Most Wanted CEO - Annika Martin - E-Book

Most Wanted CEO E-Book

Annika Martin

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Beschreibung

Verlieben verboten ...

Dass der Durchbruch als Schauspielerin in New York kein Zuckerschlecken wird, war Mia klar. Dass es so hart werden würde, hätte sie allerdings nicht gedacht. Um über die Runden zu kommen, liefert sie jeden Tag im Katzenkostüm Lunch-Bestellungen in Manhattan aus und muss sich die anzüglichen Blicke der millionenschweren CEOs über den Dächern von New York gefallen lassen. Sie ist kurz davor ihren Job hinzuschmeißen, als ein Name auf ihrer Klientenliste auftaucht, der ihren Puls vor Wut zum Rasen bringt: Max Hilton hat in der Highschool Mias Herz für alle Zeiten gebrochen - und als er sie nicht wiedererkennt, aber auf ihre Flirtversuche eingeht, schwört sie sich, den CEO mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Doch je mehr Zeit sie mit Max verbringt, desto deutlicher zeigt sich eine Seite an ihm, von der Mia nicht wusste, dass sie existiert. Sein Charme ist zum Dahinschmelzen, seine verbotenen Küsse sind nie genug - und sich in ihn zu verlieben, war nicht geplant ...

"Annika Martins Bücher sind großartig! Sie lassen mich die Welt um mich herum vergessen! Humorvoll, sexy und das reinste Lesevergnügen!" WICKEDLY SWEET AND SYNFUL BOOK BLOG

Band 3 der er MOST-WANTED-Reihe von NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Annika Martin

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Seitenzahl: 325

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Inhalt

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Titel

Zu diesem Buch

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Epilog

Die Autorin

Die Romane von Annika Martin bei LYX

Impressum

ANNIKA MARTIN

Most Wanted CEO

Ins Deutsche übertragen von Sabine Neumann und Nina Restemeier

Zu diesem Buch

Dass der Durchbruch als Schauspielerin in New York kein Zuckerschlecken wird, war Mia klar. Dass es so hart werden würde, hätte sie allerdings nicht gedacht. Um über die Runden zu kommen, liefert sie jeden Tag im Katzenkostüm Lunch-Bestellungen in Manhattan aus und muss sich die anzüglichen Blicke der millionenschweren CEOs über den Dächern von New York gefallen lassen. Sie ist kurz davor ihren Job hinzuschmeißen, als ein Name auf ihrer Klientenliste auftaucht, der ihren Puls vor Wut zum Rasen bringt: Max Hilton hat in der Highschool Mias Herz für alle Zeiten gebrochen – und als er sie nicht wiedererkennt, aber auf ihre Flirtversuche eingeht, schwört sie sich, den CEO mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Doch je mehr Zeit sie mit Max verbringt, desto deutlicher zeigt sich eine Seite an ihm, von der Mia nicht wusste, dass sie existiert. Sein Charme ist zum Dahinschmelzen, seine verbotenen Küsse sind nie genug – und sich in ihn zu verlieben, war nicht geplant …

1

Frag eine Frau niemals, was sie will. Sag ihr, was sie will.

Das Max Hilton Playbook: Zehn goldene Regeln, um das heißeste Mädchen im Raum klarzumachen

Mia

Meine Mitbewohnerin Kelsey reißt von innen die Wohnungstür auf, bevor ich sie ganz aufschließen kann. »Oh mein Gott, mir wäre fast das Telefon aus der Hand gefallen, als du mir geschrieben hast«, sagt sie. »Das ist echt nicht zu fassen!«

»Allerdings nicht!« Ich werfe meine Mütze und meinen Schal auf die Couch. »Du kannst ruhig entsetzt sein, denn es wird noch zehnmal schlimmer, als du es dir vorstellen kannst.«

»Oh Mann!« Sie zieht mich kurz an sich.

»Mir wird jedes Mal kotzübel, wenn ich nur daran denke.«

Kelsey lässt mich los. »Wer macht so etwas überhaupt?« Ihre Hände sind zu Fäusten geballt und sie hat die Lippen zu einer wütenden kleinen Rosenknospe geschürzt. Sie ist Tänzerin und kann herrlich dramatisch sein. »Er will dich zerstören! Er will deine Würde wie ein Kartenhaus zusammenstürzen lasen!«

»Okay, du kannst ruhig ein bisschen weniger entsetzt sein.«

»Nein, kann ich nicht. Ich hasse ihn so sehr für dich, dass ich platzen könnte!«

»Danke.«

»Selbstverständlich«, erwidert sie.

»Leute, muss ich die Dramapolizei rufen?« Meine Freundin und ehemalige Mitbewohnerin, Lizzie, kommt herein.

»Oh mein Gott, Lizzie!« Ich drücke sie an mich.

»Ich habe schon die Kavallerie gerufen!«, sagt Kelsey.

»Vielleicht wird es gar nicht so schlimm«, startet Lizzie einen Versuch.

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Das ist ein Mann, der eines Tages aufwachte und dachte: ›Ich bin reich und berühmt und kann alles haben, was ich will, und am meisten will ich meine alte Erzfeindin aus der Highschool dazu zwingen, mir Sandwiches in mein Büro zu liefern. In einem verfluchten Katzenkostüm.«

»Du weißt nicht sicher, ob er wirklich explizit dich persönlich verlangt hat«, wendet Lizzie ein.

»So klang das aber im Büro, als ich versucht habe, zu tauschen. Es sei der besondere Wunsch des Kunden gewesen, dass ich den Auftrag in diesem Gebäude übernehme. Entweder mache ich es oder ich bin den Job los. Und es ist keine einmalige Sache – nein, nein, nein. Fortwährende Lieferungen. Natürlich steckt er dahinter.« Ich knöpfe meinen Mantel auf. »Das wird das schlimmste zehnjährige Highschool-Jubiläum überhaupt.«

Ich gestehe: Ich habe definitiv zu viel Zeit meines Lebens damit zugebracht, mir Szenarien auszumalen, in denen ich Max über den Weg laufe. In allen trage ich ein atemberaubendes Kleid. Gerne auch ein Diadem. Und unsere Feindseligkeiten aus der Highschool sind so unbedeutend, dass ich Schwierigkeiten habe, mich überhaupt an sie zu erinnern. So nach dem Motto: Max wer? Aber auf eine durch und durch stilvolle Art und Weise. Meine Karriere läuft einfach so bombastisch, dass alles aus der Highschool nur noch eine Randnotiz im Nebel ist.

