Mit Axel Springer in Berlin - Gernot Uhl - E-Book
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Mit Axel Springer in Berlin E-Book

Gernot Uhl

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Beschreibung

Berlin wacht auf – und ist eingemauert. Im Schatten der Nacht hat die DDR alle Ostdeutschen eingesperrt. Der Verleger Axel Springer, der gerade unmittelbar an der Grenze das modernste Zeitungshaus Europas baut, ist außer sich: Er riskiert sein 100-Millionen-Imperium, um den gefangenen Deutschen ein goldenes Hochhaus als Leuchtturm der Freiheit zu errichten, aber die Politik schweigt. »Der Westen tut NICHTS«, ärgert sich Springer und in Riesenlettern verkündet es seine BILD-Zeitung. Mit vollem Einsatz und der ganzen Macht seiner Pressemaschinerie widersetzt sich der Verleger der deutschen Teilung, die gerade in Beton gegossen wird. Dafür wird er erst belächelt, dann gefürchtet, schließlich bekämpft … Dieses E-Book aus der »Bibliothek der Wagemutigen« nimmt Sie mit in Axel Springers Lebensgeschichte von Freiheitsdrang und Unternehmergeist: Besuchen Sie die noble Kinderstube des Verlegersohns aus Altona, begleiten Sie Springers kometenhaften Aufstieg zum Alleinherrscher eines gigantischen Presseunternehmens und schauen Sie ihm in die Karten, wenn er im Spiel um die Deutsche Einheit alles auf Berlin setzt …

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Seitenzahl: 116

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Gernot Uhl

Mit Axel Springer in Berlin

Gegen die Mauer

Die Bibliothek der Wagemutigen

Rebellische Künstler, furchtlose Freiheitskämpfer, kühne Sportler – Wagemut hat viele Gesichter. Starke Persönlichkeiten folgen nicht flüchtigen Trends, sondern inneren Überzeugungen. Leidenschaftlich, streitbar und risikobereit gehen die Helden dieser Reihe außergewöhnliche Lebenswege, auf denen nichts unmöglich ist. Erleben Sie unterhaltsam und spannend erzählte Lebensgeschichten voller Überzeugung: Wo ein Wille ist, ist auch ein Lebensweg. Die E-Books aus der Bibliothek der Wagemutigen führen Sie zu den dramatischen Schicksalsmomenten im Leben von Menschen, die Geschichte machen.

Das Erweckungserlebnis am Brandenburger Tor

Die Nacht ist kalt, aber klar. Die Sterne strahlen hell und der Mond taucht den Pariser Platz in ein sanftes Licht. Axel Springer zieht den Kragen höher. Den ganzen Tag hat er in Besprechungen und Unterredungen gesessen. Das größte Verlagshaus Europas, der Axel-Springer-Verlag, will schließlich geführt werden, auch an diesem Silvestertag 1957. In wenigen Stunden wird der Verleger mit Champagner auf ein weiteres Rekordjahr anstoßen. Springer verkörpert das westdeutsche Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg wie kaum ein anderer: So wie die Deutschen ihr zerstörtes Land erstaunlich schnell wieder aufbauen, so gelingt es Springer in wenigen Jahren, aus dem kleinen Verlag seines Vaters ein Presseimperium zu formen: Mit der Rundfunk-Programmzeitschrift Hör zu!, dem lokalen Hamburger Abendblatt, dem Massenblatt Bild und der intellektuellen Tageszeitung Die Welt trifft er spürsicher den Geschmack vieler Leser.

