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Die Moderne Gitarrentechnik zeigt, wie man sein Instrument zwar nach seinem persönlichen Geschmack, aber ohne gesundheitliche Risiken spielt. Das anatomisch fundierte Konzept bezieht den ganzen Körper mit ein, definiert Bewegungen und ihre Entstehung, Gegenbewegungen und Haltungen und widmet sich ausgiebig dem Erkennen und Vermeiden von Kompensationen. Dabei werden individuelle körperliche Voraussetzungen ebenso einbezogen wie das ästhetische Selbstverständnis der Leser. Durch technische Übungen wird die Fähigkeit entwickelt, das Instrument mit natürlichen Mitteln entsprechend seiner Vorlieben zu spielen - und ein Spiel frei von Schmerzen beeinflusst selbstverständlich auch direkt die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks.
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Seitenzahl: 223
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Thomas OffermannModerne Gitarrentechnik
Thomas Offermann
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Bestellnummer SDP 114
ISBN 978-3-7957-8662-5
© 2015 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz
Alle Rechte vorbehalten
Als Printausgabe erschienen unter der Bestellnummer ED 22285
© 2015 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz
www.schott-music.com
www.schott-buch.de
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Präludium: Über das Buch
I. Integrative Gitarrentechnik: Eine Einführung
II. Technik – im Widerspruch zur gitarristischen Unschuld?
Was ist Technik?
Welchen Sinn erfüllt Technik?
Wenn wir von »Technik« sprechen, sollte die Begrifflichkeit genau geklärt sein
III. Physiologische Grundlagen für Gitarristen
Muskeln
Die wichtigsten Muskeln der Hand, ihre Lage und Funktion
Lange Fingermuskeln: Flexoren und Extensoren
Die Rotatoren
Kurze Fingermuskeln
Kraft
Schnelligkeit
Langsame Muskeln – schnelle Muskeln
Muskeltonus
Sehnen
Sehnenscheiden
Nerven
Propriozeption
Rezeptoren
Tastsinn
Gelenke
Die Hand
Handgelenk
Karpaltunnel
Finger und Daumen
Ellbogen, Elle und Speiche
Schultergürtel
IV. Halten und Bewegen
Haltung
Historische Annäherung
Aktuelle Tendenzen: Die Fußbank und Alternativen
Die traditionelle Haltung
Konsequenzen
Stabile Sitzhaltung – entspannte Sitzhaltung?
Wie hoch muss die Gitarre gehalten werden?
Bewegungen
Gegenbewegungen
Kompensationen
Musikalische Auswirkungen
Legato
Planting
Vorspannung
Elektromyographie
Kinemetrie
Tonabnehmer
Metronom
Training
V. Technik: Übungen
Einleitung
Wie nun soll das tägliche Technikprogramm aussehen?
Das Vorspannen
Zentrale Bewegungen
Ausbildung des kleinen Fingers (c) der rechten Hand
Gegenbewegungen
Unterschiedliche Trainingsarten
Propriozeption
Wie Technik üben?
Langsam üben – schnell üben
Kontrolle
VI. Warm-up: Propriozeptive Übungen
Propriozeptive Übungen
Rechte Hand: Stumme Übung
Übung zum differenzierten Wahrnehmen des Planting
Übung zur Vermeidung des Anschlagsgeräusches (»aggressives Staccato«)
Weitere Übungen zur Propriozeption
Geschicklichkeitsübung für die rechte Hand mit p, i, m, a, c
Linke Hand
Druckübung linke Hand
Synchronisation linke und rechte Hand
Leichte Übungen für die linke Hand und Synchronisation
VII. Technik der rechten Hand
Die klangliche Überlegenheit des Apoyando
Planting
Die Phasen eines Anschlags
Das Handgelenk
Die Position der rechten Hand und ihrer Finger zu den Saiten
Die Finger
Der Daumen
Kleiner Finger
Akkordanschlag als Grundtechnik der rechten Hand
Der Akkordanschlag
Rechte Hand: Übungen nur mit leeren Saiten?
