Morgenland-Abendland - Naima Stening - E-Book

Morgenland-Abendland E-Book

Naima Stening

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Beschreibung

Nazarenertum, Christentum und Islam haben geschichtliche und inhaltliche Beziehungen zueinander. Ihre Schriften geben gegenseitig Zeugnis. Abraham, der perfekte Muslim, ist Stammvater der Hebräer und der Araber. Siebzehn Jahrhunderte später wird mit dem Messias Jesus eine Zeitenwende eingeleitet. Die Kreuzigungsgeschichte veranlasst die Spaltung seiner Anhänger. Das paulinische Christentum bejaht die Kreuzigung des Gottessohnes und die Freiheit vom jüdischen Gesetz. Es evolvierte in Westeuropa zum Trinitarischen Katholizismus und im Orient zur Byzantinischen Kirche. Das Papsttum und das Heilige Römisch-Germanische Reich traten im Mittelalter hervor. Auf der anderen Seite verwarfen die Nazarener die messianische Kreuzigung und hielten sich an das jüdische Gesetz. Sie erwarteten den Endzeitpropheten Muhammad und das Tausendjährige Reich Gottes auf Erden. Viele von ihnen nahmen im siebenten Jahrhundert die Lehre des Islam an, die sich ganz in ihrem Sinn erwies. Mit der Entstehung des Islam wurde die Religion Abrahams, Moses und Jesu zu einer Weltreligion angehoben. Religion und weltliche Angelegenheiten werden nicht voneinander getrennt, Wissenschaften und empirisches Denken gefördert. Technischer Fortschritt und hoher Lebensstandard folgten. Dieses war das goldene Zeitalter des Islam. Später zogen diese Ideen vom arabisch-islamischen Kulturraum über Sizilien, Andalusien und den Kreuzfahrerstaaten ins Abendland ein und konnten sich dort verbreiten. Seither ist das Abendland von materiellen und humanistischen Erfolgen gekrönt, während das Morgenland verfiel. Das Erstarken des Abendlandes auf islamisch-arabischen Wurzeln ignorieren viele Abendländer jedoch gerne. Mit diesem Hintergrund reisten wir, eine vierköpfige Familie, per Wohnmobil vom Münsterland nach Dubai. Wir bewunderten Monumente der Vergangenheit, erinnerten uns in Nizäa an die Entstehung des trinitarischen Katholizismus und am Osttor in Damaskus an die Wiederkunft des Messias. Wir besuchten in Jerusalem die al-Aqsa-Moschee samt ihrem gesegneten Umfeld, praktizierten in Mekka Rituale, die an Abraham und seine Familie erinnern, erlebten Wüstenssturm und Gastfreundschaft bei Beduinen und waren schließlich Zeugen, dass die Verkündigung durch Engel Gabriel sich schon realisiert hat, indem einstige Schafhirten untereinander im Hochhausbau rivalisieren.

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Seitenzahl: 687

Veröffentlichungsjahr: 2013

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www.tredition.de

Foto auf dem Buchumschlag, Vorderseite: Blick auf die Altstadt Jerusalems

NAIMA STENING

Morgenland-Abendland

Teil I

Nazarener, Christentum und Islam Ihre Geschichte und Beziehung zueinander

Teil II

www.tredition.de

© 2013 Naima Stening Umschlaggestaltung, S. Jakob Verlag: tredition GmbH, Hamburg ISBN: 978-3-8495-0368-0

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

TEIL I

1. Der Patriarch Abraham

2. Die Kinder Israels

3. Saulus und die Nazarener

4. Der Weg, den die Christenheit wählte

5. Die Erfüllung der Prophezeiungen

6. Muhammad, Siegel aller Propheten

7. Der Sieg

8. Byzanz

9. Die Rettung der Tochter Zion

10. Das Tausendjährige Reich

11. Gelebter Islam

12. Mittelalterliches Abendland

13. Die Islamischen Wurzeln des Abendlandes

14. Talfahrt mit der Bagdadbahn

15. Undankbares Abendland

FOTOGALERIE

TEIL II

1. Reiseverpflegung

2. In Konstantinopel

3. Kniefall vor Gott oder Kniefall vor dem Papst?

4. Damaskus: Das östlich gelegene Minarett

5. Vortrag an der Grenze

6. Jerusalem: gestern und heute

7. Über den Jordan: Asyl der Nazarener damals, sowie der Palästinenser heute

8. Unsere vollzogene Wallfahrt

9. Arabien im einundzwanzigsten Jahrhundert

10. Wenn die Schafhirten Wolkenkratzer bauen

Bibliographie

Vorwort

Christentum und Islam: vielfache Übereinstimmungen, aber auch zahlreiche Verschiedenheiten!

Wer als Christ eine Übersetzung des Korans liest, wird über die vielen altbekannten Geschichten erstaunt sein, denen er einst, vielleicht als Kind, im katholischen oder evangelischen Religionsunterricht gelauscht hatte. Da liest er über Abraham, den Gott Seinen Freund nannte, weil er vor nichts scheute, um nur Gottes Befehl zu erfüllen. Da liest er über Moses und dessen Wortgefecht mit dem Pharao und den Auszug der Kinder Israels aus Ägypten. Da liest er über Salomon, der das Gotteshaus in Jerusalem erbauen ließ. Und er liest über die heilige Familie des Messias Jesus und dessen Mutter Maria, zu welcher auch Zacharias und sein Sohn der Täufer Johannes gehörten. Er erfährt über die Wunder, die Jesus ausführte, über den Engel Gabriel, der Maria erschien und der dem Messias in der höchsten Not beistand, und über die Apostel, die dem Messias so sehr tatkräftig beiseite standen. So ist es möglich, dass er über die zahlreichen Übereinstimmungen überrascht ist, die bei diesem Bibel-Koran-Vergleich nur zu finden sind.

Bei genauem Analysieren der Schriften kommt der Leser nämlich nicht darüber hinweg, sich zu vergegenwärtigen, dass die heutigen biblischen Texte auf Urschriften zurückgehen, die auf einer Linie mit dem Koran liegen. In der Tat bestätigt der Koran die Tora, die Psalmen und das Evangelium als Heilige Schriften und als seine Vorgänger und bezeugt die alttestamentarischen Propheten sowie den Messias Jesus, Sohn der Maria.

Im gleichen Sinn bezeugten die vergangenen Heiligen Schriften den Islam und beinhalteten die Verkündigungen seines Propheten, der Heiligen Stadt Mekka mit ihrem neuen Gotteshaus als Wallfahrtsort sowie das Reich Gottes auf Erden als konkretes bestehendes Weltreich.

Aber es gibt auch Abweichungen zwischen den islamischen und christlichen Lehren, diese betreffen vornehmlich die christliche Auslegung. So zum Beispiel die Kreuzigungsgeschichte des Messias. Während das Christentum diese bejaht, wird sie vom Islam vehement abgelehnt. Dieser lehrt im Gegenteil die Kreuzigung einer anderen Person sowie die lebende Himmelfahrt des Messias.

Aber auch die Dreifaltigkeitslehre, die trotz fehlenden Hinweises in der Bibel im Katholizismus als die Säule des Glaubens eingeführt worden ist, hat im Islam keinen Platz. Alles, was irgendwie den reinen Monotheismus untergraben könnte, wird im Islam scharf zurückgewiesen.

Und damit komme ich zu den Nazarenern und ihrer Lehre. Wer waren sie eigentlich? Die häufige Widergabe des Namens Jesus, der Nazarener mit Jesus von Nazareth ist irreführend. Nicht das Dorf hatte Jesus seinen Namen verliehen, sondern umgekehrt wurde das Dorf erst im christlichen Zeitalter Nazareth benannt.

Nazarener war der Gemeindename Jesu und seiner Anhänger, seiner Apostel und Jünger, und bedeutet Helfer oder Wächter über die Religion. So wird es im Koran gelehrt; und diese Einsicht verleihen uns auch die Schriften des Neuen Testamentes, wenn man ihre Analyse vertieft.

So ist es möglich geworden in den neutestamentlichen Evangelien und der Apostelgeschichte unterschiedliche Schichtungen herauszuarbeiten. Sehr alte Schichten, die an die geschichtlichen Ereignisse nahe heranreichen, können von solchen, die später dazu geschrieben wurden, differenziert werden. Urschriften aus nazarenischem Milieu, Texte aus urchristlichem, jüdischem Milieu, Anmerkungen und Abfassungen für ein griechisches heidenchristliches Publikum und so weiter, treten nun zum Vorschein.

Und mithilfe der Zuordnung der verschiedenen Textabschnitte zu einer der Glaubensausrichtungen ist es möglich über diese einzelnen Milieus Informationen zu sammeln, über ihren Glauben, was speziell den Messias betrifft, aber auch über ihre Lebensweise, ihre Stellung zur Besatzungsmacht der Römer und so weiter.

So können wir nun zum Schluss kommen, dass es zwei Urgemeinden gab, das Milieu der Apostel und Nazarener, und das Milieu der Urchristen, dessen Stifter Paulus von Tarsus war. Die ersten bezeugten Jesus als den Messias, Diener Gottes und Propheten, bestritten die Kreuzigung, waren Gesetzeseiferer und missionierten einzig unter Juden. Die zweiten hielten den Messias für einen gekreuzigten Gottessohn, erklärten das Gesetz für ungültig und missionierten unter Juden und auch unter Griechen.

Begonnen hatte die Zersplitterung in zwei Urgemeinden mit Paulus Konfrontation mit den Aposteln, als er zu deren Entsetzen Glaube an Gottessohn, Kreuzigung und Auferstehung des Messias sowie Sühnetod in die Religion einbrachte. In der Tat hatten die Apostel aus dem Munde ihres Meisters, des Messias Jesu, dieselbe Religion vernommen, die seit Menschengeschichte auch aus dem Munde Adams, Noahs, Abrahams, Moses gepredigt worden war: den Glaube an Den Einen Gott, an den Messias als Seinen Diener und Propheten und an ein göttliches Gesetz, das als fromm ausgeführte Werke den Glauben festige.