Die Zahl und die Auflagen seiner Zeitungen und Zeitschriften wachsen und wachsen. Mit ihnen mehren sich Ruhm und Reichtum des Verlegers. Axel Springer könnte glücklich sein, aber er ist es nicht. Zum Jahreswechsel will er sich dem Erfolgsrausch wenigstens für einen Moment entziehen und hier, direkt am Brandenburger Tor, zu innerer Einkehr finden. Natürlich hört der gerissene Geschäfts- und Lebemann gerne die Kassen klingeln. Aber je mehr Mitarbeiter, Zeitungen und Luxus er sich leisten kann, desto schmerzlicher wird ihm bewusst, dass sich seine die tiefsten Sehnsüchte nicht kaufen lassen. »Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und doch Schaden an seiner Seele nehme«, hatte ihm seine Mutter Ottilie als Konfirmationsspruch ausgesucht.[1] Springers Seelenheil hängt nicht nur am wirtschaftlichen Erfolg seines Konzerns, sondern auch an Berlin und an Deutschland. Das Drama der deutschen Teilung setzt ihm zu. Wie sehr wünscht er sich, die Botschaft der Freiheit auch den Deutschen in der Ostzone verkünden zu können. Aber für Bild und Die Welt ist in der DDR kein Platz. Jedenfalls nicht, solange die sozialistische Diktatur dem freien Wort Einhalt gebietet. Axel Springer seufzt.

Just in diesem Moment reißt ihn ein leises, schleifendes Quietschen aus seinen Gedanken. Langsam und schleppend kurbelt ein Kriegskrüppel seinen ächzenden Rollstuhl über den menschenleeren Platz. Der aussichtslose Kampf für Hitlers Endsieg hat ihn beide Beine gekostet. Alleine und einsam rollt er jetzt auf das noch nicht wieder aufgebaute Brandenburger Tor zu, jenes Mahnmal der deutschen Geschichte und der deutschen Teilung. Springer rührt dieses Schicksal, dessen stummer Zeuge er wird, zu Tränen. Die Lust nach einer rauschenden Gala ist ihm gründlich vergangen. »Nein, es gibt nichts zu feiern in Deutschland«, denkt sich Springer – und fährt schnurstracks nach Hause.

Zwei Tage später spricht er in Bonn beim Botschafter der Sowjetunion vor. Er bittet den verdutzten Andrei Smirnoff um ein Gespräch mit Nikita Chruschtschow – dem Kreml-Chef und mächtigsten Mann des Ostblocks: »Ich möchte mit Herrn Chruschtschow über die Wiedereinigung sprechen.«[2]

Der Verlegersohn

Axel Cäsar Springer wird am 2. Mai 1912 in Altona geboren.[3] Schon seine Wiege empfängt ein Duft von Druckerschwärze. Hinrich, Axels Vater, hat soeben erst den traditionsreichen Verlag Hammerich & Lesser gekauft und seinen Buchdrucker-Meister abgelegt. Jetzt druckt er Bücher von Joachim Ringelnatz und verlegt die Altonaer Nachrichten: eine kleine, aber feine Lokalzeitung. Nach Feierabend führt er die Kasse der Demokratischen Partei, die für liberale Grundsätze steht. Dabei wäre Hinrich Springer auch ein guter Sozialdemokrat, denn er versorgt seine Mitarbeiter nahezu familiär. Axels Kindertage sind glücklich, denn die Zeiten sind rosig. Noch ist der Himmel über Europa nicht von den dunklen Wolken der beiden Weltkriege verhangen, die auch im Leben und im Lebenswerk Axel Springers granattrichtertiefe Spuren hinterlassen. Sein eigener unermüdlicher Kampf gegen das ostdeutsche Unrechtsregime und für das freie Wort ist seine ganz persönliche Lehre aus Hitler: Niemals wieder will er eine Diktatur auf deutschem Boden dulden.

