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Menschliche Führung von Menschen in Organisationen entfaltet Sinn für alle Beteiligten an sich und wird so zum Schlüssel für eine gelingende gemeinsame Zukunft unserer Welt. Sie bedingt die konsequente Annahme unseres ganzen Menschseins, einschliesslich allen damit verbundenen Potentialen wie auch Herausforderungen. Wie wir mit beiden umgehen macht den Unterschied. Unternehmerinnen, Entscheidungsträger, Managerinnen, Führungspersonen sowie verantwortliche Menschen sollen dazu angeregt werden, menschliches Agieren in ihren Berufsalltag zu bringen und so alle Beteiligten zu "Gewinnern" zu machen. Was das konkret heisst, kann überraschen.
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Seitenzahl: 254
Veröffentlichungsjahr: 2020
Menschliche Führung gewinnt!
Führung im Wandel - Wirklich menschliche Führung macht den Unterschied
Dr. Claude Heini
© 2020 Claude Heini
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-347-11670-2
Hardcover:
978-3-347-11671-9
eBook:
978-3-347-11672-6
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung
Inhalt
1. Warum dieses Buch?
2. Führung von Menschen in Organisationen im Wandel der Zeit
2.1. Alles wird anders - Was verändert sich?
2.2. Was bleibt – Mensch ist Mensch
3. Menschlichkeit als Schlüssel
3.1. Menschlichkeit und Wissenschaft
3.2. Menschlichkeit und Philosophie
3.3. Menschlichkeit und Religion
4. Menschliche Führung
4.1. Menschliche Führung in hierarchischen Strukturen
4.2. Menschliche Führung im Projektmodus
4.3. Menschliche Führung – der Rollen-Shift
4.4. Menschliche Führung und Agilität
4.5. Menschliche Führung in der Selbstorganisation und -führung
4.6. Menschliche Führung und Transformation
4.7. Sinn, Bewusstsein und Ganzheit
5. «Menschliche» Unternehmenskultur
5.1. Schlüssel menschlicher Unternehmenskultur
5.2. Wechselwirkung Mensch und System
6. Wir brauchen Persönlichkeiten
6.1. Persönlichkeit
6.2. Entwicklung
6.3. Entwicklung der Persönlichkeit
7. Kernkompetenz Selbstführung – alles beginnt bei mir selbst
7.1. Wen soll ich selbst führen und wie?
7.2. Motive, Talente und das persönliche Warum
7.3. Wünsche, Träume, Erwartungen
7.4. Grenzen, Schwächen, Limitierungen
7.5. Selbst-Verantwortung
7.6. Selbst-Achtsamkeit
7.7. EGO Leadership – Überwinden des Egoismus
8. Kernkompetenz Beziehungsgestaltung
8.1. Achtsam in Beziehung sein, in Kontakt sein
8.2. Zuhören, empfangen
8.3. Vertrauen
8.4. Führungsaufgabe: Menschlichkeit vermitteln
9. Zusammenfassung und Ausblick
Allgemeine Empfehlungen
Ausblick
Literatur
Artikel
Internetseiten und Videos
Über den Autor
Claude Heini gilt als hoch kompetenter Führungs- und Leadership Experte im deutschen Sprachraum. Er steht für die Welt von heute und morgen, befasst sich mit dem Thema Führung von Menschen seit mehr als 25 Jahren und arbeitet seither leidenschaftlich mit Menschen in Organisationen, vorwiegend Führungspersonen und Entscheidungsträgern.
Er verbindet auf einzigartige Weise fundiertes theoretisches Wissen, Erfahrungen in der Arbeit mit Führungspersonen und Verantwortungsträgern aller Stufen und unterschiedlicher Rollen, eigene Führungserfahrung (mehr als 10 Jahre), Fähigkeiten als «moderner Lehrer», als Executive- und Team Coach, als Berater und Begleiter, sowie als Autor mehrerer Bücher.
Er ist ein starkes Beispiel für gelebte Menschlichkeit in Unternehmen und Organisationen. Claude Heini überzeugt vor allem durch Inspiration, Kreativität sowie Intuition. Seine ganzheitlichen Kompetenzen (mental, emotional, sinnorientiert spirituell) verbinden sich mit einem guten Gespür für die Einzigartigkeit der Situation sowie praktische Ideen der Umsetzung. So hinterlässt er Wirkung, Spuren und konkrete Anregungen für beabsichtigten Fortschritt, für neue Perspektiven, Wahlmöglichkeiten und Lösungen im Umgang mit dem Human Potential.
Claude Heini ist ein Meister der Selbstführung sowie der wirkungsvollen Beziehungsgestaltung im Kontext von Organisationen, der zentrale Hebel für Leader. Seine Fähigkeit gut zuzuhören, das Wesentliche rasch zu erfassen, kraftvolle Fragen zu stellen, die etwas bewegen, sowie praktische Ideen und Lösungsimpulse machen ihn zu einem äusserst wertvollen Sparringpartner.
Kontakt
E-Mail: [email protected]
Internet: www.leadingpower.ch
1. Warum dieses Buch?
Es war vielleicht so etwas wie eine Vorahnung von mir, dass ich ein paar Tage vor dem Corona-Lockdown entschied dieses Buch zu schreiben. Die Pandemie ging in Europa gerade so richtig los. Ich hatte plötzlich viel Zeit und konnte mich dem Schreiben widmen. Und, dass das Thema dieses Buches durch die aktuellen Ereignisse zusätzlich relevant ist, davon bin ich überzeugt. Und doch, als Leserin wird man merken, dass menschliche Führung nicht von aktuellen Trends abhängig, mehr oder weniger Sinn macht.
