mich für ein schwarzes Kleid. Der Rock lag eng an, aber das Oberteil war luftig, was einen Aufenthalt in einem viel zu warmen Club erträglich machen würde. Nachdem ich auch Strümpfe an mich genommen hatte, ließ ich den Bademantel, den ich trug, zu Boden fallen. Unterwäsche hatte ich schon angezogen und so schlüpfte ich in die Strümpfe. Sie waren widerspenstig, aber nicht unbesiegbar, dennoch nervte es mich, dass sie sich nur so schwer anziehen ließen.
Aufatmend, weil ich die Stockings endlich besiegt hatte, griff ich zu meinem Kleid. Ich schlüpfte hinein, zog den Rock hoch und schob die Arme in die Ärmelöffnungen. Nachdem ich es zurechtgezogen hatte, betrachtete ich mich in dem großen Spiegel, der hier hing. »Geht doch«, sagte ich zufrieden, wandte mich von dem Wandspiegel ab und holte meine Schuhe. Ich überlegte, welche ich anziehen sollte, entschied mich aber schließlich für schwarze Stiefeletten. Ich war glücklich mit meiner Erscheinung, weshalb ich mir meine Handtasche und meine Lederjacke schnappte.
Auf dem Weg aus meinem Zimmer bestellte ich mir ein Uber. Als ich unten ankam, sah mein Vater mich überrascht an.
»Willst du wirklich in diesem Aufzug rausgehen?«, fragte er skeptisch.
Ich nickte ihm zu. »Das habe ich vor.«
»Es ist sehr offenherzig.«
Daraufhin zuckte ich mit den Schultern.
Was erwartete er denn?
Dass ich das Haus im groben Sackleinen verließ?
Ich war jung, wollte Spaß und jemanden kennenlernen, damit ich mich nicht mehr so allein fühlte – und leider waren Männer oberflächlich, weshalb man auf solche Outfits zurückgreifen musste.
»Novalee, es ist mein Ernst, zieh dir bitte etwas Anderes an.«
»Dad, das ist ein ganz normales Kleid, der Rock hat eine vernünftige Länge und niemand fällt in meinen Ausschnitt. Komm wieder runter«, erwiderte ich gelassen.
Dad schnaubte unzufrieden. »Dann geh so, aber sag mir bitte, dass du nicht allein unterwegs bist.«
»Ich habe gerade ein Uber gerufen, fahre mit dem zum Club und treffe dort meine Freundinnen«, ließ ich ihn wissen. »Und heute Nacht werde ich mir auch einen Wagen rufen und den Club erst verlassen, wenn die App meldet, dass der Fahrer da ist, okay?« Ich hoffte, dass meine kleine Notlüge ihn beruhigen würde.
Er nickte. »Bitte den Fahrer, dass er wartet, bis du im Haus bist.«
Meine Augenbraue glitt in die Höhe. »Wieso? Er kommt doch nicht aufs Grundstück, weil du das Tor immer schließt, wenn du zu Hause bist.« Ich hatte kein Auto, weshalb ich immer auf Uber zurückgreifen musste, aus diesem Grund hatte ich auch keinen Funkschlüssel für das Tor vor dem Haus.
»Dann soll er zumindest warten, bis du durch das Tor bist.«
»Ich werd’s ihm sagen, Dad«, entgegnete ich geduldig.
Warum stellte er sich so an?
Sonst war es ihm egal, deshalb wunderte es mich, dass er heute darauf bestand, dass der Fahrer wartete, bis ich auf dem Grundstück war. Ich warf einen Blick auf mein Handy. »Mein Wagen ist da.«
»Hab einen schönen Abend, Novalee«, sagte er.
»Danke, Dad.« Ich zog meine Jacke über, danach verließ ich das Haus. Eilig lief ich vom Grundstück, weil die Fahrer selten länger als fünf Minuten warteten, und sah mich um. Noch einmal schaute ich auf mein Smartphone. Der Wagen sollte hier sein, der Fahrer DJ heißen. Ich ließ meinen Blick noch einmal nach dem blauen Ford suchen, schließlich fuhr einer vor.
»Hey, bist du Novalee?«, fragte er durch das heruntergelassene Fenster.
»Ja, die bin ich«, erwiderte ich und setzte mich auf die Rückbank.
»Sorry, ich stand vor dem falschen Haus, deshalb kam die Meldung, bevor ich hier war.«
»Kein Problem, so was kann passieren.«
Der Wagen setzte sich in Bewegung.
* * *
Ich betrat den Club, in dem ich meine Freundinnen treffen wollte. Dove hatte mir eine Nachricht geschickt, wo sie standen, aber der Laden war so gut besucht, dass es schwer war, mich zwischen den Gästen durchzukämpfen. Wann immer ich eine Lücke sah, schlüpfte ich hindurch, so durchquerte ich den Club und erreichte schließlich den Platz meiner Freundinnen.
»Novalee!«, rief Hailey euphorisch, stellte ihren Cocktail ab und kam zu mir. Sie umarmte mich fest. »Es ist so schön, dich zu sehen.«
Ich löste mich aus ihrer Umklammerung. »Hey.« Lächelnd betrachtete ich sie – sie hatte inzwischen kurze Haare. »Du siehst gut aus.«
»Danke.«
Danach begrüßte ich auch Stacy und Dove mit Umarmungen und hatte endlich das Gefühl, wieder zu Hause zu sein.
