Mords-Goschn - Monika Nebl - E-Book

Mords-Goschn E-Book

Monika Nebl

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Beschreibung

Der Fall: Der Hias ist verzweifelt – die Liebe seines Lebens ist verschwunden! Die abenteuerliche Suche führt ihn und Minnie in Maisfelder und auf Datingportale.

Auch wenn im dritten Band der humorvollen Reihe niedliche Alpakas eine Rolle spielen, ist dieser Fall alles andere als erfreulich. Denn düster sieht es nicht nur bei den neuen Mietern im Wasserburger Laden aus, sondern auch für Minnies Freund Alex.
Und was wird er zu Minnies Abstecher in die Datingszene auf love-is-all-around-you.com sagen?

Liest du gerne Bayernkrimis von Rita Falk, Eva Adam oder Friedrich Kalpenstein? Dann ist die pfiffige Krimi-Minnie genau dein Fall.
Also ab auf die Couch und Schmunzelmodus an!

Dich erwarten Spannung, Humor und eine witzig-prickelnde Beziehungskiste mit oberbayerischem Lokalkolorit!

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Table of Contents

Titelei

Impressum

Widmung

Zur Autorin

Zum Buch

Die Stimme

Laden zu vermieten

Alpakas und schwarze Messen

Entsetzen im Maisfeld

Love-is-all-around-you.com

Mords-Goschn

Fäden und Knoten

Minnie übernimmt

Farben am Horizont

Krimi-Minnies vierter Fall

Nachwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Bairisch-hochdeutsches Glossar

Karte von Wasserburg

Weitere Veröffentlichungen

Monika Nebl

Mords-Goschn

Krimi-Minnies dritter Fall

Ein Wasserburg-am-Inn-Regionalkrimi

Impressum:

Copyright © 2021 Monika Nebl

c/o Verlag EyeDoo Publishing

Berger Str. 26, 83556 Griesstätt

www.eyedoo.biz

E-Book Ausgabe

Print- und Onlinegestaltung: Günter Nebl

Bildnachweis: © S. Lipina – Aspinaworld www.kauf3.com

Bildnachweis: © fergregory – stock.adobe.com

Bildnachweis: © Fotoatelier G. Nebl, Monika Nebl

Druck: booksfactory, Polen

Lektorat: Michael Reinelt

Korrektorat: Ursula Ammersbach

 

Diese Geschichte entstand ohne Hilfe von KI, sondern einfach nur mit viel Herzblut und Freude am Schreiben.

Autorin und Verlag verbieten eine Nutzung des Textes zum Training und zur kommerziellen Verwendung durch KI.

Alle Ähnlichkeiten mit lebenden und verstorbenen Personen sowie realen Orten sind rein zufällig.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art und auszugsweiser Nachdruck sowie die elektronische Weitergabe und Übersetzung sind vorbehalten.

www.monika-nebl.de

Für alle tapferen Männer, die veganes Hack essen, obwohl sie wissen, dass es kein echtes Fleisch ist, und sie lieber eine echte Schweinshaxn hätten.

Und für meine Mama, die so ganz anders ist als die Traudl und meine Träume (fast) immer akzeptiert hat. Ich war stets sehr dankbar für ihre Hilfe und hoffe, dass ich mich noch lange revanchieren kann.

Zur Autorin

Bei einem kurzen Stopp in Wasserburg am Inn sagte die damalige Münchnerin spontan: »Hier würde ich so gerne leben!« Drei Jahre später war es so weit. Seit 2000 lebt Monika Nebl im nahen Einzugsgebiet und saust gerne mit der Vespa in die »nördlichste Stadt Italiens«, wo sie das Flair zwischen Mittelalter und Moderne genießt.

Die Autorin hat bereits über 20 Bücher veröffentlicht und ist dabei vielseitig unterwegs. Wasserburgs Gassen und Mauern dienen als mystische Vorlagen in ihren Fantasyromanen (geschrieben unter Pseudonym Ainoah Jace). Ihr Fernweh lindert sie mit ihren Romantikthrillern, deren Handlungen den Leser in andere Teile der Erde entführen (geschrieben unter Pseudonym Katie S. Farrell). Ihre Reisen und wie sich diese in ihre Bücher schmuggeln, beschreibt sie im Bildband »Geschichten im Gepäck«.