Von solchen Trends hört man im Kontext Führung immer mehr. «Unbossing» wird als Begriff verwendet für «cheflose» Führung, die IT der Deutschen Bahn schafft ihre Chefs ab, es heisst «klassische Hierarchien sterben aus». Führung steckt im Wandel. Aber dann liest man auch «in der Krise braucht es klare Führung» oder «jetzt ist Krisenmanagement gefragt».
Was soll nun gelten, was funktioniert nicht (mehr), was muss sich ändern und…. was ändert sich nicht? Alles Aspekte, welche in diesem Buch betrachtet werden.
Aber lassen Sie mich mit einer kurzen Geschichte beginnen:
Vor vielen Jahren war ich als Workshopleiter mit einem Senior Management Team an einem schönen Ort beim Abendessen. Wir hatten vereinbart, dass wir diesen Rahmen nutzen wollten, um gegenseitig mehr über einander zu erfahren. Der CEO und sein Team kannten sich natürlich schon, jedoch hauptsächlich von der Arbeit. Ich stellte in die Runde Schritt für Schritt ein paar persönliche Fragen, welche jeder ehrlich beantworten sollte. Die anderen sollten aufmerksame Zuhörer sein. Bei der Frage nach einer schwierigen Erfahrung im Leben war die Reihe am CEO selber. Er erzählte, dass er vor einigen Jahren die Diagnose eines Tumors im Kopf erhalten hatte, wie es ihm damit erging und wie es seine Sicht auf das Leben änderte. Niemand kannte diese Geschichte, die Betroffenheit war spürbar. Die Tatsache, dass es sich der CEO erlaubte, offen über etwas so Persönliches zu sprechen wie auch die Geschichten der anderen, veränderte am nächsten Tag den Umgang, die gegenseitige Aufmerksamkeit, die gegenseitige Wertschätzung im Management Team. In der Folge war dieses Team sehr erfolgreich in Verbundenheit unterwegs.
Wie wirkt diese Geschichte auf Sie?
Regelmässig frage ich Führungspersonen unterschiedlicher Stufen, welche in meinen Workshops oder Seminaren teilnehmen: Welches war bisher in Eurer Karriere die beste Erfahrung als Mitarbeitende mit einer Führungsperson?
Folgende Aussagen wiederholen sich immer und immer wieder: «sie hat mich ernst genommen und um meinen Rat gefragt», «er hat an mich geglaubt, mir viel Vertrauen geschenkt, mir verantwortungsvolle Aufgaben gegeben», «sie war sehr wertschätzend, hat meinen Beitrag anerkannt, mir gezeigt, dass ich wichtig war», «er war offen und ehrlich zu mir, ich konnte mich auf ihn verlassen», «sie hat mich immer dann unterstützt, wann es wichtig war, stand hinter mir», «er hat mich gefördert und mich vorwärts gebracht».
Was könnte die Gemeinsamkeit all dieser Aussagen sein, die die Menschen als «beste Erfahrung» nennen?
Die Quintessenz könnte sein, dass wir Menschen eben Menschen sind und aufgrund unserer gemeinsamen Grundbedürfnisse ähnlich auf bestimmte Dinge reagieren. Die Ausprägung dieser Bedürfnisse kann jedoch individuell und in der Gesellschaft über die Generationen hinweg durchaus unterschiedlich sein.
Vielleicht geht es ganz einfach darum, dass wir gerade im Kontext von Unternehmen und Organisationen unser Menschsein akzeptieren, und dies mit aller Konsequenz. Das würde bedeuten gegenüber anderen, seien es Mitarbeitende, Kunden, Lieferanten und allen sonst Betroffenen mit Menschlichkeit zu begegnen und zu agieren. Diese habe ich, seit ich als Führungsexperte beruflich unterwegs bin, immer mit eingebracht, wenn es um die Wirkung und Auswirkung von Führung geht.
Mit Menschlichkeit meine ich das möglichst bedingungslose Annehmen der Menschen (auch sich selber) mit all ihren Möglichkeiten, persönlichen Geschichten, Begrenzungen und Herausforderungen.
Das war für mich ehrlich gesagt selbstverständlicher Bestandteil meiner Arbeit, aus der tiefsten Überzeugung heraus, dass auf Menschlichkeit basierende, menschliche Führung in jedem Fall eine positive Wirkung auf andere hat und der Führungsperson zudem noch ein gutes Gefühl gibt. Dieselbe Menschlichkeit jedoch geht im Berufsalltag immer wieder verloren. Erwachsene Menschen, auch Führungspersonen, agieren dann so, als wüssten sie nicht, was Menschlichkeit bei der Arbeit überhaupt bedeutet. Und wenn doch, dann nennen sie Gründe, weshalb andere Dinge dennoch zuerst kommen oder kommen müssen. Es heisst dann zum Beispiel: «im Moment sind andere Prioritäten angesagt». Etwa ein Kunde muss sofort bedient werden, strategische Überlegungen gehen vor, wichtige Sitzungen mit anderen Chefs. Aber was kommt da genau dazwischen? Ich werde meine Sichtweise dazu im vorliegenden Buch erläutern.