Die Apostelgeschichte, die echten Paulusbriefe und die Briefe des Jakobus, des Petrus und des Judas bezeugen diese Konfrontation: ob in Antiochien gegen Petrus, in Jerusalem gegenüber dem Gemeindevorstand der Nazarener, in Korinth und in Galatien gegen Abgesandte des Jakobus, überall treffen wir auf dieselbe Auseinandersetzung. All jene biblischen Schriften sind mit denselben Spannungen im apostolischen Zeitalter durchzogen.

Das Christentum hatte seit seinem Ursprung in verschiedenen Phasen reichlich Entfremdung hinnehmen müssen, die sogar bis in die Zeit des Mittelalters reichten. So brachten die Väter des Christentums Glaubenselemente wie Dreifaltigkeit, Heiligenverehrung, Absolution, Unfehlbarkeit des Papstes u.a. in ihre Religion ein. Und in ihrem Namen entwarf man ferner neue Inhalte wie die Spende von Sakramenten, später auch Heilige Kriege, Kreuzfahrten, Zwangschristianisierung oder Ablasshandel.

Die Innovationen schwenkten schließlich in der mediävalen Epoche in eine besonders unkontrollierte Phase ein, so dass menschenunwürdige Behandlung der Armen und Kranken und wissenschaftlicher Rückstand an der Tagesordnung standen.

Erst zu Beginn der Neuzeit konnte das Wirken der Christenheit reformiert werden. Der Glaube und sogar die klerikalen Strukturen blieben jedoch erhalten. Denn die Auslegungen der Kirchenväter und die Worte, mit welchen die Bibelschreiber die ursprünglichen Texte unterwandert hatten, konnten nicht mehr berichtigt werden.

Während dieser Zeit, der sogenannten Renaissance, war nämlich etwas geschehen: Das bis nach Südeuropa vorgedrungene islamische Weltreich hatte ein goldenes, fortschrittliches Zeitalter hinter sich und den europäischen Kontinent mit seinen säkularen Ideen beeinflusst. Diese Erleuchtungen setzten in Europa nun einen Meilenstein; sie beendeten ein humanistisch und wissenschaftlich rückständisches, feudales Gesellschaftssystem und leiteten den Weg für die moderne, freie sowie wissenschaftlich und wirtschaftlich fortschrittliche Staats- und Lebensformen ein.

So wurde der Islam auch für Europa die erste Quelle und Antriebskraft für materiellen und humanistischen Fortschritt. Denn der Islam lehrt und spornt die Menschen an, neben dem Glauben und frommen Taten in Hinsicht auf ein erfolgreiches Leben im Jenseits auch für ein gesegnetes, glückliches Erdendasein zu arbeiten. Diese Komponente lehnte das mittelalterliche Christentum ab und verspielte sich deshalb auch die Chance diesen Impuls für die Entwicklung zur Lebensform des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu geben.

Das vorliegende Buch setzt sich aus zwei Teilen zusammen, einem ersten rein historischen und einem zweiten geographischen, einer Reiseerzählung.

Was vereinigt beide Teile, warum wurden sie zu einem Werk verbunden? Nun, es ist seine Philosophie, die im ersten Teil sachlich dargelegt und im zweiten Teil praktisch und als gelebte Erfahrung beschrieben wird. Ohne den zweiten Teil fehlte dem ersten sein Flair, und ohne den ersten Teil fehlte dem zweiten seine Basis.

Der Islam als Universalreligion favorisiert weder einen Volksstamm noch einen gewissen Propheten. Seine Geschichte begann bei Adam und zog sich seither durch die Historie bis zum heutigen Tag. Propheten nach Propheten folgten in Adams, Noahs und Abrahams Fußstapfen. Sie erwiesen sich allesamt als gläubige, fromme Untertanen Gottes, als Muslime. Und so beginnt der historische Bericht bei Abraham, dem perfekten Muslim.

Mal wollte Gott, dass Seine Religion, der Islam, im großen Rahmen angelegt wurde wie zur Zeit des Volkes Israels, mal wollte Er, dass sie lediglich vereinzelt, hier und dort als Samenkorn überlebte wie in der nachapostolischen Zeit. Aber für die Endzeit hatte Gott alle Propheten und mit ihnen die Gläubigen wissen lassen, dass Er Seine Religion in großem Rahmen über die Welt zu verbreiten und das Tausendjährige Reich Gottes auf Erden zu gründen gewillt war.

Und so kam es dann auch! Im Jahre 570 n.Chr. erweckte Gott den versprochenen Endzeitpropheten, der den Appell der Religion Gottes bis in die entlegensten Gebiete aller Himmelsrichtungen brachte. Und davon konnte und kann sich bis heute der Okzident nicht ausschließen.

Als nämlich zu und nach den Lebzeiten des Propheten Muhammads die Religion des Islam sich in rasender Geschwindigkeit ausbreitete, fanden nicht nur die hier und da ausharrenden Nazarener als geheiligter Rest in ihr Aufnahme, sondern präsentierte sie sich in einer ganz neuen Dimension, um das Weltgeschehen wie nie zuvor zu beeinflussen.

Sie wurde für die Menschen eine attraktive Alternative zur früheren Lebensweise, gab ihnen einen Sinn zu leben und zu sterben, organisierte das Leben in großangelegtem Raum durch Anwendung eines ausgewogenen und perfekt gestalteten Grundgesetzes, der Scharia oder des feurigen Gesetzes, wie Moses es prophezeit hatte, und brachte eine Nation zahlreicher frommer Menschen hervor, die sich mit Leib und Seele für Gottes Willen einsetzen.

Diese fromme Sicht implizierte dann die praktische Umsetzung des von Gott Geforderten: das in der Scharia definierte Erbgesetz brachte schließlich das Rechenwesen hervor; die Ermittlungen der Gebetsrichtung nach Mekka bewirkten Fortschritte in der exakten Erdvermessung; die geforderte Unterscheidung zwischen Exaktheit und Spekulation rief die empirische Methodologie ins Leben; die zahlreichen medizinischen Angaben in Koran und Sunna gaben Impulse für Studium und Ausführung der Heilkunst; um nur einige Beispiele zu nennen.

Schließlich traf der Islam in Spanien, Sizilien und in den Kreuzfahrerstaaten auf das christliche Abendland. Dessen Herrscher meinten allerdings die angebliche Gefahr des Islam gegen ihre Religion erkannt zu haben und schotteten das Abendland vor ihm ab.

Trotzdem erkannten zahlreiche Christen seinen Charme. Suhaib al-Rumi und Anselm al-Turdjeman aus Mallorca waren bekannte Europäer, die im Mittelalter ihre Religion wechselten und sich für den Islam einsetzten. Selbst die Kreuzfahrer hatten es gelernt, dass sie sich eher auf ihre muslimischen Feinde als auf ihre eigenen Glaubensgenossen verlassen konnten, weil sie wussten, dass diesen Muslimen Vertragsbruch untersagt war!

Als dann aber die Welle des vom Islam ausgegangenen Fortschrittes sich über Europa erstreckte, seine Einwohner ansteckte, ebenso zu forschen, und ihnen dann auch wirklich Prosperität und Humanismus einbrachte, überwogen in jenen Säkular-Christen erneut Neid und Hochmut. Nicht wollten sie dem Islam und den Muslimen zu Dank verpflichtet sein; nein, aus eigenem Anstoß habe man den Ausstieg aus dem vom Christentum dominierten Mittelalter und den Anschluss an das vorhergehende römisch-griechische Zeitalter gefunden. Deshalb nannte man die einsetzende Epoche Renaissance und verbarg so gut es ging die arabischen Wurzeln dieses Erbes, eine Sicht, an der leider zahlreiche Abendländer bis zum heutigen Tag festhalten.

Parallel zum Aufstieg des Abendlandes ereignete sich der Niedergang der arabischen und ottomanischen Zivilisationen. Stagnation im Weiterforschen, Verlust der islamischen Werte, Nichteinhaltung der islamischen Gesetze, Misswirtschaft der Herrscher waren einige seiner Gründe. Der totale Zusammenbruch erfolgte dann im Zeitalter der Kolonialisierung und nach dem ersten Weltkrieg. Was blieb, war der Islam, eine Religion auf sein Geschriebenes begrenzt.

Und so waren zwei Welten entstanden: ein Morgenland, das eine Religion besaß aber keine menschliche Kreativität, und ein Abendland, das nunmehr den Menschen das Terrain bot, Kreativität auf das Höchste entfalten zu lassen, aber das seine Religion eingebüßt hatte.

Denn das Christentum hatte sein eigenes Grab gegraben, als es die Religion von weltlichen Angelegenheiten trennte, was ihnen weitere Widersprüche und Entfremdung einbrachte und noch bringt. Zahlreiche Menschen finden sich infolgedessen nicht mehr im Christentum zurecht. Ihr Glaube ist abgeflaut. Die Kirchen sind nicht einmal halb gefüllt.

Und nicht selten wird heutzutage die Flucht vor dem Christentum durch einen Beitritt zum Islam kompensiert. Ein Phänomen, das die gesamte westliche Welt durchzieht. Aber was ist derart attraktiv am Islam? Besonders für Frauen? Was zieht westliche Menschen an, ihre sogenannte „freie“ Lebensweise aufzugeben? Geben sie denn überhaupt etwas auf? Ergänzen sie nicht etwa ihr Leben mit dem, was der Katholizismus ihnen genommen hat, sprich dem Glauben?

Da ist zum Beispiel das Dogma des Sühnetodes. Der Sühnetod, die angebliche Kreuzigung des Messias mit dem Ziel die Sünden der Menschen zu tilgen, wird von zahlreichen Menschen nicht verstanden und deshalb abgelehnt. Viele ziehen die islamische Lehre vor, die den Menschen auffordert gut zu handeln und Sünde zu unterlassen. Jeder Mensch muss sich lediglich für seine eigenen Taten vor Gott verantworten, er steht nur für das gerade, was er selber getan hat.