Und nach einigen Kurzgeschichten für zwei Anthologien mit den »Rosenheimer Autoren« war sie plötzlich da: die Lust, einen Lokalkrimi zu schreiben. Das war die Geburtsstunde der »Krimi-Minnie«, ihrer Freunde und des Verbrechens in Wasserburg …

Warum ein weiterer bayerischer Lokalkrimi?

Ich habe bisher Fantasy und Romantikthriller geschrieben und vermute: Meine Minnie hat mich einfach in ihren Bann gezogen.

Außerdem ist Wasserburg als Schauplatz wie für einen Krimi gemacht.

Falls ein bairisches Wort (sparsam verwendet) nicht selbsterklärend ist, findet ihr im Anhang ein kleines alphabetisches Glossar, denn dieses Buch soll nicht nur Bayern Vergnügen bereiten. Wichtig ist mir, die bairische Sprache nicht zu »verhunzen«, ich habe mein Möglichstes getan. Auch liegt der Humor keineswegs auf der woanders häufig übertrieben dargestellten Charakterisierung eines »Null-acht-fuchzehn«-Bayern. Minnie und Co. sind (fast) normale Bewohner einer oberbayerischen Stadt.

Die Stimme

Er kann sie nicht fassen, die Worte, die sie ihm an den Kopf wirft. Gemein und schonungslos sind sie. So lange hat er sich auf diese Frau verlassen und sich um sie bemüht. Nun bereut er es bitter.

Es ist, als sähe er eine andere Person. Egoistisch ist sie und ordinär noch dazu. Als wüsste sie nicht, wie man ordentlich sitzt, fläzt sie sich auf den Holzstuhl. Die Zigarette in ihrer Hand verliert bei den hektischen Bewegungen einen Teil der Asche, die auf den Linoleumboden fällt. Sie macht ihm Vorwürfe über ihr Leben der Lügen. Sie will etwas Besseres.

Er könnte ihr etwas Besseres bieten. Doch das hat sie nicht verdient. Sie weiß nichts zu schätzen. Dabei sollte sie froh sein über das, was sie hat. Denn obwohl sie noch alles andere als alt ist, haben sich bereits Falten in ihr Gesicht gegraben.

Die Falten der ewigen Unzufriedenheit, des Genörgels und der Bosheit. Das reißt auch die kurvige Figur nicht raus, die man dank des engen Tops und der Leggins bemerken muss.

Und noch weniger als ihre Worte mag er ihre Stimme, die er einst so betörend fand. War sie tatsächlich früher weich und sinnlich?

Er weiß, er muss eine Entscheidung treffen, die auch sein Leben auf den Kopf stellen wird. Aber vor allem wird es ihr Leben verändern.

 

Laden zu vermieten

Wasserburg am Inn im Oktober

Die Schmerzen werden unerträglich, sie ziehen durch meinen Mund, über mein ganzes Gesicht und bringen mich zum Schwitzen.

Wann ist die Behandlung endlich zu Ende? Ich putze meine Zähne doch vorbildlich, esse Süßes nur in Maßen und spüle sogar nach dem Kaffee den Mund aus, damit ich mein weißes Lächeln behalte. Trotz der etwas schiefstehenden Eckzähne. Woher kommt also bitte schön das Loch beziehungsweise die kariöse Erkrankung meines Zahns?

Ich will raus aus diesem Stuhl, aber der Zahnarzt hört nicht auf zu bohren. Seine Augen hinter der Plastikscheibe, die ihn vor Wasserspritzern, dem schlechten Atem seiner Patienten und vermutlich Schlimmerem schützt, werden immer größer und runder.

Dann beginnen sie rot zu glühen. Ich fange an, um mich zu schlagen, doch ich bin an den Behandlungsstuhl gefesselt. Das Bohrgeräusch wird noch durchdringender, und ich schreie nun wie am Spieß.

Da höre ich Georges wütendes Gebell. Mein heldenhafter Hund ist gekommen, um mich zu retten.

Ich schaffe es, die Fesseln zu lösen und aus dem Stuhl zu krabbeln, während George den Zahnarzt, den ich bisher sehr nett und kompetent fand, in Schach hält.

Seltsamerweise hört das Kreischen auch auf der Gasse draußen nicht auf. Ich spüre Georges nasse Zunge auf meiner Hand und … wache auf.

Die Zunge ist an meiner Hand beschäftigt, vermutlich ist da jede Menge feines Salz zum Abschlecken, denn ich schwitze heftig nach diesem Traum. Dass ich einen Alptraum hatte, ist mir klar, als ich mein wild blinkendes Handy sehe und höre.