«Aber, Menschlichkeit bei der Arbeit, das hat doch seine Grenzen», mögen einige schon hier einwenden. Geht das überhaupt?
Keine Angst. Ich bin zwar ein ewiger Idealist und glaube jederzeit an das Gute im Menschen. Anderseits bin ich nicht naiv und weiss, dass Menschlichkeit alleine im Unternehmenskontext noch keinen Erfolg ausmacht.
Es braucht ein gutes Businessmodell, eine vernünftige Strategie, einen klaren Kernauftrag, wenn möglich eine anziehende Vision und entsprechendes Know-how und Kompetenz im eigenen Tätigkeitsfeld. Diese Aspekte sind wichtige Voraussetzungen für den unternehmerischen Erfolg. Sind diese Bedingungen jedoch erfüllt, kann man es sich leisten menschlich zu führen, von Mensch zu Mensch, auf Augenhöhe.
Es geht natürlich auch darum, im jeweiligen Kontext abzuwägen, wie menschliche Führung die Interessen der Unternehmung oder Organisation mit denjenigen der Mitarbeitenden verbinden und zusammenbringen kann. Führungspersonen sind fast täglich mit dieser Frage des Abwägens konfrontiert. Das schafft Spannungsfelder, die nicht einfache Lösungen oder Handlungen ins Auge springen lassen. Es bedarf der aktiven Auseinandersetzung damit, wie Menschlichkeit im Rahmen des eigenen oder gemeinsamen Auftrags eingesetzt und gelebt werden kann.
Und doch, ernsthaft gelebte menschliche Führung macht schon heute und erst recht morgen, heisst in Zukunft, den Unterschied, wenn das ganze Potenzial aller Beteiligten genutzt werden soll.
Eigentlich wollen das ja die meisten. Die Frage ist eher, ob sie bereit sind dafür die notwendige Zeit, Energie und Aufmerksamkeit zu investieren. Das ist erfahrungsgemäss viel einfacher gesagt als getan. Und ja, wer es tut, wird auf verschiedenste Weisen, auch ökonomisch, belohnt. Das zeigen die meisten konkreten Beispiele. Mit Menschlichkeit eine Unternehmung zu führen braucht jedoch mehr als die Orientierung am erwarteten Nutzen. Steht dieser im Fokus, wird es nicht gelingen. Entsteht dieser als Folge des ernsthaft menschlichen Führens und Handelns, ist unglaublich viel möglich.
Ich habe in den letzten Jahren jedoch immer mehr konkrete Beispiele kennen gelernt von heutigen Leadern, welche mit Selbstverständlichkeit diese Menschlichkeit in ihrem Führungs- und Unternehmensalltag leben und auch darüber sprechen.
Ein prominentes Bespiel, Bob Chapman, CEO von Barry Wehmiller, wird im Buch öfters erwähnt werden. Man verzeihe mir die öfters wiederholten Verweise auf dieses Beispiel.
Das von ihm verfasste Buch «Everybody matters» hat mir aus dem Herzen gesprochen, hat mich inspiriert dieses eigene Buch zu schreiben. Dieses wie auch die anderen in diesem Buch erwähnten Beispiele beeindrucken und ermutigen mich, in Zukunft – dazu soll dieses Buch einen Anfang machen – deutlich offensiver das Thema menschlicher Führung ins Gespräch zu bringen, mit der Gewissheit, dass es durchaus möglich ist menschlich zu führen UND als Folge davon ökonomisch erfolgreich unterwegs zu sein.
Sie werden beobachten, dass nur wenige Beispiele von weiblichen Exponenten stammen. Diese gibt es bestimmt, werden aber in der Öffentlichkeit weniger erwähnt. Ich werde diese Aussagen in Zukunft vermehrt suchen.
Nun aber zur Frage des aktuell wahrgenommenen Wandels in der Führung von Menschen in Unternehmen. In meiner täglichen Arbeit bin ich konfrontiert mit Unternehmen, welche «Agile Führung» umsetzen möchten, andere, welche sich sogar überlegen, Versuche der Selbstführung zu unternehmen und wieder andere, die erkennen, dass sie mit demselben Führungsansatz, der sie bis heute erfolgreich gemacht hat, nicht in die Zukunft gehen können, weil neue Generationen darauf nicht ansprechen.
Schliesslich gibt es auch jene, die mit ihrem aktuellen Ansatz zufrieden sind. Sie schauen bei der Führung im Unternehmen eher auf kontinuierliche Verbesserung und Wirkungssteigerung.
Ich werde in diesem Buch argumentieren, weshalb menschliche Führung in allen Ansätzen, vom hierarchischen bis zum selbstorganisierten, sinnvoll und erstrebenswert ist.
Als Leser fragt man sich vielleicht, weshalb gerade Menschlichkeit in Zukunft ein so zentraler Schlüssel sein soll. Dass es immer auch um den Menschen als solches geht, und dies nicht weniger im Zeitalter der Digitalisierung, scheint irgendwie klar. Die meisten behaupten jedenfalls, dass der Mensch für sie im Zentrum steht oder stehen soll. Erst wenn man konkret in die gelebte Praxis schaut, wird man regelmässig enttäuscht.
