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Carel van Schaik

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Beschreibung

Endlich das Leben verstehen! Die Bestsellerautoren Kai Michel und Carel van Schaik erklären, warum die Menschheit eine Existenz im Ausnahmezustand führt. Der Anthropologe Carel van Schaik und der Historiker Kai Michel räumen mit Missverständnissen über die Evolution und die menschliche Natur auf und zeigen, welche Macht die Kultur über uns besitzt. Die Autoren liefern das Wissen, um die Welt so zu gestalten, dass in Zukunft wirkliches Menschsein möglich ist und erklären, wie es dazu kommen konnte, dass wir eine Existenz im Ausnahmezustand führen. Denn etwas stimmt mit dem Leben nicht. Jeder kennt das Gefühl. Depressionen und Angststörungen grassieren. Krisen, Kriege und Katastrophen dominieren die Nachrichten. Die längste Zeit redete die Kirche uns ein, es läge an der menschlichen Sündhaftigkeit. Heute hält uns eine ganze Ratgeberindustrie auf der Anklagebank und verordnet Selbstoptimierung, Achtsamkeit und Resilienztraining. Höchste Zeit für eine evolutionäre Aufklärung. Wir sind nicht schuld. Wir müssen uns nur endlich selbst verstehen! 

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Seitenzahl: 462

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Carel van Schaik • Kai Michel

Mensch sein

Von der Evolution für die Zukunft lernen

 

 

 

Über dieses Buch

Etwas stimmt mit dem Leben nicht. Jeder kennt das Gefühl. Depressionen und Angststörungen grassieren. Krisen, Kriege und Katastrophen dominieren die Nachrichten.

Die längste Zeit redete die Kirche uns ein, es läge an der menschlichen Sündhaftigkeit. Heute hält uns eine ganze Ratgeberindustrie auf der Anklagebank und verordnet Selbstoptimierung, Achtsamkeit und Resilienztraining. Höchste Zeit für eine evolutionäre Aufklärung. Wir sind nicht schuld. Wir müssen uns nur endlich selbst verstehen!

Der Anthropologe Carel van Schaik und der Historiker Kai Michel erklären, wie es dazu kam, dass wir eine Existenz im Ausnahmezustand führen. Sie räumen mit Missverständnissen über die Evolution und die menschliche Natur auf und zeigen, welche Macht die Kultur über uns besitzt. Die Autoren liefern das Wissen, um die Welt so zu gestalten, dass in Zukunft wirkliches Menschsein möglich ist.

Vita

Carel van Schaik, geboren 1953, ist Verhaltensforscher und Evolutionsbiologe. Er erforscht die Wurzeln der menschlichen Kultur bei Menschenaffen und war Professor an der Duke University in den USA und Direktor des Anthropologischen Instituts der Universität Zürich. Carel van Schaik ist korrespondierendes Mitglied der Royal Netherlands Academy of Sciences und Fellow der Max-Planck-Gesellschaft.

 

Kai Michel, geboren 1967, ist Historiker und Literaturwissenschaftler. Mit Carel van Schaik las er die Bibel als Tagebuch der Menschheit; zusammen legten sie mit «Die Wahrheit über Eva» eine preisgekrönte Analyse über die Erfindung der Ungleichheit der Geschlechter vor. Mit dem Archäologen Harald Meller schrieb Michel die Bestseller «Die Himmelsscheibe von Nebra» und «Das Rätsel der Schamanin».

Impressum

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, November 2023

Copyright © 2023 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Covergestaltung Anzinger und Rasp, München

Coverabbildung Masse (Ausschnitt). Gemälde von Franz Wilhelm Seiwert, 1931. Köln, Galerie Glöckner (akg-images)

ISBN 978-3-644-01516-6

 

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

 

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www.rowohlt.de

Inhaltsübersicht

Wir sind nicht schuld

Teil 1 Blind für die Wahrheit

1 Wie wir Sünder wurden

2 Das Tabu

3 Schleier der Maya

Teil 2 Die drei Naturen des Menschen

4 Evolution im Schnelldurchgang

5 Die kürzeste Geschichte der Menschheit

6 Archäologie unserer selbst

Erste Natur

Zweite Natur

Dritte Natur

7 Es ist kompliziert

Teil 3 Unsere soziale Ader

8 Was uns wirklich fehlt

9 Teilen macht reich

10 Wir Konformisten

11 Die dunkle Seite

12 Eine Frage der Moral

Teil 4 Die wahre Macht der Religion

13 Wir sind nicht allein

14 Totale Religion

15 Sieben Sünden

Teil 5 Sex und Liebe

16 Wir sind schizosexuell

17 Ewig treu?

Teil 6 Das Geheimnis unseres Erfolges

18 Kinder, Kinder, Kinder

19 Wie kreativ sind wir?

20 Die Weisheit des Alters

Teil 7 Die vierte Natur

21 Der Kult um die Arbeit

22 Schöner scheitern: Familie heute

23 Zurück zur ersten Natur: Demokratie vollenden

Epilog: Wie Mensch sein?

Dank, evolutionär gedacht

Literatur

Wir sind nicht schuld

Mit dem Leben stimmt etwas nicht. Die meisten kennen das Gefühl. Die Welt scheint nicht so, wie sie sein sollte. Nicht selten regt sich die Sehnsucht, dass da doch mehr im Leben sein müsste als das, was der Alltag zu bieten hat. In der Regel schieben wir solche Empfindungen beiseite und kehren zu dem zurück, was wir für die Normalität halten. Ein Fehler.

Wir müssen unseren Gefühlen vertrauen. Philosophen klagen seit jeher über die «Absurdität des Lebens» (Camus) und die «Entfremdung des Menschen» (Marx), diagnostizieren ein «Unbehagen in der Kultur» (Freud) und fragen, ob nicht vielleicht ein «ursprünglicher Fluch» auf dem Heute laste (de Beauvoir). Im Kern meinen sie alle dasselbe: Die Menschen und ihr Leben passen nicht zueinander. Doch eine allgemein akzeptierte Erklärung, woraus das existenzielle Ungenügen resultiert, fehlt bisher.

Das ist fatal. Es ist ja nicht nur, dass uns das eigene Leben fremd erscheint und sich immer mehr Menschen zu Depressionen und Angststörungen bekennen. Nein, die Welt selbst ist aus den Fugen. Aktuell stellt sie das besonders dramatisch unter Beweis: Kriege, Klima, Flüchtlinge, Pandemien – es herrscht Krise in Permanenz. Doch während die Erde dem Kollaps entgegentaumelt, flüchten wir in unsere kleine Alltagswelt. Ratlos sehen wir zu, wie die Reichen immer reicher werden und die Ungerechtigkeit in schwindelerregende Höhen schießt.

Sicher werden einzelne Aspekte der Misere diskutiert. Der grassierende Konsumwahn, die Schieflage der sozialen Verhältnisse und Geschlechterrollen, die katastrophalen Folgen für die Umwelt, die Klimakrise. Das große Ganze indes kommt kaum in den Blick. Die Grundsatzfrage, ob am Anbeginn des 21. Jahrhunderts etwas grundverkehrt mit dem Menschsein sein könnte, steht nicht zur Debatte. Mit verhängnisvollen Folgen.

Wenn es nicht am Leben selbst liegt, muss der Fehler ja bei uns zu finden sein. Was angesichts der existenziellen Zumutungen als berechtigter Weltschmerz durchgehen könnte, wird zunehmend als Hypersensibilität oder Depression diagnostiziert und zu behandlungswürdigen Krankheiten erklärt. Die Frage, ob es sich nicht schlicht um normale Reaktionen auf merk-, wenn nicht sogar unwürdige Lebensbedingungen handeln könnte, wird selten gestellt, geschweige denn beantwortet. «Lebensekel» ist ein Wort, das sich nur noch im Lexikon verschwundener Wörter findet. Vergessen auch die Gräfin Orsina, die noch in Lessings Emilia Galotti seufzen konnte: «Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verlieret, der hat keinen zu verlieren.»

Stattdessen feiert ein altes Phantasma sein Comeback, das uns zu Sündenböcken macht. Jahrhundertelang hatte die Kirche gepredigt, die existenzielle Unzufriedenheit wie alles andere irdische Übel auch wurzelten in der sündhaften Natur der Menschen. Heute sitzen wir wieder als Schuldige auf der Armesünderbank. Quält uns der Verdacht, die Welt sei nicht bei Sinnen, verlangt eine ganze Industrie, wir müssten uns optimieren – und alles werde gut. Therapien, Coachings und Selbsthilfeseminare boomen, Ratgeber dominieren die Bestsellerlisten. Gehorchten wir nur brav ihren Anweisungen, lösten sich alle Probleme wie von selbst. Das ist das Heilsversprechen des 21. Jahrhunderts.