Abschreckend sind für viele ferner die Heiligenverehrung, der Kniefall vor dem Papst und der Kniefall vor dem Pastor während der Hostienverteilung. Für zahlreiche Menschen sind es Überreste aus dem Mittelalter und können mit einem Leben im einundzwanzigsten Jahrhundert gar nicht in Einklang gebracht werden. Im Islam sind demgegenüber Kniefall und Verbeugung vor niemandem erlaubt als vor Gott. Nur Gott ist würdig als der Schöpfer angebetet und verehrt zu werden. Diese Philosophie klingt logisch und zieht die Menschen an, die nach einem Sinn in ihrem Leben suchen.

Und abstoßend ist schließlich auch für viele der Glaube an die Dreifaltigkeit. Drei Götter oder einer? Drei anbetungswürdige Personen oder eine? Das ist die Frage, die Christen nicht klar und unmissverständlich beantworten können. Der Islam als pure monotheistische Religion macht es fassbar und deutlich, wenn er von den Gläubigen verlangt zu bezeugen, dass es keine Gottheit außer Den Einen Gott gibt.

In dem ersten Teil des vorliegenden Buches werden folgende historische Ereignisse beleuchtet: die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Christentums, seine Ausbreitung im Römischen Reich und später in Germanien, außerdem die Literaturgeschichte der neutestamentlichen Schriften und natürlich der Kontakt mit den Muslimen und dem Islam.

Andererseits werden die Ereignisse unmittelbar vor der Himmelfahrt des Messias beleuchtet, eine Apostelgeschichte nach gemeinsamer islamisch-biblischer Betrachtungsweise verfasst und die weitere Lebensweise der Nazarener bis zu ihrer Eingliederung in den Islam beschrieben.

Schließlich wird ein Großteil der geschichtlichen Darstellung der Biographie des letzten göttlichen Gesandten und Propheten, Muhammad, seiner wichtigsten Charaktereigenschaften, der Verbreitung des Islam auf der Arabischen Halbinsel und weit darüber hinaus sowie der Bildung eines Weltreichs gewidmet, dessen Grundgesetz, die Scharia, und dessen materieller Fortschritt auf den islamischen Regeln basierten.

Der zweite Teil des Buches befasst sich mit unserer Orientreise im Sommer 2009: von Mitteleuropa mit dem Wohnmobil nach Dubai. Gewiss waren die Reiseerlebnisse Zeugen unserer Weltanschauung. Überall, wo wir auf die christlich-islamische Vergangenheit trafen – ob in Istanbul, Iznik, Damaskus oder Jerusalem –, gab es nachdrückliche Spuren.

In Istanbul waren es die Stadtmauer und die Hagia Sophia, die an die byzantinische Epoche und besonders an die Einnahme durch die Muslime erinnerten. Bei der Überführung von einer Kirche in eine Moschee wurden Marien- und Jesusbildnisse zwar entfernt, aber aus Respekt glichen die neuen muslimischen Herren in feinster Kalligraphie geschrieben das Übertünchte mit Koranversen aus, die aus dem Leben des Messias und seiner Familie erzählen.

Osmanische Baukunst und die vier Monumente auf dem ehemaligen Hippodrom weisen auf die verschiedenen Augenblicke der Macht und Stärke der vorhergehenden Reiche hin. Letztere erweckten in uns den Gedanken an die Vergänglichkeit.

Weiter sollte man meinen, dass in der Stadt Iznik das Andenken an den Katholizismus groß ist, hier war der Geburtsort des Dreifaltigkeitsglaubens. Aber fern davon, in Vergessenheit geraten sind das erste und das zweite Konzil zu Nicäa nicht nur hier in der Türkei, sondern auch unter der Christenheit.

Nach dem Konzil und dem Sieg der Anhänger des Dreifaltigkeitsglaubens über den arianischen Monotheismus war der Stein ins Rollen gekommen: es gelangten mehr und mehr Neuerungen in die christliche Religion, und das aus Gutdünken und zur Machterweiterung der Kaiser und Päpste. Bildnisse wurden erlaubt angefertigt zu werden, Päpste und Heilige durften angefleht werden, Priester maßten sich an, Sünden im Namen Gottes zu vergeben, und vor dem Papst ging man in den Kniefall. So auch zum Beispiel das belgische Königsehepaar im Oktober 2009.

Die Türkei ist gefüllt mit historischen Stätten, welche auf Städte der römischen Vergangenheit hinweisen. In vielen dieser Orte war Paulus zu Hause gewesen. Aber nichts würde auf ihn hindeuten, wenn da nicht der Baustein des Römers Sergius Paulus wäre, auf den der sich dazumal noch nennende Saulus in Zypern traf. Warum nannte sich Saulus gerade ab diesem Treffen Paulus? Wurde er gar mit Sergius Paulus, dem Immobilienbesitzer, verwechselt? Und war gar das Zentrum seiner Wandermission Antiochien in Pisidien und nicht Antiochien am Orontes? Sollte gar die Paulusgeschichte eine ganz andere sein als wie Lukas sie sich vorstelle und aufschrieb? Viele interessante Fragen stellen sich und warten auf plausible Antworten, welche aber die gesamte christlichkatholische Auslegung zu Fall bringen könnten.

Damaskus, Jerusalem und Dubai waren nicht nur der Vergangenheit bekannt, sondern gerade sie sind die Städte des Orients, die eine große Rolle der Zukunft spielen. Oder spielen sie es schon?

Die Verkündigung des Propheten über die zukünftige Rolle Damaskus wartet darauf gehört und gelesen zu werden. Hier am weißen Turm im Osten der Altstadt wird der Messias Jesus, Sohn der Maria wiederkommen. Von hier aus wird er den Antichrist verfolgen und auf der Schwelle zur Stadt Lydda stellen.

Und in Jerusalem, der geheiligten Stadt, erlebten wir gesegnete Stunden auf der Esplanade der al-Aqsa-Moschee und des Felsendoms.

Hier beteten Jesus und seine Apostel, hier war Maria zu Hause, hier waren Zacharias, Zebedäus und Jakobus die wahren Hohepriester, die für das Volk Israels unermüdlich beteten. Eine Nische an der Ostseite der al-Aqsa-Moschee ist zu Ehren des Propheten und Hohepriester Zacharias eingerichtet worden. Er war der Vater des Täufers Johannes. Der Bau dieses Denkmals war ein religionsübergreifendes Vorgehen.

Hierher unternahm der Prophet des Islam, Muhammad, seine Nachtreise, und hierher kam der zweite Kalif, Omar ibn Chattab, im Jahre 636 von Medina demütig auf einem Maultier geritten, was Sacharja – das war kein anderer als Zacharias – der Tochter Jerusalem prophezeit hatte: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm, und reitet auf einem Esel“.

Omar kam zur Befreiung der Stadt vor den Römischen Besatzern. Zwischen dem Bischof und den Muslimen wurde ein Friedensvertrag unterschreiben, in dem Omar den Christen Religionsfreiheit zusicherte. Viele Menschen sahen in den Muslimen Befreier, nicht nur im Orient, sondern auch in Ägypten, da die Vertreter der byzantinischen Großkirche die kleineren lokalen Kirchen unterdrückten. Nestorianer, Jakobiten, Kopten u.a. waren von dem Einverleibtwerden in die katholische und byzantinische Kirche bedroht.

Ferner ist Arabien für jeden Muslim als die Wiege des Islam mit seinen Heiligen Städten Mekka und Medina interessant. Von alters her war Mekka die Stätte der Pilgerfahrt, Abraham sprach das berühmte Bittgebet aus, was bis auf den heutigen Tag erhört ist.

Während einer früheren Wallfahrt im Jahre 1986 erweckten unsere Erlebnisse und die Rituale die immer wiederkehrende Erinnerung an den Patriarchen.

Nach verschiedenen Erlebnissen während der Durchfahrt durch die Arabische Wüste mit ihrem Flair an Fata Morgana, Dromedaren und Wanderdünen, sei es bei Freunden in der Stadt Dammam, in einem Wüstensturm, zu Hause bei Beduinen oder während eines Freitagsgebetes kamen wir am 18.Juli 2009 vor der Stadt Dubai an.

Mit einem Minimum an historischen Kenntnissen der Region wurden wir gewahr, was einem Besucher über den Luftweg gewiss entgeht, nämlich der extreme Wandel im Lebensstil der ehemaligen Beduinen. Waren ihre Väter noch Schafhirten, lebten in Zelten und bewegten sich auf Dromedaren, so konkurrieren heute, nicht einmal fünfzig Jahre später, die Wüstensöhne im Hochhausbau, ein Phänomen, das selbst der Prophet im Dialog mit Erzengel Gabriel nicht zu erwähnen vergaß.

Im November 2012, Naima STENING

Teil I

Nazarener, Christentum und Islam

Ihre Geschichte und Beziehung zueinander

1. Der Patriarch Abraham

Es war das neunzehnte vorchristliche Jahrhundert. Im mesopotamischen Ur schickte ein Mann namens Azar gerade seinen Sohn, die soeben angefertigten Götzen zu verkaufen. Die Menschen hatten in ihren Häusern und im Tempel diese Steinfiguren ausgestellt, gaben ihnen Opfergaben, beteten und verneigten sich vor ihnen. Diese Verehrung war Bestandteil eines allgemeinen Kultes, zu dem ferner die Vergötterung des Herrschers und der Sterne gehörten. Dazu war sie auch ein Wirtschaftsfaktor, der den Leuten Reichtum brachte.

Dieser Sohn Azars hieß Ibrahim/Abraham. Schon von klein auf hasste er den Brauch seines Volkes und seiner Eltern. Er sann des Öfteren nach und kam zu dem Schluss, dass es einen Einzigen Transzendenten Gott geben muss, der das gesamte Universum geschaffen hat. Weder Himmelskörper, noch die Steingötzen, noch der König seien es würdig angebetet zu werden.

