Monstermauern, Mumien und Mysterien Band 10 - Walter-Jörg Langbein - E-Book

Monstermauern, Mumien und Mysterien Band 10 E-Book

Walter-Jörg Langbein

0,0

Beschreibung

In "Monstermauern, Mumien und Mysterien 10" bietet er Einblick in das weite Spektrum seiner Forschungsarbeit. In 30 Kapiteln entführt der anerkannte Experte in Sachen Grenzwissenschaften seine Leserinnen und Leser auf eine spannende, abwechslungsreiche Reise durch Raum und Zeit, von deutschen Kirchen zu Ruinen in Südamerika, von Guatemala bis nach Ecuador. Spannende Mysterien gibt es weltweit: vor der eigenen Haustüre und in exotischer Ferne.Langbein spannt wieder einen weiten Bogen: vom Freiburger Münster (Deutschland) mit seinen geheimnisvollen Darstellungen zum "Gott von El Baúl" (Guatemala), vom Kreuz des Henkers vor der Kilianskirche (Lippe/ Deutschland) zur Unterwelt von Chavín de Huántar (Peru), vom Abendmahlsbild mit Maria Magdalena (Kirchbrak/ Deutschland) zur "Inkamauer" (Cuenca/ Ecuador).Wieder entführt Langbein seine Leserinnen und Leser auf Reisen zu den geheimnisvollsten Stätten unseres Planeten. Es geht tief hinab in ein unterirdisches Labyrinth unter einer verfallenen Tempelanlage in den Hochanden und hinauf zum Krater eines aktiven Vulkans in der Südsee. Was hat es mit der monströsen Gorgo auf sich? Hauste sie im Labyrinth von Chavín de Huántar (Peru)? Wie konnte in Griechenland ein ganz ähnliches Monster dargestellt werden? Gab es schon zu mythologischen Zeiten Kontakte zwischen Europa und Südamerika? Welche Bedeutung hat die "Lanze am Tor zur Hölle"? Konnte Langbein das "Geheimnis der Dienerin" entschleiern?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 262

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Walter-Jörg Langbein

Monstermauern, Mumien und Mysterien 10

Reisen zu geheimnisvollen Stätten unseres Planeten

Der Autor vor Machu Picchu, Peru;

Foto: Willi Dünnenberger

Impressum

© NIBE Media © Walter-Jörg Langbein

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags und des Autors reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für den Inhalt des Buches ist allein der Autor verantwortlich und er muss nicht der Meinung des Verlags entsprechen.

Bilder, soweit nicht gekennzeichnet, Archiv Langbein

Created by NIBE Media

NIBE Media

Broicher Straße 130

52146 Würselen

Telefon: +49 (0) 2405 4064447

E-Mail: [email protected]

www.nibe-media.de

Gewidmet allen

Referentinnen und Referenten

(mit bestem Dank für vorzügliche Vorträge)

und

allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern

7. und 8. März 2020

25. Seminar »Phantastische Phänomene«

(Bremen-Vegesack/ Atlantic Hotel)

Inhaltsverzeichnis:

Vorwort: Die Sehnsucht nach dem Wunderbaren

1. Bombenterror, Ochs‘ und Esel

2. Tod und Teufel

3. Ochs‘ und Esel und das Blut des Pelikans

4. Der Teufel im Stall von Bethlehem?

5. Das Kreuz des Henkers

6. Das Gruselkabinett von Sechín

7. Das »Ding« im Labyrinth von Chavín de Huántar

8. Unterwegs in der Unterwelt

9. Die Lanze zwischen Himmel und Hölle

10. Der Gott von El Baúl

11. Der mit dem Helm und der Astronaut von Simbabwe

12. Wenn der Vulkan im Paradies brüllt

13. Was flog da über Golgatha?

14. Der 13. Jünger

15. Maria Magdalena und das Abendmahl

16. Das Geheimnis der Dienerin

17. Der Heilige Geist war eine Frau

18. Die »Heilige Geistin« und Maria Magdalena

19. Engel, Teufel und ein Wal

20. Maria im Dornenbusch

21. Die Monstermauer von Ollantaytambo

22. Das Orakel in der Wüste

23. Der »Lebensbaum« in der Wüste

24. Das Geheimnis des Drachen

25. Durch den Urwald zum Vulkan

26. Auf der Suche nach verschollenen Pyramiden

27. Die Inkamauer

28. Galerie der Verdammten - Mysteriöse Funde in Museen

29. Astronauten, Taucher, Fabelwesen?

30. Bestätigung für Professor Cabrera?

Vorwort: Die Sehnsucht nach dem Wunderbaren

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Vor Ihnen liegt Band 10 meiner Buchreihe »Monstermauern, Mumien und Mysterien«. Er ist rechtzeitig zu meinem 25. Jahres-Seminar »Phantastische Phänomene Bremen« (1) erschienen. Und vor vierzig Jahren lag mein erstes Buch vor: »Astronautengötter/ Versuch einer Chronik unserer phantastischen Vergangenheit«.

Auch im Jubiläumsband meiner Buchreihe »Monstermauern, Mumien und Mysterien« folgen wir den Spuren des geheimnisvollen Wunderbaren. Unser Planet bietet so viele Rätsel und Geheimnisse, dass es wohl kaum eine einfache gemeinsame Antwort auf alle Fragen geben kann. Auch in Band 10 werden, anders als in der strengen Schulwissenschaft, der Religion und der Sektiererei, keine Doktrinen verkündet werden.

