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Die schönste Nebensache der Welt ist in den letzten Jahrzehnten zu einer bedeutenden Businessbranche geworden. Die enorme Aufmerksamkeit bringt eine große Verantwortung für die Deutsche Fußball Liga (DFL) und deren Mitgliedsvereine mit sich. Mit der Mitteilung, dass Nachhaltigkeit ab der Saison 2023/24 Lizenzierungskriterium werden soll, machte die DFL Ende 2021 Schlagzeilen. Damit verpflichtet sich die Liga und somit alle Mitgliedsvereine per Satzung zu einem verantwortungsvollen Wirtschaften, sozialem Engagement und Umweltschutz. Ziel ist es, die nachhaltigste Liga der Welt zu sein. Es wird zu beweisen sein, wie ernst die Ankündigung gemeint ist und in welchem Ausmaß die Auflagen ausgearbeitet sein werden. Festzuhalten ist, dass die Clubs nicht erst seit diesem Beschluss Konzepte entwickelt, Schwerpunkte festgelegt und Grundsteine für ein nachhaltiges und glaubwürdiges Engagement gesetzt haben. So verfolgt beispielsweise der 1. FSV Mainz 05 als einer der ersten Vereine eine Strategie in Bezug auf das ökologische Engagement und feierte im Jahr 2020 zehn Jahre Klimaneutralität. Der SC Freiburg nutzt die eigene Strahlkraft, um mit den "Sport-Quartieren" Vereine, Schulen, Kitas und Menschen in der Region wieder näher zusammenzubringen. "Werder bewegt - lebenslang" so heißt die CSR-Marke, die der SV Werder Bremen bereits 2012 gründete. Unter diesem Dach bündelt der Verein sein gesellschaftliches Engagement. Bei der TSG Hoffenheim gibt es seit 2019 eine Stabsstelle "Unternehmensentwicklung", in welcher das Thema CSR und "TSG ist Bewegung" als eine der definierten Zukunftsaufgaben eingebettet ist.
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Seitenzahl: 82
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Die Mannheimer Beiträge zur Betriebswirtschaftslehre werden von den Professor*innen der Fakultät Wirtschaft Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim (DHBW) seit dem Jahr 2004 herausgegeben. Diese werden durch ein Editorial Board vertreten.
Die DHBW ist die erste staatliche duale Hochschule in Deutschland mit dem besonderen Merkmal der konsequenten Verzahnung des wissenschaftlichen Studiums mit anwendungsbezogenem Lernen in der Arbeitswelt. Sie wurde am 1. März 2009 gegründet und führt das seit über 45 Jahren erfolgreiche duale Modell der früheren Berufsakademie Baden-Württemberg fort.
Zielsetzung der Mannheimer Beiträge ist, die Diskussion zwischen Hochschule, Wissenschaft und Praxis zu fördern. Das Themenspektrum erstreckt sich auf Forschungsfragen aus dem gesamten Spektrum der anwendungsbezogenen Wirtschaftswissenschaften und fokussieren insbesondere den Theorie-Praxis-Transfer.
Die jeweiligen Bände unterliegen einem internen Begutachtungsprozess, sodass der wissenschaftliche Anspruch, die Aktualität und die thematische Passung sichergestellt werden.
Weitere Informationen auch zu den bisher erschienen Bänden erhalten Sie unter: https://www.mannheim.dhbw.de/forschung-lehre/schriftenreihe
Die schönste Nebensache der Welt ist in den letzten Jahrzehnten zu einer bedeutenden Businessbranche geworden. Die enorme Aufmerksamkeit bringt eine große Verantwortung für die Deutsche Fußball Liga (DFL) und deren Mitgliedsvereine mit sich. Mit der Mitteilung, dass Nachhaltigkeit ab der Saison 2023/24 Lizenzierungskriterium werden soll, machte die DFL Ende 2021 Schlagzeilen. Damit verpflichtet sich die Liga und somit alle Mitgliedsvereine per Satzung zu einem verantwortungsvollen Wirtschaften, sozialem Engagement und Umweltschutz. Ziel ist es, die nachhaltigste Liga der Welt zu sein. Es wird zu beweisen sein, wie ernst die Ankündigung gemeint ist und in welchem Ausmaß die Auflagen ausgearbeitet sein werden. Festzuhalten ist, dass die Clubs nicht erst seit diesem Beschluss Konzepte entwickelt, Schwerpunkte festgelegt und Grundsteine für ein nachhaltiges und glaubwürdiges Engagement gesetzt haben.