Wie Gerald Hüther sagt, werden in Zukunft wahrscheinlich nur noch diejenigen überleben, welche gerne arbeiten. Maschinen mögen und sollen sogar alle Aspekte der Arbeit übernehmen, welche programmierbar sind. Was die Menschen von Maschinen unterscheidet, sind die Bedürfnisse. Maschinen haben solche nicht, Menschen schon. Sie haben ein Herz, mit welchem sie bei der Arbeit sein können, mit dem sie anderen Menschen begegnen können.
Von menschlicher oder menschenzentrierter Führung zu sprechen ist das eine, diese wirklich zu leben ist das andere. Wenigen gelingt dies. Denn, das ist meine feste Überzeugung, dies ist nur möglich, wenn Menschlichkeit, eine bestimmte Haltung zum Menschsein, die tief verankerte Basis jedes Tuns und Agierens darstellt.
Ich möchte mit diesem Buch allen Menschen, Entscheidungsträgern und Unternehmern, Führungspersonen, Mitarbeitenden, aber auch BeraterkollegInnen Mut machen und ihnen Impulse geben, Menschlichkeit als das zu benennen, was sie ist und sie nicht hinter irgendwelchen nett tönenden Schlagworten und Konzepten zu verbergen.
Ich hoffe, dass viele mehr sich dazu entscheiden – bei sich angefangen – Menschlichkeit als Schlüsselfaktor des gemeinsamen Gelingens in der Zukunft anzuerkennen und dementsprechend zu handeln.
Heute erkenne ich, dass ich bisher noch zu wenig den Mut hatte, das Thema Menschlichkeit explizit in meiner Arbeit mit Führungspersonen so zu benennen, da es für viele etwas esoterisch oder übertrieben anmutet. Ich gestehe heute gerne ein, dass meine potentielle Verwundbarkeit, die Möglichkeit eher zurückgewiesen zu werden meine Vorsicht in der Kommunikation mit beeinflussten. Dies, obschon wie gesagt die Qualitäten von gelebter menschlicher Führung bis heute und seit vielen Jahren stets fester Teil meiner Arbeit mit Führungspersonen war.
Das Schreiben dieses Buches hat auf verschiedene Weise die Menschlichkeit mir selber gegenüber auf die Probe gestellt. Ich musste mich dazu überwinden, das zu schreiben, was ich im Innersten wirklich denke und fühle und nicht, was vielleicht andere hören möchten oder was das Risiko minimiert kritisiert zu werden. Ich habe mich entschieden meine eigene Verletzlichkeit anzunehmen, indem ich mich so gut wie möglich «zeige». Ich habe jedoch auch akzeptiert, dass ich auf diesem Weg immer wieder an Grenzen stosse und diese mit Wohlwollen annehme.
Die persönliche Entwicklung – auch über dieses Thema schreibe ich im Buch – findet durch das Entdecken und Überschreiten der eigenen Komfortzone statt. Insofern ist das hier Geschriebene für mich ein gutes Beispiel für eigene Entwicklung und die oft schwierigen oder sogar schmerzhaften Erfahrungen, die damit verbunden sind.
Seien wir doch einfach ehrlich: das Leben ist oft nicht einfach, es ist herausfordernd, manchmal unangenehm oder frustrierend. Positives Denken, im Sinne des möglichst raschen Abwendens von nicht Angenehmem, ist nicht kompatibel mit dem Faktor Menschlichkeit. Positiv wirkt jedoch, wenn man sich auf das konsequente Leben von Menschlichkeit einlässt. Das macht das Leben erst richtig lebenswert. Da spielt es auch keine Rolle, in welcher Position ich mich in einer Unternehmung oder in der Gesellschaft befinde.
Das vorliegende Buch ist kein Theoriebuch und keines, das sich als wissenschaftlich versteht. Es ist vielmehr eine praktische Reflexion aus einer Kombination von verankertem theoretischem Denken, von Beispielen und Geschichten, die mich besonders beeindruckt haben und von unzähligen reflektierten Erfahrungen als Führungsperson und vor allem als Lehrer, Coach und Berater von Führenden.
Es ist eine persönliche Betrachtung, basierend auf all meinen Erfahrungen als Führungsberater, als Mensch und Familienvater. Eine Anregung aufgrund meiner tief verankerten Überzeugungen im Hinblick auf Unternehmungen und Organisationen, die allen Betroffenen durchaus sowohl Erfüllung wie auch Erfolg ermöglichen.
Ich war und bleibe ein Idealist, was eine Zukunft voller gelebter Menschlichkeit angeht. Die konkrete Arbeit mit Führungspersonen und Organisationen einerseits, die bestehenden und ermutigenden Beispiele von heutigen Unternehmen, welche diese praktizieren und damit «gewinnen», lassen mich konsequent in diese Richtung meinen besten Beitrag an die Welt von heute und morgen suchen und hoffentlich immer wieder finden.
Viele werden mir mindestens teilweise zustimmen zu dem, was ich im Buch schreibe, einige werden die Absicht haben oder verstärken, danach zu leben und doch…. nur wenige werden genau das schaffen. Weshalb? Weil Menschlichkeit nicht auf dieselbe Weise umgesetzt werden kann wie viele andere als Ansätze oder Methoden propagierte Konzepte.
