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Jede Veränderung ist Teil eines Prozesses: vergleichbar mit der Metamorphose eines Schmetterlings. Sein Verwandlungszyklus veranschaulicht auch die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen. Wir haben die Chance, uns zu ändern, nachzudenken, uns neu zu orientieren – warum also tun wir es nicht? "Metamorphose" ist mehr als nur ein Ratgeber. Es ist dein ganz eigenes Buch voller Tipps und Übungen zur Persönlichkeitsentwicklung. Du kannst hineinschreiben, hineinkritzeln, es aufbewahren als Tagebuch deiner eigenen Verwandlung von der Raupe über die Puppe zum Schmetterling. Mit dem Kauf dieses Buches spendest du an ein Schulprojekt in Kenia. Der Erlös dient der Bildung: Davon werden Schulgelder für Schüler und Schülerinnen bezahlt, um später einen Beruf erlernen und ein würdevolles Leben führen zu können.
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Seitenzahl: 201
Veröffentlichungsjahr: 2022
»Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.«
Laotse (Laozi/Lao-Tse)
Metamorphose
Das Buch für deine Veränderung
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.dnb.de abrufbar.
Copyright © 2020
Herstellung und Verlag:tredition GmbH, Halenreie 40 – 44, 22359 Hamburg
ISBN: 978-3-347-10395-5 (Paperback)
ISBN: 978-3-347-10396-2 (Hardcover)
ISBN: 978-3-347-63910-2 (E-Book)
Coverfoto © Laura Pashkevich
Urheberrecht liegt bei:
Jessica Turner, www.jessica-turner.de
Umschlaggestaltung, Illustration:
Christoph Calmes, Rouven Masloh, Jan Ranft
Lektorat, Korrektorat:
Ingrid Bierbrauer
Christiane Geldmacher, www.textsyndikat.de
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Prolog: Der Schmetterlingseffekt
Deine Metamorphose
Hast du Angst vor Veränderungen?
Dein Wunsch nach Veränderung
Was dich in diesem Buch erwartet
Der Lebenszyklus eines Schmetterlings
Das Ei
Die Raupe Nimmersatt
Das Leben in der Puppe
Der Schmetterling
Die Einzigartigkeit der Veränderung
Part I: Das Ei – deine Startvoraussetzungen
• Lernaufgabe #1
Part II: Das Leben der Raupe – deine Kindheit
Dein Leben beginnt
• Lernaufgabe #2
Mutige Entdeckungsreisen
• Lernaufgabe #3
Eltern haften für ihre Kinder
• Lernaufgabe #4
Entwicklung deiner Persönlichkeit
• Lernaufgabe #5
Die Beziehung zu deinem Vater
• Lernaufgabe #6
Die Beziehung zu deiner Mutter
• Lernaufgabe #7
Helden deiner Kindheit
• Lernaufgabe #8
Endstation Kindheit
• Lernaufgabe #9
Part III: Die Puppe – deine Entwicklung
Deine Beziehung zu dir selbst
• Lernaufgabe #10
Deine selbsterfüllende Prophezeiung
• Lernaufgabe #11
Deine Verhaltensmuster und Glaubenssätze
• Lernaufgabe #12
Deine Beziehung zu Geld
• Lernaufgabe #13
Dein Körperbewusstsein
• Lernaufgabe #14
Die Beziehungen zu deinen Eltern
• Lernaufgabe #15
Die Beziehungen zu deinen Freunden und Partnern
• Lernaufgabe #16
Dein Beziehungscheck
• Lernaufgabe #17
Deine Berufung
• Lernaufgabe #18
Endstation Puppe
• Lernaufgabe #19
Part IV: Der Schmetterling – deine Entfaltung
Sei authentisch
• Lernaufgabe #20
Entwickle dich weiter
• Lernaufgabe #21
Hilf anderen dabei, sich weiterzuentwickeln
• Lernaufgabe #22
Danksagung
Literaturverzeichnis
Prolog: Der Schmetterlingseffekt
Ganz sicher hast du bereits entweder das Buch gelesen oder den Film geschaut: Der Schmetterlingseffekt. Den Begriff prägte Edward Lorenz in den 70er Jahren mit der Frage: Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen? Lorenz beschreibt, wie Startbedingungen – ohne exakte Vorhersage – in einem dynamischen System auf den weiteren Lauf der Dinge in der Zukunft Einfluss nehmen. Verändert sich eine Anfangsbedingung minimal, entwickelt sich langfristig das gesamte System unvorhersehbar anders.
