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Eine bunte Sammlung kurzer Erzählungen, die um erotische Spannungen, starke Gefühle und knisternde Phantasien gesponnen sind. Erfundene Geschichten von Begegnungen, Verführungen, Verliebtheiten, Enttäuschungen und Höhepunkten, detailverliebt und phantasievoll ausgemalt. "Sie packte mich fest am Arm, schob mich ein Stück um den Turm herum, zwischen einem Gebüsch und der Mauer durch. 'Verdammt, weiter!' fauchte sie und gab mir einen derben Stoß. Ich stolperte und krachte gegen die alte Holztüre." "Einmal blieb sie stehen, mit riesigen, weichen Augen sah sie mich an und sagte mit vibrierender Stimme: 'Du bist so süß.' Es knisterte regelrecht. Ein Feuerwerk von blauen Funken umsprühte uns. Nach einem Moment lachte sie leise auf und setzte hinzu: 'Und so dumm.'" "Am Abend, kurz vorm Einschlafen, fiel mir dieses Mädchen wieder ein, und es kam mir nachträglich so vor, als hätte sie außer der langen Hose gar nichts weiter angehabt, und ihre Brüste nur mit ihren langen Locken leicht verschleiert. Mit dieser angenehmen Vorstellung schlief ich lächelnd ein." "Die ganze Zeit hatte ich nur dieses Ziel vor Augen gehabt, sie zu erwischen, und nun hatte ich mein Ziel erreicht, aber über diesen Punkt hinaus hatte ich keinerlei Plan oder Absicht, wie mir blitzschnell klar wurde." "Sie legt mir ihre Hände auf, als wolle sie mich segnen. Dazu spricht sie leise: 'Du musst Gehorsam lernen.' Ich denke, ich glaube nicht, dass ich das will."
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Seitenzahl: 267
Veröffentlichungsjahr: 2010
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.ISBN 9783839177150
Design & Layout:arTm & friendsSatz:Scribus Open Source Publishing
Herstellung und Verlag:Books on Demand GmbH, Norderstedt© 2009 rudolf mittelmannAlle Abbildungen vom Autor
für die Mädchen A. und M.
Fahrradgeschichten
und andere erotische Erzählungen
Eine kleine Sammlung von kurzen und sehr kurzen Geschichten über erotische Momente und Begebenheiten.
Die Geschichten des ersten Teils erzählen aus meiner Studentenzeit. Wenn auch nicht in jeder Geschichte mein Radl explizit vorkommt, war das doch ein Lebensabschnitt, den ich mir ohne mein Fahrrad nicht vorstellen kann. Deshalb habe ich diese Sammlung Fahrradgeschichten genannt. Die meisten spielen in Darmstadt, aber es ist auch eine frühere aus Frankfurt dabei. Alle sind im Dezember 2008 niedergeschrieben.
Im zweiten Teil habe ich noch einige ältere und neuere Geschichten gesammelt, die um das Thema Erotik gesponnen sind, aber nicht in meiner Studentenzeit spielen.
Fast alle Schauplätze gibt es wirklich. Fast jede Geschichte beginnt mit einem Ereignis, das ich wirklich erlebt habe, geht aber schnell in eine Phantasie über. Für mich selbst ist gerade die Mischung aus Wirklichem und Erdachtem das Spannende. Wenn es für die Leserinnen und Leser ebenso interessant ist, und zudem hier und da zum Denken anregt oder zum Schmunzeln, habe ich mein Ziel erreicht.
Linz, Februar 2009 rudolf mittelmann
Inhalt:
I. Fahrradgeschichten
1. Eisenwasser
2. Das Strickzeug
3. Jugendherberge
4. Feuer in der Hose
5. Der glühende Turm
6. Mondstrahlrutschen
7. Im Hehlerladen
8. Zigeuner
9. Der Engel und die Dicke
II. Andere erotische Erzählungen
10. Spill The Wine
11. Fliegen
12. Vorfrühling
13. Spielchen spielen
14. Whirlpool
15. Barmaid
16. Das Meer
17. Die Rose
I. Fahrradgeschichten
Eisenwasser
Ich war in einer der letzten Klassen des Gymnasiums, als ich an einem ungewöhnlich heißen Frühlingstag wieder mal von der Großstadt in den nahen Wald radelte. Zuerst musste ich eine stark befahrene Straße entlang, danach durch ruhigere Wohngebiete. Wenn ich die großen Kleingartenanlagen erreicht hatte, begann ich immer schon den nahen Wald zu spüren, den ich so sehr liebte. Dabei war er noch nicht zu sehen, denn da war der hohe Bahndamm dazwischen. Hinter der Unterführung gab es noch Tennisplätze, aber die Bäume überragten schon alles. Und bald war ich richtig im Wald.