Die Umsetzung von menschlicher Führung in Unternehmen bedingt ein ernsthaftes Commitment aller Beteiligten, in diese Qualität zu investieren, sich kontinuierlich und sehr regelmässig damit zu konfrontieren und alle damit verbundenen Herausforderungen anzunehmen. Dazu gehören auch Rückschläge, schmerzhafte Erfahrungen.
Sich dennoch darauf einzulassen, verdient grossen Respekt. Diejenigen, die sich entscheiden den Weg der Menschlichkeit zu gehen, werden es in keinem Moment ihres Lebens bereuen, davon bin ich selber äusserst überzeugt.
Ich wünsche den LeserInnen Inspiration und so viele Einsichten wie möglich.
2. Führung von Menschen in Organisationen im Wandel der Zeit
«Die größte Schwierigkeit der Welt besteht nicht darin, Leute zu bewegen, neue Ideen anzunehmen, sondern alte zu vergessen»
John Maynard Keynes, Englischer Ökonom
Welches ist heute oder morgen, in Zukunft, der richtige, der beste Führungsansatz, welches Modell der Führung ist den anderen überlegen und gibt es ein solches überhaupt? Ist Agile Führung die Lösung oder sollten sich alle ernsthaft überlegen selbstorganisierte Führung einzuführen. Kann anderseits hierarchisch aufgebaute Führung überleben in Zeiten der erhöhten Komplexität und Vorhersagbarkeit? Wenn ja, was ist zu beachten? Wie können wir unseren Führungsstil so anpassen, dass die jüngeren Mitarbeitenden bei uns bleiben?
Ich bin als Führungsexperte in vielen Situationen bei Kunden und bei teilnehmenden Führungspersonen mit solchen Fragen des sich verändernden Führungsverständnisses in Firmen konfrontiert. Manchmal werde ich jedoch auch gefragt, was sich denn trotz allem Wandel nicht ändert, was bleibt.
Die Diskussion um alternative Führungs- und Organisationsmodelle ist im Gang und es vergeht kaum ein Tag, an welchem nicht jemand darüber schreibt. In einem Artikel in der Zeit Online (17. Juli, 2019) stellt der Titel die Frage: «kommt bald die Firma ohne Chef?».
Es wird unter anderem argumentiert, dass die jüngeren Mitarbeitenden andere Vorstellungen ihrer Arbeit, ihrer Form und Zeit, haben, sowie ein hohes Bedürfnis nach Autonomie.
Das ganze läuft oft unter dem Begriff «New Work». Home Office – in diesem Jahr gezwungenermassen massiv gefördert durch die Pandemiekrise – sei nur der Anfang. Radikale bereits existierende Beispiele, auch von Experimenten ohne Chef, werden erwähnt. Ein Artikel der NZZ online (10.6.2020) trägt den Titel: «Unbossed: Wenn Chefs ihre Mitarbeiter machen lassen.».
Viele Unternehmen wollen eine neue Führungskultur etablieren. Was gelingt und weshalb, was scheitert und was sind die Gründe dafür?
Insgesamt dominiert in der Literatur immer noch die Rolle der designierten Führungsperson und es wird beschrieben, wie sich deren Rolle eben verändert oder an neue Anforderungen anpassen muss: Vom Manager zum Leader, zum Coach und Inspirator.
Aber gehen wir ein paar Schritte zurück und fragen zuerst ganz grundsätzlich:
Weshalb braucht es überhaupt Führung in Unternehmen und Organisationen?
Früh in meinem zweiten Studium der Organisations- und Sozialpsychologie hatte ich vor einigen Jahrzehnten gelernt, dass Führung eine notwendige Steuerungsfunktion in jedem sozialen System sei. Ob ein Team, eine Abteilung, ein Bereich oder eine ganze Unternehmung, ohne Steuerung kann ein soziales System nicht zielgerichtet agieren und bestehen.
Diese Annahme verwende ich heute in meinen Begegnungen mit Führungspersonen genauso wie früher, vielleicht sogar noch mehr.
Denn, diese Führung eines Systems, respektive der Menschen in einem System, ist objektiv gesehen notwendig, möglich und sinnvoll, unabhängig davon, wer in welcher Rolle die Steuerungsfunktion übernimmt.
Insofern ist diese etwas abstrakt tönende Grundlage höchst relevant für die Diskussion neuer, zukünftiger Führungsmodelle. Die Notwendigkeit der Steuerung bleibt also bestehen, egal welchen Ansatz man in einem Unternehmen wählt, sei es weiterhin in hierarchischer Struktur, sei es in agilen Strukturen oder sogar im selbstorganisierten Führungsansatz.
Auf die verschiedenen heute diskutierten Führungsansätze gehe ich in diesem Buch nicht im Detail ein. Es gibt viele andere Bücher, welche das tun.
Was ich hier sagen will, ist, dass die wichtigsten Aufgaben der Führung als Funktion der Steuerung, welche Menschen in Organisationen betreffen, dieselben bleiben. Das ist auch so, wenn die Art und Weise der Umsetzung sehr unterschiedlich sein kann.
Ich habe damals auch gelernt, dass es zwei zentrale Aspekte der Steuerung eines sozialen Systems gibt. Nämlich, die Richtung einerseits, sowie die Energie in diese Richtung anderseits. In der folgenden Abbildung sind diese beiden Dimensionen dargestellt.