Bin ich für Alpträume vom Zahnarzt nicht zu alt und abgeklärt, frage ich mich, während ich leicht verstört den Anruf entgegennehme.

»Ja?« Es ist drei Uhr morgens! Wer will da etwas von mir?

»Minnie, hier ist der Gerhard.«

»Gerhard, es ist mitten in der Nacht. Was ist denn los, um Himmels Willen?«

»Es wär besser, wenn du zum Galaxy kommst.«

In der Disco Galaxy auf dem Grundstück neben dem Freizeitbad Badria war ich ewig nicht mehr beim Tanzen. Das mache ich nur noch spontan auf Feiern, wenn eine gute Band spielt. Da kann es schon mal sein, dass ich mit meiner Freundin Toni auf der Bierbank stehend die Stimmung im Zelt anfeuere.

»Wieso? Ich hab geschlafen und will jetzt nicht in die Disco.«

Er lacht mich glatt aus – mitten in der Nacht, nachdem er mich aufgeweckt hat. Das erbost mich. Aber so gerädert wie ich mich fühle, fällt der Ausdruck der Verärgerung etwas schwächlich aus.

»Dank deinem Anruf hatte ich einen Alptraum, Gerhard.«

»Oder mein Anruf hat dich davor gerettet, noch Schlimmeres zu träumen«, meint er, was nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Denn möglicherweise saß ich bereits davor auf dem geträumten Behandlungssessel.

»Kannst du kommen und den Alex holen?«

Jetzt sitze ich aufrecht im Bett.

»Alex ist eigentlich aus dem Alter raus, wo man ihn von der Disco holen muss. Ist ihm was passiert?«

»Na ja, er hat randaliert. Wenn du ihn holst und auf ihn aufpasst, dann muss ich ihn ned einkasteln.«

Was? Mein vernünftiger Freund, der Banker, randaliert? Das hab ich ja in den fünf Jahren seit wir ein Paar sind, nie erlebt. Dass er und Basti zu Hause mal versuchen, sich gegenseitig mit Whiskey unter den Tisch zu trinken vielleicht. Aber randalieren oder prügeln? Niemals!

»Der Alex randaliert doch nicht, Gerhard. Da stimmt was ned. Ich mach mich auf den Weg.«

Bloß womit?

»Kann er auf die Vespa drauf, oder fällt er mir runter?«

»Wenn du ihn festbindest, könnte es gehen. Sagen wir mal so: Ein Auto wäre sicherer.«

Na wunderbar. Ich fahre so selten Auto, dass ich ernsthaft überlege, mir ein Taxi zu rufen. Aber alle Wasserburger Taxis sind am Samstag in der Nacht bis zum frühen Morgen wie wild unterwegs, um alle Kids oder sehr Junggebliebene heimzubringen.

Ich schnappe mir den Schlüssel von Alex’ Wagen vom Schlüsselbrett an der Tür und bemerke gerade noch rechtzeitig, dass ich besser die Schlafanzughose mit den Kätzchen gegen eine Jeans wechseln sollte.

Mein Hund schaut mich verstört an, als ich mir eine Jacke über das Schlafanzugoberteil werfe.

»Braver George. Bleib hier, ich bin gleich wieder da«, versuche ich, ihn zu beruhigen. Vermutlich ahnt er, dass ich noch nicht ganz bei mir bin, denn er besteht darauf, mich zu begleiten. Zumindest bis zum Auto.

***

Glücklicherweise bin ich heute in Alex’ Wohnung, deshalb habe ich nicht weit bis zum Wagen, der in der Tiefgarage steht.

Es ist kein fetter Mercedes, aber leider auch kein kleiner Wagen. Und es gibt verdammt viele Säulen hier unten, auf die man beim Ausparken achten muss.

George setzt sich ans noch geschlossene Tor und beobachtet mich misstrauisch. Kluger Hund, der nicht bei mir einsteigt!