Die Vorwürfe sind vielfältig: Wir seien undiszipliniert, fehlerhaft, schwach oder einfach zu empfindlich, um glückliche Menschen zu werden. Entsprechend trichtert man uns ein, wacher und achtsamer zu werden, Resilienz zu trainieren oder auf das Kind in uns zu hören. Wir sollen uns selbst ermächtigen und endlich herausfinden, was der Sinn des Lebens, das Zentrum unseres Seins, unser Zweck der Existenz oder der uns gemäße Platz im Kosmos sei. Dann erkennen wir das Licht in uns. Längst ist «Mental Health» zum Multimilliarden-Markt geworden, dessen gebetsmühlenartig vorgetragenes Mantra lautet: «Gib alles, um die beste Version deiner Selbst zu werden.»

Wir sind Lost in Perfection, um den Titel eines aktuellen soziologischen Sammelbands zu zitieren. «Wer in der zeitgenössischen, von Beschleunigung und Wettbewerb geprägten Welt nicht abgehängt werden will, hat kaum eine andere Wahl, als Leistung und Produktivität unaufhörlich zu steigern», heißt es in der Einleitung. «Sich um Selbstverbesserung und Effizienzsteigerung zu bemühen, erscheint den meisten als selbstverständlich. Optimierungsimperative in sämtlichen Lebensbereichen sind habituell und normativ mehr oder weniger verinnerlicht.» Die Optimierung kennt jedoch kein Ziel, sondern immer nur ein Mehr. Während der Mythos des ewigen Wachstums dank technischen Fortschritts kultische Züge annimmt, taumelt die Welt dem Abgrund entgegen. Was läuft da schief? Vor allem: Warum fallen wir darauf herein?

Die Zeit drängt, wir wollen gar nicht viele Worte verlieren. Die These dieses Buchs lautet: Es liegt nicht an uns. Wir sind nicht schuld! Camus und Co. hatten recht. Mit dem Menschsein stimmt etwas nicht – und zwar grundsätzlich. Doch sie kamen zu früh, ihnen fehlte das nötige Wissen, sie stocherten im Nebel. Heute haben wir das Glück, erstmals in der Menschheitsgeschichte auf wissenschaftlicher Basis erklären zu können, was mit dem Menschsein schiefläuft. Wir führen eine Existenz im Ausnahmezustand.

Wir werden zeigen, wie die Menschen in eine Situation geraten konnten, deren Brisanz nicht hoch genug einzuschätzen ist. Dafür stützen wir uns auf ein breites Feld moderner anthropologischer Forschungen, aber auch auf eine Reihe eigener Vorarbeiten. Gemeinsam analysierten wir die Bibel aus einer evolutionären Perspektive, um zu zeigen, dass ihre Schriften einem Tagebuch der Menschheit gleich die Versuche der Menschen dokumentieren, in einer Welt zu überleben, für deren Herausforderungen sie nur ungenügend gerüstet waren. In Die Wahrheit über Eva rekonstruierten wir, wie es über Jahrtausende gelang, eine solche Ungerechtigkeit wie die Unterdrückung von Frauen als Normalität erscheinen zu lassen, und welche evolutionären Strategien diesen unwürdigen Zustand ins Wanken brachten.

Carel hat zudem die Wurzeln menschlichen Verhaltens bei Affen erforscht und als Erster durch seine jahrelangen Beobachtungen im Dschungel Indonesiens nachgewiesen, dass auch Orang-Utans Kultur besitzen. Mit The Primate Origins of Human Nature legte er eine Bibel der menschlichen Natur vor. Kai spürte in seinen Büchern mit dem Archäologen Harald Meller menschheitsgeschichtlichen Umbrüchen nach, sei es dem Entstehen von Herrschaft und Despotie in den Werken zur Himmelsscheibe von Nebra, sei es dem Auftauchen erster religiös-spiritueller Spezialisten in Das Rätsel der Schamanin.

Unser Ziel ist immer dasselbe: Wir möchten ergründen, was Menschen wirklich sind und wie sie in die Bredouille geraten konnten, in der wir uns alle befinden. Dazu müssen wir der angeblichen Wirklichkeit den Schein der Normalität nehmen. Insofern ist dieses Buch auch eine Quintessenz unserer bisherigen Analysen. Doch das ist längst nicht alles. Wir werden das moderne Leben evolutionär sezieren und einen Kompass liefern, der uns durch die Fährnisse des menschlichen Alltags navigieren kann. Mehr noch: Wir hoffen dabei, Wege zu entdecken, die zu einem Menschsein führen, das sich durch mehr auszeichnet, als Ungerechtigkeiten zu produzieren und die Erde zu ruinieren.

Bringen wir es auf den Punkt: Wir leben in einer Welt, für die wir nicht gemacht sind. Unsere Evolution vollzog sich unter gänzlich anderen Bedingungen als den heutigen. Das erst vor wenigen Jahrtausenden erfolgte Sesshaftwerden des Homo sapiens, das mit der Erfindung der Landwirtschaft einherging, stellt einen noch viel zu wenig verstandenen Gamechanger dar. Es revolutionierte die Spielregeln des menschlichen Zusammenlebens. Die Folge war jener kulturelle Urknall, der zur modernen Welt mit all ihren technischen Wunderwerken führte, die aber immer wieder im offenen Widerspruch zu unseren evolutionär erworbenen Intuitionen steht.

Wer herausfinden möchte, was mit dem Leben nicht stimmt, muss in die Tiefen unserer Vergangenheit eintauchen. Wenn auch gewiss ist, dass kein Weg zum ursprünglichen Dasein zurückführt (das in vielerlei Hinsicht auch gar nicht erstrebenswert erscheint), müssen wir dieses vergangene Menschsein kennen, um wirklich Mensch zu sein.

Dafür ist wichtig, das raffinierte Zusammenspiel von biologischer und kultureller Evolution zu verstehen, um herauszufinden, wo etwas grundsätzlich schiefläuft. Tatsächlich leiden wir alle an einer multiplen Persönlichkeitsstörung. Goethes Faust hatte es leicht: Nur zwei Seelen stritten in seiner Brust. Bei uns sind es derer gleich drei. Unterschiedlicher Herkunft, vertragen sie sich eher selten gut.

Wir wollen keine Lektionen erteilen. Wir überlassen es jedem selbst, die nötigen Schlüsse zu ziehen. Und schon gar nicht treffen wir essenzielle Aussagen über das Wesen des Menschen oder darüber, wie richtiges Leben auszusehen hat. Das sind antiquierte Konzepte, wie sie typisch waren für den Biologismus und Evolutionismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Ebenso wenig betreiben wir genetischen Determinismus, möchten die wahre Natur des Menschen enthüllen oder das romantische Ideal einer idyllischen Urzeit beschwören, in der unsere Vorfahren als Jäger und Sammler durchs Paradies flanierten.

Was wir dann tun? Wir betreiben evolutionäre Aufklärung. Viele der Schwierigkeiten, die wir traditionell als persönliche wahrnehmen, liegen nicht in unserer individuellen Verantwortung. Sie sind unser evolutionäres Erbe. Wir alle haben mit ihnen zu kämpfen – sei es Treue, die Suche nach dem Sinn des Lebens, die Empörung über die Ungerechtigkeit der Welt oder die Angst vorm Tod. Wir sind überzeugt, dass die Erkenntnisse «Es ist nicht mein Fehler!» und «Ich bin nicht allein damit!» die Last von den Einzelnen nehmen und den Raum eröffnen, gemeinsam Probleme anzugehen, Antworten zu finden und die kulturellen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sie uns deutlich weniger Schwierigkeiten bereiten, als das heute der Fall ist.

Menschen existieren in keinem Vakuum. Deshalb lässt sich auch nichts über «Menschen an sich» sagen, sondern immer nur über das Mensch-Sein in einer konkreten Umgebung. Entscheidend ist deshalb die Erkenntnis, dass unsere Existenzbedingungen fragwürdig sind. Wir leben in einer nahezu komplett menschengemachten, mithin künstlichen Umwelt. Und diese ist eben nicht, wie viele annehmen, das Produkt einer unaufhaltsamen Höherentwicklung und damit keinesfalls die beste aller Welten.

Nicht weniges kollidiert mit unserer evolutionär erworbenen psychologischen Grundausstattung. Diese erweist sich zuweilen als biologische Altlast, die uns das Leben schwer macht. Bedeutend heikler sind indes die kulturellen Altlasten, die es ebenfalls gibt. Es ist wichtig zu verstehen, dass unsere Normalität mit ihren Institutionen und Diskursen, Mentalitäten und Praktiken in wesentlichen Teilen das Ergebnis kontingenter, also historisch zufälliger Prozesse ist, hinter denen häufig schiere Machtinteressen steckten.

Tatsächlich ist die Kultur das eigentliche Problem, nicht die Biologie. Und das ist eine gute Nachricht. Denn Kultur ist veränderbar. In den letzten Jahren ist überzeugend herausgearbeitet worden: Neue kulturelle Lösungen für existenzielle Probleme zu finden, ist das größte Talent der Primatenart Homo sapiens. Allein die Kultur kann uns retten.

Dafür müssen wir das sogenannte normale Leben auf den Prüfstand stellen und eine Archäologie unserer selbst wie der modernen Welt betreiben. Wir werden in diesem Buch immer wieder zeigen, wo uns veraltetes Denken daran hindert, die eigentlichen Zusammenhänge zu erkennen. Allzu oft versperrt kultureller Schutt den Blick und zwingt uns auf Abwege. Wollen wir den Dingen auf den Grund gehen, müssen wir ihn beiseite räumen.