Mein erster Stopp war meist das Königsbrünnchen, wo eisenhaltiges Wasser aus dem Boden sprudelte, eine richtige Quelle. Die Steine unter dem Wasser sahen strahlend orange aus von dem immer frischen Rost, und darum herum leuchtete das immer gut befeuchtete Moos auf dem felsigen Boden giftig grün. Das Wasser konnte man trinken, es sollte auch irgendeine Heilwirkung haben, was mich aber nicht interessierte. Aber es machte mir Spaß, mir ein paar Handvoll Wasser in den Mund zu schaffen, was ja nicht so einfach ist. Einen Trinkbecher brachte ich mir nie mit, das hätte den besonderen Reiz dieses Brunnentrinkens gestört, empfand ich damals. Manchmal war es dort nicht sehr idyllisch, wenn beispielsweise eine ganze Schulklasse lärmend und spritzend herumsprang und auch bei langem geduldigem Warten einfach nicht weiterziehen wollte. Oder wenn ein ganzer Trupp Rentner den Brunnen belagerte und sonst niemanden herzu ließ. Meistens aber war ich hier ganz allein, na ja, soweit man im Wald überhaupt allein sein kann, wo es von Vögeln wimmelt, manchmal entdeckte ich auch Mäuse, oder Rehe, und ich mochte auch gerne die ganz kleinen Tiere beobachten, insbesondere die Ameisen. Und schließlich waren da noch die Bäume, diese uralten Wesen, die es vorzogen zu schweigen, trotzdem konnte ich mich zwischen den riesigen Gesellen nie wirklich ganz verlassen fühlen.
Heute war es wie gesagt ziemlich heiß, eher wie ein Sommertag, dabei war es erst Mai. Ich hatte ausnahmsweise schulfrei, nur unsere Klasse, warum habe ich vergessen. Jetzt war ich im Wald, und fühlte mich großartig. Was konnte es besseres geben als frei haben und im Wald zu sein.
Ich radelte den engen, kurvigen Weg hinunter, der von der Forststraße zum Brünnchen führte. Ich ließ das Rad auslaufen, stieg ab und lehnte es an eine der alten Holzbänke. Das Brünnchen selber bestand aus einem Felsbrocken, etwa brusthoch, davor ein steinernes, längliches Becken, das weiter unten in einen normalen Bach mündete. Neben dem Felsen hatte das Becken am Rand ein paar grob gehauene Stufen. Zu meiner Überraschung entdeckte ich jetzt, ich war doch nicht allein. Da kauerte eine Frau in einem schwarzen, ärmellosen Kleid. Oder war das ein schwarzes Hemdchen und ein schwarzer Rock? Ihr Gesicht war braungebrannt, hager und ziemlich faltig. Ihre langen, offenen Haare waren sehr dunkel, aber mit grauen Strähnen durchsetzt. Als sie sich zu mir umdrehte und mir in die Augen sah, erstarrte ich. Mein erster Gedanke war, eine Hexe. Aber so was gab es ja wohl nicht. Obwohl… ich hatte in einer linken Frauenzeitung einen Artikel gelesen, darin klang das Wort Hexe ganz anders, anerkennend, positiv, und wurde als erstrebenswertes Leitbild angepriesen: „Heute schon gehext?“, war der Slogan.
„Möchtest du trinken? Dann komm doch näher.“ Die Frau hatte eine angenehme, tiefe Stimme. Mit ihrem nackten, braungebrannten Arm bedeutete sie mir, näher zu kommen. Ich trat auf sie zu. Sie machte aber keine Anstalten, mir Platz zu machen. Wie sollte ich so an das Rohr kommen, aus dem das Wasser lustig ins Becken plätscherte? Ich blieb unschlüssig stehen.
Wieder machte sie eine einladende Geste, wobei mir ihre starken Muskeln an Schulter und Arm auffielen. An der Länge ihrer sehnigen Arme konnte ich ihre Größe abschätzen, sicher war sie einen Kopf größer als ich. Wie unter Zwang machte ich noch drei Schritte und stand nun direkt neben ihr. Sie legte ihren Arm um meine Beine und hielt mich ziemlich fest. Die Berührung erschreckte mich im ersten Moment, aber dann fand ich sie angenehm.
„Oh, das fühlt sich gut an“, murmelte sie kaum lauter als das Wasser rauschte. Dabei ließ sie ihre Hand mehrmals meine Beine hinunter und wieder hinauf gleiten. Beim dritten Mal rutschten ihre Finger unter den Saum meiner Hose, und sie hielt meine eine Pobacke fest in ihrer starken Hand, wozu sie wohlig brummte. Mir aber wurde schwarz vor Augen, oder rot, ich sah Sternchen, ich wusste kaum mehr, wo oben oder unten war. Es rauschte in meinen Ohren, oder in meinem Kopf, wie neben den Niagarafällen, mir wurde schwindelig. Von weit her vernahm ich eine durchdringende, warme Stimme: „Wenn du trinken willst, solltest du aber schon in die Hocke gehen, hier ist das Wasser, hier. Schau doch, hier.“ Langsam begriff ich, und versuchte, mich niederzuhocken, ohne sie anzurempeln. Ich wollte mich am Felsen festhalten, erwischte aber ihre Schulter, was aber ebenso gut war, denn die war von eiserner Festigkeit. Außerdem war festhalten überflüssig, denn sie hatte mich die ganze Zeit sicher im Griff. Neben ihr hockend, brauchte ich nur zu schlürfen, sie hielt mir ihre hohle rechte Hand mit Quellwasser vor den Mund. Mindestens zehnmal trank ich diese besondere Trinkschale leer. Plötzlich wurde mir endgültig schwarz vor Augen.
