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Eine ältere Lady, einsam und ein wenig verschroben, trifft auf ein junges, lebhaftes Mädchen. Das könnte überall auf der Welt geschehen. Auch wen es zu Beginn einige Probleme gibt, die Unterschiede könnten nicht grösser sein, kommen sie sich allmählich näher. Zwei Generationen die sich erst finden, sich auf den Anderen einlassen müssen, Dabei hilft ihnen ein kugelrunder Stein den die alte Lady gefunden hat. Doch es ist kein normaler Stein und den gibt es nur einmal.
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Seitenzahl: 105
Veröffentlichungsjahr: 2025
Eine kleine Geschichte für Gross und Klein
Fantasie ist die Gabe unsichtbare Dinge zu sehen.
Jonathan Swift
Missis Shelton-Jones
der kugelrunde Stein
Urs Herzog
© 2025 Urs Herzog
Coverdesign von: Urs herzog
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Die Personen und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Cover
Widmung
Titelblatt
Urheberrechte
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Cover
Widmung
Epigraph
Titelblatt
Urheberrechte
Kapitel 1
Kapitel 16
Cover
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- 1 -
Die Sonne warf ihre warmen Strahlen durch das Blätterdach der grossen, alten Eichen. Vögel zirpten in ihren Ästen und Eichhörnchen flitzten durchs Gehölz oder sonnten sich in ihren Wipfeln. Es grünte und blühte im Stadtpark von Hamsten, dass es eine Pracht war. Die vielen bunten Blumen auf den grünen Wiesen, die Halme der wilden Ähren, die sanft im Wind schaukelten, dazu die blauen Kornblumen und roter Mohn dazwischen. Aus jeder noch so kleinen Ritze, jeder Spalte drängte sich das Grün gegen die Sonne. Kleine, weisse Wolken zogen über den azurblauen Himmel und zwei Milane zogen ihre Kreise hoch am Firmament. So könnte der Garten Eden ausgesehen haben.
An diesem wunderschönen Sommertag, einem Montag, spazierte Missis Shelton-Jones durch Hamsten Garden, dem schönsten Park im ganzen britischen Königreich, wie sie immer wieder betonte. In ihrem blauen Rock, der blauen Frühlingsjacke mit der roten Stoffblume am Revers und der gestärkten weissen Bluse, war sie das Abbild einer älteren, englischen Lady, so wie man sie sich vorstellte und es in unzähligen Filmen gezeigt wurde.
Der Eindruck wurde noch verstärkt durch die, zu einem Knoten zusammen gebundenen, weissen Haare und dem kleinen, schwarzen Hütchen mit rotem Samtband, das keck auf ihrem Kopf thronte. Sie hielt sich auffallend gerade, so als hätte sie einen Stock verschluckt und so spazierte Missis Shelton-Jones unter einer grossen, alten Eiche durch, als ihr urplötzlich ein Stein, kugelrund und gross wie ein Kinderball, vor die Füsse rollte und vor ihren schwarzen Stiefeletten liegen blieb.
Verwundert blieb sie stehen, zog ihre gezupften Augenbrauen hoch, sie legte sehr viel Wert auf ein gepflegtes Äusseres, und leicht irritiert betrachtete sie den Stein, dann die nähere Umgebung, als suchte sie etwas oder jemanden, und dann wieder den Stein.
„Woher kommt der denn? Ein komischer Stein, so kugelrund.“ Sie betrachtete ihn weiter, unschlüssig, was sie tun sollte.
„Wie kam sie nur darauf, dass es ein Stein ist? Es könnte doch ein Kinderball sein oder auch eine Boccia-Kugel.“
Mit leichter Wehmut erinnerte sie sich an die Sommerferien in Italien, an das Spiel unter der warmen, mediterranen Sonne und den Schatten spendenden, ausladenden Akazien, mitten auf dem Dorfplatz, zusammen mit ihrem Mann und den Kindern und wie sie manche Kugel geworfen oder gerollt hatte. Und jedes Mal war es sehr lustig gewesen, auch wenn sie selten gewinnen konnte.
„Sind Boccia-Kugeln nicht kleiner?“
Sie versuchte, sich zu erinnern. Und hatte dann ein klares Bild vor Augen.
„Und die Farbe stimmt auch nicht, die Kugeln in Italien sind braun.“
Sie schaute sich um, ob jemand in der Nähe Boccia spielte. Auch wenn sie das in Hamsten Garden noch nie gesehen hatte, es hätte durchaus sein können.