Übungen
Akkordanschläge
Arpeggien
Daumen und Zeigefinger
Arpeggien: Wechselschlag auf alternierenden Saiten
Zweistimmige Arpeggien
Dreistimmige Arpeggien alternierend mit Daumen
Dreistimmige Arpeggien alternierend mit Daumen in der Praxis
Vorübungen
Vierstimmige Arpeggien alternierend mit Daumen
Fünfstimmige Arpeggien alternierend mit Daumen
Dreistimmige Arpeggien synchron mit Daumen
Die zwölf Arpeggio-Formen
Tremolo
Ausführung des Tremolos
Wie können Sie Tremolo am besten üben?
Tremolo-Praxis
Sextolen
Weitere Übungen
Gegenbewegungen
Rasgueados
Daumentechnik
Training Wechselschlag
Repetitionsübung
Triller mit der rechten Hand
Apoyando
VIII. Technik der linken Hand
Armsteuerung
Die Grundstellung der linken Hand
Das Handgelenk
Die Rolle des Daumens
Wie viel Kraft? Woher? Wie? Wann?
Stretching/Dehnungen
Lagenwechsel
Nebengeräusche: Quietschen und Knarzen
Übungen
Überstreckung/»Unterstreckung« (Abduktion/Adduktion)
Stabilität und Geschicklichkeit
Statische Übungen
Ausführung
Lagenwechsel-Übung
Die nächsten Schritte
Bindungen
Übungen
Bindungs-Kombinationen
Barrée
Weitere Übungen mit fixiertem Finger
Vibrato
Gegenbewegungen
IX. Koordination und Synchronisation
Tonleitern
Sprints
Koordinationsübungen
X. Verdreht und abgeknickt
Sonderbare Körperhaltungen und Handstellungen
XI. Anhang
Literatur und Quellen
Glossar
Warum dieses Buch? Was heißt hier »integrativ«?
Gibt es nicht schon genügend Technik-Bücher für Gitarristen? Die vierbändige Gitarrenschule von Emilio Pujol, Konrad Ragossnigs Leitfaden zum täglichen Üben, die in den achtziger Jahren revolutionäre Carlevaro-Schule, heute Scott Tennants wunderbares Pumping Nylon, Joseph Urshalmis sachverständiges A Conscious Approach to Guitar Technique bis hin zur Neuauflage von Jorge Cardosos Ciencia y Método de la Técnica Guitarrística, um nur einige zu nennen: alles hervorragende und kompetente Annäherungen an das Thema »Technik der klassischen Gitarre«.
Trotzdem ist zu beobachten, dass sich gerade Gitarristen anscheinend oft als jenseits aller physiologischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten empfinden. Immer noch wird auf die heute technisch veraltete Schule Francisco Tárregas verwiesen, der die Gitarre in ihrer heutigen Form erst einführte und damit Pionierarbeit leistete. Fernando Sor hingegen, der in seiner bereits 1830 herausgegebenen Méthode pour la Guitare manch klare und noch heute gültige Anweisung gab, scheint weitgehend vergessen.
Es wird nach wie vor ein Spiel mit verdrehtem, vom Bewegungsablauf abgekoppeltem ruhigen rechten Handgelenk und mit isolierten Fingerbewegungen gelehrt (wofür Gitarristen bei Orthopäden bekannt sind). In der linken Hand wird ein gebeugtes Handgelenk verlangt oder in Kauf genommen, und trotz eines wachsenden Marktes für unterschiedlichste Gitarrenstützen als Ersatz oder Ergänzung zur Fußbank werden einseitige und verdrehte Haltungen zumindest als notwendiges Übel akzeptiert.
Bewegungen des Körpers während des Spielens sind häufig verpönt: In der musikalischen Öffentlichkeit bekannt ist das Bild des introvertierten, bewegungslos sitzenden Gitarristen, der zudem das Zusammenspiel mit anderen Instrumentalkollegen scheut.