Als ich wieder zu mir kam, war das erste, was ich wahrnahm, das Rauschen des nahen Wassers. Als ich die Augen öffnete, blickte ich in die hier licht stehenden, sehr hohen Buchen hinauf. Davor stand riesig groß die Hexe in dem schwarzen Kleid. Grimmig sah sie über mich hinweg, wahrscheinlich ins Leere. Der nahe Bach und das vertraute Blätterdach ließen mich zuversichtlich munter werden, trotz der finster aussehenden Frau über mir. Ich versuchte aufzustehen. Sofort schaute sie mich an, und ihr Ausdruck wurde freundlicher. „Geht es dir besser?“, fragte sie, ich versuchte zu nicken. Sie reichte mir die Hand und bedeutete mir, mich zunächst mal nur hinzusetzen. Sie fühlte meinen Puls, legte mir ihre Hand auf die Stirn. Da wurde mir schon wieder heiß. Sie hatte sich vor mich gehockt, den Rocksaum hoch hinaufgeschoben. Ihre Schenkel waren genau so braun, hager, sehnig und muskulös wie ihre Arme. In ihrem Ausschnitt sah ich ihre Brüste. Ich begann zu schnaufen, warum wusste ich nicht so richtig. Sie aber lachte mich an, nachdem ihre Augen einmal kurz an mir heruntergewandert waren. Ich schaute auf meine Hose und verstand. Mein dick gewordener Schwanz war unter dem dünnen Hosenstoff gut zu erkennen und die rosa Spitze lugte unter dem Saum hervor. Verlegen legte ich die Hand über mein Geschlecht.
Sie aber war aufgestanden, murmelte in singendem Tonfall: „Schön. Schön hier. – Ich muss weiterziehen. Es wird dir gleich wieder besser sein, guter Junge, pass auf dich auf!“
Sie drehte sich um. Ich blickte ihr nach, wie sie mit eleganten Bewegungen ihr altes, schwarzes Fahrrad hinter einem Busch hervorzog und langsam und würdevoll davonradelte, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Nach ein paar Minuten stand auch ich auf, warf einen misstrauischen Blick auf das nach wie vor lustig plätschernde Brunnenwasser, dessen Anblick mir in Zukunft jedesmal die seltsamsten Schauer über den Rücken jagen sollte, und setzte meinen Radausflug fort.
Immer, wenn ich später am Königsbrunnen vorbei kam, hielt ich nach der Frau im schwarzen Kleid Ausschau, und in meinem Kopf sah ich die unglaublichsten Phantasien um die alte Hexe, aber sie selber sah ich nie wieder.
Dezember 2008
Das Strickzeug
Heute hatte ich nur zwei Lehrveranstaltungen auf dem Stundenplan. Das Seminar war erst um drei am Nachmittag, und die Vorlesung heute morgen fiel aus. Viel Zeit, zumal ich schon um sechs Uhr munter geworden war.
Jetzt, im Frühsommer, hätte es längst richtig hell sein sollen, aber heute war der Himmel mit dicken dunkelgrauen Wolken verhangen. Während ich mir mein Frühstücksmüsli schmecken ließ, begann es draußen zu schütten. Ich kochte mir eine große Kanne guten Tees, ein Second Flush Darjeeling aus dem besten Teeladen der kleinen Stadt. Trotz des köstlichen Tees begann ich zu frösteln und musste mich wärmer anziehen. Ungemütlich war es heute, und dabei hatte ich mich so auf den freien Vormittag gefreut, den ich an der Grube, dem Badesee im Wald, zu verbringen gedachte. Statt dessen nun dieses Regenwetter. Eigentlich ein optimaler Tag zum Lernen. Aber wo ich mir doch innerlich schon frei gegeben hatte, konnte ich mich nicht zur Arbeit aufraffen. Ich legte ein Tonband mit guter Rockmusik auf, Tarkus, und ließ meine Gedanken treiben.
Auf einmal bemerkte ich einen hellen Fleck auf der Tapete. Ein Reflex. Wo kam der denn her? Sicher von einem Fenster von gegenüber, oder von einem Auto. Ach ja, der Regen hatte aufgehört. Der Himmel war zwar noch fast ganz bedeckt, aber ein kleiner blauer Zipfel ließ ein wenig Sonne durch. Sofort tauschte ich meine lange Jeans gegen die kurze, holte meine leichte, knappe Regenjacke und mein Handtuch, und zog die Sportschuhe an. Nach fünf Minuten war ich schon mit meinem Fahrrad unterwegs Richtung Wald. Ich wurde von Autos angespritzt, aber das machte mir nichts aus, meine nackten Beine trockneten von selbst und sehr schnell, und die Regenjacke war natürlich wasserdicht. Über den langen Feldweg kam ich endlich in den Wald, wo die Luft schwer war von der aufsteigenden Feuchtigkeit, und ziemlich kühl. Ich trat kräftiger in die Pedale, bis mir wieder warm wurde. Obwohl über mir das dichte, grüne Blätterdach der Buchen kaum etwas vom Himmel sehen ließ, spürte ich auf einmal die Sonne hervorkommen. Der Bodennebel sah geheimnisvoll aus. So liebte ich meinen Wald.
