Mord und Biscotti - Elizabeth Horn - E-Book

Mord und Biscotti E-Book

Elizabeth Horn

0,0
12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Trügerische Idylle in Limone sul Garda: Mord statt Dolce Vita Commissario Fabio Angelotti hat es nicht leicht: Eigentlich wollte er sich ganz der neuen Frau an seiner Seite widmen. Doch anstatt Charlottes Umzug nach Limone mit einem gemütlichen Urlaub zu feiern, muss er schon wieder einen Mord aufklären! Besonders pikant an den Ermittlungen: Die tote Prostituierte stand bereits in den Diensten von Angelottis Vorgesetztem, Vice-Questore Colombo. Teil 2 der Krimi-Buchreihe rund um Fabio Angelotti und seine neue deutsche Liebe ist ebenso unterhaltsam und humorvoll wie der Serienauftakt "Mord und Limoncello"! - Für Café und Biscotti ist immer Zeit: Cosy-Crime in Bella Italia - Perfekte Geschenkidee für Krimi-Fans in Urlaubsstimmung - Mord und Amore: der zweite Fall von Krimi-Autorin Elizabeth Horn - Krimi-Buchempfehlung: spannende Urlaubslektüre mit Rezept für köstliche Biscotti Der zweite Gardasee-Krimi mit italienisch-deutschem Ermittlerduo Charlotte, die sich schon in die Ermittlungen um den Mord an ihrem Ehemann kräftig eingemischt hat, lässt sich auch diesmal nicht davon abhalten, ihre eigenen Spuren zu verfolgen. Sie unterstützt ihren Commissario, auch wenn er sich dagegen sträubt! Elizabeth Horn schickt das frisch verliebte Paar auf Mördersuche im malerischen Limone sul Garda. Werden die beiden dem Täter auf die Schliche kommen? Ein weiterer unterhaltsamer Kriminalroman vor der atemberaubenden Kulisse des Gardasees – leicht und luftig wie die köstlichen Biscotti!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 363

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Elizabeth Horn

MORD UND BISCOTTI

Ein Gardasee-Krimi

Diese Geschichte ist frei erfunden. Tatsächlich existierende Personen und Firmen wurden verändert und/oder von der Autorin ausgedacht, Geschehnisse anderen und/oder fiktiven Personen zugeordnet. Verbleibende Übereinstimmungen mit etwaigen realen Personen wären somit rein zufällig und sind nicht gewollt.

Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältigerBearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren bzw.Herausgeber und des Verlages ist ausgeschlossen.

1. Auflage 2023

Copyright dieser Ausgabe © 2023 Servus Verlag bei Benevento Publishing

Salzburg – München, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg

Dieses Werk wurde durch die Verlagsagentur Lianne Kolf vermittelt.

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Red Bull Media House GmbH

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15

5071 Wals bei Salzburg, Österreich

Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT

Gesetzt aus der Palatino, Bauer Bodoni, Courier

Umschlaggestaltung: www.b3k-design.de, Andrea Schneider, diceindustries

Umschlagmotive: © Lukasz Szwaj / shutterstock.com;

© Bowonpat Sakaew / shutterstock.com; : © Elena Kozlova / Alamy Stock Foto

Landkarte Innenklappe: Nina Andritzky

Printed by CPI Books GmbH, Germany

ISBN: 978-3-7104-0327-9

eISBN: 978-3-7104-5072-3

Für WolfgangJulia und Thomas

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Maria Angelottis Rezept für Biscotti di Limone

Dank

1

Die Rinnsale auf der Scheibe ließen die Aussicht vor dem Fenster verschwimmen. Der Regen, der schon ihre Anreise mühsam gemacht hatte, schien die wunderbaren kräftigen Farben, die sie so liebte, weggewaschen zu haben. Alles erschien in Grautönen: der See, der kleine Hafen, die Berge am anderen Ufer. Und das im Hochsommer!

Charlotte war trotzdem dankbar, dass alles so anders aussah als bei ihrer Ankunft vor einem Jahr. Am letzten Tag, den ihr Mann Jens zu leben gehabt hatte.

Nun war sie wieder hier. In Limone sul Garda. In einer Wohnung – ihrer Wohnung – im dritten Stock über der Boutique ihrer Freundin Rosanna, direkt am Porto Vecchio, dem malerischen, alten Hafen von Limone.

Doch jetzt, da sie allein auf das verschwommene Schwarz-Weiß vor ihrem Fenster schaute, war sie sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob der Umzug eine gute Idee gewesen war.

***

Es war noch dunkel, als sie an der kleinen Pension, in der sie ihre letzte Nacht in der Heimat verbracht hatte, losfuhr. Das war ihr ganz recht. Sie wollte nicht zurückschauen. Nicht auf zwanzig mäßig erfolgreiche Ehejahre, nicht auf das vergangene Jahr als Witwe des Hauptkommissars Jens Stutz, nicht auf die Tatsache, dass sie sehr wenig zurückließ, das sie vermissen würde. All das wollte sie hinter sich lassen.

Trotzdem saß Jens die ganze Fahrt über bei ihr im Wagen, obwohl das natürlich vollkommen unrealistisch war. Wenn sie früher irgendwohin gereist waren, war Jens gefahren, nicht sie. Doch nun saß sie am Steuer. Nicht nur im Wagen, nein, auch in ihrem Leben. Sie hatte das Steuer entschlossen in die Hand genommen und extreme Entscheidungen getroffen. Sie hatte das gemeinsame Haus verkauft und sich zu einem kompletten Neuanfang entschlossen. Eine mutige, ja verwegene Entscheidung, da sie ausgerechnet an den Ort zurückkehren würde, wo sich durch Jens’ Tod alles für sie geändert hatte.

Als sie den Parkplatz nahe der Strandpromenade erreichte, ließ sie ihre beiden Koffer und ihre Lieblingsnähmaschine in ein dreirädriges APE-Taxi verfrachten, schloss den Kombi ab, den Jens jahrelang gefahren hatte, und nahm sich vor, ihn so schnell wie möglich zu verkaufen. Hier in Limone war er äußerst unpraktisch.

Als der Taxifahrer sie nach ihrem Ziel fragte und sie in ihrem schönsten Italienisch antwortete, lächelte der Mann und sprach sie direkt auf Deutsch an. Dabei hatte sie in den letzten Monaten so viel Italienisch gehört und gesprochen wie möglich. Sie hatte schon vorher das meiste verstanden. Nun konnte sie praktisch auch alles ausdrücken, was sie sagen wollte. Und wenn ihr ein Begriff fehlte, konnte sie ihn mühelos umschreiben. Doch ihre Aussprache klang leider immer noch ziemlich deutsch.

Als sie die Adresse am Porto Vecchio angab, lächelte der Fahrer breit. »Ah, Sie sind Rosannas Freundin Charlotte! Herzlich willkommen!«

Sie schaute ihn überrascht an.