Abbildung 1
Ich erarbeite regelmässig mit Teilnehmenden in Seminaren oder Führungsworkshops die wichtigsten zur Verfügung stehenden Elemente, die Richtung schaffen und geben können.
Es beginnt mit dem Unternehmenszweck. Obschon dieser das stabilste Richtungselement darstellt, wird er zu oft nicht pro-aktiv bestätigt und gemeinsam verankert. Dann sind es die Vision, die Strategie, Werte, Prinzipien, Rahmenbedingungen, Ziele, Aufgaben und mehr. Wenn ein soziales System – dazu gehören Unternehmungen und Organisationen – einen Kernauftrag erfüllen und langfristig überleben will, braucht es zwingend Richtung, sonst sind Handlungen des Unternehmensalltags beliebig und enden im Nichts oder im Chaos.
Anderseits braucht es Energie, welche in die gemeinsame Richtung fliesst, sonst ergibt sich im extremen Fall Stillstand. Die Kunst der Steuerung liegt darin, dass die Energie im Unternehmen in Form von Engagement der Mitarbeitenden, von selbst motiviertem Handeln und Entscheiden sowie dem Einsatz aller anderen Ressourcen an der angestrebten Richtung «ausgerichtet» wird.
Ich sage Führungspersonen oft, dass wenn sie nicht in ihrem Führungsalltag aufzeigen können, wie sie zu diesen beiden Funktionen der Richtung oder der Mobilisierung von Energie und zu deren Ausrichtung beitragen, dass sie sich dann ernsthaft fragen müssen, welchen Mehrwert sie generieren. Das tönt relativ hart, ist für mich aber höchst relevant.
Dass die Qualität von Menschlichkeit bei der Bewältigung dieser Kernaufgaben der Steuerung (Führung) in jedem Fall einen zentralen Einfluss hat auf das Gelingen, werde ich später darlegen.
Ich möchte nun zuerst jedoch kurz darauf schauen, was sich in unserer Welt der wirtschaftlichen Unternehmen wie auch in anderen Organisationen, wo Menschen arbeiten, verändert, wandelt und deshalb zur Diskussion und Anwendung neuer Führungsmodelle führt.
2.1. Alles wird anders - Was verändert sich?
Überall wird über die Digitalisierung gesprochen und geschrieben, das ist auch nachvollziehbar, da sie in unserer Zeit omnipräsent ist. Obschon viele Spezialisten durchaus zugeben, dass die Digitalisierung schon seit vielen Jahren im Gange ist, kann unschwer erkannt werden, dass wir noch viele Potenziale nicht genutzt haben. Wenn wir das allerdings tun, ist ebenso klar, dass die Auswirkungen auf Unternehmungen und die darin tätigen Menschen in vielen Fällen substanziell, wenn nicht sogar dramatisch sein können.
Und dennoch, neben der Digitalisierung gibt es noch einige andere Entwicklungen, welche berücksichtigt werden müssen und welche teilweise starken Einfluss auf Wandel haben.
Es seien nur ein paar erwähnt.
Etwa die Entwicklung der Kommunikationskanäle und -möglichkeiten, unabhängig vom Standort einer Person. Oder, der Wertewandel in der Gesellschaft, repräsentiert durch die neueren Generationen. Was jedoch heute leider immer noch unterschätzt wird, sind grosse Herausforderungen unserer Welt und Weltgesellschaft, welche teilweise trotz vielen Anstrengungen noch nicht in der Breite mit nachhaltigen Lösungen umgesetzt werden.
Die aktuelle weltweite Situation führt uns deutlich vor Augen, wie fragil unsere Welt ist und wie rasch das ganze Gefüge, das ganze vernetzte System und damit auch die Wirtschaft in grösste Schwierigkeiten geraten kann. Aber auch das Thema des Klimawandels bleibt akut, da eigentlich nur weitflächige Regenerierung der Ökosysteme eine echte Chance für die Zukunft hat. Gerade beim Klimawandel ist zu beobachten, dass dieser weiterhin nicht genug ganzheitlich angegangen wird und oft mit Ansätzen, welche gut gemeint sind, aber unbemerkt auf der Basis derselben Prinzipien und Paradigmen gründen, die uns in die heutige Situation gebracht haben. Ebenso gehören zu diesen Herausforderungen die soziale Ungleichheit oder Kriege, welche das Flüchtlingsthema akzentuieren.
Diese übergeordneten Themen werden möglicherweise die Wirtschaft und damit die in ihr wirkenden Unternehmungen weit mehr zu Anpassungsleistungen zwingen als die im Moment fast etwas überstrapazierte Digitalisierung. Das zeigt die aktuelle, durch die Pandemie ausgelöste, Krise deutlich.
Die Auswirkungen aller genannten Aspekte im Kontext von wirtschaftlichem Tun sind nicht absehbar und es ist klar, dass die Komplexität stetig zunimmt. Zusammenhänge können nicht mehr erkannt werden, gleichzeitig sinkt die Voraussagbarkeit von Entwicklungen, was sich auf die wahrgenommene In-Stabilität auswirkt.
Organisationsformen und Führungsansätze, welche diesen Entwicklungen nicht Rechnung tragen, scheinen zum Scheitern verurteilt. Deshalb gibt es seit einer Weile verschiedene alternative Modelle und Konzepte, welche von vielen Firmen mit Interesse betrachtet und von einigen bereits umgesetzt werden.
