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Die Mindethik erörtert die Bedingungen für die Bewusstseinsarbeit hinsichtlich Freiheit, Glück und Gesundheit. Eine Renaissance des Idealismus ist dabei notwendige Voraussetzung für diese Bewusstseinsarbeit, damit Heilung und Potentialentfaltung gelingt. Ein Anfangen aus Freiheit wird so möglich gegen Systemzwänge und schädliche Gewohnheiten. Es geht dabei um die Entwicklung der Selbstkompetenz, die heute mehr denn je in Gefahr ist.
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Seitenzahl: 481
Veröffentlichungsjahr: 2016
Gabriele Kühner
Eine Philosophie der Evolution desBewusstseins
© 2016 Gabriele Kühner www.philosophische-beratung.net
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-7345-5385-1
Hardcover:
978-3-7345-5386-8
e-Book:
978-3-7345-5387-5
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„Vielleicht gibt es niemanden außer uns. Es ist ein beunruhigender Gedanke: Möglicherweise sind wir die höchste Leistung im Universum des Lebendigen und gleichzeitig sein größter Albtraum.“1Bill Bryson
„It is only through possessing a mind that he {mankind] has become the dominant portion of his planet and the agent responsible for its future evolution; and it will only be by the right use of that mind that he will be able to exercise that responsibility rightly. He could all too readily be a failure in the job; he will only succeed if he faces it consciously and if he uses all his mental resources – knowledge and resaon, imagination and sensitivity, capacities for wonder and love, for comprehension and compassion, for spiritual aspiration and moral effort.“2Julian Huxley
Es ist absehbar, dass die Weltbevölkerung bald auf acht Milliarden steigt. Das könnte heißen, dass das Leben noch härter wird und der Existenzkampf virulenter. Um den wahrscheinlichen und möglichen Folgen dieser Entwicklung zu begegnen, brauchen wir Richtlinien, die das Leben wieder erträglicher und glücklicher machen und wir uns auf das besinnen müssen, was wirklich zum Gelingen des Lebens beiträgt und was nicht. Es wird mit materiellen Einschränkungen verbunden sein, aber nicht mit ideellen und geistigen. Wir haben große Chancen, auch unser Potential zu entdecken oder wiederzuentdecken. Vielleicht brechen wieder die Zeiten des Denkens an gegen die schleichende Verdummung durch irrsinnige Ablenkungen. Schon Peter Sloterdijk hat darauf hingewiesen, dass wir unser Leben ändern müssen, damit wir überleben und die Chancen besser nutzen können. Lassen wir uns also nicht im Ideellen determinieren, wenn wir uns im Materiellen auch einschränken müssen. Im Ideellen liegt immer noch ein enormes qualitatives Wachtumspotential.
Elyn Saks, Temple Grandin und Pablo Pineda Ferrer haben etwas Gemeinsames: Sie haben etwas geschafft, was man ihnen nicht zugetraut hat. Saks und Grandin sind Professorinnen, obwohl die eine an Schizophrenie (seit dem 16. Lebensjahr), die andere an Autismus (von Geburt an) leidet. Pablo Pineda Ferrer ist einer der Menschen mit Down-Syndrom, der einen Hochschulabschluss hat ( in pädagogischer Psychologie). Was sagt uns das? Es ist offensichtlich viel mehr möglich, als wir bereit sind zuzulassen, weil wir vorschnell ausgrenzen und aussondern und dies auch noch als sinnvoll erachten. Die Beispiele zeigen uns, dass wir viel weniger determiniert sind als wir glauben. Dies zeigt sich schon am Schulsystem, das auf Konkurrenz basiert und Verlierer produzieren will. Richard David Precht3 fordert zu Recht, dass wir kreative Denker brauchen und keine Untertanen, die einfach nur das machen und denken, was man ihnen vorsetzt. Auch die Hochschulreform ist ein Rückschritt, denn sie baut auf dem überalteten wilhelminischen Schulsystem (Precht) auf, erzeugt nur noch Spezialisten ohne hohe Allgemein- bei wenig Persönlichkeitsbildung. Die wird immer noch von vielen Zeitgenossen auch nicht gewollt. Also bemühen sie sich, offenbar viele Leute mit Tunnelblick zu erzeugen mit sehr beschränkten Einsichten in weltliche und politische Zusammenhänge. Der Mensch wird hier, ohne dass er das rechtzeitig merkt, Mittel zum Zweck. Dass seine Verzweckung sein Glück wird ist unwahrscheinlich. Krisen sind vorprogrammiert, weil der Mensch für seine Gesundheit die ganzheitliche Sicht der Dinge braucht, die ihn dann auch zu außergewöhnlichen Leistungen befähigt, wenn er sich selbst erkannt und seine Einzigartigkeit leben kann in einer liberalen Gesellschaft, die dies auch zu schätzen weiß. Die Geschichte der Demokratie sollte eigentlich eine der Befreiung werden. Aber wir sind längst auf dem Rückmarsch und trauen uns keine menschenfreundlichen Reformen mehr zu. Gewonnen haben die Vertreter der negativen Anthropologie, die dann eben auch zu den gewalttätigen Mitteln der schwarzen Pädagogik greifen. Der Mensch wir nicht erschaut, sondern als etwas Suspektes angesehen, dem man eben nicht trauen kann. Die Angst geht um, es könnte noch viel schlimmer kommen. Das lähmt. Förderung und Konkurrenz schließen sich aus – es sei denn, es fördert jemand unsinnigerweise die Konkurrenz. Sicher, man kann auch trotz Krankheit beruflich erfolgreich sein, aber das ist eher sehr selten, da man dafür ein sehr positives Umfeld braucht und natürlich viel Disziplin, die Kranke oft nicht haben, da sie es für aussichtslos halten. Man braucht ein Grundinventar an Fähigkeiten, die dann von anderen aufgenommen werden, so dass es zu einer Synergie kommt. Wir fragen uns aber an dieser Stelle, wie es zu einer solchen Zunahme an psychischen Erkrankungen kommen kann und was dies für diese Gesellschaft bedeutet.
Die rasante Zunahme mentaler Krankheiten deutet auf Verluste und Fehlentwicklungen einer Gesellschaft hin. Wir essen uns zu Tode, zunächst aber manövrieren wir uns mit einem rücksichtslosen Verhalten gegenseitig in die Krankheiten hinein oder werden sozial in eine Mangelsituation gebracht. Wir haben außerdem die Evolution von der Informationsgesellschaft zur Wissensgesellschaft nicht geschafft und werden sie auch unter den gegebenen Bedingungen nicht schaffen. Weit entfernt sind wir von der Entwicklung eines Weltgeistes, der unsere Rettung sein muss. Wir begnügen uns mit Informationen, anstatt Wissen zu generieren und machen uns so sogar gegenseitig fertig, was Frank Schirrmacher in Ego4zu sagen versucht. Zivilkrieg statt Glück. Statt diesen Anspruch in die Verfassung aufzunehmen, manipuliert und redet man die Lage schön. Über den Niedriglohnsektor wird Druck auf die Ausgegrenzten ausgeübt, die man von Bildung und Weiterbildung völlig ausgeschlossen hat. Das deutsche Modell ist eine schleichende Katastrophe und führt in eine Sackgasse. Es ist ein altes Modell, das ausgedient hat und immer mehr Ungerechtigkeit erzeugt. Das wäre der Zeitpunkt für Reformen, die aber weiterhin ausbleiben. Ungerechtigkeit verursacht Krankheit aus Ohnmacht den Verhältnissen gegenüber. Der Mensch erlebt sich nicht mehr als selbstwirksam und verzweifelt. Über die Medien wird der Mensch in Angst und Schrecken versetzt und über Sexualisierungen schleichend verdummt. Die meisten lassen sich dies gefallen, weil sie kein Selbstbewusstsein mehr haben oder eben ein falsches durch das Internet, das sie schon morgen ausspucken kann wie einen alten Knochen. Es sind die modernen oder postmodernen Risiken, die die Menschen aushalten müssen. Für ein sicheres berechenbares Leben reicht es nicht mehr. Diese Generation kann nicht mehr mit einem kontinuierlichen Aufbau ihres Lebens rechnen und schon gar nicht mit einer Rente, die im Alter eigentlich ein gutes Leben sichern sollte. Die Zeiten sind vorbei. Menschen werden mit so viel Unwägbarkeiten konfrontiert, dass eine Planung gar nicht mehr möglich ist. Der Mensch missversteht sich als Konsument. Der Klimawandel verursacht immer neue Katastrophen, aber wir schwören auf Mobilität, von der die moderne Gesellschaft abhängig ist. Wir machen so weiter, bis keiner mehr sicher ist vor den Folgen. Einige steigen aus in ein Kloster, der Rest macht weiter so. Nationale Kriege haben globale Folgen: Wir machen Rückschritte auf vielen Ebenen, lassen uns einschüchtern und werden zu Kulturpessimisten. Unser Bewusstsein für die Zusammenhänge wird geringer, weil immer weniger Wissen angewandt wird, nicht zur Geltung kommt in gesunden Reformen. Wissen und Realität klaffen zu weit auseinander, so dass der Einzelne seine Anstrengungen für zwecklos hält. Das ist die Depression und Ernüchterung des 21. Jahrhunderts. Es wird immer schwerer, althergebrachte Dummheiten aufzugeben und Platz zu schaffen für ein neues ganzheitliches, also viele Momente berücksichtigendes und gesundes Denken und Handeln im Einklang mit der Natur, die unsere gesunden Lebensgrundlagen sichert und unter Berücksichtigung einer Mindethik, die den Schutz unserer wahren Berufung erörtert und sichert. Angesichts der vielen indiviuellen und globalen Probleme, vor denen wir stehen, werden neue Richtlinien immer notwendiger. Es geht nicht in erster Linie darum, was die Wirtschaft braucht, sondern was der Mensch braucht, um glücklich und damit gesund zu bleiben. Die Mindethik beschreibt die Voraussetzungen für persönliche Entwicklung und Heilung.