Ich musste ein paarmal abbiegen, kannte aber den Weg im Schlaf. Endlich kam ich bei der Grube an. Unter den Bäumen stellte man sein Rad ab. Heute war ich da ganz allein, kein anderes Rad zu sehen. Ich stapfte über die Wurzeln, zwischen noch ganz nassen Farnzweigen durch, bis ich zu der schmalen Wiese kam, die dann bald steiler abfiel, zu dem nur wenige Meter breiten Sandstrand am Badesee. Ich breitete mein Handtuch auf dem Gras aus, zog mich gewohnheitsmäßig ganz aus, denn hier war der Nacktbadestrand. Weiter rechts stand eine alte, knorrige Eiche am Wasser, noch ein Stück weiter war ein weiterer Strand mit einer Waldlichtung dahinter, auf der es auch einen kleinen Grillplatz gab. Der Teil war der Textilstrand. Ein ungeschriebenes Gesetz, besser gesagt eine Regel, die auch nur dann beachtet wurde, wenn genügend viel Publikum anwesend war. Heute war ich ganz allein und konnte tun und lassen, was ich wollte, was mir sehr recht war. Ich legte mich auf mein Handtuch und genoss das bisschen Wärme, was die jetzt leicht verschleierte Sonne herunterschickte. Als ich mich wieder umdrehte, saß keine zwanzig Meter weiter links ein Mädchen. Sie hatte ihr Fahrrad mit auf die Wiese genommen, und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Lenker, den sie mit ihren Kleidern gepolstert hatte. Sie hatte Strickzeug auf dem Schoß und war fleißig am handarbeiten. So konnte ich sie ungeniert betrachten. Sie war wohl ebenso jung wie ich, aber ihre Brüste hingen schon ziemlich tief. Ihre Figur konnte ich in der Haltung nicht genau erkennen. Ich versuchte, woanders hinzuschauen, aber es gelang mir nicht.
Da sah sie auf, und gleich zu mir herüber. Ich fühlte mich ertappt und wollte wegsehen, aber sie lächelte mir zu, deutete mit der Nase in den Himmel und machte eine Geste des Schauderns. Da erst bemerkte ich, es war ein Wind aufgekommen, mich fröstelte es ganz plötzlich. Ich nickte ihr zu. Sie griff hinter sich, wobei ihre Brüste lustig zappelten, zerrte ihren Pulli hervor und zog ihn über. Schade dachte ich. Nichts mehr zu sehen.
Sie lächelte mir noch einmal zu und begann wieder zu stricken. Eigentlich hat sie Recht, dachte ich mir, meine Gänsehaut betrachtend, es hat keinen Sinn sich hier zu erkälten. Ich zog mir mein Sweatshirt an und legte mich wieder hin, aber etwas gedreht, so dass ich aus den Augenwinkeln zu ihr hinsehen konnte. Sie werkelte emsig vor sich hin.
Die Wolken wurden immer dicker, von der Sonne war nichts mehr zu sehen. Jetzt wird es aber ungemütlich, dachte ich. Da kam mir ein Gedanke. Gleich wurde ein Plan daraus.
Eigentlich war ich ein sehr schüchterner Typ, der nicht leicht mit Mädchen in Kontakt kam. Aber die Gelegenheit war doch zu verlockend. Das musste ich ausprobieren.
Ich stand auf, atmete tief durch, um mir Mut zu machen, und setzte dann langsam einen Fuß vor den anderen. Ich bewegte mich genau auf sie zu, in Zeitlupe, wie mir schien, und doch viel zu schnell. Eben hatte ich noch genau gewusst, was ich sagen wollte und wie, und jetzt alles vergessen. Was für ein Teufel hatte mich da geritten? Ich bereute meinen Mut. Aber umdrehen konnte ich auch nicht mehr, denn eben schaute sie auf. Verwunderung las ich in ihren Augen, und das konnte ich gut nachfühlen, ich selber war über mich am meisten verwundert.
„Hallo!“, begann ich wie von selbst, meine eigene Stimme kam mir fremd vor,
„Ganz schön kühl heute, was?“ Sie nickte. Ich setzte gleich fort: „Ich dachte, ich meine, also, …“ Mir versagte der Redefluß. Mir wurde heiß. Das passte ja gar nicht ins Konzept. Mir muss doch kalt sein. Welches Konzept überhaupt? Habe ich etwa ein Konzept? Das wäre doch nett, wenn ich selber davon wüsste?
