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Manchmal wächst einer Mutter alles über den Kopf, das merkt auch Allyson. Höchste Zeit für einen Mädelsabend! Mit High Heels, gutem Essen und - ohne Kinder. Um diese sollen sich die Ehemänner kümmern und die drei Mütter starten ihre "Mum's Night Out". Was sollte auch schon schiefgehen? Im Nu kommt es zur Katastrophe: ein Baby verschwindet in einem Tatoostudio, ein Auto wird geklaut, und alle landen im Knast, bevor sie zusammen mit einer Bikergang durch die Nacht rasen. Der Roman zum wahrscheinlich witzigsten Film des Jahres!
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Seitenzahl: 321
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Der SCM-Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.
ISBN 978-3-7751-7263-9 (E-Book)ISBN 978-3-7751-5627-1 (lieferbare Buchausgabe)
Datenkonvertierung E-Book:Satz & Medien Wieser, Stolberg
der deutschen Ausgabe 2015SCM-Verlag GmbH & Co. KG · Max-Eyth-Straße 41 · 71088 HolzgerlingenInternet: www.scmedien.de · E-Mail: [email protected]
Originally published in English under the title: Moms’ Night Out© der Originalausgabe 2014 by Night Out, LLCPublished by B&H Publishing Group in Nashville, Tennessee.All Rights Reserved. This Licensed Work published under license.
Übersetzung: SuNSiDeUmschlaggestaltung: Kathrin Spiegelberg, Weil im SchönbuchTitelbild: © 2014 CTMPG. All Rights Reserved.Satz: Satz & Medien Wieser, StolbergIllustrationen: shutterstock.com
Segen: Substantiv.Eine positive Kraft, für die man dankbar ist; etwas, das wohltut
Kapitel Eins
Kapitel Zwei
Kapitel Drei
Kapitel Vier
Kapitel Fünf
Kapitel Sechs
Kapitel Sieben
Kapitel Acht
Kapitel Neun
Kapitel Zehn
Kapitel Elf
Kapitel Zwölf
Kapitel Dreizehn
Kapitel Vierzehn
Kapitel Fünfzehn
Kapitel Sechzehn
Kapitel Siebzehn
Kapitel Achtzehn
Kapitel Neunzehn
Kapitel Zwanzig
Kapitel Einundzwanzig
Kapitel Zweiundzwanzig
Kapitel Dreiundzwanzig
Kapitel Vierundzwanzig
Epilog
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Allyson setzte sich an ihr Notebook, ihre Finger schwebten über der Tastatur. Sie lauschte aufmerksam und ein Lächeln trat auf ihre Lippen. Im Zimmer herrschte eine himmlische Ruhe. Draußen zirpten die Grillen und taten damit das, was sie nach Gottes Ratschluss am besten konnten. Wenn sie doch nur das gleiche Gefühl von Richtigkeit, Sinnhaftigkeit, von einem lohnenden Ziel in ihrem Leben hätte!
Der leere Computerbildschirm vor ihr war weiß und blitzblank. Er war allerdings der einzige Gegenstand in ihrer Wohnung, von dem man das sagen konnte. Die Tasten klapperten unter ihren Fingern, als sie ihre Gedanken für ihren Blog niederschrieb. Eingerissene Fingernägel, die eine Maniküre dringend nötig hatten, wollten sie ebenso ablenken wie die Legosteine auf dem Läufer mit Fischgrätenmuster, doch Allyson befahl sich, sich auf das Schreiben zu konzentrieren. Sie hatte ihrem Mann Sean versprochen, die Welt weiterhin an ihrer Weisheit teilhaben zu lassen. Sie war keine Mami-Bloggerin … noch nicht jedenfalls. Aber man durfte ja wohl noch Träume haben!
Es ist 5 Uhr morgens. Wisst ihr, wo eure Kinder sind? Meine sind im Bett. Ich sollte ebenfalls im Bett sein. Heute ist Muttertag. Doch ich bin nicht im Bett. Und wisst ihr, warum? Weil ich eine Ordnungsfanatikerin bin! Und zwar richtig krass verrückt.
Würde man mich in einer Zwangsjacke in einen weißen gepolsterten Raum stecken, würde mich das wahrscheinlich beruhigen – solange die Wände blitzsauber sind und niemand Schuhe trägt.
Ich kann förmlich spüren, wie das Haus schmutzig wird. Als wären meine Nervenenden mit dem Teppich verbunden. Und das hat Auswirkungen auf mich. Wollt ihr wissen, inwiefern? Zuerst werde ich davon abgelenkt.