Es geht zunächst einmal um eine Bestandsaufnahme von so vielen Geheimnissen und Mysterien unseres Planeten, die nicht zuletzt auch vor der sprichwörtlichen »Haustüre« finden. Ich sage lieber: Wir können sie finden, wenn wir nur wollen und keine Angst vor dem Unbekannten haben!

Ich darf eines der meiner Meinung nach schönsten Worte von Albert Schweitzer (*1875, †1965) zitieren. Der geniale Wissenschaftler formulierte voller Begeisterung: »Ob siebzig oder siebzehn, im Herzen eines jeden Menschen wohnt die Sehnsucht nach dem Wunderbaren!« Folgen wir der Sehnsucht unseres Herzens. Wir werden Mysteriöses, auch Wunderbares und Seltsames erleben.

Adolf Holl (*1930), ein von vielen gefürchteter Ex-Priester und Kirchenkritiker, mahnte: »Je religiöser ein Mensch, desto mehr glaubt er; je mehr er glaubt, desto weniger denkt er; je weniger er denkt, desto dümmer ist er; je dümmer er ist, desto leichter kann er beherrscht werden. Das gilt für Sektenmitglieder ebenso wie für die Anhänger der großen Weltreligionen mit gewalttätig intolerantem ›Wahrheits‹-Anspruch. Dagegen hilft, auf Dauer, nur Aufklärung.«

Glauben Sie mir gar nichts, liebe Leserinnen und Leser!

Lassen Sie sich einfach nur zum Nachdenken anregen! Besuchen wir gemeinsam die Welt des Geheimnisvollen. Wir werden an althergebrachten Doktrinen zweifeln und selbst denken. Wir lassen uns unser Denken auch von noch so ehrwürdigen Lehrmeinungen nicht einschränken! Wir haben Mut zu unorthodoxen Gedanken.

Gern lade ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, zu einer zehnten Reise um die Welt ein. Besuchen wir wieder gemeinsam die »Anderswelt«. Die »Anderswelt« liegt nicht etwa in unvorstellbaren Gestaden anderer Dimensionen.

Sie ist vielmehr Teil der Wirklichkeit, in der wir alle zuhause sind. Sie ist der fantastische, manchmal gruselige, aber immer faszinierendere Teil der Realität. Es gibt sie wirklich, die fantastischen Fakten. Man muss nur etwas Mut aufbringen und auch das scheinbar »Unmögliche« zumindest in Erwägung ziehen.

Mark Twain (*1845; †1904) schrieb: »Die Wirklichkeit ist seltsamer als Dichtung, aber das liegt daran, dass die Dichtung sich an Wahrscheinlichkeiten halten muss, die Wirklichkeit nicht.«

Mark Twain forderte: »Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden.« Geben wir jedem auch noch so kühnem Gedanken die Chance, der beste unseres Lebens zu werden! Charles Darwin (*1809; †1882) postulierte: »Ohne Spekulation gibt es keine neue Beobachtung.« Auch der vorliegende Band will spekulieren und die Augen für neue Beobachtung, für neues Erkennen öffnen.

Spekulieren wir gemeinsam über das scheinbar Phantastische. Wir werden das erstaunlich Realistische manchmal erahnen, manchmal erkennen!

Viel Freude bei hoffentlich interessanter Lektüre wünscht mit herzlichen Grüßen

Walter-Jörg Langbein

Fußnote:

(1) Das Seminar »Phantastische Phänomene Bremen« findet alljährlich am ersten Wochenende im März im »Atlantic Hotel Bremen-Vegesack« statt.

Der Termin für das Jubiläumsseminar: Seminar »Phantastische Phänomene Bremen«: 07. und 08. März 2020

Geplant sind schon die nächsten Seminare für Bremen:

26. »Phantastische Phänomene Bremen«: 06. und 07. März 2021

27. »Phantastische Phänomene Bremen«: 05. und 06. März 2022

28. »Phantastische Phänomene Bremen«: 04. und 05. März 2023

29. »Phantastische Phänomene Bremen«: 02. und 03. März 2024

1. Bombenterror, Ochs‘ und Esel

27. November 1944. Die Britische Luftwaffe lässt ein Inferno über das abendliche Freiburg hereinbrechen. 150.000 Bomben werden abgeworfen. Die Innenstadt versinkt in Schutt und Asche. Wie durch ein Wunder bleibt das Münster weitestgehend verschont. Keinen einzigen direkten Treffer bekommt das prächtige Gotteshaus ab. Nur der Chorumgang und das Dach des Hochchores werden durch Bombentreffer im Bereich des Münsterplatzes beschädigt. Auch nach dem himmlischen Bombardement, das Zeitzeugen freilich mehr an einen Ausbruch der Hölle erinnerte, steht stolz der Westturm des Münsters, der auch heute noch das Wahrzeichen von Freiburg im Breisgau ist. Gläubige Christen dankten der Patronin des Gotteshauses. War es der Beistand Marias, der das Münster den massiven Bombenabwürfen trotzen ließ? Oder war es der Zufall? In keiner Stadt haben britische Bomberverbände auch nur den Versuch unternommen, die ältesten sakralen Bauten zu verschonen.

