Miss God - Claus Mikosch - E-Book

Miss God E-Book

Claus Mikosch

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Beschreibung

Miss God lädt ein, Glaubenssätze zu hinterfragen. Gleichzeitig inspiriert sie dazu, überhaupt an etwas zu glauben. Ein Buch über zwei Frauen, die eine jung, die andere unvorstellbar alt. Sie verbringen einen Nachmittag am Strand, blicken aufs Meer und finden neue Wege, alte Weisheiten zu interpretieren.

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Für Rocío und Charlotte

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Das Leben

Respekt

Zeit

Zuhause

Frieden

Freundschaft

Mitgefühl

Wahrheit

Liebe

Dankbarkeit

Epilog

Prolog

Olivia saß vor ihrem leeren Teller und starrte durchs Fenster. Ihr verträumter Blick folgte einer weißen Wolke, die friedlich am Himmel entlang zog. Wo sie wohl hinfliegen würde, fragte sie sich. Und ob sie sie wohl ein Stück mitnehmen könnte? Das wäre bestimmt wunderbar, für eine Weile die Welt von oben betrachten zu können. Weit weg vom Lärm und den Sorgen des Alltags und doch nah genug dran, um ausgiebig das Leben beobachten zu können. Sie glaubte, den Wind und das Rauschen des nahen Meeres zu hören, die Wellen zu sehen, die im Antlitz der Sonne tanzten und langsam an den Strand rollten. Einige Möwen tauchten vor ihren Augen auf und sie sah zu, wie die Vögel sachte durch die Luft schwebten. Für einen Moment schien alles so einfach, so perfekt und so herrlich harmonisch.

Dann plötzlich ein Kreischen. Olivia wurde aus ihrem Tagtraum gerissen. Ihre Mutter schrie, wild mit einer Gabel fuchtelnd, ihren Vater an, der mit verschränkten Armen die Beschimpfungen über sich ergehen ließ. Die Streitereien ihrer Eltern waren mittlerweile ein regelmäßiger Bestandteil des Mittagessens geworden. Für gewöhnlich ging es um fehlendes Geld oder um fehlende Zeit, oder um beides. Manchmal kamen sie sich auch wegen der Nachrichten in die Haare oder wegen des Haushalts oder sogar wegen des Wetters. Irgendwas war immer. Mal warf ihre Mutter mit wütenden Wortfetzen um sich, andere Male hielt ihr Vater anklagende, nicht enden wollende Monologe. Immer wieder gab es beleidigtes Schweigen auf beiden Seiten, lautes Schluchzen und dicke Tränen und nur selten ein gutes Ende. Olivia verstand nicht, warum sich die beiden nicht vertragen konnten. Und sie hatte auch keine Ahnung, warum sie immer dazwischen landete und sich den ganzen Mist anhören musste.

„Darf ich mit Helmut rausgehen?“, fragte sie genervt ihre Mutter, die inzwischen immerhin die Gabel wieder hingelegt hatte.

„Frag deinen Vater“, gab diese pampig zurück.

Olivia drehte sich zur anderen Seite des Tisches.

„Papa, darf ich mit Helmut raus?“

„Mach das, Schatz“, entgegnete dieser, während er sich ein weiteres Glas Wein einschenkte, um seinen Frust zu ertränken.

Olivia stand auf, brachte ihren Teller in die Küche und verließ zusammen mit Helmut, ihrem treuen Jack Russell Terrier, die kleine Ferienwohnung. Als die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, atmete sie einmal tief durch. Es war nicht leicht, die Tochter von unglücklichen Eltern zu sein.

Zehn Minuten später hatte sie den Strand erreicht und spazierte am Ufer entlang. Helmut jagte immer wieder hechelnd an ihr vorbei und spielte mit den ankommenden Wellen. Olivia trug eine blaue Kapuzenjacke, einen kurzen olivgrünen Rock und dunkelrote Leggins. Ihr braunes, zu zwei Zöpfen geflochtenes Haar wehte im Wind und unter ihren nackten Füßen spürte sie den weichen Sand. Es war ein Sonntag im September. Olivia war elf Jahre alt.