Wir begreifen die evolutionäre Aufklärung als Beitrag zur gesellschaftlichen Emanzipation. Es geht um bedeutend mehr als nur um individuelles Wohlbefinden. Es braucht die evolutionäre Perspektive, um die Aufklärung zu vollenden und damit auch die Welt in Sachen Freiheit, Gleichheit und Solidarität voranzubringen. Das berühmte Diktum Immanuel Kants, Aufklärung sei «der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit», basiert auf einem Irrtum und ist einer der Gründe dafür, warum die Aufklärung heute in der Kritik steht. Die Unmündigkeit war nicht selbst verschuldet.

Es war den Menschen damals, Kant inklusive, schlicht unmöglich zu wissen, wo die wirklichen Probleme lagen. Da sind wir heute in einer glücklicheren Situation. Wissenschaften wie Evolutionäre Anthropologie, Verhaltensbiologie, Primatologie, Genetik, Ethnografie und Archäologie liefern fundierte Einblicke in die Vorgeschichte der Menschen und die Eigenart ihrer Kultur.

Erst in der evolutionär geweiteten Perspektive zeigt sich, dass die großen Herausforderungen unserer Zeit alle auf dieselbe Wurzel zurückzuführen sind. Wir denken dabei auf der individuellen Ebene an Probleme wie Depressionen, Angststörungen, Hypersensibilitäten. Auf der gesellschaftlichen Ebene gehören fehlende Gleichberechtigung, Identitätskonflikte und soziale Ungleichheit in diesen Kontext. Und auf der globalen Ebene sind es Kriege, Klimakrise, Pandemien und die Vernichtung des unvorstellbaren Reichtums der Natur durch Raubbau und Umweltzerstörung.

Solange diese nicht in einer umfassenden Perspektive wahrgenommen werden, behandelt man sie als Einzelprobleme. Ein Teil von ihnen wird personalisiert, also den Individuen die Schuld zugeschoben. Die gesellschaftlichen Probleme dagegen werden segmentiert und zum Problem von Minderheiten erklärt, was zahllose Identitätskonflikte nach sich zieht. Und die globalen Probleme erscheinen ohne evolutionäre Perspektive als unvermeidbar und unabänderlich, weil suggeriert wird, sie entsprängen der nun mal mängelbehafteten Conditio humana. Wir seien hoffnungslose Egoisten und als Gewinnmaximierer dem ewigen Mehr! Mehr! Mehr! verfallen. Konkurrenz, Gewalt und Krieg werden als typisch menschlich ausgegeben. In allen Fällen gilt: Nichts könnte verkehrter sein.

Indem das eine universelle Problem seiner evolutionären Dimensionen entkleidet und in zahllose einzelne Probleme aufgespalten wird, erscheint es unmöglich, effektive Problemlösung zu betreiben. Das isoliert die Menschen, schürt Fatalismus und Verzweiflung und verewigt die menschliche Misere.

Deshalb ist evolutionäre Aufklärung das Gebot der Stunde. Der Vorwurf, mit uns persönlich stimme etwas nicht, verschleiert die tatsächlichen Zusammenhänge und lässt uns an Symptomen herumdoktern. Es ist Zeit für die korrekte Diagnose. Wir müssen uns endlich selbst verstehen, um die Gesellschaft menschenwürdiger zu gestalten.

Kultur- oder Zivilisationskritik wird nur zu gerne als Kulturpessimismus abgetan. Das Gegenteil gilt für den hier vorgestellten Ansatz: Unsere Kritik setzt die Annahme voraus, dass man es anders machen kann. Wir sind Kulturoptimisten und fest davon überzeugt, dass wir von der Evolution für die Zukunft lernen können, um endlich auf eine Weise Mensch zu sein, die uns nicht unangenehm sein muss. Wir können es definitiv besser.

Teil 1Blind für die Wahrheit

Die Idee, dass wir in einer verkehrten Welt leben, die uns Schwierigkeiten bereitet, ist uralt. Die Sentenz des Philosophen Theodor W. Adorno, es könne kein richtiges Leben im falschen geben, mag zwar zum Kernbestand moderner Gesellschaftskritik gehören, ist aber auch nur eine Variation der biblischen Adam-und-Eva-Geschichte. Deren Grundbotschaft lautet: Eigentlich waren die Menschen für das Paradies geschaffen, doch nach der Vertreibung müssen sie jenseits von Eden leben, wo sie von Mord und Totschlag, Krieg, Krankheiten und Katastrophen heimgesucht werden. Die Bibel benennt ausdrücklich den Brudermörder Kain als Urvater aller Kultur. Mit ihm setzt sich eine Spirale der Gewalt in Bewegung.

Aus dem gleichen Empfinden entspringt die verbreitete Vorstellung, die Welt um uns herum sei nichts als eine Vorspiegelung falscher Tatsachen – «Fake Reality»sozusagen. Arthur Schopenhauer war es, der den Westen mit dem Gedanken der indischen Philosophie vertraut machte, dass eine nicht persönliche Schöpfungskraft des Weltganzen, die Maya, die Wahrheit mit ihrem Schleier verhülle. Legendär ist auch Platons Gleichnis, die Menschen säßen angekettet in einer Höhle, an deren Wand sie nichts als die Schatten der eigentlichen Dinge sähen.

Der Filmklassiker The Matrix hat die Idee, wir seien in einer universellen Illusion gefangen, in der modernen Popkultur verankert. Unser letztes Buch beendeten wir mit einem Matrix-Zitat; es scheint keine schlechte Idee, dieses damit zu beginnen: «Du hast dein ganzes Leben lang gespürt, dass mit der Welt etwas nicht stimmt. Du weißt nicht, was es ist, aber du weißt, es ist da, wie ein Splitter in deinem Verstand, der dich zum Wahnsinn treibt.» So erklärt Morpheus dem unwissenden Neo, dass die Realität nicht die Realität sei, sondern eine computergenerierte Scheinwelt, die Matrix. Diese Simulation werde den Menschen vorgegaukelt, um es Maschinen zu ermöglichen, ihre Körper auszubeuten. «Die Matrix ist die Welt, die über deine Augen gestülpt wurde», sagt Morpheus zu Neo, «damit du blind für die Wahrheit bist.» Die Szene endet damit, dass Morpheus Neo eine blaue und eine rote Pille anbietet: Die blaue lässt Neo die Matrix weiterhin als Wirklichkeit akzeptieren, die rote führt zum Erwachen aus der Scheinwelt.

Wir haben nun die Wahl, zu welcher Metapher wir greifen: Neigen wir dazu, den Schleier der Maya zu lüften? Wollen wir martialisch die Ketten zerreißen und endlich die Höhle verlassen? Oder schlucken wir prosaisch die rote Pille? Merken sollten wir uns auf jeden Fall den Splitter im Verstand, ein starkes Bild für das Gefühl, dass mit dem Leben etwas nicht stimmt. Ansonsten ist unser Auftrag bekannt: die Normalität in ihrem Nicht-normal-Sein enthüllen.

Das ist leichter gesagt als getan. Bevor wir uns den eigentlichen Betrachtungen widmen können, was die Existenzbedingungen des Homo sapiens heute so brisant macht wie nie zuvor in den 300000 Jahren seiner Existenz, müssen wir unser Denken von einer Reihe von Vorurteilen und Missverständnissen befreien. Sie vernebeln unsere Sinne und ketten uns an die falsche Normalität. Auch sind viele Begriffe und Theorien ideologisch belastet oder werden nur allzu leicht – und mitunter nur allzu gerne – missverstanden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir es mit zentralen Fragen zu tun haben, deren Beantwortung durchaus politische Sprengkraft besitzt.

Drei Punkte sind für den Anfang wichtig: Wir müssen zunächst durchschauen, wieso uns überhaupt die Schuld in die Schuhe geschoben werden konnte, für das Leiden an der Welt verantwortlich zu sein. Anschließend ist es nötig, sich bewusst zu machen, warum die Evolution lange Zeit durchaus zu Recht auf der Fahndungsliste wenig menschenfreundlicher Theorien stand – und wie sie es von dort wie ein Phönix aus der Asche zu unserer Hoffnungsträgerin schaffte. Dann verstehen wir auch, warum wir am Anbeginn des dritten Jahrtausends bisher immer noch nicht in der Lage sind, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Begutachten wir also zunächst die Schleier der Maya genauer, bevor wir die rote Pille schlucken, die Ketten zerreißen und die Höhle verlassen.

1 Wie wir Sünder wurden

Eigentlich ist das kurios: Warum suchen wir die Schuld bei uns persönlich? Oder lassen uns das zumindest so leicht einreden? Diese Fragen führen uns tief in das Verständnis der menschlichen Psychologie. Ohne zu sehr vorgreifen zu wollen: Es hängt damit zusammen, dass ungewöhnliche Zustände nach Erklärungen verlangen. Und die werden auch dann produziert, wenn nicht genügend Wissen für eine korrekte Beurteilung der Situation vorliegt. Menschen stellten also immer schon Theorien auf, was die Ursache für Krankheiten, Katastrophen oder dramatische Wetterereignisse gewesen sein könnte – und das über Jahrhunderttausende hinweg ohne jegliche wissenschaftliche Kenntnisse. Und da gehört es zu einer der ältesten, aus der Eigenart unserer Psychologie resultierenden Vermutungen, dass wir selbst an jenem Unheil Schuld tragen, das über uns kommt. Dieses sei nichts als eine Strafe der Geister, Götter oder des Schicksals für unser eigenes Fehlverhalten.

