Moderne Kellertechnik - Oliver Schmidt - E-Book

Moderne Kellertechnik E-Book

Oliver Schmidt

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Beschreibung

Moderne Kellertechniken im Überblick - Aktuelle Kellertechniken in kompakter Form erläutert - Von der Traubenlese über Traubenverarbeitung bis zu Most und Weinbehandlung - Mit wertvollen Hinweisen zu neueren Techniken In diesem Buch werden die aktuellen Kellertechniken, die für die Herstellung von Wein eingesetzt werden können, kompakt vorgestellt und erklärt. Von der Traubenlese über Traubenverarbeitung, Most und Weinbehandlung werden alle relevanten Themen angesprochen. Es wird besonders auf neuere Techniken eingegangen. Auch neue önologische Verfahren werden vorgestellt, die in Übersee bereits üblich, in Europa aber häufig (noch) nicht zugelassen sind. Dieses Buch ist eine praktische Entscheidungshilfe für Winzer, die alles richtig machen wollen.

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Seitenzahl: 282

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Oliver Schmidt

Moderne Kellertechnik

Neue und bewährte Verfahren

Ulmer E-Books

156 Abbildungen

13 Tabellen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort1 Lesetechnik1.1 Handlese1.2 Mechanische Ernte2 Trauben- und Maischeverarbeitung2.1 Traubentransport und Annahme2.2 Sortieren von Trauben2.3 Entrappen (Abbeeren, Rebeln)2.4 Traubenquetsche2.5 Kühlen und Wärmen von Maische und Most2.6 Steuerung der Maische-Extraktion3 Technik der Rotweinbereitung3.1 Phenolische Verbindungen3.2 Anthocyane3.3 Extraktionstechniken3.4 Maischegärung3.5 Thermische Rotweinbereitung (Thermovinifikation)4 Diskontinuierliche Phasentrennung bzw. Presstechnik4.1 Vertikalpressen4.2 Horizontal-Pressen5 Kontinuierliche Phasentrennung5.1 Schneckenpresse und Impulspresse5.2 Bandpresse5.3 Dekanter6 Mostbehandlung6.1 Klärung von Most6.2 Anreicherung7 Gärtechnik7.1 Gärkontrolle7.2 Temperaturangepasste Gärung (gezügelte Gärung)7.3 Anpassung der Gärtemperatur7.4 Regelsysteme für die Gärungsteuerung8 Entsäuerung und Kristallstabilisierung8.1 Entsäuerung8.2 Doppelsalzentsäuerung (Acidex)8.3 Kristallstabilisierung9 Filtration – Grundlagen9.1 Statische versus dynamische Filtration9.2 Tiefenfiltration versus Membranfiltration10 Statische Filtration10.1 Tiefenfiltration10.2 Statische Membranfiltration (Steril- bzw. Polizeifilter)11 Dynamische Membranfiltration (Cross-Flow-Filtration)11.1 Fließschema11.2 Membrangeometrie11.3 Fraktionierung durch Membranfiltration12 Physikalische Verfahren12.1 Alkoholreduzierung12.2 Aroma-Modifizierung12.3 Gas-Management12.4 Elektrodialyse13 Weinausbau mit Holz13.1 Anforderungen an das Holz13.2 Ausbau von Wein in Fässern13.3 Weinbereitung mit Eichen-ChipsServiceLiteratur
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Vorwort

Wein wird seit vielen Jahrhunderten hergestellt. Vor der Erfindung der Destillation war Wein eines der – wenn nicht gar das stärkste alkoholische Getränk überhaupt. Ohne Kenntnis der alkoholischen Gärung wurde die starke Wirkung des Weines auf das Bewusstsein des Konsumenten auf übersinnliche Kräfte zurückgeführt. Des Weiteren wurde man durch den Konsum von Wein im Gegensatz zu (mikrobiologisch nicht einwandfreiem) Wasser nicht krank. Im Gegenteil: Wein und Weinessig wurden umfangreich für die Behandlung von Kranken verwendet. Kein Wunder also, dass der Wein schon seit Frühzeiten einen hohen Stellenwert aufweist.

In der heutigen Zeit ist Wein kaum noch in der Medizin anzutreffen. Die nach wie vor sehr hohe Wertschätzung des Weines ist ausschließlich auf seine Verwendung als Genussmittel zurückzuführen. Wein ist ein kultiviertes und hoch entwickeltes Getränk. Es wird an vielen Orten der Welt mit unterschiedlichen Methoden hergestellt. Je nach Land und Region haben sich über die Jahrhunderte völlig andere Bereitungsmethoden und Technologien durchgesetzt. Man kann durchaus sagen, dass ein Teil des Charakters einer Weinregion durch die regional übliche Technologie der Weinherstellung entscheidend geprägt ist. Als Beispiele seien die Eisweinbereitung, die Produktion von Süßweinen nach Botrytis-Infektion oder der Weinausbau in kleinen Eichenholzfässern genannt.

Diese regionalen charakteristischen Eigenschaften der Weinregionen gehen zunehmend verloren. Die Steigerung der Mobilität seit Mitte des letzten Jahrhunderts ist einer der Gründe dafür. Eine regionale Identität scheint weniger wert zu sein als ein global anerkannter Standard. Dieser Trend ist uns allen als Globalisierung bekannt. Dies kann dazu führen, dass ein Pfälzer Winzer neben seinen klassischen roten Rebsorten, die er im klassischen Halbstückfass ausbaut, jetzt auch Syrah anpflanzt. Der Syrah (oder nennt er ihn doch lieber Shiraz) wird in teilweise neuen Barriquefässern ausgebaut. Die Barriques bezieht der Winzer aus Frankreich und Amerika, damit sich die würzigen Aromen aus der französischen Eiche und die Vanille aus dem amerikanischen Eichenholz ergänzen können. So kann der Pfälzer Winzer Tradition und Moderne verbinden und neue Kunden gewinnen. Aber das Profil einer Region ist heute viel schwerer zu erkennen.

Manche Erzeuger entschleunigen schon wieder und besinnen sich zurück auf alte, klassische Methoden. Alle Weinproduzenten müssen aber zwingend den globalen Kontext der Weinherstellung verstehen und marktkonforme Weine herstellen. Daher ist es wichtiger denn je, dass man sich mit allen Produktionsmethoden und der Technologie der Weinbereitung auskennt. Hierbei soll das vorliegende Buch über moderne Weintechnologie helfen.