So verfolgt beispielsweise der 1. FSV Mainz 05 als einer der ersten Vereine eine Strategie in Bezug auf das ökologische Engagement und feierte im Jahr 2020 zehn Jahre Klimaneutralität. Der SC Freiburg nutzt die eigene Strahlkraft, um mit den „Sport-Quartieren“ Vereine, Schulen, Kitas und Menschen in der Region wieder näher zusammenzubringen. „Werder bewegt – lebenslang“ so heißt die CSR-Marke, die der SV Werder Bremen bereits 2012 gründete. Unter diesem Dach bündelt der Verein sein gesellschaftliches Engagement. Bei der TSG Hoffenheim gibt es seit 2019 eine Stabsstelle „Unternehmensentwicklung“, in welcher das Thema CSR und „TSG ist Bewegung“ als eine der definierten Zukunftsaufgaben eingebettet ist.
Abstract
Abbildungsverzeichnis
1. Corporate Social Responsibility und Profi-Fußball – eine nicht alltägliche Verbindung
1.1. Einführung
1.2. Profisport und CSR: der Fußball in der Verantwortung
1.3. Die Fußball-Bundeligisten: Verantwortung als Verpflichtung
2. Corporate Social Responsibility – Eine theoretische Bestandsaufnahme
2.1. Einordnung und aktueller Stand der CSR Berichterstattung
2.1.1. Definitorische Eingrenzung
2.1.2. Entwicklungslinie des CSR Verständnisses
2.1.3. Geltungsbereich und Wirkung des Berichtswesens
2.2. Spannungsverhältnis CSR und Compliance
2.3. Motive für CSR-Maßnahmen in Organisationen
3. Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung als zukunftsweisendes Grundverständnis von Profi-Fußballclubs
3.1. CSR in der Fußball-Bundesliga
3.2. Der deutsche Profi-Fußball im Wandel – intrinsische Motivation und Druck von außen
3.3. Von der „Taskforce Zukunft Profi-Fußball“ zur Lizensierungsauflage Nachhaltigkeit für Bundesliga und 2. Bundesliga
3.4. Vielfältige Club-Engagements – ein kurzer Einblick
4. FSV Mainz 05: Wie ein Bundesligist bereits 2010 klimaneutral wurde
4.1. Positive Grundeinstellung und umfangreiches Engagement
4.2. Positive Grundeinstellung trifft auf inhaltliche Partnerschaften
4.3. Klimaneutralität als Impuls für weiterführende Maßnahmen: Der CO
2e
-Fußabdruck als Grundlage
4.4. Energiemanagement
4.5. 05ER Klimaverteidiger
4.6. Klimafreundliche Events
4.7. Klimaneutraler Verein der Bundesliga und heute einer unter vielen? - Wie sich der 1. FSV Mainz 05 weiterentwickeln möchte
5. SC Freiburg – mehr als Fußball
5.1. Nachhaltigkeit beim SC Freiburg
5.2. Aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen
5.3. Die Sport-Quartiers-Idee
5.4. Die SC-Bausteine der Sport-Quartiers-Idee
5.4.1. Kindertagestätten:
5.4.2. Grundschulen
5.4.3. Vereine
5.4.4. Bolzplätze
5.4.5. Kindertagestätten, Grundschulen, Vereine
5.5. Bundesliga bewegt
5.6. Fazit
6. SV Werder Bremen: „Gemeinsam zukunftsfähig“ Stakeholder-Workshop im Sinne der Nachhaltigkeit
6.1. Nachhaltigkeitsgedanke hält Einzug in den Profi-Fußball (Julia Düvelsdorf)
6.2. SV Werder Bremen: Vorreiter im Bereich der Nachhaltigkeit (Julia Düvelsdorf)
6.3. Fansicht: Wie sehen wir das Thema Nachhaltigkeit im Fußball? Was sind unsere Erwartungen an den SV Werder Bremen? (Kirsten Sander)
6.4. Ökologische Nachhaltigkeit: Entwicklung eines Stakeholder-Workshops (Kirsten Sander)
6.5. Stakeholder-Workshop
6.6. Herausforderungen und Bedarfe zum Thema „Ökologische Nachhaltigkeit“
6.7. Fazit
7. TSG Hoffenheim: Umoja – unity in motion Wie eine nachhaltige Textilmarke mit der Zukunftsstrategie der TSG Hoffenheim zusammenhängt
7.1. Umoja als Projekt der Zukunftsstrategie „TSG ist Bewegung“
7.2. Die Nachhaltigkeitsstrategie der TSG Hoffenheim
7.3. Ein Unglück als Impuls
Die Autor*innen
Abbildung 1: Wünschen Fans mehr Bestrebungen der Vereine im Sinne der Nachhaltigkeit?
