Mensch & Mais - Nora Aschacher - E-Book

Mensch & Mais E-Book

Nora Aschacher

0,0
21,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mais, Speise der Götter und Nahrung für viele. Mais zählt neben Weizen und Reis zu den drei wichtigsten Getreidearten weltweit und ist eines der bedeutendsten Grundnahrungsmittel für Millionen von Menschen. Auf allen Kontinenten schlossen die Menschen kulinarische Freundschaften mit dem Weltenbürger Mais. "Lo que sustenta la vida", "er, der am Leben hält", zeigt uns, dass die Zeit für ein Umdenken in der Landwirtschaft und der globalen Ernährung gekommen ist: Ein respektvoller, achtsamer Umgang ist angesagt! In diesem Buch wird die Geschichte einer über die Jahrtausende gewachsenen Beziehung zwischen Mensch und Pflanze erzählt, um einer der ältesten Kulturpflanzen ihre Schönheit und Würde als Nahrungsmittel zurückzugeben. Und weil Liebe durch den Magen geht, gibt es auch Rezepte. - Über eine ganz besondere Beziehung zu einer der wichtigsten Getreidearten - Mit rund 60 außergewöhnlichen Rezepten - Kulturgeschichte von den präkolumbischen Amerikas bis zur Gegenwart

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 422

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nora Aschacher

Mensch & Mais

Kulturgeschichte einer jahrtausendealten Liebe

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2023 Verlag Anton Pustet

5020 Salzburg, Bergstraße 12

Sämtliche Rechte vorbehalten.

Grafik, Satz und Produktion: Tanja Kühnel

Lektorat: Anja Zachhuber

Auch als Hardcover erhältlich: ISBN 978-3-7025-1082-4

eISBN 978-3-7025-8107-7

www.pustet.at

Alle Rezepte sind auf 4 Personen ausgelegt.

Die Rezepte zu diesem Buch wurden über Jahre zusammengetragen.

Da es nicht immer möglich war, exakt passende Rezeptbilder dafür zu finden, sind diese als beispielhafte Veranschaulichung zu verstehen.

Ausflüge in die Natur, Interessantes aus Kunst, Kultur und Geschichte, Inspiration und Genuss für Ihr Zuhause – entdecken Sie die Vielfalt unseres Programms auf www.pustet.at

Wir bemühen uns bei jedem unserer Bücher um eine ressourcenschonende Produktion. Alle unsere Titel werden in Österreich und seinen Nachbarländern gedruckt.

Um umweltschädliche Verpackungen zu vermeiden, werden unsere Bücher nicht mehr einzeln in Folie eingeschweißt. Es ist uns ein Anliegen, einen nachhaltigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz zu leisten.

Inhaltsverzeichnis

Ein allseits geschätzter Globetrotter

Der Maiskolben

Feld der Liebe, der Kommunikation und der Vielfalt

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – Mexiko

Die Azteken

Die Tortilla, ein Wunder der kulinarischen Ingenieurskunst

Heiße Liebe und andere Gefühle in Mexiko, der Geburtsstätte des Maises

Mexikanische Küche ist Weltkulturerbe

Wie sich das Korn der Götter in Mittel-und Südamerika sowie der Karibik ausbreitete

Die Mayas

Südamerika

Haiti und Jamaika – zwei Inseln in der Karibik

Wie der Mais in Italien zur Polenta wurde

Die Säule der italienischen Küche

Wie sich das Getreide im übrigen Europa niederließ

Brot aus Maismehl. Alltagsspeise und Retter in schwierigen Zeiten

Das Maismehlbrot und der Erste Weltkrieg

Das Maismehlbrot und der Zweite Weltkrieg

Der (un)heimliche König der USA

Corn on the Cob, Popcorn, Cornflakes

Clash of cultures: Europa trifft Amerika

Der Süden der USA

Kanada und Neuseeland

Mais statt Reis? Ein Besuch in Asien

Ein Haus aus Mais – China

Nama saya Jagung – Indonesien

Weiß wie Schnee – Japan

Need but not greed – Indien

Wenn der Maiskuchen oben schwimmt, bringt er Glück – Vietnam

Mais gegen Dämonen und für ein langes Leben – Vorderasien und der Nahe Osten

Chimanga ndi moyo – Mais in Afrika

Ugali, das afrikanische Nationalgericht

Was hat der Mais, was andere nicht haben?

Mais und der neue Kolonialismus

Gemischte Gefühle

Ich züchte, also bin ich

Genetik: Mais, wir haben dich in der Hand

Vom Teller in den Tank – Mais als Energielieferant

Vom Trog auf den Teller – Mais als Futtermittel

Landwirtschaft quo vadis?

Nahrungsmittel als Spekulationsobjekte

Eintritt in das Mais-Universum Einkaufszentrum

Köstliche Kostbarkeiten

Der alte Weiße und Gelbe aus dem Gailtal, Kärnten, Österreich

Der ewige Schwarze aus Galicien, Spanien

Die wunderschönen Bunten aus den USA

Die rustikalen Weißen aus Österreich, Liechtenstein und der Schweiz

Der Wiederauferstandene aus Bayern

Der felsige Rote aus dem Trentino, Italien

Die mysteriös Verschwundenen, Kenia

Der heilige Blaue, USA

Anhang

Dank

Literatur und Quellen

Rechteverzeichnis

Bildnachweis

Rezepte

Salat der drei Kontinente mit Mais, Couscous und Granatapfel

Maispuffer mit Halloumi

Mexiko

Taquitos de Flor de Calabaza

Tacos mit Spinat und Feta

Tortilla aus Masa Harina

Enchiladas mit Huhn und Chorizo

Mexikanisches Frühstück, Huevos Ranchero

Tacos mit Garnelen

Turco de maiz cacaguazintle – ein Maisauflauf

Schwarze Bohnensuppe

Südamerika

Atol de elote

Mais-Auflauf

Mazamorra morada

Chicha morada

Pastel de Choclo

Italien

Mais-Pizza

Stracotto

Polenta pasticciata al forno

Gondola Bianca

5 italienische Polenta-Variationen

Rumänien

Mămăligă

Palukes

Bulz ciobănesc

Übriges Europa

Spätzle mit Mais-Sauce

Banosh

Bresse-Huhn

Galette de Mais

Spanischer Suppentopf

Xerém

Milho Frito

Maisbrot

Kukuruza

Proja-Maisbrot

Bobóta – traditionell

Bobóta – modern

USA

Sky Woman-Stew

Yankee-Maisbrot

Südliches Maisbrot

Jalapeño-Cheddar Spoonbread

Lachs mit Chili glasiert

Chowder Suppe

Grits pur

Kentucky Bourbon Balls

Asien

Rippchensuppe mit Mais und Allerlei

Rushichi Bhaji

Maiskuchen der Hmong

Bhutte ka Kees/Grated Corn Chat

Sapporo Miso Ramen

Afrika

Ugali

Umphokoqo

Cachupa rica

Adalu

Mais und Kokosnuss

Gemischte Gefühle

Maisgrießpudding, selbst gemacht

Izingane

Werners Palatschinkenteig

Karibik-Palatschinken

Get up-Stand up-Maismehlpudding

Das Geheimnis der Erzulie

Antonias Maisgrießtorte

Bolo de fubá

Sommerlaune-Kuchen

Türkentommerl

Köstliche Kostbarkeiten

Gailtaler Landmais-Polenta

Polentasterne

Polenta-Laibchen

Rheintaler Ribelmais

Riebel

Ribel-Tiramisu

Stopfer

Hafaloab

Duranand mit Pilzen

Polenta Macafana

Githeri

Hopi Blue Corn Hotcakes

Ein allseits geschätzter Globetrotter

„Weißt Du noch, damals …“ – Paare in Langzeitbeziehungen lassen sich gerne von Erinnerungen an das Glück der ersten Tage bezaubern und betrachten mit Erstaunen, was die Jahre daraus gemacht haben. Wir beide, Mensch und Mais, sind seit Jahrtausenden miteinander verwoben, können nicht voneinander lassen, obwohl oder vielleicht trotzdem wir alle Phasen durchlebt haben, denen eine große Liebe ausgesetzt ist. Da wäre diese wechselseitige Abhängigkeit, von der viele Liebesbeziehungen nicht ganz frei sind. Der Mais ist auf uns Menschen angewiesen, denn durch die Züchtungen hat er die Fähigkeit verloren, frei in der Natur zu überleben. Wir hingegen haben uns ihm nahezu völlig ausgeliefert, sind zu Maismenschen geworden, denn er umgibt uns in Form von Streichhölzern, Waschmitteln, Schlaftabletten, Eiscreme, Salatsaucen, Eiern, Steaks und noch vielem mehr.