Das offerierte die Option, dass unsere Vorfahren darüber räsonieren konnten, wie es sich in Zukunft vermeiden ließe, dass übersinnliche Mächte sie mit Unheil plagten. Es handelte sich um eine List der Evolution, die uns motivierte, nach Strategien zu suchen, selbst wenn die tatsächlichen noch gar nicht zu finden waren. Wie hätte der Homo sapiens sonst überleben können? Deshalb müssen wir mit Nachsicht auf die Menschen vor uns schauen. Sie konnten es die längste Zeit nicht besser wissen.

Zu den weißen Flecken auf der Landkarte des Wissens gehörte bis vor nicht allzu langer Zeit auch die Frage, wie die jeweiligen Lebensumstände zustande gekommen waren. All jenen, die bis in die jüngere Vergangenheit versuchten, die Welt und das Wesen der Menschen zu erklären, mangelte es an Kenntnissen der evolutionären Geschichte der Menschheit. Ging es um Fragen, was Menschen ausmacht und wie das Leben zu führen sei, dominierte in aller Regel eine verkürzte Perspektive, die den Blick allein auf das eigene Hier und Heute richtete und allenfalls die nähere Vergangenheit mit einbezog. Man hielt die jeweils aktuellen Lebensbedingungen für den menschlichen Normalfall.

In dieser Hinsicht haben wir uns nicht allzu sehr gebessert. Geht es um die großen Fragen, wie die nach Krieg, Religion, Liebe, dem Verhältnis der Geschlechter oder dem Sinn des Lebens, werden noch heute erstaunlich oft allenfalls die letzten drei- bis fünftausend Jahre unserer Geschichte berücksichtigt. Das ist die Zeit der sogenannten Zivilisationen oder Hochkulturen, aus denen uns schriftliche Quellen vorliegen. Einschlägige Abhandlungen setzen also oft erst bei den Griechen oder im alten Ägypten an. Hier lebt ein Vorurteil des 19. Jahrhunderts fort: Kulturen ohne Schrift – und damit die gesamte Vorgeschichte – galten als primitiv und barbarisch, als aus zeitlichen oder räumlichen Regionen stammend, in denen die Menschen sich kaum über das Tiersein erhoben hatten. Nichts also, was der Beschäftigung wert wäre.

Die Betrachtung des Menschseins war dominiert von dem, was wir Kulturblindheit nennen: Man ignoriert die kulturelle Gewordenheit der jeweiligen Lebensbedingungen, der Institutionen und sozialen Verhältnisse. Die eigene Welt wird mehr oder minder für normal, wenn nicht sogar für den menschlichen Idealzustand gehalten. Auch heute tendieren wir dazu, unsere Lebenswelt als selbstverständlich und nicht grundsätzlich hinterfragbar zu verabsolutieren.

Doch selbst wenn man sich auf die angeblich «zivilisierten» Zeiten konzentriert und damit traditionellerweise jene gut 5000 Jahre in den Blick nimmt, in denen Menschen angefangen haben, vermehrt in Staaten zu leben, bedeutet das eine extreme Reduktion. Es wird allein ein einziges Prozent der Menschheitsgeschichte berücksichtigt.

Wir pflegen damit nicht nur ein falsches Bild unserer Vergangenheit. Wir beschränken uns ausgerechnet auf jenes mickrige Prozent, in dem ein Großteil der Menschen, wie wir zeigen werden, bereits unter anomalen, zutiefst krisenhaften Umständen lebte. In solch einer radikal verzerrten Perspektive avanciert der Ausnahmezustand zur Normalität, wird die Misere zur Regel. Unberücksichtigt bleiben sage und schreibe 99 Prozent der Menschheitsgeschichte. Das sind 2,5 Millionen Jahre, wenn man die Gattung Homo berücksichtigt, oder immerhin noch 300000 Jahre, in denen der Homo sapiens existiert. Wir sind damit blind für die Wahrheit.

Diese 99 Prozent aber sind unverzichtbar. Sie stellen jenen gewaltigen evolutionären Zeitraum dar, der nicht nur unsere Körper, sondern auch unsere Psychologie formte. In dieser Zeit herrschten Bedingungen, wie sie nicht gegensätzlicher sein konnten zum restlichen einen Prozent. In diesen 99 Prozent lebten Menschen in kleinen, egalitären und höchst solidarischen Gruppen, die jagend und sammelnd umherzogen und sich von dem ernährten, was sie in der Natur fanden. Das soll nicht verherrlicht werden (auf die negativen Aspekte kommen wir zurück), aber die Menschen waren mit ihrer Psychologie bestens an ihre Umwelt angepasst, was dem Leben eine große Selbstverständlichkeit gab.

Wie also sollen wir uns selbst verstehen, wenn uns die eigentliche Zeit des Menschseins unbekannt ist? Erst in der evolutionsgeschichtlich geweiteten Perspektive können wir erkennen, was menschliches Leben ausmacht und warum uns das mehr als berechtigte Gefühl plagt, damit stünde es nicht zum Besten. Deshalb können wir allein aus der bisherigen Geschichte, also im engen Sinne aus der Zeit, in der Schrift vorliegt, kaum etwas lernen über uns, wohl aber aus der Totalität der menschlichen Evolution. Wir brauchen das komplette Bild. Öffnen wir die Augen.

Ein eklatantes Beispiel für die Perspektivverkürzung haben wir in unserem Buch Die Wahrheit über Eva vorgestellt: Konzentriert man sich auf die letzten 5000 Jahre, erscheint die Unterdrückung von Frauen als Normalzustand, und Misogynie scheint Teil der männlichen Natur zu sein.

Warum das Beispiel von zentraler Bedeutung ist: Obwohl die Menschen damals in patriarchalen Gesellschaften lebten, erschien ihnen der Umstand, dass Frauen in ihrem Alltag das nachgeordnete Geschlecht waren, erklärungsbedürftig. Das heißt, es war nicht einmal den Männern selbstverständlich. Sie suchten nach Ursachen für die Schlechterstellung der Frauen. Im alten Israel schoben die Bibelautoren den Frauen die Schuld selbst in die Schuhe, indem sie die Geschichte über Eva und die Schlange erfanden. In Griechenland glaubte man den Grund in der angeblich minderen weiblichen Physis identifiziert zu haben. Mal war also Gott, mal die Natur dafür verantwortlich, dass Frauen unterdrückt wurden. Beide Narrative lieferten eine Erklärung und damit auch eine Rechtfertigung für die Schlechterstellung, indem sie behaupteten, diese bestünde mehr oder minder vom Anfang aller Tage, und schrieben sie so als Normalität fest.

Was für ein Fehler! Weitet man nämlich den Blick evolutionär, zeigt sich: Starke Frauenrollen waren nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Gleichberechtigung stellte während besagter 99 Prozent der Menschheitsgeschichte kein Problem dar. Im Gegenteil, ausgeglichene Geschlechterbeziehungen waren ein Erfolgsgeheimnis unserer Spezies.

Wir haben die Wahl: In der eingeschränkten Perspektive erscheint die Emanzipation als Aufstand gegen die Ordnung der Natur. In der evolutionären Perspektive dagegen wird die Emanzipation zur überfälligen Rückkehr zu einer bewährten Menschheitspraxis. Kurz: Wir sollten einen Schritt zurücktreten und den gesamten Zeitraum betrachten und nicht lediglich einen isolierten, alles andere als repräsentativen Ausschnitt. Früher war Kulturblindheit mangelndem Wissen geschuldet, heute dagegen entspränge sie bewusster Ignoranz.

Erinnern wir uns an die Passage aus dem Matrix-Film: Das Gefühl, in der falschen Welt zu leben, sei wie ein «Splitter im Verstand». Das gilt auch fürs Leben im Ausnahmezustand der Zivilisation, da dieser in vielen Belangen im Widerspruch zu unserer evolutionär erworbenen psychologischen Grundausstattung steht. Der Zustand der Welt ist in den letzten 5000 Jahren unübersehbar durch Ungerechtigkeit, Plackerei, Leiden, Krieg, Seuchen, Vereinsamung und vieles mehr charakterisiert.

Auch wenn die Menschen nicht wussten, dass das Leben, das sie führten, im menschheitsgeschichtlich betrachteten Rahmen eine Anomalie war, spürten sie doch immer, metaphorisch gesprochen, den Splitter im Verstand. Ihrem Leben ging das Gefühl absoluter Selbstverständlichkeit ab. Keine Frage, auch an den Ausnahmezustand gewöhnen sich Menschen, unsere kulturelle Flexibilität ist enorm. Doch in bestimmten Situationen oder bei starkem Nachsinnen über den abstrusen Zustand der Welt im Allgemeinen und des Lebens im Besonderen, piesackt der Splitter den Verstand doch. Entsprechend verlangte das Gefühl, dass mit dieser Welt nicht alles in Ordnung war, stets nach Erklärungen.