Doch ausser einigen Spaziergängern, die gemächlich durch den Park flanierten und wie sie die Natur genossen und einigen Joggern, die immer diesen gequälten Gesichtsausdruck hatten, konnte sie niemanden entdecken.
Sie zog die Schulten hoch, um sie leicht resigniert wieder sinken zu lassen.
„Dann eben nicht,“ drehte sich wieder dem Stein zu, der immer noch vor ihren Füssen lag, und konzentrierte sich wieder darauf.
„Für einen Stein ist er schon ungewöhnlich rund und die Farbe ist auch sehr speziell. Blaugrün ist doch aussergewöhnlich, für einen Stein, ausser er ist aus Granit, dann könnte die Farbe passen.“
Auf einer ihren Reisen mit der Familie, es war schon viele Jahre her, hatten sie in Schottland die unbewohnte Insel Ailsa Craig besucht, von welcher der Granit für die Curlingsteine herkam.
Sie war sich nun ganz sicher, dass es ein Stein war, denn Boccia-Kugeln, das war ihr in der Zwischenzeit wieder eingefallen, Boccia-Kugeln waren braun, weil sie aus Holz gemacht wurden. Also früher war das so und sie fragte sich, ob das immer noch so sei, heute, wo alles immer auch aus anderen Materialien gefertigt wurde. So wie die Pins für das Bowling, die früher alle aus Holz gemacht wurden und heute aus Kunststoff sein konnten. So, jedenfalls, war es ihr erzählt worden.
Solche weitschweifende Gedanken machte sie sich und gelangte zu der festen Überzeugung, einen solchen Stein habe sie noch nie in ihrem bisherigen Leben gesehen, nirgends, und schon gar nicht in Hamsten Garden.
Die nähere Umgebung liess nicht erkennen, woher der Stein gekommen war, sosehr sie sich auch mühte und so konzentrierte sie sich wieder auf das wunderliche Ding vor ihren Füssen.
Unschlüssig schaute sie darauf.
„Aufheben und mitnehmen? Oder liegen lassen und weitergehen?“
„Bestimmt ist er schwer und passt nicht in meine Handtasche.“ Sie schaute auf das elegante, mattschwarze Accessoire an ihrem Arme und schätzte dessen Grösse ab. „Nein, besser, ich lasse es bleiben, das führt zu nichts. Doch einmal aus der Nähe betrachten, das kann ja nicht schaden.“ Manchmal sprach sie zu sich selbst.
Ein wenig steif, sie war schon über siebzig Jahre alt, bückte sie sich langsam und berührte vorsichtig den Stein mit der rechten Hand. Dabei wunderte sie, dass sie sich noch so tief bücken konnte.
Mit der Linken hielt sie den kleinen Hut fest, der keck auf ihrem weissen Haar sass und drohte herunter zu purzeln.
Die Handtasche baumelte derweilen am Ellbogen des linken Armes.
Sie fuhr mit der Hand über die glatte Oberfläche des Steines, der sich erstaunlicherweise nicht kalt wie ein Stein, sondern angenehm warm anfühlte, als wäre er lange an der Sonne gelegen und sie versuchte ihn mit der Rechten aufzuheben.
Mit der Linken hielt sie noch immer ihren kleinen Hut fest.
Sie war überrascht, wie leicht er war, nicht wie ein normaler Stein von dieser Grösse, eher leicht wie ein Kinderball. So wie früher die Kleinen damit gespielt hatten, als die ersten Plastikbälle auf dem Markt erschienen.
„Wie ein Ball? Ein Ball kann so leicht sein, aber ein Stein? Von dieser Grösse?“
Sie zog die Augenbrauen hoch und schaute skeptisch auf das Ding in ihrer rechten Hand.
„Also doch kein Stein?“ Sie richtete sich langsam auf, streckte sich und betrachtete das Ding von allen Seiten.
Da sie ihren kleinen Hut nun nicht mehr festhalten musste, drehte sie die Kugel in beiden Händen umher. Sie drückte kräftig auf den Ball, aber er gab nicht nach, verformte sich nicht.
„Also doch kein Ball?
Fühlt sich an, wie ein Stein und sieht auch aus wie ein Stein, wie ein Stein aus Granit“, murmelte sie vor sich hin. „Ein Stein, den jemand so kugelrund geschliffen haben musste.“
Sie drehte die Kugel weiter in den Händen herum.