„Du bist für mich etwas Besonderes“, diesen Satz sagen Liebende gerne zueinander und ja, der Mais ist wirklich außergewöhnlich. Seine Körner verblüffen mit ihrem Farbenreichtum von goldgelb über rot, blau bis weiß und schwarz. Er kann eine enorme Bandbreite vorweisen, wenn es um die Zubereitung von Speisen geht: Cornflakes, Popcorn, Tortilla, Polenta, gegrillter Maiskolben, Maisstärke, Maiskeimöl, Hominy, Masa Harina, Maismehl, Maisgrieß. Und ein ganz besonderes Plus: Er ist von Natur aus glutenfrei.

Dazu kommt noch, er ist nach dem Weizen die weltweit wichtigste Getreideart und eines der bedeutendsten Grundnahrungsmittel für 900 Millionen Menschen.

Keine Liebe ohne Krisen. Das kennen wir alle. Die Beziehung Mensch und Mais war und ist nicht frei von Spannungsverhältnissen. Unser Liebespartner ist in Verruf gekommen. Er soll an den hohen Nitratwerten im Grund- und Trinkwasser schuld sein, er verdrängt mit seinem Größenwahn andere Pflanzen und verbraucht Unmengen an Pestiziden. Ja, wir Menschen haben toxische Elemente in die Beziehung eingebracht. Wir füllen das Getreide in Autotanks, benutzen es für Biogasanlagen, verfüttern die Pflanze an Tiere und verarbeiten sie für industrielle Zwecke. Mais ist der führende Agrar-Rohstoff der Welt und er spielt eine wachsende Schlüsselrolle im globalen Agrar- und Lebensmittelsystem.

Liebe geht auch durch den Magen, heißt es in einem alten Sprichwort – und eine Möglichkeit, mit dem Getreide eine intime Beziehung aufzubauen, ist das Abknabbern eines Kolbens.

Der Maiskolben

Ein frischer Maiskolben an einem heißen Sommertag am Strand, in der rauchigen Dämmerung eines Volksfestes, beim Grillen im Grünen oder aus dem Backrohr. Dieses animalische Abnagen des Knochens in Form eines Kolbens ist selbst für Vegetarier*innen vertretbar. Was für ein sinnlicher Genuss und noch dazu ein bekömmlicher, denn frischer Zuckermais mit seiner Zusammensetzung aus Kohlenhydraten, Eiweiß, Fett, Mineralien (Calcium, Kalium, Phosphor, Eisen und Natrium), Provitamin A und den Vitaminen B1, B2, B3, B6 und Vitamin C ist so gesund wie ein besonders gehaltvolles Gemüse.

Der österreichische Schriftsteller Hermann Broch erinnert sich in seinem Gedicht Kulinarisches Liebeslied an den jungen weißen Mais mit weichen Spitzen, den er mit seiner Geliebten genossen hat – und er kommt zu dem Schluss, dass sich die Liebe in der Freude zeigt, dem anderen beim Essen zuzusehen.

Meine Erinnerungen führen mich zurück ins Salzkammergut, seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein beliebtes Urlaubsziel, wo der schmackhafte Kolben einfach zum Sommer dazugehörte, und in die Steiermark, wo der Mais immer noch Woazstriezel genannt wird. Dann wären da noch Kroatien und Frankreich, wo Kukuruzni klip und Épis de maïs mit Butter, Salz und Pfeffer oder Petersilie bestrichen werden. In Ungarn, das in der EU neben Frankreich, Italien und Rumänien zu den Hauptexportländern von Mais gehört, nennt sich der Mais Kukorica. Der Maiskolben ist als gegrillter Imbiss, versehen mit Butter und Gewürzen, im ganzen Land zu bekommen.

Das Getreide ist ein echter Globetrotter. Es wächst auf allen Kontinenten, abgesehen von der Antarktis, und es gibt kaum eine Nation auf unserem Globus, wo Corn on the Cob nicht als Street-Food angeboten wird. Kleine Kohleherde und darauf gekochte oder gegrillte Kolben sind auf den Straßen in aller Welt zu finden, garniert mit den typischen Saucen des jeweiligen Landes wie in China die Hoisin-Sauce, in Indien eine geschmackliche Hülle aus Ghee, Garam Masala und Zitronensaft, in Mittel- und Südamerika eine Kombination aus Limettensaft, Chili, Cayennepfeffer und manchmal auch Parmesan und in den Sub-Sahara-Ländern gibt es häufig eine Mischung aus Chiliflocken, Salz, Pfeffer, Zitrone und geräuchertem Paprika zum Kolben.

Ich möchte Sie in diesem Buch zu einer nachhaltigen, klimafreundlichen Weltreise einladen und meine Beobachtungen über den Mais und die Speisen, die aus ihm entstehen, mit Ihnen teilen, da ich die meisten dieser Länder selbst besucht habe. Für diese Reise braucht es weder teure Flugtickets noch Versicherungen, sie findet unabhängig von Einreisebestimmungen, Regenzeiten und Unterkunftsreservierungen statt, zudem enthält sie Anregungen, Mais-Spezialitäten in der eigenen Küche auszuprobieren.

Woran erkenne ich, ob der Kolben frisch ist?

Die Blätter sind noch grün, die Fäden leicht feucht. Die Spitze des Kolbens sollte nicht vertrocknet wirken und die Maiskörner müssen prall, glänzend und keineswegs verschrumpelt aussehen. Achtung auf die Spitze: Weiße oder blaue Flecken sind Anzeichen von Schimmel. Tritt beim Eindrücken frischer Maiskörner milchweißer Saft aus, so ist das ein gutes Zeichen. Am besten schmeckt Zuckermais, wenn er so bald als möglich verarbeitet wird, denn sein wundervoller süßer Geschmack geht schnell verloren. Ist das nicht möglich, dann den von Blättern umhüllten Kolben in ein feuchtes Tuch wickeln und in den Kühlschrank geben. Dort hält er maximal drei Tage. Einfrieren ist eine weitere Möglichkeit, wobei es sich empfiehlt, die Körner kurz vorher zu blanchieren.

Grillen, kochen, dämpfen oder in das Backrohr geben?

Zuerst muss der Kolben geputzt werden: Blätter und Fäden von der Spitze nach unten ablösen. Den Kolben unter fließendem Wasser abspülen und mit der Hand oder der Gemüsebürste so viele Fäden wie möglich entfernen. Dann die Hüllblätter entfernen, die Kolbenspitzen und das Kolbenende abschneiden, Kolben waschen und trocknen.

Maiskolben kochen

Methode 1: Den geputzten und gewaschenen Kolben in leicht gezuckertem Wasser 15 bis 30 Minuten kochen. Die einen geben Salz ins Wasser, die anderen empfehlen, erst nach dem Kochen zu salzen, damit die Körner weich bleiben und sich leicht vom Kolben abknabbern oder ablösen lassen. Danach mit der gewünschten Marinade oder nur mit Butter und Salz bestreichen.

Methode 2: Den geputzten und gewaschenen Kolben in einem Milch-Wasser-Gemisch mit etwas Butter kochen und erst nach dem Kochen salzen.

Methode 3: Den Kolben in einem Wasser-Kokosmilch-Gemisch kochen. Die Kochdauer variiert je nach Größe der Kolben. Er ist fertig, wenn sich ein Zahnstocher leicht in die Körner stechen lässt.

Maiskolben grillen

Methode 1: Maiskolben putzen und etwa 20 Minuten vorkochen und abtrocknen. Danach die Kolben für 10 bis 15 Minuten auf den vorgeheizten Grill legen und immer wenden. Anschließend mit der gewünschten Marinade bestreichen.

Methode 2: Einige harte, nicht aber die transparenten Hüllblätter sowie die feinen Fäden entfernen, auf den Grill legen und alle paar Minuten wenden. Die Kolben sind gar, wenn die Körner goldgelb durchschimmern. Kolben vom Grill nehmen, etwas auskühlen lassen, die restlichen Hüllblätter entfernen und die Kolben nochmals ohne Hüllblätter für ca. 5 Minuten auf den Grill legen. Danach würzen.

Methode 3: Die Kolben vorher ins kalte Wasser legen. Da gibt es ebenfalls mehrere Variationen.

Die einen legen den Kolben ohne Blätter und Haare 60 Minuten in kaltes Wasser. Die anderen entfernen nur die Seidenhaare, lassen aber die Blätter am Kolben und legen diesen 15 Minuten in kaltes Wasser. Danach werden die Blätter vorsichtig zurückgezogen, der Kolben wird mit der Sauce eingestrichen, die Blätter kommen darüber und erst jetzt wird der Kolben auf den Grill gegeben.

Wieder andere lassen die Kolben mit Blättern sogar einige Stunden im kalten Wasser liegen.

In einigen Ländern wird vor dem Grillen gewürzt, in anderen danach oder sogar davor und danach. Die einen entfernen vor dem Grillen Blätter und Fäden, die anderen entfernen nur die ganz harten Hüllblätter.

Methode 4: Vorgegarte Kolben verwenden. Diese benötigen dann nur mehr 10 bis 15 Minuten.

