Mit Bedenken versetzt - Claretta Cerio - E-Book

Mit Bedenken versetzt E-Book

Claretta Cerio

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Beschreibung

Ein Leben zwischen Capri und Sylt Das sensible, humorvolle Porträt einer besonderen Frau: Claretta Cerio beschreibt feinsinnig und unprätentiös ihre Kindheits- und Jugendjahre von 1927 bis 1945 zwischen zwei völlig unterschiedlichen Inselwelten. Da ist Capri, die Heimat der Mutter, wo sie zusammen mit ihren Geschwistern die unbeschwerten Ferienzeiten verbringt. Und da ist Sylt, wo der Großvater ein Café betreibt und Friesenkekse herstellt. Hin- und hergerissen zwischen den Welten, Sprachen und Kulturen, versucht das junge Mädchen, seine ganz eigene Heimat zu finden. Doch der aufkommende Nationalsozialismus zwingt die Familie zu einer folgenschweren Entscheidung.

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Claretta Cerio

Mit Bedenken versetzt

Ein Leben zwischen Capri und Sylt

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

 

»Man lernt sich selbst nie kennen,

man kann sich nur erzählen …«

Simone de Beauvoir

1

1927 – mein Geburtsjahr und auch das der Coca-Cola, wie ich kürzlich erfuhr. Jeder hat so seine Zeitgenossen.

Mit drei Wochen Verspätung kam ich endlich am 22. April in dem Haus meiner Großeltern mütterlicherseits auf Capri zur Welt. Von der Zangengeburt war mein Kopf etwas eingedrückt und schwarzblau angelaufen, und ich sah wohl auch sonst nicht gerade beruhigend aus, denn mein Vater fragte verstört:

»Ist … ist sie normal?«

Etwas voreilig vielleicht wurde ihm versichert, ich sei ganz normal.

Um die Geburt seines ersten Kindes abzuwarten, hatte er sich bereits länger als beabsichtigt auf Capri aufgehalten, er hätte schon längst in Wien sein sollen, um das Personal für den Betrieb meines Großvaters in Westerland auf Sylt zur kommenden Fremdensaison anzuheuern.

Dieser großväterliche Betrieb hieß ›Wiedermanns Wiener Kaffeegarten‹. Ich weiß keinen Grund für jenes Eigenschaftswort, denn niemand in der Familie hatte je eine Beziehung zu Wien. Wahrscheinlich gab nur die damalige Mode den Anlass dazu. Heute könnte es genauso gut in Wien eine Sylter Erfrischungshalle mit Roter Grütze und Dickmilch geben.

Der Taufe wohnte mein Vater noch bei, da diese schon am nächsten Morgen stattfand. Mama, eine tiefgläubige Katholikin, war wie alle Süditaliener – jedenfalls damals – überzeugt davon, dass ein innerhalb vierundzwanzig Stunden nach der Geburt getaufter Säugling eine arme Seele aus dem Fegefeuer erlösen würde.

Um diesem unbekannten Büßer eine rasche Aufnahme ins Paradies zu ermöglichen, wurde ich in aller Herrgottsfrühe mit einer Pferdedroschke – Autos gab es zu der Zeit auf der Insel noch nicht – zur großen Kirche auf der Piazza gebracht. Die Taufe wurde im engsten Familienkreis vollzogen und auch von einem Angehörigen zelebriert, und zwar von Zipré. Er war ein Onkel meiner Mutter und wurde in capresischer Mundart Zipré genannt: Onkel Priester. Taufpatin war Mamas einzige Schwester, Matilde. Später lernte ich meine verschiedenen Tanten in Deutschland kennen und auch die amerikanische, aber Matilde sollte in meinem Leben und dem meiner Geschwister eine so bedeutende Rolle spielen, dass alle anderen nur Randfiguren blieben. Wir haben sie auch nie mit ihrem Namen gerufen, sondern auf Italienisch Zia: Tante.

Was meine Namensgebung anbetraf, gab es keine Zweifel: Klara, wie meine schon lange verstorbene Großmutter väterlicherseits, denn das gehört sich so in Süditalien, aus Respekt für das männliche Familienoberhaupt. Die Namen der Großeltern mütterlicherseits sind erst bei den nächsten Kindern an der Reihe, und so konnte meine zwei Jahre später geborene Schwester dann Raffaela getauft werden. Bei meinem schon dreizehn Monate nach mir erschienenen Bruder machte die Familienpietät allerdings eine Pause, denn die Namen der beiden Großväter – Otto und August – fanden alle so hässlich, dass man sich für Carlo entschloss.

Unser jüngster Bruder erblickte 1933, kurz nach der »Machtergreifung«, in Westerland das Licht der Welt. Damals war unser Vater schon so tief in die Politik verstrickt, dass er ihn Hans Eberhard taufen ließ, nach einem im Kampf für den Nationalsozialismus gefallenen Freund von ihm, und noch jetzt sehe ich Papa, wie er sich aus dem Fenster unserer Westerländer Wohnung in der Strandstraße hinausbeugt und einem vorbeigehenden Bekannten freudig zuruft:

»Ein kleiner SA-Mann ist geboren worden!«

Mein Erscheinen wurde jedenfalls nicht als das eines zukünftigen BDM-Mädchens begrüßt, und ich blieb, wenigstens zu Anfang, von politischen Hoffnungen völlig unbelastet. Bei der Taufe wurde mir, wie allen Täuflingen auf Capri, ein Goldkettchen mit einem kleinen Medaillon umgehängt, auf dem die Madonna von Pompeji abgebildet und auf dessen Rückseite Name und Geburtsdatum eingraviert waren. Und wie alle Kinder auf Capri verlor ich es dann eines Tages im Meer beim Baden. Wenn man den Golf von Neapel trockenlegen würde, könnte man diese Kettchen mit Anhänger wohl zentnerweise einsammeln.

Papa fuhr noch am gleichen Tag einigermaßen beruhigt ab, mit der Zusicherung, dass wir ihn in Westerland wiedertreffen würden, wenn Mama sich erholt hätte, was einen Monat dauern sollte. Wahrscheinlich hat sie diese Zeit etwas ausgedehnt, da sie besonders schön für sie gewesen sein muss.

In Ruhe konnte sie nach langer Trennung wieder in dem Haus ihrer Kindheit mit den Eltern – Raffaela und August Weber –, mit Zia und Zipré zusammensein. Damals war auch ihr Bruder Giorgio noch da, ein Arzt, der ein Jahr später seiner antifaschistischen Gesinnung wegen nach Amerika auswanderte.

Durch meine capresische Großmutter waren wir mit der halben Insel verwandt. Ganze Scharen pilgerten hinunter zu unserem Haus am Südufer, der Piccola Marina, um mich zu besichtigen, und brachten kleine Gaben mit, meistens ein Hörnchen aus Roter Koralle gegen den bösen Blick. Meine fromme Mutter hielt nichts von diesem Aberglauben und legte die Amulette weg, die so zahlreich waren, dass sie gut einen kleinen Laden damit hätte eröffnen können.