Damit wir wieder Fortschritte machen in der Bewusstseinsentwicklung, die unser Verhalten steuert, müssen wir eine Mindethik fordern und erarbeiten, die unseren Anlagen gerecht wird. Unsere mentalen Leistungen bleiben auf der Strecke, weil wir sie von Anfang an auf Konkurrenz trimmen und die Kooperation vernachlässigen. Der Alleingang führt dann zu seltsamen Blüten, auf jeden Fall zu einem eingeschränkten Bewusstsein, das wir ja überwinden wollen. Determination ist nicht der Weg der Heilung. Wir werden sehen, dass eine Öffnung über den achtsamen Umgang miteinander und mit der Natur zu einem neuen Selbstbewusstsein führen kann, durch das wir produktiver und glücksfähiger werden. Ganz besonderen Wert werden wir auf die Künste legen, denn die entscheiden auch über unsere Lebensqualität.
Mindethik umfasst das Geistige, die Vernunft, den Verstand, die Seele, das Bewusstsein, die Gefühle, die Person und die Persönlichkeit, die einem kritischen Blick unterworfen werden unter dem Gesichtspunkt ihrer positiven Entwicklungsmöglichkeiten. Der Mind umfasst die subjektiven Vermögen, die man braucht, um Identität und Objektivität zu erzeugen. Es geht um die Noosphäre, die Teilhard de Chardin5 in DerMensch im Kosmos thematisiert. Mir scheint eine Mindethik notwendig, weil so viele Versprechungen nicht eingelöst wurden und werden. Wir haben viele kluge Denker, aber deren Gedanken verhallen im Lärm der sinnlosen Geschäftigkeit, der Verplanung von Zeit und Ausbeutung von Ressourcen. Wir sind dabei, uns selbst aus den Augen zu verlieren, beuten uns selbst aus. Als denkende Wesen gedacht, geben wir genau dieses Denken mehr und mehr auf und lassen unser Leben vom Markt und von Technik bestimmen. Das ist eine tragische Entwicklung. Es scheint, als ob Individualisierung heute leichter sei als noch im letzten Jahrhundert. Aber der Schein trügt. Wir sind nicht das, was wir sein könnten, wenn wir nicht so gierig und so triebgesteuert leben würden, wie wir es jetzt tun. Umgeben von hohlen und wertlosen Informationen, verlieren wir den Blick für das Menschenmögliche, nämlich geistig zu erfassen, wie wir gedacht sein könnten als freie Wesen Gottes.
Das teleologischen Denken ist uns abhanden gekommen. Dieses göttliche Wesen erfassen wir nur, indem wir selber denken und uns mit denkenden Menschen auseinander setzen. Dafür müssen wir eben auch viel lesen, uns bilden, damit wir verstehen, was alles möglich sein könnte. Momentan scheint sich die Zukunft zu verschließen. Wir haben viele Ideen, Visionen aufgegeben und werden mit immer mehr Ungerechtigkeit, Ungleichheit, Leiden und Armut konfrontiert. Es scheint, dass für viele diese Welt zu komplex geworden ist. Einfache Lösungen sind da nicht so angesagt. Auch unser Mind ist sehr komplex, man möchte sagen, dass er ästhetisch komplex ist, aber wir nutzen ihn nicht entsprechend. Das Schöne und Gute liegt in uns, aber wir können es nicht mehr so richtig erfassen, weil wir in vielen Bereichen das Bewusstsein verloren haben. Das scheint uns krank zu machen. Unser Mind bedarf aber des besonderen Schutzes und der besonderen Förderung, die den Stress reduziert, mit dem wir von uneinsichtigen Menschen terrorisiert werden. Wir erarbeiten uns nicht eine komplexe Persönlichkeit, um sie dann durch viele Instrumentalisierungen dekonstruieren zu lassen. Das kann sich kein Staat leisten. Aber er tut es! Auch das macht krank, weil es dem Menschen nicht gerecht wird. Wir haben den social turn nicht geschafft und werden nun mit den Folgen konfrontiert: Menschen beginnen unter ihrem Leben zu leiden oder werden so oberflächlich und dümmlich, dass es schon weh tut. Was eben schlimm ist auch für eine Volkswirtschaft: Menschen werden krank, können sich nicht mehr entfalten, geben auf.
Wenn sich die eigenen Vorstellungen und Hoffnungen nicht erfüllen, wenn man etwas nicht kann, was man aber können wollte, wenn man einsehen muss, dass die geistigen und körperlichen Kräfte nicht ausreichen, um die Ziele zu erreichen, die man sich gesteckt hat, ist das noch lange kein Scheitern. Ich würde sogar sagen, dass Leben kann gar nicht scheitern. Das sind nur Außenansichten von Wichtigtuern, die nicht selten viel dafür tun, andere an der Durchsetzung ihrer Ziele zu hindern. Wir leben mal mit mehr mal mit weniger Zuversicht und Kraft. Es herrscht in westlichen Ländern kein Krieg, auch wenn wir es mit „Kriegssplittern“6 zu tun haben, wie Herfried Münkler feststellt, wir leiden keinen Hunger, wir haben ein Dach über dem Kopf, also könnten wir anfangen, kreativer zu werden, uns das Leben zu erarbeiten, das wir für lebenswert halten. Gegen Degeneration (damit ist ganz ausdrücklich nicht Krankheit gemeint!) und Dummheit können wir uns mit Büchern weiterbilden, um so den Horizont des Bewusstseins weiter zu entwickeln. Schöpferisch zu sein heißt auch, in Beziehung zu treten mit denen, die ebenfalls eine Bürde tragen müssen und sich fragen, woher sie die Kraft nehmen sollen, die Verletzungen zu bewältigen, die Unachtsame immer wieder verursachen. Warum ist das so? Warum werden Menschen so schnell übergriffig und gewalttätig? Eine Antwort ist, weil es Ihnen an Wissen mangelt, weil geurteilt wird, ohne sich gründlich informiert zu haben, weil beschränkte Wesen mit Einschränkungen reagieren. Das möchten wir verhindern, indem wir den Blick öffnen für das Menschenmögliche, für die erstaunlichen Entwicklungs- und Heilungsmöglichkeiten, für die Neudefinition des eigenen Lebens in jedem Augenblick bei freiem Willen. Wir tun uns im Westen schwerer mit dieser Version, weil wir glauben, immer und überall, die eigene unveränderbare Identität retten zu müssen, die aus einer Reihe von Glaubenssätzen besteht. In östlichen Ländern ist das Selbst nichts Unveränderbares, sondern eine Illusion. Ich möchte einen Mittelweg vorschlagen: Das Selbst ist etwas höchst Wandelbares, wenn man es wirklich verändern will. Wir haben die Wahl. Das ist beruhigend. Ich kann mich ändern, ich kann mir ein neues Gehirn erarbeiten durch neue Gedanken und vor allem durch Produktivität, die ich hier aber von Leistungsfähigkeit abgrenzen will. Diese Flexibilität ist aber zugleich Ursache vieler Störungen und Krankheiten, wenn man nicht vorbereitet ist auf die Rücksichtlosigkeiten anderer, die leider nicht nachdenken, bevor sie handeln. Es sind Menschen, die anderen Menschen das Leben schwer machen. Und sie tun dies mit keinem Recht.