Anlassen – erledigt, Licht an – check, funktioniert, Rückwärtsgang – ist praktischerweise schon drin. Langsam fahre ich an und schlage ein. Es piepst ohrenbetäubend, weil die Säulen immer näher rücken. Ich wiederhole laut und unaufhörlich das Mantra »in den Spiegel schauen« so lange, bis ich den ersten Gang einlege und auf das sich nun öffnende Tor zufahre. George saust hinaus und ist in der Dunkelheit verschwunden. Ich schleiche die Neustraße hinauf, die ist so eng, wenn da Autos parken. Weiter geht es: einen großen Schlenker nach links um die Verkehrsinsel herum, an der Burg vorbei und die noch engere Schmidzeile hinunter. Rechts abbiegen und auf mein Angsthindernis zu: das Brucktor. So schlimm ist ansonsten nur die Brücke in Rosenheim für mich. Und da bin ich nur Beifahrer.

Ich bin nicht der einzige Schisser, wenn es um das Durchqueren des Brucktors angeht. Es ist zu eng für zwei Autos, finde ich. Und je nachdem wie höflich der Gegenverkehr ist, kann ein ungeübter Autofahrer da schon mal länger stehen. Bis ihn das Hupkonzert der sich hinter ihm stauenden Wagen dann hindurch treibt.

Nachts um drei ist das kein Problem, die zwei Autos kann ich leicht abwarten und, nachdem ich ihnen höflich die Vorfahrt gelassen habe, entspannt hindurchfahren. Vielleicht sollte ich öfter mal nachts fahren üben?

Nun ist das Schlimmste geschafft, in wenigen Minuten bin ich an der Disco.

Ich zische die Allee hinauf und lege vor dem Kreisel gerade noch den zweiten Gang ein, bevor ich mit den Alufelgen (wieder) am Bordstein lande, weil ich die Kurve nicht schaffe.

Kreisel Nummer zwei naht, und damit bricht um mich herum die Hölle los, denn hier ist die Einfahrt vom McDrive. Und alle Discogänger haben Hunger!

Ich spüre, wie sich Schweißtropfen auf meiner Stirn bilden. Überall Menschen, mehr oder weniger besoffen, die vor mir über die Straße laufen. Dazwischen besorgte Eltern, die aus dem Auto heraus nach dem Nachwuchs spähen.

Wohin ich muss, erkenne ich schnell an den Blaulichtern auf dem Volksfestplatz. Ich parke direkt neben Gerhards Polizeiwagen ein.

Als ich aussteige, winkt dieser mir zu und macht die hintere Wagentür auf. Ich sehe Alex auf dem Rücksitz sitzen, den Kopf in den Nacken gelegt, seine Augen sind geschlossen. Ist das getrocknetes Blut an seiner Schläfe?

Mir wird ganz anders. Was ist da nur passiert? Ich knie mich vor ihn auf den Einstieg und fasse nach seiner Hand.

»Alex, Hase? Wie geht es dir?«

Er öffnet die Augen. Also eines, denn das andere ist zugeschwollen, da hat er einen ordentlichen Schlag kassiert.

»Minnie, du bist da? Das ist toll.«

Das klingt auf jeden Fall nicht nüchtern. Könnte aber auch eine Gehirnerschütterung sein.

»Sollte er nicht zu einem Arzt?«, frage ich Gerhard besorgt.

»Er hat sich gewehrt. Ich hätte ihn nur mit Handschellen einliefern lassen können oder auf die Wache bringen. Das kann ich immer noch, wenn dir nicht wohl bei der Sache ist, Minnie«, meint er ernst, entgegen seiner sonstigen flapsig-respektlosen Art mir gegenüber. »Ich kann hier nur nicht weg, bis die Kollegen aus Rosenheim kommen. Wir haben ein paar weitere Lädierte und müssen die Personalien aufnehmen. Sonst hätte ich ihn dir schnell runtergefahren.«

Das ist echt lieb von ihm!

»Das passt schon, Gerhard. Vielen Dank, dass du mich angerufen hast und mich ihn mitnehmen lässt.«

Das ist keine Selbstverständlichkeit, das weiß ich. Er winkt jedoch ab und sieht unruhig aus.

»Ich kenn euch ja, Minnie. Aber Alex hat heute eine ganz neue Seite gezeigt. Ich wusste gar nicht, dass der so ausrasten kann.«

»Das hab ich bisher auch nicht erlebt. Mal schauen, ob er morgen noch weiß, was der Grund war.«

»Er hat einen der Kerle besonders auf dem Kieker gehabt. Sagt dir Sepp Hohenwarter etwas?«

»Ja, das ist ein ehemaliger Fußballspezl, der ein bisserl abgehoben ist. Macht sein Geld in der IT-Branche. Viel Geld. Und Alex heißt die Methoden nicht gut. Doch das ist nichts Neues.«

Gerhard nickt nachdenklich, dann verabschiedet er sich und schlendert zu den Kollegen, die im Polizeibus ein paar Leute sitzen haben und diese befragen.