Was hat das mit dir zu tun? Dein Leben spielt sich in einer höchst dynamischen und komplexen Welt ab. Neue Entwicklungen und Technologien gestalten dein Leben. Um mit diesen schnellen Veränderungen Schritt halten zu können, ist es wichtig, offen für Neues zu sein. Der Komplexität wirkst du entgegen, wenn du die Zusammenhänge und Einflussfaktoren verstehst. Und das in der Welt da draußen und ebenso bei dir selbst. In dieser Welt gibt es Bereiche, die du nicht verändern kannst – wie zum Beispiel die Vergangenheit. Und dann sind dort die Bereiche, auf die du mit deinen Handlungen Einfluss nehmen kannst – bewusst und unbewusst – wie zum Beispiel mit welchen Menschen du deine Zeit verbringst.
Nach dem Schmetterlingseffekt kann das für dich Folgendes bedeuten: Du veränderst eine Handlung minimal – nimmst ausnahmsweise einen anderen Weg zur Arbeit – und triffst dabei auf eine Person, die dich anlächelt. Das Lächeln alleine bewirkt bei dir, dass du einen schönen Start in den Tag hast: Du gehst mit dieser Euphorie zur Arbeit und triffst berufliche Entscheidungen, die eine positive Veränderung bringen. Deine Arbeitskollegen sehen dich anders – positiv eben – und geben dir genau das zurück. Das neue Projekt läuft plötzlich scheinbar wie von alleine.
Die Person am Morgen inspiriert dich mit einem einzigen Lächeln, einen neuen Weg zu gehen und deine Sichtweise zu ändern – und das unbewusst. Daraus wiederum entstehen Dinge, die das Leben aller Menschen in deinem Umfeld auf lange Sicht beeinflussen. Du kannst dir vorstellen, was ich damit sagen möchte: Du triffst jeden Tag viele Entscheidungen – bewusst und unbewusst. Damit löst du Tag für Tag deinen eigenen kleinen Schmetterlingseffekt aus. So kann der minimale Unterschied in einer vermeintlich bedeutungslosen Entscheidung oder Handlung gravierende Folgen haben.
Der Schmetterlingseffekt ist ein Phänomen, das du dir in diesem Buch zu Nutzen machen kannst – geht es doch darum, anhand des typischen Verwandlungszyklus des Schmetterlings die eigene Persönlichkeitsentwicklung besser vorstellbar zu machen. Und welche kleinen Veränderungen dein großes Potential entfalten.
Im weiteren Verlauf des Buches werde ich auf Experten und Wissenschaftler zurückgreifen, die du am Ende des Buches im Literaturverzeichnis findest. Mit dem Kauf dieses Buches spendest du den Erlös an mein Schulprojekt in Kenia. Davon werden Schulgelder für Kinder bezahlt, die ein Leben außerhalb des Slums haben sollen. Warum? Damit sie sich bilden, einen Beruf erlernen und sich mit dem verdienten Geld ein würdevolles Leben ermöglichen können. Es ist immer wieder ein großartiger Moment, wenn Dankbarkeit geschenkt wird – besonders von Kindern.
Deine
Metamorphose
Hast du Angst vor Veränderungen?
Der Schmetterling verwandelt sich radikal – er hat keine Wahl. Menschen dagegen haben die Chance auf Veränderung – wäre es nicht gut, diese zu ergreifen? Du stehst an einem bestimmten Punkt in deinem Leben und weißt nicht genau, wie es weitergehen soll? Du fragst dich, was du wirklich willst und wer du eigentlich bist?
Es geht um einschneidende Lebenskrisen – wie damals in der Pubertät. Oder die Erstwahl eines Berufes, eine Trennung oder Scheidung, der Verlust einer geliebten Person, ein Arbeitsplatzwechsel oder eine unvorhersehbare Situation. Zum Beispiel die Corona-Krise, die die Welt 2020 auf den Kopf stellt.
Meiner Meinung nach stellt Corona einen Belastungstest für die meisten Menschen dar. Warum? Weil tiefe Einschnitte in Freiheitsrechte stattfinden und eigene Verhaltensmuster durchbrochen werden. Und das in so ziemlich allen Lebensbereichen: Das Arbeitsleben verändert sich, die Menschen gehen in Kurzarbeit, müssen ihre Läden schließen, verlassen ihre Wohnungen nicht mehr; der gesamte Alltag wird durcheinander gebracht, Aktivitäten, die normalerweise der Ablenkung dienen, fallen weg. Entscheidungen werden dir abgenommen und die Kontrolle darüber, wie das tägliche Leben zu gestalten ist, vielfach entzogen – von heute auf morgen.
Erinnerst du dich noch an den Beginn der Pandemie? Scheinbar niemand konnte sagen, wo das Virus herkommt und welche Konsequenzen dieses für die Menschheit sowie jeden Einzelnen hat. Viele verschiedene Nachrichten kursierten im Netz: Entstammt es nun dem Wildtiermarkt in Wuhan, wo zum Beispiel Fledermäuse auf engstem Raum gehalten werden, aus einem chinesisches Hochsicherheitslabor oder hat es doch einen völlig anderen Ursprung? Nicht einmal die Weltgesundheitsorganisation (WHO) war nach vier Monaten dazu in der Lage, eine konkrete Antwort zu geben.
Was verspürst du bei all diesen Nachrichten? Ist es die Angst vor dem Ungewissen und dem Verlust von Kontrolle? Lähmt sie dich und nimmt dir die Kraft zu einer positiven Veränderung?
Wenn es so ist, ist das okay. Angst ist menschlich. Und apropos »Corona und Fledermäuse«: Denke dabei doch einmal an Batman und die Angst vor Fledermäusen. Christopher Nolan erzählt in seinen Batman-Filmen die Geschichte eines Mannes, der versucht sein Kindheitstrauma zu überwinden. Als er sich von dieser Angst befreite und vergangene Erlebnisse verarbeitete, konnte er zu sich selbst finden und dann mit seinen Superkräften auch anderen helfen. Selbst deine Helden und Heldinnen haben Angst, die sie jedoch mit ihrem Mut überwinden. So erreichen sie Großartiges. Und das kannst du auch.
Es liegt an dir selbst, die Chance wahrzunehmen und dich deinen Ängsten zu stellen, um dich weiterzuentwickeln. Ich verspreche es dir: Wenn du den Mut zur Veränderung aufbringst, kannst du etwas Positives aus allen Krisen ziehen. So kommst du gestärkt aus ihnen heraus. Wie hört sich das an?
»Mut ist Widerstand gegen die Angst, Sieg über die Angst, aber nicht Abwesenheit von Angst.«
Mark Twain
Dein Wunsch nach Veränderung
Um ein Schmetterling zu werden, durchläuft die Raupe den Prozess der Metamorphose. Es gibt wohl kaum einen Menschen, der Schmetterlinge nicht mag. Sie faszinieren Menschen, weil sie in der Natur eines der beeindruckendsten Beispiele für Transformation und Neubeginn sind. Für mich persönlich sind sie frei und schön – ihre Schönheit verbinde ich mit ihren wundervollen Farben. Es scheint, dass sie von allen für ihr unbeschwertes Leben bestaunt und beneidet werden. Was verbindest du mit Schmetterlingen?