Maiskolben dämpfen

Beim Dämpfen sollte der Maiskolben nicht mit dem siedenden Wasser in Berührung kommen. Ideal sind ein Dampfgarer oder ein hoher Topf, in dem ein Gittereinsatz oder ein Sieb eingehängt werden kann. Dämpfen geht auch im Schnellkochtopf. Die Zeit, etwa 20 bis 30 Minuten, hängt vom jeweiligen Dampfgarer ab.

Maiskolben im Backrohr

Backrohr vorheizen auf 180 °C Umluft oder 200 °C Ober-/Unterhitze.

Methode 1: Die Kolben mit den Blättern etwa zehn Minuten ins kalte Wasser legen und dann in das Backrohr geben.

Methode 2: Die Kolben putzen, waschen, trocknen, mit Kräuterbutter bestreichen und für ca. 15 Minuten ins Backrohr geben, bis die Körner leicht braun sind. Danach umdrehen und nochmals ca. 10 Minuten backen oder bei 220 °C Umluft 20–30 Minuten backen, ohne den Kolben umzudrehen.

Verarbeiten der Körner des frischen Kolbens

Wichtig ist eine rutschfeste Unterlage. Den Kolben aufrecht auf die Arbeitsfläche stellen und mit einem scharfen Messer oder einem kleinen Zackenmesser die Maiskörner von oben nach unten abschneiden, dabei den Maiskolben nach jedem Schnitt ein Stück drehen. Saucen zum Bestreichen – abgesehen von Butter und Salz:

Hoisin: eine dunkelbraune, dickflüssige Sauce mit süß-salzigem Geschmack. Der Name Hoisin bedeutet Meeresfrüchte auf Chinesisch, aber sie enthält keinerlei Fisch- oder Meeresprodukte. Es gibt unzählige Rezepte mit oft bis zu 12 Bestandteilen, darunter Sesamöl, Reisessig, Ingwer, Bohnenpaste, Sojasauce, Chiliflocken und Knoblauch.

Ghee (geklärte Butter) mit Garam Masala, Kurkuma, Salz, Pfeffer, Zitronen und Chili mischen.

Kokosmilch gemischt mit Frischkäse und Koriander. Limettensaft gemischt mit Salz, Pfeffer, Chili und gerösteten Kürbissamen.

Sauerrahm gemischt mit Mayonnaise, Limettensaft, Chili, Cayennepfeffer, Paprika und überzogen mit Parmesan.

Chimichurri: eine Sauce aus gehackten Kräutern wie Petersilie und Oregano, gepresstem Knoblauch, roten Paprikaflocken, Apfelessig, Olivenöl, Salz und Pfeffer.

Feld der Liebe, der Kommunikation und der Vielfalt

Feld der Liebe

In einer deutschen TV-Dokumentation sah ich einen Bauern, der vor seinem Maisfeld stand und lächelnd sagte: „Ich sehe den Mais so gerne an. Für mich ist das ein Feld der Liebe. Wie er wächst, befruchtet wird und dann die Ernte – einfach hingreifen und den Kolben abnehmen.“ Diese Aussage erinnerte mich an Sätze der Indigenen in Mexiko und den USA, die davon sprachen, dass sie den Mais hüten, als wäre er ihr eigenes Kind. Auch wenn sich die Stammbäume von Pflanzen und uns Menschen vor Milliarden Jahren unterschiedlich entwickelt haben, sind wir und unsere grünen Mitbewohner*innen des Planeten Erde nahezu „Blutsverwandte“. Das Chlorophyll der Pflanzen und das Hämoglobin in unserem Blut haben ähnliche Strukturen. Das Chlorophyll färbt das „Blut“ der Pflanzen grün und das Hämoglobin färbt unser Blut rot. Pflanzen und wir Menschen reagieren auf Licht, auf den täglichen und jährlichen Rhythmus von Hell und Dunkel. Ob Pflanzen sehen, hören, sich erinnern können, darüber gehen die Ansichten der Wissenschaftler*innen auseinander. Schon Charles Darwin soll in den Wurzelspitzen der Pflanzen eine Art Gehirn vermutet haben, eine bis heute umstrittene Ansicht. Andererseits, warum nicht? Fest steht, wie der Mensch so durchläuft auch die Pflanze, in diesem Fall der Mais, unterschiedliche Stadien des Wachstums.

Kindheit

Ein warmer, sonniger Tag im Frühjahr ohne Gefahr von Spätfrösten. Ideal, um Mais-Samenkörner einige Zentimeter tief in die Erde zu legen. Die Bodenwärme ist ein Wohlfühlelement für das Mais-Baby. Etwa zwei Wochen später erscheint der drei bis fünf Zentimeter große, hellgrüne Keimling. In den ersten anderthalb Monaten bildet er gerade einmal vier bis sechs Blätter, die wichtig für die Photosynthese sind, und er wird bis zu 30 Zentimeter hoch. Jetzt sind Nährstoffe aus dem Boden gefragt. Steigen die Temperaturen, legt der Kleine kräftig zu. Er will hoch hinaus und das gelingt ihm durch eine ungewöhnliche Streckung der Stängelachse. Aus den Knoten in Bodennähe wachsen wiederum viele kleine Wurzeln, die möglicherweise schon früh eine umfassende Bodenanalyse machen: feucht, trocken, lehmig, stickig oder gut durchlüftet? Welche Nährstoffe sind vorhanden?

Jugendliche Maisblätter.

Jugend

Auf die Kindheit folgt die Jugend bei uns Menschen wie auch beim Mais. Eine kritische Phase, in der Stickstoff und Phosphor benötigt werden und Kälte das Wachstum hemmt. Unkraut als Nebenbuhler in unmittelbarer Nachbarschaft geht gar nicht.

Wie merkt die Pflanze, dass zu ihren Füßen etwas heranwächst, das ihr nicht gut bekommt? Ich lese, dass sich Wissenschaftler*innen der kanadischen Universität Guelph in Ontario um Prof. Dr. Clarence Swanton über Jahre mit diesem Phänomen befasst und erstaunliche Entdeckungen gemacht haben. Es sieht so aus, als würde der Mais das Grünzeug und überhaupt seine Umwelt anhand der Reflexion des Lichts im roten Wellenspektrum erkennen. Der Boden reflektiert Licht überwiegend im dunkelroten Wellenlängenspektrum, während grüne Pflanzen mehr hellrotes Licht zurückwerfen. Im unteren Bereich der Maispflanze überwiegt daher dunkelrotes, im oberen Bereich hellrotes Licht. Dieses Verhältnis ändert sich, wenn der Boden bewachsen ist. Die Maispflanze reagiert auf die unliebsame Nachbarschaft mit einem verstärkten Längenwachstum, einer veränderten Blattstellung und einer sinkenden Anzahl von Kronenwurzeln. Die Kronenwurzeln gelten als wesentlich für den Maisertrag.

Die jugendliche Maispflanze mag zwar keine grünen Nachbarn, aber sie schätzt Zucker, daher schafft sie sich einen Vorrat an. Aber wohin mit dem Zucker, wenn es noch gar keine Körner gibt? Ab ins Zwischenlager. Der Zucker wird im dicken Stängel und in den Kolbenachsen gespeichert. Mit dieser Vorratshaltung unterscheidet sich der Mais von anderen Getreidearten, die in ihren dünnen und meist hohlen Halmen weniger Nährstoffe horten können.

Insgesamt gilt für die Jugendphase der Pflanze – ähnlich wie bei pubertierenden menschlichen Jugendlichen: Je schneller diese Zeit vorübergeht, desto besser ist es, denn umso so weniger Unheil können Schädlinge anrichten.

Liebe und Sex

Fahne und Kolben – sichtbar und unsichtbar. Mais ist das einzige Getreide, bei dem die männlichen und weiblichen Blüten getrennt an derselben Pflanze wachsen. Die weiblichen Blüten befinden sich im mittleren Pflanzenteil in den Blattachseln, die männlichen oben an der Sprossspitze. Sie haben die Form einer langen Rispe und werden auch so genannt. Jede Rispe verfügt über ungefähr 6 000 Staubbeutel, die Millionen von Pollenkörnchen freisetzen, die vom Wind hinausgetragen werden.

Die weibliche Blüte, der spätere Kolben, wächst im unteren Bereich und ist umgeben von Hüllblättern, den Lieschen. Sie bildet Narbenfäden, die am Kolbenende wie Haare als weiche, weißliche Seidenfäden heraushängen. Jeder Kolben hat Hunderte dieser seidigen Narbenfäden, die sich im Wind wiegen und mit ihren feinen Härchen die umherfliegenden Pollen an sich ziehen. Die Pollen keimen und werden durch die Hohlräume der Seidenfäden geschleust, um die Eizelle zu befruchten.