Wenigstens sie hatte noch eine Gänsehaut auf ihren Beinen, wie ich jetzt aus der Nähe sehen konnte. Sie sah mich von unten nach oben auf seltsame Weise an, etwas kokett vielleicht, aber nicht übertrieben, und begann dann zu grinsen: „Was wolltest du sagen? Sprich nur, ich höre.“
Jetzt war mir alles egal. Ich sprudelte heraus: „Ich dachte, wenn es doch so kühl ist, dann – dann könnten wir uns doch nebeneinander setzen, was meinst du, dann wärmen wir uns gegenseitig. Wär doch gut, oder?“
Sie lachte auf: „Ha ha, ja, das würde dir so passen, ja? Du bist mir der Richtige.“ Ich sah meine Felle davonschwimmen. Doch es war noch nicht vorbei. Denn auf einmal begann sie zu kichern, deutete mit der Stricknadel auf mein Geschlecht, und rief: „Schaut euch das an, wie klein der ist, hihihi! – Tu nicht so entgeistert, setz dich her. Komm, trau dich.“ Dabei rückte sie symbolisch ein wenig zur Seite, was vollkommen überflüssig war, die Wiese war ja groß genug. Benommen von der nicht mehr erhofften Aufforderung nach diesem Tiefschlag setzte ich mich rechts neben sie. Etwas trotzig zielte ich sehr dicht, so dass ich sie regelrecht anrempelte. Sie meinte aber dazu: „So ist’s recht, komm näher, gut.“ Und sie legte ihren rechten Arm um meine Schultern und zog mich an sich.
Wir schwiegen eine ganze Zeit. Ich genoss ihre Nähe, und mir war noch immer heiß. Ich mogelte meinen linken Arm hinter ihrem Rücken durch, damit ich sie auch an mich drücken konnte. „Gut – gut“, schnurrte sie wieder.
Auf einmal fragte sie sehr leise: „Hab ich dich beleidigt vorhin? Es sollte lustig sein, war aber nix. Tschuldige.“ – „Was? Ach so. Ist schon gut. Ich bin überhaupt nicht beleidigt oder was.“
Nach einer Weile begann sie wieder: „War wirklich eine blöde Bemerkung. Schau mal. Der ist ja riesig.“, und sie kicherte leise in sich hinein. Tatsächlich hatte ich inzwischen eine Erektion.
Sie legte ihr Strickzeug, das sie die ganze Zeit in ihrer Linken gehalten hatte, nun endgültig zur Seite. „Gar nicht so schlecht, das Wetter. Das schlechte Wetter. Da haben wir die Welt für uns allein.“ Sie kicherte wieder. Ein fröhliches Wesen, dachte ich. Sie begann nun ungeniert meinen Schwanz zu streicheln. Dazu summte sie leise eine schöne Melodie, die ich nicht kannte. Ich drehte den Kopf und küsste sie auf ihre Stirn. Sie drehte ihren Kopf und küsste mich auf den Mund. Das dauerte lange, danach sagte sie mit schelmischem Lächeln: „Du sitzt doch da ganz unbequem, warum sagst du denn nichts.“ Das stimmte, mir tat schon der ganze Rücken weh, sie hatte ja ihre Rücklehne, ich aber nicht. Ich hatte eben die Zähne zusammengebissen, um die einmalige Idylle bloß nicht zu unterbrechen. Sie setzte fort: „Darf ich dir das ausziehen, das legen wir da her, dann legst du dich da der Länge nach her.“ Dabei zog sie mir schon meinen Sweater über die Ohren und breitete ihn im Anschluss an ihr Handtuch auf dem Boden aus. Ich legte mich gehorsam da drauf, auf meinen Bauch, aber sie protestierte gleich: „Doch nicht so, anders herum natürlich, so geht das doch nicht, tztztz.“ Ich drehte mich also auf den Rücken, und schon war sie über mir. Sie presste ihre Schenkel an meine Seite und rutschte eine Zeit lang vor und zurück, dann nahm sie meinen Luststab und setzte sich vorsichtig und langsam darauf, bis er in ihr verschwunden war, wozu sie ein langes „Ohmmmmmmm“ erklingen ließ wie bei einer Meditation. Lange Zeit blieb sie einfach sitzen, bis sie ihren Pulli auszog und einen sehr langsamen Ritt begann. Ich passte mich ihrem Rhythmus so gut wie möglich an und erwiderte ihre Bewegungen vorsichtig. Manchmal öffnete ich die Augen, um ihre Brüste über mir baumeln zu sehen oder ihr verträumtes Gesichtchen zu bewundern. Sie war ganz entrückt. Dann schloss ich wieder die Augen und ließ mich treiben. Die Zeit schien stehenzubleiben, ob es kalt war oder warm wusste ich nicht. Ich spürte keine Mücken und keinen Wind, mein Geist schwebte in anderen Sphären. Es gab jetzt nichts, nichts als die zärtliche Liebe zu dieser Frau. Nach sehr langer Zeit kündigten ein paar abrupte Bewegungen ihren Orgasmus an, ich brauchte ein wenig länger. Sie strahlte mich an, ich sah sie an. Wir waren sehr glücklich. Da erschrak sie plötzlich und sah auf. „Oh!“, rief sie aus. Ich drehte den Kopf so weit in den Nacken, wie ich konnte, um das Ufer entlang sehen zu können, wo sie hinblickte. Da waren sechs Leute, zwei Paare und zwei einzelne Männer, die da standen und saßen, und alle starrten gebannt zu uns herüber.
