„Mitten im Gelärm das innere Schweigen bewahren“ - Peter Zimmerling - E-Book

„Mitten im Gelärm das innere Schweigen bewahren“ E-Book

Peter Zimmerling

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Beschreibung

Der Bad Herrenalber Akademiepreis 2014 wurde dem Leipziger Theologen Peter Zimmerling verliehen. Ausgezeichnet wurde damit sein Vortrag zur aktuellen Diskussion um die Mystik, in dem er die wegweisende mystisch geprägte Spiritualität des UNO-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld (1905–1961) beleuchtete. Im Festvortrag zur Preisverleihung stellte Zimmerling dar, wie die Mystik der Innerlichkeit und die Mystik der Äußerlichkeit untrennbar zusammengehören. Erst im Zusammenklang von „Mystik und Politik“, „Widerstand und Ergebung“ entfalte sich die Kraft des Christlichen. Beide Beiträge liegen nun in der Reihe „Herrenalber Forum“ vor, ergänzt durch die Laudatio von Pfarrer Wolfgang Max, der bis 2014 die Fachstelle Geistliches Leben der Evangelischen Landeskirche in Baden leitete.

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Peter Zimmerling

„Mitten im Gelärm das innere Schweigen bewahren“

Aspekte mystischer Spiritualität im Protestantismus

Mit einer Laudatio von Wolfgang Max

Herausgegeben von der Evangelischen Akademie Baden und dem Freundeskreis der Evangelischen Akademie Baden e. V.

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte biografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Herrenalber Forum Band 79

Beiträge zur Verleihung

des Bad Herrenalber Akademiepreises 2014

am 26. Oktober 2014 in Bad Herrenalb

Ebook: © Evangelische Akademie Baden, Karlsruhe 2015

Redaktion: Ralf Stieber

Satz und Herstellung: Gabi Höhn

Umschlaggestaltung: Ralf Stieber

Titelbild: © Sondem - Fotolia.com

ISBN 978-3-89674-585-9

Printversion im Buchhandel erhältlich unter ISBN 978-3-89674-583-5

Inhalt

Vorwort

Wolfgang Max

Gott im Hier und Jetzt

Laudatio für Prof. Dr. Peter Zimmerling

Peter Zimmerling

Den Glauben ins Leben ziehen

Christliche Existenz zwischen kritischer Ratio und gelebter Mystik

Peter Zimmerling

Dag Hammarskjöld

Ein lutherischer Christusmystiker im Verborgenen

Zur Person

Bad Herrenalber Akademiepreis

Vorwort

Der Bad Herrenalber Akademiepreis 2014 wurde im Oktober dem Leipziger Theologen Prof. Dr. Peter Zimmerling verliehen. Der Vorstand des Freundeskreises der Evangelischen Akademie Baden zeichnete damit seinen Vortrag aus, den er im November 2013 im Rahmen der Akademietagung „Auf die Stille hören. Mystik als Lebensweg“ gehalten hatte. Auf dieser Tagung, die sich der aktuellen Diskussion um die Mystik widmete, beleuchtete Peter Zimmerling mit seinem Beitrag die wegweisende mystisch geprägte Spiritualität des UNO-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld (1905–1961).

In seinem Festvortrag, den Peter Zimmerling anlässlich der Preisverleihung hielt, erörtert er das Thema „Den Glauben ins Leben ziehen. Christliche Existenz zwischen kritischer Ratio und gelebter Mystik“. Er stellt dar, wie die Mystik der Innerlichkeit und die Mystik der Äußerlichkeit untrennbar zusammengehören. Erst im Zusammenklang von „Mystik und Politik“, von „Kampf und Kontemplation“, „Widerstand und Ergebung“ entfaltet sich für ihn die Kraft des Christlichen. Ausgangspunkt ist dabei, dass menschliches Dasein sich in vielfältigen Bezügen gestaltet, die Wesensbestimmung des Menschen immer im Kontext steht und sich entlang mehrerer Dialogebenen realisiert: in Beziehung auf den Nächsten, als Weltbezug, als Selbstbezug und in Beziehung zu Gott. Christliche Existenz ist, wie menschliches Leben überhaupt, immer eine Existenz „zwischen“, d. h. in der Spannung zwischen den verschiedenen Beziehungsebenen.

Beide Beiträge Zimmerlings liegen nun in der Reihe „Herrenalber Forum“ vor, ergänzt durch die Laudatio von Pfarrer Wolfgang Max, der bis 2014 die Fachstelle Geistliches Leben der Evangelischen Landeskirche in Baden leitete.

Eine anregende Lektüre wünschen Ihnen

Alexa Maria Kunz M.A.

Vorsitzende des Freundeskreises der

Evangelischen Akademie Baden e. V.