Da aber das Wissen um die tatsächlichen Ursachen fehlte, versuchen sich die Menschen seit Jahrtausenden an eigenen Theorien. Bereits die alten Mythen trachteten, den merkwürdig miserablen Zustand der Welt zu erhellen. In Mesopotamien schoben sie die Schuld den Göttern zu, die sich die Menschen erschaffen hatten, damit diese für sie Sklavendienste verrichteten. Was war von solch einer Existenz schon Gutes zu erwarten? Auch andernorts machte man böse oder rachsüchtige Götter dafür verantwortlich, dass die Menschen von Unglück geplagt wurden. Das prominenteste Beispiel stammt aus dem alten Griechenland, wo die vom Göttervater Zeus unter die Menschen gebrachte Büchse der Pandora alles Übel in die Welt entließ.

Hier zeigt sich, wie der menschliche Geist funktioniert. Er setzt intuitiv auf soziale Kausalität. Für jegliches Geschehen sind Akteure als Verursacher zuständig – also auch für den schlechten Zustand der Welt. Entsprechend suchte, besser gesagt, erfand man in der Vergangenheit Ereignisse, unter deren Folgen man zu leiden hatte: Jemand musste die Schuld tragen.

Im Land der Bibel entstand der in dieser Hinsicht folgenreichste Mythos. Zur Strafe, weil unsere Ureltern Adam und Eva gegen das göttliche Gebot, nicht vom Baum der Erkenntnis zu essen, verstoßen hatten, müssen die Nachgeborenen im Schweiße ihres Angesichts schuften, anstatt sich weiterhin selig im Garten Eden zu verlustieren. Entsprechend ist das menschliche Leben alles andere als paradiesisch.

Das Besondere dabei: In der monotheistischen Logik der Bibel war ein einziger Gott für die komplette Schöpfung verantwortlich – und der hatte die Welt gut und planvoll eingerichtet. Reales Übel konnte also nur aus menschlichen Handlungen resultieren, weil ansonsten Gott selbst die Schuld hätte tragen müssen. Die monotheistische Logik der Tora, der Fünf Bücher Mose, unterscheidet sich damit radikal von der Welt der vielen Götter.

Bei vielen Göttern gibt es immer auch böse oder zumindest dunkle Gottheiten, denen die Menschen die Urheberschaft für irdisches Unglück zuschreiben konnten. Überdies bestand in einer polytheistischen Vorstellungswelt die Option, Unheil als Kollateralschaden göttlicher Zwietracht zu interpretieren. Das berühmteste Beispiel ist der Krieg um Troja, der aus dem Streit der Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite resultierte.

Solch eine Option kommt bei einem einzigen Gott nicht infrage. Gott schickte keine Katastrophen aus Versehen oder schlechter Laune, sondern allein als Strafen; daran lassen Genesis und Co. keinen Zweifel. Er musste also jeweils einen Grund gehabt haben. Folglich war jeder Krankheit oder Katastrophe ein menschliches Fehlverhalten vorausgegangen, das Gott sanktionierte. Ohne Delikt keine Strafe! Da Gott für alles Übel zuständig war, das über die damalige Welt hereinbrach, ist es kein Wunder, dass er im Alten Testament so schrecklich zornig daherkommt – und die Menschen so schrecklich sündig erscheinen. Der Aufstieg des biblischen Jahwes zum einzigen Gott hatte den Sündenfall der Menschen zur Folge.

Entsprach das Leben nicht den Ansprüchen an einen guten Gott, konnte das nur eine Strafe für irdische Sünden sein. In diesem Fall waren die Menschen aus dem Paradies vertrieben worden, weil Eva sich nicht an das göttliche Gebot gehalten hatte. Das Christentum wird Evas Fehlgriff erst zur Ur-, dann zur Erbsünde machen: Von Geburt an sind die Menschen mit Schuld belastet. Nur Kirche und göttliche Gnade können vor der ewigen Verdammnis retten. Die Kirche wird von den Menschen verlangen, regelmäßig ihre Sünden zu beichten, um in ihnen das Schuldbewusstsein Tag für Tag am Leben zu erhalten.

Hier also ist das Narrativ vollendet, das für Jahrtausende den Menschen eingebläut wird: Es ist gar nicht das Leben, das absonderlich ist. Es liegt an ihnen. Sie sind schuld! Und der Splitter im Verstand? Der wird den Menschen als Versuchung des Teufels verkauft, der danach trachtet, über sie Macht zu gewinnen. Die Religion ist eine Normalisierungsmaschine. Sie adelt den Ausnahmezustand zum Normalfall.

Bevor wir fortfahren: Manche mögen zweifeln, ob Menschen tatsächlich immer den metaphorischen Splitter spürten, das Gefühl, dass die Welt schlecht und ungerecht eingerichtet sei. Ist das nicht nur eine Projektion unserer modernen Befindlichkeiten? Ein Tribut an den «woken» Zeitgeist? Nein, nicht nur die Vielzahl an Erklärungsmythen, von denen wir hier lediglich eine Handvoll genannt haben, stützt unsere These. Wir können als Beweis das bereits vorgestellte Beispiel männlicher Dominanz anführen. Der Frauenprotest gegen diese ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass Menschen stets den Splitter spürten. Wäre da nämlich kein biologisch verankertes Gerechtigkeitsgefühl, wäre also alles nur Kultur und damit Sache von Sozialisation, hätten sich Frauen nach 5000 Jahren Patriarchat längst in ihr Schicksal gefügt. Sie hätten es zu hundert Prozent verinnerlicht und wären den Herren der Schöpfung treu ergeben; da regte sich kein Gefühl des Widerstandes mehr. Aber nein, trotz Jahrtausenden, in denen Männerherrschaft als gott- oder naturgegeben galt, spürten Frauen zu allen Zeiten die Empörung über die Ungerechtigkeit ihrer Situation.

Wie konnte die Unterstellung, wir seien schuldbeladen und leichte Beute des Bösen, so erfolgreich werden? Nun haben wir da, wie kurz angedeutet aus evolutionärer Notwendigkeit einen wunden Punkt und suchen nur zu leicht die Schuld bei uns. Doch es kam mehr hinzu. Zum einen handelte es sich um einen negativen Gottesbeweis: Wenn Menschen den Splitter spüren und diesen in christlicher Tradition als Werk des Teufels deuten, spüren sie die Wahrhaftigkeit des Glaubens: Denn wo es den Herrn des Bösen gibt, muss schließlich auch Gott existieren.

Zum anderen haben wir es mit einem perfekten Unterdrückungsinstrument zu tun, geschaffen und propagiert in Diensten der Herrschaft. Der römische Kaiser Konstantin war vom Christentum nicht etwa wegen dessen Barmherzigkeit begeistert. Er erkannte darin die ideale Stütze weltlicher Macht, indem er sich zum irdischen Stellvertreter des einzigen und allmächtigen Gottes erklärte. Damit ebnete er den Weg zu jener unheiligen Allianz von Thron und Altar, die das christliche Abendland dominieren wird.

Sind nämlich Menschen von Natur aus böse und sündhaft, wie es die Kirche spätestens seit Augustinus von Hippo (354–430) lehrte, braucht es die harte Hand kirchlicher und staatlicher Autoritäten, um die Welt vorm Schlimmsten zu bewahren. In dieser Tradition wird noch die Reformation Martin Luthers stehen. Zugleich legitimiert das Narrativ nicht nur Herrschaft, es verschleiert sie auch: Das eigentliche Problem nämlich, das anomale Leben, wird unsichtbar gemacht, indem es in unzählige Einzelphänomene aufgelöst und in die individuelle Verantwortung der Menschen gelegt wird. Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Die Behauptung, wir als Individuen seien schuld am desolaten Zustand der Welt, ist ein uraltes Narrativ der Unterdrückung.

Hier zeigt sich die politische Dimension, die nur aus heutiger Perspektive überraschen kann. Denn bei den offiziellen Religionen handelt es sich, wie wir noch sehen werden, um Herrschaftsreligionen, die der Legitimation weltlicher Macht dienten. Entsprechend erwies sich die Frage, ob Menschen nun sündhaft sind oder nicht, als Kristallisationspunkt politischer Debatten der Neuzeit, und zwar seitdem die wissenschaftlichen Revolutionen die Glaubwürdigkeit der biblischen Erzählungen zerrüttet hatten.

In den letzten 500 Jahren spekulierten Philosophen mit Vorliebe über den «Naturzustand» der Menschen. Auf der einen Seite betonten Denker wie John Locke und Jean-Jacques Rousseau, dass die Menschen ursprünglich in einer herrschaftsfreien Welt lebten, und begründeten damit eine Vorstellung von Menschenrechten, die sie gegen staatliche wie kirchliche Willkürherrschaft in Stellung brachten. Auf der anderen Seite standen Philosophen wie Thomas Hobbes, der postulierte, «dass die Menschen während der Zeit, in der sie ohne eine allgemeine, sie im Zaum haltende Macht leben, sich in … einem Krieg eines jeden gegen jeden befinden». Im Naturzustand habe «beständige Furcht und Gefahr eines gewaltsamen Todes» geherrscht. Das menschliche Leben sei «einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz» gewesen. Deshalb sei staatliche Autorität unverzichtbar.