 

Oliver Schmidt

Weinsberg im Sommer 2012

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1Lesetechnik

1.1Handlese

Mancher Leser mag sich wundern, dass in einem Buch über moderne Kellerwirtschaft die Handlese am Anfang steht und mit einem eigenen Kapitel bedacht wird. Aber es lohnt sich, auch bei der Handlese genauer hinzuschauen.

Landläufig ist man der Meinung, dass die Handlese die hochwertige und edelste Form zum Ernten der Trauben ist. Dem kann jedoch nur eingeschränkt zugestimmt werden. Richtig ist die Aussage, dass die Handlese uneingeschränkt die meisten Möglichkeiten bietet und sehr variabel angewendet werden kann. Sie kann als Instrument verstanden werden. In Kombination mit der mechanisierten Lese kann die Selektion im Weinberg zur zielorientierten Weinbereitung beitragen.

Je nach dem, in welchem Land man die Kosten der Handlese diskutiert, ist die Handlese entweder konkurrenzlos günstig oder überproportional teuer. Das Letztere trifft zumindest für die deutschsprachigen Länder zu. Die Handlese ist nach einer aktuellen Untersuchung mindestens dreimal teurer als die Maschinenlese. Sie lässt sich deshalb nur für Premiumprodukte rechtfertigen, die entsprechend hochwertig sind und daher teuer verkauft werden können (Oberhofer J, 2008).

Neben dem Argument der hohen Kosten ist die Handlese von der maschinellen Ernte leicht abzugrenzen und durch nachfolgende, charakteristische Eigenschaften zu beschreiben:

 

Vorteile:

Geringerer Anteil an Fremdmaterial wie Blätter etc. (hängt von den Lesern ab).

Chance, das Lesegut zu selektieren (wird selten genutzt).

Echte Ganztraubenpressung (GTP) möglich.

Gestaffelte Lese (mehrere Durchgänge pro Weinberg mit z. B. Negativauslese bzw. Vorlese).

In Steillagen bislang einzige Erntetechnik.

SO2-Reduzierung möglich (wenn gesundes Lesegut ohne starke mechanische Belastung schnell zum Weingut kommt).

Geringe Kapitalkosten.

In Ländern mit geringen Personalkosten möglicherweise ökonomischer.

Nachteile:

Hoher Organisationsaufwand und Personalmanagement.

Abhängigkeit von zuverlässigen Saisonarbeitskräften.

Geringe Flexibilität, relativ geringe Schlagkraft.

Nur bei Tageslicht (max. Stunden am Tag begrenzt).

Zum Teil lange Standzeiten (Erwärmung, Oxidation) der geernteten Trauben und Verarbeitung erst am Abend.

In den meisten Ländern teurer als maschinelle Lese.

Bei der Handlese gibt es keine wirklich innovativen Elemente, die in einem Buch über moderne Kellerwirtschaft erwähnt werden müssten.

1.2Mechanische Ernte

Die mechanische Ernte ist seit den späten 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in die Praxis eingeführt worden. Seit dieser Zeit hat es viele Verbesserungen gegeben. Heute ist die mechanische Traubenlese in allen Hochlohnländern sehr weit verbreitet. Vor allem der geringe Organisations- und Personalaufwand sowie die enorme Schlagkraft machen die mechanische Lese sehr effektiv. Daher ist sie in vielen Betrieben heute das Standard-Ernteverfahren. Die Vor- und Nachteile werden im Folgenden aufgelistet.

 

Vorteile:

Sehr große Schlagkraft

Ernte kann bis zum optimalen (Reife)-Zeitpunkt verzögert werden, dann erfolgt zeitnah die Lese

Moderne Erntemaschinen arbeiten schonend mit geringer Fremdmaterialbelastung (sauberes Lesegut)

Trauben teilweise schon entrappt (beim Ernten verbleiben Rappen am Stock oder Lesemaschine ist mit Entrapper ausgerüstet)

Lesegut kann innerhalb kurzer Zeit nach Lesebeginn zur Verarbeitung transportiert werden (kurze Standzeit)

Lese nachts und tagsüber möglich

Nachtlese oder Lese in den frühen Morgenstunden bringt kühlere Trauben

Ist in den meisten Ländern sehr ökonomisch

Sehr geringer Organisationsaufwand

Geringer Personalbedarf

Nachteile:

Lesegut meist schon gemaischt (wenn auch meist nur geringe Standzeit)

Keine direkte Selektion möglich – außer: Vorlese (Trauben werden per Hand vorgelesen, bei denen kein Qualitätsgewinn mehr zu erwarten ist)

Je nach Maschineneinstellung, Fahrer und Weinberg ist Kontamination mit Fremdstoffen möglich

Moderne Traubenvollernter sind extrem hoch entwickelte Geräte und verfügen über umfangreiche Ausstattungen. Die Kabinen sind voller Elektronik, schallisoliert, verfügen über Panoramaverglasungen mit Glasböden. Die Bedienung der Erntemaschinen erfolgt heute meist über Touchscreens und für die Überwachung vieler nicht direkt einsehbarer Bauteile gibt es mehrere Videokameras. Standardmäßig wird heute auf vielen Vollerntern das Entrappen angeboten.

Die Erntetechnik selbst wird mittlerweile von vielen elektronischen Zusatzaggregaten verbessert. So werden automatische Systeme für das Spurhalten (z. B. mit Ultraschall), der Geschwindigkeitsregulierung beim bergauf- und abfahren (GPS und/oder Radar) sowie zur Regulierung des Schlagwerkes angeboten. Über GPS kann eine Zeilenerfassung umgesetzt werden, die z. B. dem Fahrer bei Nacht hilft, bereits geerntete von nicht geernteten Zeilen zu unterschieden.

Zunehmend ist auch der Trend zu erkennen, den Traubenvollernter als Geräteträger für andere Arbeiten im Weinberg zu verwenden. Der Erntekopf wird hierzu ausgebaut und die Maschine kann dann für andere Aufgaben wie Rebenvorschnitt, Laubwandmanagement oder Pflanzenschutz eingesetzt werden.