Ein Korallenhörnchen zum Schutz hätte sie mir vielleicht doch lieber lassen sollen, denn als ich zu laufen anfing, steckte ich eines Tages das Kettchen in den Mund, verschluckte den Anhänger und wäre fast an der Madonna von Pompeji erstickt. Es lässt sich nie voraussehen, was uns Segen oder Verhängnis bringen wird.

Der weitverzweigte capresische Verwandtenkreis fand mich bellissima, ein liebevolles Kompliment, das man auf Capri auch dem hässlichsten Baby nicht versagt.

 

Auf der Reise nach Westerland begleitete uns Zipré. Damals hatte Capri noch keinen Hafen, und Sylt war noch nicht durch den Hindenburgdamm mit dem Festland verbunden. Beide Inseln waren noch richtige Inseln, mühsam, wenn nicht sogar gefährlich zu erreichen und zu verlassen, und auch das nur, falls es die Elemente und primitiven Verkehrsmittel zuließen. Diese Insularität haben beide längst eingebüßt: Sylt ist eine Halbinsel von Schleswig-Holstein geworden, und zwischen Capri und dem Festland flitzen Dampfer und Schnellboote unablässig hin und her, sodass sie gleichsam eine Brücke über den Golf schlagen.

Bevor der Capreser Hafen gebaut wurde, ankerte der einzige kleine Dampfer, »Principessa di Piemonte«, der den Transport der Passagiere besorgte, vor der Grande Marina; die Reisenden mussten eine Leiter hinabsteigen und wurden dann mit Ruderbooten an den Strand gebracht, wo sie bei stürmischer See von den Fischern herausgehoben und aufs Trockene gesetzt wurden.

Der Kapitän der »Principessa di Piemonte«, Marino Canale, war ebenfalls um zig Ecken mit uns verwandt und trug mich persönlich in einem ebenso prunkvollen wie unpraktischen Steckkissen an Bord.

Die Reise bis Sylt dauerte in jener Zeit vier Tage und drei Nächte, und die häufige Umsteigerei machte sie noch beschwerlicher. Auf dem Bahnhof von Mailand war Mama mit ihren Kräften am Ende.

»Ich kann sie nicht mehr halten! Wenn Ihr sie mir nicht abnehmt, lass’ ich sie fallen!« In Italien werden Respektspersonen auch von den Angehörigen in der Mehrzahl angeredet.

Mamas Drohung war offensichtlich ernst gemeint, denn der gute Zipré musste sich überwinden und ihr das Steckkissen abnehmen. Im schwarzen Talar, mit dem schreienden Säugling auf dem Arm, lief er verschämt an den grinsenden Zuschauern vorbei zum Zug.

War es schon nicht einfach, von Capri abzufahren, so war es noch umständlicher, in Sylt anzukommen. Wären wir nur eine Woche später abgereist, hätten wir zusammen mit Hindenburg den neuen Damm einweihen können; so hingegen ging es noch auf die alte Art: erst über die dänische Grenze, dann wurde ein Schiff bestiegen, das nach einer Zwischenstation auf der Insel Röm durch das Lister Tief fuhr und in Munkmarsch anlegte, wo uns mein Vater erwartete. Wieder in einem Pferdewagen – diesmal nur, weil eine Kutsche besser zu unserem feierlichen Einzug passte, denn Mietautos gab es bereits einige –, kamen wir in Westerland an.

Opa empfing uns vor dem Haus auf dem Treppenabsatz und begrüßte mich freudig:

»So, jetzt ist sie zu Hause!«

 

Zu Hause – was immer das auch bedeutet. Für uns – meine Geschwister und mich – ist es nie ein eindeutiger Begriff geworden. Unser Zuhause hatte zwei weit voneinander entfernte und unvereinbare Pole – Sylt und Capri –, und das waren nicht nur verschiedene geographische Orte und Nationalitäten, sondern verschiedene Lebensweisen, Weltanschauungen, Mentalitäten, manchmal entgegengesetzt und sehr verwirrend. Auf Capri fand man uns »furchtbar deutsch« und in Westerland »schrecklich italienisch«. Wir wurden stets aufgefordert, unsere »deutsche Mentalität« oder unsere »italienischen Manieren« abzulegen, je nachdem. Was man an Andersartigkeit mitbrachte, wurde jedenfalls nie als Vorzug angesehen.

Ich glaube, wir lebten gleich gern an beiden Orten, aber wo wir auch waren, überfiel uns stets ein leises Heimweh nach dem anderen; irgendwie war man nie ganz da. Man stellte andauernd Vergleiche an, maß hier an dort, und bekanntlich hat alles Entfernte meist größere Reize als das, was einen gerade umgibt.

In unseren ersten Lebensjahren gab es wenigstens noch eine klare Einteilung, die jeder dieser beiden Umwelten eine genaue Bedeutung zuwies: Westerland war Alltag, war Schule, streng geregelte Tageszeiten und Pflichten; Capri bedeutete Ferien, Freiheit und war ein Ausnahmezustand, den man umso mehr genoss, weil er von vornherein auf eine bestimmte Zeit beschränkt war. Dann brach der Krieg aus, und wir mussten Deutschland verlassen; Capri wurde nun auch zum Alltag und verlor viel von seinem Zauber. In unseren Plänen verlegten wir alle Zukunftssehnsucht jetzt in die unerreichbare nordische Heimat: »Wenn der Krieg aus ist, fahren wir wieder nach Hause …«, sagten wir.

Als der Krieg schließlich endete, war es zu spät. Das Westerländer Haus war verkauft worden, Opa gestorben, Sylt schien uns gänzlich verändert, nichts stimmte dort mehr mit unseren Kindheitserinnerungen überein, und wir waren inzwischen fast erwachsen und hatten uns daran gewöhnt, mit unserer Zwiespältigkeit zu leben.

Diese rückblickende Bestandsaufnahme klingt vielleicht negativ, was aber nicht gerecht wäre. Der ständige Wechsel zwischen zwei Nationalitäten, ohne einer ganz anzugehören, prägt einen auch in positiver Weise. Niemand von uns hat je im Brustton rügender Selbstherrlichkeit sagen können: »Bei uns zu Hause macht man das so!« Es war eine frühe Erkenntnis, dass man nicht schon deswegen etwas besser weiß, weil das, was der andere weiß, anders ist. Wir wurden weltoffener, anpassungsfähiger und toleranter als unsere sesshafteren Gefährten hier und dort – ein nicht schmerzloser Prozess; immerhin, der Umgang mit anderen Menschen wurde uns dadurch erleichtert.

Man kann sich als Kind in verschiedenen Umwelten einleben und sie so eingehend kennenlernen, als gehöre man dazu, aber es wird einem unweigerlich versagt bleiben, darin Wurzeln zu schlagen.

 

Gleich nach Kriegsende erschien mein erster Artikel in einer deutschsprachigen Zeitung von Buenos Aires, deren Leserschaft aus emigrierten Deutschen bestand. Wahrscheinlich verstanden jene Leser, infolge eigener Erfahrungen, besonders gut, was ich darin sagen wollte, so unfertig und naiv ich es auch, meinen achtzehn Jahren gemäß, ausdrückte:

Die zwei ungleichen Hälften

»Gelegentlich treffe ich den einen oder anderen, der zu mir sagt: ›Ach, Sie haben deutsches und italienisches Blut?! Wie nett für Sie, es muss wunderbar sein, zwei Heimaten zu haben!‹

Dass es wunderbar ist, den Plural eines Begriffs zu vertreten, den es für andere nur im Singular gibt, habe ich bisher noch nie feststellen können.