Die Theoretiker einte eine Tatsache: Sie alle hatten nicht die geringste Ahnung, wie sich die Urgeschichte des Homo sapiens wirklich darstellte. Ihnen ging es allein darum, mittels eines imaginierten Naturzustands ihre jeweiligen politischen Positionen zu legitimieren. Tatsächlich wird fortan die Frage nach dem Wesen des Menschen zur politischen Demarkationslinie: Konservative und rechte Kräfte betonen in der Regel die Schlechtigkeit der menschlichen Natur, schließlich sind sie Apologeten der Macht, des Staates oder der Nation und müssen deren Herrschaftsansprüche begründen. Progressive und Linke setzen dagegen auf ein positives Menschenbild.

Diese Auseinandersetzung dominierte noch den Kalten Krieg. Protagonisten des Neoliberalismus wie der Ökonom und Nobelpreisträger Friedrich August Hayek werden dem Marxismus vorwerfen, auf der falschen Maxime zu gründen, dass der Mensch gut sei, und der kapitalistische Westen in der Systemkonkurrenz den sozialistischen Mächten des Ostens überlegen sei, weil er auf einem realistischeren, nämlich egoistischen Menschenbild basiere.

Auch dies ein Grund, warum die Frage nach der menschlichen Evolution die Gemüter erhitzt. Es geht die Furcht um, dass wissenschaftliche Erkenntnisse die eigene politische Position gefährden. Doch das ist in doppelter Hinsicht ein Irrtum. Einmal lauert hier der naturalistische Fehlschluss, die verkehrte Annahme, dass als «natürlich» identifizierten Verhältnissen die Macht zukäme, festzulegen, wie Menschen leben sollten. Und wir begegnen hier der ebenso falschen Annahme, dass sich Menschen als gut oder böse beschreiben ließen.

Solcher Essenzialismus, die Annahme, wir besäßen ein festes Wesen und eine fixe moralische Qualität, ist ein Relikt religiösen Denkens. Er entspringt der Auffassung, Menschen seien von einem Schöpfer oder der Natur erschaffen und mit Sinn und Zweck ausgestattet worden. Diese Vorstellung hat die Religion nicht nur überlebt, sie ist fälschlicherweise sogar auf die Evolution übertragen worden. Diese wurde in Augen vieler zu einer Art Gott. Doch das ist unaufgeklärtes religiöses Erbe. Aus dem Gut-Böse-Narrativ und den daraus resultierenden Schuldzuweisungen müssen wir uns befreien.

Mit dem Fall der Mauer 1989 scheint der Kapitalismus alternativlos geworden zu sein. Tatsächlich liegt sein Erfolg nicht zuletzt darin begründet, dass er die aus dem Christentum stammende Unterstellung, wir seien schuldige Wesen, kultivierte – uns aber Absolution erteilte. Zwar basiert der Kapitalismus auf dem negativen Menschenbild, Menschen seien selbstsüchtige Wesen, die an der Verwirklichung ihres Eigennutzes arbeiteten (Homo oeconomicus). Doch dem Markt gelänge das Wunder, im freien Spiel der Kräfte die Einzelegoismen ins Beste des Allgemeinwohls zu verwandeln und sie so zum Motor des Fortschritts zu machen. «Sei ruhig egoistisch», lautet die frohe Botschaft des Kapitalismus, «du wirkst damit nur zum Wohle aller.» Man kann es das Mephisto-Prinzip nennen. Der Leibhaftige behauptete auch, dass er, obwohl er stets das Böse wolle, stets das Gute schaffe.

Zugleich beweist der Kapitalismus sein Geschick, noch unser Unwohlsein auszubeuten, indem er darauf ein Businessmodell aufbaut. Spüren wir einmal den Splitter im Verstand, verspricht er, wir müssten nur an unserer Resilienz arbeiten und unser Leben optimieren, und schon werde alles gut. Der Markt der Ratgeber, des Coachings, der Therapien, ja, des Biohackings ist unüberschaubar und verkauft uns Angebote jeglicher Couleur, die uns in körperlicher wie mentaler Hinsicht verbessern wollen, um endlich den Herausforderungen der modernen Welt gerecht werden zu können.

Doch das Ziel des Marktes ist nun mal die perfekte Kommerzialisierung – und sei es die der menschlichen Misere. Es geht ihm eben nicht darum, Menschen zu helfen. Folglich liegt bis heute keine ultimative Gebrauchsanleitung für die menschliche Existenz vor, die alle anderen überflüssig macht. Stattdessen ertrinken wir in einer Flut von Optimierungsangeboten, mögen die auch noch so widersprüchlich sein. Das macht die Ratgeberbranche unwiderstehlich: Weil kein Ratgeber die Lösung liefert, braucht es immer neue. Der chronische Misserfolg stellt das eigentliche Erfolgsgeheimnis dar.

Was die Nachfrage angeht, ist der Markt schließlich riesig: Auf der einen Seite sind jene, die in der Konkurrenz auf der Strecke bleiben, die sich dem Hamsterrad verweigern oder mit Depressionen auf die Zumutungen des modernen Wirtschaftens reagieren. Auf der anderen stehen alle, die den Wettbewerb annehmen und zur besten Version ihrer selbst werden möchten, um sich in der Konkurrenz durchzusetzen. Selbstoptimierung ohne Ende – das Perpetuum mobile des Kapitalismus.

Das soll nicht heißen, hier seien nur Zyniker am Werk. Im Gegenteil, die allermeisten sind ehrlich bemüht, Menschen zu helfen. Und es gelingt ihnen auch im Einzelfall innerhalb des Systems. Doch damit halten sie es am Laufen und zementieren den Mythos, Konkurrenz sei der menschliche Normalzustand. Zeit für die rote Pille! Wir haben uns viel zu lange die Schuld einreden lassen.

2 Das Tabu

Da können wir im mittlerweile recht fortgeschrittenen 21. Jahrhundert die diffizilsten Spezialfragen beantworten, in der wohl wichtigsten Frage indes tappen wir noch reichlich im Dunkeln. Was ist der Mensch? Zwar hegt kaum jemand mehr ernsthafte Zweifel an der evolutionären Herkunft des Homo sapiens, doch was Menschsein an sich ausmacht, ob es etwas wie das menschliche Wesen überhaupt gibt, das ist eine offene Frage. Eine allgemein akzeptierte Antwort fehlt noch immer.

Wir begeben uns auf vermintes Gelände. Hier tobten weltanschauliche Kämpfe, die nie wirklich befriedet worden sind. Die Frontlinie markiert die Frage, wie sehr Menschen durch ihre Biologie bestimmt sind. Tatsächlich stehen Ansätze, die mit Natur, Genen und Evolution operieren, unter Verdacht, essenzialistische Aussagen über Menschen und ihre Gesellschaften zu machen und damit ideologische Begründungen für soziale und globale Ungleichheit zu liefern, indem sie diese als biologisch determiniert begründet ausgeben. Die Konsequenz: Über die M-Frage wird der Mantel des Schweigens gehüllt.

In unserem letzten Buch sprachen wir vom «Eva-Tabu». Damit meinten wir die Aversion gegenüber der Frage, was die Biologie zum Thema der gesellschaftlichen Schlechterstellung von Frauen zu sagen habe. Tatsächlich können wir das Eva-Tabu auch auf Adam und damit die gesamte Evolution ausdehnen und von einem «Evo-Tabu» sprechen, wenn es um den Punkt geht, ob der Homo sapiens eine ebenso artspezifische Natur besitzt wie all die anderen Tiere auch und, wenn ja, wie diese aussehen könnte.

Wann immer gegen das Evolutionstabu verstoßen wurde, flammte der Verdacht auf, soziale Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen oder sogar Rassismus zu befördern. Nichts könnte, zumindest heute, verkehrter sein. Durch die Evolution lässt sich rein gar nichts rechtfertigen. Abgesehen davon, dass wir den grundlegenden Lebensbedürfnissen wie Essen oder Schlafen nachkommen sollten. Aber sogar da gilt: Wer sich zu Tode hungern möchte, ist, zumindest was die Evolution angeht, frei, das zu tun. Selbst wenn die Menschheit ausstirbt, kümmert sie das kein bisschen.

Bevor wir uns an die eigentliche Arbeit machen, müssen wir uns deshalb anschauen, was zur Ächtung der Evolution führte. Wir haben es mit kulturellen Altlasten zu tun, die wir kennen sollten, da sie ansonsten unser Denken weiterhin vergiften und uns auf der Anklagebank festhalten. Denn das Evolutionstabu spielt den Mächtigen dieser Welt in die Hände.

Was also ist der Mensch? Noch bis ins 20. Jahrhundert, also bis in die Generation unserer Groß- und Urgroßeltern hinein, repräsentierten die Aussagen der Bibel über die Menschen als von Gott geschaffene Geschöpfe die ultimative Quelle der Wahrheit. Allein das schon stand evolutionären Erklärungen im Wege. Doch die Angelegenheit ist deutlich vertrackter.