Vorsichtig helfe ich Alex, in sein Auto zu steigen. Es geht ihm alles andere als gut, was leicht zu erkennen ist, denn er sagt kein Wort, als ich mich hinters Steuer klemme.

Und er schweigt beim Fahren. Ebenfalls ein Novum, weil es normalerweise immer eine kleine Anmerkung gibt, wie »Minnie, weich doch bitte den Gullydeckeln besser aus!« oder »Huh, das war knapp!« oder auch »Halt mehr Abstand, falls ein Stein von dem Laster vor uns fällt!«.

Wir kommen heil in der Parkgarage an, wo George, wie ich meine, mit besorgtem Gesicht auf uns wartet. Der Lift, den ich sonst nie benütze – denn Frau will ja knackig bleiben – ist heute Gold wert. Alex lässt sich von mir ausziehen, ohne eine einzige schlüpfrige Bemerkung – es geht ihm wirklich überhaupt nicht gut – und stöhnt nur etwas, als ich ihm das Blut vorsichtig mit einem feuchten Tuch abtupfe. Er hat neben dem blauen Auge eine Platzwunde am Wangenknochen. Die Nase ist dick, ich hoffe, sie ist nicht gebrochen.

Ich reiche ihm eine Schmerztablette, die er brav mit Wasser herunterspült, dann packe ich ihn ins Bett.

»Minnie«, flüstert er mit geschlossenen Augen.

»Ja, Alex?«

»Es tut mir leid.«

»Alles gut, doch auf die Geschichte dazu bin ich gespannt. Aber erst morgen, Hase. Schlaf jetzt.«

Er schläft wie ausgeknockt. Ich dagegen liege bis etwa fünf Uhr wach. Zwischendrin wecke ich Alex einmal, für den Fall, dass er eine Gehirnerschütterung hat. Man soll ja prüfen, ob es sich wirklich um einen heilsamen Schlaf oder Bewusstlosigkeit aufgrund von inneren Blutungen handelt. Weil ich mir den Wecker auf sieben gestellt habe, ist die Nacht kurz und nicht sehr erholsam. In der Bank müssen sie ja Bescheid wissen, dass Alex heute nicht auftaucht. Ich rufe seinen Chef an, der natürlich die Buschtrommeln bereits gehört hat, aber auch weiß, dass sein bester Mann kein Schläger ist.

»Er soll daheimbleiben, bis das blaue Auge weg ist und sich die Sache geklärt hat, Minnie«, rät er mir und verkneift sich vermutlich mühsam ein »Lass ihn ja nicht in die Öffentlichkeit!«.

Gerhard hat sich eben im Chat nach Alex erkundigt, ich rufe ihn gleich zurück.

»Hast du durchgemacht?«, frage ich ihn erstaunt.

»Ja, aber jetzt geht es heim und ins Bett«, gähnt er mir ins Ohr. »Hat Alex schon was gesagt?«

»Nein, er schläft noch. Was hast du denn mitbekommen?«

»Wir wurden vom Türsteher informiert, dass sich zwei Männer, keine Jugendlichen, vor dem Galaxy heftig prügeln. Als wir ankamen, waren es dann sieben Männer. Alex hat ja ein paar Freunde und der andere wohl auch. Und Alex lag mit der Nase im Dreck und hat sich zuerst nicht gerührt.«

Mir ist ganz kalt bei dem Gedanken, und Gerhard meint:

»Ich hab mich echt erschrocken, Minnie. Ich dachte schon …«

»Ja, das kann ich mir vorstellen«, das Schlucken fällt mir schwer.

Gerhard führt weiter aus: »Wenn einer sich dauernd prügelt, ist das was anderes. Der ist das gewohnt, und wir Beamten dementsprechend leider auch. Aber Alex …«

»Ich weiß, Gerhard. Danke dir nochmals. Und jetzt schau, dass du ins Bett kommst. Müssen wir uns heute in der Inspektion melden?«

»Ja, das wäre gut. Der Sigi übernimmt, frag nach ihm. Und wenn Alex doch ins Krankenhaus muss, dann sag ihm Bescheid.«

»Mach ich! Gute Nacht.«

Ich überlege, ob das Auswirkungen auf Alex’ Karrierebestrebungen haben wird. Immerhin könnte es sein, dass er eine Anzeige bekommt.