Natürlich galt der junge Mann in seinem Volk als ein Rebell, der sich sogar getraut hatte, am Tag des Festes die Götzen zu zerschlagen. Und anstatt Reue zu zeigen, hatte er es dann auch noch gewagt die Leute an der Nase herum zu führen. Diese forderten Bestrafung. Die Neigung zur Rebellion sollte in ihren Augen im Keim erstickt werden. Der König sprach den Richtspruch, und der lautete: Verbrennung auf dem Scheiterhaufen. Deshalb spendete jeder Haushalt Holz und Reisig, um ein riesiges Feuer zu speisen. Sie packten Abraham und schmissen ihn in die Feuersbrunst. In seinem tiefen Glauben erflehte der junge Abraham Hilfe von Gott. „Wenn du mir nicht hilfst, gibt esniemanden, der Dich anbetet,“ waren seine Worte. Und was geschah? Gott wollte seinen ergebenen Diener nicht seinen Feinden überlassen und befahl dem Feuer:

O Feuer, sei Kühlung und Unversehrtheit für Ibrāhīm.“

(Der Koran, 21, 69)

Die Flammen erloschen und Abraham trat wahrhaftig unbeschädigt aus den Gluten hervor. Diese sonderbare Rettung erweckte beim König Nimrod Neugierde, der Abraham zu sich ins Schloss lud. Jenem hatte Gott die Herrschaft über ein gewaltiges Reich verliehen. Aber anstelle in Demut und gerecht zu regieren, wollte er selbst vergöttert werden. Deshalb fragte er Abraham, wer denn sein Gott sei. Und…

…Ibrāhīm sagte:

„Mein Herr ist Derjenige,

Der lebendig macht und sterben lässt.“

Er (der König) sagte:

„Ich mache lebendig und lasse sterben.“

Ibrāhīm sagte:

„Allah bringt ja die Sonne vom Osten her;

so bringe du sie vom Westen her!“

Da war derjenige, der ungläubig war, verblüfft.

Und Allah leitet nicht das ungerechte Volk recht.

(Der Koran, 2, 258)

Abraham hatte bald keine Freude mehr am Leben in dem Land, wo Unglaube herrschte, und zog es vor, seinen vornehmen Lebensstil aufzugeben. Sein einziges Ziel war, Gott in Ruhe und auf ehrwürdige Weise anbeten und dienen zu können. Dieses war eine herausfordernde Entscheidung, aber Gott ließ sie nicht unbeachtet. Während sein Volk und der König bald in Vergessenheit gerieten, versprach Gott Abraham, dass er bis zum Ende der Zeiten den Menschen in Erinnerung und den Gläubigen als Vorbild in ihren Herzen bleiben werde. Seine leibliche Nachkommenschaft werde bei Weitem die Anzahl der Menschen seines Volkes überschreiten.

Abraham hatte sein Leben gemeistert, nun seien diejenigen an der Reihe, die sich Nachfolger des rechten Glaubens nennen wollen und Abraham als Beispiel nehmen.

Wer hätte eine bessere Religion,

als wer sein Gesicht Allah hingibt

und dabei Gutes tut

und dem Glaubensbekenntnis Ibrāhīms folgt,

(als) Anhänger des rechten Glaubens?

Und Allah nahm sich Ibrāhīm zum Freund.

(Der Koran, 4, 125)

So brach Abraham mit seiner jungen Familie vom chaldäischen Ur in Mesopotamien auf und begab sich auf dem Weg des fruchtbaren Halbmondes in Richtung Kanaan, wo er sich ansiedelte. Er verließ seine Familie und ein behagliches Leben, um irgendwo in der Fremde einer neuen, ungewissen Zukunft entgegen zu blicken. Und er wurde nicht enttäuscht, Gott gab ihm eine neue Heimat in Kanaan, machte ihn zu Seinem auserwählten Propheten und schenkte ihm zwei Söhne, denen Er ebenfalls das Prophetenamt gab.

Abraham war schon betagt, als ihm seine Zweitfrau Hagar einen Sohn gebar, den älteren Ismael. Einmal wieder sollte Abraham seinen uneingeschränkten Glauben unter Beweis stellen, als er in absoluter Gehorsamkeit gegenüber Gottes Willen seinen einzigen und soeben geborenen Sohn Ismael und dessen Mutter im fernen Arabien, nahe des Berges Paran ansiedelte. In Demut und mit Zuversicht machten sich alle drei ohne wenn und aber auf den Weg. Hagar wusste von ihrem Gatten, dass es göttliche Bestimmung war, und akzeptierte die Auswanderung aus dem zivilen Schutz der befestigten Ortschaft in die menschenfeindliche Wüste, allein mit einem Säugling und mit Wasser und Nahrung für nur einige Tage. Aufrichtigen Glaubens an Gott, absoluter Gehorsam und Ergebung in das, was Gott vorgeschrieben hat, willig mit jedem Akt das Wohlgefallen Gottes zu erlangen und dankend für die kleinen und großen Wohltaten, legten sie ein beispielloses Verhalten an den Tag, Islam in der Form seiner höchsten Stufe. Sie setzten ihr einziges Vertrauen in Gott und zeigten Zuversicht, dass Gott sie am Leben erhalten werde.

Als Abraham allein die Rückreise angetreten hatte, blickte er noch einmal zurück. Er erhob seine Hände gen Himmel und betete:

Unser Herr,

ich habe einen Teil meiner Nachkommenschaft

in einem unfruchtbaren Tal

bei Deinem heiligen Haus angesiedelt,

unser Herr, damit sie das Gebet verrichten;

so erfülle die Menschenherzen mit Liebe zu ihnen

und versorge sie mit Früchten,

damit sie dankbar sein mögen.

(Der Koran, 14, 37)

Als dann wie erwartet die Wasservorräte sich dem Ende neigten, wurde Hagar dennoch unruhig. Sie ließ ihren Sohn bei ihrem Camp zurück und begab sich auf den nahen Hügel, um Ausschau zu halten. Sie lief auf den zweiten Hügel, in der Hoffnung einen Ausweg zu finden, sah nichts und kam wieder zurück. Das machte sie sieben Mal, bis sie neben ihrem Sohn ein Wasserplätschern wahrnahm. Tatsächlich hatte Gott eine Wasserquelle aus dem trockenen Wüstensand hervorsprudeln lassen. Sie dankte Gott für diese wunderbare Fürsorge, erfrischte sich an dem Quellwasser und gab ihrem Sohn zu trinken. In ihrer Furcht es könnte abfließen, baute sie ein Mäuerchen um die Quelle herum und sprach „Samsam“ Fließe nicht über!

Und da, wo es Wasser gab, siedelten sich auch weitere Menschen an. Es kam ein arabischer Stamm aus dem Jemen und fasste hier mit Hagars Erlaubnis Fuß. So ging Abrahams Fürbitte um Ernährung für sie und Ismael in Erfüllung.

Einige Jahre später zeigte Abraham einmal mehr seine Hingabe in Gottes Willen, als er den göttlichen Auftrag erhielt seinen einzigen Sohn zu opfern. Wieder hielt ihn nichts ab, diesen Befehl auszuführen. Als er aber seine äußerste Ergebenheit unter den göttlichen Willen gezeigt und Ismael, seinen einzigen Sohn, mit dem Gesicht nach unten niedergeworfen und das Messer an seine Schlagader gelegt hatte, da streikte die Klinge. Auf diese Weise gebot Allah Einhalt, nachdem Abraham die Prüfung bestanden hatte. Allah nannte Abraham daraufhin Seinen Freund und versprach ihm, seine Nachkommen zahlreich zu vermehren. Erst danach wurde ihm durch den Engel des Herrn sein zweiter Sohn Isaak verkündet. Die Geschichte lässt sich in Sure 37 ab dem 83. Vers nachlesen.

Zu seiner Gemeinde gehörte fürwahr Ibrahim.

Als er zu seinem Herrn mit heilem Herzen kam.

„…Mein Herr, schenke mir einen

von den Rechtschaffenen.“

Da verkündeten Wir ihm einen nachsichtigen Jungen.

Als dieser das Alter erreichte, dass er mit ihm laufen konnte,

sagte er: „O mein lieber Sohn, ich sehe im Schlaf,

dass ich dich opfere.

Schau jetzt, was du (dazu) meinst.“

Er sagte: „O mein lieber Vater, tu, was dir befohlen wird.

Du wirst mich, wenn Allah will,

als einen der Standhaften finden.“

Als sie sich beide ergeben gezeigt hatten

und er ihn auf die Seite der Stirn niedergeworfen hatte,

riefen Wir ihm zu:

„O Ibrahim, du hast das Traumgesicht bereits

wahr gemacht.“

Gewiss, so vergelten Wir den Gutes Tuenden.

Das ist wahrlich die deutliche Prüfung.

Und Wir lösten ihn

mit einem großartigen Schlachtopfer aus.

Und Wir ließen für ihn (den Ruf) unter den späteren (Geschlechtern lauten):

„Friede sei auf Ibrahim!“

So vergelten Wir den Gutes Tuenden.

Er gehört ja zu Unseren gläubigen Dienern.

Und Wir verkündeten ihm Isḥāq als einen Propheten von

den Rechtschaffenen.

Und Wir segneten ihn und Isḥāq.

Unter ihrer Nachkommenschaft gibt es manche,

die Gutes tun,

und manche, die sich selbst offenkundig Unrecht zufügen.

(Der Koran, 37, 83)

Desgleichen bestätigt die Bibel die Reihenfolge der Ereignisse: Abraham war bis ins hohe Alter kinderlos, dann gebar ihm Hagar den Ismael, der vierzehn Jahre lang sein einziger Sohn war. In dieser Zeit schloss Gott mit Abraham Seinen Bund, dessen Zeichen die Beschneidung alles Männlichen war, und versprach Abraham seine zahlreichen Nachkommen und das gelobte Land. Auch Abrahams Bereitschaft, seinen einzigen Sohn zu opfern, fiel in diese Zeit. Denn der zu Opfernde war noch sein einziger Sohn.

Sieh doch zum Himmel hinauf und zähl die Sterne,

wenn du sie zählen kannst…

So zahlreich werden deine Nachkommen sein.

….

An diesem Tag schloss der Herr mit Abram folgenden

Bund: Deinen Nachkommen gebe ich dieses Land

vom Grenzbach Ägyptens bis zum großen Strom Euphrat,

(das Land) der Keniter,… der Jebusiter.