Die von der Kirche mit größter Macht über fast zwei Jahrtausende propagierte Sicht auf den Sündenfall der Menschen hat mindestens vier besonders verhängnisvolle Narrative in der Kultur des Westens verankert. Sie entfalten eine solch toxische Wirkung, dass sie selbst nicht religiöse Diskurse kontaminieren. Höchste Zeit, unser Denken davon zu befreien.

Da ist erstens die Idee, hinter der Welt stecke eine Absicht, eine Bestimmung, weil diese der biblischen Genesis zufolge von einem Schöpfer erschaffen worden sei, der einen Plan mit ihr verfolgte, mag der auch den Menschen verborgen sein. Zweitens ist da die Behauptung, dass wir Menschen die Krone der Schöpfung seien, deshalb grundsätzlich von der Tierwelt unterschieden sind und uns möglichst stark vermehren und die Welt untertan machen sollen. Drittens ist da die bereits behandelte Unterstellung, dass der mangelhafte Zustand der Welt in der Sündhaftigkeit der Menschen, nicht zuletzt jener der Frauen begründet liegt. Viertens schließlich ist das Phantasma zu nennen, dass alle Menschen, die nicht dem christlichen Kulturkreis angehören, des Teufels sind.

Es ist eine wahrlich tragische Ironie der Geschichte, dass es ausgerechnet die Aufklärung war, die diese vier Narrative aus der religiösen Sphäre in das säkulare Denken verpflanzte, wo sie seither weiter ihr Unwesen treiben konnten.

Die Aufklärung hat in den letzten Jahren viel Kritik einstecken müssen, wenn auch teils aus den falschen Gründen. Insbesondere ihr Universalismus ist unter Beschuss geraten. Zu Unrecht. Denn aus einer evolutionären Perspektive ist die Einheit des Menschengeschlechts zu betonen. Es ist absurd anzunehmen, dass die Annahme einer universellen Würde eines jeden Menschen bedenklich sei. Das Problem liegt an anderer Stelle: Problematisch ist der von der Aufklärung propagierte Mythos vom Menschen als reinem Vernunftwesen, wie er sich auch in unserer Artbezeichnung als Homo sapiens, also «vernünftiger», «einsichtiger» Mensch, niedergeschlagen hat.

Der Vernunftmythos gründet in der griechischen Antike und hat schon das Alte, aber vor allem das Neue Testament und damit das Christentum massiv beeinflusst: Gott wurde zum «Logos», zur Weltvernunft – die auch seine Schöpfung durchwirkt. Den Glauben an den Schöpfer der Bibel drängte die Aufklärung zwar zurück, nicht aber den des «vernünftigen Plans» der Natur. Hier lebt Narrativ 1 in neuer Gestalt weiter. Seit Augustinus von Hippo versuchte die frühe Wissenschaft in Gottes zweitem Buch, dem «Buch der Natur», zu lesen. Sie wollte die göttlichen Gesetze seiner Schöpfung enthüllen und die Scala Naturae rekonstruieren, die Stufenleiter der Natur, die jedem Wesen Sinn und Zweck in der göttlichen Ordnung allen Lebens verleiht. Die Naturgesetze avancierten zur Grammatik einer neuen Vernunftreligion.

Entsprechend galt die «Geschichte der Menschengattung», wie es Immanuel Kant formulierte, als «Vollziehung eines verborgenen Plans der Natur». Die Natur tritt an die Stelle Gottes, sie wird vergöttlicht und mit Intentionen ausgestattet, als sei sie eine Person, ein Schöpfer. So finden sich, um bei Kant als Ikone der Aufklärung zu bleiben, Formulierungen wie «Die Natur hat gewollt» oder Aussagen, in der «Absicht» der Natur sei es begründet, dass der Mensch durch die «Vernunft» den «Übergang aus der Rohigkeit eines bloß tierischen Geschöpfes in die Menschheit» vollziehe. Das ist Narrativ 2, der Anthropozentrismus, der uns Menschen über alle anderen Lebewesen erhöht.

Wenn die menschliche Geschichte also dem Plan der Natur zufolge die Bestimmung hat, die Entfaltung der Vernunft zu vollziehen, erhält die Natur göttliche Autorität. Die Konsequenz ist der naturalistische Fehlschluss. Den Zusammenhängen der Natur wird eine normative Macht zugeschrieben, sie gibt die Werte vor. In diesem Fall die teleologische Verpflichtung auf ein Ziel hin. Bis heute geistern Vorstellungen herum, die Natur oder die Evolution habe dieses oder jenes so oder so eingerichtet, und deshalb sei das maßgeblich für Menschen (etwa die auf männlicher Stärke beruhende Geschlechterordnung oder die Familie). Was als «natürlich» gilt, wird automatisch als gut und erstrebenswert erachtet – und das «Widernatürliche» als schlecht und sündig. Doch das ist eine religiöse Altlast: Es gibt keine evolutionären Werte, denen wir folgen müssen. Die Evolution hat keinen Plan mit uns.

Um nicht missverstanden zu werden: Das soll nicht heißen, dass «natürlich» nie zu bevorzugen sei. Das kann sehr wohl der Fall sein, aber das ist aufgrund von messbaren Indikatoren wie Wohlbefinden, Gesundheit oder Lebenserwartung, aber auch Gerechtigkeit zu entscheiden, und nicht einfach auf dem Umstand, dass die Evolution dafür verantwortlich zeichnet.

Und hier nun kommt Bibel-Narrativ 3 ins Spiel, das die Menschen auf die Anklagebank setzt. Lauschen wir noch einmal Kant: «Der Mensch ist durch seine Vernunft bestimmt, in einer Gesellschaft mit Menschen zu sein, und in ihr sich durch Kunst und Wissenschaft zu kultivieren, zu zivilisieren und zu moralisieren; wie groß auch sein tierischer Hang sein mag, sich den Anreizen der Gemächlichkeit und des Wohllebens, die er Glückseligkeit nennt, passiv zu überlassen, sondern vielmehr tätig, im Kampf mit den Hindernissen, die ihm von der Rohigkeit seiner Natur anhängen, sich der Menschheit würdig zu machen.»

Statt Sündhaftigkeit wird nun die Disziplinlosigkeit, genauer gesagt die damit einhergehende vernunftlose Unmündigkeit für den desolaten Zustand der Erde verantwortlich gemacht. Kants neues Glaubensbekenntnis können heute noch viele nachbeten: «Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.»

«Selbstverschuldet» – wieder wird die Sündhaftigkeit den Menschen zugeschoben («sein tierischer Hang»). Warum fehlt es manchen an der allein selig machenden Vernunft? «Faulheit und Feigheit» seien die Ursachen, so lautet Kants Antwort, «warum ein so großer Teil der Menschen … gern zeitlebens unmündig bleiben». Und auch hier werden die Frauen besonders angeklagt: «darunter das ganze schöne Geschlecht». Die Schuld liegt also bei all jenen, die seiner Ansicht nach nicht dem Licht der Vernunft folgen. Damit torpediert Immanuel Kant seinen eigenen Universalismus und installiert eine Hierarchie der Menschen.

Entsprechend lauert hier Narrativ 4: die Abwertung der nichtwestlichen Welt (und eben auch der Frauen). Denn was sich nicht auf der Höhe des Plans der Natur befindet, nicht der «Herrlichkeit und Weisheit der Schöpfung» folge, die, so Kant, «auf die vollkommene bürgerliche Vereinigung in der Menschengattung» ausgelegt ist, also dem westlichen Maßstab der Vernunft nicht entspricht, ist auf niederen Stufen des Menschseins zu verorten.

Das ist das ideelle Fundament dessen, was sich im Lauf des 19. Jahrhunderts zum «Evolutionismus» entwickeln wird: dem Fortschrittsglauben, der die ständige Höherentwicklung der Menschheit behauptet, die gesetzmäßig bestimmte Stufen erklimme. Und dies wiederum ist die Grundlage für den westlichen Überlegenheitswahn, in dem die christliche Verachtung alles Fremden und «Heidnischen» im angeblichen wissenschaftlichen Gewand weiterlebt.

Schließlich ist das auch die Basis für den damit einhergehenden Rassismus. Die Frage, die sich daraus aufdrängte, war ja: Warum befanden sich andere Kulturen auf «tieferen», «primitiveren» Stufen? Daran konnten diese nur selbst Schuld tragen. «Faulheit und Feigheit» seien eine der Ursachen, so Kant, klimatische Gründe, die dazu führten, eine andere. Es sollte nicht lange dauern, dass man glaubte, biologische Gründe identifizieren zu können, schließlich waren die noch nicht «entwickelten» Völker in dieser Logik den Tieren näher.

