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Hartmut Bobzin

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Beschreibung

Der Prophet Mohammed, der im 7. Jahrhundert von Mekka und Medina aus den Islam verkündete, ist eine der wirkungsmächtigsten, aber auch umstrittensten Gestalten der Weltgeschichte. Im Abendland galt er lange Zeit als falscher Prophet und Betrüger. In der arabischen Welt wird er als Verkünder des wahren Monotheismus verehrt; sein Leben gilt als Vorbild für jeden frommen Muslim. Dieses Buch bietet einen Überblick über die sehr unterschiedlichen Auffassungen von dem arabischen Propheten. Nicht zuletzt wird die Frage gestellt, wie zuverlässig die muslimischen Quellentexte zum Leben Mohammeds eigentlich sind.

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Hartmut Bobzin

MOHAMMED

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verlag C.H.Beck

 

 

Zum Buch

Der Prophet Mohammed, der im 7. Jahrhundert von Mekka und Medina aus den Islam verkündete, ist eine der wirkungsmächtigsten, aber auch umstrittensten Gestalten der Weltgeschichte. Im Abendland galt er lange Zeit als falscher Prophet und Betrüger. In der arabischen Welt wird er als Verkünder des wahren Monotheismus verehrt; sein Leben gilt als Vorbild für jeden frommen Muslim. Dieses Buch bietet einen Überblick über die sehr unterschiedlichen Auffassungen von dem arabischen Propheten. Nicht zuletzt wird die Frage gestellt, wie zuverlässig die muslimischen Quellentexte zum Leben Mohammeds eigentlich sind.

Über den Autor

Hartmut Bobzin ist Professor em. für Islamwissenschaft und semitische Philologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Zu seinen Hauptarbeitsgebieten zählen die Koranforschung und die Rezeptionsgeschichte des Islam in Europa. Bei C.H.Beck erschienen von ihm außerdem „Der Koran. Eine Einführung“ (8. Aufl. 2014) sowie eine viel gerühmte Neuübersetzung des Korans (2010).

Inhalt

Hinweise zur Aussprache arabischer Laute

Vorwort

1. Vom „Pseudopropheten“ zum „Helden“: Abendländische Mohammedbilder

2. Die Prophetenüberlieferung imIslam: Sunna und īadīth

3. Die Quellen für die Kenntnis vom Leben Mohammeds

4. Arabien – Heimat und Umfeld des Propheten

5. Historie und Legende: Hauptthemen der islamischen Mohammedbiographie

6. Ausblick: Mohammedforschung gestern und heute

 

Literaturhinweise

Zeittafel zum Leben Mohammeds

Register von Personen- und Stammesnamen

Verzeichnis der Koranstellen

Hinweise zur Aussprache arabischer Laute

ā

langes a wie in „lahm“

ī

langes i wie in „schief“

ū

langes u wie in „Ruhm“

a

kurzes a wie in „Lamm“

i

kurzes i wie in „Schiff“

u

kurzes u wie in „Rum“

Stimmritzenverschluß („glottal stop“) wie in „be’ehren“

ʿ

Kehllaut (arab. kaʿba „Kaaba“)

stimmhaftes engl. „th“, wie in „mother“

verdumpftes d (arab. ramaḍān „Ramadan“)

ǧ

stimmhaftes „dsch“, wie in „Jeans“

ġ

Gaumen-r (nicht gerollt!), wie in frz. „merci“

h

dt. h, jedoch stets hörbar

stark behauchtes h (arab. muḥammad „Mohammed“)

dt. „ch“, wie in „Bach“ (nie wie in „ich“!)

q

am Zäpfchen gesprochenes k (arab. qurʾān „Koran“)

r

gerolltes r, wie in ital. „pronto“

s

stimmloses s, wie in „reißen“

verdumpftes stimmloses s (arab. ṣalāt „Gebet“)

š

dt. „sch“, wie in „Schiff“

stimmloses engl. „th“, wie in „three“

verdumpftes t (arab. sulṭān „Vollmacht“)

w

engl. w, wie in „we“ (nicht wie in dt. „wie“!)

y

dt. j, wie in „jagen“

z

stimmhaftes s, wie in „reisen“

verdumpftes stimmhaftes s (arab. niẓām „System“)

Bei den arabischen Wörtern ist die betonte Silbe hier und im Register durch Fettdruck des Vokals kenntlich gemacht.

Für einige im Deutschen gebräuchliche bzw. häufig vorkommende Wörter wurde der besseren Lesbarkeit wegen von der Umschrift abgesehen, wie z.B. Mohammed (für: Muḥammad), Chadīdscha (für: Ḫadīǧa), Aischa (für: ʿĀʾiša); Koran (für: qurʾān), Ḥadīth (für: ḥadīṯ), Yathrib (für: Yaṯrib), usw.