Es war zu laut, um sich zu unterhalten, aber es gab Schlimmeres. Ich wusste, dass wir später wahrscheinlich rausgehen würden, um frische Luft zu schnappen, dann waren auch Unterhaltungen möglich.
»Seit wann bist du zurück?«, fragte Dove laut.
»Seit drei Tagen!«, antwortete ich unüberhörbar. »Ich musste noch meinen Kram aus Seattle hierher schaffen, deshalb kam ich erst diese Woche an.«
»Stacy und Hailey kamen schon vor einer Woche nach Hause.«
Ich nickte. »Ich weiß, aber ich habe es nicht früher geschafft.« Kaum zu Ende gesprochen lächelte ich sie an.
»Ich wünschte, ich hätte auch woanders studiert, aber nein, nur die Uni in Washington nahm mich an.« Sie trank einen Schluck ihres Cocktails. »Hast du gar kein Getränk?«
Daraufhin schüttelte ich den Kopf. »Ich werde mich gleich an die Bar kämpfen, aber ich wollte zuerst zu euch.«
Sie nickte und ließ ihren Blick schweifen. »Stacy und Hailey sind schon wieder auf der Tanzfläche.«
Ich schaute ebenfalls dorthin und sah, dass die beiden mit einem wirklich umwerfend gutaussehenden Mann tanzten. »Der Kerl ist wirklich heiß.«
»Oh ja, er kam schon ein paar Mal an unseren Tisch und verwickelte Stacy immer wieder in ein Gespräch. Ich glaube, sie geht heute nicht allein nach Hause.«
Ich schnaubte amüsiert. »Es sei ihr gegönnt.«
»Auf jeden Fall.« Dove stupste mir ihren Ellenbogen in die Seite. »Und der da hinten hat dich die ganze Zeit im Auge.«
Noch einmal ließ ich meinen Blick schweifen und sah geradewegs den Mann an, der mich anstarrte. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, aber ich rang mir ein Lächeln ab, als er mir zuprostete. Dann konzentrierte ich mich wieder auf Dove. »Lass ihn starren.«
»Wirklich? Ich würde zu ihm gehen und mit ihm reden«, meinte sie.
Ich winkte ab. »Nein, seit wann geht der Knochen zum Hund?«
Sie lachte perlend – ich auch. »Er steht an der Bar und du hast kein Getränk, also kannst du beides miteinander verbinden.«
»Ich denke, ich verzichte. Noch bin ich nicht durstig«, erwiderte ich entspannt.
Dove behielt den Mann im Auge, während ich mich mit dem Rücken zu ihm drehte. Er sah gut aus, aber ich war hier, um einen schönen Abend mit meinen Freundinnen zu verbringen, nicht um mit irgendeinem dahergelaufenen Kerl zu flirten. »Und er kommt her.«
»Was?«, fragte ich alarmiert. Ich legte meine Jacke auf den Hocker, auf dem auch schon jene meiner Freundinnen lagen, danach hängte ich mir meine Handtasche um. »Dann gehe ich mal über einen anderen Weg zur Bar.«
»Guten Abend, Ladies«, sagte er, kaum dass ich zu Ende gesprochen hatte.
Ich blieb mit dem Rücken zu ihm stehen, sah Dove an, um ihr zu sagen, dass ich an die Bar ging, aber sie hatte nur noch Augen für ihn. »Hi«, hauchte sie kaum wahrnehmbar.
»Ich bin dann mal an der Bar!«, rief ich ihr zu.
Dove blinzelte schnell, anschließend schenkte sie mir ihre Aufmerksamkeit. »W-was?«
»Ich hole mir etwas zu trinken«, wiederholte ich laut.
»Ich habe etwas für die Damen geordert. Es wird gleich gebracht«, sagte der Störenfried.
Ich drehte mich um, sodass ich ihn ansehen konnte. Noch nie hatte ich so einen gutaussehenden Mann gesehen, dabei hatte ich vor wenigen Minuten noch jenen für umwerfend gehalten, mit dem Stacy und Hailey tanzten. »Wir brauchen nichts.«
»Ich bestehe darauf«, erwiderte er bestimmt, aber nicht unfreundlich.
Ich seufzte. »Und was, wenn ich fragen darf?«
»Das sehen Sie dann.«
Daraufhin schüttelte ich den Kopf. »Ich muss wissen, ob es etwas Alkoholisches ist, denn das trinke ich nicht.« Ich trank wirklich nicht oft und gerade heute wollte ich mich nicht betrinken, da ich wegen meiner Freundinnen einen klaren Kopf behalten wollte.
»Ich habe eine Flasche Champagner für Sie und Ihre Freundinnen geordert.«
Überrascht blinzelnd schaute ich zu Dove, die die Schultern hochzog. »Das ist nett, aber ich verzichte heute Abend auf Alkohol. Dennoch danke, meine Freundinnen werden ihn sicher trinken.«
»Darf ich mich vorstellen?«, erkundigte er sich.
Ich nickte. »Meinetwegen.«
Anschließend streckte er seine Hand aus, weshalb ich ihm meine reichte. »Mein Name ist Henry.«
»Freut mich«, erwiderte ich, dabei war das ganz und gar nicht der Fall.
»Und Sie sind?«
»Nova«, antwortete ich. Mein Spitzname musste heute ausreichen.
Er hob meine Hand an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf. »Freut mich sehr, Nova.« Sein Blick fiel auf Dove, mit der er genauso verfuhr, nachdem er ihren Namen erfahren hatte.
»Ich gehe dann mal an die Bar«, ließ ich meine Freundin wissen und mache mich auf den Weg.
* * *