Das scheint absurd, besonders wenn man bedenkt, dass viele Gitarristen noch heute gar nicht über die klassische Musikausbildung zur klassischen Gitarre kommen, sondern über die populäre Musik, ihre Herangehensweise also anfangs durchaus nicht »ernst«, sondern eher lustbetont war.
Sehe ich dann manch ehemaligen »Haudegen« in der beschriebenen Haltung mit seiner Konzertgitarre kämpfen, bricht mir das Herz! Denn Gitarre spielen ist mehr als die Erfüllung von außen diktierter technischer Kriterien.
Immer wieder begegnen mir Gitarristen, Studenten und auch erfolgreiche Berufsgitarristen, die über Schmerzen klagen: Viele betrachten dies als unvermeidbares Übel beim Gitarrenspiel.
Wie viele Gitarristen haben aufgehört zu spielen: Rückenschmerzen, Schmerzen in beiden Händen, chronische Sehnenscheidenentzündungen und vieles mehr waren die Ursachen. Die Dunkelziffer derer, die ganz aufgegeben haben, ist so gering nicht.
Wie kommt es, dass manche Gitarristen so leicht und einfach auf dem Instrument zurechtkommen und andere gar das Gitarrenspiel aufgeben? Ist das allein von der Begabung oder vom Glück abhängig, oder gibt es einen Schlüssel, der für alle Gitarristen gültig sein könnte? Gibt es rein physikalische Fakten und physiologische Gesetzmäßigkeiten, einen Blick auf die Gitarrentechnik, der nicht auf undifferenziert tendenziöser Subjektivität oder auf Geschmack basiert, der also viel Freiraum für unterschiedlichste Herangehensweisen lässt?
Es geht mir in diesem Buch um das Aufzeigen eines Weges, bei dem es sich einerseits in vielen Details um eine genaue Bestandsaufnahme der modernen Gitarrentechnik handelt, der aber andererseits heute noch unübliche Herangehensweisen beinhaltet wie das Spiel mit dem kleinen Finger der rechten Hand oder das gezielte Training von Gegenbewegungen. Moderne Gitarrentechnik – Integrative Bewegunslehre für Gitarristen hat das Ziel, Gitarristen ein Gitarrenspiel mit den einfachsten und natürlichsten Mitteln zu ermöglichen. Sie bezieht dafür den ganzen Körper mit ein und setzt sich mit den physischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten von Bewegungen am Instrument und ihrer Entstehung auseinander, die im unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang mit den Gesetzmäßigkeiten der Musik stehen. Damit behandelt sie also nicht nur die Spieltechnik allein, sondern hat spürbare Auswirkungen auf Interpretationen, da sie den Gitarristen in die Lage versetzt, Musik frei von Hemmnissen angemessen zu interpretieren.
Dafür definiert sie Bewegungen und ihre Entstehung, Gegenbewegungen, die Sitzhaltung und widmet sich ausgiebig dem Erkennen und Vermeiden von Kompensationen.
Ich unterrichte seit 1990 an Musikhochschulen und habe meine Herangehensweise an die Gitarre seitdem verfeinert und präzisiert. Ich konnte feststellen, dass viele Gitarristen internationalen Ranges offenbar die gleichen oder ähnliche Rückschlüsse gezogen haben, sich jedoch nicht in der vertiefenden Weise damit auseinandergesetzt haben, wie ich es tat.
Meine vertiefende Auseinandersetzung mit der Gitarrentechnik hat folgenden Grund: Als früherer Leistungssportler hatte ich mich schon oft mit Parallelen zwischen Sport und Musik beschäftigt: In beiden Fällen werden körperliche Höchstleistungen erbracht, die absolute Körperkontrolle, Wissen und Disziplin in Arbeit und Herangehensweise verlangen. In der Musik dient diese Beherrschung natürlich allein der Kunst und nicht der Leistung selbst.