1.2.1Traubenvollernter mit Schlagwerk

Die kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung der mechanischen Erntetechnik hat zu sehr leistungsfähigen und zuverlässigen Maschinen geführt. In der Regel sind moderne Traubenvollernter mit bogenförmigen Schlagapparaten ausgestattet und erlauben so ggf. auch ein Rückwärtsfahren in der Rebzeile. Diese Schlagapparate werden mit variabler Frequenz horizontal bewegt. Durch die Massenträgheit der Trauben und Beeren werden diese vom Rebstock abgetrennt und fallen nach unten. Dort werden sie von Bechern oder Schuppen aufgefangen und dann über diverse Fördereinrichtungen in einen Bunker bzw. Transporttank gefördert.

Auf dem Weg zum Behälter können die Trauben entrappt werden. Hierbei werden nicht nur die Rappen sondern auch etwaige Fremdteile wie Blätter, Rebholz etc. entfernt.

Abb. 1.  Entrapper Euroselect über dem Traubenbehälter eines modernen Traubenvollernters

Abb. 2. Abnehmbarer Entrapper auf einem ERO-Traubenvollernter.

Abb. 3. ERO Juiceliner (Bild M. Strauß).

1.2.2Traubenvollernter mit Dekanter

Eine wichtige Weiterentwicklung der mechanischen Ernte ist die Verschmelzung der Ernte mit der Phasentrennung (siehe Kapitel 5). Hierzu wird eine kontinuierliche Verfahrenstechnik benötigt, um auf dem Vollernter ohne Unterbrechung die fest-flüssig Phasentrennung vorzunehmen. Die genaue Funktion eines Dekanters ist in Kapitel 5.3, Seite 77 beschrieben. Probleme bzw. Kinderkrankheiten hat diese neue Technologie zuhauf: Zum einen ist der Energiebedarf des Dekanters zum direkten Entsaften der Trauben gigantisch. Zum anderen ist das Gerät sehr schwer und führt zu Verdichtungen und es ergeben sich Probleme bei nassem Boden, Steigungen oder Seitenhang.

Der Prototyp eines Vollernters mit Dekanter wurde in Deutschland von ERO entwickelt. Der Dekanter stammt von GEA Westfalia Separator GmbH und wird hydraulisch angetrieben. Da der Dekanter-Vollernter anstatt Trauben bzw. Maische direkt den Traubensaft übergibt, nennt ERO diesen Vollernter „Juiceliner“.

Diese Technologie steht zwar erst am Anfang, aber man kann dennoch vermuten, dass die weitere Entwicklung sehr rasch voranschreiten wird.

Die Liste der möglichen Vorteile ist lang und diese sind überwiegend in den enormen Kostenvorteilen anzusehen:

Kein Transport und keine (Zwischen)-Lagerung von Trauben und Maische. Der Winzer mietet den Dekanter-Vollernter vom Lohnunternehmer und benötigt nur einen Transporttank für den Saft (evtl. auch gemietet).

Keine klassische Phasentrennung mehr nötig bzw. es genügen deutlich reduzierte Kapazitäten bei der Phasentrennung (Kelter).

Investitionen in Maischebehälter und Kelterhaus sind deutlich geringer und können unter Umständen sogar entfallen.

Sehr geringe Extraktionsdauer der Trauben.

Keine Maischestandzeit und daher reduzierte mikrobiologische Fremdaktivität im Vergleich zur klassischen Arbeitsweise.

Die Nachteile dieser Technik im Prototypenstadium sind abgesehen von der hochkomplexen Mechanik und Steuerung von solchen Gerätekombinationen nicht unerheblich:

Dekanter-Vollernter sind sehr schwere Maschinen und erfordern ein optimales Gelände.

Dem Dekanter sollten nach Möglichkeit keine Fremdstoffe zugeführt werden (Steine, Nägel, Draht...).

Eine Maischeerhitzung kann in der kurzen Zeit nicht erfolgen und daher kann im Moment nur Weißmost geerntet werden.

Es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung weiter verläuft. Die Hauptvorteile, welche durch Weiterentwicklung der Technologie erwartet werden können, sind die große Schlagkraft und eine erhebliche Kosteneinsparung.

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2Trauben- und Maischeverarbeitung

Sobald die Trauben geerntet sind, müssen sie möglichst rasch zum Ort der Weiterverarbeitung transportiert werden. Nach Möglichkeit sollten sie dabei weder unkontrollierten Oxidations- oder Extraktionsvorgängen unterliegen. Mechanische Belastung sollte nach Möglichkeit vermieden werden, da sonst die Trubbelastung der Moste sehr stark ansteigen kann. Auch mikrobiologisch ist das Lesegut direkt nach der Ernte gefährdet. Daher wird in aller Regel ein schneller und schonender Transport empfohlen.

2.1Traubentransport und Annahme

2.1.1Traubentransport

Der Transport sollte schnell und effektiv sein. Je wärmer die Witterung und je brüchiger und belasteter die Trauben sind, desto größer ist die Gefahr, dass sich Mikroorganismen massenhaft vermehren und mit dem Stoffwechsel beginnen. In solchen Fällen ist daher die Addition von Kaliumpyrosulfit (KPS) schon im Weinberg anzuraten. Eine SO2-Gabe von rund 50 mg/kg (rund 100 mg/kg an Kaliumpyrosulfit ist insbesondere bei hohe Temperaturen, vorhandener biologischer Aktivität, Botrytis und langen Transportwegen ratsam. SO2 kann auch helfen die Oxidation des freien Mostes zu vermindern und aus diesem Grund zum Beispiel nach Vollernterlese zu den gemaischten Trauben gegeben werden.

Der eigentliche Transport kann auf unterschiedlichste Art und Weise erfolgen. Je nach Lesegut (Hand- oder Maschinenlese) und Verwendungszweck stehen sehr viele unterschiedliche Systeme zur Verfügung.