Der Universalismus der Aufklärung wird erst dort zum Problem, wo er sich in Gestalt des evolutionistischen Phantasmas der angeblich allein der Vernunft verpflichteten männlichen Europäer zum Goldstandard des Globus erhebt. Das ist aber gerade das nicht aufgeklärte Erbe der Religion, der Fortschrittsglaube, der kaum etwas anderes ist als die vorgestellte teleologische Annahme, dass die Menschheit eine lineare Entwicklung durchlaufe, dass es einen Fortschritt im Grad der Vernunft gebe, demzufolge sich die Geschichte der Menschen in Entwicklungsstufen vollziehe.

Was zur Genüge kritisiert wurde: die alleinige Identifikation des Menschen mit der Vernunft, als deren Maßstab vor allem der technologische Fortschritt gewertet wird. Angesichts der klaren Trennung zwischen Natur und Kultur wird die Natur als ausbeutbar herabgewürdigt, und die Menschen werden auf den instrumentellen Verstand reduziert. Alles, was der westlichen Rationalität nicht entsprach, wurde diskriminiert. Alle Kulturen, die keine Schrift, keinen Staat besaßen, die an Geister oder viele Götter glaubten und für die Tiere verwandte Wesen waren, galten als «Naturvölker» oder «Urvölker», die entweder starrsinnig auf der Kindheitsstufe der Menschen verharrten oder sie wegen ihrer Primitivität nicht verlassen konnten.

Aus dieser Annahme heraus galt die menschliche Vorgeschichte als nicht der Beschäftigung wert. Alles nur «Troglodyten», um eines von Kapitän Haddocks Lieblingsschimpfwörtern aus Tim und Struppi zu gebrauchen: tumbe Höhlenbewohner, die sich mit Keulen die Schädel einschlugen, wenn sie nicht gerade ihre Frauen an den Haaren in die Höhle zogen (Spoilerwarnung: Nichts könnte falscher sein). Allein die «Kulturvölker», «Zivilisationen», «Hochkulturen» lohnten der Auseinandersetzung, sie werden zum Maßstab jener Normalität, die der Menschen würdig wäre. Geschichte wurde folglich nur jenen Kulturen zugestanden, die über Schrift verfügten.

Mit Sigmund Freud und Charles Darwin gab es Dämpfer für den Glauben an die reine menschliche Vernunft. Freud zerrte das dunkle Reich des Unbewussten und die verdrängte Sexualität ans Tageslicht. Er war überzeugt, die Zivilisation bedecke lediglich wie ein dünner Firnis die animalischen Triebe der Menschen. Darwin stellte die Menschen den Tieren gleich: Der Unterschied zwischen uns und den anderen Tieren sei nur ein gradueller und kein grundsätzlicher.

Eine ganze Anzahl von Darwins Epigonen missinterpretierte das Postulat vom Survival of the Fittest als neues Universalgesetz, welches die Evolution und damit auch die Menschheitsgeschichte beherrschte, die sich in den drei Stufen «Wildheit», «Barbarei» und «Zivilisation» vollzogen habe. Sie verliehen dem Fortschrittsglauben ein biologistisches Gütesiegel. Die göttliche Stufenleiter der Natur verwandelte sich in den evolutionären Stammbaum, eine stolze Eiche, in deren höchstem Wipfel der zivilisierte Mensch als Krone der Schöpfung hockte. Genau betrachtet, saß dort jener, den schon Kant da gesehen hatte: der einer instrumentellen Vernunft verpflichtete weiße Mann des Westens.

Damit erhielt der Rassismus ein scheinbar wissenschaftliches Fundament. Wir haben es mit der Grundlage von Sozialdarwinismus und Eugenik zu tun. Das angeblich von der Natur installierte Recht des Stärkeren wurde auf menschliche Gesellschaften übertragen. Der «Kampf ums Überleben» verpflichte jeden Menschen zu egoistischem Verhalten, Helfen und Mitleid würden der Evolution zuwiderlaufen.

Denn wo die Menschen sich nicht «zivilisieren» ließen, konnte das nur am minderwertigen Erbgut liegen. Das galt für ferne Völker genauso wie für jene Menschen am Rande der bürgerlichen Gesellschaft. Alkoholismus, soziales Elend oder Verbrechen: Es lag alles in degenerierten Genen begründet. Seinem vorbestimmten Schicksal konnte niemand entkommen. Deshalb glaubten die Eugeniker, der Evolution zur Hand gehen und drastische Mittel zum Wohle der «Volksgesundheit» ergreifen zu müssen: Sterilisierung oder Eliminierung der «Volksschädlinge».

Es handelte sich um die perfekte Ideologie für Kolonialismus und Imperialismus, behauptete sie doch Ausbeutung, Versklavung und Völkermord wissenschaftlich zu rechtfertigen. Tatsächlich ist es nur ein klassischer Fall von Kulturblindheit: Die eigene Ausnahmesituation des 19. Jahrhunderts, in welcher der Westen die Welt zu unterjochen versuchte, wird zum Normalzustand menschlicher Existenz erklärt. Es war eine Zeit, in der tatsächlich das Recht des Stärkeren herrschte, und dieses wurde nun auf Natur und Evolution projiziert.

Da der Sozialdarwinismus gemeinsam mit einem biologistisch begründeten Rassismus zur Basis der Verbrechen des Nationalsozialismus wurde, avancierte es nach 1945 zum Pflichtprogramm der Entnazifizierung, alle Ansprüche der Biologie, das Zusammenleben von Menschen erklären zu wollen, zurückzuweisen. Das Evo-Tabu gehörte fortan zum guten Ton.

In einer verständlichen Überreaktion galten Menschen fortan als ausschließliche Geschöpfe ihrer Umwelt, reine Kulturprodukte. Sie kämen als unbeschriebenes Blatt zur Welt, erst Erziehung und Sozialisation würden es kulturell füllen. Spätestens seit den 1960er-Jahren machten sich vereinzelte Stimmen daran, die biologische Sicht auf den Menschen zu rehabilitieren. Versuche, der genbasierten Seite der menschlichen Persönlichkeit die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen, stießen in der Öffentlichkeit durchaus auf Interesse. Oft aber wohnte ihnen noch ein biologistischer Impetus inne, was wiederum das Evolutionstabu verfestigte.

Da waren Paläoanthropologen, die unsere frühen Vorfahren gerne als Killeraffen darstellten. Das inspirierte Stanley Kubrick zur berühmten Eingangsszene von 2001: A Space Odyssey: Die Entdeckung, einen Knochen als Totschläger benutzen zu können, habe uns überhaupt erst zu Menschen gemacht. Eine perfekte Kalte-Kriegs-Ideologie. Da waren auch Vertreter der Verhaltensforschung wie der Nobelpreisträger Konrad Lorenz, der in Die acht Todsünden der Menschheit vermutete, dass die moderne Jugendkriminalität Symptom eines allgemeinen genetischen Verfalls sei. Da war in den 1970ern die Soziobiologie E.O. Wilsons, der die Kultur- und Sozialwissenschaften überflüssig machen wollte. Menschliche Gesellschaften, so seine Behauptung, basierten letztlich nur auf genetisch determinierten Mechanismen, wie sie auch das Leben der Ameisen regelten. Wir seien nichts als von unseren Genen gesteuerte Marionetten. Dann war da Richard Dawkins mit seinem Buch Das egoistische Gen, der den Eindruck erweckte, die biologische Legitimation des Kapitalismus und des auf den eigenen Profit bedachten Homo oeconomicus zu liefern. «Gier ist gut», wird das 1987 Michael Douglas in der Gestalt des Finanzhais Gordon Gekko im Filmklassiker Wall Street auf den Punkt bringen, der Egoismus, das Immer-mehr-haben-Wollen stelle die «Essenz des evolutionären Geistes» dar.

Und schließlich war da die populäre evolutionäre Psychologie, kurz Pop EP, die mit Bestsellern wie Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken Erfolge feierte, dabei doch nur traditionelle Geschlechterrollen als angeblich natürliche ausgab. Gerade die Irrtümer der Pop EP sind aufschlussreich: Diese betonte zwar zu Recht, dass wesentliche Teile unserer Psychologie als Anpassungen an Herausforderungen der menschlichen Evolution entstanden sind und wir diese auch in der modernen Welt noch herumtragen. Doch auch die evolutionären Psychologen waren kulturblind und vernachlässigten die immense Bedeutung der kulturellen Dimensionen unserer Persönlichkeit und unserer Umwelt. Sie nahmen nur einen Teil des Menschseins wahr. Letztlich postulierte die Pop EP, wir modernen Menschen seien wie in den Zoo versetzte Wildtiere, die gezwungen sind, ein nicht «artgerechtes» Leben zu führen. Und hier droht einmal mehr die Gefahr des Biologismus: die Vorstellung, dass es biologisch definierbares «artgerechtes» und deshalb «richtiges» Leben geben könnte.

Auch suggeriert dieses Bild eine viel zu simple Dichotomie: wir als Naturwesen mit einer speziellen Biologie und determinierten Verhaltensweisen auf der einen Seite, dort die kulturelle Umwelt, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf der anderen Seite. Das führte zu Klischees wie dem, wir seien «Schimpansen im Anzug» oder «Neandertaler mit der Atombombe», und der Vorstellung, direkt unter der Oberfläche schlummere noch immer der Wilde in uns. Wieder wurde die kulturelle Dimension unseres Wesens negiert.