Dem Haupteingang des Münsters zu Freiburg nähert man sich durch das Erdgeschoss des mächtigen Westturms. Und schon steht man vor, nein in einem dreidimensionalen »Bilderbuch«, dessen Detailfreudigkeit mehr als nur erstaunt. Man ist umgeben von einer Fülle von Figuren, von denen es zu viele gibt, als dass man sie wirklich erfassen könnte. Für wen wurden sie geschaffen und, banal gefragt, warum, zu welchem Zweck? Wollte man Ende des 13. Jahrhunderts den leseunkundigen Besuchern des beeindruckenden Gotteshauses so etwas wie eine Bibel, die ohne das geschriebene Wort auskommt, bieten?

Haupteingang Freiburger Münster Tympanon;

Foto: wiki commons Daderot

Wir stehen vor dem Mittelpfeiler des Westportals. Maria, sie ist die Patronin des Münsters, begrüßt uns. Sie steht zwischen den Türflügeln, die, so erklärt mir ein rundlicher Mönch verschmitzt lächelnd, »erst 1606 geschaffen wurden«. Zu ihren Füßen schläft Jesse, Vater von König David.

Aus seinem Leib heraus wächst eine Pflanze. Es ist der Stammbaum Jesu, der im frommen Kirchenlied so umschrieben wird:

»Es ist ein Ros' entsprungen

Aus einer Wurzel zart,

Wie uns die Alten sungen

Von wundersamer Art;

Und hat ein Blümlein bracht

Mitten im kalten Winter,

Wohl zu der halben Nacht.«

Ich tippe diese Zeilen am Abend des 5. Januar 2017. Der Kölner »Express« vermeldet online (1): »Düsseldorf. Die Altstadt. Die Mauer neben dem ›Kom(m)ödchen‹. Grablichter flackern im Wind. Worte an der Wand: ›Wir bitten um eine Kranzspende.‹ Obdachlose weinen. Sie trauern um ihre ›Elli‹, die am 28. Dezember hier auf dem Boden in eisiger Kälte starb.« Was für eine Schande für unser reiches Land. 150 Euro sind gespendet worden, für einen Kranz für »Elli«, die mitten im kalten Winter, wohl zu der halben Nacht erfroren ist, im Alter von 48 Jahren. Es fällt mir schwer, an meinem Text weiter zu schreiben.

Aus dem Hause Davids musste, so die christliche Überzeugung, der Messias kommen. Das soll der schlafende Jesse mit dem aus seinem Leib wachsenden Stammbaum darstellen. Direkt darüber: die »Trumeau-Madonna« mit dem Jesuskind auf dem Arm. Als »Trumeau« bezeichnet man den mittleren Steinpfeiler eines Portals, auf dem das Tympanon zu ruhen scheint. Der Ausdruck »Tympanon« beschreibt eine Schmuckfläche, wie man sie im Halbrund von Kirchenportalen findet.

Wir heben den Blick zum Tympanon. »Mein« rundlicher Mönch erklärt mir: »Beachten Sie das Tympanon über der Tür. Aus welchem Material mag es gefertigt sein?« Ich antworte: »Aus Holz…« Mild lächelt der kundige Mönch: »Der Eindruck kann entstehen, ist aber falsch. Das Tympanon besteht aus sechs Steinplatten, die jeweils 45 Zentimeter dick sind. Das heißt: dick waren. Denn aus diesen Steinplatten hat man die filigranen Figuren reliefartig herausgearbeitet.«

Das Tympanon zeigt nicht etwa ein Bild, sondern eine ganze Reihe von Einzelbildern, die in mehreren »Etagen« übereinander aneinandergereiht sind. Man könnte von Einzelbildern aus einem Filmstreifen sprechen, der eine Geschichte erzählt. Oder ist ein anderer Vergleich treffender?

Entstanden ist die Szenenfolge im späten 13. oder frühen 14. Jahrhundert. Ursprünglich waren die säuberlich gemeißelten Figuren braun-grau, im 19. Jahrhundert wurden sie farblich gefasst. In den Jahren 1999 bis 2004 wurden sie aufwändig gereinigt. Umweltschmutz hatte sich im Laufe der Jahrhunderte wie ein Schleier über die steinernen Bildnisse gelegt.

Heute halten engmaschige Netze Tauben von den sakralen Darstellungen fern. So wichtig der Schutz der rund 800 Jahre alten Kostbarkeiten auch ist, die Netze stören beim Betrachten doch erheblich, besonders wenn man Details erkennen möchte. Fotografieren wird nicht einfacher durch diese Maßnahme. So entstehen viele Aufnahmen, die die kunstvollen Figuren des Tympanons in den Hintergrund rücken und die engen Maschen in den Vordergrund stellen.

Der sakrale Comicstrip beginnt mit »Bild 1« rechts unten.

Die Hirten auf dem Felde

Wir erkennen, was dargestellt werden soll: Den »Hirten auf dem Felde« wird die Geburt des Heilands verkündet. Ein Engel (?) bläst in ein gewaltiges Horn, ein Engel verkündet die »frohe Botschaft«. Ein Hirte geht am Stock, führt seinen Hütehund an der Leine und blickt empor zum Engel, der ein kurzes Schriftband hält. Wenig beeindruckt zeigen sich die Schafe, die munter äsen. Vorsicht ist geboten. Die Bilder des Tympanons sind, anders als bei unseren heutigen Comics, nicht voneinander getrennt. Sie gehen teilweise ineinander über. Die Totenköpfe über der idyllischen Szene haben mit den Hirten nichts zu tun. Links schließt sich schon die nächste Szene an. Wir wissen, was dargestellt werden soll. Auf dem prächtigen Bett, das so gar nicht in einen ärmlichen Stall von Bethlehem passt, ruht natürlich Maria, die »Gottesmutter«. Sie liebkost zärtlich das reichlich groß geratene Jesuskind. Das Baby mit lockigem Haupthaar wirkt eher wie ein Erwachsener als ein Neugeborenes. Ochs und Esel stehen dabei.