(Altes Testament, 1 Mose 15, 18-21)

Weil du dies getan und deinen Sohn, deinen einzigen,

nicht verschont hast,

darum will ich dich reichlich segnen

und deinen Samen mächtig mehren,

wie die Sterne am Himmel

und wie den Sand am Ufer des Meeres;

(Altes Testament, 1 Mose 22, 16-17)

Erst danach, als er wieder in Kanaan zurück war, versprach ihm Gott die Geburt Isaaks, seines zweiten Sohnes. Dieser wurde nicht an einem fernen Ort angesiedelt, sondern blieb in seines Vaters Haus. Er sollte ebenfalls Vater zahlreicher Nachkommen werden, nicht in Arabien, sondern in Kanaan.

Bevor Abraham starb, begab er sich ein weiteres Mal von Kanaan nach Arabien und baute mit Ismael das erste Gotteshaus, die Kaaba, nannte die Stätte Baka (Mekka), bat Gott für diesen Ort um Frieden und Lebensunterhalt und rief die Menschen zur Wallfahrt dorthin auf.

Das erste Gotteshaus, das für die Menschen gegründet

wurde,

ist wahrlich dasjenige in Baka,

als ein gesegnetes (Haus)

und eine Rechtleitung für die Weltenbewohner.

….

Es ist der Standort Ibrahims.

(Der Koran, 3, 96-97)

Im gleichen Sinn erklärt ebenfalls der Schreiber des 84. Psalms in den Versen 6 bis 8:

Wohl den Menschen, die Kraft finden in Dir,

wenn sie sich zur Wallfahrt rüsten,

dann ziehen sie durch das Tal Baka (Mekka)

(hebräisch: Emek Baka),

und es wird für sie zum Quellgrund,

und der Frühregen bedeckt es mit Segen.

Sie schreiten dahin mit wachsender Kraft,

(Altes Testament, Psalm 84, 6-8)

Das berühmte Bittgebet Abrahams für die Stadt Baka und seine Einwohner lautete wie folgt:

Und als Abraham sagte:

„Mein Herr, mach dies zu einem sicheren Ort

und gib Früchte den dort Wohnenden,

wer von ihnen an Allah und den Jüngsten Tag glaubt“,

sagte Er:

„Auch den, der ungläubig ist,

werde Ich für kurze Zeit versorgen,

alsdann ihn ausliefern der Bestrafung des Feuers;

und welch ein schlechtes Los ist das!“

Und als Abraham mit Ismael die Grundmauern des Hauses

errichtete (sprach er):

„Unser Herr, nimm von uns an;

denn wahrlich, Du bist der Allhörende, der Allwissende.

Und unser Herr, mach uns Dir ergeben (islamisch)

und aus unserer Nachkommenschaft eine Gemeinde,

die Dir ergeben (islamisch) ist.

Und zeige uns, wie wir Dich anbeten sollen

und wende uns Deine Gnade wieder zu;

denn wahrlich, Du bist der gnädig Sich-wieder-Zuwendende,

der Barmherzige.

Und, unser Herr,

erwecke unter ihnen einen Gesandten aus ihrer Mitte,

der ihnen Deine Worte vorträgt

und sie das Buch und die Weisheit lehrt und sie läutert;

denn wahrlich, Du bist der Allmächtige, der Allweise.

(Der Koran, 2, 125-129)

In den anschließenden Jahren wurden Ismael in Mekka zwölf Söhne geboren, zwölf Stammväter, die sich in der folgenden Zeit auf der Arabischen Halbinsel, in Mesopotamien und im Ostjordanland ansiedelten. Besonders die Volksstämme, die auf seine beiden Söhne Nabit und Kedar zurück gehen, kann man lokalisieren. Die Nabatäer siedelten sich im heutigen Jordanien an, aus denen eine große Zivilisation mit Hauptstadt Patra wurde. Sie konnten sich bis zum nachchristlichen Zeitalter gegen die Römer behaupten. Aus Kedar entsprangen die Quraisch, die in Mekka blieben, die Banu Tamin, die sich in Bahrein und in Basra ansiedelten, die Banu Hanifa, die sich im zentralarabischen Jamamah verbreiteten, die Taghlibiten, die sich entlang des Euphrats ausdehnten, der Volksstamm Bakr, der sich ebenfalls im heutigen Irak niederließ, sowie der Stamm Asad im irakischen Kufa. Andere Nachkommen Ismails verschmolzen mit südarabischen Stämmen und zerstreuten sich auf der Arabischen Halbinsel.

Isaak hatte dagegen zwei Söhne, den Esau und den Jakob. Esau wurde Stammvater der Edomiter, die sich südlich des Toten Meeres ansiedelten. Jakob blieb zunächst im nördlichen Kanaan, hatte zwölf Söhne, wanderte aber dann nach Ägypten aus. Das war um das sechzehnte oder siebzehnte vorchristliche Jahrhundert. Dort vermehrten sich seine Nachkommen, bis inmitten des dreizehnten vorchristlichen Jahrhunderts Moses geboren wurde und den Volksstamm vermutlich am Ende des dreizehnten Jahrhundert v.Chr. aus Ägypten herausführte. Dieser Stamm nannte sich nunmehr, auf Jakob Bezug nehmend, Kinder Israels. Auf diese Weise stellte das Volk Israels ein Vierzehntel aller Söhne und Töchter Abrahams dar.

Abraham und seine Familie waren die Anhänger des puren Monotheismus, nicht nur nach Worten, sondern auch in der Praxis. Nicht nur glaubten sie an den Einen Gott, sondern sie gestalteten auch ihr Leben in der absoluten Unterwerfung unter alles, was Gottes Wille war. Da sie wussten, dass Gottes Wille absolut und heilbringend ist, erwiesen sie festes Vertrauen in die göttlichen Bestimmungen, die sie im Ermessen ihrer Möglichkeit demütig und geduldig akzeptierten und ertrugen. Diese ihre Lebenseinstellung und Religion waren wiegesagt Islam in seiner äußerst reinen Form. Damit waren Abraham und seine Familie Muslime in perfekter Gestalt und lauteren Glaubens.

Ebenso die darauffolgenden Propheten und Völkergemeinschaften: zeigten sie sich in ihrem Glauben an den Einzigen und Transzendenten Gott standhaft, demütig und unterworfen, so waren sie Muslime. Ihre Anerkennung wird im Koran bestätigt. Muslime gibt es, seitdem es Menschen gibt. Erst im Jahre 610 christlicher Zeitrechnung bestimmte Gott Muhammad als Endzeitprophet. Er sollte endlich den Menschen Seine Universalreligion bringen. So war Muhammad nicht der Gründer der islamischen Religion, sondern das Siegel, der letzte in der langen Reihe der Propheten.

Demzufolge sind Beschränkungen auf ein Volk, auf eine Person, auf eine bestimmte Zeit oder ähnliche Ausschließlichkeitscharaktere dem Islam fremd. Islam heißt nichts anderes als Unterwerfung unter Gott, und Muslim bedeutet nichts als der sich Gott Unterwerfende. Mohammedaner ist daher ein Wort ohne Sinn und dem Sprachgebrauch der Muslime fremd.

Und in dieser Hinsicht wird den Gläubigen nahegelegt, Abrahams Religion in Glaube und Tat zu befolgen. Und den Leuten der Schrift – Juden wie Christen – wird angeraten nicht über Abraham zu streiten, da er weder Jude noch Christ war. Judentum und Christentum habe es ja zu jener Zeit noch gar nicht gegeben. Ihnen gilt die göttliche Aufforderung nachzudenken und die Sache zu begreifen, dass der Patriarch Abraham ein Muslim war.

Sag:

Allah hat die Wahrheit gesprochen.

So folgt dem Glaubensbekenntnis Ibrahims,

(als) Anhänger des rechten Glaubens,

und er gehörte nicht zu den Götzendienern.

(Der Koran, 3, 95)

O Leute der Schrift, warum streitet ihr über Ibrahim,

wo die Thora und das Evangelium erst nach ihm

(als Offenbarung) herab gesandt worden sind?

Begreift ihr denn nicht?

Ibrahim war weder ein Jude noch ein Christ,

sondern ein Anhänger des rechten Glaubens,

einer, der sich Allah ergeben hat (Muslim),

und er gehörte nicht zu den Götzendienern.

(Der Koran, Sure 3, Verse 65 und 67)

In den folgenden Jahrhunderten vermehrten sich Abrahams Nachfahren, dass sie wahrhaftig so zahlreich wurden, wie die Sterne am Himmel oder der Sand am Meer: die Nabatäer, Edomiter, Ghassaniden und die Kinder Israels im Orient, die restlichen von Ismael abstammenden Araber auf der Arabischen Halbinsel und in Mesopotamien. Um das erste Jahrtausend vor Christus verbreiteten sich diese Volksstämme dann auch entlang der Ostküste des afrikanischen Kontinents aus, von Äthiopien im Süden bis nach Ägypten im Norden. Schon der griechische Historiker Herodotus schloss die Völker der ostägyptischen Wüste zwischen Nil und Rotem Meer mit in die arabische Bevölkerung ein.

Diese Volksstämme bezeichneten sich in ihrer Gesamtheit als die Araber und der Volksstamm Jakobs als die Hebräer. Dass sie eine gemeinsame Abstammung hatten, ist nicht nur historisch belegt, sondern lässt sich auch sprachgeschichtlich und sprachvergleichend dokumentieren. Araber und Hebräer sind verbrüdert, zahlreiche Wörter ähneln sich noch heute in beiden modernen Sprachen.

Vom Süd-Ost-Taurusgebirge im Norden bis zum Süden Arabiens, vom Euphrat im Osten bis zum Nil im Westen erstreckt sich noch heute das Siedlungsgebiet der Nachfahren Abrahams. Damit ging Gottes Bund mit Abraham in Erfüllung, der im fünfzehnten Kapitel des Buches Genesis beschrieben ist.