Grundlegende Funktion ist der Transport der Trauben vom Weinberg bis zur Annahmestation. Die Trauben sollen zunächst nicht in ihren Eigenschaften verändert werden, vielmehr ist schonendes und effektives Fördern die Hauptmaxime. Frühere Systeme, bei denen die Trauben noch im Weinberg gemaischt wurden, sind inzwischen nicht mehr erhältlich. Die heute gebräuchlichsten Transportsysteme sind:

Kleinkisten (ca. 20 kg Inhalt) oder kleine Bütten

erlauben Transport von unverletzten Trauben --> sehr arbeitsaufwändig

Einheitsbehälter 400–1000 kg (mit Staplerkufen)

im Prinzip schonend (wenn nachfolgende Verarbeitung angepasst)

Begrenzt auf kleine Verarbeitungskapazitäten – für Lese mit Vollernter meist zu klein

Anhänger mit lebensmittelechter Plane ausgelegt

Anhänger kann vielfältig für viele Transportaufgaben verwendet werden, kostengünstig

große Kapazität --> erfordern spezielle nachgeschaltete Annahmetechnik

Traubenwagen mit Förderschnecke und Pumpe

Traubenwagen sind nur für Trauben zu verwenden und teuer

je nach Schnecke-Pumpe-Abstimmung ergibt sich mechanische Belastung

d. h. sie vermaischen unter Umständen relativ stark

nicht ideal für die Beschickung von Entrappern

Traubenwagen mit Förderschnecke ohne Pumpe (Hubtechnik oder Förderband)

Schneckendurchmesser sehr groß mit großer Klappe am Ende (schonend)

Entleerung mit Förderband oder direkt, wenn Wagen über Hubtechnik angehoben

(Traubenwagen mit Rütteltechnik und Hubtechnik)

Große Klappe am Ende wird geöffnet und unterster Teil der Traubenwanne geschüttelt

Containersysteme (meist aus Edelstahl)

Abb. 4a. Traubentransportsystem mit kleineren Behältern (Boxen) bis 500 kg: Kleinkisten.

Abb. 4b. Traubentransportsystem mit kleineren Behältern (Boxen) bis 500 kg: Einheitsbehälter.

Abb. 4c. Traubentransportsystem mit kleineren Behältern (Boxen) bis 500 kg: Einheitsbehälter.

Je nach System werden die geernteten Trauben durch den Transport entweder nur sehr wenig oder schon erheblich mechanisch belastet und gemaischt. Sehr schonend ist der Traubentransport mit Förderbändern. Je mehr mechanischer Stress auf die Trauben einwirkt, desto größer ist die Trubmenge nach der Phasentrennung im Most (siehe 6.1 Klärung von Most).

Abb. 5. Traubentransport für größere Erntemengen (Anhänger mit Plane).

2.1.2Traubenannahme

Sobald die Trauben vom Weinberg zur Kellerei transportiert sind, müssen diese durch eine geeignete Technik in die Kellerei gefördert werden. Hier kommen je nach Betriebsgröße und Organisationsform sehr viele unterschiedliche Systeme zur Anwendung. Zunächst muss der Übergang von der Transporttechnik zur Annahmetechnik erfolgen.

Kleine 20-kg-Kisten werden üblicherweise mit dem Gabelstapler bewegt und dann meist von Hand entleert. Traubenwagen mit Pumpeinrichtungen können direkt in die Presse oder in Maischebehälter über der Presse pumpen. Ein Umweg über den Entrapper ist möglich. Traubenwagen ohne Pumpe, die mit Hubsystemen versehen sind, können die Trauben direkt in die Presse oder in den Entrapper fördern.

Abb. 6. Spezielle Traubenwagen mit Hubeinrichtung ohne Pumpe (a) bzw. mit Pumpe (b, c).

Abb. 6. Spezielle Traubenwagen mit Hubeinrichtung ohne Pumpe (a) bzw. mit Pumpe (b, c).

Abb. 6. Spezielle Traubenwagen mit Hubeinrichtung ohne Pumpe (a) bzw. mit Pumpe (b, c).

Anhänger, die mit einer lebensmittelechten Plane ausgelegt sind, können entweder mit eigenen hydraulischen Kippeinrichtungen die Ladefläche neigen oder benötigen ein stationäres System zum Kippen. Die Trauben rutschen in eine Wanne mit Förderschnecke. Die Wannengröße kann so groß sein, dass selbst große LKW-Anhänger in einem Zug entleert werden können. Von der Wanne werden die Trauben mittels Förderschnecke in der Regel direkt zum Entrapper gefördert. Die langsam laufende Schnecke in der Wanne gewährleistet die für die Arbeitsqualität notwendige gleichmäßige Beschickung des Entrappers. Danach folgt eine Förderpumpe, um die Maische zur Presse oder in einen Maischetank zu fördern.

Grundsätzlich sollte bei der Planung einer Traubenannahme über folgende Kriterien nachgedacht werden:

Annahmekapazität pro Zeiteinheit (z. B. Stunde, Tag)

Annahmegesamtmenge pro Saison

Verhältnis Rot- und Weißwein

Verhältnis Hand- und Maschinenlese

Anzahl der getrennt zu erfassenden Chargen nach Rebsorte, Lage und Mostgewicht

Qualitätsbeeinflussende Faktoren der Anlage (Basis-/Premium-Produktion)

Intensität von Reinigungs- und Servicearbeiten des Systems

Anschaffungs-, Betriebs-, und Folgekosten des Systems

Arbeitsaufwand versus Automatisation

Raumbedarf

Jeder Betrieb muss die entsprechenden Argumente für seinen Betrieb auswählen, bewerten und dann entscheiden, was unter den gegeben Rahmenbedingungen die beste Lösung ist.

Abb. 7. Schonende Traubenverarbeitung mit Boxen, Förderband und Entrapper.

2.2Sortieren von Trauben

Das Sortieren von Trauben ist ein einfaches, aber sehr effektives Mittel, um unterschiedliche Qualitäten und Weinstile zu erzeugen. Die Sortierung sollte schon im Weinberg beginnen. Bei der Handlese genügt es, in zwei unterschiedliche Eimer bzw. Behälter zu ernten und somit zwei verschiedene Partien zu erzeugen.

Bei extrem qualitätsorientierten Erzeugern wird neben der selektiven Lese die Sortierung von Hand für Premiumweine durchgeführt. Hierzu können einfache statische Sortiertische oder auch aufwändigere Sortierbänder verwendet werden.

Mit Vollernter gelesene Trauben können nicht mehr mit der Hand sortiert werden. Aber es gibt durchaus Techniken, die es erlauben, maschinell geerntete Trauben zu sortieren. Hierzu müssen automatische Systeme benutzt werden. Jedoch ist es von großem Vorteil für die Effizienz der Sortiertechniken, wenn im Lesegut ein hoher Anteil intakter Beeren enthalten und das Lesegut nur wenig gemaischt ist.