Wie es kommt, so kommt’s. Ich kann momentan nichts daran ändern. Das betrifft ebenfalls den Videoanruf meiner Mutter, den ich in der Küche entgegennehme. Traudl lässt sich beruhigen, nachdem sie hört, dass Alex soweit in Ordnung ist.

»Er hatte bestimmt seine Gründe«, ist ihre erstaunliche Reaktion, der ich beipflichte.

»Übrigens Minnie, ich habe jemand für den Laden. Die Tochter einer Freundin aus Hamburg. Sie verkauft spezielle Mode.«

»Aha, wieder nichts Hiesiges. Was meinst du mit speziell? Dessous oder aus Hanf Gestricktes?«

Traudl kann nicht lachen, und ich merke bald, woran es liegt. Sie hat keine Ahnung! Ich erkläre ihr, was ich weiß, bin jedoch da auch nicht vom Fach. Denn ich liebe Farben und Blümchen, und bei der »speziellen« Mode handelt es sich um Gothic Style.

Wem es wie der Traudl geht: Es gibt natürlich unterschiedliche Strömungen und dementsprechende Kleidung. Will man diese Richtung auf einen Nenner bringen, könnte man es vielleicht – Ausnahmen bestätigen die Regel – so formulieren: schwarze Klamotten, traurig-depressive Musik und entsprechende düster-melancholische Gedanken. Werden diese nach außen getragen, erkennt man, dass sich die »Goths« von der Spaß-Gesellschaft abgrenzen wollen, die ihnen oberflächlich erscheint. So ganz unrecht haben sie damit nicht. Aber das kann ich persönlich auch in einem Blümchenkleid kommunizieren.

Traudl ist ein bisschen blass geworden – das sieht man sogar im Videochat – und ich erkläre ihr, dass diese Gesichtsfarbe gut zu den Gruftis, einer Gothic-Sparte, passt. Die hat nichts mit dem Alter zu tun, obwohl das manche Leute glauben.

Meine Freundin Maria war kurz vor dem Abi in dieser Richtung unterwegs. Ich fand es recht interessant. Wir haben viel diskutiert. Schonungslos, weil ich sie damals noch nicht so mochte wie jetzt.

»Das ist so ziemlich das ausgeprägteste Gegenteil, was du zur Regenbogen-Harriet auftreiben konntest«, kichere ich in Erinnerung an die Vormieterin, während mir die Lachtränen über das Gesicht laufen. Traudls Mundwinkel zucken etwas, sie ist dennoch nicht »amused«.

»Ja, meinst du, ich soll versuchen, das rückgängig zu machen?«

»Keine Ahnung, Traudl. Normalerweise sind die ja eher zurückgezogen und nicht aggressiv, halt etwas auffällig. Wenn die Käufer in vollem Outfit und kunstvoller Schminke anrücken, dann wirst du sicher einige Anrufe bekommen. Ich könnte vielleicht Fledermäuse und Spinnen töpfern und im Schaufenster dazu ausstellen.«

»Minnie!«

»Ja, Traudl?«

»Passen die nach Wasserburg?«

»Ehrliche Antwort? Vermutlich nicht. Aber man sollte immer in alle Richtungen aufgeschlossen sein, solange es nicht nach rechts geht. Eine Bitte, Traudl, wenn du dabei bleibst: Könntest du in den Mietvertrag noch aufnehmen lassen, dass möglichst wenig depressive Musik läuft, und die leise. Sonst wirkt sich das auf meine Arbeit aus. Und die Wolpertinger bekommen einen dämonischen Touch.«

Ich muss wieder lachen, wahrscheinlich bin ich die Horrornachbarin schlechthin für die Gothic-Verkäuferin. Mit meinem Gekicher und den bunten Farben.

Ich werde ernst und beende das Gespräch, als Alex im Türrahmen auftaucht. Er sieht völlig erledigt aus.

»Willst du einen Tee?«, frage ich und lege ihm zärtlich und sehr vorsichtig die Hand an die Wange, die nicht aufgeschrammt ist. Er nickt und keucht trotz der sanften Berührung auf.