Arngard Uta Engelmann

Akademiedirektorin

Evangelische Akademie Baden

Karlsruhe, im Juni 2015

Gott im Hier und Jetzt

Laudatio für Prof. Dr. Peter Zimmerling

Wolfgang Max

Bei einer Veranstaltung im Zisterzienserkloster Maulbronn kam es zu einem Gespräch mit einem wohl nicht ganz unbekannten Berliner Juristen, der mir verzeihen möge, dass ich unser Gespräch ein wenig karikiere. Er erwies sich als kirchlich durchaus informiert. Über das Thema evange­lische Klosterschulen und wie Heranwachsende dort begleitet werden können und was evangelische Bildung aus­macht kamen wir schließlich auf die Arbeit an den Themen Spiritualität und Mystik bei der Evangelischen Akademie Baden zu sprechen. Der Gesprächspartner stemmte die Füße in den Boden, wurde zwei Zentimeter größer und sagte: „Evangelische Spiritualität, Evan­ge­lische Mystik? Das gibt es nicht!“

So war es an der Zeit zu erzählen von geistlicher Schriftlesung, also von einer Art und Weise, die Heilige Schrift so zu studieren, dass sie zur Gesprächspartnerin und Lebensbegleiterin werden kann. Wir sprachen über die Bedeutung des Singens für den Glauben. Ich beschrieb Stilleübungen und erwähnte Hirnströmungsmessungen bei buddhistischen Mönchen und katholischen Nonnen – es könnten auch kontemplativ lebende evangelische Diakonissen vom Hohnrodberg sein. Die Übung der Kontemplation und des Herzensgebets im Rahmen der Arbeit der Akademie war Thema.

Gewährsmann waren dabei Sie, verehrter Herr Professor Zimmerling … Ich verwies auf Ihr grundlegendes Buch „Evangelische Spiritualität“, dessen vierter Teil eine Fülle von Praxisversuchen beschreibt, darunter als Thema: „Die Gemeinschaftsdimension evangelischer Spiritualität“, wobei es u. a. um die Schule der Nächstenliebe geht, um Alltag und Fest, um die geöffnete Familie und das geöffnete Haus.

Porta patet, cor magis. Die Tür ist offen, das Herz weit mehr. Das ist der Wahlspruch der Zisterzienser in Bad Herrenalb und Maulbronn. Der Praxisversuch des geöffneten Hauses und des einander Anteilgebens an der darin geübten Spiritualität könnte ein Beitrag sein zu einem guten Miteinander über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg.

Zurück zum Maulbronner Gespräch. Ich verwies auf eine Veröffentlichung in der Reihe Herrenalber Forum mit dem Titel: „Das Leben meistern. Inspirierende Vor­bilder christlicher Spiritualität“1 mit den beiden Bei­trägen von Peter Zimmerling zu den Anfängen der Eman­zipation der Frau im Leben und Denken Zinzen­dorfs und zu Mystik und Widerstand bei Dorothee Sölle. Dann gab es Hinweise auf Publikationen des heute zu Ehrenden über „Spiritualität und Krankheit“, „Spi­ri­tualität und Diakonie“ oder zur „Spiritualität Dietrich Bonhoeffers“.

Der Gesprächspartner stoppte den Redefluss: „Soviel kann doch kein Mensch publizieren!“ Er erinnere sich an die Legende über einen Göttinger Juristen. Der habe auch ständig veröffentlicht und dabei habe er doch ziemlich von seinen Doktoranden und Assistenten „profitiert“. Als er starb und diese am offenen Grab standen, zeigte einer aus ihrem Kreis auf den Sarg und raunte den Anderen zu: „Diesmal wissen wir wenigstens: Was da drin ist, das ist er selber.“

Was da drin ist, das ist er selber. Das gilt von Peter Zimmerlings Schriften allemal. Spiritualität und Mystik sind ihm Lebensthemen aus wissenschaftlichem und aus existenziellem Interesse.

Peter Zimmerling wurde als Nachzügler in eine schlesische Kaufmannsfamilie hineingeboren, die sich nach dem 2. Weltkrieg in Hessen wiederfand. Seine Vorfahren und seine Verwandten waren mit den Realia des Lebens beschäftigt. Auf seine Ankündigung, Theologie studieren zu wollen, meinte ein Onkel: „Mit der Kirche ist es bald zu Ende.“

Was ließ den jungen Peter Zimmerling aus der Fami­lien­tradition ausscheren? Seine Mutter betete mit dem Kind. Zu Weihnachten ging man in die Kirche. Da war ein Anfang. Dazu verbanden die Eltern Kirche und Glaube mit protestantisch-preußischer Pflichtethik.

Aus Zimmerlings Hammarskjöldvortrag erfahren wir:

„Von meinen Vorfahren väterlicherseits, den Soldaten und Beamten, erbte ich den Glauben, dass kein Leben befriedigender sei als das des selbstlosen Dienstes für Vaterland und Menschheit.“ (Zitat Hammarskjöld) 2

In Abwandlung Hammarskjölds könnte Zimmerling wohl sagen:

Von meinen Vorfahren väterlicherseits, den Kaufleuten, erbte ich den Glauben, dass kein Leben befriedigender sei als das des ehrlichen Kaufmanns.