Das Problem ist: In Wirklichkeit habe ich zehn Jahre nach unserem Abschluss an der Soho High School for the Performing Arts (alias SHSPA, alias The Shiz) kaum eine Karriere vorzuweisen.

»Erst mal kommt jetzt die Pizza«, sagt Lizzie.

»Herzchenaugen.« Ich schäle mich aus meinem Wintermantel, unter dem das Meow-Squad-Katzenkostüm zum Vorschein kommt, das ich tragen muss, wenn ich Mittagessen ausliefere.

Als ich aufblicke, starren Lizzie und Kelsey das Kostüm an, und ich weiß, dass sie es sich gerade ausmalen – wie es sich anfühlen wird. Was soll man dazu sagen?

Dann spricht Kelsey das Einzige aus, was man sagen kann: »Du bist nicht alleine.«

Ich atme tief durch. Meine verkrampften Schultern entspannen sich ein klitzekleines bisschen. Die beiden bedeuten mir alles. Zwei beste Freundinnen, die mir zur Seite stehen. »Danke.«

Ich gehe in mein Zimmer, um mich umzuziehen. In meinem Lieblingsfaultier-T-Shirt und knallpinken Yoga Pants kehre ich ins Wohnzimmer zurück und mache es mir auf der Couch gemütlich.

Kelsey gibt mir ein Bier. Ihre lila Fingernägel passen perfekt zu den lila Strähnen in ihrem pechschwarzen Haar. »Da helfen nur Kohlenhydrate«, sagt sie.

Auf der anderen Seite schmiegt Lizzie sich an mich. »Hast du dich einfach nur gedemütigt gefühlt?«

Ich erzähle ihnen noch einmal, wie ich es erfahren habe. Gerade noch stehe ich vor dem Meow-Squad-Truck, warte auf den Lieferauftrag für morgen und bin ziemlich zufrieden mit meinem Leben. Klar, ich habe einen Job, für den ich mich als Katze verkleiden und irgendwelchen Bürofuzzis Food-Truck-Bestellungen ausliefern muss, aber es ist ein Teilzeitjob mit Krankenversicherung, der heilige Gral für aufstrebende Schauspieltalente.

Und im nächsten Augenblick sehe ich Maximillion Plaza auf meinem Auftragszettel.

Und die Sonne verschwindet hinter den Wolken.

Dunkle Schatten ziehen in beängstigender Geschwindigkeit über das Land.

Riesige Vögel mit Dinosauriergesichtern kreischen am Himmel.

»Und ich so: Scheiße, auf gar keinen Fall! Er hat es herausgefunden. Ich schwöre euch, an dem Tag, als ich zum ersten Mal dieses Kostüm angezogen habe, war mein erster Gedanke nicht, wie dämlich ich aussehe oder wie dankbar ich sein sollte, dass ich den Job bekommen habe und so. Mein erster Gedanke war: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich jemals Max Hilton etwas liefern muss? Bei weit über einer Million Menschen in Manhattan, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Max etwas bei Meow Squad bestellt und ich es ihm liefern muss? Maximillion Plaza gehörte noch nicht mal zu unserem Liefergebiet, als ich da angefangen habe. Ich dachte, ich wäre in Sicherheit. Ich hätte es besser wissen müssen.«

Lizzie windet sich. »Vielleicht will er sich entschuldigen?«

»Auf keinen Fall. Glaub mir – es wird keine Entschuldigung geben. Er reibt sich wahrscheinlich gerade die Hände in freudiger Erwartung.«

»War es so schlimm?«, fragt Kelsey.

»Einmal hat er Dreck in einen Brownie gebacken, den sie auf der Bühne essen musste«, antwortet Lizzie. Sie kennt all die Geschichten. »Sie hat abgebissen und dann musste sie immer weiterkauen …«

»Er war trocken und grobkörnig und widerlich, und ich wollte ihn einfach nur ausspucken«, erzähle ich. »Aber um ehrlich zu sein, habe ich vor seinem Abschlusskonzert in der Neunten eine ferngesteuerte Katzenspielzeugmaus in seinem Klavier versteckt und sie darin herumkrabbeln lassen, während er Chopins Nocturne in Es-Dur spielte. Ein schönes, ruhiges Stück.« Ich kichere bei der Erinnerung daran. »Natürlich hat er keinerlei Reaktion gezeigt. Max kann nichts aus der Ruhe bringen. Er hat einen Schutzpanzer aus Titan.«

Lizzie bekommt eine SMS, dass die Pizza da ist, und holt sie unten in der Lobby ab. Die Lieblingspizza unserer WG mit Brie, Kartoffeln und karamellisierten Zwiebeln. Solche verrückten Beläge gehen eigentlich strikt gegen mein Pizza-Credo, aber sobald man New Jersey verlässt, ist in Sachen Pizza sowieso alles verloren.

»Du schaffst das.« Kelsey holt Servietten.

»Du hast keine Ahnung. Max ist mein Kryptonit. Schlimmer als Kryptonit. Kryptonit lebt nicht, um dich zu zerstören. Kryptonit starrt dich nicht mit diesem amüsierten Funkeln in den Augen an, während du innerlich zu Grunde gehst.«

»Immerhin wirst du kündigen können, wenn wir die Rollen bekommen. Dann haben wir ein Jahr lang Arbeit. Mindestens.«

»Das Phantom der Oper läuft schon seit achtundachtzig, Mann.«

»Dann haben wir zwanzig Jahre Arbeit. Fünfzig! Wir werden noch als alte Damen auf der Bühne stehen und singen und tanzen.«

»Schlag ein!« Ich strecke ihr meinen kleinen Finger hin. Sie schlägt mit ihrem ein.

Wir beide versuchen gerade, Rollen im großen Anything-Goes-Revival zu landen. Kelsey als einer von Renos Engeln, eine wirklich anspruchsvolle Sing- und Tanzrolle, und ich bewerbe mich auf die Hauptrolle als Reno Sweeney. Ein mega-hochgestecktes Ziel, aber ich finde einfach, dass die Rolle wie für mich gemacht ist. Spüre es tief in meinem Inneren.

»Wir hätten es verdient«, sage ich.

»So was von!«

Kelsey ganz besonders. Letzten Winter hat sie herausgefunden, dass ihr Freund, mit dem sie zusammenwohnte, sie mit vier verschiedenen Frauen betrogen hatte. Daher ist sie jetzt meine neue Mitbewohnerin.

Lizzie kommt mit der Pizza zurück und stellt sie auf den Tisch. Ich schnappe mir ein Stück dieser köstlichen, dampfenden Kalorienbombe und beiße herzhaft hinein. Und einen wundervollen Augenblick lang vergesse ich Max völlig.

»Du hättest mein Zimmer übernehmen sollen, als ich ausgezogen bin«, sagt Lizzie. »Dann müsstest du dir seinen dämlichen Tower nicht die ganze Zeit anschauen.«

»Das stimmt«, sagt Kelsey. »Wir können jederzeit tauschen. Wirklich. Sag einfach Bescheid.«

Ich knurre und beiße noch mal in mein Stück Pizza. Es stimmt: Ich kann von meinem Fenster aus tatsächlich Max’ Tower sehen. Als mir bewusst wurde, dass das sein Gebäude ist, sind in mir eine Menge Gefühle hochgekocht. Gefühle wie dunkle, harte Diamanten in meinem Herzen.

»Ich frage mich, wie er es herausgefunden hat«, überlegt Lizzie. »Vielleicht über Facebook oder so?«

»Als ob ich ein Foto von mir in diesem Ding auf Facebook posten würde«, schnaube ich. »Er muss es irgendwie anders herausgefunden haben. Gott, ich kann mir seine Schadenfreude bildlich vorstellen. Nach dem Motto ›Wie tief sie gesunken ist‹. Aber irgendwie cleverer und geistreicher ausgedrückt.«

Kelsey stöhnt und nimmt sich noch ein Stück Pizza.

»Er wird so sehr darauf herumreiten«, sage ich. »Er wird die ganze Zeit lachen, während ich sein Sandwich heraushole. Und dann muss ich am Ende noch Miau sagen. Wie ein dressiertes Äffchen.«

»Oder ein dressiertes Kätzchen«, fügt Lizzie hinzu.

»Sollte das ein hilfreicher Kommentar sein?«

»Ja?«, quiekt sie. »Nein?«

Ich knuffe sie im Scherz in den Arm. »Bleib bei der Mitleidsnummer!«

Schon in der Highschool war Max cool und arrogant. Wenn man ihn allerdings lange genug beobachtet hat – so richtig intensiv beobachtet –, konnte man sehen, dass es eine seiner großen Strategien war, sich in Schweigen zu hüllen. Und unter diesem distanzierten Schweigen verbarg sich ein winziges bisschen teenagertypische Unbeholfenheit.

Und jetzt ist er unantastbar und wunderschön in seiner Manhattan-Höhle, der CEO eines milliardenschweren Männermode-Imperiums, das aus seinem berüchtigten Aufreißer-Ratgeber erwuchs, einem internationalen Bestseller, der ihn auf ein Berühmtheitslevel katapultiert hat, das dem der Kardashians gleichkommt.

Als den »Dean Martin der Generation Y«, hat ihn das Slate Magazin mal betitelt.

Irgendwo habe ich gelesen, dass er darüber lacht. Das bezweifle ich keine Sekunde: Natürlich hält sich Max selbst für einen Vergleich mit dem weltmännischen Rat-Pack-Playboy Dean Martin für zu cool.

»Würde es helfen, wenn ich ab sofort immer einen schwarzen Filzstift mitnehme und damit einen seiner Zähne schwärze, wann immer ich sein Gesicht an einer Bushaltestelle auf einem Werbeplakat sehe?«, fragt Kelsey.

»Ja«, flüstere ich. »Das wäre extrem hilfreich.«

»Ich verpasse ihm eine Frankensteinnarbe«, bietet Lizzie an.

»Die würde ihn nur noch heißer aussehen lassen.«

»Ein Penis, der ihm aus der Nase wächst?«, versucht es Lizzie.

»Das Einzige, was ich mich wirklich frage, ist: Wird er schallend lachen und nicht mehr aufhören? Oder setzt er eher auf überlegenes Schweigen und ein höhnisches Grinsen? Eigentlich keine Frage«, entscheide ich. »Auf jeden Fall das Grinsen.«

Ich lehne mich zurück und starre auf die fast leere Pizzaschachtel hinunter. Ich habe mich viel mehr über die Pizza gefreut, als sie noch in der Schachtel war.

Lizzie greift nach ihrer riesigen Handtasche. »Ich habe dir etwas mitgebracht. Als Erstes: Nachtisch!«

»Hast du besondere Anti-Max-Kekse gemacht?«, frage ich hoffnungsvoll.

»Etwas Besseres.« Sie holt ein Dreierpack Peanut Butter Kandy Kakes hervor und wirft es mir zu.

»Oh mein Gott! Wo in der Stadt hast du die gefunden?«

»Internet.«

Ich reiße die Plastikfolie ab, halte mir die Packung an die Nase und atme den Geruch meiner Kindheit ein. Es war immer ein guter Tag, wenn man Kandy Kakes in seiner Lunchbox hatte. Es war nicht nur die Süßigkeit selbst, sondern es hatte auch eine tiefere Bedeutung. Kandy Kakes bedeuteten, dass die Familie eine Glückssträhne hatte. »Wollt ihr eins?«

»Nein danke.« Kelsey rümpft die Nase. »Man muss aus Jersey kommen, um die zu mögen. Ich glaube, das ist ein Gesetz.«

»Lizzie?«

»Die sind nur für dich«, antwortet Lizzie.

Ich kenne niemanden, der Kandy Kakes zu schätzen weiß, was für mich völlig okay ist. Ich beiße genüsslich in diese weiche, erdnussbutterige Köstlichkeit, umhüllt von extra viel Vollmilchschokolade.

Als ich aus meiner süßen Glückseligkeit wieder auftauche, bemerke ich, dass Lizzie an irgendetwas herumzerrt und versucht, die Plastikverpackung von etwas Rechteckigem abzubekommen. »Was ist das?«

»Noch etwas, von dem ich dachte, es könnte helfen.«

»Was?«

»Warte.« Sie kratzt mit ihren Fingernägeln an der Verpackung herum. »Oh, Mann!«

»Soll das eine Ein-Frau-Vorstellung zum Thema Auspackwut werden?«, frage ich.

Sie wirft mir die Packung zu.

Ich fange sie und drehe sie um. Es sind Dartpfeile. »Äh, danke?«

Kelsey hat eine Schere geholt. »Gib mal her.« Sie schneidet die Verpackung auf.

»Das hier gehört noch dazu.« Lizzie holt ein zerschlissenes Taschenbuch aus ihrer Tasche und wirft es auf den Tisch.

Nicht irgendein Taschenbuch. Ich greife danach. »Entschuldige bitte? Was ist das?«

Eine rhetorische Frage. Ich weiß, was das ist. Das Max Hilton Playbook: Zehn goldene Regeln, um das heißeste Mädchen im Raum klarzumachen. Es ist Max’ Ratgeber, wie man Frauen bekommt, indem man ein arrogantes Arschloch ist. Es hat sich millionenfach verkauft, als es damals, ein oder zwei Jahre nach unserem Highschool-Abschluss herauskam.

Danach hat Max sein Männermode-Imperium gegründet. Schuhe. Uhren. Body-Spray. Instagram-Ruhm. Es heißt, er habe sogar einen Vertrag für eine Netflix-Serie.

Ich drehe das Buch um.

Max’ Gesicht nimmt das gesamte Titelbild ein. Ein perfekt inszeniertes Foto. Er sieht umwerfend gut aus, aber das ist nicht das Besondere an dem Bild – es ist die Art und Weise, wie das Foto seinen Blick einfängt, seine Fähigkeit, dir das Gefühl zu vermitteln, er würde direkt in dein tiefstes Inneres schauen und nur in dein tiefstes Inneres allein, sprühend vor Humor. Als kenne er all deine Geheimnisse, weil du ihm eine Zeit lang vertraut hast, und er hat dein Herz zertrampelt und ist jetzt ein bisschen zu stolz auf sich selbst.

»Keine Angst, ich habe es nicht neu gekauft«, sagt Lizzie und nimmt mir das Buch aus der Hand. »Beim Erwerb dieses Buches wurden keine Arschlochmilliardäre noch reicher gemacht.«

»Das ist nicht meine Frage«, sage ich. »Eher: Was macht das Teil hier?«

Lizzie lächelt Kelsey an. »Es gibt einen Plan.«

»Hast du das Ding eigentlich jemals wirklich gelesen?«, fragt sie mich.

»Natürlich nicht«, erwidere ich. »Wer liest so was?«

»Ich nicht.« Lizzie reißt die Rückseite ab, holt eine alte Dartscheibe hinter der Couch hervor und pinnt das Bild darauf. Kelsey nimmt unsere Erinnerungsstücke von der Wand, meine lustigen Stickereien und sogar das Bild von meinen Traumschuhen, den Louboutin Solibria Pumps in Sternenglanzrosa.

»Du hast mir ein Dartspiel besorgt.«

»Mit Max Hiltons Gesicht drauf.« Sie gibt mir die Pfeile, die Kelsey endlich aus ihrer Verpackung befreit hat.

»Das wäre doch nicht nötig gewesen«, sage ich.

»Los, los, los!« Kelsey klatscht in die Hände. »Dart-Therapie!« Ihre hübschen Grübchen sind jetzt im Kampfmodus.

Ich fühle mich dabei ein wenig seltsam, aber ich werfe. Ich treffe seine Wange. Meine Freundinnen klatschen. Der nächste Pfeil trifft die Scheibe weit außerhalb des Fotos. Ich bekomme trotzdem Applaus. »Ich weiß nicht, Leute.«

Ich lasse mich zurück auf die Couch sinken. Meine Freundinnen werfen abwechselnd, dann wird es Zeit für mehr Bier. Wir lassen die Dartpfeile in seinem Gesicht stecken. Es war eine nette Idee.

»Die stehen ihm«, meint Kelsey.

»Ich bin dazu verdammt, jeden Tag in absehbarer Zeit damit zuzubringen, meinem Erzfeind zu dienen«, sage ich. »Ist das nicht eine Strafe, die sonst nur griechische Götter kriegen? Ich würde wirklich lieber einen Stein einen Berg hochschieben oder mich von irgendwelchen Vögeln zerfetzen lassen.«

»Es ist echt, als würde er dich bestrafen wollen«, überlegt Kelsey. »Und er hat die wirkungsvollste Art und Weise gefunden.«

»Falls du versuchst, mich aufzuheitern: Es funktioniert nicht.«

Kelsey schnaubt und hebt Max’ Buch vom Tisch auf. »Über eine Million Mal verkauft«, liest sie vor. »An eine Million Vollidioten.« Sie beginnt, durch das Buch zu blättern. »Eilmeldung, ihr Verlierer: Max Hilton schleppt die Frauen reihenweise ab, weil er aussieht wie Max Hilton. Nicht, weil er irgendwelche goldenen Regeln befolgt.«

»Ich habe mir gedacht«, sagt Lizzie, »wenn du ihm wirklich total egal wärst, warum würde er sich dann überhaupt die Mühe machen, dich ihm Sandwiches bringen zu lassen? Was, wenn du die Lieferung übernehmen sollst, weil du ihm nicht egal bist?«

Ein seltsamer Gedanke. So seltsam, dass mein Brustkorb zu brennen beginnt.

»Man weiß nie«, meint sie.

»So was kann nur von einer frischverliebten Frau kommen.« Lizzie wohnt jetzt mit ihrem Mann zusammen. Und sie besitzt eine eigene Keksbäckerei. Dass sie gerade alles positiv sieht, ist eine Untertreibung. Sie schaut durch ein Kaleidoskop aus Herzen und Zuckerguss.

Kelsey ist ungewöhnlich still geworden. Sie hat die Nase in dem Buch vergraben.

Lizzie lässt mich wissen, dass heute der nationale Square-Dance-Tag ist, und erzählt, wie schwierig es war, für diesen Anlass einen Keks zu entwerfen. Ihre Bäckerei hat sich auf Kekse spezialisiert, die sich mit witzig-ironischen Verzierungen Feiertagen jeglicher Art widmen. »Letztendlich habe ich eine Frau mit einem extrem weit schwingenden Rock gemacht. Ich hatte kurz an ein Akkordeon gedacht, weil Schokolade …«

»Moment mal«, ruft Kelsey. »Nein. Nicht im Ernst.«

»Was?«, frage ich.

Ihre Kinnpartie ist wie versteinert. »Nathan hat eine dieser Aufreißtechniken bei mir angewandt. Er hat Max’ Strategien benutzt, und ich bin darauf reingefallen.«

Lizzies Augen weiten sich. Sie weiß alles über Kelseys betrügerischen Ex.

»Vielleicht ist es nur ein Zufall«, sage ich.

»Du warst dabei! Letzten Herbst im Chiron Club. Erinnerst du dich noch an diesen Hut, den er getragen hat? Und an diese witzige, süße Geschichte von dem fremden Hund in seinem Haus?«

Ich richte mich auf. Das gefällt mir gar nicht. »Die Hundegeschichte war gelogen? Das war das Einzige, was ich an ihm mochte.«

»Sie ist praktisch ein Skript aus diesem Buch hier! Hier hinten stehen lauter witzige Geschichten, die Männer erzählen können.«

Lizzie sieht fassungslos aus. »Wer macht so was?«

»Nathan auf jeden Fall. Und diese Regeln. Was zur Hölle? Okay, hört euch das an …« Kelsey hebt den Zeigefinger und beginnt vorzulesen. »Such dir ein Mädchen aus, irgendein Mädchen. Trau dich und wähle ein heißes aus – wenn du mein Verfahren richtig lernst, kannst du sie haben. Bring alle zum Lachen, aber ignoriere das heiße Mädchen.« Kelsey sieht hoch. »Weißt du noch, wie er zu euch allen total nett und witzig war und mich ignoriert hat? Das ist eine hübsche kleine Methode namens Umgekehrte Jagd.«

»Nein«, sage ich. Nathan hat ihr das Herz gebrochen und ist dann darauf herumgetrampelt. Und all das wegen Max’ Buch? Mir wird schlecht.

»Okay, jetzt hasse ich ihn gleich dreifach«, erklärt Lizzie.

Kelsey liest weiter. »Tu verärgert, wenn sie versucht, deine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.« Sie blickt auf. »Erinnerst du dich? Genau das hat Nathan gemacht! Seine Geschichte war witzig und süß, und dann habe ich ihm eine Frage gestellt und mitgelacht und habe ihn dabei am Arm berührt, weil ich dachte, er habe mich nicht gehört, und er nur so: ›Hey, nicht die Ware anfassen.‹«

»Nicht die Ware anfassen?«, wiederholt Lizzie.

»Und wir fanden es so witzig«, ergänze ich fassungslos. »Männer stürzen sich in Scharen auf dich wie tollwütige Elstern, und dieser Typ macht einen auf ›Hör auf, mich anzugraben.‹«

»Das ist eine Methode direkt aus Max’ Buch. Und bei mir hat sie funktioniert.«

Ich schüttele den Kopf und erinnere mich daran, wie Nathan damals scheinbar die Gesetze der Dating-Welt vollkommen ignorierte – er war offensichtlich heterosexuell und Single und offen für einen Flirt, aber nicht an Kelsey interessiert.

»Umgekehrte Jagd«, liest sie weiter. »Tu so, als würdest du denken, sie würde dich angraben. Weise ihre vermeintlichen Avancen zurück, aber auf eine spielerische Art und Weise.«

»Und als du ihn zum Tanzen aufgefordert hast, meinte er nur so: ›Glaubst du, ich bin billig? Nur ein Stück Fleisch, mit dem du auf der Tanzfläche angeben kannst?‹ Du hast ihn schockiert angestarrt und er: ›Ziehst du mich gerade in Gedanken aus?‹«

»Alles aus dem Drehbuch«, stößt sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Plötzlich hängen wir alle über dem Buch und lesen. »Er hat auch die anderen Frauen, mit denen er geschlafen hat, mit diesen Methoden aufgerissen«, sagt Kelsey. »Dieses Buch war Nathans Bibel.«

Mein Gesicht fühlt sich heiß an.

»Nein, oder?«, ruft Lizzie plötzlich und reißt Kelsey das Buch aus der Hand. »Dieser Dschungelkuss – ich glaube, das hat jemand mit Jada Herberger gemacht.« Jada ist eine Schauspielerfreundin, die im Erdgeschoss unseres Hauses wohnt.

Lizzie hat sie schon am Telefon. »Sag mir, ob sich das hier bekannt anhört.« Sie liest die Anweisungen aus Max’ Buch vor.

Es geht darum, dass der Mann der Frau sagen soll, ihr Parfüm sei faszinierend, und dann überrascht tun, wenn sie den Namen nennt, als könne er es nicht glauben. Dann soll er der Frau sanft das Haar zurückstreichen und noch einmal an ihrem Hals schnuppern, nur um sicherzugehen.

Lizzie liest weiter. »Jetzt lern diesen Spruch hier auswendig – Das hat irgendetwas. Die Art und Weise, wie es mit deiner Körperchemie reagiert, das ist … schwer zu beschreiben. Dann löse dich von ihr. Lass dir Zeit. Du bist hier nicht der Jäger. Das ist sie. Sag Düfte werden in unserer Gesellschaft total vernachlässigt. Niemand versteht, wie tief und intim sie mit den grundlegendsten Urinstinkten in unserem Gehirn verbunden sind. Darum beschnüffeln sich Tiere auch, bevor sie sich paaren …«

Ein lauter Schrei hallt durch das Telefon.

Lizzie zuckt zusammen und hält das Handy von ihrem Ohr weg, bis der Schrei aufhört. »Nein, ich lese das aus einem Buch vor«, sagt sie. »Das Hilton Playbook. Hör zu.« Sie liest eine weitere Passage vor, in der der Mann davon erzählen soll, wie wilde Tiere ihren Partnern bei der Paarung sanft ins Genick beißen, und dass das ebenfalls den Urinstinkt anspricht. Max’ Anweisungen zufolge soll der Mann seine Hand den Nacken der Frau entlanggleiten lassen, sanft an ihrem Haar ziehen und Siehst du? sagen.

Ein weiterer Schrei am anderen Ende der Leitung.

Lizzie nimmt das Handy vom Ohr. »Jada kommt hoch.«

»Sag ihr, sie soll Bier mitbringen«, sagt Kelsey.

»Bring Bier mit!«, ruft Lizzie ins Telefon.

Ein paar Minuten später steht Jada mit einem Sixpack Bier in unserer Wohnung. Sie hat hellblonde Haare und einen Schmollmund, der auf hübsche Weise vampirisch wirkt. Und sie liebt alles, was glitzert, glänzt und wild gemustert ist. Auch heute Abend ist sie eine wandelnde Farbexplosion bis hin zu ihren silberfunkelnden Kampfstiefeln. »Ihr wollt mir sagen, dass dieser Typ ein Drehbuch hatte?«, fragt sie. »Ist das hier das Buch?«

»Willst du den Rest hören?«, meint Lizzie.

»Nein!« Jada stellt das Bier auf den Tisch und verschränkt schnaubend die Arme vor der Brust. »Ja.«

Kelsey gibt ihr ein kaltes Glas, und Lizzie liest weiter, die gesamte sexy Passage über Säugetiere und dass wir alle gar nicht anders können, als darauf zu reagieren, wenn man an uns riecht und uns sanft an den Haaren zieht … und mehr noch, wenn man uns am Nacken knabbert.

»Neeiiin.« Jada vergräbt die Stirn in ihren Händen. »Das war alles das Hilton Playbook?«

»Weiter?«, fragt Lizzie.

»Jetzt ist auch alles egal.« Jada nickt.

Lizzie liest weiter. »Sie wird bereit sein, dich zu küssen, aber gib ihr jetzt nicht, was sie will. Sag Deshalb ist es so ein intensives Gefühl, wenn jemand einem in den Nacken beißt. Ganz wenig Druck mit den Zähnen, seitlich am Nacken, das stimuliert die niedersten Instinkte. Das kapiert kaum jemand. Jetzt berühr deinen eigenen Nacken, zeig ihr, wo du von ihr gebissen werden willst. Sieh ihr in die Augen und sag: Es ist okay, du darfst. Tu so, als könne sie es kaum erwarten. Wenn du meinen Anweisungen richtig gefolgt bist, wird sie dir in die Haare greifen und dich sanft im Nacken knabbern.«

»Das ist so krank«, sage ich. »Hast du ihn gebissen, Jada?«

»Ich komme mir so dämlich vor«, erwidert sie beschämt.

»Du brauchst dich nicht zu schämen.« Ich lege einen Arm um sie. »Woher hättest du es wissen sollen?«

»Stell dir vor – Nathan, mein Ex? Er hat dieses Buch als Drehbuch benutzt«, erzählt Kelsey Jada. »Und ich habe ein Jahr lang mit ihm zusammengewohnt. Während er mich betrogen hat, indem er ebenfalls Methoden aus dem Buch anwandte!«

»Oh mein Gott«, sagt Jada.

Ich beiße die Zähne zusammen. Ich kann einfach nicht fassen, dass Max’ Buch eine so große Rolle in Kelseys Beziehungsdrama gespielt hat. Und jetzt auch noch Jada?

Lizzie hebt den Zeigefinger. »Wenn sie den Köder nicht schluckt, lächele nicht. Sie braucht eine negative Konsequenz. Such dir etwas Interessanteres im Raum. Dann wende dich ihr wieder zu. Sie ist jetzt bereit für deine Anweisung. Sieh ihr in die Augen. Los. Beiß mich hier.«

Ich schüttele den Kopf. Finde keine Worte.

Der Absatz geht noch weiter. Der Mann soll ihren Biss kritisieren und ihr zeigen, wie es richtig geht. Er darf ihr »milde Zustimmung in Form eines angedeuteten Lächelns« geben, wenn sie es richtig macht. »Denk immer dran: Du bist der Preis, um den sie kämpft. Sie wird den Biss richtig hinbekommen. An dem Punkt sollte dein Blick an ihren Lippen hängen bleiben. Sie hat das Recht erworben, dich zu küssen.«

Wir schreien alle los.

Jada greift nach dem Buch. »Ich kann nicht fassen, dass das alles Anweisungen aus einem Buch waren!« Sie runzelt die Stirn.

»Geschrieben von dem Arschloch, das sich für David Gandy hält und dessen Visage einem auf allen möglichen Plakaten entgegengrinst? Ich fasse es nicht, dass ich darauf hereingefallen bin.«

»Wäre ich auch«, sage ich. »Wer will denn keinen Typen, der sich mit animalischer Erotik auskennt? Ein kleines bisschen wild im Bett, ihr wisst schon …«

»Und niedere Urinstinkte«, meint Lizzie. »Man will einen Typen mit niederen Urinstinkten. Außer, er sitzt gerade am Steuer. Oder repariert einen Computer.«

»Hat er einen seltsamen Hut getragen?«, frage ich.

»Nein, aber er hatte eine Menge cooler Armbänder und ein krass glänzendes Hemd unter seinem Blazer«, antwortet Jada. »Und er war alles andere als animalisch oder auch nur ansatzweise wild im Bett. Das waren alles Max Hiltons Ideen. Warum erfahre ich das erst jetzt? Ich muss dieses Buch ganz lesen!«

»Mia kennt ihn«, sagt Kelsey. »Sie waren zusammen auf der Shiz.«

»Max Hilton war auf der Shiz?«, fragt Jada. »Was war sein Leistungskurs? Angewandtes Arschlochtum?«

»Ja«, antworte ich und hieve mich von der Couch. »Man konnte entweder Schauspiel, klassische Musik oder angewandtes Arschlochtum belegen. Max war ein Einserschüler in Letzterem.« Ich ziehe die Dartpfeile aus Max’ Gesicht. »Und er hieß Maxfield Miller. Nicht Max Hilton.«

Jada blickt verblüfft drein. »Die Shiz?«

»Jap. Klassisches Klavier«, füge ich hinzu, weil ich weiß, dass das ihre nächste Frage sein wird. »Ein bisschen Jazz.«

Sie starrt mich an, als wäre mir gerade ein zweiter Kopf gewachsen. »Klavier? Max Hilton kann … Klavier spielen?«

»Mann, Jada«, wirft Kelsey von der Couch aus ein. »Er wurde auf der Shiz genommen.« Sie sagt es, als würde das alles erklären, und es erklärt tatsächlich alles. Die Shiz ist eine der renommiertesten Elite-Highschools für darstellende Künste auf dem gesamten Planeten. »Er stammt aus einer Dynastie für klassische Musik – wusstest du das nicht? Sein Vater ist ein berühmter Dirigent und seine Mutter ist Gloria Perez, die Violinistin. Und er und Mia waren erbitterte Highschool-Erzfeinde.«

»Ihr habt euch gehasst?«, fragt Jada.

»99 Prozent der Zeit.« Ich gebe ihr die Dartpfeile. »Hau rein.«

Jada kneift ein Auge zu und macht sich bereit zum Werfen.

Ich sehe ihr zu und bin froh, dass mich keine von ihnen nach dem restlichen einen Prozent fragt, nach der Zeit, als Max und ich uns nicht gehasst haben. Das ist der Teil, der am meisten wehtut.

Jada trifft sein Gesicht mit beängstigender Präzision, dreimal hintereinander – zack-zack-zack – zu Kelseys heller Freude. Sie tut zwar fröhlich, aber ich weiß, dass sie verletzt und wütend ist, und ich kann es ihr nicht verdenken. Herauszufinden, dass Nathan die ganze Zeit nach Max’ dämlichem Buch gehandelt hat, hat alte Wunden aufgerissen – und sie noch tiefer werden lassen. Ihre gesamte Beziehung war noch weniger echt, als sie geglaubt hatte.

Jada wendet sich wieder mir zu. »Max Hilton war auf der Shiz und hat klassisches Klavier gespielt?«

Ich nicke. »Jap. Aber wisst ihr, was sein wahres Talent war? Richtig bescheuerte altmodische Musical-Songs.«

»Nein!«, ruft Jada.

»Du solltest ihn hören, wenn er Lieder aus Oklahoma! singt und den kleinen liebeskranken Viehdieb Curly McLain spielt. Diese albernen, dämlichen Songs, ich sag’s euch.«

Jada schlägt sich die Hand vor den Mund. Kelsey fällt die Kinnlade herunter. »Eindeutig das Letzte, wobei ich mir Max Hilton vorstellen kann.«

Ganz genau.

Denn bei Max’ Marke geht es darum, am Pool Cocktails zu schlürfen und dem sorgenfreien Jet-Set-Leben zu frönen. Und Hochglanzfotos von sich selbst auf Plakatwänden, Bussen und Magazincovern zu bewundern. Und sich umringt von schönen Frauen in der Klatschpresse ablichten zu lassen.

Und diese Frauen? Sie sind als die Max-Hilton-Girls bekannt. Das ist seine Superkraft – die Mädels, die er datet, verlieren ihre Namen. Weil seine Schwerkraft eine Million Mal größer ist als die von jedem anderen Menschen. Er ist eine Mischung aus James Bond und David Gandy auf Steroiden.

Das Gegenteil von einem albern trällernden Cowboy.

»Kann man das irgendwo auf YouTube finden?«, fragt Jada. »Bitte, bitte, bitte, sag Ja?«

»Glaubst du, dass es Max Hilton mit all seinem Geld und seiner Macht zulassen würde, dass auf YouTube ein Video existiert, in dem er sich zum Affen macht?«, frage ich. »Dass er und seine Leute so etwas nicht sofort Einhalt gebieten würden?«

Ich sage ihnen nicht, dass ich längst danach gesucht habe. Manchmal denke ich daran zurück und glaube, dass das Ganze vielleicht nie passiert ist, also durchsuche ich das Internet. Und finde es nie. Und es macht mich jedes Mal wieder fertig.

»Wie kommt es, dass du uns das nie erzählt hast?«, will Kelsey wissen.

Ich zucke mit den Achseln. Lizzie weiß davon, aber ansonsten rede ich nicht groß darüber. Vielleicht ist es seltsam, dass ich diese Erinnerung irgendwo in mir drinnen bewahre wie irgendein zerbrechliches Andenken. Vor allem, wenn man bedenkt, dass das für Max alles nur ein zynischer Witz war.

»Aber du warst dabei?«, fragt Jada.

»Ich war Teil der Inszenierung. Ich habe mit ihm zusammen gesungen. Also ja.«

Jada blinzelt irritiert.

Ich würde es auch nicht glauben, wäre ich nicht dabei gewesen.

»Und ihr wart verfeindet«, stellt Jada fest.

»Wir haben es uns zur Lebensaufgabe gemacht, uns gegenseitig zu demütigen. Max’ Geschäftspartner Parker war übrigens auch auf der Shiz«, sage ich. »Das ist wie ein großes Klassentreffen da drüben.«

»Und rate mal, welches Meow-Squad-Kätzchen ihm ab sofort sein Mittagessen ausliefern muss?«, fragt Kelsey.

Jada schnappt nach Luft. »Nein!« Dann: »Nicht, dass es so schlimm wäre.«

»Versuch es gar nicht erst«, sage ich. »Ich muss meinem Highschool-Erzfeind wie ein unterwürfiger Lakai zu Diensten sein. Im Katzenkostüm. Und er ist der Milliardär im strahlenden Tower.«

Lizzie sieht mich mit einem übertriebenen Stirnrunzeln an.

»Würden sie dich feuern, wenn du es zulassen würdest, dass deine Freundin Jada sein Sandwich vergiftet?«, fragt Jada.

Ich lächele.

Wir verbringen die nächste Stunde damit, uns gegenseitig aus dem Buch vorzulesen. Max’ Ideen sind diabolisch. Kreatives Genie. Es gibt eine Menge Listen mit Grundsätzen und so. Frauen sind wie Hunde. Sie wollen wissen, dass du das Sagen hast. Allgemeines Aufstöhnen in der Runde.

Um neun Uhr klopft es an der Tür. Erst denke ich, es sei ein Nachbar, der sich über den Lärm beschweren will, aber es ist Antonio, mein Cousin aus Italien, mit einem Drehbuch in der Hand.

»Oh mein Gott!«, rufe ich. »Antonio, ich habe es total vergessen.«

Antonio hat als Männermodel viel auf Laufstegen in Mailand gearbeitet und ist jetzt hier in New York, um seinen Durchbruch als Schauspieler zu schaffen. Ich versuche so gut es geht, ihm zu helfen, aber er neigt dazu, extrem übertrieben zu spielen, und seine Faszination für Bücher über Method Acting und Charaktermotivation hilft ihm dabei auch nicht.

Antonio lächelt zaghaft – wenn nicht sogar reserviert. Ich kann nicht einschätzen, ob er sauer ist, dass ich unsere Verabredung zum Üben vergessen habe, oder ob ihn die wütende Stimmung im Raum einschüchtert.

»Leute, ihr kennt noch meinen Cousin Antonio, oder? Wir waren eigentlich verabredet, um ein bisschen zu proben.« Ich drehe mich wieder zu ihm um. »Es tut mir so leid.«

»Wir proben alle mit dir.« Kelsey zieht ihn in die Wohnung und drückt ihm das Buch in die Hand. »Aber erst musst du uns die Wahrheit sagen – kennst du dieses Buch? Hast du es jemals benutzt, um Frauen aufzureißen?«

Antonio liest den Klappentext, der verspricht, dass man sein Geld zurückbekommt, wenn man nicht den gewünschten Erfolg erzielt, Megabräute aufzureißen. »Ein Aufreißbuch? Ich bin Männermodel mit italienischem Akzent, Cara …«

»Er hat recht. Er braucht das Buch nicht«, bestätige ich. »Höchstens, um Frauen zu verscheuchen und ihnen damit eines auf den Deckel zu geben. Dafür könnte er es gebrauchen.«

Seufzend blättert Antonio durch das Buch und liest ein paar Seiten hier und ein paar dort. »Amerikaner.« Er schüttelt den Kopf. Liest vor. »Frag nie eine Frau, was sie will – sag ihr, was sie will. Du bist ein launenhafter Gott und sie ist deine Untertanin.«

Wir stöhnen alle auf.

Er liest weiter, scheint fasziniert. Um ehrlich zu sein, ist dieses Buch faszinierend.

»So was würde auch bei Männern funktionieren«, stellt Antonio fest und klappt das Buch zu. »Mit diesen Techniken könntet ihr jeden Mann um den kleinen Finger wickeln.«

»Du bist ein furchtbarer Mensch«, sage ich.