Abbildung 2: Wie bewerten Fans die Nachhaltigkeitsbestrebungen ihrer Lieblingsclubs?
Stefanie Reuter und Petra Thalmeier
Sport und Corporate Social Responsibility ist in vielerlei Hinsicht noch wissenschaftliches Neuland und trotz einer starken Zunahme der Auseinandersetzung mit den Fragestellungen rund um die gesellschaftliche und ökologische Verantwortung von Organisationen ein noch wenig beleuchtetes Thema. Vor allem in der Breite der Sportbranche lässt sich eine große Heterogenität im Umgang mit CSR feststellen. Eine systematische Auseinandersetzung und damit auch Einordnung von CSR Maßnahmen in die Arbeitsabläufe von Vereinen liegen nur vereinzelt vor. Das mag dahingehend erstaunen, da die Sportbranche in Deutschland primär als Non-Profit-Sektor gesehen wird. Knapp 90.000 Turn- und Sportvereine sind unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) organisiert.1 Aufgrund dieser historisch gemeinnützen Sportbewegung gilt Sport in Deutschland als gesellschaftsorientiert und fester Bestandteil einer Zivilgesellschaft mit bürgerlichem Engagement. Damit ist unmittelbar aufgrund dieses Verständnisses eine Verknüpfung zur Leitidee der ökologischen wie gesellschaftlichen Verantwortung von Aktivitäten von Organisationen gegeben.
Erst durch die zunehmende Kommerzialisierung des Sporttreibens einerseits und die Medialisierung des Spitzensports andererseits entwickelte sich die Sportbranche zu einem Mehrsektorenmodell, das in Teilbereichen klaren Marktstrukturen folgt und somit im Prinzip austauschbar mit dem anderen Wirtschaftsleben geworden ist.2
Mit dieser Angleichung werden aber auch die Ansprüche an das wirtschaftliche Handeln der etablierten Wirtschaftszweige adaptiert und sogar als notwendig erachtet, sodass auch hier CSR, wie dies der Beitrag von Thalmeier zur Aufgabe von jedweder Organisation in ihrem Artikel verdeutlicht, Berücksichtigung finden muss.
Eine Vorreiterrolle nimmt bei CSR-Maßnahmen in der Sportbranche der Profi-Fußball ein. Obwohl lediglich Borussia Dortmund als kapitalmarktorientiertes Unternehmen einer handelsrechtlichen CSR-Berichterstattung unterliegt, sind für Fußball-Bundesligisten CSR-Maßnahmen ein wesentlicher Bestandteil ihres Selbstverständnisses. Sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen, bedeutet nicht nur gesetzliche Vorgaben einzuhalten, sondern zeigt sich besonders aufgrund einer Freiwilligkeit und einer Selbstverpflichtung heraus zu agieren. In welchen Facetten dieses Selbstverständnis sich zeigt und wie lange schon die Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga in CSR-Projekte involviert sind, vermittelt Reuter in ihrem Beitrag. Umso erstaunlicher, dass die DFL eine Lizenzierung erst ab der Spielsaison 2023/24 an das Kriterium der Nachhaltigkeit knüpft.