Mais ist ein Fremdbefruchter. Das bedeutet aber nicht, dass die Selbstbefruchtung nicht funktioniert. Der Wind spielt dabei eine wichtige Rolle. Die männlichen Pollen verlassen den Mais, bevor die weiblichen Blüten wachsen. Da die Pollen kilometerweit fliegen, könnten die Pollen von einem Feld mit gentechnisch veränderten Maispflanzen auch ein Nachbarfeld mit alten Landsorten bestäuben. Mit ein Grund, warum gentechnisch veränderter Mais, wenn überhaupt, abseits in geschlossenen Gebieten angebaut werden sollte.

Nach der Bestäubung der weiblichen Blüten trocknen die Seidenfäden ein. An den Kolbenachsen entwickeln sich Reihen von Körnern, die den Maiskolben bilden. Werden nicht alle Seidenfäden bestäubt, dann kann es dazu kommen, dass am Kolben leere Stellen zu sehen sind. Es fehlen hier die Maiskörner, die übrigens nicht nur gelb, sondern weiß, blau, violett, schwarz, rot und regenbogenfarben sein können.

Mais-Haare im Wind, seidige Verführung.

Würden wir Menschen ihn nicht anbauen, der Mais würde aussterben, denn er kann sich mit seinem Kolben, der von Blättern umhüllt ist, nicht mehr aussäen. Er wächst nicht von selbst. Das verdankt er der menschlichen Züchtung. Er will Korn für Korn gelöst und zum richtigen Zeitpunkt in die Erde gelegt werden. Er ist zu einer vollständigen Kulturpflanze geworden, abhängig von der Kultivierung durch den Menschen. Er geht niemals wieder in den ursprünglichen wilden Zustand über.

Erwachsenwerden

Von 30 auf 300 Zentimeter in nur zwei Monaten zu wachsen, das schafft von unseren Ackerkulturen, abgesehen von Hanf, nur der Mais. Bei hochsommerlichem Wetter kann man dem Getreide beim Wachsen zusehen. 15 Zentimeter pro Tag sind möglich, aber 5 Zentimeter pro Tag die Norm. Und wieder stoße ich auf eine interessante Untersuchung. Wissenschaftler*innen der New York University haben dem Mais nicht nur beim Wachsen zugesehen, sondern auch zugehört. Mit Hilfe von Spezialmikrophonen wurden Geräusche aufgenommen, die der Mais macht, wenn er wächst.

Stürmen standhalten, in den Himmel wachsen, Licht und Sonne genießen.

Wie es sich anhört, wenn der Mais wächst? Wie Knistern und so, als würde der Maisstängel brechen. Und genau das tut er auch, wenn starke Stürme ihn knicken und damit die Ernte vernichten. Seit Jahren schon gehört es zu den großen ungeklärten Fragen, wie man die Pflanze windbruchsicher züchten kann. Um dem Mais beim Wachsen zuhören zu können, setzten die Forscher*innen auf Techniken aus dem Bereich des Maschinenbaus. Materialbruch sei wie ein mikroskopisches Erdbeben: Die plötzliche Freisetzung von inneren Spannungen sende Schallwellen, die in alle Richtungen ausstrahlen, so der US-Biomechaniker Douglas Cook, der das Wachsen als einen Prozess von Stretching, Breaking und Remodeling interpretiert, in einer Aussendung der New York University. Cook und sein Team glauben, dass das Pflanzenwachstum Millionen winziger Bruchereignisse verursache, und dass dies die Pflanze dazu bringe, die gebrochenen Regionen zu reparieren. Dadurch könne die Pflanze größer und größer werden. Der Mechanismus sei möglicherweise dem Muskelaufbau im Körper des Menschen ähnlich, vermutet Douglas Cook. Beim Stemmen von Gewichten entstünden winzige Risse im menschlichen Muskel. Durch die Reparatur werde dann aber der Muskel gestärkt.

Feld der Kommunikation

„Ganz schön eng hier. Gefällt mir gar nicht. Schaut, dass ihr dort wachst, wo es Platz gibt.“ Das können Maispflanzen nicht sagen, daher haben sie eine andere Form der Kommunikation gefunden, um den Stress, der durch zu große Nähe einer anderen Pflanze entsteht, in Form eines Selbstgesprächs auszudrücken. Wissenschaftler*innen der Swedish University of Agricultural Sciences in Uppsala pflanzten Mais-Setzlinge nahe nebeneinander und stellten fest, der Mais warnte seine Wurzeln durch chemische Signale vor Stress. Wenn die Wurzel eines jungen Keimlings die Möglichkeit hatte, entweder in Richtung einer anderen Pflanze zu wachsen, die berührt wurde, oder in die Richtung einer Pflanze, die nicht berührt wurde, dann entschied sie sich für die Richtung der unberührten Pflanze. Die Berührungs-Botenstoffe wirkten also abschreckend auf den Keimling. Sie scheinen vor Enge im Boden zu warnen.

Pflanzen haben zwar weder Augen, Ohren, Nasen oder Münder wie wir Menschen, aber sie kommunizieren trotzdem, und zwar durch chemische Stoffe, die sie über Blätter und Wurzeln abgeben. Über die Luft oder den Boden gelangen diese Botenstoffe zu anderen Pflanzen in der Umgebung.

„Hilfe, Hilfe, bitte kommt rasch!“ Maispflanzen können per Smartphone weder Polizei noch Rettung holen, wenn sie angegriffen werden, daher richtet sich ihr Notruf an die Fadenwürmer der Gattung Heterorhabditis, wenn sie zum Beispiel von den Larven des Maiswurzelbohrers bedroht werden. Die attackierte Maispflanze sendet den Botenstoff Beta-Caryophyllen aus und lockt damit die Rettungstruppe der winzigen Fadenwürmer zu sich. Bedauerlicherweise ist diese biochemische Kommunikation bei Pflanzen, die durch Züchtung und Genmanipulation ausschließlich auf Ertrag ausgerichtet sind, verloren gegangen, denn dieser Mais kann die notwendigen Alarmstoffe nicht mehr produzieren.

Ein kommunikativer Austausch findet auch zwischen Bakterien und Mais statt.

Mikroorganismen „fühlen“, wenn eine Pflanze unter Trockenheit leidet, und leiten entsprechende Erste-Hilfe-Maßnahmen ein. Damit helfen sie zunächst einmal sich selbst, immerhin ist die Pflanze ja ihr Lebensraum, aber sie unterstützen auch die Pflanze bei der Abwehr von Krankheiten oder bei zu großer Trockenheit.

Besonders hilfreich zeigen sich Bakterien bei einer speziellen Maissorte aus Mexiko. Der Sierra-Mixe-Mais wird trotz eines nicht sehr fruchtbaren Bodens ohne spezielle Düngung bis zu fünf Meter hoch und liefert Ernteerträge von mehr als zwei Tonnen pro Hektar. Wie macht er das, fragten sich US-Wissenschaftler*innen und fanden die Antwort auf ihre Frage in der speziellen Symbiose zwischen Mais und Bakterien. Der Sierra-Mixe-Mais, eine alte Landsorte aus Oaxaca, verfügt über zahlreiche Luftwurzeln. Die kleinen Röhren umgeben den Stängel an mehreren Stellen und sondern einen dicken, klaren, glitzernden Schleim ab. Dieser Schleim bleibt an den Wurzeln haften und ernährt nützliche Mikroorganismen. Die Bakterien wiederum sind in der Lage, Stickstoff aus der Luft aufzunehmen und als Nährstoff an die Maispflanzen weiterzugeben. Das heißt, die Pflanze versorgt sich selbst mit Stickstoffdünger – dank dieser Bakterien. Eine aussichtsreiche Perspektive für Regionen mit kargen Böden und für Kleinbauern, die sich keinen Kunstdünger leisten können.

Es lebe die Vielfalt – eine Pflanze mit vielen Gesichtern und Identitäten

Es war einmal ein simples Wildgras. Daraus wurde eine Getreidepflanze. Von außen betrachtet, mag ein Maisfeld wie die anderen aussehen, aber das täuscht. Es gibt 50 000 Maissorten, die sich in Farbe, Gestalt, Korngröße und dem Endosperm – das Nährgewebe der Samen, das den Keimling umgibt – unterscheiden. Dazu kommen noch die Hybridsorten, die weltweit dominieren.

Zuckermais

In dieser Varietät tritt der Alleskönner als Gemüse auf und wird daher als Gemüsemais oder Speisemais bezeichnet. Wir essen ihn in Form von großen Maiskolben, Maiskölbchen, Körnern im Glas, in der Dose oder der Tiefkühlpackung. Aus Zuckermais Popcorn zu machen, geht gar nicht. Für Popcorn braucht es eine spezielle Maissorte. Zur Mehlverarbeitung eignet sich der Zuckermais ebenfalls nicht. Er verfügt zwar über Fett und Proteine, aber über weniger Stärke. In seinem Endosperm hortet er Zucker und dementsprechend süß schmeckt er. Zuckermais ist eine eher junge Kulturpflanze in Europa, denn erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts haben die nach Amerika ausgewanderten Europäer*innen diese Maissorte von den Native Americans übernommen. Es gibt ca. 300 bekannte Zuckermaissorten in verschiedenen Größen, Formen und Farben mit sehr früher und sehr später Reife. Für den heutigen Gemüsemais werden spezielle Maissorten gezüchtet.