Immer mehr Menschen leiden am Leben, entwickeln schwerste Störungen, obwohl wir in scheinbar friedlichen Wohlstandszeiten leben.Wie ist das zu erklären? Freud wollte den Krieg als den Normalzustand deklarieren, als anthropologische Konstante. Ich stimme nicht mit Freud überein. Wir haben die Fähigkeit, diese Atavismen, das Archaische zu überwinden durch das, was Michael von Brück7 als „Bewusstseinsarbeit“ bezeichnet in seinem Buch Wie können wir leben? Es scheint notwendig zu sein, dass wir uns gegen diesen Sog der Degeneration wehren müssen, indem wir lernen, uns selbst gut zu durchschauen und Unbewusstes bewusst machen, damit es nicht in Affekten und anderen Gehässigkeiten durchschlägt. Das heißt nicht, dass wir im Naturzustand Feinde wären, wie es Thomas Hobbes im Leviathan und später dann Freud noch annahmen, sondern der Mensch wird zum Aggressor aufgrund von Missverständnissen und Unwissen, durch das er aus der Verbundenheit herausfällt. Es ist auch zur Genüge bewiesen worden, dass Naturvölker oft friedlicher leben als zivilisierte Menschen, die ganz gezielt und systematisch gegen andere vorgehen im degenerierten Zustand, der eben nicht der Naturzustand ist. Der Mensch ist zwar kein Buddha, aber er hat im wesentlichen begriffen, dass er ohne den anderen nicht gut leben kann und verhält sich entsprechend. Wo dieses Urwissen der Liebe fehlt, kommt es zu Aggressionen und Zerstörungen. Wir nehmen auf jeden Fall dem Unbewussten die Macht, indem wir es ans Tageslicht ziehen. Wer denkt, muss sich vor keinem Unbewussten fürchten. Es hat nur dort Macht, wo es nicht bearbeitet wird. Wie wir zu mehr Bewusstsein kommen, werden wir an späterer Stelle sehen. Das ist für jeden erreichund machbar.
Bei einer Mindethik geht es aber nicht nur um optimierte Lebensmöglichkeiten, sondern um Gesundheit und Glück, die mit einem verantwortlichen Handeln und Denken zu tun haben. Wir leben in Verantwortung uns selbst sowie auch anderen gegenüber. Wir erfassen die Chancen zunehmender Komplexität, die wir mehr und mehr begreifen, je weiter wir mit der Bewusstseinsarbeit kommen über Meditation und Reflexion, die den gesamten Organismus transformiert und heilt, wenn wir die großen Dualitäten und Schismen überwunden haben. Der holistische Blick löst den der Verwirrung und Verzweiflung ab, die sich bei fehlender teleologischer Orientierung einstellen. Die Hoffnung des Menschen darf sich nicht allein auf neue Technologien beziehen, sondern muss das Menschenmögliche antizipieren, um die Ressourcen zu begreifen, die bei einem Aufstieg des Bewusstseins erscheinen. Diese Vertikalität in der Entwicklung will das Buch erörtern, um dann in einem zweiten Schritt die Auswirkungen zu erkunden. Anhand von Krankheiten, vor allem mentalen Krankheiten, sollen die Missstände in Politik und Gesellschaft analysiert werden. Es geht auch darum, den Einzelnen mit Kompetenzen auszustatten, so dass er seine Entwicklung selbst in die Hand nimmt, sich selbst zu helfen lernt und alte und neue Abhängigkeiten aufgibt für eine gesunde, gelingende und verantwortungsvolle Autonomie des Denkens und damit des Lebens. Angesichts der heutigen Herausforderungen scheint etwas verloren gegangen zu sein: Das Bewusstsein, dass wir Freiheit und Gesundheit selbst in der Hand haben und nicht auf Wunder warten müssen, die es ja auch gibt. Ich möchte aber ein wenig hinter die Kulissen dieser Phänome wie Spontanheilungen schauen.
Jede psychische Krankheit ist heilbar, denn man war vor der seelischen oder körperlichen Verletzung ein heiler ganzer Mensch mit Fähigkeiten und Hoffnungen sowie einer neurophysiologischen Homöostase. Etwas hat uns entzweit, also setzen wir es wieder zusammen, suchen Synthesen im Denken und sichern den gedanklichen Aufstieg ab. Jeder hat ein Wissen, wie er sich diesem gesunden Zustand wieder annähert und wodurch er sich von diesem entfernt. Hier gibt es keine Patentrezepte. Aber ich will ein paar Grundverhaltensweisen erörtern, die man anwenden kann, um gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden. Mindethik ist mehr ein Projekt als eine Theorie, mehr ein Versuch als ein Konzept, die Selbstheilungskräfte wieder in Gang zu setzen gegen die Zunahme mentaler Erkrankungen unter gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten. Eine Mindethik befördert auch die Persönlichkeitsbildung und die berufliche Entwicklung. Es soll erörtert werden, unter welchen Umständen ich mich so weiterentwickeln kann, dass auch die Gemeinschaft davon profitiert. Der Buddhismus rät zum achtfachen Pfad, der das Leiden in und an dieser Welt lindert durch Überwindung der Vergänglichkeit, der Gier und des Unwwissens. Leiden determiniert den Menschen. Diese Determinierungen möchten wir durch die Erörterung einer Mindethik überwinden, um zunächst zu innerer Freiheit zu gelangen, die wir dank der Existenz einer Noosphäre haben. Wir konvergieren aufgrund unserer Persönlichkeitsentwicklung und Bewusstseinsarbeit an dem Punkt „Omega“ (S.194) wie ihn Teilhard de Chardin nennt:
„Denn für jede von ihnen gibt es infolge der Natur von Omega nur einen möglichen Punkt endgültigen Emportauchens. Er wird deutlich werden, wenn die Noosphäre mit ihrer persönlichkeitsbildenden Kraft der Synthese sowohl ihre einzelnen Elemente wie sich selbst als Ganzes zur Persönlichkeit gerundet haben wird. Er liegt da, wo die Noosphäre, in kollektivem Zusammenwirken, ihren Konvergenzpunkt erreicht - am 'Ende der Welt'“ (S. 281). Teilhard de Chardin nennt in diesem Zusammenhang nicht Gott, aber er ist es, der sich offenbart, wenn man die Anstrengung der Bewusstseinsarbeit vollzieht. Ich erkenne ihn und damit auch eine Zugehörigkeit, die mich reorganisiert, transformiert und heilt. Egoismen führen in die Isolation und Degeneration, Persönlichkeit und Individualität führen in die Verbundenheit einer ebenfalls erleuchteten Gesellschaft - raus aus den vielen Bewusstsein zerstörenden Maßnahmen wie Passivität, Lethargie, Desinteresse und allen Maßnahmen und Handlungsweisen, durch die Bewusstsein eben verhindert wird. Dazu zählt auch die Sexualität. Mit ihr kommen wir nicht an den Punkt Omega eines universellen Bewusstseins, das das ganze Leben verändert, indem es Schritt für Schritt erarbeitet wird. Es geht hier nicht um eine Wiederbelebung der Sexualfeindlichkeit, sondern um die nüchterne Betrachtung eines archaischen Konzeptes, das viele Probleme macht. Wenn wir von Askese reden, muss uns klar sein, dass wir nichts mit Gewalt erreichen. Die Askese gelingt uns nur über Einsicht und den freien Willen.
Wenn wir es schaffen, die Bewusstseinsarbeit als ein tägliches Ritual zu etablieren, machen wir kaum noch Rückschritte. Solche Rückschritte geschehen nur dann, wenn aus einer Emergenz keine Evolution geworden ist, also keine substantielle Veränderung. Offenbarungen sind deutlich spürbar, aber man muss auch wissen, wie man sie aufrecht erhält und nicht zurückfällt in den Bereich des Scheinens. Emergenz bedeutet, ich gehe einen Schritt weiter als mein Gehirn und mein bisheriges Denken. Das heißt nicht, dass ich jeden Tag neue Entdeckungen mache, sondern dass ich mich selbst überwinde. Evolution heißt, dass ich nicht mehr in den vorherigen Zustand zurück kann aufgrund meiner Erkenntnisse, ohne an Bewusstseinsverlusten zu leiden oder Schuld auf mich zu laden.
Es gehört Durchsetzungsvermögen dazu, sich gegen den Sog der Verzweiflung zu stemmen, die richtige Antwort zwar gefunden zu haben, aber nicht den passenden Ausdruck. Die Mindethik entwickelte sich im Rahmen dieser Bewusstseinsarbeit, die zu einem bewussteren, gesünderen und damit gelingenden Leben führen soll. Ein belastetes Leben ist ja der Prüfstein aller theoretischen Erwägungen das praktische Leben betreffend. Wer jetzt einen Ratgeber erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein, denn ich erkläre zwar das Prinzip der Erarbeitung einer Strategie, nicht nur einer Theorie, sondern deren Anwendung in allgemeiner Form. Davon haben wir alle eine Ahnung, nicht aber vom Leid, das auch in Wohlstandsgesellschaften unaussprechlich wird, wenn man es nicht benennen kann, d.h. nicht die Ursachen begreift, die zu leidvollen Wirkungen führen. Das Leid wird in der Literatur, in der Kunst, in der Musik thematisiert und als Scheitern betrachtet, was hier widerlegt wird. Wir möchten auch die in den Fokus rücken, die glauben, Leid verursachen zu dürfen. Das verbietet sich nicht nur aus utilitaristischen Gründen. In diesem Buch kommt der Meditation eine wichtige Rolle zu als Vorbereitung für zunehmende Erkenntnisfähigkeit und Achtsamkeit. Das Erkennen von Zusammenhängen bewirkt Entwicklung und Glück als Ursache für die Generierung von geistiger und körperlicher Gesundheit. Im Zuge dessen geschieht eine Transformation zu höheren Sphären des Bewusstseins und Freiheit. Die nachfolgende Mindethik will die Prämissen für derartige Wandlungs- und Transformationsprozesse erarbeiten. Dabei geht es um nachhaltige Glücksgefühle, die zur Glückseligkeit führen. Hier sind wir im Einklang mit anderen und mit der Natur. Wenn ein eingeschlagener Weg keine Entwicklung zulässt, ist er sicher nicht richtig. Dafür öffnen sich andere Türen. Türen der Einsicht, der Erkenntnis, der verantwortungsvollen Handlungsmöglichkeiten. Je komplexer die Denkmöglichkeiten, desto tiefgehender ist die Arbeit des Bewusstseins, das jeden Tag bereichern kann, wenn wir gelernt haben, diese Arbeit in den Alltag zu integrieren – jeder auf seine Weise in der Absicht, Offenbarung und Erkenntnis in einen Wechselprozess zu bringen. Ich bin dann nicht in diesem All verloren, sondern empfinde mein Leben als gottgewollt und damit als sinnvoll, denn es strebt nach Vollkommenheit und in die Nähe zu Gott, von wo aus ich mich moralisch und rücksichtsvoll verhalte für die eigene Gesundheit und für den Zusammenhalt einer Gesellschaft.