Zur Wende kam es durch eine Religionslehrerin auf dem Gymnasium. Was hat ihr Unterricht bei Peter Zim­merling in Gang gesetzt?

Ich mache einen Zeitsprung vom Schüler zum Universitätsgelehrten und zu dem Buch „Bonhoeffer als praktischer Theologe“3. Dort spricht Zimmerling von dem Gott, „der auf sein Geschöpf in sehnsüchtiger, ewiger Liebe wartet.“ Dann wird Bonhoeffer wörtlich ins Spiel gebracht:

„Gott, du hast es mit mir angefangen. Du hast […] mich verlockt und betört, hast Dir mein Herz gefügig und willig gemacht, hast zu mir geredet von deiner Sehnsucht und ewigen Liebe.“4

Hier scheint mir Dietrich Bonhoeffer Sprachhelfer zu sein, um eigene Erfahrungen Peter Zim­mer­lings auszudrücken, Erfahrungen, die im Religionsunterricht initiiert worden waren:

In das Leben des jungen Zimmerling trat Gott als ein Du. Ein Du, mit dem in Beziehung zu sein dem Menschen seine Personalität verleiht, mit dem in Beziehung zu sein erfüllt und beglückt, zu dem Du zu sagen auch Hörbereitschaft und Gehorsam impliziert. Diese Themenkreise werden im Lauf des Lebens und Forschens von Peter Zimmerling immer mehr entfaltet. Hören Sie dazu ein weiteres Bonhoefferzitat aus Zimmerlings Bonhoeffer-Buch:

„Von Gott nicht mehr loskommen, das bedeutet viel Angst, viel Verzagtheit, viel Trübsal, aber bedeutet doch auch im Guten wie im Bösen nie mehr Gott-los sein können.“5

Nie mehr Gott los sein können. Wie sieht gelebter Glaube aus? Was bedeutet Jesus Christus für ein Leben heute? Welche Gottesbilder hat ein Mensch verinnerlicht? Wie prägen sie ihn? Wie verändern sie sich durch Erfahrungen von Engagement oder auch von Leid oder auch in der Kontemplation? Wie verändern sie sich im Dialog? – Wer mit diesen Themen theologisch umgeht, ist bei der Spiritualität, bei den Wirkungen des spiritus sanctus, des Geistes Gottes. Und er ist bei der Mystik, bei dem, was das Wehen des Geistes Gottes in einem Menschen und mit einem Menschen macht.

Im Jahr 1987 wurde in der Evangelischen Akademie in Bad Herrenalb die „Gesellschaft der Freunde christlicher Mystik“ gegründet. Pater Josef Sudbrack und Akademiedirektor Wolfgang Böhme waren die Initiatoren. Bis zu dessen Tod bestand ein freundschaftlicher Kontakt zwischen Familie Böhme in Karlsruhe-Rüppurr und Peter Zimmerling. Er gehört seit vielen Jahren dieser Gesellschaft an, er arbeitet in wechselnden Aufgaben in der Vorstandschaft mit und ist mitverantwortlich für die lesenswerten Rundbriefe der Gesellschaft. Peter Zimmerling ist infolge seine Tätigkeit an den Universitäten Mannheim und Heidelberg unserer Lan­deskirche seit langem verbunden, lässt sich zu Pfarr­konferenzen, Vortragsabenden in Gemeinden und Aka­demietagungen als Referent einladen.

Und das alles neben seinem Hauptberuf: Professor für Praktische Theologie und Universitätsprediger in Leipzig.

Die erste Veranstaltung der Fachstelle „Geistliches Leben“ der Evangelischen Akademie Baden damals zum badischen Reformationsjubiläum unterstützte er tatkräftig. „Wort und Erfahrung“ war das Thema, um die Zuordnung von biblischem Wort und individueller religiöser Erfahrung ging es inhaltlich. Eindrücklich blieb Zimmerlings Kennzeichnung Martin Luthers alserstem Weihnachts-Christen.6 Die Menschwerdung Gottes war ihm wichtig. Das Suchen und Finden Got­tes in dieser Welt. Die letzte Begegnung mit Peter Zimmerling im Rahmen meiner Akademieverantwortung war im zurückliegenden Winter. Peter Zimmerling referierte über: „Kein Christentum ohne Mystik – Überlegungen auf dem Weg zu einer evangelischen Mystik für jedefrau und jedermann“.7

Lieber Prof. Dr. Peter Zimmerling! Wenn der Freundeskreis der Evangelischen Akademie Baden Ihnen den Akademiepreis verleiht, dann zuerst und vor allem für den Vortrag: „Dag Hammarskjöld – Ein lutherischer Christusmystiker im Verborgenen“.

Aber nicht nur dafür. Das Akademiekollegium und viele Menschen aus der Landeskirche danken Ihnen für Ihr außerordentliches Engagement bei vielen Veranstaltungen, auch für Gespräche und Beratungen.