Es gibt nur die Heimat, und wenn man das Los hat, dass diese Heimat aus zwei verschiedenen Nationen besteht, wird man ewig vergebens versuchen, diese ungleichen Hälften zu einem Ganzen zu vereinen.

Während meiner Kindheit verbrachten wir einen Teil des Jahres in Deutschland, den restlichen in Italien.

Ich war sehr patriotisch, und zwar in der Weise, dass ich in Italien als rabiate Deutsche auftrat und mich in Deutschland hundertprozentig italienisch fühlte. Das erregte stets Heiterkeit bei meinen Mitmenschen und das unbedingte Bedürfnis, mich zu provozieren. Die italienischen Bekannten fanden es urkomisch, wenn ich treu und brav mit meinen Gretchenzöpfen bei der geringsten Stichelei über den deutschen Gänseschritt knallrot anlief; sogar die kleinen Gassenjungen hatten das heraus und schrien mir nach: ›Eins, zwei … eins, zwei.‹

Kamen wir nach Deutschland, vergalten mir meine Spielgefährten ihren Ärger, dass sie keine Gelegenheit hatten, in den Süden zu fahren, indem sie alle meine italienischen Gefühle beleidigten:

›Die Italienerin! Pfui, die Italiener sind schmutzig, sind feige, sind faul!‹ Da konnte ich nur handgreiflich werden und mit meinen Beleidigern im Sandkasten raufen, um die italienische Ehre hochzuhalten.

Am unangenehmsten war es dann später in der Schule, zum Beispiel während der Geschichtsstunde, da sagte der Lehrer in Deutschland:

›… und 1915 verrieten uns die Italiener, brachen den Dreimächtebund und traten aufseiten der Gegner in den Krieg ein …‹ Alle schauten mich an, und ich fühlte mich verantwortlich für jenen Verrat.

›… in heldenhaften Kämpfen gelang es bei Caporetto, den Italienern eine schwere Niederlage zuzufügen …‹, und die auf mich gerichteten Blicke drückten klar aus, was man von so miserablen Soldaten hielt.

In Italien sagte der Lehrer in der Geschichtsstunde:

›… und dann kam Barbarossa mit seinen Barbaren über die Alpen und vernichtete Mailand so gründlich, dass nichts von der schönen Stadt übrigblieb …‹ Alle schauten mich vorwurfsvoll an, als hätte ich mich damals bei der Zerstörung Mailands aktiv beteiligt.

›… 1527 erreichte die deutsche Grausamkeit mit dem Sacco di Roma ihren Höhepunkt …‹, und wer neben mir auf der Schulbank saß, rückte demonstrativ von mir ab.

In Deutschland sagte der Lehrer in der Biologiestunde: ›… denn die nordische Rasse steht hoch über jeder anderen. Alle bedeutenden Menschen waren nordisch, auch der einzige große Dichter Italiens, Dante Alighieri, war nordisch geprägt und hieß eigentlich Dante Altinger …‹, und ich schämte mich zutiefst, dass der ’einzige’ große italienische Dichter nicht einmal richtig italienisch gewesen sein sollte.

In Italien sagte der Lehrer in der Religionsstunde:

›… und mit seiner Reform versuchte dieser gottverräterische Deutsche und abtrünnige Augustinermönch, Martin Luther, die heilige römisch-katholische Kirche durch seine ketzerischen Lehren zu untergraben …‹, und ich fühlte mich verpflichtet, eine Lanze für die fünfundneunzig Thesen zu brechen, obwohl ich doch streng katholisch erzogen worden war.

Meine besten deutschen Freunde sagen mir stets, dass die Italiener Mandolinenspieler, pappagalli und Verratsnudeln sind.

Meine besten italienischen Freunde sagen mir stets, dass die Deutschen Arbeitstiere, Barbaren und Kunstbanausen sind.

Und jetzt fühle ich mich wieder verantwortlich, weil in diesem Krieg Italien die deutschen Verbündeten abermals verraten hat und die Deutschen erneut italienische Städte zerstört haben.

Das wird wohl immer so weitergehen, und dann gibt es Leute, die sagen können:

›Ach, wie nett, es muss wunderbar sein für Sie, zwei Heimaten zu haben!‹«

2

Mein Großvater, August Weber, kam 1884 zum sechsten Mal zu Fuß von seiner Geburtsstadt München nach Rom. Diese Wanderlust lag in der Familie, denn seine Mutter pflegte ihre eleganten Roben auf einen kleinen Ziehwagen zu packen und, ebenfalls per pedes, nach Nizza zu pilgern, wo sie – denn sie war für Kontraste – im »Negresco« logierte. Meistens ging sie von dort aus nach Monte Carlo, ein für ihre Begriffe gemütlicher Spaziergang, um im Kasino zu spielen.

Für die Frau eines Staatsrats, der wegen seiner Verdienste von Ludwig dem Zweiten auch noch geadelt worden war, fanden sie die Münchner reichlich exzentrisch. Allerdings war sie eine »Zuagroaste«, was ihnen ein so ausgefallenes Gehabe teilweise erklären mochte.

Die Familie Weber stammte aus dem Elsass. Ein Vorfahr war königstreuer Beamter unter Ludwig dem Sechzehnten und büßte während der Revolution seinen Kopf ein. Sein Sohn wurde unter Napoleon General, und auch ihm setzten die historischen Ereignisse zu, denn seine Beine erfroren auf dem russischen Feldzug, ebenso seine Nase, die noch heute blaurot auf einer Miniatur zu sehen ist.

August Weber war so ungewöhnlich wie seine Mutter, wenn auch auf andere Weise.

Er sollte Ingenieur werden, brach aber seine Studien bald ab und ging auf die Kunstakademie; dort sah er schnell ein, dass er es nicht einmal zu einem mittelmäßigen Maler bringen würde.

Er beherrschte vier lebende Sprachen, dazu Altgriechisch und Latein, war literarisch hochgebildet, jedoch fehlte ihm jede Veranlagung, seine Kenntnisse praktisch auszuwerten. Zu Geld und Ehren zu kommen wie sein Vater, schien ihm kein erstrebenswertes Ziel. Was er wollte, war ihm wohl selbst nicht klar, eher schon, was er absolut nicht wollte, nämlich eine Lebensbahn in den engen Gleisen einer gutbürgerlichen Tradition.

Als er, bereits vierzigjährig, seine sechste Wanderung nach Italien unternahm, war er, wie er in seinem Tagebuch vermerkte, am Tiefpunkt seiner Existenz angelangt.

Diesmal dehnte er von Rom die Fußreise noch weiter nach Süden aus, wahrscheinlich von der Behauptung Johann Kaspar Goethes angeregt, wer Neapel gesehen habe, könne in seinem Leben nie wieder ganz unglücklich sein, und das war genau das, was sein Seelenzustand brauchte.

In der großen Hafenstadt angelangt, sah er am Horizont Capri in blauem Dunst wie eine Fata Morgana zwischen Meer und Himmel schweben.

Wie komme ich da hin?, fragte er sich sofort. Jeder vernünftige Mensch hätte sich nach den Schiffsverbindungen zur Insel erkundigt, doch eine so simple, logische Denkweise entsprach ihm nicht. Stattdessen kaufte er von einem Fischer am Posillip ein kleines Ruderboot und stach in See.

Als guter Bayer war er mit dem Meer und seinen Tücken keineswegs vertraut. Mitten im Golf erlahmten seine Kräfte, Delphine tauchten scharenweise auf, schnellten aus dem Wasser und brachten den kleinen Kahn zum Schwanken. Der bayerische Odysseus wurde seekrank, verlor ein Ruder, und sein Boot schaukelte führerlos auf den Wellen, während die Nacht hereinbrach.

Bei Morgengrauen wurde es von Zollwärtern gesichtet; sie zogen die erschöpfte Landratte an Bord ihres Schiffes und begannen ein strenges Verhör. Ein Ausländer, der in einem Boot allein in italienischem Hoheitsgewässer herumtrieb, schien ihnen mehr als verdächtig. Es handelte sich zweifellos um einen Spion.

So wurde August Weber ohne weitere Umstände verhaftet, nach Capri gebracht und im Gefängnis einquartiert.

Die Capresen waren sehr erfreut, endlich einmal einen Häftling in ihrem sonst immer leeren Gefängnis besichtigen zu können, das aus einer einzigen, von einer Gittertür abgeschlossenen Zelle auf der Terrasse der heutigen Funicolore bestand, und mitleidig steckten sie ihm durch die Eisenstäbe Essen zu.

Doch diese Gefängnisattraktion blieb ihnen nur kurz, denn die Behörden stellten bald fest, dass der Verhaftete völlig ungefährlich war, kein Spion, sondern nur ein forestiero pazzo, ein verrückter Ausländer, womit nichts Nachteiliges gemeint war. Forestieri hatten ja alle einen Klaps; das wusste man auf der Insel.

August Weber wurde freigelassen, sah sich um und erkannte, dass er endlich sein Tusculum gefunden hatte und wie die alten Römer sagen konnte: »Hic manebimus optime!« Er war am Ziel, hier würde er das Leben führen, nach dem er sich unbewusst immer gesehnt hatte.

An der Südseite der Insel, der Piccola Marina, richtete er sich in einem verlassenen Bootsschuppen häuslich ein. Genügsam, wie er war, konnte er seine Bedürfnisse leicht befriedigen. Als Vegetarier aß er nur Gemüsesuppen, die er in einem Topf kochte, auf den er »Mihi et musis« eingeritzt hatte. Für ihn und die nicht besonders wählerischen Musen war das genug, und auch die Fischer der Piccola Marina hatten ihren Vorteil, denn wenn sein Kochtopf verschmutzt war, warf er ihn ins Meer und erstand einen neuen sauberen. Die von den Wellen blankgescheuerten Töpfe wurden nach einiger Zeit wieder ans Ufer getrieben und bereicherten den dürftigen Hausrat der Fischerfamilien.

Er erteilte den auf Capri ansässigen Ausländern Sprachunterricht, half den Fischern die Netze flicken, schrieb Nonsensverse und malte Heiligenbilder für die Bauern, meistens San Costanzo, den Schutzpatron der Insel. Man entlohnte ihn in Naturalien, das war ihm recht, zu Geld hatte er sowieso keine Beziehung; und die Goldtaler, die seine Mutter ihrem Lieblingssohn pünktlich jeden Monat schickte, steckte er achtlos unter sein Strohlager.

Erst als er sich in eine anmutige Capresin, Raffaela Desiderio, verliebte, stieß er auf Schwierigkeiten. Raffaelas Vater, der mit Recht den Namen Marziale, der Kriegerische, trug, hatte nicht die geringste Absicht, diesem forestiero pazzo und offenbar auch Habenichts die Hand seiner Tochter zu gewähren.

Marziale war genauso energisch wie sein Vorfahr, ein Baumeister aus Amalfi, der um 1700 nach Capri gekommen war, um unter Aufsicht und nach den Plänen eines neapolitanischen Architekten den Capresen eine neue Kathedrale zu errichten. Da der Architekt es jedoch aus Angst vor türkischen Piraten nie über sich brachte, den Golf zu überqueren, konstruierte der Baumeister Desiderio die Kirche einfach nach seiner Nase, und sie wurde auch recht hübsch mit den vielen kleinen Kuppeln, die sich wie Lämmer um die Rundung des Hauptgewölbes scharen.

Sein Abkömmling Marziale war wohlhabend und wäre sogar reich gewesen, hätte er, von seiner Streitsucht verleitet, nicht andauernd Prozesse angestrengt, die er regelmäßig verlor. Außerdem wurde er leicht handgreiflich, und das kostete ihn viel Schmerzensgeld.

In dem zutiefst pazifistischen Verehrer seiner Tochter, der sich weder auf Prozesse noch Schlägereien einließ, fand er einen ungewohnten und hartnäckigen Widersacher. Sieben Jahre freite August Weber um seine Raffaela, wie der biblische Jakob um seine Rahel; und erst als der schon erwähnte Zipré die Priesterweihe erhielt, konnte er das Paar heimlich trauen, und Marziale musste sich mit dem fait accompli abfinden.

August Weber verließ seine provisorische Unterkunft, Raffaela holte die Goldtaler unter dem Lager hervor, und mithilfe eines Verwandten, der wie die meisten Desiderios Baumeister war, bauten sie an der Piccola Marina ein kleines Haus, dem dann jährlich noch ein Zimmer angefügt wurde oder eine Terrasse, ein paar Treppen, eine Pergola oder eine Loggia, je nach Laune, bunt zusammengewürfelt. Dieser eigenwillige Bau wurde Webers Strandpension, ein Unternehmen, das so einmalig war wie sein Besitzer und zum guten Teil auch die Gäste.

August war allerdings – so pflegte er sich auch vorzustellen – »nur der nominelle Proprietär«; die Führung und alle Entscheidungen überließ er Raffaela und ihrem Bruder Zipré. Er beschränkte sich darauf, seine Gäste zu unterhalten, Festlichkeiten zu veranstalten, Verse und Aphorismen zu verfassen, die er auf kleinen Zementtafeln an den Hauswänden einmauerte.

Vollpension kostete offiziell sechs Lire, es gab jedoch Rabatte und überhaupt eine höchst individuelle Preisgestaltung.

Zu den Mahlzeiten saßen die Gäste mit ihren Wirten gemeinsam an einem langen Tisch, aber wer nur vier Lire zahlen konnte, erhob sich nach der Suppe und dem zweiten Gang; wer fünf Lire aufbrachte, bekam noch Gemüse und Käse serviert, bevor er die Tafel den Sechs-Lire-Kostgängern überließ, die ihre üppige Mahlzeit mit Obst und Kaffee krönten.

Der bescheidene August aß natürlich nur sein Gemüse; und er bestritt die vielsprachige Unterhaltung. Dass bei ihm auch völlig mittellose Gäste nicht abgewiesen wurden, verstand sich von selbst und galt vor allem für die Künstler; und da Künstler einen umso gesünderen Appetit aufweisen, je weniger Geld sie haben, wurden sie wie die Sechs-Lire-Kunden verpflegt.

Am beständigsten erwies sich in dieser Hinsicht eine seltsame amerikanische Malerin, Lucy Flannigan, die lange vor Picasso ihre blaue und rosarote Periode hatte, weshalb ihre Caprilandschaften aussahen, als seien sie in eine Badewanne voll blauer Tinte gefallen oder als würden sie in Flammen aufgehen. Wer die Absicht äußerte, ihre Gemälde kaufen zu wollen, wurde stets geringschätzig abgewiesen. Sie blieb über vierzig Jahre, bis zu ihrem Tod, in der Pension, ohne je auch nur eine Lira zu zahlen, und August Weber fand, je mehr Zeit verstrich, dass man einen so treuen, anhänglichen Gast nicht vor die Tür setzen konnte.

Bei einer derartigen Kundschaft war die Strandpension ein sehr amüsantes, aber keineswegs einträgliches Unternehmen, was niemand zu bemerken schien, denn August wäre es nie eingefallen, eine Bilanz aufzustellen, und Raffaela hatte keinen Schimmer von Buchführung. Das war auch nicht nötig, da die Staatsrätin in München weiterhin pünktlich die monatlichen Goldtaler schickte.

 

Die letzten zehn Jahre des alten Jahrhunderts und die ersten fünfzehn des neuen müssen für alle Bewohner der Strandpension eine glückliche Zeit gewesen sein, besonders als drei Kinder geboren wurden, Giorgio, Maria – meine Mutter – und Matilde. Künstler aus aller Welt fanden Zuflucht in dem gastlichen Haus, das wie ein Kristall wuchs, und Weber war der sanfte, unauffällige König dieser friedlich-heiteren Kommune.

Er war immer beschäftigt, jede Tätigkeit kam ihm gelegen, vorausgesetzt, dass sie keinerlei Aussicht auf Verdienst bot.

Morgens um fünf läutete er eine Glocke, damit die uhrenlosen Fischer wussten, dass es an der Zeit war, auf Fang auszufahren. Er nähte für sich und seine Gäste Stoffschuhe und warb für »lederlos«, denn Lederschuhe bedeuteten ja den Tod eines Tieres. Seine vegetarischen Überzeugungen fasste er in Sinnsprüchen zusammen:

»Ich lass’ der Henne gern ihr Leben,

trinke nur das Blut der Reben.«

Oder noch prägnanter:

»Lieber Mohr als Karnivor!«

Er würdigte in seinen Knüttelversen die Schönheiten Capris, von den Faraglioni bis über die ganze Farbenskala der Grotten. Die Bewunderung für die Blaue verschlug ihm fast die Sprache:

»Da schweigt das Wort

und schwitzt der Pinsel:

Azzurra! Kleinod dieser Insel!«

Was ihm zur Grünen Grotte einfiel, war nicht so ekstatisch, bleibt aber etwas rätselhaft:

»Die Grüne Grotte sah ein grüner,

sehr grüner junger Herr.

Er ward davon noch grüner,

doch nicht moralischer.«

Die Hauswände der Strandpension genügten ihm längst nicht mehr, und er brachte seine Erkenntnisse auch auf den Mauern der Behausungen seiner weitverzweigten capresischen Verwandtschaft an, meist in viersprachiger Fassung.

»Der gute Adam, unser aller Vater,

vertrieben aus dem Paradies, was tat er?«,

fragt Weber und lässt uns nicht im Unklaren, denn er teilt gleich mit:

»Er tat nicht malen, tat nicht dichten,

als all sein Glück dort ward zunichten.

Dass seinem Schmerz Vergessen werde,

bebauet er die harte Erde.

Verse sind gar oft nur mies,

doch immer brauchbar ist Gemüs’.«

Dass seine eigenen Verse mies waren, sah er gern ein und wusste auch einen guten Grund dafür:

»Die Muse hat mich nie geküsst,

weil sie doch eine Jungfrau ist.«

Er sammelte von den Straßen die Pferden und Maultieren abgefallenen Hufeisen, setzte sie zu Buchstaben zusammen und machte daraus griechische und lateinische Aphorismen, die er ebenfalls an jedes freie Wandstück anbrachte – anscheinend eine für klassische Sprachen geeignete Typenart.

Jedes Thema inspirierte seine jungfräulich keusche Muse, aber sein Protest gegen Tiermord und die daraus folgende Werbekampagne für lederloses Schuhwerk beflügelten sie doch am häufigsten. Sogar der Russisch-Japanische Krieg wurde ein willkommener Anlass, denn:

»Japan gewinnt! Ich forsche sonder Ruhe:

In Japan trägt man lederlose Schuhe!«

Durch weitere Forschung sonder Ruhe ermittelte er auch, wie es gerupften Vögeln zumute ist:

»Es klagt der Vogel, welcher federlos,

es jauchzt der Mensch, der lederlos!«

Als die Staatsrätin kurz vor dem Ersten Weltkrieg hochbetagt starb, pilgerte August Weber, natürlich zu Fuß, zum letzten Mal nach München, von Zipré dazu veranlasst, der meinte, sein Schwager müsse sich persönlich darum kümmern, dass ihm sein Erbteil ausgezahlt werde. Offenbar jedoch kannten die beiden Münchner Schwestern ihren August besser als Zipré, denn sie schenkten ihm einen kleinen Druckapparat mit Gummitypen, was ihn so entzückte, dass er ihnen die Erbschaft überließ, »mit der man doch nur Scherereien gehabt hätte«.

Mit dem Druckapparat hingegen hatte er eitel Freude, denn jetzt konnte er sich einer neuen Tätigkeit widmen, dem Journalismus. Er gründete ›Laokoon‹, eine Zeitung in einem einzigen Exemplar, täglich von ihm verfasst, gedruckt und pünktlich jeden Nachmittag im bekannten Café Hiddigeigei auf der Piazza zur unentgeltlichen Lektüre ausgelegt.

Dieses unabhängige Organ verkündete vielsprachig Webers Weltanschauung, seine leider nicht ernst genommenen Warnungen vor dem drohenden Weltkrieg, Kommentare zu den Ereignissen auf der Insel und andere Mitteilungen:

»Drei Dinge sind fein;

Liebe, Tabak und Wein.

Fällst du mit der Liebe rein,

rauche und wandre

oder heirat ’ne andre.«

Auch surreale Begebnisse, nicht ohne Tragik:

»Ein Ehering, o weh,

verlor sein erstes E.

Er wurde zum Hering

und das war sehr übel,

denn man aß ihn als Rollmops mit Zwiebel.«

Als 1915 Italien aufseiten der Westmächte in den Krieg eintrat, sahen die Obrigkeiten in dem Deutschen August Weber wieder einen potentiellen Spion, der die Sicherheit des Staates gefährden konnte. Internierungslager für verdächtige Ausländer kannte man damals noch nicht, so wurde der sanfte alte Mann in ein Bergdorf der Abruzzen verbannt. Dort blieb der »Feind« über ein Jahr, während sein Sohn, inzwischen Medizinstudent, als italienischer Offizier an die Front geschickt wurde, um gegen die Deutschen zu kämpfen. Über die Absurdität des Krieges hatte sich Weber nie Illusionen gemacht.

Sein Schicksal ging allen nahe, und die sonst immer uneinigen Capresen waren diesmal einer Meinung: Er musste zurück auf die Insel. Eine vom capresischen Bürgermeister geführte Kommission erbat in Rom Audienz beim König, um ihm klarzumachen, dass es sich nur um einen forestiero pazzo handle, der völlig harmlos war, was dieser auch, leutselig, wie er war, einsah. Man durfte ihn gleich in seinem Exil abholen, auf die Insel geleiten und seiner geliebten Raffaela zurückgeben.

So wurden die Fischer nun wieder durch morgendliches Glockengeläut informiert, wann sie hinausfahren mussten; abgefallene Hufeisen, die sich inzwischen in rauen Mengen angesammelt hatten, fanden ihre Verwendung, und ›Laokoon‹ wurde wieder pünktlich im Café Hiddigeigei ausgelegt.

 

Die geniale Einfalt August Webers, seine Güte, sein kindliches Vergnügen an einem Reim, einem Wortspiel, seine weise, bedürfnislose Heiterkeit, seine schrulligen Einfälle haben alle bezaubert, die ihm begegnet sind, und seine einzigartige Persönlichkeit lebt heute noch in den Seiten der reichen Capriliteratur. Berühmte Schriftsteller wie Maxim Gorki, populäre wie Hans Heinz Ewers und viele andere, längst vergessene, sind angeregt worden, ihn zu porträtieren. Doch als Abgesang mögen die schlichten Worte gelten, die ein langjähriger Gast der Strandpension, Manfred Schneider, ihm kurz vor dem Tod widmete:

»… Der alte Weber hat lange weiße Haare und ein sehr gütiges, wie Baumrinde gefurchtes Gesicht. Er ist von vielen Menschen nicht ganz ernst genommen worden, von manchen ausgelacht worden. Ihnen allen ist er weit überlegen. Er hat unbekümmert sein eigenes Leben gelebt, genau so, wie er es für gut und schön hielt, und ist wahrhaft glücklich geworden …«

 

Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg müssen für die Besitzer der Strandpension sehr schwer gewesen sein. Goldtaler kamen keine mehr aus München, und die Kunden – größtenteils deutsche Wandervögel und durch die Revolution vertriebene Russen – waren alle, als Folge des furchtbaren Krieges, »arm am Beutel und krank am Herzen«. Letzteres Übel konnten sie bei Weber auskurieren, aber der Beutel war und blieb so leer wie die Kasse der Strandpension.

Glücklicherweise war inzwischen die jüngste Tochter, Matilde, so weit herangewachsen, dass sie die Führung übernehmen konnte, und mit großer Umsicht und einer Hypothek brachte sie es fertig, Familie und Haus über die härteste Zeit hinwegzubringen.

Dass es Matilde gab, war ein Geschenk der Vorsehung (wie wir vier Geschwister später an unserem eigenen Schicksal auch feststellen konnten), denn Maria, unsere Mutter, hatte Talente und Tugenden, aber, jedenfalls damals, keinen Funken von praktischem Verstand.

Maria war ein schönes, schüchternes, weltfremdes Kind und danach ein noch schöneres und, wenn möglich, noch schüchterneres und weltfremderes junges Mädchen. Im Gegensatz zu ihrer lebensbejahenden Schwester war sie tief melancholisch veranlagt, schien nur in ihrer Religiosität einen Halt zu finden und gelobte sich, als Nonne ins Kloster zu gehen, sobald man sie zu Hause entbehren könne.

Zwölfjährig verließ sie wegen einer Nervenkrankheit die Schule, und August Weber setzte zu Hause den Unterricht fort. Bei ihm lernte sie Deutsch, Englisch und Französisch, las alle Klassiker seiner reichhaltigen Bibliothek und die vielen Bücher, die die Großmutter aus München schickte.

Eine Zeit lang bekam sie auch Privatstunden in der russischen Sprache von einem Russen, der bei Maxim Gorki wohnte und oft in die Strandpension kam, um sich mit Weber zu unterhalten. Er hieß Wladimir IIjitsch Uljanow, war ein freundlicher, immer zu Späßen aufgelegter Herr, weshalb er sich bei den Capresen großer Beliebtheit erfreute. Sie nannten ihn Signor Drindrin, weil er beim Angeln immer entzückt »Drin, drin!« ausrief, wenn er merkte, dass ein Fisch anbiss. Eines Tages verschwand er, unberechenbar wie alle seine Landsleute, grußlos von der Insel. Er sei im Ausland, hieß es, und hätte seinen komplizierten Namen inzwischen zu Lenin abgekürzt. 1917 fuhr ihn dann ein plombierter Zug nach Russland und in die Weltgeschichte.

Von dem bei Lenin genossenen Sprachunterricht blieben Maria nur »Pozeluj« und »Spokojnoj notschi« in Erinnerung, nämlich »Kuss« und »Gute Nacht«, Vokabeln, die sich nur in sehr beschränktem Maße verwenden lassen.

Ihre Melancholie, aber nicht ihre Schüchternheit, milderte sich, als der Vater ihre musikalische Begabung entdeckte und sie Klavierstunden bekam, und die Begegnung mit der Musik muss für sie eine Offenbarung gewesen sein. Was ihr der einfache Klavierlehrer auf Capri beibringen konnte, hatte sie bald gelernt, und trotz des kläglichen Zustands der Weber’schen Finanzen in den Nachkriegsjahren setzte sie es durch, einmal wöchentlich nach Neapel fahren zu dürfen, um von dem bekannten Maestro Galiero weiter ausgebildet zu werden.

Er sagte ihr eine glänzende Karriere als Pianistin voraus, doch sie dachte an ihr Gelöbnis, Nonne zu werden. Es erleichterte sie, sich noch nicht gleich entscheiden zu müssen und mittlerweile weiter Klavier spielen zu können. Schließlich war, ihrer Ansicht nach, Musik dem Himmel noch am nächsten; Beethoven, Mozart und Schumann kamen für sie gleich nach dem lieben Gott, und auch mindere Komponisten hatten zwischen Engeln und Heiligen einen durchaus ebenbürtigen Platz. Viele Gäste und vor allem die Künstler, die in die Strandpension kamen, verliebten sich in das scheue, seltsame Mädchen, brachten es aber nur so weit, sie malen und ihr Gedichte widmen zu dürfen.

Am schlimmsten traf es einen skandalumwitterten Russen, Baschilow, der Lieblingstänzer des von den Revolutionären ermordeten Zaren. Er würde sein verruchtes Leben von Grund auf ändern, wenn sie ihn erhören wolle, schwor er, doch Maria fühlte sich dieser Aufgabe einer Bekehrung keineswegs gewachsen und verschanzte sich verschreckt hinter dem Klavier.

Der unglückliche Baschilow erschoss sich und wurde ganz am Ende des capresischen Friedhofs begraben, in ungeweihter Erde, wie es die katholische Kirche für Selbstmörder vorschrieb. Rückblickend kann man das kaum beklagen, denn eine Ehe mit dem verrückten Tänzer hätte bestimmt kein gutes Ende genommen.

Maria ließ die Jahre unbeachtet mit Gebeten und Etüden an sich vorbeigleiten. Sie war siebenundzwanzig, als eines Tages das Schicksal einen jungen deutschen Maler, für ihn völlig unprogrammmäßig, in die Strandpension verschlug, und nach ein paar Tagen entschied er ihr Schwanken zwischen Konzertsaal und Nonnenkloster mittels einer dritten Lösung: seine Frau zu werden und mit ihm nach Sylt zu ziehen.

3

August Weber starb 1928, als ich ein Jahr alt war. Wir Kinder haben ihn also nie kennengelernt, auch wenn wir unter seinem gütigen Lächeln, das auf vielen Porträts verewigt war, aufwuchsen und seine Verse an den Hauswänden buchstabierten, noch bevor wir in die Schule gingen. Als Großvater jedoch war er für uns keine Realität; seine astrale Gegenwart war mehr wie die des Herrgotts, von dem einem ja auch gesagt wird, dass er überall sei, obwohl ihn nie jemand zu Gesicht bekommt.

Unser richtiger, lebensechter Großvater, aus Fleisch und Blut und daher unbedingt glaubwürdig, war nur Opa in Westerland.

Otto Wiedermann muss ein sehr strenger, autokratischer Vater gewesen sein, wie es die damalige Zeit verlangte und er es wahrscheinlich vom eigenen Elternhaus her kannte. Seine Kinder erzählten sich noch als bejahrte Leute mit Schaudern, dass sie gezwungen wurden, das Blut von frisch geschlachteten Tieren zu trinken (»Ist gesund, macht keine Fisimatenten!«) – Weichlinge wollte er nicht aufziehen, bekamen sie gesagt.

Nur seinem Sohn Ernst wurde es erlassen, Karotten zu essen, weil er auch Schokolade ablehnte, und freiwilligen Verzicht auf Schokolade fand der Vater so abnormal, dass man einem solchen Kind auch unüberwindliche Abneigung gegen Karotten glauben durfte.

»Kinder müssen parieren!«, hieß es bei ihm damals, ein Grundsatz, den wir Enkel allerdings nie von ihm zu hören bekamen; im Gegenteil, wenn wir für eine Unart bestraft werden sollten, erhob er Einspruch: »Ach, lasst doch, ’s sind eben Kinder …«

Er entsprach ganz dem herkömmlichen Klischee: Harter Vater – butterweicher Opa, und ging so sehr in seiner großväterlichen Rolle auf, dass man ihn in ganz Westerland nur Opa Wiedermann nannte. Bestimmt fühlte er sich erleichtert, endlich der Erzieherpflicht enthoben zu sein, und genoss es, nun im Spiel mit uns dem lang zurückgedrängten Kind im Manne freien Lauf zu lassen. Er stand immer auf unserer Seite, was oft zu Auseinandersetzungen mit den Kindermädchen führte und vielleicht pädagogisch nicht vertretbar war, aber für uns, in einer Welt unnahbarer Erwachsener, eine beglückende Ausnahme darstellte. Ein weinerliches, stets missgelauntes Kind entschuldigen die Italiener mit einer Redensart: »Armes Wesen, es hat keinen Großvater.« Wir waren weder weinerlich noch misslaunig, denn wir hatten ja Opa.

Er stammte aus Weimar, wo seine Eltern das Hotel ›Thüringer Hof‹ besaßen, »das erste am Platze«, wie er behauptete. Die Schule muss er oft geschwänzt haben, um in den Wald zu laufen. Dort füllte er die Lücken seines Schulwissens mit einer umfassenden Kenntnis von Tieren und Pflanzen aus und gewann zu ihnen eine innige Vertrautheit, wie man sie nur durch liebevolle Beobachtung und nicht aus Büchern erlangen kann.

Unsere frühesten Kindheitserinnerungen an Opa sind zugleich Erinnerungen an Tiere und Pflanzen. Da war die Möwe Hansi, die er vom Westerländer Strand mit gebrochenen Flügeln nach Hause getragen hatte. Fliegen konnte Hansi nie mehr, aber sonst erholte sie sich prächtig und wurde jeden Frühling, wenn sie die Sehnsucht nach ihren Artgenossen packte, auf den Strand zurückgebracht. Jahre hindurch kam sie aus freien Stücken bei den ersten Herbststürmen wieder angetippelt, um im leeren Kaffeegarten zu überwintern und frech und despotisch hinter unserer kleinen Schwester Raffaela, die wir Ela nannten, herzulaufen und sie in die dicken Waden zu picken, aus Eifersucht: Sie fühlte sich vernachlässigt, weil Opa sich zu sehr mit seiner Enkelin abgab.

Ein Seehundsäugling, von den Eltern verlassen, wurde gerettet und mit der Milchflasche aufgezogen, bis er bei Hagenbeck zu Fischdiät und einem größeren Schwimmbecken umziehen konnte.

Opa baute Starkästen, fütterte Meisen mit Speck durch die verschneiten Wintermonate, entdeckte die ersten Störche, wanderte mit uns jeden Mai in den Lorsenhain, um Waldmeister für die Bowle zu sammeln, züchtete die schönsten Rosen, zauberte Radieschen und Teltower Rübchen aus dem kargen Sylter Erdreich, und auch als seine Hände schwer und gichtig geworden waren, behandelten sie die Tiere und Pflanzen immer noch zart und richtig.

Er brachte uns bei, dass man Regenwürmer nicht zertrampelt – wie jedes Lebewesen haben sie einen Sinn, denn sie lockern die Erde auf – und dass es kein hinreichender Grund ist, sie zu vernichten, nur weil sie nicht besonders hübsch sind.

Das Wort Ökologie hatte er bestimmt nie gehört, aber er handelte nach seiner Bedeutung. Seine Liebe zur Natur und die Sorge für ihre Bewahrung standen nicht im Gegensatz zu seiner lebenslangen Jagdleidenschaft, denn er hielt sich gewissenhaft an die Verordnungen, die Schonzeiten, Erbeutungsweise und den Schutz bestimmter Tierarten vorschrieben.

Sein Verhältnis zu Tieren war realistisch und daher frei von rührseliger Pietät. Der von ihm erlegte Hase schmeckte ihm ausgezeichnet; ein Osterlamm, das man unserer Mutter geschenkt hatte, hopste lange mit uns im Garten herum und wurde dann eines Tages hübsch gespickt von ihm aus der Bratröhre gezogen. Auch der vor jedem Weihnachtsfest lebendig gekaufte Karpfen, der erst in einen großen Wasserkübel kam, wuchs ihm nicht ans Herz, sondern wurde zum vorgesehenen Zeitpunkt mit einem raschen Messerstich seiner Vollendung als »Karpfen blau« zugeführt. »Was sein muss, muss sein«, sagte Opa gefasst.

 

Achtzehnjährig heiratete Otto eine Weimarerin; diese nicht gelungene Ehe wurde geschieden, als eine junge Westerländerin in den ›Thüringer Hof‹ kam, um das Hotelgewerbe zu erlernen, und er sich in sie verliebte. Sie ließen sich trauen, und im folgenden Herbst fuhr Otto mit seiner Frau Klara nach Westerland, um die Schwiegereltern und deren zehn Kinder kennenzulernen.

Ähnlich wie Webers Begegnung mit Capri sollte auch dies nur ein kurzer Aufenthalt sein und dauerte stattdessen viele Jahrzehnte, bis zum Tod. Die Abreise verschob sich nämlich für das frisch vermählte Paar, weil das vereiste Wattenmeer auf Monate den Schiffsverkehr unmöglich machte, und als das Meer endlich auftaute, hatte Otto inzwischen ein gerade zum Verkauf stehendes Haus mit anliegendem Kaffeegarten in der Strandstraße gekauft und beschlossen, sich auf Sylt niederzulassen.

Dort gebar ihm Klara vier Mädchen – Elsa, Mariechen, Trudel und Berta, Berbel gerufen – sowie einen Sohn, Ernst, unseren Vater. Ein weiterer Junge starb bereits als Säugling, »ein Opfer der Saison«, wie es in der Familie etwas geheimnisvoll hieß.

Außer der späten und zufälligen Ansiedlung der zwei Landratten auf Inseln gab es zwischen unseren Großelternpaaren noch andere Parallelen. Beide Ehen waren ungewöhnlich harmonisch und beruhten auf gegenseitiger Liebe und Verbundenheit: August huldigte seiner Raffaela mit Minnesang, auch als sie schon ein hohes Alter erreicht hatten, und redete sie stets mit dem respektvollen voi an; Ottos Liebesäußerungen waren wohl rauer, aber nicht weniger echt. Merkwürdigerweise glichen sich sogar die Mädchennamen der beiden Frauen, denn Desiderio bedeutet zu deutsch Wunsch, und Klara war eine geborene Wünschmann.

Als Menschentypen wirkten August und Otto grundverschieden, so genügsam und vergeistigt der eine, der andere genussfreudig und irdisch. Trotzdem verstanden sie sich ausgezeichnet, und die gemeinsame Liebe zu Tieren und Pflanzen gab wohl die Basis dafür ab. Kopfschüttelnd sahen die Capresen den beiden Herren nach, die hinter der gemieteten Pferdekutsche den beschwerlichen Weg von der Piccola Marina nach Anacapri zu Fuß zurücklegten, weil sie es nicht über sich brachten, dem armen Gaul auch noch zuzumuten, sie den steilen Pfad hinaufzubefördern.

Otto war nach Capri gefahren, um die Bekanntschaft seiner zukünftigen Schwiegertochter und deren Familie zu machen, und dieser Aufenthalt gefiel ihm ausgezeichnet, bis auf zwei Ausnahmen. An die Plattheit der Sylter Landschaft gewöhnt, schwindelte ihm vor den steilen Felsabgründen, und so konnte er die in einer Spirale an der Bergwand sich hochwindende Kruppstraße nur an der Hand geführt und mit verbundenen Augen zurücklegen. Von Rainer Maria Rilke wusste er nichts, aber er hätte die etwas merkwürdige Meinung des Dichters geteilt, es gäbe hier »zu viel Berge auf zu engem Raum«.

Weit größeren Anstoß jedoch nahm Otto an dem seiner Auffassung nach unverständlichen Verhalten der Capreser Jäger, und August, der inzwischen schon seit fünfundvierzig Jahren mit Versen, Inschriften und Klagen im ›Laokoon‹ sein Entsetzen über die von den Inselbewohnern mit Besessenheit ausgeübte Jagd auf Zugvögel kundtat, fand in ihm einen Verbündeten.

Vogeljagd, hauptsächlich auf Wachteln, die zweimal jährlich in dichten Schwärmen über die Inseln ziehen, war seit Urzeiten für die Einwohner eine Tradition, ein unübertreffliches Vergnügen – und nicht nur für sie. Sämtliche in Neapel regierenden Dynastien, von den Anjous bis zu den Bourbonen, beteiligten sich daran, und aus Furcht vor den Piraten, die den Golf unsicher machten, ließen sich die Herrscher von ihrer Kriegsflotte zur Insel begleiten, um sich waidmännisch auszutoben. Nicht tierfreundlicher verhielten sich die Kirchenfürsten. Die mittelalterlichen Bischöfe, oft selbst Jäger, hatten einer päpstlichen Verordnung nach Anrecht auf la decima, auf ein Zehntel aller auf Capri erlegten Zugvögel; auf die Weise bestritten sie ihren Unterhalt und gingen als »Wachtelbischöfe« in die Chroniken ein. Auch den frommen Mönchen der Certosa, raffinierten Feinschmeckern, schien der heilige Franz von Assisi erfolglos gepredigt zu haben, wie die überlieferten Kochrezepte für Wachteln und Gimpel beweisen.

Dass der Bischofssitz dann verlegt wurde und das Königreich Neapel Italien zufiel, tat der Jagdwut der Capresen keinen Abbruch; mit griffbereiter Flinte, aufgespannten Netzen und Fallen – die kleinen Jungen mit der Schleuder – passten sie ihre Opfer ab, kaum brachte der Schirokko die ersten, vom langen Flug ermüdeten Vögel in Sicht. Die freundlichen, umgänglichen Insulaner wurden bei Erscheinen der quaglie zu rabiaten Nimrods, die vor keiner Jagdmethode zurückschreckten.

Otto machte sich nichts aus den kulturhistorischen Umständen dieser Besessenheit, und anders als August, der, seiner sanften Natur gemäß, seinen Protest der Feder anvertraute, wetterte er lauthals auf Thüringisch gegen die etwas erstaunten und völlig ungerührten Capresen.

Seine Entrüstung erreichte den Höhepunkt, als am Ostersonntag, während des Hochamts, alle Gläubigen zur symbolischen Ehrung des auferstandenen Heilands Hunderte von Vögeln aus den Taschen zogen, die verschreckt hochflatterten und sich an den bunten Fenstern der Domkuppel die Köpfe einschlugen. Mit Augusts Beistand sprach er Viktor Emanuel dem Dritten, König von Italien, seine Meinung darüber in einem Brief aus, der unbeantwortet blieb. Unverrichteter Dinge musste Otto nach Sylt zurückreisen.

 

Auch Opa hatte Humor, und wir hörten ihm besonders gern zu, wenn er in seiner eigenartigen Mundart von seiner Kindheit erzählte. So war er einmal von einem der Streifzüge im Wald mit zerrissener Hose zu Hause erschienen, und seine Mutter hatte entrüstet ausgerufen: »Dein Bruder Franz hat die Hose fünf Jahre getragen, und du Lümmel hast sie den ersten Tag an, und schon ist sie hin!«