Solange aber über Europa die Sonne lacht, solange die väterlichen Druckerpressen emsig rattern und das Volk der Dichter und Denker für seine wissenschaftlichen und kulturellen Errungenschaft weltweit bewundert wird, solange hat Axel Springer andere Dinge im Sinn als Politik: Reich und berühmt will er werden. Damit kommt er ziemlich genau nach seiner Mutter Ottilie, die er zeitlebens verehren wird. Sie ist es, die ihm in den Kopf setzt, stets nach Größeren zu streben. Ihr ist es nicht genug, dass Hinrich mit ein paar Dutzend Männern zufrieden ist. Sie sehnt sich danach, den florierenden Familienbetrieb zum Konzern auszubauen. Ihr Lieblingssohn Axel soll es richten, denn der drei Jahre älteren Tochter Ingeborg traut sie das nicht zu. Schon bei der Namenswahl setzt Ottilie zwei Ausrufezeichen: Sie bringt beiden berühmtesten Eroberer der Weltgeschichte zusammen: Axel ist für sie eine Kurzform von Alexander, dem großen Kriegsherren der griechischen Antike. Der zweite Vorname Cäsar mag ja eine Hommage an den gleichnamigen (und eher unbekannten) Dichter Cäsar Flaischlen sein, aber dass man erst einmal ein einen gewissen Gaius Julius Cäsar denkt, nimmt Ottilie nicht tragisch. Und dass ihr kleiner Eroberer laut Konfirmationsspruch die Welt nicht um den Preis des Seelenheils gewinnen möge, muss ja nicht heißen, dass er genau darin sein Seelenheil finden kann. »Das Leben ist nichts als ein Weg, etwas zu werden«, schreibt sie ihm ins Gesangbuch, das sie ihm sinnigerweise ebenfalls zur Konfirmation in die Hand drückt.[4] Ottilie glaubt abgöttisch an ihren Lieblingssohn Axel. Ganz gleich, welchen Weg ihr ständig kränkelnder und schwächlicher Spross einschlagen wird: seine Mutter ist überzeugt, dass er alles erreichen kann!

Um ganz sicher zu gehen, hilft sie dem Schicksal kräftig nach. Ottilie fördert und verhätschelt ihren Sohn, wo es nur geht. Axel soll von Anfang an merken, dass er eine besondere Persönlichkeit ist. Nirgends könnte er das besser lernen als in der Welt der Reichen und Schönen. Genau dort, wo das Beste gerade gut genug ist, will Ottilie Axel haben: Denn anders als der genügsame Hinrich, dem der wachsende Wohlstand der Familie wenig bedeutet, schätzt seine Frau den Luxus. Das färbt ab: Anders als in der Schule ist er in Sachen Etepetete ein gelehriger Schüler. Von klein auf entwickelt er ein Faible für alles Teure und für das Wahre, Schöne, Gute. Für seine Mutter und Lehrmeisterin Ottilie gehen Kultur und High-End Hand in Hand: Sie verehrt Goethe und verkehrt in den edelsten Modeboutiquen von Hamburg und Berlin. Der Filius darf mit und stellt sich stets artig vor: »Mein Name ist Axel Springer, Sohn reicher Eltern.«[5] In dieser Rolle gefällt er sich ebenso gut wie in englischem Zwirn und in auf den Fuß geschnitten Lederschuhen. Modebewusst bis an die Grenze der Eitelkeit und verschwenderisch, noch lange bevor er sein erstes eigenes Geld verdient: Das missfällt dem Vater. Axels ersten Smoking verstecken Ottilie und er vorsichtshalber unter dem Bett, damit ihn Hinrich nicht findet.

Dem reicht es gerade, dass Axel wie Ottilie von der Muse geküsst zu sein scheint. Er nimmt Gesangsunterricht und macht keinen Hehl aus seinem eigenen Berufswunsch: Er will auf die Showbühne wie sein Idol: der Schlager und Operettensänger Richard Tauber. »Dein ist mein ganzes Herz!«, schmachtet Tauber ins Mikrofon. »Wo du nicht bist, kann ich nicht sein.« Springer, seit jeher pathetisch veranlagt, schmilzt dahin. Mit einem Freund, der später tatsächlich Sänger werden wird, übt sich der jugendliche Axel mit der verführerischen Bariton-Stimme kräftig darin, Arien und Gassenhauer zu schmettern.[6]