2. Die Kinder Israels

Und Wir verkündeten ihm(Abraham) Isḥāq

als einen Propheten von den Rechtschaffenen.

Und Wir segneten ihn und Isḥāq.

Unter ihrer Nachkommenschaft gibt es manche,

die Gutes tun, und manche,

die sich selbst offenkundig Unrecht zufügen.

(Der Koran, 37, 112-113)

Die Geschichte der Völker nach Abraham wird im Koran bestätigt, besonders des Volkes Israels, das Gott wie kein anderes für eine Zeit von über fünfzehn Jahrhunderten bevorzugte. Gott segnete dieses Volk besonders durch die Sendung von zahlreichen Propheten.

Zunächst blieben sie weiterhin in Kanaan angesiedelt. Isaak mit seinen Söhnen, Esau und Jakob, und deren Familien. Jakob hatte zwölf Söhne, die zwölf Patriarchen oder al-Asbat. Diese wanderten während einer Hungersnot nach Ägypten aus. Die Geschichte Josephs, Sohn des Jakobs, ist Christen sowie Muslimen wohl bekannt. Das war um das sechzehnte oder siebzehnte vorchristliche Jahrhundert. Bis inmitten des dreizehnten vorchristlichen Jahrhunderts vermehrte sich die Familie zu einem großen Stamm, in den Moses hinein geboren wurde und den er vermutlich am Ende des dreizehnten Jahrhunderts v.Chr. aus Ägypten herausführte. Dieser Stamm nannte sich nunmehr, auf Jakob Bezug nehmend, Kinder Israels.

Nach diesem Exodus begannen einige wichtige Ereignisse in der Geschichte dieses Volkes, der Brüder der Edomiter und der arabischen Stämme. Wohin sollte sie Moses führen? Sie hatten doch kein Land. Gott versprach ihnen das Land Kanaan. Auf dem Weg dorthin offenbarte Gott dem Moses auf dem Berg Sinai die Thora, eine Anleitung in Glaubenssachen und Verhaltensregeln. Aber einige Leute aus dem Stamm Israels wurden rebellisch, was Gott dazu veranlasste, sie vierzig Jahre in der Wüste umher irren zu lassen. Moses legte ihnen nahe, die Thora zu beachten und den künftigen Propheten zu folgen, welche Gott aus ihrer Mitte zu ihrer Rechtleitung senden werde. Aber für die ferne Zukunft prophezeite Moses seinem Volk:

Gott, der Herr wird dir (dem Volk) einen Propheten wie

mich (Moses) aus deinen Brüdern

(den Kindern Ismails) erwecken;

dem sollt ihr gehorchen.

(Altes Testament, 5 Moses, 18, 18 und 19)

Die Sendung dieses Endzeitpropheten werde an die Völker der Erde gerichtet sein. Sie werden wie ein Haus sein, an dem die Nachkommen Israels ein Eckstein sind.

Um die Mitte des zwölften Jahrhunderts, nachdem Moses gestorben war, erhielten die Kinder Israels von Gott den Befehl, unter Joshua das versprochene Land zu erobern. Sie taten es, nachdem sie sich zunächst widersetzt hatten, und wurden aufgefordert ihren Besitz in Demut von Gott anzunehmen:

„Werft euch nieder

und bittet Gott um Vergebung für eure Sünden,

dann geben Wir euch gute Dinge“

(Der Koran, 2,58).

Sogar im fünften Buch Mose wird bekräftigt, dass Gott ihnen nur solange das Land zum Besitz gebe, solange Er sie dazu würdig hielt, nicht etwa aufgrund eines Rechtsanspruchs. Und so erinnert Gott daran, dass, sobald sie sich Ihm wieder in irgendeiner Weise widersetzten, Er hart gegen sie vorgehen werde.

Etwa ein Jahrhundert später gründete David als Prophet und König über das Volk Israels den ersten Staat und ernannte Jerusalem die Hauptstadt. Sein Sohn Salomon, ebenfalls Prophet und König, erweiterte um die Jahrtausendwende das Land zu einem Reich. Auf dem Berg Moria gründete er das Heiligtum, das als erste Gebetsrichtung diente. Mit seinem Tod war aber schon der Höhepunkt überschritten und das Land brach entzwei.

In den folgenden Jahrhunderten verbreitete sich das Volk Israels innerhalb Kanaans, lebte entsprechend dem Wort Gottes, niedergeschrieben in der Thora.

Dann wurde im Jahre 622 vor Christus ein gefälschtes Buch in Umlauf gebracht, von dem man behauptete es sei die Thora. Der Oberpriester Hilkia schrieb mit dem Einverständnis des Königs Josia eine Schrift, die einen neuartigen und zentral ausgerichteten Tempelkult, die Einzigartigkeit des Volkes Israels und seinen exklusiven Anspruch auf das gelobte Land unterstrich. Anstatt weiterhin die fromme Beziehung des Gläubigen zu seinem Gott in den Mittelpunkt zu stellen, entwickelten die Fälscher ein neues Verständnis der Religion, sie machten sie zu einer kultischen Staatsreligion. Der individuelle oder kollektive, aber persönliche Gottesdienst, den einst der Betende unabhängig seines geographischen Befindens ausführte, wurde durch einen zentralen Tempelkult in Jerusalem ersetzt. Dieser gehörte zusammen mit seinen diversen Opferriten einem starren Nomismus an. Das göttliche Versprechen an Abraham, all seinen Nachkommen Platz im gelobten Land zwischen Nil und Euphrat zu schenken, wurde fälschlicherweise nur auf Israel reduziert. Und eine neue Heilsgeschichte wurde geschrieben, die besagte, dass Gott Israel aus allen Völkern vorzöge und aus Liebe zu ihm die Weltgeschehnisse stets zu dessen Vorteil ausführe.

In der Tat, so mahnten jedoch die Propheten nachdrücklich, verlange Gott von ihnen Demut, aber viele aus dem Volk hielten sich nicht daran und wurden hochmütig.

Und auf diese mutwillige Fälschung, die Historiker galant deuteronomische Reform nennen, nimmt folgender Koranvers Bezug:

Doch da tauschten diejenigen von ihnen,

die Unrecht taten,

das Wort gegen ein anderes aus,

das ihnen nicht gesagt worden war.

Und da sandten Wir auf sie

eine unheilvolle Strafe vom Himmel hinab

dafür, dass sie Unrecht zu tun pflegten,

(Der Koran, 7, 162)

Jedoch war die Folge auf diese mutwillige Fälschung eine harte Strafe: Im Jahre 587 zerstörte der Babylonier König Nebuchodnezor die gesamte Stadt und den Tempel, machte sie dem Erdboden gleich und deportierte einen Teil des Volkes nach Babylon. Aber anstatt Reue über die Fälschungen zu zeigen und den Propheten, die Gott immer wieder sandte, zu gehorchen, verharrten sie auch während des Exils im Unglauben. Sie gründeten eine neue Religion, den Judaismus, und identifizierten sie mit ihrer Stammeszugehörigkeit.

Während dieser Zeit lebte Daniel, ein weiser und frommer junger Mann aus dem Volk Israels, am Hof des Königs Nebuchodnezor. Eines Tages offenbarte Gott Seinem Propheten Daniel die Zukunft anhand einer nächtlichen Vision des Königs: dass eine Statue aus goldenem Haupt, silberner Brust, bronzenem Körper und Beinen aus einem Gemisch von Eisen und Ton von einem Stein, der sich von einem Berg gelöst hatte, getroffen und zermalmt wurde, so dass nichts als Staub übrig blieb, den der Wind forttrug. Die Auslegung war, dass die vier Teilstücke des Standbildes vier künftige Reiche darstellen sollten: das goldene Haupt sei Nebuchodnezor selber. Drei Reiche sollten dem Babylonischen folgen, von denen das letzte ganz besonders sei, stark wie Eisen einerseits aber brüchig wie Ton andererseits. Es werde trotz seiner Stärke auseinanderbrechen, selbst wenn die Leute beider Seiten durch Heiraten versuchten sich aneinander zu binden. Was aber den sich losgelösten Stein betraf, der die Statue vernichtet hatte, so fügte der Engel die Worte hinzu: Zur Zeit jener Könige wird aber der Gott des Himmels ein Reich errichten, das in Ewigkeit nicht untergeht; dieses Reich wird er keinem anderen Volk überlassen. Es wird alle jene Reiche zermalmen und endgültig vernichten; selbst wird es aber in alle Ewigkeit bestehen.

Danach prophezeite Daniel eine zweite Serie zukünftiger Ereignisse ebenfalls in Form von Bildnissen: vier ungeheure Tiere stiegen aus dem Meer empor. Wieder war das vierte von ihnen besonders, da es das schrecklichste war und zehn Hörner hatte. Aber das Außergewöhnliche daran war, dass zwischen ihnen ein elftes, kleineres Horn emporwuchs und drei von den früheren Hörnern ausriss. Es hatte Menschenaugen und ein Maul, das anmaßende Worte gegen Gott redete. Ein Engel erklärte ihm daraufhin, dass vier Weltreiche aufeinanderfolgen werden, von denen das vierte ein sehr brutales ist. Es erobert und zermalmt die Welt. Zehn Könige gehen aus ihm hervor, bevor ein elfter drei andere stürzt. Er ist Alleinherrscher und unterscheidet sich von seinen Vorgängern, dass er gegen Gott anmaßende Worte sagt und die Festzeiten und das Gesetz ändert. Für dreihundertfünfzig Jahre werden in seinem Sinne Gottes frommen Diener bekämpft und schließlich überwältigt werden. Ihm werden die Heiligen für eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit ausgeliefert. Dann entscheidet Gott Gericht zu halten. Bücher werden aufgeschlagen, und das Tier wegen der anmaßenden Worte, die das Horn redete, vernichtet. Ein Menschen Sohn erscheint, dem Würde und ein ewiges Königreich gegeben wird. Den Heiligen des Höchsten aber wird Recht verschafft und sie werden siegreich sein. Ihnen gehört die Macht, und die Völker der Erde hangen ihnen an. Am nächsten Morgen schrieb Daniel seinen Traum auf.