Zahnmais

Ein besonders ertragreicher Mais, der aus diesem Grund weltweit am häufigsten angebaut wird. Die Körner sind in der Mitte eingesunken und sehen wie Zähne aus. Er wird als Tierfutter verwendet sowie in der Lebensmittelindustrie und in der Ethanol-Gewinnung.

Hartmais

Ebenfalls ein Darling der Landwirtschaft. Ihn haben Kolumbus und Co. von Mittel- und Südamerika sowie der Karibik nach Europa gebracht. Verwendet wird Hartmais für die Produktion von Maisstärkemehl, als Körnermais, als Grünfutter und Silage. Das heißt: Er wird, wie auch der Zahnmais, gerne verfüttert – interessanterweise nicht nur an Rinder, sondern auch an Karpfen.

Stärkemais/Weichmais

Dieser ist das ideale Material für Maismehl, denn die Körner enthalten ein weiches, stärkehaltiges Nährgewebe und lassen sich daher gut mahlen. Stärkemais gehört zu den ältesten Maistypen, ihn kannten schon die Azteken und Inkas, die ihn für Teige und Tortillas verwendeten. In Peru sind zahlreiche traditionelle Sorten in unterschiedlichen Formen und Farben bis heute erhalten geblieben, ohne von den Hartmais-Sorten verdrängt zu werden. Stärkemais eignet sich gut für die Alkoholgewinnung und, wie der Name schon sagt, zur Erzeugung von industrieller Stärke.

Puffmais

Unser Popcorn. Eine Gruppe spezieller Maissorten, angeblich eine der ältesten. Die Körner haben im Kerninneren mit Wasser gefüllte Hohlräume und eine dünne, aber sehr harte Schale. Werden sie erhitzt, dann verdampft das Wasser. Es entsteht ein enormer Druck, der die harten Schalen platzen lässt.

Wachsmais

Wachsmais ist äußerlich nicht von herkömmlichem Mais für die Futter- und Stärkeproduktion zu unterscheiden. Dafür aber im Inneren: Im Gegensatz zum herkömmlichen Mais besteht er aus über 99 Prozent Amylopektin, wodurch er sich zur Herstellung von Stärke besonders gut eignet, die ihrerseits in der Nahrungsmittelindustrie als Verdickungsmittel Verwendung findet. Auch in Fertiggerichten, als Emulsionsmittel für Salatsaucen, Suppen und in der Säuglingsnahrung wird Wachsmaisstärke verarbeitet. Wachsmais wurde angeblich in Shanghai entdeckt, ist vermutlich durch Mutation in Ostasien entstanden und wird daher oft als Chinesischer Mais bezeichnet. In technischen Bereichen wird diese Stärkeform zur Gummierung von Klebebändern sowie in der Papierindustrie eingesetzt.

Salat der drei Kontinente mit Mais, Couscous und Granatapfel

Der Granatapfel stammt aus Asien, wurde aber lange im Mittelmeerraum kultiviert, der Mais aus Mexiko und Couscous, eine Speise aus Getreidegrieß, aus Nordafrika. Es gibt auch Mais-Couscous.

Zutaten

250 g Couscous

250 ml Wasser oder Gemüsesuppe

bzw. je nach Angaben auf der Packung

1 kl. roter Paprika

1 kl. grüner Paprika

1 Granatapfel

eine Handvoll Erbsen, frisch oder aus dem Glas

1 Maiskolben oder ein kl. Glas Mais

1–2 große Tomaten, gehackt

1 Zwiebel, kleingehackt

Salz, Pfeffer

Zitronensaft

Kreuzkümmel nach Belieben

Oliven- oder Arganöl

Zubereitung

Den Couscous nach Anleitung mit der entsprechenden Flüssigkeitsmenge übergießen, quellen und abkühlen lassen.

Die Paprika entkernen und würfeln. Den Granatapfel aufschneiden und die Kerne herauslösen.

Frische Erbsen kochen.

Den frischen Mais vom Kolben schneiden und kochen. Paprika, Tomaten, Granatapfelkerne, Zwiebeln, Erbsen und Mais unter den Couscous mischen und mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und ev. Kreuzkümmel abschmecken. Zum Schluss etwas Öl darüberträufeln.

Salat der drei Kontinente

Maispuffer mit Halloumi(nicht glutenfrei)

Zutaten

450 g Maiskörner aus dem Glas oder von 3 Kolben

250 g Halloumi-Käse, grob gerieben

100 g Mehl

1 TL Backpulver

1 Zwiebel, gehackt

4 Eier, leicht verrührt

3 EL gehackte Kräuter wie Petersilie, Dill, Thymian

Chiliflocken nach Bedarf

Salz

Öl

Zubereitung

Maiskörner, Halloumi, Mehl, Backpulver, Zwiebeln, Eier, Kräuter und Gewürze miteinander mischen.

Öl in einer Pfanne erhitzen und die Masse löffelweise in heißem Öl ausbacken.

Auf Küchenpapier abtropfen lassen und bis zum Servieren warmhalten.

Dazu passen eine Kräuterjoghurt-Sauce, bei dem ein fetteres Joghurt nach Belieben mit Kräutern verrührt und gewürzt wird, oder eine Sauce aus Sauerrahm mit gehackten Kapern und Kräutern.

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – Mexiko

Ein Gras, aus dem Getreide wurde

Mais ohne Mexiko, das geht gar nicht. Denn hier hat alles begonnen. Der mexikanische Literatur-Nobelpreisträger Octavio Paz wird oft mit dem Satz zitiert: „Die Entdeckung des Maises durch die Mexikaner ist nur vergleichbar mit der Entdeckung des Feuers für den Menschen.“ Recht hat er. Dieses Land ist die Heimat eines Getreides, von dem sich heute Millionen Menschen ernähren. Damals konnte noch niemand diese Entwicklung voraussehen. Die Domestizierung von Getreide ist ein langsamer Prozess, der mehr als tausend Jahre benötigen kann. Die Entwicklung des heutigen Kulturmaises gilt als eine der größten Domestizierungsleistungen des Menschen.

Wo genau in Mexiko das allererste Zusammentreffen zwischen Mensch und Mais stattfand, wissen wir nur in Ansätzen. Auch den präzisen Zeitpunkt, er mag 10 000 Jahre oder länger zurückliegen, kennen wir noch nicht.

Der Mensch, vermutlich eine Frau, stand vor einer buschigen Pflanze mit zarten, kleinen Ähren und wenigen Körnern. Dieses Wildgras sollte später in der Nahuatl-Sprache der Azteken Korn der Götter genannt werden und unter dem Namen Zea parviglumis als wilder Urahn unserer heutigen Maissorten gelten.

Vielleicht gefielen der Indiofrau die schmalen Stängel, die tänzerischen Bewegungen der Pflanze im Wind. Vielleicht ließ sie einige der gesammelten Körner in die Erde zurückfallen und die Gemeinschaft stellte fest: Da wuchs eine möglicherweise essbare Pflanze heran.

Wir können heute nur vermuten, wie die Annährung von Menschen und Mais vor sich ging. Was wir mit einiger Sicherheit sagen können, ist, dass es Frauen waren, die in den frühen Jäger- und Sammlergesellschaften Jahrtausende hindurch Pflanzen beobachteten, diese sammelten und mit ihnen experimentierten. Erfolg und Irrtum machen Experimente aus. Dazu kommen als Ingredienzien noch Neugier, Geduld, Aufmerksamkeit, kreatives Denken und Mut, um Neues auszuprobieren, Eigenschaften, die auch gute Wissenschaftler*innen auszeichnen.

Die damaligen Jäger- und Sammlergemeinschaften fanden Gefallen an dem neuen Nahrungsmittel, wollten mehr davon essen. Sie mussten sich dadurch konstant um diese und andere Pflanzen bemühen. Also wurden sie sesshaft, rodeten Flächen, legten Felder an, entwickelten Werkzeuge wie den coa, einen hölzernen Grabstock, um Löcher in die Erde zu drücken. Dann säten sie in jedes Loch ein speziell ausgewähltes Saatgut.

Menschen domestizieren Wildpflanzen, indem sie deren Eigenschaften bzw. Gene grundlegend verändern, um sie später als Kulturpflanzen verwenden zu können.

Damit eine reiche Ernte zu erwarten ist, von der Familien leben können, wird auf große Samen und große Früchte selektiert. Dabei nutzte die indigene Bevölkerung nur wenige Mutationen, um aus dem Wildgras Teosinte genießbare Maiskolben zu kreieren.

Wir kennen heute die Gene. Wir wissen, dass sich der Mais durch nur relativ wenige Merkmale vom Teosinte-Gras unterscheidet und als Erbgutriese gilt, weil er über ca. 32 000 Gene verfügt, wobei eine seiner besonderen Eigenschaften seine große genetische Vielfalt ist.

Höhlenmenschen und ihre Schätze

Das Tehuacán-Tal im mexikanischen Bundesstaat Puebla war 1962 der Schauplatz einer archäologischen Sensation. In der 240 m2 großen und acht Meter tiefen Coxcatlán-Höhle fanden der US-Archäologe Richard MacNeish und sein Team frühe Vorfahren unseres heutigen Maises und noch dazu als Beigabe alte Arten von Kürbissen, Bohnen, Chilis, Avocados, Baumwolle, Hunden, Truthähnen und Honig. Die Maiskolben, nicht größer als ein Fingernagel, wurden mit einem Alter von 7 000 Jahren datiert.

Inzwischen sind die Kolben um ein Vielfaches größer geworden. Jahre später sollte es zu intensiven Kontroversen wegen des von MacNeish angegebenen Alters kommen, da neue Messmethoden entwickelt wurden, um das Alter von Pflanzen bestimmen zu können. Davon abgesehen gelang es MacNeish, die Anfänge der Landwirtschaft in Mesoamerika und den Schritt vom Jäger zum Bauern nachzuzeichnen. Seine Beweise waren die im Verlauf von Jahrtausenden immer größer gewordenen Maiskolben.

Seit Juli 2018 ist das 150 000 Hektar große Tehuacán-Cuicatlán-Tal zwischen Puebla und Oaxaca UNESCO-Weltkulturerbe. Es beherbergt zahlreiche einzigartige Natur- und Kulturstätten, unter anderem die dichtesten Wälder von Säulenkakteen unseres Planeten und ein außergewöhnliches Wassermanagementsystem, auf dessen Grundlage erste landwirtschaftliche Siedlungen entstehen konnten. Die nächste entscheidende Entdeckung fand wieder in einer Höhle statt, im südwestlichen Mexiko. Dolores Piperno, US-Anthropologin, Archäo- und Paläobotanikerin, sowie ihr Kollege Anthony Ranere wurden dort im Balsas-Tal fündig und stießen auf Mais, Kürbisse, Mahlsteine und Schleifwerkzeuge. Die beiden Wissenschaftler*innen zeigten sich von ihren Funden nicht wirklich überrascht. Sie suchten sich demzufolge einfach die Region, wo der engste Verwandte des Maises wuchs, hielten Ausschau nach dem frühesten Mais und fanden diesen auch.

Der Maiskolben: Klein begonnen und bis heute beachtlich groß geworden.

2009 präsentierten sie ihre Ergebnisse, die bis heute nicht widerlegt sind: Das Tal des Rio Balsas gilt als wahrscheinlicher Ursprung der Kultivierung von Mais und Kürbissen vor mindestens 8 700 Jahren. Der Mais hat sich von der Balsas-Senke weiter nach Süden bis in den Norden Südamerikas ausgebreitet. Vorausgegangen war diesem Fund eine jahrelange Debatte unter Botaniker*innen, ob die Teosinte, die völlig anders als unser heutiger Mais aussieht, tatsächlich die Vorfahrin des Kolbens ist. Genetiker*innen stellten aber in den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts fest, dass der Mais in enger Beziehung zur Teosinte steht.

Korn der Götter

Der Mensch hat den Mais kultiviert, aber der Mais hat auch uns Menschen kultiviert. Mais war das Hauptnahrungsmittel der drei prominentesten mesoamerikanischen Hochkulturen, deren Treibstoff und die Basis ihrer Weltordnung, zählte er doch als Quelle des Lebens und war wichtige Opfergabe in allen Ritualen, die den Gottheiten dargebracht wurden. Natürlich benutzten diese Hochkulturen das Wissen anderer, vor ihnen entstandenen Kulturen, die sie sich einverleibten, bekämpften oder zerstörten. Die sogenannten Hochkulturen mit ihren Menschenopfern zu Ehren der Götter sind verschwunden, sie waren nur eine Affäre in der Beziehung Mais und Mensch. Die Rituale für und um den Mais, die es heute noch gibt, entstanden vermutlich zu jener Zeit, als das Getreide zu einem wichtigen Nahrungsmittel der mesoamerikanischen Gesellschaften wurde. Mesoamerika umfasst das Gebiet von Zentralmexiko über Guatemala, Belize, Teile von El Salvador, Honduras, Costa Rica, Nicaragua bis nach Panama.

Die ersten in Mesoamerika verbreiteten Darstellungen von Gottheiten, die wir kennen, stammen aus der Zeit der Olmeken, 1 200 bis 300 Jahre v. Chr. Die Olmeken galten vielen Wissenschaftler*innen als die Mutter aller mexikanischen Hochkulturen. Andere wiederum meinten, es gebe keine Mutter-, sondern mehrere Schwester-Kulturen, die neben- und nacheinander existierten. Fest steht, die Olmeken waren Vorläufer der ersten großen Zivilisationen Mesoamerikas wie der Zapoteken, Mayas, Tolteken und Azteken – und ihre Kultur beruhte auf Mais.

Die Azteken

Wie alle mesoamerikanischen Kulturen stand auch bei den Azteken der Anbau von Mais im Zentrum ihrer Versorgung. Es gibt Forscher*innen, die behaupten, dass keine andere Zivilisation – Assyrer, Sumerer, Ägypter – von einer einzigen Pflanze dermaßen abhängig waren wie die Azteken vom Mais. Fray Bernardino von Sahagún, spanischer Franziskanermönch und Missionar, der Ende 1529 in Mexiko ankam und bis zu seinem Tod 1590 dortblieb, widmete einen Großteil seines Lebens der Dokumentation der aztekischen Sprachen und Kulturen. Vom Autor der Historia general de las cosas de Nueva España wissen wir, dass die damaligen Menschen eine mehr als enge Beziehung zum Mais hatten. In den Übersetzungen ist zu lesen, dass sie in ihm „unser Fleisch und unsere Knochen“ sahen. Er wurde als der wahre Herrscher und als Lebensmittelpunkt verehrt.

Die Erde wurde bei den Azteken mit einem Grabstock bearbeitet. Pflanzzeit war im März, der April sollte Regen bringen, im Juli war der Mais reif, im August war Trockenheit erwünscht. Von den 28 Monaten des aztekischen Jahres hatte nahezu jeder Monat eigene Zeremonien im Zusammenhang mit dem Heranwachsen und Ernten des Maiskorns. Im Linden-Museum Stuttgart und im Weltmuseum Wien waren 2019 bis 2021 die Azteken in Form einer bemerkenswerten Ausstellung mit einer ebenso ausführlichen Begleitpublikation zu Gast. Ich erfuhr, dass die aztekische Gesellschaft hierarchisch organisiert war, im Wesentlichen aus Adeligen und Leuten des Volkes bestand und ein Tributimperium darstellte. Im Gegensatz zu den Adeligen, die von den Steuerabgaben befreit waren, musste das Volk an den obersten Herrscher Tribut zahlen. Das Abgabensystem betraf auch jene Völker, die von den Mexica/Azteken besiegt worden waren und trug dazu bei, dass Abertausende Indigene auf der Seite der Spanier kämpften, um sich von den Tributzahlungen zu befreien. Zu den Abgaben gehörten u. a. auch große Mengen von Nahrungsmitteln wie Bohnen, Chili, Amaranth und natürlich Mais. Das Mahlen von Mais auf der Metate, dem rechteckigen Mahlstein, mithilfe einer Steinwalze zählte zu den Pflichten der Frauen, ebenso wie die Zubereitung der Tortillas und der Tamales. Letzteres ist ein Maisbrei, der in Maisblätter gehüllt und gegart wird. Manuel Aguilar-Moreno schreibt in der Begleitpublikation zur Ausstellung, dass nach der Heirat die erste gemeinsame Handlung des Paares ein Essen war, „bei dem Tamales gereicht wurden. Mann und Frau boten sich die kleinen Maiskuchen gegenseitig mit der Hand dar“

(aus: „Azteken“, S. 92, Hirmer Verlag).

Echte Handarbeit, das Mahlen von Maiskörnern mit der Metate.

Über 250 Leihgaben aus europäischen und mexikanischen Museen waren in der Ausstellung Azteken zu sehen. Wer schon einmal in Mexiko-Stadt war, wird sicher das Museo del Templo Mayor mit seinen Ausgrabungen im Zentrum der Stadt und das grandiose Museo Nacional de Antropología besucht haben. Das anthropologische Museum verfügt über eine der größten archäologischen Sammlungen der Welt, darunter eine Box aus Basalt mit 16 Maiskolben als Relief, die vermutlich zur Aufbewahrung von Gaben diente, die den Gottheiten dargeboten wurden und an deren Boden sich die grafische Darstellung der 7 Schlangen befindet, der Name der Fruchtbarkeits- und Maisgöttin Chicomecóatl sowie eine Skulptur der Maisgöttin selbst. Mais war ja nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch eine bedeutende Opfergabe bei Ritualen. Der Maispflanze wurden mehrere Götter zugeordnet. Centeótl hieß der männliche Part und Chicomecóatl war die Göttin der Nahrungsmittel, der Erde und des Maises. In enger Verbindung zu ihr stand Xilonen, die Göttin des jungen, gerade gesprossenen Maiskeimlings.

Statue der Azteken-Gottheit Chicomecóatl.

Der Dank an die Erde

In meinem Mexiko-Bücherregal befindet sich schon seit Längerem die Publikation Rituales del Maíz, Nr. 78, in der zu lesen ist, welche Vielfalt an Ritualen die Menschen erfunden haben, in deren Mittelpunkt der Mais stand und steht. So sind in der zentralen Region Huasteca immer noch Sätze zu hören wie „Mais ist unser Blut“ und „Mais ist unser Vater“.

So unterschiedlich die einzelnen Ethnien in Sprache, Kultur und Gebräuchen sein mögen, so ähnlich sind einander die Maisrituale. Immer ging und geht es um die Bitte für eine gute Ernte. Die Erde wird um Erlaubnis gefragt, Mais zu pflanzen, und man bedankt sich, wenn die Ernte üppig ausgefallen ist, indem der Erde Tortillas zurückgegeben werden. Gemeinsam ist den meisten Ritualen, dass es einen Altar, Blumen, Kerzen, Kürbisse, Maiskörner als Saatgut, ein rituelles Essen, Alkohol und manchmal Tabak gibt. Mais wird als Repräsentant von altem Wissen und alter Weisheit gesehen, der bis ins 21. Jahrhundert von Bedeutung ist und nicht verloren gehen sollte. In der Ausgabe Rituales del Maíz, herausgegeben von Artes de México, findet sich ein Nahuatl-Spruch, der auf viele Regionen Mexikos zutrifft: „Du musst den Mais pflegen und ihn respektieren, damit er mit Dir glücklich ist, damit er bei Dir bleiben will, damit er sich vermehrt. Mais zieht sich von Menschen zurück, die ihn schlecht behandeln, ihn wegwerfen oder verbrennen. Er verlässt Dich, wenn er nicht glücklich ist“ (Übersetzung der Autorin).

Schwimmende Felder

Da sich das Territorium der Azteken vom Tiefland und den Meeresküsten bis zu den 5 000 Meter hohen Gebirgszügen und Vulkanen erstreckte, wandten sie komplexe landwirtschaftliche Systeme an. In hügeligem Gelände errichteten sie Terrassen, vergrößerten dadurch die Anbaufläche und verhinderten Bodenerosion. In den Ebenen setzten sie Bewässerungssysteme ein. Sie bauten aufwendige und komplizierte Kanalsysteme rund um die damalige Hauptstadt Tenochtitlán, die von Wasser umgeben war. In den Sümpfen neben dem See Xochimilco entwickelten sie eine Technik für den Anbau von Mais weiter, die es schon vor ihnen gegeben hatte, die sogenannten Chinampas, künstliche, etwa 30 Meter lange und 2,4 Meter breite Inseln, die im sumpfigen Seegebiet abgesteckt und mit einem Gitter umgeben wurden. Diese Beete füllte man mit Schlamm und einer Art Kompost, wobei es wichtig war, dass diese Füllung die Chinampas über den Seespiegel brachte. Parallel dazu wurde ein zweites Beet in derselben Größe und Breite ausgestochen, eingezäunt und gefüllt. Zwischen diesen beiden Beeten legte man einen kleinen Kanal an, groß genug, damit sich darin ein Kanu bewegen konnte.

Mais ist wie ein Kind, er will geliebt und gepflegt werden.

Diese Kanäle, die die Chinampas umgaben, ließen die Illusion entstehen, dass die Beete auf dem Wasser trieben, obwohl diese nach einiger Zeit mit dem Untergrund verwurzelten. Damit die Chinampas eine üppige Ernte erbrachten, war gutes Wassermanagement erforderlich. Um eine Überflutung während der Regenzeit zu verhindern, bauten die Azteken ein elaboriertes Drainagesystem mit Dämmen, Schleusentoren und Kanälen. Während der Trockenzeit wurden die Chinampas händisch bewässert, indem man Wassercontainer von den Kanälen zu den Pflanzen brachte. Heute hat sich das Wasser deutlich zurückgezogen, aber die schwimmenden Gärten, vorwiegend mit Blumen bepflanzt, gibt es immer noch, sie wurden 1987 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt und sie sind, obwohl sehr touristisch, immer noch sehenswert.

Milpa, Mischkultur und Miniaturversion des Kosmos

Die Olmeken, Mayas und Azteken entwickelten ein komplexes landwirtschaftliches System rund um den Mais, das sie Milpa nannten. Um eine Milpa anzulegen, wurden Bäume ein Jahr im Voraus abgeholzt und verbrannt. Danach wurde die Asche in den Boden eingearbeitet. Die Vorbereitungen und Arbeiten im Milpa-Feld erfolgten kollektiv. Es gibt Plätze in Mesoamerika, an denen diese traditionelle Subsistenzstrategie seit 4 000 Jahren kultiviert wird. Von einigen Wissenschaftler*innen wird diese indianische Mischkultur als ökologisches Gesamtkunstwerk bezeichnet, in dem Mais, Kürbis und Bohnen einen gesicherten Platz bekommen, aber auch – je nach Region – von anderen speziell ausgewählten Pflanzen umgeben sind wie Avocados, Tomaten, Melonen, Chilis, Süßkartoffeln und Amaranth. Mais enthält wenig Niacin, Lysin und Tryptophan. Die Bohnen liefern Lysin und Tryptophan, verfügen aber nicht über Aminosäuren wie Cystine und Methionine, die wiederum vom Mais kommen. Kürbisse beinhalten ein breites Spektrum an Vitaminen und Avocados bringen Fett in die Gemeinschaft ein. Diese Vielfalt machte die Milpa zu einem Garanten für eine optimale Grundversorgung. Aber die Milpa war, u. a. für die Mayas, in früheren Zeiten mehr als eine Mischkultur. Sie stellte eine Art Miniaturversion des Kosmos dar, auf der Basis einer engen Beziehung zur Erde und der Ernährung der Gemeinschaft. In den mesoamerikanischen Zivilisationen, wie unterschiedlich sie auch in Sprache, Religion und kulturellen Praktiken sein mochten, gab es ein gemeinsames Band: eine tiefe Verbundenheit der Menschen mit der Natur und dem Kosmos. Die Menschen sahen sich als Teil des Universums und nicht als überlegene Spezies, zu deren Aufgabe es gehört, Natur und Kosmos zu beherrschen. Milpa bedeutete nicht, die Natur zu verbessern, zu manipulieren und zu Höchstleistungen antreiben zu wollen, sondern sich so weit als möglich den Prozessen der Natur anzunähern, diese zu verstehen und zu achten.

„Heute ist Erntezeit, es lebe die Milpa, es lebe der Mais, denn ohne Mais gibt es kein Land. Die Milpa war der Beitrag der mesoamerikanischen Kulturen zum Überleben.“ Dieser hier ins Deutsche übertragene Satz war am 29. September 2021, anlässlich der Eröffnung des Museums in Mexico City, Cencalli, la Casa del Maiz y la Cultura Alimentaria, das der nationalen Esskultur und speziell dem Mais gewidmet ist, zu hören. Der 29. September ist Tag des Maises in Mexiko und in den Ansprachen wurde dem nationalen Erbe gehuldigt: „Dem Mais Tribut zu zollen, ist eine Hommage an den Widerstand, denn Mais konnte nur durch die Arbeit jener Frauen und Männer entstehen, die diesen Mais anbauten und stark genug waren, um den Stürmen und Regen zu widerstehen und dadurch die Bewohner des Landes zu ernähren. […] Fleisch der Erde. Wir bestehen aus dem, was wir essen, aus der Erde und dem Mais. […] das Heiligste, was wir in unserem Leben haben, nämlich Mais“ (Übersetzung der Autorin).

Bei der Eröffnung des Mais-Museums war auch ein Mann anwesend, der als „Hüter der Samen“ bezeichnet wird, Cornelio Hernández Rojas, der sich in seiner Region, dem Bundesstaat Tlaxcala, für seine Leidenschaft, die traditionellen Maissorten, einsetzt, weil der Mais für ihn und das indigene Volk der Otomi „die Seele, das Herz, das Wesen der Menschen ist“. Die Otomi, bekannt für ihre kunstvollen Stickereien, siedelten sich früh im Hochtal an, wurden aber von anderen Ethnien, darunter die Azteken, verdrängt. Die Spanier übernahmen deren Namen aus der Nahuatl-Sprache, aber die Otomi haben für sich selbst mehrere andere Namen gewählt. Im Mittelpunkt ihrer Kultur stand und steht ebenfalls der Mais. In einem Interview mit der Zeitung La Jornada de Oriente, 2017, sagte Hernández Rojas: „Ich habe nicht das Gefühl, dass der Mais ein Teil von mir ist, ich bin Teil des Maises“ (Übersetzung der Autorin).