Ob es sich nun um Agile Führung oder Holokratische Strukturen handelt, alle versuchen sie, die Anpassungsfähigkeit und -schnelligkeit eines Unternehmens zu erhöhen und gleichzeitig einige Bedürfnisse jüngerer Generationen wie Autonomie und flexible Arbeitsstrukturen zu berücksichtigen. Organisationen sind ein Spiegel der Gesellschaft und entwickeln sich dementsprechend über die Zeit.
Eine vertiefte Analyse über die Evolution unterschiedlicher Organisationsformen zeigt die
mittlerweile immer bekanntere und durchaus bahnbrechende Arbeit im Buch von Frederic Laloux mit dem Titel «Reinventing Organisations» (2015). Seine Darstellung der wichtigsten Evolutionsschritte von Organisationen seien hier kurz dargestellt.
Abbildung 2 (nach Laloux)
Aber, weshalb ändern sich denn die Organisationsformen? Steckt eine Notwendigkeit dahinter oder ist die Entwicklung neuer Formen ganz einfach dem kreativen Geist des Menschen geschuldet?
Laloux argumentiert, dass jede Organisationsform in der dargestellten Evolution jeweils an bestimmte Grenzen stösst im Umgang mit neuartigen Herausforderungen. Daraus entsteht dann die nächst folgende Organisationsform, welche neue Qualitäten in die Organisation von Menschen bringt.
Gleichzeitig sind in jeder höher entwickelten Form alle tieferen enthalten, das heisst mit integriert. Dieser Aspekt wird in der Benutzung des Evolutionsansatzes oft zu wenig berücksichtigt. Wenn ich mit Führungskräften und Organisationen über diese verschiedenen Entwicklungsformen spreche und sie frage, wo sie sich und ihr Unternehmen denn einordnen würden, ergeben sich zwei interessante Trends. Einerseits haben die meisten Mühe sich auf eine einzige Entwicklungsstufe festzulegen. Das ist nachvollziehbar, da die meisten Unternehmen in ihrer Entwicklung Qualitäten mehrerer Stufen vereinen. Anderseits geben die meisten an, sich irgendwo zwischen Leistungs- und Werteorientierung zu bewegen. Wenn ich nachfrage, zeigt sich jedoch oft, dass die Werteorientierung noch nicht eine konsequente Umsetzung der definierten Werte mit einschliesst. Interessant ist jedoch, dass nach wie vor die wenigsten ein radikales Experiment in Selbstorganisation wagen. Am ehesten noch wird eine Form Agiler Führung eingeführt und erprobt. Die meisten Unternehmen hingegen, egal welcher Grösse, haben auch neben agilen Ansätzen noch eine Form von Hierarchie, auch wenn diese steiler oder flacher sein kann. Es muss also auch die Frage gestellt werden, ob und wo Hierarchie wirklich zum Problem wird und welche Rolle Hierarchien in Zukunft spielen können.
Das Entscheidende ist aus meiner Sicht, dass die jeweilige Bewegung hin zu einem nächsten Entwicklungsschritt im Modell von Laloux mit der Veränderung der Grundannahme über das Funktionieren eines Systems einhergeht. Das heisst etwa von der Metapher einer Maschine, bei welcher Input und Output vermeintlich geplant und vielleicht sogar kontrolliert werden können, hin zur Metapher des Organismus. Diesen kann man kaum kontrollieren, man muss sich eher fragen, was er braucht, um optimal gesund und lebensfähig zu sein und zu bleiben. Zum Beispiel ergibt sich daraus die Frage, wie ein Organismus genährt wird, um nachhaltig gut zu funktionieren. Das führt zur Frage, wie die Menschen als Teil dieses Organismus genährt werden. Vielleicht durch menschliche Führung?
Wie notwendig und zwingend heute jeweils eine Entwicklung einer Unternehmung in neue Organisationsformen ist, hängt in jedem Fall vom Kontext, von der Situation ab.
Obschon Laloux keine expliziten Wertungen zu den beschriebenen Organisationsformen vornimmt, ist es für viele fast naheliegend, dass die werteorientierte Unternehmung oder die evolutionäre Organisation als besonders wertvoll betrachtet werden. Sie setzen tatsächlich den Menschen mit seinen Bedürfnissen deutlich stärker ins Zentrum als etwa der leistungsorientierte oder sogar der konventionelle Ansatz. Das heisst allerdings noch nicht, dass in diesen moderneren Ansätzen wirklich konsequent und automatisch auf allen Ebenen menschlich agiert wird.
Genauso wie die Steuerung eines sozialen Systems unabhängig des Führungsansatzes Gültigkeit hat, werde ich argumentieren, dass unabhängig der gewählten Organisationsansätze der Faktor Menschlichkeit vorteilhaft eingesetzt werden kann. Vorteil oder Gewinn heisst hier allerdings nicht unbedingt oder nicht ausschliesslich ökonomischer Gewinn. Das ist eine Frage der Definition, auch von Erfolg. Gewinn heisst hier auch immaterieller «Reichtum» wie Freude, Erfüllung und tiefe Zufriedenheit. Allerdings möchte ich an dieser Stelle noch zwei Aspekte anführen, bevor es in erster Linie um den Menschen und das Leben von menschlicher Führung geht.