Das Mädchen war rot geworden, ich vielleicht auch. Doch dann begann sie zu schmunzeln, und meinte: „Ach was, ist ja nur natürlich, dass die da drüben uns zuschauen, wo sollten sie denn sonst hingucken? Wir haben ja auch eine tolle Show abgezogen, oder?“ Sie feixte mich an und piekte mich in die Rippen. „Ja, da hast du recht, meine Liebe, das war wirklich wunderbar.“
Langsam löste sie sich von mir, stand grinsend auf und hielt mir die Hand hin. „Komm, verziehen wir uns, bevor sie eine Zugabe verlangen.“ – „Och, hmm, warum sollten wir denn keine Zugabe geben wollen? Magst du nicht mehr?“ – „Doch, schon, aber doch nicht hier, die zahlen doch keinen Eintritt“, lachte sie. Schnell war sie angekleidet und hatte ihre Siebensachen in das Körbchen vor dem Lenker gepackt. „Geh dich anziehen, dann suchen wir uns ein verschwiegeneres Plätzchen, okay?“
Etwas weich in den Knien stolperte ich zu meinen Sachen, wobei ich ziemlich dicht genau zwischen die beiden Pärchen musste, und diesmal sicher rot wurde. Blöde Gaffer, dachte ich. Ich zog mich an und lief zu meinem Fahrrad. Wir trafen uns am breiten Weg. „Ich weiß einen feinen Platz“, rief sie mir zu. Ich strahlte sie an und fuhr ihr nach.
Dezember 2008
Jugendherberge
Die Hitze über der kleinen Stadt wollte sich nicht verziehen. Es war schon später Nachmittag, aber die schräg einfallende Sonne brannte unvermindert. Ich war lange durch die Fußgängerzone gelaufen, mit der alten, kleinen Kamera in der Hand, und hatte Leute fotografiert. Genauer gesagt, Mädchen in Miniröckchen oder Hot Pants. Ich war müde und durstig geworden. Auch hätte ich eine Dusche gebrauchen können, obwohl ich nur leicht bekleidet war. Einer der Nachteile meiner Studentenbude war die nicht funktionsfähige Dusche. Dafür hatte ich ein Waschbecken im Zimmer, und bald gelernt, mich da von Kopf bis Fuß gründlich sauber zu machen. Gerade hatte ich beschlossen, heim zu gehen, einen Tee zu kochen und mir einen gemütlichen Abend zu machen. Ich kam über eine Art Platz zum Ende der Fußgängerzone und träumte vor mich hin.
Da sprach mich ein Mädchen an: „Hallo. Weißt du vielleicht, wo es hier einen Briefkasten gibt?“
Ich war ziemlich verblüfft: Ich hatte die mit weißem Hemdchen und weißer langer Hose bekleidete, etwas rundliche, braungebrannte Schöne gar nicht kommen sehen.
Dabei sah sie nicht gerade so aus, als ob sie noch schnell hätte laufen können. Im Gegenteil, sie wirkte total erschöpft, fast verzweifelt, k.o. und verschwitzt. Neben sich hatte sie einen schwer aussehenden Reisesack hingestellt, auf der anderen Seite hielt sie eine große Tasche und eine sogenannte Handtasche, ebenfalls ziemlich groß, jedenfalls viel zu groß für eine Hand. In der freien Hand hielt sie mir einen Brief entgegen, gerade mal hüfthoch, als könne sie den Arm nicht mehr höher heben. Insgesamt ein Bild des Jammers. Boshaft dachte ich: kein Wunder wenn du so verschwitzt und fertig bist, hättest halt ein kurzes Höschen anziehen sollen statt der langen Jeans. Ich schalt mich innerlich Chauvi! und begann zu überlegen, wo hier ein Briefkasten sein könnte. „Hmm. Da fällt mir keiner ein in der Nähe. An der Post natürlich, oder am Bahnhof, oder bei uns da draußen… aber hier? Nee, weiß ich nicht.“
Sie stöhnte auf und ließ die Hand sinken, als wöge der Brief ein paar Kilo. „Der Brief muss unbedingt heute noch weg. Und dann muss ich noch die Jugendherberge finden. Pah, ist das heiß. Ich schaff das nicht.“
Spontan (ja, ganz manchmal fällt sogar mir etwas Spontanes ein) bot ich ihr an: „Du kannst ja mir den Brief mitgeben. Ich gehe jetzt heim, da komme ich bei einem Briefkasten vorbei. Wenn du willst.“
„Würdest du das tun? Wirklich? Das ist aber lieb von dir. Aber du darfst mir ja nicht vergessen, den Brief einzuwerfen, das ist ganz wichtig für mich.“ – „Ja, abgemacht. Ich werde es nicht vergessen.“
Sie schob die Hand mit dem Brief matt ein paar Zoll nach vorn, ich musste mich vorbeugen, um ihn ihr aus der Hand nehmen zu können. Na die ist ja wirklich fertig, dachte ich. Und dann der schwere Sack.