Manchmal kann man sich allerdings fragen, ob diese Gegenüberstellung in allen Fällen Gültigkeit besitzt – gibt es doch im Fußball beispielsweise manchen Künstler wie einen Ronaldinho und unter den Instrumentalisten manchen Spieler, für den nur Athletik, Schnelligkeit und Lautstärke zu zählen scheinen.
Aufgrund einer Erkrankung im Jahre 1996, die schließlich das Ende meiner Konzertkarriere bedeutete, musste ich nach einer vollständigen linksseitigen Lähmung alle Körperbewegungen von Neuem erlernen und kam damit in eine einzigartige Situation: Vielleicht als einziger Gitarrist konnte ich meine Theorien und mein erworbenes Wissen über die Gitarrentechnik am eigenen Leibe erproben. Von vielen Kollegen und mittlerweile Generationen von Studenten wurde ich gedrängt, meine Methode aufzuschreiben.
Die Zusammenarbeit mit dem Bewegungs- und Trainingswissenschaftler Dr. Lars Janshen von der Forschungsgruppe für angewandte Biomechanik an der Humboldt-Universität zu Berlin brachte neue Einsichten und die Gewissheit, dass die Sportwissenschaftler den Musikern weit voraus sind. Bewegungsanalysen mit modernsten technischen Instrumenten und wissenschaftlichen Erkenntnissen werden dort schon seit Jahrzehnten durchgeführt.
So haben wir es im August 2006 mit einigen Gitarren-Probanden an der Humboldt-Universität getan. Der Gedankenaustausch und die Untersuchungsergebnisse bestätigten eindeutig, dass auch auf dem Instrument beispielsweise ein Vorspannen der beteiligten Muskeln unverzichtbar ist. An einer Bewegung sind niemals nur die direkt ausführenden Muskeln beteiligt, sondern diese sind immer abhängig von den Muskeln, die die Extremität an das Instrument anpassen oder heranführen und von denjenigen, die die Extremität kontrollieren. Diese Kontrolle ist nur möglich, wenn auch diese Muskeln vor der Bewegung die notwendige Spannung aufweisen.
Moderne Gitarrentechnik möchte dem Ziel der Vereinfachung des Gitarrenspiels und der Versachlichung der Diskussion um verschiedene technische Ansätze dienen. Sie richtet sich an Konzertgitarristen, Gitarrenpädagogen und -studenten.
Thomas Offermann zählt gegenwärtig zu den international profiliertesten Gitarrenpädagogen. Konzerte in mehr als 40 Länder der Welt und acht international beachtete CD-Einspielungen mit dem DUO SONARE dokumentieren den herausragenden Stellenwert seiner Arbeit. Gemeinsam mit dem DUO SONARE öffnete Thomas Offermann das Repertoire der klassischen Gitarre für Kompositionen von Musikern wie Chick Corea, Frank Zappa oder Mike Oldfield.
Prof. Dr. Thomas Offermann unterrichtet an der Hochschule für Musik und Theater Rostock eine internationale Soloklasse und ist künstlerischer Leiter der International Guitar Academy Berlin. Seine Arbeit an der Entwicklung einer Integrativen Bewegungslehre Gitarre machen ihn zum vielbeachteten Ratgeber und Vortragenden in Fachkreisen. Komponisten wie René Eespere, Marco de Biasi, Carlo Domeniconi und Benjamin Verdery widmeten Thomas Offermann Werke für Gitarrenensemble.
Seit 2010 ist Thomas Offermann D’Addario’s European Classical Guitar Representative.
»Locker zu spielen ist ein Denkfehler.« Zur Vermeidung von Kompensation benötigen wir eine hohe Grundspannung in beiden Händen, den sogenannten Muskeltonus.
»Ich muss mit großen und nicht mit isolierten Bewegungen spielen lernen.« Die feinen Muskeln (zum Beispiel der Hände) sind immer nur differenzierende Ausführer der übergeordneten Muskeln.
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