Die Tortilla, ein Wunder der kulinarischen Ingenieurskunst

Es gibt in Mexiko eine unglaubliche Vielfalt an Maisvarietäten in allen Farben und eine reichhaltige Ess-Kultur mit Getränken, Breien, Gemüse- und Süßspeisen aus Mais, aber vor allem Tortillas. Rund wie ein Vollmond ist sie nicht aus dem mexikanischen Alltag wegzudenken, auch wenn sie inzwischen zu einem Symbol für industrialisierte Lebensmittel und globalisierte Vermarktung wurde. Ähnlich wie noch vor Kurzem in Mitteleuropa viele Bäcker allmählich aufgaben, weil Brot verstärkt von der Nahrungsmittelindustrie und nicht mehr von Handwerksbetrieben produziert wurde, erging es auch Mexiko. Aber zum Glück gibt es auf beiden Kontinenten neue Ansätze.

Als Journalistin sind mir die Reportagen von Egon Erwin Kisch vertraut, darunter auch Geschichten mit dem Mais noch in der alten Ausgabe des Aufbau Verlages. Der geniale Autor und Journalist ging 1939 ins Exil nach Mexiko. Das Erste, was ihm in den Städten aufgefallen war, seien die Tortillerias gewesen, in denen die Frauen aus Maisteigkugeln mit ihren Handflächen das mexikanische Brot erzeugen: flache, kreisrunde Fladen, eine Art „Eierkuchen ohne Ei, ohne Salz, ohne Zucker“ (aus: Kisch, Egon Erwin: Gesammelte Werke, Aufbau Verlag, 1979). In den Dörfern waren wiederum die Molino de Nixtamal präsent, wo die Frauen ihren eigenen Mais zum Mahlen hinbrachten. Kisch beobachtete, dass auf dem Land jeder etwas Mais hatte und dass der Cincolote, der Speicher für Maiskolben, „Wahrzeichen des mexikanischen Dorfes“ war. Er stellte fest, dass die Maismühlen in den Städten elektrisch betriebene Fabriken sind, in der Hand von „Aktien- oder Kommanditgesellschaften“.

Aus dem Codex Mendoza um 1541/42: Eine Mutter lehrt ihre Tochter Tortillas zuzubereiten.

Die Tortilla war und ist eine Verwandlungskünstlerin, die je nach Zubereitungsart bis heute unter unterschiedlichen Namen auftritt:

Quesadilla: eine mit diversen Zutaten gefüllte Tortilla, halbmondartig zusammengelegt, von außen zugedrückt und in der Pfanne kurz erwärmt, bis sie weich ist.

Enchilada: eine weiche, gefüllte Tortilla, übergossen mit einer warmen Sauce, bedeckt mit Rahm, Salat, Käse und Kräutern.

Tostada: eine knusprige Tortilla mit Belag, eine Art belegtes Toastbrot.

Nachos: gebackene oder frittierte Tortilla-Chips mit Sauce.

Taquito: gerollte Tortilla mit Füllung.

Taco: gefüllte Tortillas, die wie Wraps gewickelt werden. Tacos sind das Herz der Tortilla-Großfamilie und gelten als nationales Symbol für Mexiko.

Keine Frage, eine Tortilla besteht aus Maismehl. Aber so einfach ist es nicht, denn dieses Maismehl ist ein spezielles Mehl. Das normale gelbe Maismehl, das wir in Europa kennen, spielt in Mexiko so gut wie keine Rolle, denn daraus lassen sich keine Tortillas formen. Rohes Maismehl eignet sich nicht für Tortillas, da der Mais während der kurzen Backzeit im relativ trockenen Teig nicht ausreichend garen kann. Die Tortilla wäre dann fast unverdaulich. Der Zubereitung einer Tortilla gingen Jahrhunderte des Experimentierens voraus, um aus einem Wildgras ein Getreide zu kultivieren und dieses Getreide durch einen chemischen Prozess in ein bekömmliches Nahrungsmittel, eine Art Brot, zu transformieren. Die Frauen der mesoamerikanischen Gesellschaften entwickelten eine Technik, um die Maiskörner so zu verarbeiten, dass sich diese in eine wertvolle Nahrung verwandelten. Kalk bzw. Kalkstein war hierbei das Geheimnis. Diese Technik bekam den Namen von der Nahuatl-Sprache:

Nixtamalisation

Die getrockneten Maiskörner wurden in Kalkwasser eingeweicht und aufgekocht. Nach dem Erkalten spülten die Frauen sie mehrmals mit kaltem Wasser. Danach erfolgte das Mahlen der Körner per Hand mit einem flachen Mahlstein, der Metate. Der Stein hatte oft drei Beine und bestand aus Kalk- oder Vulkangestein.

Die ersten mesoamerikanischen landwirtschaftlichen Gemeinschaften entwickelten Techniken und Geräte, um den Mais zu verarbeiten. Archäologische Funde von Keramikgefäßen, datiert um 2 500 v. Chr., belegen, dass damit Nahrungsmittel zubereitet wurden. Es gab zu dieser Zeit auch den Mahlstein Metate, der bis weit ins 20. Jahrhundert benutzt wurde.

Der gemahlene Mais wurde mit Wasser weiterverarbeitet und zu kleinen Kugeln geformt. Diese pressten die Frauen zwischen ihren Handflächen zu dünnen Scheiben und gaben sie auf ein heißes rundes Blech, Comal genannt, um das Fladenbrot über dem offenen Feuer zu backen.

Der alkalische Kochprozess der Nixtamalisation ist eine menschliche Errungenschaft, eine kulturelle Leistung. Der chemische Prozess befreit bestimmte Nährstoffe, die im Mais zwar vorhanden, aber „eingesperrt“ sind wie z. B. das Niacin, eine wichtige Aminosäure. Das heißt, die Nixtamalisation verändert die Defizite des Maises zum Positiven. Sie löst die harte Kornhülle, macht den inneren Kern weicher, intensiviert den Geschmack und das Wichtigste: der Nährstoffwert steigt, der Proteingehalt wird verstärkt, das Niacin im Mais wird verträglicher für den Menschen und der Prozess bereichert den Mais mit Mineralien wie Kalzium, Zink, Eisen und Magnesium. Dazu kommt noch, dass der Mais besser verdaulich wird und mit dieser Technik auch Schimmelpilze reduziert werden, die gerne den Mais befallen.

Zwar wurde der Mais von den Kolonisatoren nach Europa gebracht, nicht aber das Wissen um die Behandlung des Maismehls, die Nixtamalisation. Die Folge war, dass sich in Italien, Rumänien, Frankreich und Griechenland die verheerende Krankheit Pellagra ausbreitete. Vielleicht war Pellagra Moctezumas zweite Rache? Der Herrscher der Azteken soll bei seinem Tod einen Fluch über die Spanier ausgesprochen haben, weil er sie u. a. für jene Krankheiten verantwortlich machte, die die Kolonisatoren in das Aztekenreich eingeschleppt hatten und an denen zahlreiche seiner Untertanen verstarben. Moctezumas Rache wird eine der häufigsten Reiseerkrankungen genannt, bei der die Verdauung ordentlich durcheinandergerät. Der Durchfall, der viele Fernreisenden erwischt, wird meist durch die Erreger Escherichia coli oder Campylobacter hervorgerufen. Vielleicht also hatte Moctezuma auch das „Korn der Götter“, das von Kolumbus nach Europa gebracht wurde, mit einem Fluch belegt, der vor allem jene Menschen befiel, die auf das „Arme-Leute-Essen“, den Mais, angewiesen waren (siehe auch Europa-Teil S. 111 sowie Südstaaten-Teil S. 171).

Wandgemälde von Diego Rivera im Palacio Nacional, Mexiko-City, 1929–1951, Ausschnitt.

Zurück zur Tortilla. Sie muss nicht automatisch aus gelbem Mais gemacht werden, sie kann auch aus blauviolettem Maismehl bestehen, denn Mais ist ja nicht immer goldgelb. Der Blaue Mais hat einen nussigen Geschmack und verfügt über spezielle Inhaltsstoffe. Die Zubereitung erfolgt ähnlich wie bei den „normalen“ Tortillas, nur wird bei den blauen oft das Salz weggelassen, da es den delikaten Geschmack des Blauen Maises verändert, und die Ruhephasen für den Teig müssen länger sein.

Das CIMMYT