Bei allen Textzitaten stehen in runden Klammern (…) zum Textverständnis nötige Ergänzungen, die stets mitzulesen sind; in eckigen Klammern […] stehen sonstige Erläuterungen bzw. oft die fremdsprachlichen, kursiv gesetzten Fachbegriffe, mit denen (wenn nicht anderes angegeben ist) stets arabische Wörter gemeint sind. Vor dem Todesdatum muslimischer Autoren steht „st.“ für „starb“.

 

Da aber als in sein Versteck der Hohe,sofort Erkennbare: der Engel, trat,aufrecht, der lautere und lichterlohe:da tat er allen Anspruch ab und bat

 

bleiben zu dürfen der von seinen Reiseninnen verwirrte Kaufmann, der er war;er hatte nie gelesen – und nun garein solches Wort, zu viel für einen Weisen.

 

Der Engel aber, herrisch, wies und wiesihm, was geschrieben stand auf seinem Blatte,und gab nicht nach und wollte wieder: Lies.

 

Da las er: so, daß sich der Engel bog.Und war schon einer, der gelesen hatteund konnte und gehorchte und vollzog.

 

   Rainer Maria RilkeMohammeds Berufung

Im Anfange des siebenten Jahrhunderts erschien dieser Mann, eine sonderbare Mischung alles dessen, was Nation, Stamm, Zeit und Gegend gewähren konnte, Kaufmann, Prophet, Redner, Dichter, Held und Gesetzgeber, alles nach arabischer Weise.

Johann Gottfried HerderIdeen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit

Vorwort

Wäre es nach dem Wunsch des Verlages gegangen, so hätte dieses Buch unter den ersten zwölf Bänden der Reihe „C.H.Beck Wissen“ sein sollen. Daß sich sein Erscheinen so lange hinauszögerte, hat viele Gründe. Der wichtigste liegt in der Weitläufigkeit und Kompliziertheit der islamischen Quellen, welche die Geschichte des Propheten einzig aus der Sicht seiner gläubigen Anhänger wiedergeben. Daher sind immer wieder sehr begründete Zweifel vorgebracht worden, ob man überhaupt jemals eine historisch tragfähige Darstellung seines Lebens schreiben könne.

Das vorliegende Buch enthält ganz bewußt keinen Untertitel, wie etwa: „Eine Biographie“. Mein Anliegen war es, dem Leser in knapper Form vor allem solche Informationen zu bieten, die zum besseren Verständnis von Mohammed beitragen und die er sonst nicht so leicht findet, wie beispielsweise Erläuterungen zum abendländischen Mohammedbild (Kap. 1), zur Eigenart der islamischen Prophetenüberlieferung (Kap. 2), zur Charakterisierung der wichtigsten Quellen zum Leben Mohammeds (Kap. 3) oder zu den religionsgeschichtlichen Voraussetzungen für die Verkündigung Mohammeds (Kap. 4). Wer nur die wichtigsten „Fakten“ zum Leben Mohammeds erfahren will, der sollte gleich mit Kap. 5 beginnen. Gerade in diesem Kapitel kam es mir darauf an, möglichst häufig die islamischen Quellen selbst sprechen zu lassen, zu denen ein Leser, der kein Arabisch versteht, sonst praktisch keinen Zugang findet. Wer ein Kapitel über die Verehrung des Propheten im Islam vermißt, sei auf das leicht zugängliche Buch Und Muhammad ist sein Prophet von Annemarie Schimmel verwiesen.

Zu den wichtigsten Quellen für das Leben Mohammeds gehört der Koran, aus dem ich vieles wörtlich zitiere (übrigens meist in eigener Übersetzung). Einige thematische Überschneidungen mit meinem in der gleichen Reihe erschienenen Buch Der Koran. Eine Einführung (1999) ließen sich nicht vermeiden, aber das vorliegende Buch ist so konzipiert, daß es in sich verständlich ist.

Meine Danksagungen gelten Dr. Ernst-Peter Wieckenberg (Sure 12,18: „Doch schön geduldig sein …“), Prof. Dr. Karl Bertau (Erlangen) für äußerst anregende Diskussionen zum Thema Traditionsbildung und überhaupt für den Anstoß, dieses Büchlein „für Laien“ zu schreiben, Frau Dr. Claudia Ott für eine kritische Lektüre des Manuskripts ebenso wie für viele lebhafte Gespräche sowie Dr. Ulrich Nolte vom Verlag C.H.Beck für die Lektorierung. Besonders herzlich aber danke ich meiner Frau dafür, daß sie sich die Zeit nahm, das Buch in allen Phasen seiner Entstehung mit kritischem Blick zu lesen.

Erlangen, Juni 2000

HB

1. Vom „Pseudopropheten“ zum „Helden“: Abendländische Mohammedbilder

Es gibt wohl kaum eine Gestalt der Weltgeschichte, die im christlichen Abendland über lange Zeit so negativ dargestellt, dann aber ebenso überschwenglich gelobt worden ist wie Mohammed. In diesem Kapitel möchte ich einige besonders typische und folgenreiche Ansichten über Mohammed in Europa vom 7. Jahrhundert bis zum Beginn der kritischen Forschung im 19. Jahrhundert vorstellen.