Jesu Geburt im Stall von Bethlehem

Was »erzählt« uns das Bild? Die biblische Geschichte von Jesu Geburt. DIE Geschichte gibt es nicht. Lesen wir nach bei Lukas (2): »Und als sie dort (in Bethlehem, der Autor) waren, da kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.« Weitere Angaben zur Geburtsstätte Jesu finden sich nicht bei Lukas. Als Europäer assoziieren wir allerdings »Krippe« mit »Stall«. Von einem Stall aber ist bei Lukas nichts zu lesen, auch nicht bei Matthäus. Matthäus (3) weiß nur etwas von einem »Haus«. Wurde Jesus nun in einem Stall oder in einem Haus geboren? Das Tympanon lässt keinen Zweifel aufkommen: Es versetzt die Geburt Jesu in einen Stall, Ochs und Esel schauen zu. In den Evangelien der Bibel freilich gibt es derlei Beschreibungen nicht.

Wie kamen nun Ochse und Esel ins fromme Bild? Die braven Tiere werden von den Evangelisten an keiner Stelle erwähnt.

Die Erklärung: Begierig suchte man auch noch Jahrhunderte nach Jesu Tod am Kreuz im Alten Testament nach Hinweisen auf Jesus. Bei Habakuk wurde man fündig (4):

»Herr, ich habe die Kunde von dir gehört, ich habe dein Werk gesehen, Herr. Mache es lebendig in naher Zeit, und lass es kundwerden in naher Zeit.« Man muss schon über eine ausgeprägte Fantasie verfügen, will man hier auch nur einen Hauch von Jesus erkennen. Für den frommen Interpreten heißt die Aufforderung, Gott möge sein Werk lebendig machen, er möge seinen Sohn Jesus schicken. Wann?

Schaut man ins Hebräische und übersetzt wörtlich, liest man (5): »Jahwe, ich hörte von dir, ich stehe in Furcht vor deinem Wirken inmitten der Jahre. Erneuere es inmitten der Jahre.«

»Inmitten der Jahre« könnte auch »inmitten der Zeiten heißen« oder »zwischen den Zeitaltern«. Von irgendwelchen Tieren ist keine Rede. Im Griechischen der Septuaginta-Bibel (nicht in der Vulgata, der lateinischen Ausgabe.) wird der Anlass zur Verwechselung geboten. Wo von »zwischen den Zeitaltern« gesprochen wird, steht da »zoe«.

Und Tier heißt »zoon«. Die Ähnlichkeit führte zu einer sinnentstellenden, falschen Übersetzung. Jetzt ist nicht mehr von »zwischen den Zeiten«, sondern »zwischen den Tieren« die Rede. Und weil »zwischen Tieren« zu allgemein formuliert war, entschied man sich, um die Geschichte plastischer und konkreter werden zu lassen, für Ochs’ und Esel.

Frühestens im sechsten Jahrhundert nach Christus, als die Arbeiten an den Texten des »Neuen Testaments« längst abgeschlossen waren, entstand der sogenannte »Pseudo-Matthäus«. In Teilen der frühen Kirche wurde der apokryphe Text auch im Gottesdienst gelesen. In die Bibel wurde er aber nie offiziell aufgenommen. Im Pseudo-Matthäus lesen wir (6): »Dann trat Maria in einen Stall, legte das Kind in der Krippe nieder, und Ochse und Esel beteten es an.« Es mag ernüchternd sein: Das uns so vertraute Bild vom Jesusbaby in der Krippe zwischen Ochs‘ und Esel, seit Jahrhunderten nachgestellt in unzähligen Krippen, basiert auf einem Übersetzungsfehler. Im Tympanon wird uns das im Volksglauben verankerte Bild, wie wir es aus Krippen kennen, gezeigt. Mir wird warm ums Herz, wenn ich an eine schöne kunstvoll geschnitzte Krippe in einem Gotteshaus denke. Hirten, die drei Weisen aus dem Morgenland, Ochs und Esel, Maria und Josef, darüber der Stern von Bethlehem… schöner kann die Hoffnung auf Frieden in der Welt nicht dargestellt werden.

Am Fußende des Betts hockt nachdenklich ein bärtiger Mann. Vermutlich soll das der Joseph sein, dem womöglich noch immer nicht so recht klar ist, wie denn seine junge Frau Maria zum Kinde kam.

Am Kopfende steht eine weitere Gestalt mit einer goldenen Krone. Sie hält eine Kerze, erleuchtet das Szenario im Stall von Bethlehem. Ist es eine Königin? Gehört sie zu den »Drei Heiligen Königen«? Oder stammt sie aus dem Umfeld der hartherzigen Menschen, die Maria und Joseph nur einen Platz im Stall, nicht aber in der Herberge zuwiesen? Aber warum trägt sie dann eine Krone? Die »theologische« Erklärung: Hier steht die allegorische Verkörperung der heiligen christlichen Kirche.