Hinrich hat andere Pläne mit seinem Sohn. Der soll nicht Operetten und Schlager trällern, sondern Zeitungen verlegen und Bücher verkaufen. Zum Glück ahnt er nicht, dass Axel längst weiß, wie man Bücher geschickt an den Mann bringt. In unbeobachteten Momenten schleicht er in Hinrichs private Bibliothek, räumt die hinteren Buchreihen aus und verkauft sie auf der Straße.[7] Pech für Axel: die eher dürftigen Noten kann er nicht vor seinem Vater geheim halten. Allenfalls in Deutsch, Religion und im Singen tut er sich einigermaßen hervor. Nach der sechsten Klasse und ohne, dass Axel einen Abschluss hat, macht der Vater Ernst. Er nimmt den Sprössling von der Schule und unter seine eigenen Fittiche.[8]

Statt leichter Musik ist jetzt harte Arbeit angesagt. Im väterlichen Verlag paukt Axel den bodenständigen Beruf des Druckers und Setzers. Er soll das Verlegerhandwerk, das die Familie so prächtig ernährt, von der Pike auf lernen und in allen Facetten verstehen. Axel ist nur kurz geknickt. Er ahnt bald, dass man mit dem gedruckten Wort nicht nur Geld verdienen, sondern auch im Rampenlicht stehen kann. Deshalb trauert er dem geplatzten Traum vom Sängerleben nicht allzu lange nach, sondern schmiedet bald wieder neue Pläne für eine neue große Bühne: Sein nunmehr größter Wunsch ist es, irgendwann einmal mit dem berühmten Ullstein-Verlag in der Berliner Kochstraße zusammenzuarbeiten. Springer schwärmt von Ullsteins »brillanten, amüsanten, geistvollen« Leistungen »im Handwerk des Zeitungs-, Zeitschriften- und Büchermachens.« Das ist schon eher nach Hinrichs Geschmack.[9] Aber anders als sein Vater will Axel so richtig hoch hinaus – egal ob als Sänger oder als Verleger. An Selbstbewusstsein ist er dem zurückhaltenden Hinrich schon als Teenager über. Axel sieht den Verleger von Hammerich & Lesser auf Augenhöhe mit den lokalen Polit- und Pressegrößen. Wenn Altonas sozialdemokratischer Bürgermeister Max Brauer zu Gast ist, klappt das ganz gut. Das liegt allerdings weniger am souveränen Auftreten von Hinrich Springer als an der Freundschaft, die Brauer und er pflegen. Wenn aber andere Verleger zu Besuch sind, findet ihn Axel seinen Vater eindeutig zu unterwürfig. Für Konkurrentenverehrung hat er nichts übrig. An einem schönen Sonntag sitzt der berühmte Verleger Alfred Broschek an Springers Mittagstisch. Als der Braten verspeist ist, verabschiedet Hinrich seinen Gast, indem er sich mehrfach und überschwänglich für dessen Kommen bedankt. Kaum ist die Haustür wieder geschlossen, fällt Axel über ihn her: »Vater, war denn das nötig? Was der ist, werde ich später auch, doch das würde mir nicht genügen!«[10] Ottilie schmunzelt verstohlen. Das ist ihr Axel, selbst- und sendungsbewusst. Es wird nicht mehr lange dauern, bis er seinem Vater noch größere Ziele verkündet: »Ich werde das größte Zeitungshaus Europas bauen.« Besorgt wendet sich Hinrich an seine Frau: »Ottilie, ich glaube, der Junge ist verrückt geworden.« Aber die stolze Mutter winkt lächelnd ab: »Heino, bei ihm weiß man das nicht so genau.«[11] Hinrich schüttelt ungläubig den Kopf, weil er das Verlagsgeschäft realistisch einschätzen kann. Doch solange Axel ihm als Verleger nachfolgen will, möchte er ihm seine jugendlichen Träumereien nicht nehmen. Das könnte er auch nicht, denn Axel Springer glaubt fest an die schöpferische Kraft des Träumens: »Das Wort ›Realitäten‹ bringt mich um«, bekennt noch der spätere Global Player, der gegen die in Beton gegossene deutsche Teilung ankämpft, »die Welt wird ja doch verändert durch Träume.«[12]