»Ich bin Matteo. Rosannas Mamma ist meine madrina, meine Patentante. Hier ist meine Karte. Wenn Sie brauchen ein Taxi, bitte rufen Sie Matteo.«

Charlotte musste schmunzeln. Eins war klar: Limone war trotz seiner vielen Touristen ein kleines Dorf, in dem jeder jeden kannte und irgendwie alle Familien auf die eine oder andere Art miteinander verflochten waren.

***

Rosanna begrüßte sie überschwänglich, wenn auch nur kurz. Einerseits musste sie zurück in ihre Boutique, andererseits spürte sie mit ihrer berüchtigten Intuition, dass es besser war, Charlotte etwas Zeit zu geben, um sich zunächst allein ihre neue Wohnung anzusehen.

Die befand sich im obersten Stockwerk des eher schmalen Hauses. Bis vor knapp zwei Jahren hatten hier Rosannas Eltern gelebt, die inzwischen in eine Seniorenresidenz in Riva gezogen waren. In dem kleinen Appartement hatte nur ein Bruchteil ihrer Habseligkeiten Platz gefunden, sodass die größten Möbelstücke in der Wohnung am Porto Vecchio verblieben waren. Das war für den Anfang ideal. Rosanna musste sie nicht wegschaffen, was ihr auch emotional schwergefallen wäre, und Charlotte konnte sich Zeit lassen, die Wohnung nach ihren Vorstellungen einzurichten.

Rosannas eigene Wohnung im ersten Stock direkt über der Boutique kannte Charlotte von früheren Besuchen. Diese Wohnung hatte sie aber praktisch blind gemietet.

Nachdem sie geduscht und umgezogen war, besichtigte sie ihr neues Heim. Rosanna hatte gelobt, alles, was sie nicht haben wollte, umgehend wegschaffen zu lassen. Aber Charlotte war sofort klar, dass sie zumindest die meisten Möbelstücke gerne behalten würde. Der runde Esstisch im Wohnzimmer aus goldbraunem Nussbaumholz und die passenden geschwungenen Stühle waren wunderschön. Auch die Schränke waren aus edlen Massivhölzern gefertigt, die heute praktisch unerschwinglich waren. In dem kleineren Zimmer im hinteren Bereich der Wohnung stand nur ein großer Schreibtisch mit einer dicken Marmorplatte und Schrankfächern links und rechts. Zufrieden stellte sie ihre Nähmaschine darauf ab. Hier würde sie nähen. Der Platz direkt vor dem Fenster war ideal.

Das schönste Möbelstück war jedoch das riesige Doppelbett, das fast das gesamte Schlafzimmer ausfüllte. Wie besprochen, hatte Rosanna zwei neue Matratzen und Bettzeug besorgt und es sogar mit ihrer eigenen Bettwäsche für Charlotte bezogen.

»Wenn du weißt, wo du schlafen kannst, kannst du dir mit allem anderen Zeit lassen«, hatte sie erklärt. Rosanna war eben sehr praktisch veranlagt.

Die Bettwäsche zauberte Charlotte ein Lächeln ins Gesicht. Sie war zart apricot mit Blütengirlanden. Elegant und feminin, wie man es von ihrer Freundin Rosanna erwartete.

Das Bett selbst war ein Traum. Das hohe, geschwungene Kopfteil aus glänzendem rotbraunem Holz wurde von zwei geschnitzten Putti gekrönt, die eine Girlande aus Blüten und Zitronen hielten. Ganz offensichtlich war dieses Bett schon für Rosannas Eltern ein Erbstück gewesen. Zärtlich strich Charlotte dem linken lächelnden Putto über das Köpfchen. Das glänzte stärker als der Rest der Schnitzerei. Ganz eindeutig war sie nicht die Erste, die das getan hatte.

Das war kein Bett, das war ein Traum von einem Bett für eine hoffnungslose Romantikerin wie Charlotte Stutz.

***

Nun stand sie schon eine ganze Weile am Fenster und sah in den Regen. Die Wohnung war wunderschön, die Lage einmalig, Rosanna wiederzusehen war so beglückend gewesen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Trotzdem erfüllte sie große Unruhe.

In dem Moment klopfte es zaghaft an ihrer Wohnungstür.

Charlotte öffnete.

Auf dem Treppenabsatz stand ein Hüne mit einem Strauß blutroter, duftender Rosen und schaute sie fast ängstlich an.

»Buona sera, Commissario Angelotti!«, sagte Charlotte leise.

Der Angesprochene deutete mit dem Kopf eine kleine Verbeugung an und antwortete: »Bien venuto, Signora Carlotta!«

Charlotte ließ ihn eintreten. Er hielt ihr die Rosen entgegen, die in einem bunt bemalten Krug standen. »Die Rosen sind aus dem Garten der Pension Casa Angelotti. Ich weiß, dass du die langstieligen Rosen aus dem Blumenladen nicht magst, aber ich wollte dir unbedingt rote Rosen mitbringen.«

»Die sind wunderschön, Fabio. Stell sie doch bitte auf den Wohnzimmertisch. Vielen Dank!«

Er tat wie geheißen, aber schien ihren Blick zu meiden. Kritisch musterte sie ihn. Seine Locken standen wirr vom Kopf ab. »Du hast dir die Haare gerauft! Hast du Probleme mit einem Fall?«

»Nein, ich … ich war so nervös, Carlotta. Ich … Irgendwie hatte ich plötzlich Angst … Es ist so ein großer Schritt für dich. Ich hatte Angst, du könntest es dir anders überlegen und doch nicht kommen. Ich …« Charlotte ging auf ihn zu und strich sein dickes welliges Haar glatt.

»Mist! Ich bin gestern extra noch zum Friseur gegangen«, schimpfte er.

»Ach, Fabio! Das macht doch nichts!« Sie trat noch ein Stück näher, so nahe, dass sie die Wärme seines Körpers spüren konnte. Ihr Herz raste. Er schien die Luft anzuhalten und regelrecht zu erstarren. Einige endlose Sekunden wartete sie darauf, dass er sie berühren würde. Endlich schlang er seine langen Arme um sie und zog sie an sich.

»Ach, Carlotta! Ich habe diesen Moment so herbeigesehnt. Ich weiß, du bist hierhergezogen, weil du den See liebst und weil du und Rosanna so gute Freundinnen geworden seid, aber auch ein bisschen wegen mir.«

»Auch ein kleines bisschen wegen dir, Fabio!«, erwiderte Charlotte und schmiegte sich an seine Brust, um ein Schmunzeln zu verbergen.

»Ich schwöre, ich will mein Bestes tun, damit du diesen Schritt niemals bereust. Aber du musst mir helfen und mir sagen, wenn ich etwas falsch mache. Ich war so lange allein. Ich bin wirklich aus der Übung, was Beziehungen angeht. Bitte hab Geduld mit mir. Mir war noch nie etwas so wichtig, wie … Ich wünsche mir nichts mehr, als dass du bei mir bleibst. Also … Natürlich gehen wir es langsam an und …«

»Bitte, Fabio, mach dir nicht so viele Gedanken. Alles wird gut. Das weiß ich ganz einfach.« Und so war es auch. In dem Moment, als er sie in seine Arme geschlossen hatte, hatte Charlotte gewusst, dass ihre Entscheidung richtig gewesen war.

Nach einem langen Begrüßungskuss sah er sie fragend an.

»Also, wir haben die Möglichkeit, zu Francesco essen zu gehen. Er hat aber auch angeboten, uns etwas zu bringen, falls du zu müde bist, um auszugehen. Was wäre dir lieber, cara?«

»Können wir auch später essen?«, fragte sie. »Eigentlich würde ich dir erst zu gerne das schönste Möbelstück meiner neuen Wohnung zeigen.«

2

Durch die Spalten der Klappläden fiel Licht ins Schlafzimmer. Offenbar hatte sich der Regen verzogen, wie es der Wetterbericht versprochen hatte. Commissario Fabio Angelotti war schon eine ganze Weile wach.

Charlotte lag ruhig schlafend neben ihm. Zufrieden sah er sie an. Sie war wirklich gekommen, um in Limone zu leben. Das hieß, sie würde nur noch etwa eineinhalb Stunden von ihm entfernt sein anstatt Hunderte von Kilometern. Und erst einmal würden sie zwei Wochen lang nur Zeit füreinander haben. Er schaute sich in dem noch sehr kargen Zimmer um und zwinkerte den lächelnden Putti am Kopf des Bettes zu. In dem Moment drehte sich Charlotte um und sah ihn verschlafen an.

»Aveva gli occhi dell’amore … verdi.« Der Song war ihm in den Kopf gekommen, als er sie das erste Mal gesehen hatte. Eigentlich hatte er den Text immer merkwürdig gefunden. »Augen der Liebe«, was sollte denn das heißen, hatte er sich mehr als einmal gefragt. Aber nun wusste er es. Es war ein Lied über Charlottes Augen. »Es waren Augen der Liebe … grün!«

»Buon giorno, Carlotta!« Zärtlich lächelte er sie an. »Hast du gut geschlafen?«

»Sehr gut. Wie ein Stein!«

»Das wundert mich nicht!« Er grinste zufrieden.

»Mich auch nicht! Diese Anreise im Dauerregen war wirklich ganz schön anstrengend.« Ihre Augen funkelten übermütig und sie versuchte ernst zu bleiben.

»Das kann ich mir vorstellen! Sag, cara, kannst du in einer Stunde unten vor dem Haus sein? Zieh etwas Bequemes an. Frühstücken brauchst du nicht. Ich habe eine kleine Überraschung für dich.«

»Was ist es denn?« Sie setzte sich auf und sah ihn eindringlich an.

»Wenn ich es dir verrate, ist es ja keine Überraschung mehr. Bleib noch ein bisschen liegen. Ich dusche schnell und hole dich dann in einer Stunde ab. Einverstanden?«

***

Eine knappe Stunde später stand Charlotte vor dem Haus. Die Sonne tat wieder, was man hier am Gardasee im Sommer von ihr erwartete. Limone war schon am Morgen lichtdurchflutet.

Die Boote, die an den Ringen am Ufer vertäut waren, schaukelten gelassen auf den kleinen Wellen, die der Wind sanft in das Hafenbecken drückte. In den Restaurants und Cafés rund um den Porto Vecchio saßen schon etliche Touristen und genossen den perfekten Sommertag.

Fabio war noch nicht da. Immer wieder wandte sie sich in Richtung des Durchgangs zur Altstadt um. Doch schließlich rief eine Stimme hinter ihr: »Carlotta, hier bin ich!«

Da stand er, am Steuer eines kleinen Motorboots, und strahlte übers ganze Gesicht. Er warf einem jungen Mann, der ihn vom Ufer aus grüßte, ein Tau zu und bat ihn, es kurz festzuhalten. Dann sprang er selbst, für seine Körpergröße erstaunlich behände, an Land.

»Darf ich Sie auf den See entführen, principessa? Frühstück habe ich dabei!« Wäre es anatomisch möglich, wäre sein Lächeln noch breiter geworden.

»Was für eine wunderbare Überraschung!«, freute sich Charlotte und ließ sich von Fabio aufs Boot helfen. Der kam ihr hinterher und verstaute das Tau, das ihm der junge Mann wieder zugeworfen hatte.

»Divertiti, Commissario! Viel Spaß!«, rief einer der Kellner herüber, der gerade in einem der Hafencafés Espresso servierte.

Charlotte hätte jubeln mögen, singen oder … jodeln. Das Jodeln musste in einem Moment wie diesem erfunden worden sein. Man brauchte keine Worte, nur Töne, die überschäumende Freude ausdrückten. Aber sie blieb einfach still und ließ die Schönheit der Umgebung auf sich wirken. Charlotte liebte es, auf dem Wasser zu sein, hatte dazu in ihrem früheren Leben aber kaum Gelegenheit gehabt.

Geschickt manövrierte ihr Steuermann das Boot aus dem Hafen, gab dann Gas und fuhr hinaus auf den dunkelblauen See. Er stand leicht breitbeinig am Steuer, und Charlotte hatte sich auf dem Sitz hinter ihm niedergelassen.

Limone und die schroffe Felswand, an die sich der Ort schmiegte, wurden schnell kleiner. Die Möwen stürzten sich verwegen in ihre Bugwelle und schnappten sich kleine Fische, die offenbar zu nahe an die Oberfläche gekommen waren.

Die Sonne brach sich auf der nur leicht bewegten Wasseroberfläche in tausende tanzende Lichter. Alles war einfach vollkommen. Vollkommen und atemberaubend schön.

Genauso wie damals, als sie zum ersten Mal mit Commissario Angelotti auf dem See gewesen war. Sie waren mit dem Boot des Palazzo Bianchi hinausgefahren, weil er sie in Ruhe über den Abend hatte befragen wollen. Über den Abend, an dem Hauptkommissar Jens Stutz, der Mann, mit dem sie zwanzig Jahre lang verheiratet gewesen war, im Keller des Hotels erschossen worden war.

Plötzlich, im wahrsten Sinne des Wortes aus heiterem Himmel, war alles wieder da. Der Schock, die Ratlosigkeit, die Trauer, die Angst vor der Zukunft …

Angelotti bremste das Boot an einer ruhigen Stelle auf dem See ab. Carlotta saß regungslos da und schaute hinaus aufs Wasser. Ihre Augen, die noch vor wenigen Minuten übermütig geblitzt hatten, wirkten nun, als hätte sich ein Schleier über sie gelegt. Sie war ganz weit weg.

Leider wusste er nur zu genau, wo sie mit ihren Gedanken war.

Geradezu vorsichtig näherte er sich und setzte sich auf den Platz neben ihr.

Als sie seine Nähe spürte, drehte sie sich zu ihm um und schenkte ihm ein gezwungenes Lächeln.

»Es ist wunderschön, Fabio!«

»Ich sehe es dir an, Carlotta. Du musst an … du musst daran denken …«

Unsicher schüttelte sie den Kopf.

»Bitte, sei ehrlich zu mir, cara!«

Charlotte seufzte tief. »Plötzlich war alles wieder da. Als wäre der Mord gerade erst geschehen. Ich habe lange nicht mehr daran gedacht, ganz ehrlich. Es tut mir leid, Fabio. Gleich ist es wieder gut, versprochen!«

»Das wird in der ersten Zeit ein Problem sein, jetzt, da du wieder hier bist. Du wirst immer wieder daran erinnert werden, was damals passiert ist. Wenn es nicht so wäre, wärst du mir unheimlich.«

Charlotte seufzte nur. Langsam verzogen sich die beängstigenden Gefühle wieder dahin, wo sie hingehörten. In die Vergangenheit.

»Was kann ich für dich tun?«, fragte der große Mann leise.

»Du könntest mich in den Arm nehmen!«

»Da bin ich gut drin. Komm her!« Sie lehnte sich an seine Brust und legte ihr Gesicht in die Beuge seines Halses.

»Carlotta, wenn das mit uns klappen soll, wenn wir eine Beziehung führen wollen, dann kann das nur funktionieren, wenn du versprichst, nicht zu versuchen, allein mit deinen schrecklichen Erinnerungen fertigzuwerden. Bitte, du musst mir erlauben, dir beizustehen.«

Charlotte nickte nur stumm und genoss das Gefühl der Geborgenheit, das sie jedes Mal empfand, wenn sie in seinen Armen lag.

»Ich verspreche es, Fabio.« Schweigend konzentrierte sie sich auf seinen gleichmäßigen Atem. Schließlich seufzte sie und sagte leise: »Ich muss etwas gestehen, das mich bedrückt. Damals, als du den Fall untersucht hast, als ich so durcheinander, so verstört war … Damals schon habe ich mir in der einen oder anderen schwachen Sekunde gewünscht, Commissario Angelotti würde mich einfach festhalten. Und das nur wenige Tage oder gar Stunden, nachdem mein Mann gestorben war. Das irritiert mich, wenn ich daran denke.«

»Ist es nicht natürlich, sich nach Nähe zu sehnen, wenn so etwas passiert? Du warst schließlich ganz allein, damals.«

»Schon. Aber muss es unbedingt ein attraktiver Commissario sein? In Rosannas Arme habe ich mich nie gesehnt.«

»Ach, das würde ich nicht überbewerten. Ich habe einfach extrem beruhigende Schultern. Das habe ich in meinem Beruf schon oft zu hören bekommen.«

Charlotte musste lachen und kuschelte sich enger an ihn.

»Wenn es dich tröstet, gestehe ich, dass ich mich schon damals immer wieder beherrschen musste, dich nicht einfach in meine Arme zu nehmen«, flüsterte er in ihr Haar.

»Vielleicht ist es Schicksal. Vielleicht gehöre ich einfach da hin?«

»Nach Limone?«

»In deine Arme meine ich.«

»Hoffentlich hast du recht.«

Charlotte sah zu ihm auf mit ihren unglaublich grünen Augen. Ihr Blick hatte zu ihm zurückgefunden.

»Willst du lieber umkehren?«, fragte er schließlich sanft.

»Nein, auf gar keinen Fall. Das Problem ist, dass die Bootsfahrt damals fast die einzige war, die ich jemals gemacht habe. Wir müssen also öfter mit dem Boot fahren, damit diese Fahrt nur noch eine von vielen Fahrten ist … eine Erinnerung von vielen. Klingt das logisch?«

»Sehr logisch!« Er lächelte sie an. »Wenn du das so siehst, Carlotta, dann sage ich dir doch, was ich mir überlegt habe. Ich hatte schon Angst, es wäre keine gute Idee. Das Boot habe ich mir vom Schwiegervater meines Cousins Ernesto geliehen. Er hat es zum Angeln benutzt. Nun ist er siebenundachtzig, und seine Frau erlaubt ihm nicht mehr rauszufahren. Ernesto hat selbst ein Boot, daher wollen sie dieses verkaufen. Für mich zum Familienpreis. Wenn es dir auch Spaß machen würde, hätte ich große Lust, es zu übernehmen. Technisch ist es gut in Schuss. Mein Cousin Carlo hat es schon gecheckt. Und ich hätte richtig Freude daran, es in meiner Freizeit schön herzurichten. Wir können es sogar umbenennen, wenn wir wollen.«

»Manchmal habe ich Angst, dass man hier aufgeschmissen ist, wenn man nicht für alles einen passenden Verwandten hat«, sagte Charlotte etwas verzagt.

»Das brauchst du nicht! Du kannst ja meine weitläufige Verwandtschaft mit nutzen. Außerdem gibt es viele Wahlverwandtschaften in Limone und Umgebung. Du wirst sehen, das findet sich ganz von selbst.« Beruhigend drückte er sie fest an sich.

Charlotte löste sich aus seiner Umarmung und beugte sich über die Seite des Boots, um dessen Namen lesen zu können. La Pescatrice stand da, die Fischerin.

»Willst du denn fischen, Fabio?«, fragte sie.

»Nein. Ehrlich gesagt, finde ich das eklig. Ich bin ein Heuchler. Ich esse so gerne Fisch, aber es ist mir lieber, wenn andere die armen Viecher aus dem Wasser holen.«

Charlotte atmete erleichtert auf. »Nun, ich finde auch, es reicht, dass du Verbrechern nachstellst.«

»Ich dachte, ich könnte mit dem Boot mit meiner wunderschönen Freundin hinaus auf den See fahren, wann immer wir Zeit und Lust haben. An Plätzchen, wo wir ganz ungestört sind. Was meinst du?«

»Wenn ich die wunderschöne Freundin bin, bin ich einverstanden. Falls nicht, zitiere ich Rosanna und sage: Fabio, ich morde dich!« Beide sanken sich lachend in die Arme.

»Wenn das Boot kein Fischerboot mehr ist, muss es einen neuen Namen bekommen. Wir müssen uns einen überlegen. Ich fände es wunderbar, wenn du ein Boot hättest, Fabio.«

»Wie wäre es mit Carlotta?«, fragte er.

»Das ist ganz süß von dir. Aber ein bisschen langweilig, findest du nicht? Wie fändest du La Promessa? Das würde uns immer daran erinnern, dass wir uns heute, an meinem ersten Tag in meiner neuen Heimat, versprochen haben, immer ehrlich zueinander zu sein und offen miteinander zu sprechen.«

»Das ist eine ziemlich gute Idee. Aber ich hätte fast vergessen, dass ich noch etwas anderes für dich habe, um dich an deine Ankunft hier zu erinnern. Ich habe dir etwas gekauft. Ich fand es schön, aber ich habe es Manuela gezeigt und sie …«, dazu machte er eine vage Handbewegung.

»Ispettore Manuela Pollicino? Ihr nennt euch endlich beim Vornamen?«

»Mehr oder weniger.«

»Was muss ich mir denn darunter vorstellen?«

»Also ich nenne sie Manuela und sage ›Du‹, und sie nennt mich ›Chef‹ und erfindet sagenhafte Satzkonstruktionen ohne direkte Anrede!« Beide mussten bei der Vorstellung lachen.

»Aber ein Fortschritt ist es schon«, meinte Charlotte.

»Stimmt. Und sie trägt im Dienst inzwischen Zivil, mehr oder weniger.«

»Wie kann man denn mehr oder weniger in Zivil sein?«

»Warte, bis du sie wiedersiehst. Du wirst sofort verstehen, was ich meine. Aber es bewegt sich alles in die richtige Richtung. Ach ja, ich … Also ich habe ihr mein Geschenk für dich gezeigt, und sie hat nicht direkt die Nase gerümpft, aber ich glaube, toll fand sie es nicht.

Also sag bitte ehrlich, ob es dir gefällt. Natürlich hätte ich es für Manuela sowieso nie gekauft.«

»Was hättest du denn für Manuela gekauft?«, fragte Charlotte neugierig.

»Nun, ich kaufe ja keine Geschenke für sie, aber wenn, dann wahrscheinlich eine kleine goldene Beretta.«

Charlotte prustete regelrecht los. »Das fände sie sicher cool. Also ich kriege keine Beretta?«

»Nein. Hier schau! Aber bitte sei ehrlich! Ich wollte noch das Datum gravieren lassen, aber dann dachte ich, erst schauen wir, ob du es überhaupt magst.« Zaghaft hielt er ihr eine kleine Schmuckschachtel hin. Darin lag auf schwarzem Samt ein schlichter, runder Anhänger an einer zarten Kette. In der Mitte war ein gelber Stein in Form einer Zitrone eingelassen. Deren grüne Blättchen waren aus Edelsteinen geformt. »Das ist wirklich nichts für Ispettore Pollicino, aber ich finde es bezaubernd schön und sehr passend. Tausend Dank, Fabio!«

Er strahlte sie an. »Es gefällt dir wirklich? Der gelbe Stein heißt verrückterweise tatsächlich Citrin. Das hat mir auch irgendwie gefallen. Den Namen von den grünen Steinen habe ich leider wieder vergessen, aber ich habe zu Hause einen Zettel, da steht es drauf.«

»Machst du mir die Kette um? Da ist sie bestimmt am sichersten aufgehoben. Ich kann sie dir ja zum Gravieren wiedergeben.«

Er tat wie gebeten, und Charlotte berührte das Schmuckstück an ihrem Hals. »Wäre ich eine Frau von Welt, hätte ich einen Spiegel dabei!«, seufzte sie.

»Es sieht sehr hübsch aus, cara! Verflixt, ich habe noch etwas vergessen …«

»Was denn?«

»Wir wollten doch frühstücken. Was meinst du, wir fahren noch ein Stück bis in eine kleine Bucht, da hat man seine Ruhe und einen wunderschönen Blick auf den Monte Baldo. Einverstanden?«

»Perfetto, Commissario!« Charlotte lachte ausgelassen und genoss, wie der Fahrtwind ihr Haar aus dem Gesicht pustete, kaum dass das Boot sich in Bewegung setzte.

Ihr Plan würde aufgehen. Da war sie sich ganz sicher. Sie würde jeden Tag schöne Erlebnisse und Begegnungen in ihrer neuen Heimat sammeln. Und bald würden die schrecklichen Tage des vergangenen Sommers nur noch eine Erinnerung von vielen sein.

3

Commissario Angelottis Eltern, Maria und Guido, hatten Charlotte und Rosanna, die schon lange eine Freundin der Familie war, zum Abendessen in ihre Pension, ins Casa Angelotti, eingeladen. Sie wollten Charlottes Umzug nach Limone gebührend feiern. Dazu hatten sie alle Pensionsgäste für diesen Abend vom Esstisch verbannt.

Angelotti war schon am Nachmittag in die Pension hoch oben am Hang über Limone gefahren, um seinem Vater beim Fällen eines morschen Baums im wunderschönen Garten zu helfen. Seine Mutter hatte ihn darum gebeten. Sein Vater war zwar unheimlich fit und vital für sein Alter, neigte aber manchmal dazu, seine Kräfte zu überschätzen. So hatte er ihr gern den Gefallen getan.

Nun hatten die beiden Männer es mit vereinten Kräften geschafft, und Angelotti war frisch geduscht und gestylt und freute sich auf den Abend. Er hatte viel zu selten Zeit für Freunde und Familie.

Sein feuchtes Haar wellte sich schon wieder unkontrolliert, obwohl er es recht kurz hatte schneiden lassen, aber da war wohl einfach nichts zu machen. Fröhlich pfeifend ging er in Richtung Küche. Die Tür zu dem kleinen Büro, das überwiegend von seiner jüngsten Schwester Anna genutzt wurde, stand offen. Anna saß offenbar noch über den Büchern.

»Hallo, Schwesterchen, du arbeitest noch?«

»Nein, ich wühle zum Spaß in Rechnungen herum. Da stehe ich total drauf …«, antwortete sie schnippisch.

Eigentlich hätte er wissen müssen, dass ihr leicht vorgeschobenes Kinn ein klarer Hinweis darauf war, sich besser zurückzuziehen. Aber Angelotti hatte in seiner überschäumenden Freude einfach keinen Blick für Indizien. Außerdem musste auch ein Commissario mal Pause machen. Daher fragte er unschuldig: »Sag, Anna, weißt du, ob wir noch einen Pinot Grigio im Keller haben? Den trinkt Carlotta besonders gern.«

»Ich werde sofort nachsehen. Kann ich sonst noch etwas tun? Soll ich ihr vielleicht ihren Hintern rumheben? Das wäre allerdings eine echte Herausforderung!«, fauchte sie regelrecht.

»Anna, was soll das?«, fragte Angelotti nun weniger freundlich.

»Was das soll? Ich sage dir, was das soll! Den ganzen Tag rennt Mamma herum und kocht und macht und tut, als käme die Königin von Saba zu Besuch. Papà verhält sich wie ein aufgescheuchtes Huhn. Sie stoßen die Hausgäste vor den Kopf und servieren kein Abendessen. Warum? Warum tun sie so, als wäre deine Charlotte Stutz ein Gottesgeschenk für unsere Familie. Seid ihr denn alle blind?«

Angelotti wollte dazwischenfahren, bekam aber keine Chance dazu. Das hübsche Gesicht seiner Schwester war dunkelrot angelaufen. Ihre Augen blitzten, und sie schien die Zähne zu fletschen. »Sag mir, Fabio, was für eine Frau ist das, die, noch ehe ihr ermordeter Mann kalt ist, mit dem ermittelnden Commissario ins Bett springt?«

Angelotti beugte sich über sie und sah sie aus zusammengekniffenen Augen an. »So war es nicht, Anna, und das weißt du ganz genau!«, sagte er gefährlich ruhig.

»Ach nein? War er doch schon kalt? Da kenne ich mich wirklich nicht so gut aus. Mit Leichen hast du einfach viel mehr Erfahrung als ich!« Trotzig streckte sie ihr Kinn wieder vor.

Angelotti wollte zu einer Erwiderung anheben, als plötzlich Charlotte in der Tür stand. »Guten Abend! Ich wollte nur sagen, dass wir da sind. Rosanna parkt noch den Wagen.«

Anna sprang aus dem Stuhl auf, dass er fast umkippte, und stürzte an Charlotte vorbei aus dem Zimmer. Sein Vater, Guido Angelotti, der neben Charlotte aufgetaucht war, folgte ihr auf dem Fuße.

Angelotti sah seine Freundin bekümmert an. Wie lange sie wohl schon da stand? Sie lächelte breit, aber ihre Augen glänzten leicht feucht. Zu lange also. Er machte zwei große Schritte auf sie zu, doch da rauschte Rosanna ins Zimmer und warf sich ihm regelrecht an den Hals. Sie sah wie immer hinreißend aus. Das feuerrote Kleid mit der schmalen Taille und dem schwingenden Rock betonte ihre grazile Figur perfekt.

»Fabio, ich freue mich so, heute hier sein zu dürfen!«, rief sie aus und küsste ihn herzlich auf beide Wangen.

»Schön, dass du kommen konntest, Rosanna. Man sieht dich viel zu selten!« Angelotti drückte sie an sich und war froh, dass der peinliche Moment vorüber war. Auch Charlotte hatte offenbar ihre Haltung wiedergefunden. Sie würden später über den Vorfall reden müssen. Aber nun war nicht der richtige Augenblick. Auf dem Weg ins Esszimmer zuckten sie aber beide zusammen, als auf dem Hof eine Autotür zugeknallt wurde und ein Wagen mit quietschenden Reifen davonfuhr.

Zum Glück kam ihnen in dem Moment Maria Angelotti entgegen, die ihre Gäste überschwänglich begrüßte. Sie hatte die rothaarige Frau vom ersten Moment an gemocht, als ihr Sohn sie vor einem Jahr mit in die Pension gebracht hatte. Und vom ersten Moment an hatte sie gespürt, dass Charlotte Stutz für ihn mehr war als nur ein Teil der Ermittlungen, die er damals leitete.

»Carlotta, cara, wie schön, dass du gut angekommen bist. Sicher hast du noch viel zu tun, bis du dich häuslich eingerichtet hast, aber heute Abend feiern wir erst einmal, dass du da bist!«

Charlotte musste schmunzeln. Nun war Fabio also nicht mehr der Einzige, der sie Carlotta nannte. Auch Rosanna wurde geherzt und gedrückt. Guido Angelotti tat es seiner Frau gleich und erklärte dann: »Anna lässt sich leider entschuldigen. Ihr ist etwas Wichtiges dazwischengekommen. Wie wäre es mit einem kleinen Limoncello vor dem Essen?«

Im Stehen nahm jeder ein beschlagenes Likörglas, und sie stießen miteinander an. Guido wandte sich an seinen Sohn: »Was haben wir doch für ein Glück, Fabio! Wir dürfen einen Abend mit drei so bezaubernden Frauen verbringen.« Er lächelte seine Frau zärtlich an und küsste sie auf die Wange, wozu er sich ein wenig strecken musste.

»Ihr seht wirklich wunderbar aus. Rosanna, dein Kleid ist fantastisch, und du, Carlotta, siehst auch großartig aus. Das Grün steht dir so gut«, lobte Maria Angelotti.

»Das Kleid ist ein Traum, nicht wahr, Maria?« Rosanna drehte sich, dass der weite Rock um sie herumtanzte, und strahlte dabei. »Das hat Charlotte für mich genäht. Ich liebe es. Sie muss dir auch etwas nähen. Sie ist ein Genie an der Nähmaschine!«

»Das wäre mir eine große Freude, Maria!«, versicherte Charlotte.

»Das müssen wir unbedingt machen. Aber leider wirst nicht einmal du es fertigbringen, etwas zu nähen, in dem ich so gut aussehe wie Rosanna«, erwiderte Mamma Angelotti lachend, aber ein wenig Bedauern schwang durchaus auch in ihren Worten mit.

***

Das Essen war ein Traum. Nach einer köstlichen Minestrone gab es Saltimbocca, was – laut ihrem Sohn – keiner auf der Welt so gut machte wie Maria Angelotti. Und niemand hätte ihm da widersprochen.

Vor den dolci brauchten alle eine kleine Pause, und Charlotte ging in das Bad im Erdgeschoss. Als sie wieder herauskam, war sie überrascht, dass Guido Angelotti ihr regelrecht im Flur auflauerte.

»Carlotta, hättest du wohl einen Moment Zeit für mich? Ich würde gerne mit dir sprechen.«

Charlotte nickte nur und folgte ihm mit einem gewissen Unbehagen in das kleine Büro.

»Carlotta, wir sind sehr froh, dass du nach Limone gekommen bist. Das musst du wissen!« Charlotte lächelte und nickte unsicher.

»Ich weiß, dass du gehört hast, was Anna zu Fabio gesagt hat. Ich entschuldige mich dafür.«

»Guido, das brauchst du nicht, ich …«

»Bitte, cara, ich will dir das erklären«, unterbrach er sie mit erhobener Hand. »Anna ist noch eine junge Frau. Seit drei Jahren ist sie nun allein. Das ist nicht gut. Aber das ist nicht alles. Sie hatte einen guten Job in Brescia in einem sehr eleganten Hotel, mit viel Verantwortung und gutem Gehalt. Aber als ihre Ehe am Ende war, da wollte sie dort nicht bleiben. Sie kam wieder nach Hause. Nun ist sie nicht nur allein, sondern wohnt auch wieder bei Mamma und Papà, mit Ende dreißig. Das deprimiert sie.« Traurig schüttelte er den Kopf.

»Aber sie wohnt doch nicht nur bei euch. Sie führt doch die Pension. Ich kann mir vorstellen, dass das viel Arbeit ist – vor allem eine, von der man etwas verstehen muss. Das ist doch nichts Schlechtes.« Charlotte sah ihr Gegenüber ernst an.

»Da hast du natürlich recht. Für andere wäre das ein guter Job, aber für Anna … Für sie bedeutet das, dass sie versagt hat. Anna hatte immer ein gutes Verhältnis zu Fabio. Auch er ist geschieden. Auch er war allein. Er hat sie oft getröstet, als es passiert ist. Aber nun hat er wieder jemanden. Fabio ist wieder glücklich. Und Anna ist weiter allein.« Er ging einen Schritt auf Charlotte zu und nahm ihre Hand. »Anna hat kein Problem mit dir. Sie hat ein Problem mit ihrer Situation, verstehst du? Sie weiß, sie hätte das nicht sagen dürfen. Und sie weiß, dass es nicht wahr ist. Sie ist einfach furchtbar frustriert, ich sorge mich sehr um sie.«

Charlotte strich über seinen Arm und sah ihn bekümmert an. »Vielleicht sollte sie sich einen neuen Job in einem Hotel suchen. Aber was würde dann aus der Pension werden?«, fragte sie.

»Da würde sich eine Lösung finden. Anna denkt, es ist ihre Pflicht zu bleiben, nun, da wir uns darauf eingestellt haben, dass sie uns hilft. Würde ich ihr in ihrer momentanen Verfassung sagen, dass es nicht so ist, würde sie sich einbilden, ich jage sie fort.«

»Es tut mir so leid, dass ich Unfrieden in die Familie bringe«, sagte Charlotte unglücklich.

»Das tust du nicht, Carlotta, glaub mir. Es geht nicht um dich dabei. Wirklich nicht!« Eindringlich sah er sie an, und zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass Fabio die Augen von seinem Vater hatte, warm und dunkel, wie geschmolzene Schokolade.

»Mach dir um mich keine Gedanken, Guido. Ich hoffe sehr, dass ihr eine gute Lösung findet.«

Er nickte ernst und sagte: »Lass uns zurückgehen, sonst bekommen sie Angst, wir könnten zusammen durchgebrannt sein.«

Schmunzelnd reichte er ihr seinen Arm und führte sie zurück an den Tisch.

4

Maria Angelotti war gerade im Begriff, das Tiramisu aufzutragen, als die beiden zurückkamen. Guido nickte seiner Frau unauffällig zu, und die lächelte ihn dankbar an. Sie wusste also, was sie besprochen hatten, dachte Charlotte.

Kaum saßen alle wieder, klingelte Angelottis Handy. Das trug ihm einen strafenden Blick seiner Mutter ein.

»Scusi, Mamma, Papà! Da muss ich rangehen, es ist die questura.« Er stand auf und ging hinaus, um den Anruf entgegenzunehmen. Maria und Rosanna gingen in die Küche, um ein Tablett mit Espresso zu holen.

Als Angelotti wieder ins Zimmer kam, sah man auf den ersten Blick, dass ihm nicht gefiel, was er gehört hatte. Der heitere Ausdruck, der ihn den ganzen Tag begleitet hatte, war wie weggewischt. Plötzlich sah er nicht mehr aus wie Fabio, sondern wieder wie Commissario Angelotti. Offenbar war Charlotte nicht die Einzige, die diese Veränderung bemerkte.

»Was ist passiert, Fabio?«, fragte seine Mutter.

»Es hat einen Mord außerhalb von Limone gegeben. Der Vice Questore besteht darauf, dass ich hinfahre.«

»Aber Fabio! Du hast doch Urlaub!«, sagte seine Mutter ungläubig.

»Davon bin ich auch ausgegangen. Ich verstehe nicht, warum er nicht ein anderes Team hinschickt. Er ist der Meinung, da ich am nächsten dran bin, wäre es sinnvoll, ich führe hin. Ich schwöre, wenn ich das nächste Mal Urlaub nehme, steige ich auf der Stelle in ein Flugzeug und fliege ganz weit weg. Es tut mir so leid.«

»Soll ich dir Tiramisu einpacken?«, fragte seine Mutter. Sie war einfach der Meinung, dass etwas Gutes zu essen auch unerfreuliche Situationen etwas angenehmer machte.

»Lass, Mamma! Vielleicht hole ich mir etwas, wenn ich zurückkomme. Aber bitte wartet nicht auf mich. Es wird sicher spät. Ich nehme meinen Schlüssel mit.« Zum Beweis hob er einen Schlüsselring hoch. Schnell nahm er sich ein kleines Tässchen und trank es in einem Zug aus. »Carlotta, ich bin so traurig. Bleibt ihr noch ein bisschen? Du kannst mit Rosanna zurückfahren, oder?« Er schaute sie fast ängstlich an.

»Aber sicher. Es ist sehr schade, dass du gehen musst, aber bitte mach dir keine Gedanken. Ich bringe dich zum Wagen. Ich bin gleich zurück …«, versicherte sie an die anderen gewandt.

Auf dem Vorplatz umarmten sie sich, und Charlotte legte ihren Kopf an seine Schulter.

»Cara, ich weiß nicht, wie es weitergeht. Ich melde mich morgen bei dir, wenn ich sagen kann, was los ist. Morgen früh muss ich auf alle Fälle nach Brescia, um Bericht zu erstatten. Vielleicht knalle ich meinem Chef eine und bin dann arbeitslos. Ich lasse es dich wissen.«

»Pass auf dich auf, Fabio!«, sagte Charlotte und ließ sich von ihm küssen.

»Morgen wissen wir mehr!«, versprach er.

5

Angelotti war früh am nächsten Morgen auf dem Weg nach Brescia in die questura. Am Abend zuvor, noch auf dem Weg zum Tatort, einer Villa in spektakulärer Lage zwischen Limone und Tremosine, hatte ihn sein Chef, Vice Questore Colombo, angerufen und ihm knapp, aber unmissverständlich mitgeteilt, was er von ihm erwartete. Die Carabinieri aus Riva waren schon vor Ort. Er selbst sollte dafür sorgen, dass der Tatort abgeriegelt und die Daten aller Anwesenden aufgenommen wurden, mehr nicht. Verhöre und Ähnliches sollten erst stattfinden, nachdem er seinen Chef am nächsten Morgen über die Lage informiert hatte. In Brescia. Persönlich. Das war mehr als ungewöhnlich. Normalerweise hatte er freie Hand, was er unternahm, wenn er an einem Tatort eintraf. Die einzige logische Erklärung, die ihm dazu einfiel, war, dass er zum Tatort gerufen worden war, weil er sich nur wenige Kilometer davon entfernt aufgehalten hatte. Wahrscheinlich würde ein Kollege den Fall übernehmen, zumindest hoffte Angelotti das. Dann hätte er in wenigen Stunden wirklich Urlaub.

Der Verkehr bewegte sich nur zäh voran. Alle schienen auf dem Weg zur Arbeit, wo auch immer sie ihre Panini verdienten. So musste er sich nicht übermäßig auf den Verkehr konzentrieren und hatte Zeit, an den Abend zuvor zurückzudenken.

***

Das Opfer war eine junge Frau, sicher nicht älter als Mitte, Ende zwanzig. Die Villa, eher ein kleiner Palazzo, wurde offenbar als Hotel genutzt. Allerdings zeigte sich schnell, dass das so nicht ganz stimmte. Eindeutig verweilten die Gäste nur stundenweise hier, und die Gesellschaft für diese Stunden wurde vom Haus gestellt.

Als die Carabinieri, durch den Anruf des Concierge alarmiert, eingetroffen waren, war auch nur noch dieser vor Ort gewesen. Das restliche Gebäude war verwaist. So ließ Angelotti die Personalien des völlig aufgelösten Mannes aufnehmen und sich noch einmal beschreiben, wo und wie er die Tote gefunden hatte.

Der Mann war hinausgegangen, nachdem er etwas im Garten gehört hatte. Dort hatte er die Tote entdeckt, die er nur unter dem Namen Desiderata kannte.

Als Angelotti eintraf, war Dottore Dulcamara bereits bei der Arbeit. Der Arzt aus Limone sprang öfter ein, wenn schnell eine vorläufige Untersuchung an einem Tatort erforderlich war.

Die junge Frau lag auf dem Rücken. Bekleidet war sie mit einem Fantasiekostüm: eine bestickte Schnürkorsage und ein langer Rock, der ein Bein unbedeckt ließ, offensichtlich aus Seide, aufwendig mit goldenen Stickereien verziert. Früher wäre ihm so etwas nie aufgefallen, aber seit er Carlotta kannte, achtete auch er auf Stoffe und Ähnliches. Das war kein billiges Faschingskostüm. Das war echte Schneiderkunst. Auch der Entwurf war bemerkenswert. Die Robe wirkte opulent und schaffte es doch, erstaunlich wenig von den Reizen der Trägerin zu verbergen. Über dem Kleid trug die junge Frau eine Jeansjacke. Die flammenden Male an ihrem schlanken Hals machten deutlich, wie sie gestorben war.

»Buona sera, Dottore!«, begrüßte Commissario Angelotti den Arzt.

»Buona sera, Commissario! Offenbar wurde die Frau erwürgt. Mit bloßen Händen. Kurz bevor die Carabinieri gerufen wurden. Mehr kann ich noch nicht sagen. Die Gerichtsmedizin wird Ihnen morgen sicher Genaueres berichten. Die Kollegen sind schon unterwegs.« Der Mann sah ihn durch seine dicke Brille freundlich an.

»Ehrlich gesagt, hoffe ich, dass ein Kollege den Fall übernimmt. Ich bin im Urlaub. Ich war nur zufällig ganz in der Nähe.«

»Wie leichtsinnig von Ihnen, Commissario!« Verschmitzt lächelte der Arzt ihn an. »Was ist das hier? Ein Bordell?«

»Sieht so aus! Ein ausgesprochen nobles. Ich lasse das Gebäude versiegeln. Alles Weitere übernehmen morgen die Kollegen. Das hoffe ich zumindest aufrichtig. Offenbar haben sich alle, die vor Ort waren, abgesetzt, ehe die Carabinieri gerufen wurden. Also gibt es nicht viel, was jetzt noch erledigt werden kann.«

»Schön. Dann wünsche ich Ihnen, dass Sie ab morgen wirklich Urlaub haben, Commissario! Buona notte.«

So war er zurück zur Pension gefahren, um noch ein paar Stunden zu schlafen.

6

Er erreichte die questura später als geplant. Als er das Büro seines Vorgesetzten betrat, saß dieser hinter seinem Schreibtisch und strahlte die Liebenswürdigkeit eines verärgerten Pitbulls aus.

»Warum kommen Sie erst jetzt, Angelotti?«, schnauzte er.

»Der Verkehr von Limone hierher ist um diese Uhrzeit eine Katastrophe … Colombo!« Trotzig verzichtete er ebenfalls auf eine korrekte Anrede.

Das führte dazu, dass sich das Gesicht seines Gegenübers auf ungesunde Weise verfärbte. »Dann hätten Sie vielleicht eher losfahren sollen, Commissario!«

»Ich finde, ich hätte gestern Morgen in ein Flugzeug steigen und nach Spanien oder sonst wohin verschwinden sollen, wenn Sie mich fragen. Ich sehe ein, dass Sie sich zunutze gemacht haben, dass ich in der Nähe war. Aber den Tatort hätte wirklich auch ein Carabiniere versiegeln können. Wer wird den Fall übernehmen? Viel kann ich den Kollegen nicht mitteilen.«

Fasziniert beobachtete er, wie die Farbe seines Vorgesetzten von Blaurot zu Aschfahl wechselte. Der Anblick war ausgesprochen beunruhigend.

»Darf ich Ihnen einen Espresso bringen lassen, Kollege?«, fragte der Vice Questore so freundlich, dass Angelotti einen Moment lang fürchtete, er könnte einen Schlaganfall erlitten haben.

»Eigentlich möchte ich schnell wieder zurück. Ich habe heute noch viel vor«, erwiderte er und versuchte, sich seine Überraschung wegen des Angebots nicht anmerken zu lassen.

»Tja, da kommen wir zu einem heiklen Punkt.« Vice Questore Colombo begann an seinen Haaren über dem linken Ohr zu zupfen und mied geflissentlich den Blick seines Gegenübers.

Oh, nein! Ich werde meinen Urlaub nicht verschieben, dachte Angelotti zornig.

»Ich muss an Ihre Loyalität unserer Institution gegenüber appellieren. Es gibt Gründe, warum ich Sie bitten muss, diesen Fall zu übernehmen. Sie sind ein Mann mit Erfahrung und diplomatischem Geschick.«

»Wieso erfordert ein Mord im Milieu besonderes diplomatisches Geschick?«

»Also, leider gibt es unglückliche, in ihrer Tragweite noch nicht absehbare … Wie nenne ich es am besten? Verstrickungen. Ja, Verstrickungen dieser Behörde mit dem Hotel Sirenetta, wo sich der Mord zugetragen hat.«

Commissario Angelotti schwante nichts Gutes. Welcher Kollege mochte wohl Kontakte zu dem Bordell gehabt haben? Wer war wichtig genug, um von Vice Questore Colombo geschützt zu werden? Ausgerechnet von ihm, der in der Regel mehr als bereit war, jeden, der eine potenzielle Gefahr für den Ruf seiner questura darstellte, den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen. Da fiel ihm beim besten Willen keiner ein.

Doch schlagartig wurde ihm klar, worum es hier ging. Sein Herz begann zu pochen, und sein Atem ging schwer. »Was zum Teufel haben Sie getan, Colombo?«, stieß er schließlich hervor, außerstande, sich an die üblichen Höflichkeitsfloskeln zu halten.

Die Reaktion seines Chefs bestätigte ihm, dass er mit seiner Vermutung ins Schwarze getroffen hatte. Statt sich über die unhöfliche Frage aufzuregen, stützte er die Ellbogen auf die Schreibtischplatte und ließ den Kopf in seine Hände sinken.

Warum nur habe ich Carlotta nicht geschnappt und bin in ein Flugzeug gestiegen? Das wird alles viel, viel schlimmer als gefürchtet.

»Commissario Angelotti, Sie und ich … Nun, wir sind nicht immer einer Meinung. Aber sicher sind wir uns darin einig, dass wir nicht zulassen dürfen, dass der gute Ruf unserer questura beschädigt wird.«

»Da sind wir uns einig. Aber ich habe das deutliche Gefühl, dass es weniger um den Ruf der