Wenn wir davon ausgehen, dass wir Wirklichkeiten generieren und konstruieren durch Wahrnehmung, Denken und Entscheidungen, dann ergibt sich daraus eine Ethik, eine potenziale Ethik, die zum Wohle aller und zugleich als eigenes Wohl aktualisiert wird. Wirklichkeitsgenerierung geschieht über den Geist, über das Bewusstseinsvermögen, das wir hier Mind nennen in Anlehnung an die philosophy of mind, einer Debatte, die die Geist-Materie-Problematik beinhaltet. Es handelt sich um einen Dualismus, den auch wir versuchen werden aufzulösen zugunsten des Geistes, der ja auch in der Lage ist, das Ganze zu erfassen durch seine synthetischen Leistungen. Die Materie vermag hier gar nichts. Warum nicht von Geistethik geredet wird, liegt daran, dass Mind der weitere Begriff ist und hier mit Bewusstseinsvermögen übersetzt werden soll. Mind ist eine Kombination aus Seele, Körperzuständen und Geist. Wir haben nicht nur Bewusstsein in Bezug auf den Geist und das Denken, sondern auch in Bezug auf das Empfinden, die Gefühle, die Wahrnehmungen. Wir unterscheiden also noch einmal Bewusstseinsvermögen von konkreten Verstandestätigkeiten, die man als Denken bezeichnet und identifiziert. Das Bewusstseinsvermögen ist ein Aufmerksam-Werden, das über Achtsamkeitsübungen erworben werden kann. Ich schaue, höre oder fühle genau hin, um mir eines Inhaltes bewusst zu werden. Ich ziehe das Vor- und Unbewusste in das Bewusstsein, indem ich mich sensibilisiere für die Vorgänge in anderen Menschen und Vorgängen in der Natur sowie der Erde als lebendigem Organismus, den es zu schützen gilt. Dafür sollte sich jeder sensibilisieren, denn die natürlichen Ressourcen sind hier nicht unendlich und immer mehr Menschen müssen sich die endlichen Ressourcen teilen. Um Verteilungskriege in Zukunft zu vermeiden, braucht es sehr viel Vernunft. Wir sollten nicht darauf hoffen, dass die Technik schon richten wird, was der Mensch ruiniert. Viele setzen alle Hoffnung auf das düstere Szenario einer nahen Zukunft – so auch Michael Schmidt Salomon8 in seinem Buch Hoffnung Mensch.
Die viele Rede von der Macht des Unbewussten in der Psychologie, bzw. Psychoanalayse weist meines Erachtens auf eine Faulheit hin, Sachverhalte bewusst zu machen, bevor sie weiter verarbeitet werden und zu allerlei dubiosen Schlussfolgerungen führen. Dass das Unbewusste nur schwer zugänglich sei, ist ein Glaubensinhalt, für den nicht sehr viel spricht. Wenn wir wollen, dann können wir vieles ins Bewusstsein holen und uns auch des Schattens, den C.G. Jung thematisiert, der eigenen Person bewusst werden, auch wenn der nicht ins Selbstbild passt. Abwehrmechanismen können durchschaut und aufgelöst werden. Analytische Prozesse decken sie auf und machen sie unwirksam. Diesen Begriff des Schattens sollten wir zulassen, denn dessen Leugnung ist für viele Krankheiten verantwortlich. Der Schatten ist oft ein Abgespaltenes, das wir nicht wahrhaben wollen, aber ins Auge fassen müssen, dass wir nämlich negative Emotionen haben wie Abneigung, Neid, Eifersucht, Gier etc. und teilweise eben auch zu Aggressionen neigen, wenn die eigene Lage nicht tief genug durchleuchtet wird. Negative Emotionen bedeuten Unglück und verursachen eine negative Geisteshaltung, verändern also das Denken und das Gehirn negativ. Wir können aber nicht ein Postulat des positiven Denkens dagegensetzen, sondern müssen die seelischen Zusammenhänge besser verstehen, so dass wir insgesamt zu höheren Erkenntnissen kommen. Negative Gefühle können aufgelöst werden, ja sogar völlig überwunden werden, was uns Seneca schon vor über 2000 Jahren zu vermitteln versuchte. Das mag der Grund sein, warum die Sexualität als Erbsünde angesehen wurde. Sie ist für viel Negatives verantwortlich. Es geht auch nicht darum, ein kollektives Unbewusstes anzunehmen und dies nicht aufzudecken. Das ist unsere Aufgabe für mehr Wahrhaftigkeit und Authentizität sowie für den Selbstund Umweltschutz. Wir sind als nachdenkliche Menschen gedacht und nicht als funktionierende archaische Rädchen im Getriebe, das leider nicht in gute Zeiten führt.
Wir bestehen zwar nicht aus Trieb und Aggressionen, aber wir sind auch nicht die reine Buddhanatur. Die muss erst kultiviert werden. Gesundheit bedeutet also Einsicht in die eigene differenzierte und komplexe Verfassung, die nicht nur gut, aber auch nicht nur schlecht ist. Wir changieren und je weniger uns bewusst wird, desto stärker werden wir von Schattenphänomenen beeinträchtigt. Deshalb ist Bewusstseinsarbeit erste Bürgerpflicht und muss politisch und gesellschaftlich unterstützt werden. Das Glück des Menschen sollte in jeder Verfassung verankert sein, weil Glück der Motor für kulturelle und zivilisatorische Fortschritte ist. Kulturleistung darf nicht gegen die Natur ausgespielt werden. Kulturförderung ist genauso wichtig wie Umweltschutz. Wir alle müssen weitsichtiger werden, um in Zukunft friedlich bestehen zu können.
Was dürfen wir uns unter Mindethik vorstellen? Zunächst geht es um ein Postulat und nicht um etwas Realisiertes. Alles, was dem Schutz und der Entwicklung der mentalen Kräfte dient, soll hier thematisiert werden, aber auch das Verhindernde und Determinierende, das die mentalen Kräfte untergräbt. Angesichts der zunehmenden mentalen Erkrankungen muss die Frage gestellt werden, was die mentalen Kräfte angreift und zerstört und was sie befördert. Ich spreche deshalb von Mind, weil hier alle mentalen Funktionen gemeint sind über den reinen Geist hinaus, also auch Empfindungen und Gefühle. Mind ist daher ein Sammelbegriff und thematisiert ein ganzheitliches Bewusstseinskonzept im Sinne auch von ethischem Verhalten sowie Sicherstellung von Freiheit und Entwicklung durch Politik und Gesellschaft. Ein sittliches Wollen hat meines Erachtens viel mit Gesundheit zu tun, obwohl der Zusammenhang kein vordergründiger ist. Man muss also zuvor nachdenken, um pathologische Entwicklungen in Systemen und in der Gesellschaft aufzudecken, unter denen dann Menschen erkranken. Ein zweiter Schritt zeigt dann die Alternativen. Meine These lauter daher auch, dass ein Mensch kaum allein aufgrund seiner Genetik erkrankt, sondern aufgrund einer zerstörerischen und zerstörten Um- und Mitwelt. Er wird Symptomträger durch gesellschaftliche, soziale und persönliche Fehlentwicklungen. Wer daher zunächst bei sich selbst beginnt, hat gute Chancen, sich ein Biotop zu suchen, in dem er wachsen kann. Und unser Leben ist auf lebenslanges geistiges Wachstum angelegt, auch wenn sich Falten zeigen und Arthrosen auftauchen. Der Mensch verändert sich. Steter Wandel ist ein Zeichen von Gesundheit gegen die Dogmatisierung und Ideologisierung als Zeichen von Unfreiheit, Starrheit und Diskursunfähigkeit. Stagnation und Determinierungen schaden dem Menschen, nicht weil er dadurch gekränkt wäre, sondern weil Stagnation zu gedanklichen Verhärtungen führt und Unfrieden schafft. Der Mensch erlebt sich als ohnmächtig durch Festlegungen. Wir müssen also geistig und körperlich in Bewegung sein, um gesund zu bleiben. Viele Menschen leiden auch unter zu viel Spezialisierung, wodurch sie das Ganze aus dem Blickfeld verlieren und sich so selbst nicht mehr orten können. Dies kritiseirte schon Karl Marx.