Dem Winzer bieten sich sehr viele Sortiermöglichkeiten:

 

Handsortierung

während der Lese in mehrere Eimer

statischer Sortiertisch

Sortierband oder Vibrationstisch

Entrapper

Fraktionierung durch unterschiedliche Einstellung (z. B. kleine/große Beeren)

Maschinelle Sortierung

Vibrationstisch mit Lochblechen

Windsortierung (Form, Gewicht)

Optisch (Form, Farbe, Größe)

nach Dichte

2.2.1Handsortierung

Die einfachste Form der Sortierung ist der Sortiertisch. Dieser kann sehr einfach als simpler Tisch mit glatter Oberfläche aus einem inerten Material wie z. B. Edelstahlblech ausgeführt sein. Für größeren Komfort und Durchsatz können die Sortiertische eine Rütteleinrichtung besitzen, welche die aufgegebenen Beeren/Trauben vereinzelt. Üblicherweise werden die Trauben durch ein leichtes Gefälle zum Tischende bewegt. Alternativ kann die Sortiereinheit ein langsam laufendes Förderband sein. Beidseitig stehen dann je nach Menge an Lesegut die Arbeitskräfte und selektieren die Trauben nach den gewünschten Kriterien.

Die Trauben können nach vielerlei Kriterien sortiert werden. Die Kriterien bei Handsortierung sind folgende:

Gesundheitszustand (gesunde Trauben/solche mit z. B. Botrytis, Oidium)

Trauben/Beerenfarbe: grüne/gelbe Trauben bei weißen Trauben, vollständig durchgefärbte rote Trauben/teilweise grüne, kleinbeerige Trauben/großbeerige

Entfernen von Fremdstoffen wie Blättern, Stielen

Sammeln von Trockenbeeren für die Erzeugung von Trockenbeerenauslesen

Die Handsortierung benötigt sehr viel Personal und die Kosten sind entsprechend hoch. Je nach Traubenzustand und gewünschtem Sortiergrad ist zudem nur eine begrenzte Kapazität gegeben. Je nach Aufwand liegt die manuelle Sortierleistung bei Werten von 1000 bis 3000 kg/Stunde.

Das monotone Arbeiten am Sortiertisch ist relativ anstrengend. Die Arbeitsqualität sinkt bei stundenlangem Arbeiten zum Teil rapide. Für größere Mengen an Lesegut kann eine automatische Sortiertechnik verwendet werden.

Abb. 8. Traubensortiertisch mit Rütteleinrichtung.

2.2.2Sortierung über den Entrapper

Das Entrappen ist per se schon eine Sortierung. Alle großen Bestandteile der Traube, die nicht durch die für die Beeren vorgesehenen Öffnungen passen, werden abgetrennt. Der Entrapper eignet sich daher besonders für die Vor- oder Grob-Sortierung von maschinell gelesenen Trauben. Neben dem primären Ziel, nämlich dem Trennen von Beeren und Rappen (Abbeeren bzw. Entrappen), gibt es weitere Ziele: Entfernung weiterer Fremdstoffe wie Steine, Rebholz, Blätter, Blattstiele oder Teile der Unterstützungsvorrichtung. Im anglikanischen Sprachraum werden solche Fremdstoffe unter dem Begriff „MOG“ zusammengefasst, was für „material other than grapes“ steht. Neben der Steigerung der Weinqualität kann diese Maßnahme auch sinnvoll sein, um die nachfolgenden Maschinen der Weiterverarbeitung vor Beschädigungen zu schützen.

Sofern das Abbeeren bzw. Entrappen schonend erfolgt, liegt noch ein erheblicher Anteil von > 50–60 % oder sogar noch höher an nicht verletzten Beeren vor. Eine schonende Förderung vorausgesetzt, kann ein solches Lesegut sehr gut für eine weitere, maschinelle Sortierung geeignet sein.

2.2.3Automatische Sortiertechniken

Die Basis für die automatische Sortierung sind also nicht die ganzen Trauben sondern die einzelnen Beeren. Eine schonende Entrappung mit dem Erhalt von möglichst vielen intakten Beeren muss daher vor der automatischen Sortierung erfolgen (bei Lese mit dem Vollernter ist bei der Einstellung der Ernteparameter sowie beim Traubentransport darauf zu achten).

Damit die Sortierung erfolgen kann, erfolgt im ersten Schritt eine Vereinzelung der Beeren. Danach folgt die jeweilige Trenntechnik mit Lochblechen, Wind- oder optischer Sortierung. Der frei werdende Saft wird aufgefangen. In der Regel wird dieser separat gehalten, da hier schon eine erhebliche Oxidation erfolgt ist.

Abb. 9. Viniclean – Sortiertechnik für abgebeerte Trauben: a) 1 Aufgabeposition für Trauben, Pfeile zeigen Rüttelrichtung, 2 Kante, an der Beeren nach unten fallen und weiter transportiert werden, 3 Kunststoffwalze zum Abtrennen von groben Fremdkörpern, wie Rappen etc., b) Schnittbild.

Abb. 9. Viniclean – Sortiertechnik für abgebeerte Trauben: a) 1 Aufgabeposition für Trauben, Pfeile zeigen Rüttelrichtung, 2 Kante, an der Beeren nach unten fallen und weiter transportiert werden, 3 Kunststoffwalze zum Abtrennen von groben Fremdkörpern, wie Rappen etc., b) Schnittbild.

Problematisch für die weitere automatische Sortierung bzw. Trennung können große Mengen an angequetschten Beeren sein. Dies tritt relativ häufig bei sehr reifem Lesegut mit nur noch wenig ausgeprägter Textur auf. Sie werden von den Sortiertechniken unter Umständen nicht richtig erfasst, obwohl diese durchaus brauchbar für die Weinbereitung wären. Je nach Sortierprinzip haben die gequetschten Beeren ein ähnliches Verhalten wie negativ veränderte faule Beeren, Fremdstoffe, Blätter oder Blattstiele und erschweren die Sortierung.

 

Sortierung über Größe

Die Abtrennung über die Größe verfolgt das Ziel alle Fremdteile, die eine andere Größe/Form als die Traubenbeeren haben, zu entfernen.

Abb. 10. Linearer Entrapper Selectiv Process Winery von Pellenc.