Fußnoten:

(1) http://www.express.de/25480844 (Stand 25.8.2019)

(2) »Das Evangelium nach Lukas« Kapitel 2, Verse 6 und 7

(3) »Das Evangelium nach Matthäus« Kapitel 2, Vers 10

(4) »Prophet Habakuk« Kapitel 3, Vers 2

(5) Übersetzung aus dem Hebräischen durch den Verfasser

(6) Daniel-Rops, Henri: »Die apokryphen Evangelien des Neuen Testaments«, Zürich 1956, S. 58

2. Tod und Teufel

Nach wie vor stehen wir vor dem Tympanon des Freiburger Münsters. In der untersten »Zeile« sehen wir von rechts nach links die Verkündung von Jesu Geburt auf dem Felde.

Als nächstes folgt rechts davon das Idyll der Geburt Jesu im Stall von Bethlehem. Chronologisch geht es jetzt nicht weiter. Links von der »Ecclesia« mit der Kerze in der Hand folgt die Geißelung Jesu, der am Marterpfahl gefesselt steht.

Zwei Folterknechte schlagen auf Jesus ein. Einer der beiden holt gerade mit einer gewaltigen Keule zum Schlag aus.

Im nächsten Bild folgt eine der bekanntesten Szenen aus dem »Neuen Testament«: Judas verrät Jesus im Garten Gethsemane und Jesus wird von römischen Schergen gefangen genommen. Jesus wendet sich von einem rot gekleideten Soldaten ab, der Jesus derb am Kragen packt und in der anderen Hand einen Knüppel schwingt. Der muskulöse linke Arm des brutalen Mannes verdeckt weitestgehend den Kopf eines Juden. Der trägt den typischen »Judenhut«. Illuminiert wird das Ganze mittels einer lodernden Fackel, die ein römischer Soldat hält. In der anderen Hand hat der Römer ein mächtiges Henkersbeil drohend erhoben.

Der »Verräter« nähert sich Jesus gerade von links und setzt zum berühmten Judas-Kuss an. Ihm gilt Jesu ganze Aufmerksamkeit. Dem Verräter? Vor seiner Verhaftung befand sich Jesus, so die Evangelien des »Neuen Testaments«, an mehreren Tagen im Tempel von Jerusalem und predigte vermutlich zu Tausenden. Zumindest in jenen Tagen muss Jesus, glaubt man dem »Neuen Testament«, stadtbekannt gewesen sein. Ein verräterischer Freund wäre also überhaupt nicht erforderlich gewesen. Die Römer hätten ihn erkannt, speziell die geheime Staatspolizei.

In einem Punkt stimmen die vier kanonischen Evangelien, bei allen Widersprüchen, überein: Jesus weiß beim letzten Abendmahl mit seinen Getreuen, dass ihn einer seiner Jünger verraten wird. Das besagt eindeutig der Text aller gängigen Ausgaben des »Neuen Testaments«, allerdings nur in Übersetzungen. Im griechischen Originaltext wird man aber vergeblich nach dem Verb »verraten« suchen. Da wird stets das Griechische »paradidonai« benützt.

Was aber bedeutet »paradidonai«? Das geht aus dem Brief des Paulus an die Galater deutlich hervor (1): Paulus preist Jesus, der sich als Sohn Gottes für den Menschen freiwillig hingab. Für den Neutestamentler Pinchas Lapide ist somit Judas nicht der bösartige Verräter Jesu, sondern der treue Jünger Jesu, der mithalf, den göttlichen Plan im Einverständnis mit Jesus selbst in Erfüllung gehen zu lassen. Ich muss in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass nach der Dreifaltigkeitslehre Jesus und Gott identisch sind. Jesus führt den göttlichen Plan aus, also seinen eigenen. Trotzdem betet er zunächst zu Gott, also zu sich selbst, um sich selbst zu bitten. Er selbst möge doch so gnädig sein und sich den Opfertod am Kreuz zu ersparen. Das lehnt Gott aber offensichtlich ab, also Jesus selbst. Jesus fügt sich in sein Schicksal.

So fordert Jesus Judas im Evangelium nach Johannes, in der wörtlichen Übersetzung, konkret auf (3): »Was Du zu tun im Begriff bist, das tue schneller.« Möglich ist auch die Übersetzung: »Was Du tun musst, das tue schneller.« Der große Kirchenlehrer Origines (*etwa; †185-254 n.Chr.) verstand den Kreuzestod Jesu deshalb auch nicht als Folge eines teuflischen, bösartigen Verrats, sondern als heilgeschichtliche Unvermeidlichkeit im großen Plan Gottes. Jesu Tod war demnach kein Unglück als Folge eines Verbrechens, sondern als etwas Planmäßiges geschehen.

Geht man den Texten der vier Evangelien nach Johannes, Markus, Lukas und Matthäus im griechischen Original auf den Grund, so wird aus einem Verrat durch Judas die »Dahingabe« mit Jesu Einverständnis. Die Texte der Evangelien bringen, bei aller Widersprüchlichkeit, eine theologische Überzeugung zum Ausdruck. Übereinstimmung herrscht im Christentum, dass Jesu Opfertod den Menschen zum Segen gereicht.