Achtzig Jahre später, im Jahre 550 vor unserer Zeitrechnung überrannten die Perser das Babylonische Reich. Der Perserkönig Darius ließ das Volk Israels wieder nach Judäa zurück kehren. Dort bauten sie auf dem Platz, wo einst das von Salomo gebaute Heiligtum gestanden hatte, ein neues Gotteshaus, das allgemein als der zweite Tempel bekannt ist. Der Opferkult wurde ein wesentlicher Bestandteil ihrer Religion, obwohl die Propheten immer wieder versicherten, dass es in Gottes Augen ein Gräuel ist, das Fleisch der geschlachteten Tiere zu verbrennen. Lediglich solche Kulthandlungen, darunter das Opfern von Tieren, die ein Ausdruck von Gottesfurcht sind und dazu dienen, seine Familie und Bedürftige zu ernähren, ist ein Teil der von Gott geoffenbarten Religion.

Und verkündige frohe Botschaft denjenigen,

die sich demütigen,

denjenigen, deren Herzen sich vor Ehrfurcht regen,

wenn Allahs gedacht wird,

die das standhaft ertragen, was sie trifft,

das Gebet verrichten und von dem,

womit Wir sie versorgt haben, ausgeben.

Und die Opferkamele haben Wir euch

zu Kultzeichen Allahs gemacht…

dann esst davon und gebt dem bescheidenen

und dem fordernden Armen zu essen.

So haben Wir sie euch dienstbar gemacht,

auf dass ihr dankbar sein möget,

(Der Koran, 22, 34-36)

Aber wenn es darum geht, im sturen Nomismus das Fleisch zu verbrennen und das Blut zu versprengen, um angeblich Gottes Wohlgefallen zu erlangen, dann antwortet Er ihnen:

Weder ihr Fleisch noch ihr Blut werden Allah erreichen,

aber Ihn erreicht die Gottesfurcht von euch.

(Der Koran, 22, 37)

Die erfundenen Kulthandlungen brachten einigen Juden viel Geld ein, so dass ebenfalls das wirtschaftliche Interesse groß war. Als dann aber die Propheten ihnen widersprachen, so das Buch Amos, verbaten die Juden ihnen sogar, das auszuführen, wofür sie von Gott gesandt worden waren und sprachen: „Ihr dürft nicht mehr als Propheten auftreten“ (A.T. Amos, 7). Und Gottes prompte Antwort lautete: „Mein Volk Israel ist reif für das Ende. Ich verschone es nicht noch einmal.“

Im Jahre 330 vor unserer Zeitrechnung begann Alexander der Große sein Großreich aufzubauen. Von Mazedonien aus eroberte er in wenigen Jahren Kleinasien, den Orient, Ägypten und ganz Persien bis zum Fluss Hindus. Die griechische Sprache und Kultur breitete sich unter den eroberten Völkern aus. Davon war auch das Volk Israels betroffen, das sich in den vergangenen zwei Jahrhunderten vom Schlag durch Nebuchodnezor erholt und sich innerhalb und außerhalb Judäas verbreitet hatte. Große jüdische Gemeinden waren in Alexandrien, Antiochien, Babylon, Tarsus, Damaskus, Ephesos, und anderen Städten entstanden. Dort kamen sie mit dem Hellenismus in Kontakt und nahmen die griechische Sprache an; einige Juden hatten sogar ihre Religion aufgegeben und trugen griechische Namen. Andere wiederum versuchten zwischen jüdischer Religion und Hellenismus Brücken zu schlagen, sie begannen die konkret gedachte Religion allegorisch auszulegen und philosophisch zu unterwandern. Eines ihrer wichtigsten Zentren war die Alexandrinische Schule, an dessen Spitze der Jude Philo stand.

Mitte des zweiten Jahrhunderts vor Christus begann für die Dauer eines Jahrhunderts eine Zeit der Selbstregierung des Volkes Israels. Aber Thronstreitigkeiten führten dazu, dass im Jahre 63 vor unserer Zeitrechnung der römische General Pompeius Judäa in das Römische Reich einverleibte. Während dieser letzten vorchristlichen Jahrzehnte hatten sich im Volk Israels zwei Sekten herausgebildet, die Sadduzäer und die Pharisäer. Die Sadduzäer stellten die wohlhabende, konservative, priesterliche Oberschicht, die dem Tempelkult anhang. Die Pharisäer waren dem strengen Nomismus verbunden. Aus ihnen traten die Gesetzeskundigen hervor, die für jede Situation wieder und wieder neue Regeln und Richtlinien schufen.

Sadduzäer, Pharisäer und Schriftgelehrte waren sich jedoch in einer Sache einig, in der Annahme, dass sie das von Gott erwählte Volk seien, vor allen Völkern bevorzugt. Die von Gott verlangte Demut wurde von ihnen unterdrückt und aus den Schriften gestrichen. Stattdessen behaupteten sie, sie hätten von Gott den Rechtsanspruch auf das Heilige Land, sie seien einzig und allein die legitimen Nachkommen Abrahams. Ismael zähle nicht als Abrahams Sohn, da er als Sohn der Magd ausgestoßen worden sei. Und Esau zähle auch nicht, da er sein Erstgeburtsrecht an Jakob verkauft habe. Moses Prophezeiung des Endzeitpropheten aus ihrem verbrüderten Volk wurde ignoriert. Man wartete lediglich auf den Messias, von dem man annahm er sei der Endzeitprophet aus dem eigenen Volk, der in ihrem Sinne predigt. Es sollte jedoch anders kommen als erwartet, denn Gott lässt sich nicht den Verlauf der Geschichte vorschreiben.

Es gab auch fromme Männer und Frauen, die für eine reine und unverfälschte Religion eintraten und eine neue Gemeinde gründeten. Sie zogen sich in die Abgeschiedenheit zurück und distanzierten sich von dem unfrommen Leben in und um Jerusalem. In dieser Situation warteten sie auf den verkündeten Messias.

Man weiß außerdem von der in Jerusalem lebenden und von Aaron abstammenden priesterlichen Familie. Nur ihnen sollte das Amt des Hohepriester vorbehalten sein. Ein Ast dieses Stammbaums zweigte bei Simeon Zadok, dem Gerechten, ab. Seine Nachfahren sind unter der Bezeichnung Zadok-Söhne bekannt. Die sechste Generation über seinen Sohn Achim waren die Söhne des Jakob Eliemus Ben Phabet, Imran und Joseph Kleopas. Imran war der biblische Joachim. Er war mit Anna verheiratet. Zunächst kinderlos bekamen sie nach einem Gelöbnis doch ein kleines Mädchen, das sie Maria nannten. Joseph Kleopas, der ältere von beiden, hatte vier Söhne: Jakob, Simon, Judas und Joseph. Mit großer Wahrscheinlichkeit waren Judas und Joseph Zwillinge. Zur selben Familie gehörten Jakob Eliemus Bruder, Haggai Ben Phabet, und seine beiden Söhne Zacharias und Zebedäus. Zacharias war mit Elisabeth verheiratet und bekam im hohen Alter einen Sohn, den er Yahya nannte, das ist der biblische Johannes, der Täufer. Zebedäus, wahrscheinlich der jüngere von beiden, war der Vater Johannes und Jakobs. Maria und Elisabeth waren Cousinen, dadurch waren Jesus und Johannes, der Täufer Großcousins. Damit war Joseph Kleopas Marias Onkel und nicht ihr Verlobter.

Im ersten vorchristlichen Jahrhundert stellten allerdings nicht rechtmäßige Familien die Hohepriester. Diese wurden zuerst durch die hasmonäische Königsfamilie gestellt, dann durch die herodianischen Könige und zuweilen sogar von den römischen Statthaltern ernannt. Das waren dann eher politische Entscheidungen, hatten aber mit religiösen Verpflichtungen nichts zu tun. Dennoch belegte zum Ende des ersten vorchristlichen Jahrhunderts Zacharias, Sohn des Haggai das Hohepriesteramt. Wahrscheinlich ist er eine Zeitlang ein Gegenhohepriester gewesen.

Zacharias befand sich im Heiligtum, er hatte dort seinen Dienst, als Imran und seine Frau Anna das kleine Mädchen, Maria dort abgaben, sie sollte dem Gotteshaus geweiht sein. Er nahm sich ihrer an, sorgte für sie und ließ sie dort in einem Zimmer wohnen, das als Gebetsnische eingerichtet war. Sie widmete sich dort der Anbetung Gottes.

Zacharias war von Gott als Prophet erwählt, nachdem das Volk zahlreiche Jahre ohne Prophet hatte auskommen müssen. Er predigte die Thora, berichtigte die Fälschungen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten eingeschlichen hatten, und kündigte das baldige Auftreten des Endzeitpropheten aus dem Geschlecht Ismael an. Dann werde es Schluss mit der römischen Besatzung sein und auch Schluss mit dem Unglauben. Die Einwohner Jerusalems werden in Frieden leben können. Diese Worte waren für die Juden aber wie ein Stachel im Fleisch, niemals konnten sie auch nur annähernd akzeptieren, dass der Endzeitpronicht aus ihrer Mitte heraus erscheinen sollte. Kaltblütig ermordeten sie Zacharias.

Wer sollte nun für Maria Sorge tragen? Ihr Onkel väterlicherseits, Joseph Kleopas, der die hohepriesterliche Nachfolge antrat, nahm sich ihrer an. Sie war weder mit Joseph verlobt noch waren sie verheiratet, er war einfach ihr nächster Verwandter, der für sie sorgte, da ihre Eltern mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr lebten. Joseph Kleopas war ein sehr frommer Mann. Seine Söhne sollten später noch eine große Rolle spielen.

Um diese Zeit erhielt Maria den Besuch des Engels Gabriel, der ihr einen Sohn verkündete. Das war auf dem Weg nach Jericho. Als der Messias, Jesus, Sohn der Maria im Sommer des Jahres 6 oder 5 v.Chr. unter einer Palme geboren wurde, ließ Gott für Maria ein Quellflüsschen entstehen, an dessen Wasser sie sich erfrischen konnte. Dazu aß sie frische Datteln.