Ich versuche zu erklären, warum wir uns mehr denn je vor Übergriffen und negativen Einflüssen schützen müssen. Unser höchstes Vermögen (Verstand) kann hoffnungslos verspielt werden, so dass wir geistig kollabieren und entsetzt sein sollten über die Auswirkungen von rücksichtslosem ausbeuterischem Verhalten, das den Einzelnen immer mehr aus dem Auge verliert und existentiellen Stress verursacht. Wir werden später noch sehen, warum solche Stresserzeuger verklagt werden sollten. Wir lassen uns nicht nur geistig und organisch zumüllen, wir essen auch Substanzen, deren Unschädlichkeit nicht bewiesen ist und die auch in unser Gehirn gelangen. Und im Gehirn landet vieles – auch unverdauliche Informationen, Ohnmächte, Krisen, chemische Lebensmittelzusätze, die nicht bewältigt und verdaut werden. Dafür fehlt das Bewusstsein. Der Organismus ist einfach überfordert. Wir sind in der Tat nicht unser Gehirn, aber wir können unseren Verstand verlieren, wenn der permanent verletzt wird und wir mit zu viel Widersinn konfrontiert werden. Welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind also notwendig, um den Menschen mental gesund zu erhalten? Dieser Frage soll hier auf den Grund gegangen werden, um das Glück des Einzelnen zu vermehren. Es geht hier nicht darum, konkrete Ratschläge zu geben, sondern um die Erarbeitung von Richtlinien, die ein besseres Leben ermöglichen und den Rückschritt aufhalten, der trotz der neurowissenschaftlichen Erkenntnisse eingetreten ist. Viele Reformen wurden hoffnungsvoll angedacht, realisiert wurde davon wenig. Der Mensch wird weiter unter Druck gesetzt, der Wettbewerb wird härter, die Ängste vor sozialem Abstieg virulenter: Krankheiten, auch psychische Krankheiten können jeden treffen durch Mobbing, Nichteinhaltung von Rechten, Bevormundungen in anspruchsvollen Ausbildungen, Über- und Unterforderungen, nicht vorhersehbare belastende Lebensereignisse, auf die keine Rücksicht genommen wird, Umweltkatastrophen. Und machen wir uns klar: Bis heute wurde kein Gen für Depressionen, Schizophrenie und andere psychische Erkrankungen gefunden. Es gibt vielleicht ein Gen für eine geringe Stresstoleranz, aber bewiesen ist nichts und damit dürfen wir auch nicht von genetischer Veranlagung sprechen, wenn jemand psychisch erkrankt. Jeder kann mental erkranken auch bei guter Resilienz, so dass er arbeitsunfähig wird. Wir fürchten uns davor und bekämpfen oft genug auch noch diejenigen, die es getroffen hat. Die soziale Marktwirtschaft ist eine Errungenschaft des 20.Jahrhunderts, aber es geht nicht nur um die Gewährung von Sozialleistungen, sondern darum, welchen Spielraum der Einzelne hat, um gesund und glücklich durch das Leben zu kommen. Auch im Christentum geht es um Heilung und damit um ein Erfahrungswissen, das in Gleichnissen überliefert ist. Ein Leben kann schwer belastet werden durch Schuld und Fehler anderer, aber es gibt auch für den Christen und den Buddhisten eine Befreiung und Entlastung, wenn er sich selbst gut versteht. Die Mikroerkenntnis persönlicher Zusammenhänge ermöglicht auch Makroerkenntnisse, die die Welt betreffen. Der Mensch ist ein offenes System, das unbedingt gestützt werden muss, um Krankheiten vorzubeugen oder eben wieder gesund zu werden. Neben der Feststellung zunehmender Erkrankungen gibt es immer weniger Kreativität und Phantasie für die Überwindung solcher Schädigungen, die völlig unnötig sind, aber dennoch geschehen. Mindethik versucht deutlich zu machen, dass ich mich frei und gesund denken kann, wenn ich die virulenten Mechanismen durchschaut habe. Überwinden kann ich sie mit einer Stärkung der mentalen Ebenen, die die dafür notwendigen Transformationen in Gang setzen. Wir werden sehen, wie die tägliche Übung der Bewusstwerdung uns dem Ziel einer Heilung von Körper, Seele und Geist näher bringt. Es handelt sich um eine Anstrengung, die nur von uns selbst abhängt. Wir sind hier von niemandem anderen abhängig und können so in gewisser Weise unser Gesundheit planen. Dieser Optimismus wird durch die Ausarbeitung einer Mindethik unterstützt. Wir kommen zu uns selbst und dadurch eben auch zu anderen.
Der Begriff Mind ist unmittelbar mit dem Begriff des Bewusstseins verbunden. Bewusstsein ist eine Eigenschaft zunächst des Geistes, indem er erkennt, was und dass er denkt. Ich bin meines Selbsts bewusst als denkend oder als fühlend oder als seiend. Ich kann in Beziehung treten zu mir selbst und mich von außen ansehen, beobachten und beurteilen. Mein Urteilsvermögen hängt vom Grad des Bewusstseins ab. Meine Erfahrungen unterliegen einer bewussten Kontrolle. Bewusstsein ist mehr als ein Wissen, es ist ein Wissen um das Wissen, also ein Metawissen.Wenn ich um das Wissen des Seins weiß, dann habe ich ein Bewusstsein und kann über mich und andere urteilen. Ich bin denkend, mein Sein ist demnach an Gedanken gebunden: Ich begreife mich als Individuum und unterscheide mich von Andersseiendem. Dieses Wissen um das Eigene, ist eine anthropologische Konstante und unterliegt einer Abstufung, der Entwicklung zugrunde liegt. Ich habe also nicht nur ein Bewusstsein, ich kann, darf und muss es mir erarbeiten. Es ist nicht einfach da, aber es zeigt sich in bestimmten Lebenslagen mehr oder weniger. Warum ich mir Bewusstsein erarbeiten sollte, liegt daran, dass ich um mein Selbst so viel wie möglich wissen muss, um entsprechend handeln zu können. Selbsterkenntnis ist eine Voraussetzung für Bewusstsein und zugleich die Folge von Bewusstsein. Ich erarbeite mir spiralenförmig (Einbeziehung auch der horizontalen Entwicklungen und Bewegungen) einen Weg durch die Sphären in die Vertikalität, wovon das spirituelle Bewusstsein das höchste Vermögen ist, das ich erreichen kann. Je bewusster mein Leben wird, desto größer ist die Möglichkeit, Glück zu erfahren in der Erkenntnis, was Dasein ist oder sein kann. Bewusstsein kann nicht mit Denken identifiziert werden, denn ich denke in und über die erste Person, über ein Ich hinaus in eine Metaebene. Eine logische Operation kennt kein Ich, das sich als Denkenden thematisieren würde. Bewusstsein beinhaltet eine Hierarchie im Denken als Denken, dem keine Grenze gesetzt ist. Bewusstsein ist auch nicht mit Erkenntnis gleichzusetzen, da die das Subjekt der Erkenntnis nicht automatisch miteinbezieht. Ich erfasse also im Bewusstsein dieses formale Ich und beginne den Geist als Tätigkeit zu erfassen. Ich setze das Bewusstsein über die Liebe, denn die enthält wieder Abhängigkeiten von Zufälligem. Davon gerade will das Bewusstsein absehen. Schön, wer sie erfährt, aber sie hat nicht die mentale Gestaltungsmacht wie das Bewusstsein.
Ich kann mich also nach oben denken und so zu immer neuen Erkenntnissen kommen, indem ich möglichst synthetisch denke. Das ist normalerweise Philosophie par excellence. Nun, wozu soll das gut sein? Es führt in die Freiheit und um Freiheit, Glück und Gesundheit geht es in diesem Buch, die wir über das Postulat einer Mindethik erreichen wollen durch eigene Anstrengungen und Veränderung der äußeren Umstände, damit sie dem Menschen und seinem geistigen Vermögen gerechter werden. Schon John Stuart Mill sah in der Freiheit den Grund für Glück. Wir müssen nicht auf einen Transhumanismus und auf künstliche Intelligenz ausweichen, um uns weiterzuentwickeln oder neue Eigenschaften zu generieren, wir sollten erst einmal das eigene Potenzial ausschöpfen. Wir haben das eigene Potential nicht freigelegt und scheitern an uns selbst, das höchste Vermögen zu entwickeln. Es sieht fast so aus, als wollten wir das nicht. Wir wissen, wohin Entfremdung und Bevormundung führt, aber wir tun nichts für die Überwindung von behindernden und determinierenden Hürden, die den Menschen nicht zu seinem vollen Menschsein kommen lassen. Nicht selten sind es ja auch andere Menschen, die andere determinieren, indem sie verletzen und ständig dabei sind, Verlierer zu generieren. Der wenig entwickelte Mensch hat das offenbar nötig. Er definiert sich über die Konkurrenz und nicht über die Kooperation. Die Würde, die wir im Grundgesetz so fest verankert haben, steht real ständig auf dem Spiel, ist Zielscheibe in einem Umgang miteinander, der nicht an einen dauerhaften Frieden erinnert. Für Freiheit und Glück ist kooperierender wohlwollender Frieden eine notwendige Bedingung, die Chance auf ein gelingendes Leben jenseits aller Zwänge und scheinbarer Notwendigkeiten. Wir müssen uns einen inneren Raum erarbeiten, den wir von niemanden angreifen lassen. Das ist unser Heiligtum, das wir nicht betreten und verwüsten lassen. Auch Anselm Grün9 hat immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig dieser innere Raum für unsere Gesundheit und für unsere Spiritualität ist.
Bewusstsein impliziert auch Komplexität. Es scheint Mode zu sein, alles vereinfachen zu wollen, obwohl unser Leben immer komplexer wird. Das Denken kann aber nicht einfacher werden, wenn das Leben nicht simpel ist. Auch hier müsste die Devise lauten: complex your thinking. Je komplexer das Denken, desto höher das Bewusstsein, das auch mit gewissen Gehirnregionen korrelieren kann. Warum wir hier nicht simplifizieren dürfen, liegt an der Struktur des Denkens. Wer denkt, der wird sich selbst gerechter und hat eine gute Chance auf ein gesundes Selbstbewusstsein entgegen der Bevormundungen, Entfremdungen und Verletzungen, die die Gesundheit angreifen. Die Arbeit an höheren Bewusstseinszuständen scheint vor Krankheiten zu schützen. In diesem Sinn ist das vorliegende Buch gestaltet und soll dabei helfen, die vielen Hindernisse zu erkennen und zu beseitigen. Es gilt, diese Nischen zu finden, in denen dies geschehen kann entgegen des Mainstreams, mit dem wir nicht weiterkommen, da die Vorgaben hier andere sind als die hier erarbeiteten. Wer schon krank ist, der kann sich auf das Abenteuer Mindethik einlassen. Zu verlieren hat er nichts, aber der Gewinn ist hoch, wenn er begreift, was krank macht und wie der Ausweg aussehen kann. Man kann hier keine Vorschriften machen, aber man kann Richtlinien aufzeigen, an denen eine Orientierung möglich wird für den eigenen Heilungsweg. Wir leben nicht geistgemäß trotz der technischen Errungenschaften. Wir lassen uns durch immer neue Erfindungen beherrschen, anstatt durch sie die Freiheit zu sichern. Das scheint ein Widerspruch zu werden, für dessen Auflösung es viel Geistesmacht bedarf. Die sollten wir uns nicht nehmen lassen, sondern darauf bestehen, sie weiter kultivieren zu dürfen, denn durch sie erfahren wir uns nicht nur als freie Menschen, sondern auch als glückliche im Sinne einer Glückseligkeit, die Kant schon im Hinblick auf den kategorischen Imperativ annahm. Wer tugendhaft lebt, der kann dauerhaft mit Glück rechnen. Aber diese Tugenden sind heute sehr komplex. Wir werden also glücklich, wenn wir andere nicht schädigen, sondern sie ermuntern, sie selbst zu sein. Nicht zuletzt wegen des Bewusstseins ist die Philosophie die Königin der Wissenschaften, gilt aber heute so gut wie nichts mehr. Wer Philosophie studiert, wird nicht selten als weltfremd beschimpft. Dabei beinhaltet das Denken mehr Welt und Welterfahrung als selbst die Geschichte, die konstruiert wie auch die Naturwissenschaften. Ganz nahe am Geschehen ist die Philosophie, wenn sie sich dem Denken als Denken nähert. Was in schweren Zeiten Bestand hat, das darf man auch ruhig als wertvoll betrachten und dies ist die durchaus tröstende Philosophie. Geh zum Philosophen und werde gesund im Geist, denn Gesundheit beginnt im Kopf. Dabei geht es auch immer darum, aus dem eigenen Leben ein Kunstwerk zu machen, was auch geschehen sein mag, unter was man auch leidet. Leiden zu mildern oder zu vermeiden ist deshalb ein Hauptanliegen der Mindethik, mit der auch ein Bewusstsein der Natur verbunden ist, die wir erhalten müssen, um überleben zu können.
Leiden darf nicht verherrlicht werden, denn es nimmt einem die Sicht auf die Schönheit des Lebens, die jeder erfahren sollte. Wir sind nicht dazu geschaffen zu leiden, sondern Glück zu erfahren. Niemand hat das Recht, einem anderen bewusst Leid zuzufügen. Wer anderen Menschen Schmerzen zufügt, hat sein Glück verspielt.
Alle mentale Krankheiten sind verursacht. Die Medizin geht heute davon aus, dass viele mentale Krankheiten nicht heilbar sind, d.h. Ärzte und Psychotherapeuten können psychische Krankheiten nach naturwissenschaftlichen Kenntnissen nicht heilen. Eine Verallgemeinerung scheint mir allerdings unmenschlich, denn Therapeuten dürften lediglich feststellen, dass ihr Vermögen nicht ausreicht, um psychische Erkrankungen zu heilen. Für einen Heilungserfolg braucht man hier einen sehr weiten Horizont, den man qua Psychologiestudium nicht hat und schon gar nicht qua Medizinstudium. Auch die Psychoananlyse ist schlichtweg zu begrenzt, um mentale Krankheiten heilen zu können. Jeder Arzt darf sich aber Therapeut nennen oder als Therapeut arbeiten laut Gesetz. Hintergrund ist eine Vernaturalisierung des Menschen. Einen Menschen dahingehend zu determinieren, dass er nicht heilbar sei, ist nicht mehr als eine selbst erfüllende Prophezeiung und dient der Erhaltung einer Erkrankung samt eines entsprechenden determinierenden Apparates. Die Angst vor Kunstfehlern ist hoch, so dass man lieber von vornherein die Möglichkeit negiert, einen Menschen heilen zu können. Wenn dies nicht gelingt, kann man es dem Patienten anlasten und nicht dem Therapeuten. Es ist also Selbstschutz, den die Therapeuten betreiben gegen das Anliegen von Patienten. Auch hier hat der Materialismus über den Idealismus, den Geist gesiegt. Man traut den mentalen Vorgängen nichts mehr zu, wenn diese gestört worden sind. Somit wird die Masse eindeutig als nicht heilbar diskreditiert, obwohl bekannt ist, dass selbst die Genexpression regulierbar ist. Von der Epigenetik ausgehend sind solche Festlegungen Menschenrechtsverletzungen. Gene können durch ein Trauma verändert, aber auch wieder rereguliert werden durch bestimmte Maßnahmen, die auf die Epigenetik einwirken. Wir werden also auch nicht von unseren Genen determiniert. Auch für dieses Bewusstsein will dieses Buch sensiblisieren. Psychische Erkrankungen sind erworbene und können geheilt werden, wenn man in der Lage ist, ein neues Programm zu starten, durch das man sich verändert, also die Neurogenese in Gang setzt. Es gibt auch nur genetische Wahrscheinlichkeiten, aber keine Notwendigkeiten. Bis in die Gene hinein sind wir also freie Wesen, die mit ihrer Freiheit sorgfältig und vorsichtig umgehen müssen. Ist ein Therapeut nicht davon überzeugt, dass seine Therapie heilt, gibt es auch keine Chance auf Heilung. Dieser einfache Zusammenhang zeigt schon die hohe Abhängigkeit des Patienten vom Therapeuten, vor der ich an dieser Stelle warnen möchte. Buddhisten wissen, dass Selbstheilung an erster Stelle stehen muss und nicht wieder Abhängigkeiten, die dann doch nicht von Erfolg gekrönt sind. Das ist frustrierend und chronifizierend. Sei also dein eigener Therapeut, indem du täglich ganzheitlich an dir arbeitest in Bezug auf den Körper, der Seele und den Geist. Jedes Trauma lässt sich wieder auflösen, auch wenn dies Monate und Jahre dauert, bis es ganz überwunden ist. Eine Krankheit ist kein Schicksal, sondern eine Chance zu einem tieferen Weltverständnis auch im Sinne der Tiefenökologie, die viele Wissenschaftler heute thematisieren und einfordern. Es geht um das tiefe Verständnis des Menschen und der Natur, der Erde als Organismus, als System. Ohne einen systemtheoretischen Ansatz kann eine Heilung nicht angedacht werden. Auch der Mensch ist ein komplexes System, das nicht mit primitiven Methoden geheilt werden kann wie das Schlucken von Medikamenten. Da gibt es noch viele bessere und gesündere Wege, die immer mehr aus einem naturalistischen Fehlschluss heraus in den Hintergrund gedrängt wurden. Dahinter steckt eine Reduktion von Komplexität, die niemandem mehr gerecht wird. Ich nenne diese Entwicklung tragisch, denn so wird den psychisch Erkrankten einfach nicht mehr geholfen. Unsere Lebensweise macht manche Menschen krank. Man sollte sich auch die dysfunktionalen Systeme genauer ansehen, in denen Menschen aushalten müssen oder sich eben emanzipieren durch die Bewusstseinsarbeit für ein besseres Leben. Das ist möglich, fordert aber auch Mut zur Veränderung. Selbst Begegnungen können uns nachhaltig verändern. Deshalb sollten wir achtsam sein, wer uns da so über den Weg läuft...
Aristoteles hat 20 Jahre studiert, um etwas Neues sagen zu können, nachdem er viel nachgedacht hat und Platon überwunden hatte. Man kann von Erfolg sprechen, wenn der Schüler seinen Lehrer überwunden hat. Diese Emanzipation ist ein wichtiger Reifungsschritt. Leute, die ihr Leben lang den Lehrer zitieren, sind einfach nur langweilig. Nun steht Griechenland auch wegen seiner kontemplativen Haltung dem Leben gegenüber in der Kritik. Die eruopäische Sparpolitik verlangt ein Umdenken. So wird alles gleich gemacht durch Bologna in der Ausbildung und einer Ökonomie, die dem Menschen nicht mehr dient, sondern Maßstäbe setzt, die äußerst fragwürdig sind. Es ist nicht in Ordnung, immer wieder zu betonen, dass Deutschland so gute Sozialleistungen garantiert. Menschen, die mit dem Lebensnotwendigen versorgt werden, können kein gutes Leben führen. Dafür braucht man die Freiheit von Gedanken, wie man die nächsten Tage übersteht. Der Mangel diktiert die Gedanken, den Geist, der sich so schlecht befreien kann, wenn es manchmal nicht für das Essen reicht. Daran ist nichts Gesundes zu erkennen. Vielmehr sollte es ein Recht auf freie berufliche Entfaltung geben, die einen Lebensstandard ermöglicht, der nicht aus der Gesellschaft ausgrenzt wegen Geldmangels.
Technologien haben das Leben beschleunigt und wir werden mehr und mehr diesen Technologien unterworfen, was auch die Freiheit gefährdet. Das Denken, so wie es mal die Philosophen idealerweise beabsichtigt hatten, ist hier nicht mehr vorgesehen. Wir sind dabei, es wieder und wieder abzuschaffen und laufen Gefahr kulturell zu verwahrlosen. Der Vorbildcharakter besteht nicht darin, es geschafft zu haben trotz hoher Arbeitslosigkeit, die Wochenarbeitszeit wieder auf 40 Stunden und mehr erhöht zu haben oder Menschen mit Sozialleistungen zu versorgen, sondern darin, wie viel kritisches Denken in Taten umgesetzt werden kann und wieviel sinnvolles Leben möglich ist unter den gegebenen Bedingungen. Daran erkennt man einen guten Staat, der die Bedürfnisse seiner Bürger ernst nimmt und nicht wieder zu frühkapitalistischen Maßnahmen gegen Arbeitnehmer greift, um die Unternehmerabwanderung zu verhindern. Der Staat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Staat. Die Maschinerie, die den Menschen bei Laune halten soll, damit er nicht aufbegehrt, ist enorm. Diese Art von sogenannter Wettbewerbsfähigkeit, die den Mindestlohn wieder sabotiert, kann kein Mensch wollen. Es geht um den Wohlstand aller. Dass Sozialleistungen keinen Wohlstand bedeuten, sondern ein Dauerargument gegen Lohnerhöhungen und Teilzeitarbeit sind, beweist den Unwillen zu Reformen, die ein politisches System gesunden lassen könnten. Mentale Krankheiten beruhen auch auf der permanenten und unterschwelligen Angst vor Abstieg oder nicht mehr mithalten zu können in diesem kranken Wettbewerb, der den Wohlstand von Arbeitgebern sichert, aber nicht den der Arbeitnehmer, die sie ihre endlichen Ressourcen oft für Sinnloses vergeuden müssen, um existieren zu können. An mehreren Stellen habe ich darauf hingewiesen, dass Existenzstress krank macht. Dem sind wir auf Dauer nicht gewachsen. Man muss sich nur die Notprogramme klar machen, die bei Stress im Organismus einsetzen. Vielen psychisch kranken Menschen fehlt es an Geld. Krankheit macht arm und Armut macht krank. Es ist ein Teufelskreis, der sich nur schwer durchbrechen lässt. Aber es ist möglich, sich trotz der Einschränkungen zu regenerieren und zu gesunden, wenn man den Geist beachtet und ihm durch bewusste Askese den Weg ebnet, sich zu entfalten und zu entwickeln. Bildung kann trösten und helfen, auch wenn der Mensch erkrankt ist.
Die Frage ist von Interesse, unter welchen Bedingungen der Geist die Führung übernimmt und mächtiger wird in Bezug auf Gefühle und körperliche Vorgänge. Wir sehen, dass über Yoga sogar innere Organe gesteuert werden können. Sogar die Willensbildung kann verbessert werden und damit auch das Durchsetzungsvermögen im Hinblick auf die Ziele, die man sich setzt, auch zu erreichen. Es gilt daher, zunächst zu sich selbst zu kommen, um sein Potenzial auszuschöpfen und sich an den Punkt zu arbeiten, wo Transformationen sich ereignen nach der Einsicht in die Freiheitsmöglichkeiten durch Askese, unter der ich aber keine Kasteiung verstehe, die den Körper ablehnt und verletzt. Auf Gewohnheiten zu verzichten, eröffnet den Freiraum, den ich brauche, um mich in Richtung Gesundheit zu verändern. Krankheit bedeutet vor allem auch Entfremdung von sich selbst. Diese Entfremdungen sollte man aufdecken können auch in wirklich guten Gesprächen und durch die Bewusstseinsarbeit.
Wir alle wollen Gemeinschaft und keinen Rückzug auf nationalstaatliche Grenzen, aber wir wollen auch den Erhalt der individuellen Varietät, der Vielfalt, die das Leben bereichert und nicht belastet. Eine Politik der Eintönigkeit und Eindimensionalität, wie sie vor allem von Deutschland ausgeht, ist nicht erstrebenswert. Eine Internationalisierung bedeutet nicht die Globalisierung von einzelnen nationalen Werten. Nur die Gesamtschau macht ein Gelingen möglich. Eine Verdeutschung Europas kann also keiner wollen. Auch diese Politik wirkt auf uns ein und bestimmt unser Leben. Deswegen sollten wir aufpassen, welche Werte wir verallgemeinern dürfen und welche nicht. Wir wollen in erster Linie gut und verträglich leben und uns nicht totsparen. Kulturelle Eigenheiten ausmerzen zu wollen ist kein guter Ansatz für eine gesunde heterogene Gemeinschaft, die wir dringender brauchen denn je. Und jedes Land hat unterschiedliche soziale Kompetenzen und Hintergründe, die wir bedenken und aktivieren könnten, wenn nicht immer das Geld regieren würde, was immer neue ungesunde Zwänge schafft, die kein Heilungspotential besitzen. Ein höchst gefährlicher Gedanke ist die Thematisierung unterentwickelter Länder, die nicht unseren Standard senken dürfen. Damit hätten wir auf ganzer Linie verloren. Wir sind heute mit diesen Staaten konfrontiert, wir dürfen sie allerdings nicht auf uns einwirken lassen oder als Fortschrittsbremse missbrauchen. Es lauern viele Gefahren in dieser Welt. Lassen wir aber lieber der Vernunft den Vortritt vor der Angst und der Angstmacherei.
Entfremdungen gehören nicht der Vergangenheit an. Wir leben nicht in der besten aller denkbaren Gesellschaften. Wir verlieren immer wieder den Wohlstand aller aus dem Auge. Man nennt das auch Ungerechtigkeit. Ein ungerechter Staat macht krank – besonders dort, wo er autoritär oder totalitär geführt wird. Hier verliert der Mensch den Glauben an den Schutz durch den Staat. Das Denken wird also nicht offiziell verboten, es wird einfach nur unmöglich gemacht – selbst manchmal in Universitäten. Bis man herausgefunden hat, unter welchen Bedingungen man effektiv geistig arbeitet, können Jahre vergehen. Es gibt so viele falsche Verhaltensweisen und äußere Umstände, die das Denken blockieren können und man das Höchste, zu dem wir fähig sind, aus dem Fokus verliert. In der Wiedererinnerung an das Denken, das jedem offen steht, liegt der Schlüssel zur Gesundheit mehr noch als in der Liebe, denn die empfinden wir nicht in jedem Augenblick und jedem gegenüber. Denken müssen wir ständig. Reflexion führt zum Mitgefühl mit anderen, wenn wir uns selbst verstehen. Wer wie die Wall-Street-Angestellten hedonistisch die Weltwirtschaft ruiniert, sollte auch entsprechend für die Folgen dieses maßlosen Verhaltens aufkommen und nicht diejenigen, die sich solch ausschweifendes Leben weder leisten können noch nachahmen sollten, denn wir würden allesamt degenerieren und dekadent zugrunde gehen. Die Finanzkrise hat gezeigt, wohin diese kapitalistische Grundhaltung führt und wozu sie uns alle zwingt oder zwingen will. Ohne Regulierung, ohne Selbstregulierung verspielen wir nicht nur die Zukunft unserer Kinder, sondern auch unsere eigene Freiheit, die nicht ohne Selbstbeschränkung auf Dauer gewährleistet werden kann. Ich spreche allerdings nicht von der Selbstbeschränkung auf dem Niveau von Sozialleistungen, die Menschen davon abhalten sollen, auf die Straße zu gehen und sich zu empören über einen Staat, der sich ständig selbst feiert, ohne zu bedenken, wer diese Feste in Wahrheit bezahlt. Mündigkeit war das Ziel der Aufklärung. Das gilt auch insbesondere für Menschen, die krank geworden sind. Sie sollten sich vor Bevormundung schützen und zur Selbsterkenntnis für eine Heilung kommen. Affirmative Gedanken zu entwickeln ist ein gesteuerter Prozess, der den Stress reduziert. Dieser Fortschritt gelingt, wenn wir so etwas wie eine tägliche Selbstbestätigung betreiben. Es geht in der Tat um ein wiederholtes Programm, das man sich erarbeitet und das voll auf die eigenen Einsichten abgestimmt ist. Ist ein Mensch erst einmal erkrankt, muss er bei sich selbst anfangen, virulente Kreisläufe zu durchbrechen für die Erweiterung des inneren Raumes. Die Erkenntnis der Verbundenheit ist ein erster Schritt in die Freiheit als Überwindung der Isolation, die uns erkranken lässt, weil sie an Angst gekoppelt ist, was phylogenetische Gründe haben wird. Die Ontogenese gelingt nur in Wechselwirkung mit der Phylogenese.
Die Mindethik erinnert zunächst an das, was wir selbst tun können oder müssen, um dauerhaft gesund zu bleiben und an das, was andere oder ein Staat garantieren müssen, um Systeme gesund zu erhalten. Die Autopoiesis, die Selbstorganisation in einem System, soll zu jeder Zeit gelingen, um Menschen zu entlasten, damit nicht zu viele ab einem gewissen Alter an Alzheimer erkranken und in einem Heim verelenden, weil wir die Zusammenhänge und Ursachen nicht wahrhaben wollen. Auch die sogenannte „Schizophrenie“ ist eine schwere Sinnerkrankung, die man auch entsprechend behandeln muss, was aber nicht getan wird. Es handelt sich um Menschen, die in unpassenden Systemen ausharren und aufgrund von egoistischen, rücksichtslosen Handlungen anderer erkranken. Sie können die Frage nach dem Warum nicht mehr beantworten, weil der Schmerz zu groß geworden ist. Bei zu großem Schmerz hört das vernünftige Denken auf und es werden eine Reihe von Ersatzleistungen installiert, die den totalen Sinnverlust verhindern sollen. Halluzinationen lenken von diesem Schmerz ab und verlagern ein Problem auf eine irreale Ebene, auf der man es dann zu bearbeiten versucht. Das gelingt aber eher selten, weil die Krankheit extrem diskriminiert wird und man beschuldigt wird, Medikamente nicht eingenommen zu haben. Die heilen aber nicht die Krankheit, sondern verhindern nur Symptome. In akuten Situationen mögen Medikamente eine Erleichterung sein, aber sie behindern auch den Alltag und man hat große Mühe, sich aus dieser medikamentösen Gefangenschaft täglich zu befreien. Außerdem blockieren sie die heilende Neurogenese, für die man am besten nicht in das Gehirn eingreift.
Die Schizophrenie generiert die radikalste philosophische Fragestellung, die wir uns denken können, sie denkt in Symbolen und Bildern, weil das abstrakte Denken abhanden gekommen ist. Sie ist eine Ersatzhandlung, die in ein seltsames Zwischenreich führt, in dem es keine Unterscheidung von Tod und Leben gibt. Man könnte hier beginnen, die Unsterblichkeit der Seele zu begründen. Möglicherweise kommen wir hier in Berührung mit Seelen aus einem Zwischenreich, die Botschaften übermitteln – gute und schlechte, je nachdem mit welchen Seelen man Kontakt hat. Aber das ist spekulativ. Es scheint doch so zu sein, dass dieses Schattenreich keine reine Projektion des eigenen Geistes ist, sondern externe Spiegelungen sind, mit denen man lernen muss umzugehen, damit sie nicht zur Qual werden. Vielleicht sollte man sich fragen, was solche Seelen denn mitteilen möchten und inwiefern dies mit den eigenen Interessen übereinstimmt oder kollidiert. Selbstfindung ist vor allem hier auch gegen eine ungeheuerliche Einmischung von außen angesagt. Hören und sehen wir auch hier lieber genau hin, als diese Krankheit ganz als Unsinn zu verdammen und zu bekämpfen. Wie viel Trost kann auch in dieser Erfahrung liegen, dass das Leben auf eine gewisse Weise weiter geht, dass nichts endet und wir ein Teil dieser unermesslichen Unendlichkeit werden können und so Gott näher kommen. Vielleicht hängen auch diese übersinnlichen Erfahrungen von dem Grad unseres Bewusstseins ab und wir gewinnen auch hier Erkenntnisse. Wer ein hohes Differenzierungsvermögen hat, dem gelingt auch die Freiheit von solchen Einbrüchen. Die Realität in der Beurteilung dieser Erkrankung sieht leider anders aus. Angehörige schämen sich wegen der vermeintlichen „Dummheit“ der Betroffenen. Schizophrenie ist kein Verbrechen, sondern eine sehr existentielle Erfahrung, die entsprechend analysiert und bewältigt werden kann und muss. Das ist keine leichte Unternehmung, aber mittels zunehmender Aufklärung ein durchaus erfolgversprechendes Konzept.
Es steckt in solchen Grenzerfahrungen viel Potenzial für die Erkenntnisse, die das Leben betreffen. Wir leben doch ganz anders angesichts der Überzeugung, dass die Seele unsterblich ist. Wir übernehmen mehr Verantwortung für uns und für andere. Wir entwickeln ein kollektives Gewissen und gestalten das Leben durch eine Ethik, die den Einzelnen bestärkt, ein Mitglied einer Gesellschaft zu werden, die sich ebenfalls ständig weiter entwickelt. Man könnte auch sagen, dass psychische Erkrankungen eine Zäsur in der Selbstentwicklung bedeuten. Es gelingt nicht, das Eigene zur Geltung zu bringen. Krankheiten des Gehirns weisen auf Verletzungen hin, die Gesellschaft und Politik verursachen und die vom Individuum nicht verarbeitet werden können. Ich behaupte, dass solche Verletzungen zugenommen haben und eine Mindethik hier Abhilfe leisten kann. Menschen in ihrer Entwicklungsfähigkeit zu behindern ist eine Verletzung. Ist man dann erst einmal krank, wird weiterhin verletzt, anstatt zu heilen, indem man das Eigene wieder in den Vordergrund stellt und erkennt, wie man Leben wieder sinnvoll gestalten kann. Die Hoffnung kann man sich wieder regelrecht erarbeiten, indem man Zusammenhänge erkennt und entsprechend handelt. Wer interessante Bücher liest, der hat eine gute Quelle gefunden für die Regeneration des Denkens, das so in Mitleidenschaft gezogen wird durch psychische Erkrankungen. Ist es vielleicht eine Krankheit des falschen Empfindens wie zum Beispiel einer tief sitzenden Angst, die das Denken und die Wahrnehmung stört?
Es gibt immer noch eine Reihe von Maßnahmen, die Menschen in Angst und Schrecken versetzen wie zum Beispiel Noten. Entscheiden wir uns doch besser für die Liebe und die Möglichkeit, jedem einen Platz in der Gesellschaft zu sichern, so dass er keine Existenzängste mehr haben muss. Davon sind wir weit entfernt. Aber nur wenn mein Nachbar ein zufriedenes Leben leben kann, gelingt auch meines. Ein Gegeneinander ist ein schlechter Ratgeber. Erfüllt es nicht jeden mit Glück, wenn man sieht, dass jeder sein Auskommen hat und keine Not leidet? Sind wir so unempfindlich geworden, dass wir Not in Kauf nehmen? Ich rede nicht von einer Utopie, sondern von realisierbaren Zuständen. Aber es fehlt der Wille, da Unternehmen von konkurrierenden Menschen profitieren.