Mit Leichtigkeit von Blume zu Blume fliegen und quasi wie von alleine an den besten Nektar gelangen! Diesen saugen Schmetterlinge durch ihre Rüssel und leisten damit einen wertvollen Beitrag zur Bestäubung von Pflanzen. So sehen Schmetterlinge nicht nur schön aus – sie sind auch wichtig für das Ökosystems.
Es gibt eine schlechte und eine gute Nachricht. Die schlechte zuerst: Leider sind Schmetterlinge vom Aussterben bedroht. Die gute Nachricht: Viele Forscher versuchen, die Schmetterlinge zu schützen und sie zu retten.
Und jetzt kommst du: Du kannst bei dir selbst dafür sorgen, dass du ein selbstbestimmter und glücklicher Mensch bist, dich zum Schmetterling entwickeln – und dich so mit deiner eigenen Metamorphose retten.
Als Kind dachte ich bereits: Ich möchte ein Schmetterling sein! Ich möchte frei und unabhängig sein – dort hinfliegen, wo es mir gefällt. Als Kind fällt dieser Gedanke nicht schwer – das Leben und die eigene Weiterentwicklung war leicht. Beim Erwachsenwerden dagegen lernen Menschen sich anzupassen, auf »Nummer sicher« zu gehen und Veränderungen zu vermeiden.
Doch du hast als Erwachsener weiterhin die Chance, dich zu verändern und Altes in Neues umzuwandeln. Das kannst du in deiner eigenen Metamorphose bewerkstelligen – nicht im körperlichen, sondern geistigen und seelischen Sinne. Und weißt du was? Du kannst dies nicht nur einmal wie die Schmetterlinge, sondern sogar mehrmals in deinem Leben.
Du bist unzufrieden mit einer Situation, in die du geraten bist und weißt nicht, wie du dort wieder herauskommst. Das schafft den Wunsch nach positiver Veränderung und Neuausrichtung.
In der Theorie hört es sich einfach an. Aber wie kann es nun sein, dass so viele Menschen praktisch trotz unzähliger Bücher über Persönlichkeitsentwicklung den entscheidenden Schritt zur Veränderung noch nicht geschafft haben?
Vielleicht ist dies ein Grund: Sich zu verändern, setzt sich verändern wollen voraus. Das körperliche Wachstum geschieht von selbst, aber das Erwachsenwerden erreichst du, indem du es selbstbewusst in die Hand nimmst. Alles kann, nichts muss. Du musst dich nicht verändern. Aber du hast damit eine großartige Chance – die du vielleicht bisher noch nicht ergriffen hast, da du in bestimmten Bereichen des Lebens noch an alten Glaubenssätzen festhängst. Und diese trägst du wahrscheinlich seit deiner Kindheit in dir.
»Die schwierigste Zeit in unserem Leben ist die beste Gelegenheit, innere Stärke zu entwickeln.«
Dalai Lama
Was dich in diesem Buch erwartet
Dieses Buch soll dir dabei helfen, über dein Leben als Kind – als Raupe – nachzudenken. Ich hoffe, es wird dich zu mehr als nur zu Selbstreflexion anregen. Es ist Zeit, dein Inneres zu durchforschen und in dir selbst deine eigene Identität zu finden. Du suchst im Außen für alle Handlungen nach Liebe und Anerkennung? Vermutlich mangelt es dir an Selbstvertrauen. Das macht aber nichts, denn Mängel lassen sich beheben. Jetzt hast du die Möglichkeit, deine eigene Beurteilungskraft zu stärken, und dir selbst als bester Richter über Gut und Schlecht zu dienen. So kannst du dir im Kokon dein Selbstbewusstsein zurückholen, dich neu ausrichten und verwandeln. Das ist ganz allein deine Verantwortung – du tust das für dich selbst.
Es geht darum, die Verantwortung für dein Leben selbst zu übernehmen und zu dem Menschen – einem Schmetterling – zu werden, der du sein willst. Du kannst und sollst die Freude und die Liebe empfinden, die dir zustehen. Es geht ebenso um radikales Loslassen von Dingen, die dir nicht guttun.
Vielleicht bist du auch bereits im »Schmetterlingsstadium« in deinem Leben und hast, was du für dein Glück brauchst. So kannst du das Buch nutzen, um dir Inspirationen zu holen, wie du deine Mitmenschen auf ihrem Lebensweg unterstützen kannst.
Die Lernaufgaben am Ende der Kapitel helfen dir bei der Umsetzung deiner persönlichen Entwicklung und Entfaltung. Nach meiner Erfahrung hat Geschriebenes so viel mehr Wirkung als etwas, was »nur« gelesen wird: Du hast es quasi »Schwarz auf Weiß«. So kannst du all deine Erkenntnisse in dein Leben integrieren, um deine Ziele zu erreichen. Es ist dein Buch – es dient einzig und allein deiner positiven Veränderung. Es ist dein eigener Prozess der Metamorphose:
Part I und II: Das Ei und die Raupe
Zunächst geht es darum, die ersten beiden Stufen der Schmetterlingsentwicklung unter die Lupe zu nehmen – das Ei und die Raupe. Du stellst dir in den Lernaufgaben #1 bis #9 die Fragen:
• Was waren die Startvoraussetzungen als Schmetterlings-Ei ins Leben?
• Wer und was prägten meine Kindheit und Jugend als Raupe?
Part III und IV: Die Puppe und der Schmetterling
Die beste Analyse bringt dir nichts, wenn du danach nichts mit deinen Erkenntnissen über dein Ich und dein Potential anfängst. Also geht es um
»Entwicklung« in der Puppe und »Entfaltung« als Schmetterling.
Im »Puppenstadium« entwickelst du dein heutiges Leben auf Grundlage deiner vergangenen Erfahrungen neu: die Beziehung zu dir selbst und zu anderen, deine Glaubenssätze und deine Berufung (Lernaufgaben #10 bis #19). So weißt du, wer du sein möchtest, und kannst dich entfalten – als Schmetterling. Damit geht es nun los – mit einer Geschichte aus meiner Schulzeit.
»Du hast deine Kindheit vergessen, aus den Tiefen deiner Seele wirbt sie um dich. Sie wird dich so lange leiden machen, bis du sie erhörst.«
Hermann Hesse
Der Lebenszyklus eines Schmetterlings
Das Ei
Schmetterlinge werden nicht als Schmetterlinge geboren. Sie haben den langen Weg der Metamorphose vor sich. Diesen Weg durfte ich hautnah in der Grundschule begleiten.
Unsere Lehrerin Frau Müller war eine ganz wundervolle Frau. Sie war stets darauf bedacht, Dinge anschaulich zu erklären, sodass die Schüler nichts davon vergessen konnten. Auch wenn ich mir noch so große Mühe gab, die Dinge saßen fest!
So wollte ich mich zur damaligen Zeit ganz sicher nicht an den Sexualkundeunterricht erinnern. Es fing an mit dem Mal-, Kritzel- und Mitmachbuch »Ich kann sein, wer ich will« für eine Erkundungsreise durch den eigenen Körper. Danach ging es weiter: die detailreiche und anschauliche Demonstration von Binden und Tampons an realistisch geformten Genitalmodellen aus Gips-Modelliermasse in der Pubertät – also bitte! Das musste doch nicht sein! Vollkommen schockiert waren alle.
In mir sträubte sich alles: »Igitt, pfui und bäh – geh raus aus meinem Kopf!« Trotzdem konnte ich das Bad zu Hause jahrelang nicht ohne den Gedanken daran betreten. Beim Anblick der Tampons meiner Mutter zuckte ich zusammen. Niemals, dachte ich mir, sowas benutze ich nicht! Ich frage mich bis heute, ob es Frau Müllers Erklärung über die anstehende Veränderung des eigenen Körpers in der Pubertät war, die mich beunruhigte. Es fühlte sich an, als hätte ich keine Wahl. Die Veränderung geschieht – ob es gewollt ist oder nicht. War das dann noch ich?!
Frau Müller ermöglichte uns Grundschülern, die Entwicklung von Schmetterlingen aus der Nähe zu verfolgen. Als sie uns zum ersten Mal davon erzählte, dass wir in den Wald gingen, Raupen sammeln und uns danach um sie kümmern würden, bis sie Schmetterlinge seien, schauten sich manche von uns ungläubig an. Nach unserer kindlichen Vorstellung waren Raupen und Schmetterlinge verschiedene Tiere.
Frau Müller zeigte uns Bücher mit Bildern und den vier Stadien der Entwicklung von Ei, Raupe, Puppe und Falter und erklärte uns: »Die Entwicklung eines Schmetterlings ist etwas ganz Besonderes. Hier in unserem Klassenzimmer werden wir die Tiere beobachten, bis sie eines Tages herumfliegen. Eine spannende Reise und Entwicklung, an die ihr euch euer ganzes Leben erinnern könnt.« Frau Müller war fest entschlossen. Doch die Verwandlung könne einige Zeit dauern und sei je nach Schmetterlingsart unterschiedlich lang. »Es ist wie bei uns Menschen. Die einen kommen früher in die Pubertät, die anderen später«, verglich Frau Müller. Nun fing sie schon wieder mit diesem Thema an!
Wenn ich heute darüber nachdenke, leuchtet es mir ein, was sie sagte. Frau Müller wollte uns damals mit der Erklärung der Pubertät zeigen, dass auch Menschen eine Verwandlung des Körpers erleben. Auch wenn im Gegensatz zu den Tieren unsere Körperhülle bleibt – wir Kinder konnten uns nicht annähernd vorstellen, erwachsen zu werden.
Noch eine weitere Verwandlung steht einem erwachsenen Menschen bevor: ein Wandel von Verhaltens-, Denkmustern und Charaktereigenschaften. Diese kann allerdings bewusst vollzogen oder zurückgehalten werden.
»Egal, um welche Schmetterlingsart es sich handelt: Die Eier werden von den allen Schmetterlingsweibchen an einer Futterpflanze abgelegt. Die Art und Weise, die Eier abzulegen, kann sich allerdings unterscheiden«, begann Frau Müller die Schmetterlingsgeschichte zu erzählen. »Bestimmte Arten geben sich bei der Eiablage ganz besonders große Mühe. Beispielsweise können der Ort und die Umwelt auf die Form der Eier abgestimmt sein. Einige Schmetterlingsarten legen ihre Eier einzeln ab, um sie besonders zu schützen. Andere bedecken ihre Eier mit einer hohen Schicht Haare, damit sie von Feinden nicht gesehen werden. Im Gegensatz dazu gibt es Schmetterlingsarten, die ihre Eier sorgfältig in regelmäßigen Reihen und Formen um Zweige und Gräser ablegen. So sind diese besser sichtbar. Andere Schmetterlingsmütter entscheiden, dass ihre Eier die besten Startbedingungen haben, wenn sie während des Fluges über Grasflächen ausgestreut werden. Diese Schmetterlingsweibchen tun dies aus einem Grund. Denn die Eier landen dann am Boden zwischen den Graswurzeln und die schlüpfenden Raupen werden dort später leben und sich ernähren können. Und jetzt kommt’s«, sagte sie. »Nach der Eiablage kümmern sich Schmetterlinge nicht mehr um das Gelege – ganz anders als eure Mütter. Doch: Alle Eier sind von außen durch eine feste Schale geschützt und ungenießbar für Feinde. Und egal, wie und wo sie abgelegt wurden – eines Tages brechen die Eier auf.«
Die Raupe Nimmersatt
»Der zweite Teil der Entwicklung eines Schmetterlings beginnt mit dem Schlupf der Raupe. Es gibt viele Arten, bei denen die Eier überwintern und die Raupen schlüpfen erst nach einem halben oder Dreivierteljahr. Bei anderen Arten bricht die Schale bereits nach ein bis zwei Wochen auf und aus dem Ei schlüpft eine Raupe.
Die Raupe hat von Beginn ihres Lebens am Kopf ein Paar Mandibeln. Mit diesem Werkzeug beißt sie während ihres gesamten Daseins an Pflanzen ihre Nahrung ab. Damit kann sie sich selbst ohne die Unterstützung eines Muttertieres selbst ernähren. ›Nom, Nom‹, frisst die Raupe sich durch die nährstoffreiche Schale, bis sie das Licht der Erde erblickt. Das heißt: Die Raupe muss nicht nach Nahrung suchen. Sie sitzt schon mitten drin im Fressen. Die Raupe frisst die Blätter und Blüten der Pflanze, auf der sie sitzt, um sich einen weiteren Pflanzensnack zu gönnen«, las Frau Müller aus dem Lepidopterologie-Buch vor – dem Buch der Schmetterlingskunde.
Erstaunlich, diese Natur. Die erste Mahlzeit der kleinen Raupe ist bereits gesund. Alle Ernährungsexperten dieser Welt sind an dieser Stelle ganz sicher stolz. Clean eating bereits nach der Geburt! Vorbildlich! Und so ist es doch auch bei Babys, die direkt die Muttermilch trinken.
Gemeinsam sollten wir Grundschüler nun in dem nahegelegenen Wald Raupen finden. So stampften dreißig aufgeregte Siebenjährige in ihrer Wir-gehen-nach-draußen-Matsch-Garderobe in der Farbe tarngrün über die Waldwege.
»Die Raupe ist ein Tier mit vielen Füßen und kommt dennoch nicht schnell voran. Das ist ihr auch gar nicht wichtig. Sie führt ein verstecktes Leben und verwendet ihre Energie für die Nahrungssuche und ihre Entwicklung zu Wachstum und Verwandlung. Vielleicht erinnerst du dich noch an das Kinderbuch Die Raupe Nimmersatt 1? Das beschreibt es wohl am besten: Sie ist auf der ständigen Suche nach der nächsten saftigen Mahlzeit. Sie ist in einer Art Fressstadium. So gut es geht, passt sie sich ihrer Umgebung an, während die Raupe sich durch ihr junges Leben futtert«, erklärte uns Frau Müller.
Wir stellten fest, dass es gar nicht so einfach war, Raupen zu finden, wenn man tatsächlich nach ihnen Ausschau hält. Eigentlich kreuzten sich die Wege von Kindern und Raupen doch ganz automatisch, oder? Eigentlich suchten wir generell nach nichts. Im Gegenteil – wir wunderten uns darüber, dass die Erwachsenen ständig auf der Suche nach irgendwas waren.
Unsere Lehrerin ermutigte uns: »Wir geben nicht auf. Wir bleiben auf der Hut. Manchmal ist es im Leben so, dass man Dinge, die bereits da sind, nicht sieht. Man muss genauer hinschauen! Und wenn man nach etwas sucht, findet man es manchmal nicht, weil man sich zu sehr auf ein Detail fokussiert. Man verliert sich in dem einen Gedanken und verliert den Blick für das große Ganze.«
Natürlich waren wir damals nicht tiefgreifend von ihren Worten berührt oder haben stundenlang darüber philosophiert, was genau sie nun bitte damit meinte. Für uns stand fest: Wir werden Raupen finden. Und wahrscheinlich war genau das unser Erfolgsrezept: Wir haben es nicht »tot«-analysiert und es einfach gemacht.