»Du hättest ins Krankenhaus gehen sollen, Alex. Du hast vermutlich eine Gehirnerschütterung.«

»Von der laschen Rechten vom Sepp. Niemals.«

»Gerhard hat gesagt, er hat dich reglos im Dreck gefunden. Mit dem Gesicht nach unten.«

Die weiße Gesichtsfarbe des Helden wird etwas rötlich.

»Ich muss in der Bank anrufen.«

»Hab ich schon. Du sollst erst wieder kommen, wenn das blaue Auge weg ist.«

Er stöhnt. »Du hast meinem Chef erzählt, wie ich aussehe?«

»Alex, red keinen Schmarrn, ich bin doch keine Petze! Er wusste Bescheid. Dich haben gestern vermutlich einige Leute in Polizeigewahrsam gesehen.«

Das Stöhnen wird lauter. »Minnie, hast du noch eine Tablette für mich?«

Ich schaue kurz auf die Uhr: Sechs Stunden Abstand sollten es sein, das kommt hin.

Ich reiche ihm eine Kapsel und Wasser, danach bekommt er eine Tasse Tee. Müsli verweigert er, ein kleiner Keks mit Schoko geht.

»Hast du zu viel gesoffen?«, frage ich nun, denn der Keks spricht eigentlich dagegen.

»Nein, ein Bier und einen Whisky.«

»Was war dann der Auslöser?«

»Der Sepp hängt in dem Betrug mit drin, ganz sicher!«

»In welchem Betrug? Ich versteh nur Bahnhof.«

»Die Mutter vom Manuel, Irmgard. Die hat einen Anruf bekommen, angeblich von der Polizei, dass auf ihr Konto zugegriffen wird. Polizisten sind gleich darauf bei ihr aufgekreuzt, denen sie die Kontoverbindung und das Online-Banking-Passwort gegeben hat. Die Polizisten waren aber natürlich nicht echt.«

Ich erinnere mich an den Fall, den die Frau Kreuzpointner, die Mieterin unter mir, erwähnt hatte. Manuel und seine Mutter kenne ich flüchtig. Alex dagegen geht bei den Hells seit seiner Kindheit ein und aus. Deswegen nimmt ihn das auch so mit.

»Als Irmgard es Manuel erzählt und der die Polizei angerufen hat, war das Konto schon leergeräumt. Sie spart seit zwei Jahren auf eine Kreuzfahrt. Alles ist weg – über 6000 Euro!«

Ich bin jetzt nicht gerade der Kreuzfahrt-Befürworter –viele Menschen auf engem Raum, zu viel Halligalli, Essen und Gesaufe, dementsprechend jede Menge Müllerzeugung und Umweltbelastung. Aber deshalb bleibt so ein Betrug trotzdem eine Sauerei.

»Das tut mir sehr leid für sie. Kann die Polizei da was machen? Und wie kommst du drauf, dass der Sepp da mit drinhängt?«

»Weil er gestern damit geprotzt hat. Er hat im Gegensatz zu mir zu viel gesoffen! Und das werde ich beweisen.«

Ich frage nicht, ob das Saufen oder das Protzen gemeint ist. Alex hat verständlicherweise momentan wenig Humor.

»Ich muss zur Polizei und aussagen.«

»Das trifft sich gut, du musst nämlich zur Polizei und aussagen.«

Er sieht mich irritiert an, und ich richte ihm Gerhards Anweisung und die Wünsche aus.

»Kannst du mich hinfahren, Minnie? Ich glaube, heute will ich nicht durch die Stadt spazieren.«

Ich seufze, sehe es aber ein.

»Wenn du während der Fahrt genauso schweigst wie in der Nacht, gerne.«

Natürlich ist es mit dem Schweigen schon vorbei. So mies geht es Alex nicht mehr, dass er, der schlechteste Beifahrer aller Zeiten, nichts zu kommentieren hätte.

»Minnie, du hast rechts noch mindestens einen Meter Platz bis zum Randstein.«

»Beim Einparken parallel etwas vor das andere Auto fahren, dann im Fahren einschlagen, nicht im Stehen, das geht aufs Lenkgestänge!«

Ich weigere mich, einzuparken, solange er im Wagen sitzt. Irgendwann gibt er auf und steigt aus. Nachdem er mich gewarnt hat, den Motor nicht gleich abzustellen, damit der Turbo keinen Schaden nimmt. Nun steht er mitten auf der Straße, und sein Mund klappt auf und zu. Aber der Parkassistent und ich, wir verstehen uns, sobald Alex nicht zu hören ist. Das ist manchmal einer der Momente, in denen ich ernsthaft überlege, was ich an ihm finde. An Alex! Die Attraktivität des Parkassistenten ist unbestreitbar.

Ich ignoriere den Vortrag, den Alex mir hält, während ich den Parkschein löse und hinter die Scheibe lege. Schweigend wandere ich neben dem Gscheithaferl her, bis wir vor der Tür der Polizeiinspektion stehen.

»Alex!«

»Ja, Minnie?«

»Du könntest dich vielleicht nun darauf konzentrieren, was du drin erzählen willst, wenn du dann mal mit deinen Belehrungen fertig bist.«

»Äh ja, gute Idee.«

»Und das nächste Mal kriegst du einen Helm über das hübsch zerbeulte Gesicht und sitzt wieder hinten auf der Vespa. Haben wir uns verstanden?«

Nun geht ihm ein Licht auf – die Warnlampe im Blinklichtmodus praktisch –, dass bei seiner Freundin die Sicherungen kurz vor dem Durchkokeln sind.

Schweigend folgt er mir hinein. Es dauert nur eine Minute, dann werden wir zu Sigi, Gerhards zuständigem Kollegen, ins Zimmer gebracht.

Sigi Maschmeyer ist viel ernster als Gerhard, fast ein wenig einschüchternd. Ich werde links liegen gelassen, was mich nicht stört, bis er anfängt, Alex dumm anzureden. Nicht, dass er nicht recht hätte, aber manche Sachen denkt man sich als Fremder eher, als sie auszusprechen.

»Sie sind eigentlich nicht der typische Discogänger, Herr Feichtner. Erzählen Sie doch mal vom Verlauf des Abends. Wir haben einige Herren aus Ihrer Gesellschaft schon befragt. Da gibt es Klärungsbedarf.«

»Ich habe mich mit zwei Freunden im ›Fit and Fun‹ getroffen. Wir haben bis um neun Squash gespielt und dann im Restaurant etwas gegessen.«

»Wer genau?«

»Sebastian Hartinger und Manuel Hell.«

»Sie waren nicht dabei?«, wendet er sich an mich.

Ich schüttele den Kopf. »Nein, ich habe keine Lust darauf, mich von drei Männern abschießen zu lassen. Ich spiele lieber Badminton.« Oder Hängemattenschaukeln, aber das geht ihn nichts an.

»Warum sind Sie dann hier?«

»Weil es meinem Freund nicht gut genug geht, dass er Autofahren kann. Außerdem ist er es einäugig nicht gewohnt.«

»Möchten Sie, dass Ihre Freundin dabeibleibt?«, wendet er sich wieder an Alex, der ihn erstaunt anschaut.

»Ja, freilich. Sonst wäre sie ja nicht hier.«

»Ich meine nur …«

Alex runzelt die Stirn. »Was denn?«

»Sie waren ja nicht nur in Herrengesellschaft.«

Alex hat keine Ahnung, wovon der Mann spricht.

»Geht es ein bisserl genauer, Herr Maschmeyer?«

Der Blick zu Alex sieht nach »ich habe Sie ja gewarnt« aus, dann legt er los.

»Sie waren in Gesellschaft von vier jungen Damen, die Sie wohl in der Disco aufgesammelt haben.«

Alex schüttelt den Kopf. »Wir sind doch gar nicht in die Disco rein. Wir standen draußen und haben noch geratscht. Irgendwann war der Hohenwarter Sepp da und hat über seinen Reichtum gequatscht, den er den Dummen verdankt, die nicht vorsichtig genug sind. Die Mutter von Manuel ist so neulich betrogen worden und hat 6000 Euro verloren.«

Dem Maschmeyer-Gesicht sieht man die Verachtung über Manuels Mutter nicht an, man spürte sie, ganz leicht, unterschwellig. Und dementsprechend spüre ich die Anspannung in meinem Freund. Ich kann nur hoffen, dass er sein Temperament unter Verschluss hält.

»Der Kollege hat heute früh schon die Cybercrime-Einheit in Rosenheim verständigt. Die werden prüfen, ob der Mann damit etwas zu tun hat. Aber solange Sie sich nicht mal an Ihren Besuch im Galaxy erinnern, sind Sie kein geeigneter Zeuge.

---ENDE DER LESEPROBE---