Jesus starb demnach für die Sünden der Welt und erlöste damit die Menschheit. Wie kann dann Judas der teuflische Verräter sein, da doch ohne seinen »Verrat« Jesu Tod am Kreuz nicht möglich gewesen wäre? Ohne diesen Foltertod gäbe es nach christlicher Glaubenslehre auch nicht die Erlösung der Menschheit. Demnach muss man Judas als Mitwirkenden im göttlichen Plan sehen, der Jesus an die römische Justiz übergeben muss, weil Gott das so von Anbeginn der Zeit geplant hat. Das geschah mit dem Einverständnis Jesu.

Was Judas als historische Gestalt angeht, so gibt es da im Kreis der »wissenschaftlichen« Theologie durchaus Zweifel. Der Theologe J.M. Robertson hält Judas für eine frei erfundene Gestalt. Nach J.M. Robertson wurde der fiktive Judas von der frühen christlichen Kirche als Propaganda gegen Juden und Judentum erschaffen (4).

Sir Frank Kermode (*1919; †2010) glaubt nicht an Judas als personifiziertes Negativbild vom Juden, sondern hält ihn für das Ergebnis literarischen Schaffens (5). Wenn es auf der einen Seite den guten Jesus gab, so forderte die Ausgewogenheit die Existenz eines negativen Gegenspielers auf der anderen Seite. Vladimir Propp (*1895; †1970) schließlich (6) weist den Judastypen als typischen Part in zahlreichen folkloristischen Erzählungen nach. Ist Judas also nie eine wirkliche Person gewesen, sondern ein fiktiver literarischer Typ?

Kehren wir zu den biblischen Evangelien zurück. Am Rande der Verhaftung Jesu spielt sich Dramatisches ab.

Während Jesus mit seinem Schicksal einverstanden ist, greift ein Jünger zum Schwert. Wie würde Jesus antworten?

DER reine Pazifist scheint Jesus nach dem »Neuen Testament« nicht gewesen zu sein. Lesen wir nach im Evangelium, das nach Lukas benannt wurde (7): »Da sprach er zu ihnen: Aber nun, wer einen Geldbeutel hat, der nehme ihn, desgleichen auch eine Tasche, und wer's nicht hat, verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert.« Diese Worte fallen kurz vor den dramatischen Geschehnissen im Garten von Gethsemane. Doch im Moment der Verhaftung unterbindet Jesus jede Gewalt gegen die Schergen der Römer. Bei Lukas heißt es weiter (8): »Und einer von ihnen (gemeint: Petrus) schlug nach dem Knecht des Hohepriesters und hieb ihm sein rechtes Ohr ab. Da sprach Jesus: ›Lasst ab. Nicht weiter.‹ Und er rührte sein Ohr an und heilte ihn.«

Petrus haut Malchus ein Ohr ab

Im Evangelium nach Matthäus spielt sich die bewegende Szene ganz ähnlich ab (9): »Und siehe, einer von denen, die bei Jesus waren, streckte die Hand aus und zog sein Schwert und schlug nach dem Knecht des Hohepriesters und hieb ihm ein Ohr ab. Da sprach Jesus zu ihm: ›Stecke dein Schwert an einen anderen Ort. Denn wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen.‹«

Markus berichtet den Sachverhalt genauso, wenn auch etwas knapper (10). Selbst das Evangelium nach Johannes, das sonst nicht immer mit den Texten der synoptischen Kollegen konform geht, geht auf den Vorfall ein (11). Er enthüllt, dass es Simon Petrus war, der dem Knecht des Hohepriesters das rechte Ohr abhaut. Auch der Name des Verletzten wird genannt: Malchus. Barsch befiehlt Jesus (12): »Steck dein Schwert in die Scheide.«

Selbstmord des Judas

Diese dramatische Szene finden wir auch im Tympanon dargestellt. Guido Linke, Mitherausgeber von »Baustelle Gotik: Das Freiburger Münster«, schreibt in »Gotische Skulpturen der Turmvorhalle« (13): »Drei Figuren tragen einen Judenhut, dazu gehört auch der kauernde Knecht Malchus, dem der schwertschwingende Petrus ein Ohr abschlägt, das Jesus den Evangelien zufolge wieder anheftete.«

Nach Matthäus (14) bereute Judas seinen Verrat an Jesus. Der Lohn für den Verrat, den Judas von den Priestern erhalten hatte, brannte ihm förmlich in den Händen. Er wollte die Silbermünzen nicht behalten, sondern seinen Auftraggebern zurückgeben. Die Herren von der Priesterschaft hatten keinerlei Bedenken gehabt, ein Kopfgeld auf Jesus auszuloben. Jetzt aber weigerten sie sich schamhaft, den Preis für den Verrat zurückzunehmen. An dem Geld klebte doch Blut. Judas war verzweifelt, weil er das Blutgeld nicht wieder los wurde. Wie von Sinnen warf er das Silbergeld zurück in den Tempel. Dann (15) »erhängte er sich selbst«.

In der »Apostelgeschichte« (16) vermeldete Petrus das traurige Ende des Verräters. Und für seinen Lohn habe sich der Gottlose »einen Acker« erworben. Der Widerspruch ist eklatant.

Bei Matthäus (17) heißt es: »Aber die Hohepriester nahmen die Silberlinge und sprachen: ›Es taugt nicht, dass wir diese in den Gotteskasten legen, denn es ist Blutgeld.‹ Sie hielten aber einen Rat und kauften den Töpferacker dafür zum Begräbnis der Pilger. Dafür ist dieser Acker genannt der Blutacker bis auf den heutigen Tag.«

Bei Matthäus sind es die Priester, die den Acker kaufen.

In der Apostelgeschichte ist es freilich Judas selbst, der das Stück Land erwirbt, bevor er Selbstmord verübt. Allerdings hängt er sich nicht wie bei Matthäus auf (18): Er »stürzte vornüber und ist mitten entzwei geborsten und all sein Eingeweide ist ausgeschüttet. Und es ist kundgetan worden allen, die zu Jerusalem wohnten, so dass dieser Acker genannt wird Blutacker.«

Bei Matthäus sind es die Priester, die für den (zurückgegebenen) Judaslohn einen Acker kaufen und Blutacker nennen, weil er mit dem Blutgeld bezahlt wurde. In der Apostelgeschichte ersteht Judas das Land vor seinem Tod selbst.

Das Landstück erhält den Namen Blutacker, weil Judas darauf stürzte und aufplatzte. Es gibt also im »Neuen Testaments« Widersprüchliches über den Tod des Judas. Ist er nun gefallen und aufgeplatzt? Oder hat er sich aufgehängt?

Diese beiden Versionen schließen einander eigentlich aus.

Oder doch nicht? Amerikanische Fundamentalisten sind da manchmal recht findig. So gelingt es Gleason L. Archer (*1916; †2004) beide Versionen zumindest teilweise miteinander in Einklang zu bringen. Diese Harmonisierung der Texte mutet haarsträubend an (19):

Judas erhängte sich demnach an einem Baum. Der muss nicht nur einen morschen Ast gehabt, sondern auch noch an einer steilen Klippe gestanden haben. Der besagte Ast ragte über den Abgrund. Ein heftiger Windstoß ließ den Ast abbrechen, der tote Judas stürzte in die Tiefe. Dann schlug er mit den in der Apostelgeschichte vermerkten unappetitlichen Folgen auf dem Feld auf. Ungeklärt lässt Gleason L. Archer die Frage, wer nun den »Blutacker« gekauft hat: die Priester oder Judas.

Teufel und Tote

Im Tympanon sieht man nur eine kleine Auswahl von Szenen aus Jesu Leben, von seiner Geburt bis zum Tod am Kreuz. Der Tod des Judas ist eine davon. Es gelingt dem unbekannten Künstler, beide widersprüchliche Todesarten in einem Bild recht plastisch darzustellen. Man sieht Judas an einem Baum schwingen und sein Leib ist aufgeplatzt.

Auch lässt die Judas-Skulptur keinen Zweifel aufkommen, dass Judas als Handlanger des Teufels gesehen wird.

Dem toten Judas entgleiten die Silberlinge und fallen zu Boden. Gleichzeitig entweicht dem Leichnam die Seele des Toten. Sie wird, wie so oft in der Gotik, als kleines Kind dargestellt. Wie alle Seelen strebt natürlich auch die des Judas gen Himmel. Doch dieses Ziel erreicht sie nicht. Zwei Teufel verhindern das Emporschweben der Seele. Zwei satanische Gesellen (20) fangen sie »in Gestalt eines kleinen Menschleins« ein. Mir scheint, sie durchbohren sie mit Spießen, um eine Flucht in den Himmel zu verhindern. Guido Linke merkt kommentierend an (21): »Die Szenenauswahl scheint erstaunlich knapp, offenbar sollte ein besonderer Akzent auf den Verrat des Judas gelegt werden.«

Tod und Teufel scheinen das Tympanon dominieren zu wollen. Da werden uns die Toten gezeigt, wie sie verzweifelt versuchen, aus ihren Grabstätten zu klettern. Offensichtlich massive steinerne Grabplatten erschweren das sehr. Auf der einen Seite sehen wir ein Totenkopf-Skelett-Wesen, das höhnisch zu lachen scheint. Auf der anderen steht tatenkräftig ein Teufel. Der Teufel hat es auf die Seelen der Menschen abgesehen. Nach dem Tode zerrt Satan die Sünder, die mit einer Kette aneinander gebunden sind, in sein Reich.

Der Tod und arme Tote

Fußnoten:

(1) »Brief des Paulus an die Galater« Kapitel 2, Vers 20

(2) Siehe hierzu Lapide, Pinchas: »Ist die Bibel richtig übersetzt«, Band 1, 5. Auflage, Gütersloh 1995, Lapide, Pinchas: »Ist die Bibel richtig übersetzt?«, Band 2, Gütersloh 1994 und Lapide, Pinchas: »Wer war schuld an Jesu Tod?« Gütersloh 1987

(3) »Evangelium nach Johannes« Kapitel 13, Vers 27

(4) Robertson, J.M.: »Jesus and Judas: a Textual and Historical Investigation«, London 1927. Siehe hierzu auch Robertson, J.M.: »Die Evangelienmythen«, Jena 1910

(5) Siehe Kermode, Frank: »The Genesis of Secrecy«, Cambridge 1979

(6) Propp, Vladimir: »Morphology of Folktale«, Bloomington 1958

(7) »Evangelium nach Lukas« Kapitel 22, Vers 36, zitiert nach der »Lutherbibel«, 2017

(8) »Evangelium nach Lukas« Kapitel 22, Verse 50 und 51

(9) »Evangelium nach Matthäus« Kapitel 26, Verse 51 und 52

(10) »Evangelium nach Markus« Kapitel 14, Vers 47

(11) »Evangelium nach Johannes« Kapitel 18, Verse 2-12

(12) »Evangelium nach Johannes« Kapitel 18 Vers 11

(13) Linke, Guido »Freiburger Münster/ Gotische Skulpturen der Turmvorhalle«, Freiburg, 1. Auflage 2011, Seite 28, rechte Spalte unten und Seite 29, linke Spalte oben

(14) »Evangelium nach Matthäus« Kapitel 27, Vers 3

(15) Ebenda, Vers 5

(16) »Apostelgeschichte des Lukas« Kapitel 1, Vers 18a

(17) »Evangelium nach Matthäus« Kapitel 27, Verse 6-8

(18) »Apostelgeschichte des Lukas« Kapitel 1, Vers 18b

(19) Archer, Gleason L.: »Encyclopedia of Bible Difficulties«, Grand Rapids, Michigan 1982, S. 344

(20) Linke, Guido: »Freiburger Münster/ Gotische Skulpturen der Turmvorhalle«, Freiburg, 1. Auflage 2011, Seite 29, linke Spalte oben

(21) Ebenda, linke Spalte unten

3. Ochs‘ und Esel und das Blut des Pelikans

Auf meinen Reisen im In- und Ausland begegneten mir immer wieder religiöse Darstellungen in Kapellen, Kirchen und Kathedralen. Oft zierten sie den Eingangsbereich von Gotteshäusern aus alten Zeiten. Immer wieder bekam ich zu hören: »Diese Bildwerke waren für Menschen gedacht, die des Lesens unkundig waren. Ihnen sollte auf dem Weg der bildlichen Darstellung der christliche Glaube vermittelt werden.«

Diese Erklärung leuchtet natürlich nicht wirklich ein. Denn es erschließt sich die Bedeutung steinerner Reliefs oder hölzerner Schnitzwerke nicht ohne weiteres von selbst. Man muss die Geschichten kennen, die dargestellt werden.

Dann, und nur dann, weiß man zum Beispiel mit dem Tympanon über dem Haupteingang zum Münster von Freiburg etwas anzufangen. Der des Lesens Unkundige wird, so er die frommen Geschichten nicht kennt, die Darstellungen nicht verstehen.

Wenn da Ochs und Esel im Stall zu sehen sind, wie sie andächtig Heu fressen, während eine Frau auf einer Bettstatt liegend ein Baby liebkost, dann verstehen wir, dass es da um die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem geht. Wir erkennen und verstehen das künstlerisch schön gestaltete Szenario in seiner Bedeutung aber nur, weil wir die Weihnachtsgeschichte von Bethlehem kennen. Wäre sie uns unbekannt, so könnten auch wir mit der Bildergeschichte nichts anfangen. Mit Fantasie könnten wir sogar ganz unterschiedliche Aussagen hineininterpretieren.

Wir kennen die christliche Vorstellung, dass das »jüngste Gericht« auf jeden Menschen nach seinem Tode wartet. Die Guten gelangen in den Himmel, die Bösen kommen in die Hölle. Betrachten wir nun das Tympanon von Freiburg, so wissen wir, was da geschieht: Zur rechten Seite von Jesus schleppt ein Teufel Menschen an einer schweren Eisenkette in den Höllenschlund. Das sind die Sünder, die für ihre Untaten büßen müssen. Denen zur rechten Seite Jesu geht es viel besser. Das sind die Gerechten. Es müssen die Gerechten sein, sagt uns unser Wissen. Zufrieden sehen sie in der Erwartung auf Belohnung für ein gutes Leben nach den Regeln des christlichen Glaubens aus.

In Cuzco zeigte mir ein Geistlicher den »Nebenraum« einer alten Kirche. Da verstaubte ein Ölgemälde von bemerkenswerten Ausmaßen vor sich hin. Zwei mal drei Meter mag es gemessen haben. Große Teile des Bildes waren unter einer Schmutzschicht nicht einmal mehr zu erahnen. Andere Partien hatte man »gereinigt«, so dass wieder einiges zu erkennen war. In der Mitte stand eine Art Kreuz. Zur linken Seite des »Kreuzes« baumelten Menschen an den Ästen eines weit ausladenden Baumes. Zur rechten Seite hingegen hatte sich eine ganz andere Schar Menschen versammelt. Im Gegensatz zu ihren Artgenossen auf der anderen Seite, die in Lumpen gehüllt waren, trugen sie sehr saubere, ordentliche Kleidung und sprachen fast wie im »Schlaraffenland« allen möglichen Speisen zu.

Was aber zeigte das Gemälde? Das »Jüngste Gericht« etwa, die Bestrafung der Sünder und Belohnung der Guten?

Spielte das Geschehen im Jenseits, nach dem Tode, oder doch noch im Diesseits? Waren es auf der einen Seite die Inkas, die sich den Spaniern widersetzten und dafür aufgehängt wurden? Sollten dann die Menschen auf der anderen Seite die im Überfluss lebenden Inkas sein, die ihren Widerstand gegen die Eroberer aus Europa aufgegeben hatten und entsprechend belohnt wurden?

Mit einem Geistlichen unterhielt ich mich kurz über das Werk. Es schien ihm Spaß zu machen, mich zu irritieren.