Auf natürliche Weise konnte das unmöglich geschehen sein, dafür war er zu perfekt, davon war die absolut überzeugt.
„Doch warum ist er so leicht? Ist er etwa hohl?“ fragte sie sich.
Sie hielt in an das rechts Ohr und klopfte mit den Knöcheln der linken Hand dagegen, klopfte erst vorsichtig und dann fester und lauschte gespannt.
Nein, hohl tönt er nicht, das hätte sie auch gewundert. Ein perfekt kugelrunder Stein, der hohl war? Unvorstellbar, so etwas war ihr in ihrem ganzen Leben noch nie vorgekommen und das dauerte doch schon über siebzig Jahre.
„Mitnehmen oder wieder hinlegen?“ Das war nun die entscheidende Frage, die sich ihr stellte, und sie musste gut überlegt sein.
Sie entschied sich für das Erste, lies die Handtasche vom linken Ellbogen nach vorn zur linken Hand rutschen und öffnete geschickt den Verschluss.
Dann hielt sie die Handtasche an einem der Henkel fest, damit sich die Tasche öffnete und steckte den kugelrunden Stein hinein.
„Passt ja wunderbar,“ wunderte sie sich und hielt einen Moment verwundert inne.
Und Tasche zu
Dann nahm sie wieder den gewohnten Weg unter die Füsse und spazierte dem Parkausgang zu, so wie sie es immer tat. Nur diesmal mit einem erstaunlichen Fund in ihrer Handtasche.
„Ein viel zu schöner und warmer Tag, um sich weiter Gedanken um das Ding zu machen, das kann ich auch heute Abend noch tun,“ sagte sie sich.
Sie lenkte ihre Schritte aus dem ruhigen und friedlichen Park in die belebte Einkaufsstrasse, den Richtmond-Boulevard, wo sich Auto an Auto reihte und reger Verkehr herrschte.
Als sie diesem entlangspazierte, vorbei an den Schaufenstern mit den bunten Auslagen verschiedener Geschäfte, meinte sie plötzlich nicht mehr allein zu sein. Besorgt und auch verwundert drehte sie sich um, aber keiner der zahlreichen Passanten schien sie zu beachten.
Es war Mittagszeit und die Leute eilten auf dem Weg zum Lunch in eines der vielen Lokale oder auf den Bus, der soeben an der Haltestelle vor ihr anhielt.
Geduldig wartete sie, bis die Leute aus- und eingestiegen waren.
Sie hatte es nicht eilig und fand es auch spannend, die vielen verschiedenen Menschen zu beobachten, doch noch immer hatte sie das Gefühl nicht allein zu sein und wieder schaute sie sich um.
„Dann habe ich mich wohl geirrt,“ sagte sie zu sich, schüttelte den Kopf und setzte ihren Weg fort. Vor den Auslagen der Modehäuser blieb sie stehen und schaute auf das Angebot. Doch meist war die Zielgruppe halb so alt wie sie, oder noch jünger. Sie bedauerte, dass es nur noch wenige Geschäfte gab, die auch Mode für ältere Menschen im Sortiment hatten. Wenn sie sich vorstellte, sie in engen Jeans und kurzem Lederjäckchen, buntem T-Shirt und farbigen Turnschuhen. „Nein, das passt nicht zu mir,“ sagte sie zu sich, „für diese Mode bin sie schon zu alt. Ich würde ja aussehen wie ein Papagei.“
So spazierte sie weiter, wich den Lieferanten aus, die mit ihren grossen Wagen den halben Gehweg versperrten und mit Waren hastig hin und her liefen.
Sie wartete geduldig, bis sich eine Schar von Schulkindern, mit den Uniformen des Hamsten Gymnasiums, vor der Ampel eingereiht hatten und ihr Platz machten.
Urplötzlich blieb sie stehen. Warum, wusste sie selbst nicht, wunderte sich über ihr seltsames Verhalten.
Sie wollte weitergehen, als in der gleichen Sekunde ein riesengrosser Lastwagen hinter der Hausecke hervorgeschossen kam und nur wenige Zentimeter vor ihr vorbeidonnerte.
Ein Schritt weiter und es hätte nur noch für eine kleine Anzeige im Hamsten Journal gereicht, bei den Todesanzeigen.
Aber so war ihr nichts geschehen, ausser dass ihr Herz einen gewaltigen Sprung tat und nun raste wie ein Schnellzug.