Erstens, die Voraussetzung, um menschliche Führung im Sinne des Unternehmenszwecks und des nachhaltigen Überlebens in einer Organisation anzuwenden, ist ein gutes, sinnvolles Businessmodell mit einer vernünftigen Strategie. Ohne diese geht ein Unternehmen ungeachtet der praktizierten Menschlichkeit wahrscheinlich unter. Wenn ich nichts Wertvolles anzubieten habe, das von anderen Menschen oder Unternehmen auch so wahrgenommen wird, kann ich keine Existenz aufbauen und erhalten.
Das gilt in ähnlicher Weise auch für Nicht Profit orientierte Organisationen oder für Bildungsinstitutionen. Jede Organisation muss letztlich etwas anzubieten haben, damit sie für ihre Aufgaben die entsprechenden Ressourcen erhält oder einsetzen kann.
Zweitens gibt es aus meiner Sicht verschiedene Parameter auf der Unternehmensebene, welche unabhängig des Ansatzes jeweils berücksichtigt und situativ balanciert werden müssen. Jede Organisation braucht eine gewisse Stabilität – zum Beispiel über deren Werte und Konsistenz des Auftretens, bis zur Marke – anderseits braucht sie eben viel Flexibilität oder Agilität und notwendige Veränderung, um sich dem Umfeld anzupassen.
Jede Organisation muss das Zusammenspiel zwischen einzelnen Individuen und deren Persönlichkeiten und dem Kollektiv, der entstehenden Kultur beherrschen, um erfolgreich zu sein. Und, jede Organisation sollte im Umgang mit Rhythmen und Zyklen bewusst agieren. Die Frage ist dann, wann Beschleunigung angesagt ist und wann Entschleunigung. Solche Aspekte haben aus meiner Sicht den jeweiligen Steuerungsansätzen übergeordnete Gültigkeit.
Fragen für die Reflexion
1. Welches Bild, welche Metapher repräsentiert am ehesten Ihre aktuelle Organisationsform, das aktuelleOrganisationsverständnis? Maschine, Hirn, Organismus, Netzwerk, Hybrid?
2. Woran erkennen Sie das?
3. Welches Organisationsmodell oder welche Kombination ist bei Ihnen im Vordergrund? Wo sehen Sie notwendigen Entwicklungsbedarf?
2.2. Was bleibt – Mensch ist Mensch
Solange Unternehmen und auch nicht wirtschaftlich orientierte Organisationen nicht ausschliesslich durch Maschinen und Roboter funktionieren, werden Menschen aktiv involviert sein. Organisationen bringen mehrere Menschen zusammen, um im Verbund und in Zusammenarbeit gemeinsam einen Auftrag zu erfüllen, der für irgendeine oder mehrere Zielgruppen – wir nennen sie meistens Kunden, Anteilseigner, dazu heute die Gemeinschaft und auch die Mitarbeitenden selber – einen Mehrwert oder Nutzen stiften soll. Menschen spielen also seit es Menschen gibt eine Rolle in jeder Art von Organisation.
Wenn ich hier vom Faktor Mensch spreche, dann möchte ich ein paar aus meiner Sicht und Erfahrung grundsätzliche Aspekte unseres Menschseins in Kürze skizzieren. Diese verbinden uns als menschliche Wesen immer, ob wir das wollen oder nicht.
1. Wir werden alle gleich nackt und hilflos geboren. Es gibt keine Ausnahme dazu. Wir können nach unserer Geburt alleine nicht überleben, sind auf die Mutter oder andere uns schützende Personen angewiesen.Wenn wir erwachsen sind, beginnen wir immer mehr zu glauben, dass wir die alleinige Kontrolle über unser Leben haben (können). Wir glauben, dass wir es sind, die unseren Erfolg im Alleingang «erschaffen» und wir vergessen, wer und was alles zusammenkommen, stimmen musste, damit sich unsere Absichten erfüllten. Wir vergessen, welche Menschen uns beschützt, toleriert, unterstützt haben, welche Dinge sich «ergeben» haben, die nicht planbar waren. Wir vergessen, dass wir als soziale Wesen immer in unterschiedlicher Weise auf andere Menschen angewiesen sind. Demut ist angesagt. Das gilt auch für den nächsten Aspekt.
2. Unser irdisches Leben ist endlich und begrenzt. Wir alle werden nach mehr oder weniger gelebter Zeit sterben, wieder in dieser Form abtreten. Diese Tatsache ist absolut. Damit umzugehen ist Teil jeder menschlichen Biografie. Dazu gehört auch der Umgang mit dem Kommen und Gehen von anderen geliebten Menschen. Trauer und ultimatives Loslassen sind gefragt und für die meisten schwer genug. Herausforderungen gehören zu unserem Leben und suchen nach ihrer Bewältigung. Einschneidende schöne Erlebnisse – etwa die Geburt von Kindern oder lang anhaltende Freundschaften – gehören genauso zu unserem Leben wie unangenehme oder schmerzliche. Dazu gehören alle Art von Leidensgeschichten. Das Leiden als Folge von Schmerz ist eine Folge unseres menschlichen Daseins und Funktionierens. Dessen Betrachtung und Integration – auchfür persönliches Wachstum – gehört je nach Betrachtungsweise zu unseren Lebensaufgaben.Die Frage ist, wie man als Mensch, als Führungsperson, als Entscheidungsträger sein Leben angesichts dieser Tatsachen gelebt haben will? Was ist wirklich wesentlich?