Und zurück in Jerusalem wollte man ihr natürlich die Erscheinung des Engels nicht glauben, und fragte sie, woher denn der kleine Junge käme. Und Gott sei gepriesen, Er ließ Seinen Diener und Messias sprechen. Das Baby sprach aus seiner Wiege heraus vor den Leuten, so dass man Gott lobte und Maria ihre Geschichte glaubte.

Johannes, der Sohn des Zacharias, trat tatkräftig im Volk Israels als Prophet auf, er kritisierte das sündige Verhalten der Juden und rief zur Buße auf. Hochmut, Schriftfälschung, unrechtmäßige Bereicherungen, grauenerregende Opferkulte und Listigkeit seien nicht von Gott gestattet. Sie hatten die Grenzen alles Moralischen übertreten, als sie mit Schwestern oder Tanten Kinder zeugten oder diese Taten billigten. Er nannte sie Nattern und Schlangenbrut, und kündigte den Widerspenstigen baldige Strafe an.

Johannes trat am Jordan auf und rief die Menschen auf, zur Demut, zum frommen Glauben und zu Gott genehmen Werken zurück zu finden. All denjenigen, die dazu bereit waren, kündigte er Rettung an, im Diesseits und im Jenseits. Sie gehörten zum geheiligten Rest von Israel, die den Endzeitpropheten aus Kedar, wie Jesaja vorhergesagt hatte, in Empfang nehmen sollten. Von sich selbst sagte er, er sei ein Bote, dessen Stimme in der Wüste ruft: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!“ (N.T. Lk. 3,4). Die Gläubigen hatten dann auch keine Schwierigkeit sich Gottes Willen zu unterwerfen und die Vorhersage über den von Paran erscheinenden Sohn ihrer Brüder, den Söhnen Ismails, zu akzeptieren. Gerne wollten sie den Propheten, der wie Moses sei und mit einem feurigen Gesetz in der rechten Hand erscheine, erwarten und empfangen. Wer also bereit war Buße zu tun und das Versprechen abgab, sich zu ändern, der nahm vor Johannes ein Tauchbad und wusch sich seinen Körper rein.

Die meisten Juden verharrten aber in ihrem Unglauben und ihren Neigungen. Sie ermordeten kaltblütig Gottes erwählten Propheten, Johannes, Sohn des Zacharias. Vierzig Jahre später sollten sie die Strafe dafür spüren.

Jesus, Sohn der Maria, trat zeitgleich zu Johannes, Sohn des Zacharias, auf. Seine Mission bestand ebenfalls aus Warnung vor dem Unglauben und Einladung zur Umkehr. Jesus bestätigte die Thora. Er sagte von sich, dass er Gottes Diener sei, und erinnerte die Menschen: „Gott ist mein Herr und euer Herr, also betet nur Ihn an.“ (Der Koran, 5, 117). Er kam aber auch mit einer neuen Botschaft, dem Evangelium. Er erklärte den Kindern Israels, dass er nunmehr der letzte Gesandte zu ihnen sei, und dass es an der Zeit sei, bald nach ihm den Endzeitpropheten aus den Nachkommen Ismails zu erwarten. Er werde Ahmad heißen und die Religion Gottes in die Welt bringen, so werde das Tausendjährige Reich beginnen. Ein König dieses Reiches werde auch Jerusalem zurück erobern, so dass Jerusalem in Frieden leben kann.

Da viele Menschen ihm nicht glauben wollten, führte er mit Gottes Willen Wunder aus. Aber trotzdem blieb die Mehrzahl rebellisch und beschuldigte Jesus der Zauberei.

Jesus hatte einige wenige Helfer, Gläubige, die in Demut lebten und stets rechtschaffen waren. Nichts konnte sie dazu bewegen, den Neigungen ihrer Landsleute zu verfallen. Bedingungslos folgten sie Jesus. Diese Apostel fragte Jesus, als er merkte, dass der Großteil des Volkes zum Unglauben neigte:

„Wer sind meine Helfer (auf dem Weg hin) zu Allah?“

Die Jünger sagten:

„Wir sind Allahs Helfer.

Wir glauben an Allah,

und bezeuge, dass wir Ihm ergebene Muslime sind!“

(Der Koran, 3, 52)

Ein letztes Wunder ließ Gott geschehen, als Er auf Jesu Bittgebet hin einen gedeckten Tisch vom Himmel sandte, so dass alle Anwesenden davon essen konnten. Aber dieses Wunder war mit einer Bedingung verbunden, dass, wer jetzt noch ungläubig blieb, dessen Strafe härter als alle anderen ausfallen werde. (Der Koran, 5, 115)

Jesus war ein Gesetzeseiferer, der auf keinen Fall das Gesetz abgeschafft hat. Er korrigierte das Gesetz und unterschied das von Gott Verordnete und das von Menschenhand Verfasste, und sonderte das Falsche vom Richtigen aus. Aber Jesus kam nicht in Sachen Beschneidung, Speisevorschriften oder Reinheitsgesetzen mit Neuerungen. Er selber war beschnitten, aß weder Unreines wie Schweinefleisch, noch das Fleisch getöteter, ungeschächteter Tiere. Und er befahl seinen Nachfolgern wie er zu leben.

Jesus hatte Zulauf, fünftausend Gläubige. Die Juden befürchteten das Einschreiten der Römer und wollten Jesus loswerden. Sie ersannen eine List, um ihn zu fangen, aber Gott hielt die Ungläubigen von Seinem Propheten ab. So konnte niemand Hand an ihn legen.

Als die Lage sich zuspitzte, offenbarte Gott Seinem Diener Jesus, Sohn der Maria, dass Er ihn zu seiner Rettung in den Himmel auffahren lassen wolle. Er offenbarte ihm:

Damals sprach Allah:

“O Jesus, siehe,

Ich will dich verscheiden lassen

und will dich zu Mir erhöhen

und will dich von den Ungläubigen befreien

und will deine Anhänger über die Ungläubigen setzen

bis zum Tag der Auferstehung.

Alsdann werdet ihr zu Mir wiederkehren,

und Ich will zwischen euch richten über das,

worüber ihr uneins wart.

Was aber die Ungläubigen anbelangt,

so werde Ich sie schwer im Diesseits

und im Jenseits bestrafen;

und sie werden keine Helfer finden.“

(Der Koran, 3, 55)

Das Pascha-Fest nahte heran. Die Apostel und der Messias begaben sich nach Jerusalem zur Wallfahrt. Es jährte sich der Tag des Auszugs der Kinder Israels aus Ägypten. Zu diesem Anlass hatten sie einen Fastentag eingelegt und für das Fastenbrechen am Abend ein Mahl vorbereitet. Dazu hatte man traditionsgemäß ein Lamm geschlachtet. Fand dies im Haus des Johannes-Markus statt? Seine Mutter besaß jedenfalls ein großes Anwesen, wo im Obergeschoss genug Platz für die Feierlichkeit war.

Am Spätnachmittag trafen also nach und nach Jesus, seine Apostel und diejenigen, die ihm nahe standen, ein. Jeder grüßte bei Eintritt mit dem Friedensgruß und nahm lautlos Platz. Mit dem Eintritt der Abenddämmerung nahmen sie andächtig die Mahlzeit zu sich.

Aber dieses Mal war die Situation anders als im Vorjahr. Jeder der Anwesenden war sich der bedrohlichen und angespannten Lage bewusst. Die Ungläubigen hatten alles daran gesetzt, sie aufzuspüren und gefangen zu nehmen.

Jesus hatte die Offenbarung seines Herrn empfangen. Er zögerte nicht das soeben von Gabriel Mitgeteilte seinen Aposteln darzutun und sie über den Sachverhalt aufzuklären.

Er warnte sie also noch einmal vor dem anstehenden Untergang Judäas und Jerusalems. Mit Blick auf Jerusalem sagte er die Worte, die uns Lukas in der kleinen Apokalypse seines Evangeliums bewahrt hat:

„Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest,

was dir Frieden bringt.

Es wird eine Zeit für dich kommen,

in der deine Feinde rings um dich einen Wall aufwerfen,

dich einschließen und von allen Seiten bedrängen.

Sie werden dich und deine Kinder zerschmettern

und keinen Stein auf dem andern lassen.“

(N.T. Lk. 19,41-44)

Dann fragten die Apostel ihn: „Meister, wann wird das geschehen und an welchem Zeichen wird man erkennen, dass es beginnt?“ Daraufhin antwortete Jesus: „Man wirdeuch festnehmen und verfolgen, den Gerichten der Synagogen übergeben, ins Gefängnis werfen und vor Könige und Statthalter bringen. Dann werdet ihr (das) Zeugnis (des Märtyrertodes) ablegen.“ Damit nahm Jesus Bezug auf Jakobus, den Gerechten. Solange er, der Oblias, noch unter ihnen weilte, sollte Jerusalem noch nicht dem Untergang geweiht sein.

Die Apostel wollten dann noch wissen, was sie zu tun hätten, wenn sich diese Dinge ereignen, und Jesus erklärte ihnen:

„Dann sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen;

wer in der Stadt ist, soll sie verlassen,

und wer auf dem Land ist, soll nicht in die Stadt gehen….

Mit scharfem Schwert wird man sie erschlagen,

als Gefangene wird man sie in alle Länder verschleppen

und Jerusalem wird von den Heiden zertreten werden,

bis die Zeiten der Heiden sich erfüllen.“

(N.T. Lk. 21, 21 und 24)

Gleichfalls erinnerte Jesus sie noch einmal daran, dass

„wenn Perikleitos (Muhammad) kommt,

wird er die Welt überführen und aufdecken,

was Sünde…ist.

Sünde, dass sie nicht an mich glauben…

Noch vieles habe ich euch zu sagen,

aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.

Wenn aber Perikleitos (Muhammad) kommt,

der Geist der Wahrheit,

wird er euch in die ganze Wahrheit führen.

Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden,

sondern er wird sagen, was er hört,

und euch verkünden, was kommen wird.

Er wird mich verherrlichen;

denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch