Mit dem Rucksack ins Abenteuer - Bärbel und Horst Kießling - E-Book

Mit dem Rucksack ins Abenteuer E-Book

Bärbel und Horst Kießling

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Beschreibung

Nach dem erfolgreichen 1.Band "Mit dem Camper ins Abenteuer",2020, bringt nun der 2.Band "Mit dem Rucksack ins Abenteuer" wieder eine abwechslungsreiche Vielzahl kurzer, unterhaltsamer, informativer und heiterer Geschichten und Anekdoten zu ganz besonderen Erlebnissen und Begegnungen, wenn das Autorenehepaar mit Bus, Flugzeug, Schiff, Eisenbahn und zu Fuß in der Welt unterwegs ist.

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Seitenzahl: 291

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Zum Buch

Nach dem 1. Buch, das Bärbel und Horst Kießling unter dem Titel „Mit dem Camper ins Abenteuer“ 2020 verfasst haben, drängte es sie nun zu einem 2. Band mit einer Auswahl von Berichten, Geschichten und heiteren Anekdoten, die sie, meist nur mit Rucksäcken auf dem Rücken und mit den obligatorischen Wanderstöcken, erlebt haben. Das weltoffene, kontaktfreudige Ehepaar hat alle diese Reisen mit Bussen, Sonderfahrzeugen, Flugzeug, Bahn oder Schiff, mit Freunden, in Gruppen oder ganz auf sich gestellt seit knapp 50 Jahren unternommen. Ihre sorgfältig geführten Reisetagebücher bilden auch für dieses Buch eine optimale Erinnerungsstütze, denn in der Vielzahl der Eindrücke, Erlebnisse und Begegnungen könnten sich sonst im Rückblick leicht Lücken, Unklarheiten und Fehler einschleichen.

So entstanden wiederum unterhaltsame, informative, spannende, heitere und erzählenswürdige Geschichten, die jeweils von einem/einer der beiden je nach Affinität zur Geschichte zu Papier gebracht wurden:

Striptease am Mount Meru – Auf High Heels im Kaukasus – Zu Tarzan und Jane am Misol ha - TransSib – „Great Men“ am Khyber-Pass – Beim Dattelkönig - Mariachi mit Pulque – Keine 100 km von Tschernobyl – Eiskalt auf den Mosesberg – Kumari, Göttin auf Zeit – Keine angebrüteten Eier!... und viele weitere Storys

Für unsere Familie,

für unsere Freunde zu Hause

und in aller Welt

Die Autoren

Bärbel und Horst Kießling leben als Ehepaar im Fichtelgebirge; er, ein echter Fichtelgebirgler, sie, in Berlin geboren, in Oberbayern aufgewachsen.

Beide engagieren sich vielfältig in der Region und weit darüber hinaus. Bis zu ihrem Ruhestand arbeiteten sie mit großer Begeisterung mit Erwachsenen und Kindern, sie als Referentin bei Fortbildungsveranstaltungen der Industrie und Verwaltung, er als Lehrer, Seminarrektor für Junglehrer, Schulamtsdirektor und Leiter des Staatlichen Schulamts im Landkreis Wunsiedel i. F., zusätzlich mit bayernweiten Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer in den Musischen Fächern.

Beide sind seit über 40 Jahren freischaffende bildende Künstler mit Malerei, Grafik, Kunst im öffentlichen Raum und in letzter Zeit mit spektakulären Kunstinstallationen in verschiedenen Ländern und erhielten die Auszeichnung als „Künstler der Metropolregion Nürnberg“.

Vor kurzem ist ihr Bildband „5 Jahrzehnte Kießling-Kunst im öffentlichen Raum“ im Selbstverlag erschienen.

Sie sagen von sich: „Jetzt sind wir mit 80 bzw. über 85 Jahren wohl etwas ruhiger geworden, fordern uns aber immer noch beim Wandern, bei Reisen mit dem Wohnmobil oder anderen Verkehrsmitteln, aber v. a. mit neuen Ideen, bei Kunstprojekten oder Lesungen. Wir blicken mit Optimismus und Neugier in die Zukunft.“

„Bei allem, was sie anpacken, sehen sie sich als Paar, das gemeinsam auf dem Weg ist“, so beschrieb die beiden vor kurzem ein Laudator bei einer Ausstellungseröffnung mit ihren Werken....

Die gefährlichste

Weltanschauung ist

die Weltanschauung der Leute,

die die Welt

nicht angeschaut

haben.

Alexander von Humboldt

Kapverdische Inseln: Tagestouren mit Guide in grandioser Landschaft

Inhalt

Einiges voraus

Nepal

Training für einen langgehegten Wunsch

„Namaste!“ in Nepal

Die erste Tour hat’s bereits in sich

Weltkulturerbe mit allem Drum und Dran

Ausgestoßen und doch froh

Ein toller Aussichtspunkt

Heiter-fromme Stimmung

TARA aus Kathmandu

Kumari, Göttin auf Zeit

Ganz besondere Schnitzereien

Leichenverbrennung am Heiligen Fluss

Tansania

Gut, zu wissen

Wo sind die Medikamente?

Striptease im Urwald

Der Hund ist schlauer

Willkommene Spende

Ein Ritual, das mir unter die Haut ging

Pakistan

Motivation durch besondere Begegnung

Planung und Realität

Was man so trägt

Shalwar Kamis für Bärbel

„Haus Immanuel“

Angst vor Lepra?

Konfuzius und Aristoteles

Ein deutscher Mann unter vielen Frauen

Zweimal PIA

Augen zu und durch

“Great Men” am Khyber-Pass

Die schönsten Puppen aus Thatta Kedona

Madeira

Da soll man sich auskennen!

Russland

Pensionswunsch TransSib

Stadtrundfahrt mit Hindernissen

Für 5 Dollar auf der Lok

„Flugzeug später!“

Der Kaugummi

Belarus

Schlagbaum, Uniform und strenger Blick

Brest, die einst heftig umkämpfte Stadt

In der Vorzeigehauptstadt Minsk

Engagement für den Frieden

Keine 100 km bis Tschernobyl

12769 Grabstätten

Oman

Märchenhaftes Morgenland

Beim Dattelkönig

Weihrauch, Rauch, Rauch

Ohne Plan, doch nicht planlos

Armenien und Georgien

Armenien, altes Kulturland

Auf High Heels im Kaukasus

Sevansee-Stimmung

Der Kreuzsteinkünstler

Was so alles passieren kann

China

Kann man da schon hin?

„Keine angebrüteten Eier!“

Der U-Bahn-Kreisel hilft

Der Granatapfelteppich im Rucksack

Namibia

Unterwegs auf weiten Strecken

Jeden Abend eine Überraschung

„Ombili-Projekt“

„Quads? Niemals!“

Mittelamerika

Mit PA-PA zu Majas und Azteken

82 km anstatt 15 000 km

Heiterer Indio-Markt

Zu Tarzan und Jane am Misol ha

Wache und schlafende Riesen

Mariachi mit Pulque

Maja, Azteken, Tolteken, Olmeken

Puebla, das „Rom Amerikas“

Serbien

Connections?

Bulgarien

„Sie kullern nicht!“

Rumänien

Mit dem „Bund“ in Siebenbürgen

Myanmar

Geister für jedermann und jeden Zweck

„MiMi“

Teure Ordinationszeremonie

Gambia

Vielleicht ganz interessant!

Menschen, Stoffe, Farben

In den Mangroven ist was los!

Tschechien

„Eine Italienerin in Algier“ durch die Hintertüre

Ägypten

Zu viert auf eigene Faust unterwegs

Auge in Auge mit Tut ench Amun

„Hilfe, meine Kontaktlinse ist weg!“

Die offene Wasserflasche

Eiskalt bis Abu Simbel

Kindergangs

Halsbrecherische Busfahrt

In besseren Kreisen: großmannssüchtige Gäste

Verfahren!

Stockdunkel auf den Mosesberg

Orientalische Zeitangaben

„Manöverkritik“

Zypern

Dass es sowas immer noch gibt!

Mit Aphrodite baden und Weltkulturschätze

Understatement, nur auf den ersten Blick

Geteilte Stadt, getrennte Kulturen

Frauen

Österreich/Schweiz/Frankreich

Schifahr‘n, Schifahr‘n, Schifahr‘n

Ein Traum von Matratze!

Anhänglicher Grenadinesirup

Im Fichtelgebirge mit und ohne Rucksack

Einiges voraus

Nach dem 1. Band „Mit dem Camper ins Abenteuer“, erschienen 2020, der von den Reisen der Autoren als begeisterte Camper in viele Gegenden der Welt erzählt, bringt dieser 2. Band nun eine Auswahl von unterhaltsamen und interessanten Geschichten, die ihre Reisen in Länder und Gegenden mit Bus, Flugzeug, Schiff, Mietwagen und zu Fuß geliefert haben. Und weil sich auch diese Storys weder arrangiert noch geplant oder gar vorgebucht einfach ergeben haben, erscheinen sie den Autoren besonders reizvoll, aufschlussreich und auch informativ zum jeweiligen Land, seiner Natur, zur jeweiligen Staatsform, zu den Menschen, denen sie dort begegnet sind.

In ihrer bekannt lockeren Erzählweise bringt das Autorenehepaar entweder in der Wir-Form bei gemeinsamen Rückschauen, Erinnern und Verfassen oder in der Ich-Form, die einmal für Bärbel, ein andermal für Horst stehen kann, Einzeltexte, die aus Gründen der Übersichtlichkeit dem Land zugeordnet sind, in dem die Geschichte spielt. Dabei steht jeder Text eigentlich für sich, es gibt keine systematisch aufbauende Abfolge. Diese Tatsache hat den angenehmen Vorteil, dass Leser/innen das Buch immer irgendwo aufschlagen und mit dem Lesen der jeweils in sich geschlossenen Geschichten beginnen und sich trotzdem gedanklich voll in die Situation hineinnehmen lassen können. Natürlich wurden in allen Texten sensible Daten über Namen und Orte von den Autoren behutsam geändert, um die Anonymität weitgehend zu wahren aber ohne dabei die Fakten außer Acht zu lassen. Wichtig ist dem Autoren-paar wiederum, dass alle Erzählungen den Tatsachen entsprechen, wofür v. a. das intensive Nacherleben und Nachlesen mit Hilfe der immer sehr sorgfältig geführten Reisetagebücher garantiert. Aber die Geschichten beschreiben und erzählen die Eindrücke, Erlebnisse und Begegnungen stets aus ihrer subjektiven Perspektive, die durchaus von manch anderen Meinungen und Beobachtungen oder durch manche Veränderungen und Entwicklungen vor Ort oder im Land abweichen kann.

Bärbel und Horst Kießling wünschen den Lesern/innen viel Freude und gute Unterhaltung bei ihren Storys aus vielen grundverschiedenen Ländern und vielleicht manche Parallelen zu eigenen Erlebnissen, Beobachtungen und Begegnungen…

Nepal

Training für einen langgehegten Wunsch

Schon lange gärte in uns der Wunsch, einmal Nepal zu besuchen. Wir wollten keine Hochgebirgstouren mit Sherpas unternehmen und keine Höhe über 3500 m überschreiten, sondern unser Ziel sollten ein paar markante Orte und Städte rund um die Hauptstadt Kathmandu sein, die außergewöhnlichen Bauten, Tempel und Klöster, heiligen Stätten, die Kultur und Lebensweise der Menschen und die ganz besondere Landschaft am Fuße der Achttausender.

Im Nachhinein muss man sagen, unsere damalige Entscheidung, Nepal zu besuchen, war zufällig glücklich gewählt, denn kurz danach traf das Land 2015 ein gewaltiges Erdbeben, dem viele Kultstätten und historische Gebäude, aber auch viele sonstige Bauten zum Opfer fielen. Und der komplette Wiederaufbau und die Rekonstruktion dieser vielen einmaligen Kunstschätze kann trotz weltumfassender Unterstützung einfach bis heute noch nicht abgeschlossen sein. Und manches dürfte wohl auch für immer untergegangen sein…

Übrigens keimte das Interesse an einer Nepalreise schon zu meiner Jugendzeit. Damals las ich Reiseberichte des einstigen Himalaya- und Asienerkunders Sven Hedin. Dabei bin ich auch auf den heiligen Vers „Om ma ni pad me hum“ gestoßen, der sich wohl wegen seiner Sprachmelodie bei mir stark eingeprägt hat, ohne, dass ich Genaueres darüber wusste. Ich war sogar irgendwie stolz, den Ausdruck an sicher unpassenden Stellen vor Kameraden zu gebrauchen. Irgendwann habe ich mich wohl näher damit befasst und etwas vom Sinn dieses heiligen Mantra-Verses der Buddhisten erkundet, der eigentlich aus sechs Elementen besteht: Om-ma-ni-pad-me-hum. Dieser Vers wird inzwischen ja auch bei manchen Meditationssitzungen bei uns verwendet und will helfen, gute Gedanken zu haben. Denn wo gute Gedanken wohnen, ist nicht gleichzeitig Platz für schlechte.

Es gibt übrigens viele Übersetzungen, aber es geht immer um die Befreiung von Lastern, wie Ignoranz (Om), Eifer-sucht (ma), Arroganz (ni), Gier (pad), Furcht und Trägheit (me) und Hass (hum), um auf den rechten Weg zur Erleuchtung zu gelangen. Und wer von uns hat nicht schon des öfteren ganz unreflektiert die heilige Silbe „Ommmm“ gebraucht und ihrem tragenden Klang nachgelauscht?

Andere Deutungen betonen die Verstärkung von Mitgefühl, Sensibilität, Einfühlungsvermögen, ergänzt durch Kraft und Klarheit. Eigentlich sind das wertvolle, lohnende Lebensziele, über die es sich wirklich lohnt, auch ohne Buddhist zu sein, nachzudenken…

Soviel – in einem kurzen Exkurs - zu meinen bereits in der Jugend angestoßenen Interessen an diesem Land am „Dach der Welt“.

Om Mani Padme Hum

Wir hatten uns also viel vorgenommen und wussten, dass die Nepaltour von uns einige Fitness forderte. Deshalb waren wir daheim schon viele Wochen vorher regelmäßig mit (oft unnötig) vollgepackten, schweren Rucksäcken unterwegs. Unser Trainingsberg vor der Haustüre war vor allem die knapp 1000 m hohe Kösseine, die wir mehrmals in der Woche in der Regel nach Arbeitsende gegen Abend mit unseren Stöcken möglichst flott bestiegen. Auch längere Wanderungen an freien Tagen über den Kamm des Fichtelgebirges standen damals auf dem Programm. Und dabei spürten wir, wie unsere Kondition von Woche zu Woche besser wurde. Das erfüllte uns mit Vorfreude und Selbstvertrauen auf Anforderungen, die wohl an den steilen Hängen zu erwarten waren. Ob uns manche „Hiesige“ damals für etwas „durchgeknallt“ hielten, immer wieder auf denselben Hausberg zu laufen, aus ihrer Sicht Unnötiges mit hinauf zu schleppen und auf dem Gipfel in der gemütlichen Wirtsstube nicht einmal bei einem schmackhaften „Schweinern“ und einem „Wonnesud“ der örtlichen Brauerei einzukehren, kann man sicher annehmen…

Trotzdem wird bei einem Nepalbesuch nicht nur steil bergan und bergab gewandert, sondern schon die gewaltigen Eindrücke im Tal der Hauptstadt überfordern sicher manchmal einfach die Aufnahmefähigkeit eines europäischen Touristen.

„Namaste!“ in Nepal

Mit Lauda-Air ab Wien erreichten wir in einem 5-stündigen Nachtflug gegen Mittag den flugtechnisch etwas anspruchsvollen Flughafen von Kathmandu auf 1300 m. Dass wir uns als Betreuung vor Ort den Summit-Club des Alpenvereins ausgesucht hatten, erweist sich bei den ganzen nachfolgenden Unternehmungen als Glücksgriff. Nicht nur der im Land oft übliche Empfang und Willkommensgruß mit ganz frisch gepflückten Blumenkränzen, sondern auch die erste Nacht des Eingewöhnens in einer Höhe von knapp 2000 m hoch über Kathmandu in einem angenehmen Zimmer mit Blick auf die Hauptstadt tief unten und die im Sonnenlicht gleißenden Bergketten gegenüber, ein tolles tibetanisches Abendessen mit viel Gemüse und Geflügel auf der kleinen Terrasse, zu dem sich auch unser Guide gesellte, waren bestens ausgewählt. Yanak spricht erstaunlich gutes Deutsch; das hatte er im Goetheinstitut in Kathmandu gelernt. Außerdem wirkt er überaus freundlich, hilfsbereit, umsichtig, eloquent und clever. Trotz dieser netten Situation und Yanaks interessanten Informationen über Land und Leute ziehen wir uns aber bald müde in unsere Betten zurück.

Doch das Einschlafen will nicht so schnell gelingen; ist es die Höhenumstellung, sind es die Nachwirkungen des Fluges oder die Aufregung und Vorfreude auf die nächsten Tage?

Die erste Tour hat‘s bereits in sich!

Wir hatten, wie gesagt, zumindest physisch reichlich trainiert und fühlten uns erfreulich fit. Doch schon die erste Tour von strammen, bergigen 7 Stunden machte uns klar, dass wir vielleicht noch mehr hätten trainieren sollen. Zwar war das Wetter herrlich, blauer Himmel mit einigen Fotowolken und ein begeisternder Blick auf die Sieben-und Achttausender ringsum, aber steiler bergauf ging es, als es im Fichtelgebirge irgendwo möglich ist. Schon die Vorhügel mit nicht einmal 2000m und der recht steile Campadevi mit 2278 m forderten uns. Seinen Gipfel ziert ein behäbig in der Landschaft stehender Stupa mit vielen, vielen bunten Gebetsfahnen, die lustig im Wind flatternd Gebete, Wünsche und Botschaften zu den vielen Göttern der Nepalesen senden. Eigentlich ein sehr schönes Ritual, das Hoffnung und Zuversicht verbreitet. Da könnten wir durchaus etwas davon lernen! Übrigens fanden wir bei einem unserer Islandtrips im einsamen Norden der Insel zumindest einen verwandten Brauch, mit vielen Fähnchen im Wind, an den uns die nepalesischen Gebetsfahnen erinnerten.

Die Tour führt dann hinüber zum Heiligen Berg Gorkhanath, der vor lauter Gebetsfahnen insgesamt zu flattern scheint. Eine großartige Szenerie, die uns fast vergessen lässt, regelmäßig zu den unbedingt nötigen Wasserflaschen zu greifen, um den Wasserhaushalt im Körper in der Region aufrecht zu erhalten. Viel, viel zu trinken ist hier ein Muss!

Unterwegs öffnet sich immer wieder der Blick auf terrassenförmig angelegte Reisfelder, auf denen v. a. Frauen ihre mühsame Arbeit verrichten, die jeden Rücken strapazieren muss. Andere Frauen schleppen uns überdimensioniert erscheinende, schwere Bündel mit Gras, Heu oder Holz in kleinen Trippelschritten zu Tal oder waschen am Bach die Wäsche, so wie es einst bei uns war.

Das Finale der rund siebenstündigen „Eingewöhnungstour“ führt uns noch, ebenfalls recht anstrengend steil, hinab zum Dakkhinkali-Heiligtum, indem zu Ehren der blutdürstigen Kali Hindu-Göttin regelmäßig Tieropfer zelebriert werden, bei denen viel, viel Blut fließt, Naja!...

Mit tollen ersten Eindrücken wieder zurück in der Lodge, ist das Duschen eine echte Belohnung für manches Mühen und Schwitzen.

Weltkulturerbe mit allem Drum und Dran

Die heutige Tour bietet nur Atemberaubendes. Da geht es mit dem Kleinbus zunächst in nordöstlicher Richtung heraus aus dem oft diesigen Tal von Bhaktapur. Die mautpflichtige Serpentinenstraße führt uns hoch hinauf, wo die Sonne vom wolkenlosen Himmel strahlt. Nicht sattsehen können wir uns an den in gleißendes Licht getauchten, weißen, majestätischen Himalayagipfeln im Norden und Osten bis hinüber zum Mount Everest. Und nach jeder Kehre tauchen neue Achttausender auf, deren Namen wir noch nie gehört haben, die aber manche Businsassen ehrfürchtig benennen können. Aber uns reicht der großartige Blick durch die zum Glück sauber geputzten Fenster des Kleinbusses.

Dann ist auf rund 2000 m Nagarkot erreicht, von wo wir über einen langgezogenen Bergrücken hinabwandern bis zum Weltkulturerbe Changu-Narayan-Tempel. Auf dem oft gefährlichen Weg an glitschigen Hängen sind wir dankbar für unsere Wanderstöcke. Eigentlich handelt es sich hier um einen ganzen Tempelbezirk mit kleinen Tempeln, Schreinen und Statuen, von denen einige nach einer Inschrift über 1500 Jahre alt sein müssen. Aber auch der pagodenhafte Haupttempel steht sicher schon einige Jahrhunderte dort. Beeindruckt haben uns an dem tollen Ensemble etwas außerhalb der Touristenwege hier neben den Tierpaaren als Wächter an den vier Eingängen, den Glocken, den Drachenfiguren, Messingtüren vor allem die sagenhaften Schnitzereien am Dach (wir kommen an anderer Stelle nochmals darauf zurück), die in filigraner Perfektion wohl mystische Themen zum Inhalt haben.

Zwischendurch stoßen wir immer wieder auf sog. „Heilige Männer“, die regungslos irgendwo sitzen, meditieren und auch betteln. Deshalb nennt sie unser Guide oft humorvoll „scheinheilige Männer“.

Zum Glück sehen wir die kunstvollen, einmaligen Bau-und Gestaltungsschätze noch vor dem großen Erdbeben, denn dieses hat den Kunstwerken hier sehr deutlich zugesetzt. Doch es wurde inzwischen fleißig und vor allem sachgerecht mit vielfältiger Hilfe von außerhalb überall repariert und restauriert.

Hier beten seit alters her die Hindus zu Chandu, Narayan und die Buddhisten zu Hari Vahan Lokeswar.

Die Überfülle an Schönem, Sehens- und Bestaunenswertem überfordert fast die Augen und die Speicherfähigkeit der Gehirnwindungen!

Als wir am Abend erschöpft in unser Quartier zurückkehren, überrascht uns der Koch mit einem fein abgeschmeckten und prächtig präsentierten Essen. Und guten Rotwein gibt’s auch!

Ausgestoßen und doch froh

Für die heutige Tour haben wir im Shivapuri-Nagarjan-Nationalpark nördlich der Hauptstadt ein besonderes Kloster eingeplant. Doch auf dem Weg dorthin lassen wir uns den Besuch von Budhanilkantha nicht entgehen. Hier befindet sich eine 5 Meter lange, schlafende Vishnu-Figur aus schwarzem Stein, im Wasser liegend, auf Schlangen ruhend, seit fast 1400 Jahren. Dieser Götter-Figur der Hindus wird täglich feierlich das Gesicht gewaschen und sie wird ständig mit Blumen geschmückt und ist umgeben von brennenden Öl- oder Butterlampen und Weihrauchschwaden. Das muss im November ein ganz besonderes Erlebnis sein, auch wenn man als Nicht-Hindu nur aus der Ferne dabei sein darf, wenn viele, viele Pilger das Erwachen des Shiva mit einem großen, farbenfrohen Fest feiern, das der Dreiheit Gott-Schlange-Wasser (Narayana genannt) gewidmet ist! Sie soll das Göttliche im Menschen, das jemals Gewesene in sich vereinigt und nun der Schöpfung durch Vishnu harrend, versinnbildlichen.

So von dem Gesehenen beeindruckt, steigen wir dank unserer Stöcke in kleinen Schritten auf dem auch hier von weißem Kalk recht glitschigen Pfad nun bergauf zum Nonnenkloster, das rund 2000 m über dem Tal liegt.

Und zunächst trauen wir unseren Ohren nicht recht, denn je näher wir kommen, desto deutlicher vernehmen wir ein fröhlich-kicherndes Geräusch von Mädchenstimmen. Und da kommen uns auch schon einige Novizinnen entgegen und begleiten uns die letzten paar hundert Meter lachend und palavernd bis zum Kloster. Das muss eine tolle Heim-statt sein! Die Mädchen und jungen Frauen ermuntern uns sogleich, sich mit ihnen fotografieren zu lassen. Ein heiliger Baum mit vielen Stofffahnen erscheint ihnen der geeignete Hintergrund zu sein. Jeder will ohne Scheu mit uns auf dem Foto sein. Und wenn wir dann schäkernd in der Sonne auf den Holzstufen des Klosters beieinandersitzen und über Gesten, Augenkontakt eine einfache Kommunikation über „Woher kommst du? Was macht ihr beruflich? Habt ihr Kinder? Wie viele? Wie alt?“ usw. entsteht, beeindruckt uns immer wieder die freundlich-offene, entspannte und heitere Atmosphäre, die die Frauen verbreiten. Vielleicht könnte man sie sogar als „warm“ bezeichnen, vor allem, wenn sie ohne aufdringlich zu sein den Körperkontakt vor allem zu Bärbel suchen, sie immer wieder an den Händen und Armen sanft berühren und streicheln und Glücksgefühle hin und her überspringen lassen, von denen wir sehr angerührt sind und lange – auch wieder in der Heimat zurück – darüber sprechen und davon erzählen…

Da platzt dann am Abend die Erzählung unseres Guides zu den Lebensgeschichten der Frauen wie eine kalte Dusche herein, macht aber auch noch mehr verständlich, warum die Frauen so befreit-geborgen und entspannt-glücklich erscheinen…und es wohl auch nach der sensiblen Verarbeitung ihres Schicksals mit Hilfe der älteren Nonnen sind. Unser Guide Yanak, der so gut Deutsch gelernt hat, berichtet nun die uns ganz betroffen machende Lebensgeschichte dieser Frauen in diesem besonderen Kloster, die wir hier nach seinem Bericht wiedergeben:

Alle Mädchen und Frauen, die jetzt so heiter und entspannt wirken, haben ein besonderes Schicksal hinter sich und werden hier erstmals in Würde aufgenommen und können ein behütetes, freies Leben führen.

Alle stammen durchwegs aus sehr ärmlichen Familien-Verhältnissen und wurden in sehr jungen Jahren von ihrer Familie nach Thailand geschickt, um der Prostitution nachzugehen und mit dem Geld die Familie daheim zu unterstützen. Waren sie zu alt geworden, stellten sich Krankheiten oder andere Probleme ein, mussten sie ihren „Job“ abgeben und in die Heimat zurückkehren. Hier gelten sie aber als Ausgestoßene, haben zudem keine Schulbildung und keinen Beruf, so dass sie wieder auf der Straße standen, zumal sie auch kein nepalesischer Mann als Ehefrau haben will. Und da bietet dieses besondere Kloster eine Zufluchtsstätte mit Geborgenheit, Sicherheit, nachträglicher Beschulung und Ausbildung zu einem Beruf, der im Kloster ein sinnvolles Leben ermöglicht. Und diese segensreiche Arbeit scheint der rechte Weg zu sein, um diesen Frauen ihre Würde, ihre Gesundheit, Sicherheit und Lebensfreude zurückzugeben.

Der fröhliche Empfang und die Begegnung mit ihnen und ihrem Kloster beeindruckte uns ungemein, und es war uns ein echtes Bedürfnis, den jungen Frauen mit großer Zuneigung, Freundlichkeit und Akzeptanz zu begegnen. Deshalb fiel unsere Verabschiedung später auch sehr emotional, fast ehrlich-liebevoll aus.

Ein toller Aussichtspunkt

Das eindrucksvollste, größte und besonders bedeutende Bauwerk des Buddhismus nahmen wir uns für heute vor und fuhren mit dem öffentlichen Touristenbus, den GreenLine Tours, wenige Kilometer an den nordöstlichen Stadtrand von Kathmandu nach Boudhanath.

Hier steht als UNESCO-Weltkulturerbe mit 36 m Höhe und 40 m Durchmesser der größte und eindrucksvollste Stupa des Landes, der laut Führer weit über 500 Jahre alt ist.

Nach kurzer Fahrt im überfüllten Bus halten wir in der Nähe der Klöster, in denen junge Mönche ausgebildet werden und laufen dann im Menschengewühl aus Einheimischen verschiedenster Rassen, zahlreichen Flüchtlingen aus Tibet und vielen Touristen zum Platz des Stupas. Hier haben sich inzwischen neben zahlreichen Hotels auch viele Souvenirgeschäfte angesiedelt, die vor allem feingemalte Mandalas und eine Vielzahl verschiedenster Figuren der buddhistischen und hinduistischen Götterwelt aus Stein, Metall und Holz anbieten. Angenehm ist, dass wir niemals von Geschäftemachern bedrängt werden und uns interessiert und ungestört umschauen können in der verwirrenden Vielfalt und Buntheit. Aber unser Interesse gilt vor allem dem lebhaften Geschehen rund um den Stupa, der mit der Kraft von 100 Millionen Buddhas beseelt sein soll. Hier sind Hunderte, ja Tausende von Buddhisten verschiedenster Rassen und Kasten, Sprachen, Dialekte, viele in erdfarben-braungrauer Kleidung, mit sonnengegerbten Gesichtern, Sherpas, einfache Bauern aus den Bergregionen, Männer und Frauen, Alt und Jung, ab und zu einige Europäer, Amerikaner oder Inder auf dem kraft- und heilspendenden Rundweg im Uhrzeigersinn um den Stupa unterwegs. Dabei wirken sie meistens ganz in sich gekehrt und drehen im Vorbeigehen, fast beiläufig, mit einer Hand die vielen Gebetsmühlen, die sich um den Stupa reihen.

Und auch wir werden den Stupa umrunden, wenn uns auch glaubensmäßig der Zugang zum spirituellen Hintergrund fehlt. Es gehört einfach zu einem Nepal-Besuch!

Diese Gebetsmühlen des Buddhismus und Hinduismus, angeordnet in angenehmer Greifhöhe rund um alle 4 Seiten des Stupas, sollen beim Angeschoben-werden mit der Hand und beim Drehen um ihre senkrechte Achse körperliche Aktivität mit geistig-spirituellen Inhalten verknüpfen, sollen den Menschen in den Pfad der Erleuchtung integrieren und durch die den Mühlen innewohnende Kraft aus Mantras und Gebeten mithelfen, ein gutes Karma aufzubauen, Leid zu beseitigen und Glück zu bringen.

Es gibt neben verschieden großen stationären Gebetsmühlen in langen Reihen und geschätzten Größen von etwa fiktiven 2 – 5 oder gar 10 Litern tonnenförmig umschlossenen Inhalt auch ganz kleine, in der Hand zu haltende (eine Art „Reise-Gebetsmühlen“) aber auch meterhohe Mühlen mit 1 bis 2 m Durchmesser. Immer tragen sie auf der Oberfläche Mantras, also magische Zeichen und Worte, die dann beim Drehen ihre Wirkung für den Menschen entfachen. Es soll neben den von Hand angestoßenen auch Mühlen geben, die der Wind oder das Wasser dreht, doch sind wir auf derartige Konstruktionen noch nirgends gestoßen.

Und trotz der vielen, vielen Menschen, der verschiedenen Völker und Rassen, die hier ständig in langsamer Bewegung um den Stupa kreisen, gibt es keinen Lärm, kein Gedränge, kaum einen lauten Ton; bestenfalls liegt über dem gesamten Platz ein Summen oder Brummen der Gebete, ein „Grundpegelrauschen“ aus den über 10 verschiedenen Sprachen, die in dem kleinen Land gesprochen werden, keine Musik, kein Gesang...

Da entdecken wir beim Rundgang um den Platz an einem Hotel direkt dem Stupa gegenüber einen Hinweis auf eine Dachterrasse, auf der man bei einem kleinen Essen oder einem Getränk direkt zum Stupa blicken kann. Das ist eine tolle Einladung! So steigen wir im turmartigen Treppenhaus hinauf zu dem angepriesenen Aussichts- und Speiseplatz und freuen uns, noch ganz vorne am einfachen Holzgeländer zwei prima Plätze zum Schauen ergattert zu haben. Auf Englisch bestellen wir uns schmackhaftes Curry mit Hühnerfleisch, Reis und Linsen, dazu ein Tuborg-Bier, das hier in Lizenz gebraut wird, und eine Flasche Wasser, bei der wir genau prüfen, ob sie wirklich original verschlossen ist. An Buttertee mit Salz oder Yakbutter, den Einheimische trinken, trauen wir uns nicht heran. Aber das Essen, das im Nu gebracht wird, bestens mit viel Knoblauch, Ingwer, Pfeffer und anderen exotischen Gewürzen abgeschmeckt ist, macht Freude und rundet das Aussichtserlebnis auf den Stupa prima ab.

Beim Bier haben wir viel Zeit, das Geschehen unten zu beobachten und auf uns wirken zu lassen. Von hier oben wird uns besonders deutlich, dass die gesamte Stupaanlage wie ein in Baukunst übersetztes Mandala aussieht. Auf einer riesigen weißen Halbkugel, die selbst wieder auf einem quadratischen Sockel mit den vielen Gebetsmühlen ruht, erhebt sich wie die Spitze eines Kirchturms die goldene, vierseitige Pyramidenspitze, unter der nach jeder der vier Richtungen ein riesiges gemaltes Augenpaar zu den andächtigen Menschen auf ihrem rituellen Weg schaut. Die goldene Spitze besitzt dreizehn Stufen und verjüngt sich dabei in dreizehn Schritten hinauf bis zur spirituellen Erkenntnis, bis zur Erleuchtung. Diese symbolischen dreizehn Stufen findet man an allen Stupatürmen. Meist sind die sogar komplett vergoldet.

Von unserem Aussichtspunkt fallen uns immer wieder viele kahlgeschorene, junge Burschen auf, die wohl aus verschiedenen buddhistischen Schulen kommen und die sich zusätzlich in der Kleidung unterscheiden. Doch die Farben braun und rot sind vorherrschend. Zuweilen sehen wir aber auch Leute mit Jeans und bunten Hemden in der Menschenschlange. Und dieser endlose Strom frommer Beter scheint nie zu enden. Gestört wird er nur manchmal von deutlich aufdringlichen Bettlern, die sich nicht an die frommen Rituale um das Stupa-Geviert halten, das von vielen Pilgern meist mehrmals umrundet wird.

Heiter-fromme Stimmung

Im Kontrast zu dem ernsthaften Umrunden des Stupas in Boudhanath wirkt das Treiben an der auf einem 1400 m hohen Berghügel liegenden Tempel– und Stupaanlage von Swayambhunath, die wir Tage später besuchen, viel entspannter, bunter und heiterer auf uns.

Über zahllose Stufen steigen wir hinauf, vorbei an kleinen Familientempeln und an Händlern und Gauklern mit frechen Affen, denen man keinesfalls mit Essbarem in der Hand begegnen sollte.

Schon von weitem empfängt uns Trommelmusik und ein buntes Sprachengewirr, obwohl seit über 100 Jahren Nepali die Amtssprache ist. Oben am Stupa bietet sich uns ein einmaliges Schauspiel zahlloser, verschiedenster Pilger von Hindus und Buddhisten, von Armen und Protzreichen. Und vor allem die sehr selbstbewussten Damen aus höheren Kasten präsentieren voll Stolz unübersehbar ihre feine Garderobe aus Goldbrokatstoffen, ihren reichlichen Schmuck, die großen Klunker und ihre wohlgestylten Frisuren. Auch sie umrunden den Stupa, drehen die Gebetsmühlen, schmücken zusätzlich Schreine und Götterstatuen mit reichlich Blumen, aber sie opfern auch zusätzlich- durchaus für alle sichtbar – großzügig Reis und vor allem Geld in Münzen und Scheinen. Und während dieser Meditations-, Präsentations- und Spendengänge hört man immer wieder das Schlagen der kleinen und großen „Ich-war-da-Glocken“.

Doch diese mehr vornehme Stimmung wird ziemlich abrupt unterbrochen von einer ländlichen Pilgergruppe, vielleicht sind die recht kleinen Menschen mit sonnenverbrannten Gesichtern vom Stamm der Sherpas, die uns Europäern nur als gewandte, leistungsfähige Bergführer bekannt sind. Mit brutal lauten und wenig tonreinen Schalmeien, die sie mit voller Kraft blasen, kommen sie den Berg herauf. Der laute, schnarrende Ton dieser Instrumente tut uns fast in den Ohren weh. Doch die anderen Menschen lassen sich davon in ihrer meditativen Versenkung nicht stören, vor allem nicht die dunkel-rotbraun gewandeten Mönche und kahlgeschorenen Novizen. Außerdem gibt es da noch sehr schaulustige Damen am Rand des Runds hinter geschnitzten Fensteröffnungen eines Pilgerhauses, die sehen ohne gesehen zu werden. Und über allem thront der allessehende, großzügig darüber hinwegsehende, gütige Stupa mit seinen bunten, lustig im Wind flatternden Gebetsfahnen.

Es ist für uns ein Eintauchen in eine ganz andere Welt recht heiterer, doch auch inbrünstiger Glaubensausübung mit viel Toleranz dem Fremden, dem Anderen und uns neugierigen Touristen gegenüber. Wir fühlen uns, trotz aller Fremdheit, richtig wohl, und die warme, angenehme Januar-Sonne tut ein Übriges.

Die TARA aus Kathmandu

Weil sich das Wetter eintrübte, wollten wir den Tag für einen ausgiebigen Einkaufsbummel nutzen.

Zuvor hatten wir in Pathan noch den Holzschnitzern zugeschaut, die mit viel Geschick und Erfahrung in Bretter wunderbare, reliefartige Gestaltungen nach alten Mustern und Vorlagen mit sicher Hand und scharfem Werkzeug schnitzen. Dann besuchten wir mehrere Mandalamaler, die in großer Konzentration mit feinen Pinseln diese inzwischen auch bei uns beliebten und bekannten, harmonisch aufgebauten, in sich geschlossenen meditativen Formen und Bilder auf besonderes Papier malen. Man könnte wirklich lang zusehen, wie die feinen Werke in ihren vielen Symmetrien und Harmonien wachsen. Stören oder ablenken sollte man diese Maler bei ihrer konzentrierten Arbeit nicht, aber schauen, schauen…und vielleicht auch später kaufen, so wie wir es mit einem eindrucksvollen, harmonischen Mandala auf schwarzem Grund für etwa 10 € gemacht haben. Auch einige weiche, bunte Pashmina-Schals für unsere Mädchen daheim haben wir irgendwo gefunden, und in einem anderen Laden, in dem es bunte Saris gab, lässt sich Bärbel das korrekte Binden dieses großen Tuchs zeigen. Zwei junge Frauen aus dem Geschäft demonstrieren das mit Begeisterung zunächst an sich, und dann muss es Bärbel lernen, und die Mädchen und Bärbel sind stolz, dass es so schnell klappt. Zur Erinnerung nehmen wir den Sari gleich mit.

In einem kleinen Gewürzladen, der nicht viel größer als zwei Quadratmeter ist, kaufen wir für ein nepalesisches Essen daheim verschiedene Gewürze und Zutaten, sowie besondere Linsen, Nudeln und nepalesischen Tee. Ein Verfalldaten auf den Waren sucht man dabei allerdings vergebens. Und dann gibt es noch eine unübersehbare Fülle von Stoffläden, Schmuckgeschäften und dazwischen sogar einen Metzger, der seine geschlachteten Hühner und anderes Fleisch im Staub der Straße nicht gerade appetitlich anbietet. Unsere Gesundheitsämter würden sich die Haare raufen! Aber zum Glück sterben ja beim Kochen oder Braten die meisten Keime. Überhaupt muss man sich in diesem Stadtviertel schon gewaltig an Staub, Abgasqualm der vielen Zweitakt-Mopeds und das Gewühl der vielen Menschen gewöhnen, die sich so gerne räuspern.

Doch dann entdecken wir in der Nähe des Königspalastes unter vielen anderen Schmuck- und Souvenirgeschäften ein hochwertiges, wohl international aufgestelltes Schmuckgeschäft, in dem eine kleine Metallfigur im Schaufenster unsere Blicke anzieht, sodass wir in den Laden hineingehen. Ein freundlicher, gut englischsprechender Herr zeigt uns die Figur und wir können sie genauer anschauen. Es handelt sich um eine gut handspannengroße Tänzerin oder Göttin aus 900er Silber in guten Proportionen und schöner, anmutiger, tänzerischer Bewegung, sehr fein ausgearbeitet, sauber punziert, mit solider Expertise. Die würden wir gerne mit nach Hause nehmen! Wir werden uns mit dem seriös wirkenden Geschäftsmann nach einigem Handeln über den Preis einig, doch wollen wir uns - aus verhandlungsstrategischen Gründen – noch nicht endgültig entscheiden und verlassen das Geschäft mit dem Hinweis auf Bedenkzeit. Erst am nächsten Tag gehen wir nochmals hin und handeln einen Endpreis von gut 200 € aus und lassen die Figur für uns einpacken. Zurück in unserem Quartier wird sie natürlich schnell wieder ausgepackt und in unseren Händen wirkt die kleine Plastik noch faszinierender, schöner, harmonischer und handwerklich-künstlerisch optimal gelungen, was sich vor allem in der eleganten Bewegung der Hand- und Fingerhaltung und des Faltenwurfes des Stoffes zeigt. Wir sind glücklich, dass wir hier zugeschlagen haben.

Laut Auskunft des Händlers und der Expertise handelt es sich um die dem Gott Shiwa zugeordnete Göttin Hawarti, vielleicht ist es aber auch „Tara“, wie unser Guide meint. Was soll’s? Die kleine Silberfigur gefällt uns auch nach Jahren noch und steht bei uns auf einem beleuchteten Podest und fühlt sich bei uns als „Tara oder“ wohl.

Kumari, Göttin auf Zeit

An einem Sonntag stoßen wir auf dem zum Durban-Square gehörenden Hanuman-Platz zufällig in ein besonderes Ereignis, das es nicht jeden Tag in der Hauptstadt zu sehen gibt. Der Platz wird für ein Großereignis vorbereitet; überall werden Götterstatuen herbeigeschafft und aufgestellt. Man ist voll beschäftigt mit den Vorbereitungen der Inthronisation einer neuen Kumari am nächsten Tag, einer neuen Inkarnation der weiblichen Gottheit Thaleju. Heute wird das ausgewählte Mädchen noch als „Normalmensch“ in einer Sänfte zur Probe hereingetragen. Morgen wird sie eine Göttin auf Zeit sein. Thaleju war die wichtigste Göttin der nepalesischen Könige und ist zugleich die Schutzheilige des Kathmandu-Tals. Sie wird von Buddhisten und Hindus gleichermaßen verehrt. Und dieser Kult geht auf eine Jahrhunderte alte Legende zurück, in der der König irgendein Versprechen abgegeben hatte. Kumaris stammen immer aus der Kaste der Gold- und Silberschmiede. Das Mädchen wird im Alter von 3 – 4 Jahren nach 32 Kriterien von Newar-Priestern ausgewählt. Es muss unter anderem Schönheit, Mut, Eloquenz, gute Herkunft und sympathische Gesamterscheinung ausstrahlen und darf als Kind noch nie einen Tropfen Blut verloren haben. Deshalb kann es auch nur bis zur Menstruation eine als Göttin verehrte menschliche Kumari-Göttin sein, die Inkarnation der Göttin Thaleju mit deren Kräften sie beseelt wird.

Nach dem Ritual der Inthronisation wird dieses junge Kumari-Mädchen in ihren Palast einziehen und dort ständig außerhalb ihrer Familie von Dienern umgeben wohnen. Zuweilen wird sie sich an den diagonal vergitterten Fenstern ihres Palastes blicken lassen oder ganz selten auf ihrem riesigen Prunkwagen besondere Feste besuchen oder einst den König oder heute den Präsidenten von Nepal segnen. Immer wird die Kumari getragen, denn ihre Füße dürfen den Erdboden nicht berühren. Heutzutage erhält eine Kumari auch in ihrem Palast eine bescheidene schulische Ausbildung. Sobald aber das Mädchen den ersten Bluttropfen bei der Menstruation verliert, verliert sie auch die göttliche Kraft. Sie muss dann ihr Kumari-Dasein beenden und als Normalsterbliche aus ihrem „Goldenen Käfig“ zurück in ein normales Leben finden.

Aber durch das jahrelange göttliche Leben, das Umsorgt-und Abgeschiedensein sind der ehemaligen Kumari ganz profane Dinge und Vorgänge und Kontakte mit einfachen Menschen auf gleicher Ebene oder mit dem männlichen Geschlecht völlig fremd, so dass sie selten eine Arbeit oder einen ganz normalen Mann findet und eine Familie gründen kann.

Wir als Europäer wundern uns, dass solche Rituale in einer eigentlich zivilisierten Gemeinschaft heute überhaupt noch möglich sind und akzeptiert werden. Schade um diese Göttin auf Zeit, aus unserer Sicht!

Ganz besondere Schnitzereien

Das folgende Kapitel verwendet sehr deftige, vielleicht gewöhnungsbedürftige Begriffe, so dass wir es durchaus verstehen, wenn es überlesen wird…

Doch wir wollen diesen aufwendigen, eindrucksvollen aber unserem Empfinden nach nicht unbedingt zugänglichen, feinen mittelalterlichen Schnitzereien und Steinmetzarbeiten an vielen Orten, Hindu-Tempeln, Palästen und sonstigen Gebäuden, an Balken, Streben und Fenstern im Kathmandu-Tal ein Kapitel widmen, weil sie sich von aller Schnitz-, Steinmetz und Gestaltungskunst an öffentlichen Gebäuden, Schlössern und Kathedralen in unseren europäischen Ländern gewaltig abheben und zunächst so gar nicht zum frommen Treiben an anderen Stellen des Landes passen wollen.

Da sieht man z. B. am Königspalast, der sofort durch sein vergoldetes Tor und die riesige Bronzeglocke auffällt, nicht nur zahllose Götter, Göttinnen, Dämonen, Statuen von Tieren, sondern man entdeckt in vielen Schnitzereien meist im Dachgebälk oder an Tür- und Fensterfassungen nicht nur auf den zweiten Blick hocherotische Darstellungen, die man in unserem Kulturraum niemals öffentlich zeigen würde oder dürfte. Sie wollen nicht zur Nachahmung anregen, sondern sie sollen immer die produktive, positive Schöpfungskraft des Sexuellen in allen Versionen darstellen, so sagte man uns.