Antonio zuckt auf seine europäische Art mit den Achseln. »Angenommen, ihr wolltet einen Mann in die Knie zwingen. Bei einigen davon müsste man vielleicht ein bisschen nachhelfen, aber …« Er hebt das Buch hoch. »Ich meine ja nur.«

»Im Ernst?«, fragt Kelsey. »Du glaubst wirklich, dass diese Techniken einen Mann in die Knie zwingen könnten?«

»Natürlich«, entgegnet er.

Kelsey starrt ihn noch ein bisschen weiter an und dann grinst sie so breit, dass mein Herz vor Freude hüpft. Diesen Gesichtsausdruck habe ich schon so lange nicht mehr bei ihr gesehen, dass ich ebenfalls lächeln muss.

Sie dreht sich zu mir um. Dreht sich nicht nur zu mir um, sondern strahlt mich aus allen Knopflöchern an. »Vielleicht können sie sogar Max in die Knie zwingen?«

Ich kneife die Augen zusammen. Ich liebe es, sie wieder glücklich zu sehen, aber ich bin mir nicht sicher, wohin das hier führen soll. »Was hast du vor, Kelsey?«

»Gerechtigkeit«, erwidert sie.

»Ja!« Jada dreht sich jetzt auch zu mir um. »Gerechtigkeit. Du könntest ihm zeigen, wie es sich anfühlt, Mia.«

»Ich werde keine Aufreißregeln bei Max anwenden«, sage ich.

»Es geht nicht um Aufreißregeln, sondern darum, ihm zu zeigen, wie es sich anfühlt, wenn jemand ein Schema auf ihn anwendet«, verkündet Kelsey. »Er muss es erfahren. Es ist das perfekte Karma.«

»Er hat diese Regeln verfasst«, erkläre ich. »Sie würden bei ihm wahrscheinlich gar nicht funktionieren.«

»Oder vielleicht sogar noch besser als bei irgendjemandem sonst«, meint Lizzie. »Er hat eine Anleitung dazu verfasst, wie man das Herz eines Menschen gewinnt. Wie viele Herzen, glaubst du, kennt er aus erster Hand? Eines. Er kennt nur ein Herz. Sein eigenes.«

»Du setzt voraus, dass er überhaupt ein Herz hat.«

Meine Freundinnen lachen. Sie glauben, ich übertreibe. Tue ich nicht.

Zum Ende seiner Highschool-Zeit spielte Max die anspruchsvollen Stücke mit verblüffender Präzision … und ohne jegliche Emotion. Ein beeindruckender Roboter. So habe ich ihn manchmal genannt. Freunden gegenüber habe ich gescherzt, er spiele wie der Terminator, immer in dem Wissen, dass es ihm zugetragen würde.

»Wie auch immer«, sage ich. »Ich glaube, er würde merken, wenn jemand seine eigenen goldenen Regeln bei ihm anwendet.«

»Keine Chance. Er würde es niemals merken. Er hat dieses Buch vor fast zehn Jahren geschrieben«, entgegnet Kelsey. »Meine Schwester schreibt Bücher. Sie kann sich schon nach einem Jahr nicht mehr daran erinnern, was sie geschrieben hat. Sie sagt, ihr Gehirn ist voll mit dem neuen Buch und vergisst das alte vollkommen. Und dieser Typ leitet ein Milliarden-Dollar-Unternehmen und ist ganz nebenbei noch Mister VIP? Glaub mir, Max Hilton hat keine Ahnung mehr davon, was in diesem Buch steht.«

Jada dreht sich zu mir um. »Tu es! Erteile ihm eine Lektion. Zwing ihn in die winselnden Knie.«

»Ich weiß nicht, ob das die Person machen kann, die ihm Sandwiches ausliefert«, erwidere ich. »Und der Grund, warum er überhaupt von mir beliefert werden will, ist ja, um sich über mich lustig zu machen.«

»Du wirst ihn jeden Tag sehen. Es ist perfekt!«, sagt Jada. Antonio und Kelsey stimmen ihr zu – sie haben bereits tausend Ideen. Sogar Lizzie lässt sich anstecken.

Ich beiße mir auf die Lippe.

Ich habe die vergangenen Stunden damit zugebracht, mit jeder Faser meines Körpers Angst vor dem morgigen Tag zu haben. Ich habe sogar mit dem Gedanken gespielt, zu kündigen, abgewogen, ob es ein Leben mit Krankenversicherung, Allergiemedikamenten und einem Dach über dem Kopf wert ist, unter Max’ gebieterischer Fuchtel zu stehen.

Es kam mir überhaupt nicht in den Sinn, zurückzuschlagen.

Das Mädchen, das ihm in der Highschool sofort die Stirn geboten hätte. Das Mädchen aus Süd-Jersey, voller Selbstbewusstsein und Feuer und hochtrabenden Plänen, den Broadway zu erobern – sie würde sich nie unterkriegen lassen und eine Niederlage hinnehmen. Sie würde niemals bei Meow Squad kündigen, nur weil Max vielleicht ein Sandwich bestellt haben könnte. Und sie würde alle Hebel in Bewegung setzen, um ihren Freunden zu helfen.

Manchmal frage ich mich, wohin dieses Mädchen verschwunden ist.

Zugegebenermaßen habe ich ein paar echt entmutigende Jahre voller Entbehrungen hinter mir, hatte lauter schlecht bezahlte Jobs, habe für jede Rolle vorgesprochen, die mir unter die Finger kam, mir den Hintern im Tanz- und Schauspielunterricht aufgerissen, Gesangsstunden genommen und daran gearbeitet, meinen Akzent loszuwerden. Ich habe alles Mögliche getan und trotzdem in gewisser Weise das Gefühl, keinen Schritt weiter zu sein.

»Ihn mit seinen eigenen Methoden um den Finger wickeln …«, murmele ich, um zu sehen, wie es sich anhört. »Und ihn dann in die Knie zwingen.«

»In die winselnden Knie«, ergänzt Jada.

Kelsey strahlt mich an. Sie ist davon überzeugt, dass ich es schaffe. Ich beiße mir auf die Lippe, erinnere mich daran, wie ich sie stundenlang getröstet habe, während sie schluchzend in meinen Armen lag, weil Nathan sie so übel verarscht hat – und Max’ Buch als Anleitung dafür benutzte. Und dann ist da noch Jada. Und wer weiß, wer noch alles.

Meine Freundinnen brauchen mich.

Ich stehe auf, straffe den Rücken und stemme die Fäuste mit einem Selbstbewusstsein in die Hüften, das ich eigentlich gar nicht richtig spüre. »Na gut«, sage ich. »Ich tue es. Ich werde Max Hilton um Gnade winseln lassen.«