Mit ihrer Familie lebte sie in einer großen Stadt, knapp zwei Autostunden entfernt. Drei bis viermal im Jahr kamen sie an die Küste und verbrachten ein Wochenende in der netten kleinen Ortschaft, die aus fünfundachtzig Häusern und einem roten Leuchtturm bestand. Laut Olivias Vater ging es darum, den Stress für ein paar Tage daheim zu lassen, doch den Stress nahmen ihre Eltern leider immer mit. Frieden musste sich Olivia selbst suchen.

Manchmal fragte sie sich, ob es wirklich ihre Eltern waren, denn so sehr sie auch suchte, Gemeinsamkeiten fand sie nur wenige. Vielleicht war sie ja bei der Geburt verwechselt worden? Nun war sie es, die den Fehler des Krankenhauspersonals ausbaden musste. Dank ihrem Hund hatte sie aber zum Glück immer eine Ausrede, die Streitereien hinter sich zu lassen. Und konnte es einen besseren Ort als das Meer geben, um Frieden zu finden? Über die Jahre war es zu einem unersetzlichen Freund fernab von Zuhause geworden.

Die Sommersaison war schon einige Wochen vorbei und der Strand war fast menschenleer. Nur ein paar andere Hundebesitzer waren unterwegs und ab und zu kam sie an einem einsamen Angler vorbei. Olivia setzte einen Schritt vor den anderen und genoss die Ruhe der Natur, die sie umgab. Sie sammelte einige Muscheln und schaute mit Freude Helmut zu, wie er weiterhin am Ufer hin und her sauste. Dann schoss er plötzlich den Strand hoch und verschwand hinter einer kleinen Sanddüne. Sie wartete, doch auch nach einigen Minuten war er noch nicht zurückgekommen. Mehrere Male rief sie seinen Namen und pfiff laut mit ihren Fingern. Ihr Onkel hatte ihr das beigebracht. Vor einem Jahr, wenige Monate bevor er gestorben war.

„Helmut!“, versuchte sie es erneut, doch von dem kleinen Terrier fehlte jede Spur.

Olivia blieb nichts anderes übrig, als ihn zu suchen. Sie stapfte also den kleinen Hügel hinauf und oben angekommen sah sie zu ihrer Überraschung eine kleine Holzhütte, direkt hinter der Düne. Obwohl sie über die Jahre schon hunderte von Kilometern an genau diesem Strand entlang gegangen war, hatte sie die Hütte bisher noch nie bemerkt.

„Helmut!“, rief sie ein weiteres Mal und dann erspähte sie endlich seinen wedelnden Schwanz. Er saß vergnügt vor einer Holzbank auf der Veranda der Hütte und ließ sich von einer alten Frau streicheln. Olivia pfiff energisch, doch Helmut ignorierte sie.

‚Komisch‘, dachte sie, ‚sonst kommt er doch immer sofort, wenn ich in der Nähe bin.‘

Sie wollte noch einmal rufen, verstummte aber, als eine starke Böe über die Düne wehte. Der Wind erfasste ein Blatt Papier, das neben der alten Frau lag, und trug es davon. Instinktiv rannte Olivia hinter dem fliegenden Blatt her und bekam es schließlich beim dritten Versuch und nach fast vierzig Metern zu fassen. Mit langsamen Schritten ging sie zur Hütte zurück und dabei fiel ihr Blick auf das Papier, das sie in der Hand hielt. Oben auf der Seite stand etwas in altmodischer Schrift. Olivia musste kurz stehen bleiben, um es zu entziffern. Die neuen zehn Gebote. Der Rest des Blattes war leer.

Sie betrat die Veranda, grüßte die Frau und reichte ihr das Blatt.

„Danke, das ist lieb von dir, dass du es eingefangen hast.“

Olivia lächelte höflich, dann wandte sie sich mit ernster Stimme an ihren Hund.

„Helmut, was soll das? Wieso kommst du nicht, wenn ich dich rufe?“

Der kleine Terrier guckte sie mit großen Augen an, bewegte sich aber nicht vom Fleck. Erst jetzt hörte die Frau auf, ihn zu streicheln. Sie legte das Blatt wieder neben sich auf die Bank und stellte eine Tasse drauf, damit es nicht mehr wegfliegen konnte.

„Das ist aber ein ungewöhnlicher Name für einen Hund.“

Olivia zuckte mit den Schultern.

„Mein Opa hieß so.“

„Ich verstehe.“

Die alte Frau schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln. Sie hatte ein langärmeliges hellblaues Kleid mit einem Blumenmuster an und ihre weißen Locken reichten bis knapp unter die Ohren. Olivia schätze sie auf mindestens siebzig Jahre.

„Wohnst du hier?“, wollte sie wissen.

„Ja.“

„Schon lange?“

„Seit einigen Monaten.“

„Und wer wohnt sonst noch hier?“

„Niemand. Es ist ja nur eine kleine Hütte. Außerdem bin ich auch gerne allein.“

Olivia war sich nicht sicher, was sie von der Frau halten sollte. Sie wirkte nett und freundlich, aber irgendetwas an ihr war merkwürdig. Wahrscheinlich war es das Beste, zu gehen.

„Los Helmut, wir müssen weiter.“

Doch Helmut machte keinerlei Anstalten, aufzubrechen.

„Setz dich doch ruhig einen Moment“, sagte die Frau und zeigte einladend auf einen Schaukelstuhl, der neben der Bank stand. „Wenn du möchtest, mache ich dir einen Kakao. Als Dankeschön dafür, dass du mir geholfen hast.“

Olivia blickte zu Helmut, der aufgeregt mit dem Schwanz auf den Holzboden klopfte. Sie überlegte kurz. Ein Kakao wäre jetzt gar nicht schlecht. Und aus irgendeinem Grund war sie neugierig, mehr über die alte Frau zu erfahren.

„Na gut.“

Sie setzte sich auf den Stuhl und die Frau verschwand im Inneren der Hütte, um den Kakao zuzubereiten. Olivia dachte an ihre Mutter, die ihr immer wieder eintrichterte, bloß keine Einladungen von Fremden anzunehmen. Aber es war ja nur eine alte Frau, was sollte sie ihr schon tun?

Ihr Blick fiel auf das Blatt, das unter der Tasse leicht im Wind flatterte. Erneut las sie die mysteriöse Überschrift. In der Schule hatte sie noch vor Kurzem im Religionsunterricht die zehn Gebote auswendig gelernt. Bereits zum zweiten Mal, denn mit neun Jahren hatte sie für ihre Kommunion das Gleiche machen müssen. Reine Zeitverschwendung war das gewesen. So eine komische Sprache wurde da benutzt und was noch viel schlimmer war: Die meisten Menschen hielten sich sowieso nicht an die Gebote. Überall Scheidungen, Kriege und Lügen, und trotz Sabbatgebot musste sie auch sonntags Hausaufgaben machen. Ein Witz, diese Gebote! Die Kommunion hatte sie nur über sich ergehen lassen, um ihrer Großmutter eine Freude zu machen. Und wegen des schicken Fahrrads, das sie bekommen hatte.

„So, hier ist dein Kakao“, sagte die Frau, während sie mit einer knallgelben Tasse durch die Tür nach draußen kam.

„Danke!“

Die Frau setzte sich wieder auf die Bank und Helmut brachte sich sofort wieder in Streichelstellung. Olivia rührte ihre heiße Schokolade um und wippte dabei auf dem Schaukelstuhl leicht vor und zurück. Für einige Momente war es still, nur der Wind und die nahe Brandung des Meeres waren zu hören.

„Warum steht auf dem Zettel Die neuen zehn Gebote?“, fragte Olivia nach einer Weile.

Die Frau wandte den Blick von Helmut und sah Olivia traurig lächelnd an.

„Weil die Menschen die alten Gebote leider nicht richtig verstanden haben. Also versuche ich, neue zu schreiben.“

„Und wozu?“, wunderte sich die Elfjährige.

„Weil ich den Menschen helfen will.“

Olivia stutze.

„Wie, den Menschen?“

Die Frau zögerte und schaute dabei ihrer Besucherin lange und tief in die Augen. Dann stieß es mit einem Seufzer aus ihr heraus.

„Ich bin Gott.“

Olivia rutschte vor Schreck fast die Tasse aus der Hand. Sie schaffte es noch gerade eben, die Balance zu halten und ein größeres Unglück zu vermeiden.

„Was hast du gesagt?“ Sie musste irgendwas falsch verstanden haben.

„Ich bin Gott.“

„Du bist wer?“

„Gott“, wiederholte die Frau in ruhigem Ton. Als wäre es völlig normal, so etwas zu sagen.

Olivia begann zu lachen.

„Aber Gott ist doch ein Mann.“

Nun lachte die Frau ebenfalls. Wenn auch nur für einen kurzen Moment.

„Ist er das?“, fragte sie herausfordernd.

Olivia hörte auch auf zu lachen und starrte sie an.

„Du willst mir ernsthaft sagen, dass du Gott bist?“

Ein mulmiges Gefühl stieg in ihr auf. Was, wenn sie hier mit einer völlig Verrückten zusammensaß? Sie bereute schon, dass sie die Einladung für den Kakao angenommen hatte. Was jetzt?

„Es ist schon interessant“, stellte die Frau fest, während sie ihre eigene Tasse umrührte. „Man sollte doch eigentlich meinen, wenn ein Fremder dir sagt, er sei Gott, dass du dann als Erstes daran zweifelst, dass die andere Person wirklich Gott ist. Stattdessen zweifelst du eher daran, dass Gott eine Frau sein könnte.“

Olivia sah sie sprachlos an.

„Sicher, es heißt der Gott und Herr Gott“, fuhr die alte Frau fort. „Aber ich habe das doch nicht entschieden. Damals, als die Bibel geschrieben wurde und die Menschen versucht haben, mich genauer zu beschreiben, da haben die Männer alle wichtigen Entscheidungen getroffen. Natürlich haben sie in mir einen Mann gesehen, denn eine Frau konnte ja unmöglich der Herrscher der Welt sein. Und so ist es heute leider immer noch.“

Sie nahm einen großen Schluck aus ihrer Tasse.

„Letzten Endes ist es mir aber egal, ob sie mich als Mann oder Frau sehen. Denn in Wirklichkeit bin ich beides. Wie sollte es auch anders sein?“

Olivia schüttelte ungläubig den Kopf. Entweder träumte sie oder jemand versuchte, sie an der Nase herumzuführen. Es war an der Zeit, aufzuwachen. Oder zu gehen.

„Ich glaube, ich muss nach Hause.“

„Aber du hast doch deinen Kakao noch gar nicht ausgetrunken.“

„Macht nichts.“

Olivia stellte die Tasse auf den Boden und wollte sich gerade aus dem Stuhl erheben, da legte die fremde Frau vorsichtig ihre Hand auf Olivias Knie. Es war eine warme Hand, ruhig und einfühlsam.

„Hast du Angst vor mir?“

Olivia bewegte sich nicht.

„Oder denkst du, dass ich verrückt bin?“

„Ein bisschen, ja“, gab sie ehrlich zu.

„Das verstehe ich. Man trifft Gott schließlich nicht jeden Tag.“

Die Frau zwinkerte ihr zu und nahm ihre Hand zurück. Eigentlich hätte Olivia sofort aufspringen und wegrennen müssen. Doch irgendetwas hielt sie davon ab. Etwas tief in ihrem Inneren. Außerdem gefiel ihr, was die alte Dame gesagt hatte. In der Tat, warum soll Gott keine Frau sein? Irre klang diese Idee jedenfalls nicht. Und dann war da natürlich noch Helmut, der sich immer noch an das Bein der Fremden schmiegte. Niemand hatte eine bessere Menschenkenntnis als der kleine Terrier.

Olivia entschied sich, zu vertrauen.

„Also gut, ich trinke noch meinen Kakao aus. Aber wirklich glauben tue ich dir nicht.“

„Das musst du auch nicht“, sagte die Frau. Sie hielt einen Moment inne. „Was hältst du von einem kleinen Spiel?“

„Was für ein Spiel?“, entgegnete Olivia skeptisch.

„Eine Art Rollenspiel. Versuche dir vorzustellen, ich wäre tatsächlich Gott. Wenn du willst, kannst mich auch einfach Miss God nennen, dann wirkt es vielleicht nicht ganz so sonderbar. Es wäre doch eine prima Gelegenheit für dich: Du kannst persönlich mit dem berühmten Schöpfer der Welt sprechen!“

Olivia blieb skeptisch, aber da sie sich entschieden hatte, zu vertrauen, ließ sie sich auch auf das Spiel ein und nickte.

„Gut. Was würdest du Gott fragen?“

„Ich würde ...“

Sie stockte und dachte nach. Was würde sie von Gott wissen wollen? Das Bild von ihrem sterbenden Onkel kam ihr in den Sinn. Monatelang hatte er gegen den Krebs gekämpft und dabei unfassbare Qualen erlitten. Und im Fernsehen sah sie immer wieder schreckliche Bilder aus dem Krieg, Kinder in ihrem Alter, ohne Beine, ohne Eltern, ohne Hoffnung. Und die armen Leute auf der Straße, die nichts zu essen haben. Auf all das hätte sie gerne eine Antwort.

„Warum gibt es so viel Leid auf der Welt?“

Miss God saß einen Moment bewegungslos da, dann begann sie zu nicken.

„Ja, das ist eine gute Frage ...“

„Du weißt es nicht? Aber wenn du Gott bist, musst du das doch wissen. Und warum änderst du nichts?“

„Wenn es so einfach wäre“, sagte die alte Frau mit niedergeschlagener Stimme. „Ihr Menschen denkt oft, ich sei für jedes einzelne Schicksal verantwortlich und könnte euer Leben lenken, wie ich will. Beides stimmt jedoch nicht. Ich bin Mutter und Vater, das ja, aber weder Herrscher noch Strippenzieher noch sonst irgendjemand, der euch die Kontrolle über euer eigenes Leben wegnimmt.“

„Du kannst also auch niemanden bestrafen? Was ist mit der Hölle?“

Miss God musste herzhaft lachen.

„Himmel und Hölle, mit kleinen Engeln und Teufeln, eine lustige Idee war das. Leider verursacht die Vorstellung schrecklich viel Angst und ist auch überhaupt nicht wahr. Ich kann niemanden bestrafen, nein.“

„Und retten?“

Sie zögerte und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse.

„Nicht direkt. Aber ich kann Menschen, die mir zuhören, Botschaften übermitteln. Ich kann ihnen sagen, wie das Leben für alle besser und glücklicher sein könnte.“

„Du meinst Priester und so.“

„Manchmal auch Priester, ja. Aber es kann jeder sein.“

„War Moses so jemand?“

„Ja, und Jesus auch. Und Buddha und Mohammed und Krishna. Jetzt gerade bist du es.“

Olivia guckte sie verdutzt an.

„Wie meinst du das?“

Für einen Moment schauten sie sich schweigend an, selbst der Wind schien regungslos zu lauschen. Dann lächelte Miss God. Es war ein ehrliches, ein mütterliches Lächeln.

„Ich rede einfach mit dir. Das ist alles.“

Olivia wusste nicht wirklich, wie ihr geschah. Die Situation, in der sie sich befand, schien in der Tat wie ein Spiel zu sein, wie eine erfundene Geschichte. Doch gleichzeitig war alles so seltsam, dass es eigentlich wahr sein musste.

„Hast du Lust, ein bisschen weiterzuspielen? Ich könnte nämlich etwas Hilfe gebrauchen.“

„Ich soll dir helfen? Womit?“