Wir gaben nicht auf, bis genügend Raupen in unseren pinken, nicht ganz zur Wald-Garderobe passenden Eimern waren. Geschafft!
Unsere Lehrerin erklärte uns auf dem Rückweg das Vorgehen für die nächsten Wochen: »Im Klassenzimmer setzen wir die Raupen in ihren vorbereiteten Raupenkasten.« Sie hatte sämtliche Bücher gelesen und zeigte uns, wie wir den Kasten raupengerecht gestalten könnten. »Wir wollen selbstverständlich nur das Beste für die Raupen. Sie brauchen einen Ort, an dem sie sich wohlfühlen. Nur so können sie sich bestmöglich entfalten«, sagte sie.
Wir alle wollten so gerne sehen, was passiert. Keiner von uns schleppte sich wie sonst im Halbschlaf zur Schule und vegetierte dort, bis die vierte Stunde vorbei war. Keinem ging es schnell genug, die Entwicklung unserer Raupen zu sehen.
Sie können ganz unterschiedlich aussehen. Unsere gesammelten Raupen des Blauen Morphofalters beispielsweise waren schlank – und ich fand sie besonders aufgrund ihrer rotbraunen Färbung und hellgrünen oder gelben Flecken sehr schön. Aber mal ganz ehrlich: Wenn du dir dieses doch etwas seltsame Farbenspiel ansiehst, kannst du dir dann vorstellen, dass daraus das tolle, leuchtende Blau des Morphofalters entstehen würde?
»Einige Raupen ändern im Allgemeinen ihr Aussehen, wenn sie wachsen. Beim Wachsen muss die Raupe sich mehrfach häuten, weil es zu eng in ihrer Haut wird. Für die Häutung pausiert die Raupe einige Tage mit dem Fressen und zieht sich zurück«, erzählte sie weiter. »Das Außenskelett der Raupe ist starr und wächst nicht mit. Im Laufe der Zeit muss der Körper der Raupe mehrfach durch ein neues, größeres Außenskelett ersetzt werden. Die Raupe hat eine gute Strategie, um sich und ihr Körpervolumen zu vergrößern: einfach aufplatzen und sich häuten. Sie bildet dabei eine neue, größere Haut, die unter der alten wächst. In dieser neuen Haut ist dann wieder Platz zum Wachsen und die Raupe kann noch größer werden. Diesen Vorgang durchläuft die Raupe dann so oft, bis sie die endgültige Größe erreicht hat.«
Ich frage mich, ob die Raupe eine Vorstellungskraft über ihre Verwandlung und ihre eigenen Fähigkeiten hat? Wahrscheinlich ist es ihr gar nicht so wichtig. Warum sollte sie sich auch ständig Sorgen darum machen, was einmal aus ihr wird? Ihr Leben als Raupe ist doch auch wundervoll und sie genießt es in vollen Zügen – zu Recht. Denn sie mampft ihre Pflanzensnacks und erkundet furchtlos die Welt, in der sie lebt. Und wenn die Zeit gekommen ist, verändert sie sich.
Das Leben in der Puppe
»Dann ist es soweit. Vollgefuttert begibt sich die Raupe auf die Suche nach einem schönen und ruhigen Plätzchen. Um sich zu verpuppen und ein Schmetterling werden zu können, benötigt sie die richtige Umgebung, Ruhe und Sicherheit. Dieser Platz ist wohl bedacht ausgewählt. Fühlt sich die Raupe wohl, befestigt sie sich mit dünnen Fäden an einem Zweig. Es gibt keine fertige Puppe, in die sie kriechen könnte. Die Puppe macht die Raupe selbst, genau wie die verschieden großen Häute vorher. Die Puppe entwickelt sich unter der letzten Raupenhaut. Diese platzt auf und die Puppe ist zu sehen.« Wir spürten Frau Müllers Aufregung.