Da hatte ich noch eine Idee. Eine ganz kleine Gegenleistung musste doch drin sein. Für die Briefüberstellung. Ich fragte sie: „Du, würdest du mir auch einen Gefallen tun? Ich würde gerne ein Foto machen, von dir.“ – „Wieso denn das? Ich muss ja furchtbar aussehen.“ Ich dachte, ja, mit der Hose schon, aber ich kann dich ja wohl nicht bitten, die jetzt auszuziehen. In meine Serie, die ich heute geknipst habe, wirst du nicht reinpassen, aber das soll jetzt mal egal sein. Ich sagte: „Du siehst ganz okay aus. Bleib einfach da stehen, oder nein, dreh dich zur Sonne, die Schatten sind jetzt zu blau.“ Ich hatte meine alte Kamera schon schussbereit in der Hand, ging um sie herum und in die Hocke, warf noch einen Blick auf die Einstellungen und drückte ab. Das dauerte keine halbe Minute. Schon stand ich vor ihr und sagte: „Danke.“ – „Wenn’s sonst nix ist, das ging ja blitzschnell. – Und, stimmt das, da die Straße runter zur Jugendherberge?“ – „Ehm. Na ja. Also eigentlich ist das ein Umweg. Kürzer wäre die da. Dann auf die Heinrichstraße und dann …“ und ich beschrieb ihr den ganzen Weg. Sie seufzte. „Das klingt ja nicht so, als sei das gleich um die Ecke. Mist. Na danke, und vergiss nicht meinen Brief.“
Sie beugte sich zu ihrem Sack und warf ihn sich über die Schulter. Langsam trottete sie los.
Ich blieb stehen und sah ihr nach.
Das war so eine der Gelegenheiten im Leben, die man nicht vorbeigehen lassen sollte, schoss es mir durch den Kopf. Was könnte ich denn tun?
Ich überlegte schnell. Ich könnte ihr nacheilen, und ihr anbieten, ihr den Sack zu tragen. Eine sehr gute Idee. Dann hätten wir noch eine Viertelstunde zum Plaudern. Und eine Chance, die Sache noch zu verlängern. Wenn zum Beispiel der unwahrscheinliche Glücksfall eintreten würde, dass die Herberge heute Ruhetag hätte oder wegen einer Epidemie geschlossen wäre oder irgend so was. Dann würde sie da stehen, ohne Aussicht auf ein Dach über dem Kopf, und ich könnte ihr großmütig, wenn auch nicht uneigennützig, anbieten, bei mir zu übernachten. Mir wurde auf eine Weise heiß, die nichts mit der sommerlichen Hitze zu tun hatte. Was das für Möglichkeiten eröffnete. Meine Phantasie zündete ein ganzes Feuerwerk ab, was dann in der Nacht alles passieren könnte. Da gab es nur ein kleines Problem. Nämlich, die Jugendherberge würde keineswegs heute geschlossen haben. Die hatten jetzt Hauptsaison. Warum sollten die zu haben? Unmöglich.
Das Mädchen war nicht mal dreißig Meter gegangen, hatte den Sack abgestellt und sich gegen eine Mauer gelehnt. Ich stand immer noch da und grübelte. Keine Epidemie. Natürlich nicht.
Und, wenn ich einfach ein wenig schwindelte? Eigentlich war das nicht so meine Sache. Soweit es irgend ging, und es ging ja doch fast immer, blieb ich lieber bei der Wahrheit. Hallo, mir ist gerade eingefallen, in der Zeitung stand, die Herberge bleibt die Tage geschlossen, die haben eine Durchfallepidemie. Magst du vielleicht mit zu mir kommen? Ach nein, so wollte ich das nicht machen. Könnte gar sein, dass sie sich dort mit einer Freundin treffen wollte, dann hätte sie sogar sofort meine Lüge aufgedeckt. Nein, das musste doch anders gehen.
Das Mädchen hatte sich und ihren Sack derweil weitergeschleppt. Ich setzte mich in Bewegung und beeilte mich, sie bald einzuholen. Und was sagen? Ich grinste. Jetzt wusste ich, was ich sagen wollte. Entweder sie ging darauf ein, oder eben nicht.
Von schräg hinten redete ich sie an, so dass sie im ersten Moment zusammenzuckte: „Hey du. Ich hab mir was überlegt. Warte doch.“ Fast erleichtert ließ sie sofort den Sack fallen.
„Du hast so schwer zu tragen. Was hältst du davon: Ich trage dir den Sack, und deine Tasche obendrein. Und du kommst mit mir. Ich habe eine feine kleine Bude, da drüben. Nicht so weit. Und, du sparst dir die Gebühr in der Jugendherberge.“ Ich hatte das alles schnell herausgesprudelt, und jetzt stand ich da und wurde rot. So ein plumpes Angebot. Es kam mir jetzt ganz falsch vor, so was so zu sagen. Auf diese Art. Aber nun war es zu spät. Sie schaute mich erst entsetzt an. Dann stammelte sie: „Emm, was? Wieso meinst du… Ach!“ Ich wollte schon umdrehen und verschwinden, da blitzte etwas in ihren Augen auf. Ich wartete ab. „Du glaubst wohl… ich nicht. Aber wenn du mich einladen willst, mir dein Bettchen lässt, und meine Sachen trägst, dann… warum nicht. Okay.“ Dabei ließ sie ihre Taschen zu Boden gleiten. „Also, du nimmst mein Zeug. Wo geht’s lang?“
Ich war baff. Das ging ja wie geschmiert. Einerseits. Andererseits. Der neue Tonfall jetzt. Das gefiel mir weniger. Sie sprach zu mir wie zu einem Sklaven.