Eine Sortiertechnik, die nach diesem Prinzip funktionert ist das System Viniclean. Die abgebeerten Trauben werden über eine Rütteltechnik auf mehreren Kunststoffelementen mit geringem Abstand geführt. Durch die Vibration bewegen sich alle Teile auf den Elementen in Richtung von Kunsstoffwalzen. Sinn der Sache: Abgebrochene Stiele und Stängel sowie Rappen zu entfernen. Größere Teile wie Rappen oder Blätter werden über langsam rotierende Kunststoffwalzen am Ende der Rüttelstrecke erfasst und separiert. Die Beeren fallen durch entsprechende Lücken zwischen den Kunststoffelementen hindurch.

Die Firma Pellenc bietet eine andere Sortiertechnik an. Hierbei wird ein spezieller linearer Entrapper (Selectiv’ Process Winery) mit einer nachgeschalteten optischen Sortiereinrichtung kombiniert (Selectiv’ Process Vision). Die Trauben werden über zwei mit einer hohen Frequenz horizontal bewegte Separatoren entrappt. Dieses Prinzip ähnelt dem Abernten der Trauben mit dem Vollernter von der Rebe. Anschließend fallen die Rappen, Stengel, Beeren etc. auf ein darunter liegendes System mit vielen rotierenden Walzen. Die abgetrennten Beeren werden über dieses System gefördert. Da sich der Abstand der rotierenden Rollen zunehmend vergrößert, fallen durch die Zwischenräume der Walzen zunächst nur sehr kleine Bestandteile, wie Stängel, Reste von Rappen etc. Die Beeren können erst in einer weiter entfernten Sektion durch die Räume zwischen den Rollen durchfallen. Die langen Rappen werden durch die Rotation der Rollen in eine separate Station gefördert (Abb. 10).

 

Windsortierung

Das Prinzip der Windsortierung basiert auf der Tatsache, dass das vorentsaftete und abgebeerte Lesegut durch einen kontrollierten Luftstrom getrennt wird. Zunächst werden die einzelnen Beeren auf einem Rütteltisch gleichmäßig verteilt und dann auf einem Transportband beschleunigt. Am Ende des Bandes gelangen die Beeren in einen Luftstrahl mit einstellbarer Stärke. Schwere Komponenten wie intakte Beeren werden vom Luftstrom nicht wesentlich abgelenkt. Leichte Bestandteile wie Blätter, Stängel etc. werden durch den Luftstrom erfasst und so von den schweren Teilen getrennt. Auf diese Art und Weise werden je nach Einstellung des Gebläses auch intakte Beeren von aufgeplatzten Beeren und Fremdkörpern abgetrennt.

Abb.11. Beerensortieranlage Delta Mistral von Bucher-Vaslin.

Optische Sortiertechnik

Auch hierbei werden die Beeren auf einem Vibrationstisch vereinzelt und anschließend über ein schnell laufendes Band der eigentlichen Sortiertechnik zugeführt. Die vereinzelten Beeren werden von hochauflösenden digitalen Kameras erfasst. Die Aufnahmen werden in Sekundenbruchteilen vom leistungsfähigen Computer ausgewertet. Der PC gruppiert die Beeren entsprechend zuvor festgelegter Einstellparameter ein. Danach folgt das eigentliche Sortieren. Vor dem ersten Sortieren muss die Erkennung jedoch „trainiert“ werden. Über eine spezielle Schnittstelle werden die aufgenommenen Videos angehalten und Standbilder generiert. Der Anwender markiert jetzt die Bestandteile, die er aussortieren möchte. Circa 20 % der Beeren können abgetrennt werden. Mit zunehmendem Trainingsaufwand können die Trennraten verbessert werden.

Die eigentliche Trennung erfolgt folgendermaßen: Die zu sortierenden einzelnen Beeren werden durch das Transportband stark beschleunigt (Bandgeschwindigkeit 2,5–3 m/sec). Am Ende des Bandes fliegen die Beeren über das Band hinaus. Während die Beeren über das Bandende fliegen, können bis zu 20 % der Beeren durch Druckluftimpulse von oben gezielt raus geschossen werden. Dies erfolgt durch eine am Ende des Bandes angebrachte Düsenleiste. Die nicht angeblasenen Beeren fliegen in einen Behälter weiter gerade aus, die angeblasenen in einen anderen. Die Steuerung übernimmt der PC, der die optisch erkannten Bestandteile mittels exakter Ansteuerung der jeweiligen Luftdüse rausschießt.

Abb. 12. Optisches Traubensortiersystem von Bucher Delta Vistalys im Winzerbetrieb.

Abb. 13. Optische Traubensortiereinheit Optyx von Clemens.

Sortierung über Dichte

Die Firma Amos Industries (Beaune, Frankreich) bietet eine Sortiertechnik nach Dichteprinzip in einem Mostbecken an. Die Technik trägt den Namen Tribaie. Hierbei werden zunächst die Trauben entrappt und die Beeren vereinzelt. Nachdem die Rappen und Fremdteile abgetrennt sind, werden die Beeren in ein Becken überführt. Dieses Becken wird zu Beginn des Prozesses mit frisch gepresstem Most der gleichen Traubenpartie gefüllt. Die Beeren erfahren im Most einen Auftrieb (Archimedisches Prinzip). Je nach Dichte der Beeren gehen die schweren zuckerreichen Beeren unter und die wenig dichten zuckerarmen treiben nach oben. So kann man die Beeren nach deren Dichte unterscheiden und getrennt verarbeiten.

Abb. 14. Traubensortierung Tribaie nach Dichte über das Archimedes Prinzip (Amos Industries).

2.3Entrappen (Abbeeren, Rebeln)

Das Entrappen wird auch „Abbeeren“ oder in Österreich „Rebeln“ genannt. Hiermit ist das Abtrennen der Beeren vom Rappen bzw. dem Stielgerüst der Traube gemeint. Das Entrappen kann mehrere Gründe haben – sollte aber nicht grundsätzlich und in jedem Fall erfolgen. Entrappen ist eine mechanische Belastung der Trauben und bringt somit auch mehr Trub. Des Weiteren führt das Entrappen zu einem erheblichen Verlust an Drainagekanälen innerhalb der Maische, welche die Phasentrennung beim Pressen erschwert. Eventuell muss häufiger gescheitert werden. Die Vorteilhaftigkeit des Entrappens bei Weißwein kann also durchaus in Frage gestellt werden.

Des Weiteren ist das Entrappen kontraproduktiv, wenn man überreifes oder/und botrytisfaules Lesegut verarbeitet. Diese Trauben sind schon soweit aufgeschlossen, das Gewebe zerstört und strukturlos, dass diese durch jede weitere mechanische Belastung weiter verflüssigt werden (Mus-Bildung). Die Belastung und die Entfernung der Rappen verschlechtert die Abtrennung der flüssigen Phase (Saft) von der festen Phase (Trester).

Unstrittig ist jedoch, dass das Abtrennen der grünen Rappen bei der Rotweinbereitung unbedingt notwendig ist. Dies gilt sowohl für die klassische Maischegärung als auch für die thermische Rotweinbereitung. Verblieben die Rappen während der Maischegärung in der Rotweinmaische, so würden durch die lange Extraktionszeit und den gebildeten Alkohol sehr viele Gerb- und Bitterstoffe übergeben. Dies würde die Qualität des Rotweines beeinflussen.

Bei der thermischen Rotweinbereitung hat das Entrappen eher praktische Gründe. Die Maische muss über lange Strecken durch den Wärmetauscher gefördert werden. Insbesondere die Rappen haben dabei die Tendenz, sich festzusetzen und den Wärmetauscher zu verstopfen.

 

Technik des Entrappens

Das Entrappen kann mit unterschiedlich aufgebauten Maschinen erfolgen. Weit verbreitet sind Maschinen, bei denen die Trauben durch einen rotierenden Korb gefördert werden. Dieser Korb ist entweder als Gitter oder als Edelstahlblech mit Löchern aufgebaut. Er ist horizontal montiert und rotiert meist mit einer Drehzahl von 30–60 Umdrehungen je Minute. Im Inneren des Korbes ist eine rotierende Welle mit Stacheln bzw. Fingern montiert (auch Stiftwelle), die mit 300–400 Umdrehungen je Minute rotiert. Die Stacheln sind schraubenartig entlang der Welle verbaut. Durch die Schraubenform werden zunächst die ganzen Trauben und nach dem Abbeeren die Rappen durch den Korb gefördert. Die abgetrennten Beeren fallen durch die Korböffnungen nach unten durch.

Abb. 15. Querschnitt eines rotierenden Entrappers.

Abb. 16. Unterschiedliche Bauarten von Lochkörben.

Abb. 17. Abbeermaschine Rotovib von Armbruster.

Eine Weiterentwicklung dieser bekannten Entrappungstechnik wird von der Firma Armbruster unter dem Namen Rotovib angeboten. Der Rotovib-Entrapper ist so aufbebaut, dass die Stiftwelle durch einen Vibrationsantrieb in Schwingung versetzt wird. Dadurch sollen die Drehzahlen von Korb und Stiftwelle niedriger sein, die mechanische Belastung reduziert und das Arbeitsergebnis verbessert werden.

Eine weitere Bauart stellt der lineare Entrapper von Pellenc dar (Abb. 10).

 

Abbeeren über ein Gliederband

Eine gänzlich andere Verfahrensweise zum Entrappen funktioniert über ein Gliederband. Die Firma Scharfenberger bietet die Technologie unter dem Namen EuroSelect an. Das Lesegut wird der Maschine über einen Trichter zugeführt, vorentsaftet und dann über ein Gliederband weiter gefördert. Die ganzen Trauben können nicht durch das Gliederband fallen, einzelne Beeren jedoch sehr leicht. Das Abtrennen der Beeren von den Rappen erfolgt über Stiftwalzen, an denen sich hochflexible Finger befinden. Diese Stiftwalzen rotieren, und darunter laufen die Trauben auf dem Gliederband vorbei. Durch die Rotation werden die Beeren abgeschlagen und nach unten durch das Gliederband gedrückt. Der frequenzgeregelte Antrieb sowohl des Gliederbandes als auch der beiden Stiftwalzen ermöglicht das Anpassen der Maschine an das Lesegut.

Nach dem Entrappen werden die Beeren häufig noch gequetscht. Das Quetschen dient dem Zweck, die Beeren zu öffnen und den Saft austreten zu lassen. Ab diesem Moment der Zellöffnung beginnt je nach Temperatur ein enzymatischer Aufschluss der Trauben.

Abb. 18. Abbeermaschine EuroSelect.

Entrapper und Quetsche sind sehr häufig in einem Gehäuse verbaut (Kombi-Geräte).

Moderne Entrapper/Quetschen sollten in der Kombination der Betriebsarten flexibel sein. Es sollte möglich sein:

Nur Entrappen ohne Quetschen.

Kein Entrappen aber Quetschen.

Entrappen und Quetschen.

Eventuell Möglichkeit, ganze Trauben durchschleusen zu können.

Über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Verfahren gibt es umfangreiche Literatur (Freund M, Seckler J et al., 2005; Seckler J, 2006; Seckler J, Jung R et al., 2002; Weik B, 2003). (Theobald J, 2005). (Weber B, 2003; Seckler J, Jung R et al., 2002)

2.4Traubenquetsche

Das Quetschen der Trauben dient dem Zerstören der Beerenstruktur. Spätestens nach dem Quetschen spricht man von Traubenmaische. Das Quetschen der Trauben wird daher auch als Maischen bezeichnet.

Das Quetschen der Trauben erfolgt durch rotierende Walzen. Zwischen den Walzen befindet sich ein Spalt, der in der Weite justiert werden kann.

Man unterscheidet Traubenquetschen in drei unterschiedliche Bauformen. Neben Zylinderwalzen kommen Kegel- und Flügelwalzen zum Einsatz. Der früher verwendete Begriff Traubenmühle ist unglücklich, da die Trauben nicht vermahlen werden sollen. Insbesondere achtet man beim Betrieb der Quetschen darauf, dass die Traubenkerne nicht verletzt werden. Dies würde zu einem enormen Anstieg der Gesamtphenole im Most führen.

In der Regel wird durch das Quetschen der Trauben erreicht, dass diese pumpfähig werden (= einmaischen). Der zweite wichtige Grund für das Quetschen ist der Zellaufschluss durch unterschiedliche Enzyme der Traube. Neben der mechanischen Zerstörung des Traubengewebes setzen nach dem Quetschen umfangreiche Prozesse ein. Ab der Zellöffnung setzt die Extraktion von Beereninhaltsstoffen, wie Mineral- und Aromastoffen, in die flüssige Phase ein. Des Weiteren beginnen jetzt umfangreiche Oxidationsvorgänge.

Insbesondere führt die Freisetzung der Enzyme der Traube zu vielfältigen Abbauvorgängen in der Maische. Im Vordergrund steht der Abbau des Pektins der Traube, die Struktur der Beeren wird geschwächt. Dadurch wird die Phasentrennung (Pressbarkeit) bei gesundem Lesegut verbessert.

Das Quetschen kann aber auch negative Auswirkungen auf die Phasentrennung haben. Nach Pilzbefall der Trauben durch z. B. Botrytis cinerea ist eine breite enzymatische Tätigkeit gegeben. In Verbindungen mit starker mechanischer Belastung können Trauben insbesondere nach Pilzbefall (auch bei hochreifen Trauben oder nach Maischeerhitzung) so viel Textur verlieren, dass die Maische einen Mus-Charakter annimmt. Dadurch wird die Phasentrennung in klassischen Pressen erheblich erschwert und die Extraktion von Beereninhaltstoffen extrem gesteigert.

Abb. 19. Unterschiedliche Bauarten von Traubenquetschen.

Abb. 19. Unterschiedliche Bauarten von Traubenquetschen.

2.5Kühlen und Wärmen von Maische und Most

In der modernen Kellerwirtschaft ist die Temperaturkontrolle bei der Verarbeitung von Trauben üblich. Die Geschwindigkeit von vielen biologischen Prozessen ist temperaturabhängig. Die Vermehrung von Mikroorganismen sowie deren Stoffwechsel sowie die Aktivität von Enzymen kann durch die Temperatur aktiv beeinflusst werden. Moderne Weingüter und Kellereien verfügen daher über leistungsfähige Wärmetauscher. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, Most bzw. Wein zu kühlen und/oder zu erwärmen.

Die Anwendung von Kälte bzw. Hitze kann für sehr viele verschiedene Anwendungen genutzt werden:

 

Kälte:

Kaltmazeration von Maische.

Keltermostkühlung (keine Angärung, Klärung).

Kontrollierte Gärführung (siehe 7.2).

Rückkühlung von erhitzten Rotmosten.

Gärstopp herbeiführen.

Weinsteinstabilisierung.

Hitze:

Anwärmen von Most/Maische auf Gärstarttemperatur.

Beschleunigung der Gärung.

Ermöglichung eines bakteriologischen Säureabbaus.

Pasteurisation von belastetem Lesegut.

thermische Rotweinbereitung (ME, KHE)

Spätestens ab einer Traubentemperatur über 20 °C sollte eine Kühlung in Erwägung gezogen werden. Die Zieltemperatur hängt vom Traubenzustand und der weiteren Verarbeitung ab. Eine Kaltmazeration erfolgt meist bei einer Temperatur im Bereich von 5–8 °C. Das Verhindern einer sehr raschen Angärung ist schon bei Temperaturen im Bereich von 10–12 °C möglich.

Neben der Erhitzung der Maische bei der Thermischen Rotweinbereitung (siehe 3.5) wird das Anwärmen von kaltem Lesegut oder kalter Maische (z. B. nach Kaltmazeration) häufig zur Beschleunigung des Gärstarts bei Maischegärungen durchgeführt. Bei Temperaturen unter 15 °C kann die Angärung ansonsten sehr verzögert erfolgen. Dadurch werden Kälte-tolerante Nicht-Saccharomyces-Hefen (z. B. Apiculatus-Hefen) gefördert und das Risiko der Bildung von flüchtiger Säure steigt an.

In warmen Klimazonen erfolgt die (maschinelle) Lese häufig in den frühen Morgenstunden des Tages, wo die Trauben ihre niedrigste Temperatur haben. Sofern die Temperatur des Lesegutes dennoch zu hoch ist, erfolgt eine Kühlung. Dadurch wird die Aktivität von Enzymen sowie Mikroorganismen reduziert. Die Extraktion von Beereninhaltsstoffen sowie die Oxidationsreaktionen sind reduziert und das Einsetzen der Gärung sowie die Bildung von zum Beispiel Flüchtiger Säure werden unterbunden. Für die Erzeugung von frisch-fruchtigen Weißweinen ist die Anwendung der Kältetechnik daher mittlerweile ein weit verbreiteter Standard.

Abb. 20. Abkühlung von Maische über Wärmetauscher im Durchfluss.

Abb. 21. Indirekte Maischekühlung durch Saftentzug, Saftkühlung und Rückverschnitt.

Abb. 22. Ansicht von Wärmetauschern für Kühlung/Erwärmung von a) Maische (links) oder b) Flüssigkeit.

Abb. 22. Ansicht von Wärmetauschern für Kühlung/Erwärmung von a) Maische (links) oder b) Flüssigkeit.

Das Kühlen ganzer Trauben ist ein aufwändiger und relativ uneffektiver Prozess. Die Trauben können nur indirekt über die Umgebung gekühlt werden (z. B. Kühlraum). Sofern die Trauben aber nicht in kleinen Einheiten wie etwa 15-kg-Kisten gelagert werden, erfolgt der Wärmeaustausch bis in den Kern sehr langsam. Das Kühlen ganzer Trauben ist daher nur eine Maßnahme für kleinere Mengen und bei völlig gesundem Lesegut.

Das Kühlen von Maische hingegen ist durch den besseren Energieaustausch eine wesentlich effektivere Maßnahme. Es stehen viele technische Möglichkeiten zur Verfügung: Üblich ist entweder die direkte Kühlung der Maische über Wärmetauscher im Durchfluss oder mittels einer Tankkühlung mit Wärmetauscher am Tank (pillow plates). Jedoch ist der Wärmeaustausch in Tanks mit größerem Durchmesser relativ langsam, da der Austausch nur außen erfolgt. Der Wärmeübergang bei nicht bewegter Maische ist träge und es dauert unter Umständen sehr lange, bis die gewünschte Maischetemperatur im Kern erreicht wird. Dies gilt sowohl für Kühlen als auch Wärmen.

Alternativ kann daher auch eine indirekte Maischekühlung/Maischeerwärmung