Die Bundesligisten engagieren sich in erster Linie regional für alternative Projekte im Bereich CSR. Und hierbei handelt es sich mitnichten nur um im Eigeninteresse liegende Aktionen wie beispielsweise die „Fanbindung vor Ort“. Vielmehr sehen die lokale Verortung und die Herkunft der Bundesligisten als Teil bzw. Ausgliederung von gemeinnützigen eingetragenen Vereinen, schon traditionell ein Engagement vor Ort vor. Denn beispielsweise ist das Arbeiten mit Kindern oder auch die Integration verschiedener sozialer Gruppen seit je her eine Aufgabe von Sportvereinen.
Aber an dieser Stelle soll das Augenmerk auf die Aktivitäten der Proficlubs fallen, die natürlich mit Spielergehältern weit über dem Durchschnittseinkommen, Sponsorendeals im siebenstelligen Euro-Bereich oder auch VIP-Bereichen bzw. Logen und Stadionbauen ein wirtschaftliches Geschäftsmodell betreiben.
Um dies im Kontext der CSR darzustellen, werden hier stellvertretend besondere Leistungen, Aktionen und Strategien vorgestellt, die über das zu erwartende hinausgehen und Vorbildcharakter besitzen.
Als Pionier kann man dabei mit Fug und Recht unter anderem den 1. FSV Mainz 05 bezeichnen (siehe den Beitrag von Mayer), der als erster klimaneutraler Club der Fußball-Bundesliga gemeinsam mit dem damaligen Hauptsponsor ENTEGA für das innovative Sponsoring-Konzept den Marketingpreis des Sports bereits 2011 erhielt3, als anderorts CSR meist in den Kinderschuhen stand.
Der SC Freiburg zeigt durch den Beitrag von Rauber deutlich im Sinne der Verantwortung eines Vereins für die Menschen vor Ort, dass man „mehr als Fußball“ ist und verschiedene sportinteressierte Interessengruppen, soziale Schichten und auch gesellschaftliche Themen relevant sind und Teil der Clubkultur sind.
Auch der SV Werder Bremen, der als einer der ersten Clubs bereits ein umfangreiches CSR-Konzept erarbeitete, stellt den Menschen in den Mittelpunkt, wo durch den Beitrag von Düvelsdorf & Sander erläutert wird, wie man die Stakeholder durch eigene Veranstaltungsreihen mitnehmen und für nachhaltigen Umgang und Verhalten sensibilisieren will.
Der abschließende Beitrag von Wagner zeigt dann einen Teil der Zukunftsstrategie der TSG Hoffenheim, in der klar verdeutlicht wird, dass Gewinnoptimierung nicht immer der erste Anspruch sein muss. Aus einer vereinsinternen Tragödie kam die Inspiration, anstelle durch die Akquise eines neuen Sportartikelausrüsters die Sponsoringeinnahmen zu erhöhen, eine eigene, langfristige Eigenmarke zu kreieren, die zum Verein und der Nachhaltigkeitsstrategie passt und eine ganz andere Art der Verbindung Ausrüster und Verein verspricht.
Dinkel, M. (2011): Das Trosiensche Sportbranchenkonzept, in: Dinkel, M./Siegert, A./Brager, L., Einblicke in Theorie und Praxis, Heidelberg, S. 47-62.
DOSB (2022): Mitgliedsorganisationen, in: https://www.dosb.de/ueberuns/mitgliedsorganisationen, 15.05.2022.
ESB Europäische Sponsoring-Börse (2011): Mainz 05 gewinnt Marketingpreis des Sports – ein Vorbild für Nachhaltigkeit, in: https://www.esbonline.com/news/artikel/mainz-05-gewinnt-marketingpreis-dessports-ein-vorbild-fuer-nachhaltigkeit/ 16.05.2022
1 Vgl. DOSB (2022), o.S.
2 Vgl. Dinkel, M. (2011), S. 47 ff.
3 Vgl. ESB Europäische Sponsoring-Börse (2011), o. S.
Petra Thalmeier
2.1.1. Definitorische Eingrenzung
Corporate Social Responsibility (CSR) umfasst alle Aktivitäten von Organisationen, die darauf gerichtet sind, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.4 Damit werden primär nichtwirtschaftlichen Zielen von Organisationen eine große Bedeutung eingeräumt. Organisationen sind somit nicht nur für ihr ökonomisches, sondern auch für ihr ökologisches als auch soziales Handeln verantwortlich. Betriebswirtschaftlich ist CSR ein Teil der normativen Unternehmens- und Organisationsführung5