„Vorsichtig mit der Korbtasche. Da sind Flaschen drin. Und mit dem Seesack musst du auch aufpassen!“
Ich nahm die zwei Taschen in die linke Hand, hängte mir meine Kamera um und packte den Sack mit der rechten. Puh. War das ein Sandsack? Was hatte ich mir da eingebrockt? Als wir zu der Stelle zurückgekommen waren, wo ich sie fotografiert hatte, also nach vielleicht fünfzig Metern oder sechzig, war ich schon kuriert von meiner Euphorie. Ich fragte mich im Ernst, ob ich die Entfernung bis zu dem Haus, wo meine Bude war, schaffen würde. Wie konnte sie nur mit so schwerem Gepäck reisen! Was für eine blöde Idee. Ich hatte mir vorgestellt, sie trampte ein wenig herum in ihren Ferien, oder besuche jemanden. Vielleicht steckte da was ganz anderes dahinter? Wer konnte wissen, auf was für ein Abenteuer ich mich da eingelassen hatte? Während sie neben mir mit jedem Schritt besser gelaunt erschien, und pausenlos von belanglosen Dingen plapperte, die mich nicht interessierten, weil sie damit nichts von sich selbst verriet, kamen mir Bilder in den Sinn, die mir nicht gefielen: Was, wenn sie eine Ladendiebin war, und die Polizei schon hinter uns her? Oder eine gesuchte Dealerin, und ich trug ihr noch ihren Stoff? Noch viel schwärzere Gedanken kamen mir da, und die Last der Gepäckstücke schien auch mit jedem Schritt zuzunehmen. Und wenn sie ein ungewolltes Kind bekommen und getötet hatte, und ich trug hier die Leiche auf der Schulter? Trotz der Hitze schauderte es mir den Rücken hinunter, und ein Schatten hatte sich über die Stadt gelegt, ein böses Dunkel, so kam es mir vor.
Ich hielt das bald nicht mehr aus. Wie konnte ich diese Unbekannte wieder los werden? Meine Gedanken rasten wie wild, ich geriet in eine Art Panik, und doch trottete ich weiter neben oder hinter ihr her, wenn ich zurückfiel wartete sie immer mit leicht vorwurfsvollem Blick. Sie quatschte dabei in einer Tour: „… ist doch kein Wunder, wenn die Leute ihren Dreck auf den Boden werfen, schau dir das an, die Papierkörbe werden wohl nie geleert, so eine Sauerei, aber was ich nie versteh, warum die Leute alles beschmieren, oder verkratzen, die Parkbänke, ach da ist ja ein India-Laden, die haben tolle Klamotten, und gar nicht teuer, aber die eine Kette, die ich da mal gesehen habe, die war aus Silber und hat schon was gekostet, ich frag mich wie die die Kleider und das ganze Zeugs so billig herschaffen können, und dann heißt’s wieder Benzinkrise, und wieso werden dann die Bahnkarten teurer, bei uns fahren die Loks doch mit Strom, na gut in Mannheim hab ich gestern eine Diesellok gesehen, der größte Blödsinn sind ja die Flugzeuge, ich meine für kurze Entfernungen, das lohnt ja überhaupt nicht, aber die nehmen ja nicht mal ne Steuer für das, für das, na wie heißt das, Kerosan oder Kerosin, was weiß ich, warum gehst du so langsam, ist es noch weit, mir hat heut mittag alles wehgetan, nicht nur die Füße, aber jetzt geht’s schon wieder, Mann, das Café da drüben schaut gemütlich aus, wenn ich Geld hätte, aber ich habe fast keins mehr, wie findest du diese Stadt, mir gefällt sie ganz gut, aber ich bleibe nicht hier, ich frag mich nur warum sie in allen Fußgängerzonen dieselben Lampen verwenden, das ist ja langweilig, kommen wir noch an einem Gemüseladen vorbei, ich hätte jetzt Lust auf eine Karotte oder so was, irgendwas Knackiges, und ich brauche eine Dusche, schau mal der Hund da drüben, ist der nicht süß, ich liebe Hunde, leider kann ich mir keinen leisten, na ja, das kann ja noch werden, also warum die Autos so stinken dürfen, pfui, da wird einem ja schlecht, …“
Wenigstens bei dieser Bemerkung musste ich ihr Recht geben. Der Klein-LKW, der uns gerade überholt hatte, hinterließ eine fürchterlich stinkende, blaue Wolke. In der schwül-heißen Nachmittagsluft verzog die sich auch nicht. Höchst unangenehm, mir wurde wirklich schlecht.