Der „Pseudoprophet“

Einer der ältesten Streiter gegen den Islam war der orthodoxe Theologe Johannes von Damaskus (Johannes Damascenus, geb. nach 650, † um 750). Er entstammte einer christlicharabischen Familie und war in der Finanzverwaltung am Hof der omayyadischen Kalifen in Damaskus beschäftigt. Die unter der Regierung des Kalifen ʿAbdalmalik (reg. 685–705) zunehmend gegen die Christen gerichtete Politik hat Johannes von Damaskus offenbar bewogen, um 700 sein Amt niederzulegen und sich als Mönch in das bei Jerusalem gelegene Kloster Mar Saba zurückzuziehen. Bekanntgeworden ist Johannes durch sein auch im Westen einflußreiches dogmatisches Werk „Quelle der Erkenntnis“ (griech. Pege gnoseos), das unter anderem eine umfangreiche Darstellung der Häresien im Christentum (das sog. „Buch der Häresien“) enthält. Ganz an deren Ende findet sich auch eine kurze Darstellung des Islams; denn Johannes nahm ihn noch nicht als eigenständige Religion wahr, sondern verstand ihn als christliche Irrlehre; für sie verwendet er jedoch nicht die Bezeichnung „Islam“, sondern spricht von

dem bis jetzt herrschenden Glauben der Ismaeliten, der das Volk in die Irre leitet und als Vorläufer des Antichristen anzusehen ist.

Die hier genannten „Ismaeliten“ haben ihren Namen von Ismael, dem von Hagar geborenen Sohn Abrahams (vgl. 1. Mose 16,1ff.), der seit dem griechischen Kirchenhistoriker Sozomenos (5. Jahrhundert) allgemein als Stammvater der Araber galt. Im „Buch der Häresien“ heißt es von den Ismaeliten weiter:

Sie waren bis zur Zeit des [byzantinischen Kaisers] Herakleios [reg. 610–641] Götzendiener. Da aber trat unter ihnen ein falscher Prophet auf, „Mamed“ genannt, der eine eigene Irrlehre ins Leben rief, nachdem er flüchtig Kenntnis vom Alten und Neuen Testament gewonnen hatte und zugleich offenbar mit einem arianischen Mönch zusammengetroffen war. Später ließ er durch Täuschungen das Volk glauben, er sei ein gottesfürchtiger Mann, und streute Gerüchte aus, daß ihm eine Schrift vom Himmel herabgesandt sei. Nachdem er einige Lehren in diesem seinem Buch aufgestellt hatte, über die man nur lachen kann, lehrte er sie auf diese Weise, Gott zu verehren.

In diesem Abschnitt finden sich bereits einige der christlichen Vorwürfe, die in späterer Zeit von den verschiedensten Autoren immer wieder aufgegriffen wurden. Am wichtigsten und theologisch am folgenreichsten ist jedoch die zunächst relativ harmlos klingende Bezeichnung „falscher Prophet“ (griech. pseudoprophetes), da sich dahinter mehr verbirgt, als man auf den ersten Blick vermutet.

Das Urchristentum und die Alte Kirche kannten verschiedene Ämter in der Gemeinde. Paulus spricht im 1. Korintherbrief 12,28 neben Aposteln und Lehrern auch von Propheten. Unter letzteren sind Ekstatiker zu verstehen, die sich durch bestimmte charismatische Gaben auszeichnen und in den Gemeinden „Offenbarungen“ verkünden. Genaueres über frühchristliche Propheten ist dann aus der Anfang des 2. Jahrhunderts entstandenen „Apostellehre“ (griech. Didache) zu erfahren.

Das Erlöschen des Prophetenamtes in der Kirche gegen Ende des 3. Jahrhunderts hängt ganz sicher damit zusammen, daß Propheten als Charismatiker nur schwer in die sich bildende hierarchische Ordnung der Kirche einzufügen waren. Des weiteren war es die Erfahrung mit einer neuen prophetischen Bewegung, die in der Mitte des 2. Jahrhunderts in Phrygien (Kleinasien) aufgekommen war. Dort hatte der Prophet Montanus in bewußter Anknüpfung an urchristliche Gedanken das nahe Weltende verkündet und dementsprechend zu einer rigoristischen Ethik (u.a. mit verschärften Fastenvorschriften) aufgerufen. Nur mühsam konnte sich die Großkirche gegen den sich auch nach Europa und Nordafrika ausbreitenden sog. „Montanismus“ durchsetzen. Als Ergebnis der Auseinandersetzung mit dieser Bewegung lehnte die Kirche schließlich jede „neue“ Prophetie als legitime Form der Verkündigung ab.

Durch Johannes von Damaskus wurde das Prädikat „Pseudoprophet“ in unzähligen Werken christlicher Polemik gegen den Islam gleichsam zur Standardbezeichnung Mohammeds.