Natürlich weiß auch Axel Springer, dass man für seine Träume hart arbeiten muss. Springer arbeitet hart. Nach der Plackerei in der Druckerei soll er seine Ausbildung in der Hamburger Papierfabrik von Sieler & Vogel fortsetzen. Dann darf er sich im Berliner Wolff'schen Telegraphen-Bureau, der bedeutendsten Nachrichten-Agentur ihrer Zeit, das Rüstzeug des Reporters aneignen. Dort weiht der zwölf Jahre ältere Redakteur Walther Hansemann den Volontär nicht nur in die Kunst von Bericht und Kommentar, Reportage und Glosse ein. Hansemann weiß aus eigener Erfahrung, dass man im Berlin der 1920er Jahre mehr lernen und entdecken kann als das journalistische Einmaleins: Springer ist überglücklich, einen Freund zu finden, der weiß, was in Berlin angesagt ist und wo man tanzen und shoppen kann. Denn da sind sie wieder, die edlen Boutiquen, die modernen Jazz-Bars, die Varietés und die Tanzlokale, in denen Springer den singenden Frauenschwarm gibt. Die Mädchen können dem jugendlichen Charmeur Axel Springer kaum widerstehen.

Auch Axel Springer verliebt sich – in das unwiderstehliche Ambiente der pulsierenden Weltstadt. »Berlin! Hör’ ich den Namen bloß, da muss vergnügt ich lachen«, heißt es im Paul-Lincke-Lied Das ist die Berliner Luft, »wie kann man da für wenig Moos den dicken Wilhelm machen!«

Noch besser ist es natürlich, wenn der Geldbeutel wie bei Axel Springer stets prall gefüllt ist. Seine Ausbildung verliert der angehende Zeitungsmacher trotz der unzähligen Verlockungen des prallen Hauptstadtlebens nicht aus den Augen. In Berlin führt er ein Doppelleben von Fleiß und Feiern: Tagsüber schreibt er Artikel und nachts stürzt er sich in die Champagner-Bohème der verwöhnten Kinder aus bestem Haus. Wenn dabei doch einmal der Schlaf zu kurz kommt, hängt der übernächtigte Axel am nächsten Tag die schalldichte Polstertür im Büro aus und hält darauf ein Nickerchen.[13] In Berlin genießt Springer seine schönsten Lehr- und Lebejahre. Die Hauptstadt wird ihm zur heimlichen Heimat.

Die innere Emigration

Doch das glitzernde Strahlen der Goldenen Zwanziger verblasst. Bedrohlich ziehen über Berlin die dunklen Wolken des braunen und des roten Terrors zusammen. In nie dagewesenen Donnerwettern werden die beiden Schreckensherrschaften die stolze Stadt zuerst entehren und dann zerstören, um sie schließlich gewaltsam zu teilen. Während Springer die letzte Station seiner Ausbildung bei der Bergedorfer Zeitung im Osten Hamburgs hinter sich bringt und dann als Redakteur für Handel, Schifffahrt und Sport bei den Altonaer Nachrichten einsteigt, prügeln sich in der Hauptstadt die Nazi-Schergen und die kommunistischen Kampfverbände in brutalen Straßenschlachten die Schädel ein. Auch die Weimarer Republik blutet aus vielen Wunden, die ihr die Links- und Rechtsradikalen schlagen. Die erste deutsche Demokratie, in der sich die Springers gut eingerichtet haben, liegt angezählt am Boden. Der K.o. ist nur noch eine Frage Zeit.

Vor allem der Massenhypnotiseur Adolf Hitler und seine menschenverachtende Weltanschauung verderben dem jungen Snob Axel gründlich die Laune. Nach dem großdeutschen Reich, das Hitler in hasserfüllten Reden verheißt, hat Springer schon wegen seiner Vorliebe für alles Englische nun wirklich kein Verlangen. Ihm ist nach heiterem Swing und nicht nach blechscheppernder Marschmusik zumute, nach maßgeschneidertem Tuch und nicht nach gleichmachenden Uniformen, nach unbeschwerter Freiheit und nicht nach totalitärer Unterdrückung.