»Abge … le …«, tippte Allyson. Sie blickte erneut zu den Legosteinen hinüber und zu der Haarklammer, die danebenlag. Und die Putzmittel … hatte sie die weggestellt oder nicht?
Sie schüttelte den Kopf und befahl sich, jetzt nicht daran zu denken. Was habe ich gerade geschrieben?
»Konzentrier dich, konzentrier dich«, murmelte sie und fing wieder an zu tippen.
Sogar jetzt, während ich schreibe, denke ich an die Putzmittel, die ich draußen stehen gelassen habe, und ich stelle mir vor, wie eines der Kinder aufsteht und Bleichmittel trinkt. Vor meinem inneren Auge ziehen Warnaufschriften vorüber.
GEFAHR
NICHT IN REICHWEITE VON KINDERN AUFBEWAHREN
GESUNDHEITSSCHÄDLICH BEI VERSCHLUCKEN
NICHT TRINKEN
KANN ZU BLINDHEIT FÜHREN
KONTAKT MIT SCHLEIMHÄUTEN VERMEIDEN
KANN LÄHMUNGEN VERURSACHEN
KANN VORZEITIGES ALTERN IM GESICHT VERURSACHEN
IHRE KINDER WERDEN NIE MEHR SO SEIN WIE VORHER
DIE VERGIFTUNGSZENTRALE KANN IHNEN AUCH NICHT MEHR HELFEN
SIE HABEN WIEDER EINMAL VERSAGT
DAS JUGENDAMT IST UNTERWEGS, UM IHNEN IHRE KINDER WEGZUNEHMEN
SIE SIND EINE VERSAGERIN
Meine Fantasie läuft Amok. Ich sehe das alles vor mir. Ich werde beim Giftnotruf anrufen müssen und sie werden sagen: »Tut uns leid, Mrs Field, aber das ist diesen Monat eindeutig zu oft passiert.« Und dann werden sie mir meine Kinder wegnehmen.
Ich sehe zwei Männer in weißen Oberhemden, schwarzen Anzügen, mit Krawatten. Der erste Mann trägt eine schwarz umrandete Brille und macht ein ernstes Gesicht. Der Mann hinter ihm wirkt wie ein ehemaliger WWF-Aktivist, der nicht sehr glücklich über seinen Berufswechsel ist und sich darauf freut, meine Kinder mit Gewalt von mir wegzuzerren. Ich schaudere, als er ein Paar Handschellen hochhält.
Ich habe mir alles bis ins Detail ausgemalt, was lustig, beängstigend und makaber zugleich ist. Aber das ist nur der Anfang. Jetzt, wo ich abgelenkt bin – von meinem chaotischen Haushalt, der mich nur verhöhnt –, bin ich gestresst.
GESTRESST!!!
Stellt euch einfach vor, ich stünde inmitten dieser stilisierten Blasen, die in den Fünfzigerjahre-Comics für eine Atombombenexplosion stehen, und zwar mit allem Drum und Dran, mit Atompilz und nuklearem Showdown, der auf die Explosion folgt. Nicht, dass ich mich wirklich damit vergleichen will – na ja, ein bisschen vielleicht schon.
Jedenfalls fühlt es sich so an. Letzte Woche zum Beispiel.
Es war nur ein kleiner Ausflug und ich wollte einfach nur ein Gespräch mit meinem Mann Sean führen. Wenn ihr zu meinen 3,7 Blogleserinnen gehört (nein, nicht 3,7 Tausend, nur 3,7), wisst ihr, wie durch und durch liebenswert und gut aussehend Sean ist.
Ich wollte also ein ganz normales Gespräch mit Sean führen, über nichts Weltbewegendes, als ich plötzlich spürte, wie sich die Härchen in meinem Nacken aufrichteten. Der Lärm in unserem Van war nervtötend.
Es fing damit an, dass der zweijährige Beck sein Windrad rhythmisch gegen das Fenster des Minivans schlug, wieder und wieder und wieder. (Liebe Mami-Freundinnen, eins wissen wir Mütter sehr gut: Wenn etwas keinen An-/Aus-Knopf und keinen Lautstärkeregler hat, heißt das noch lange nicht, dass es ein ›leises‹ Spielzeug ist!)
Das Klopfen von Aluminium auf Glas hatte meinen Herzschlag bereits beträchtlich beschleunigt, als es von der Stimme unserer vierjährigen Bailey übertönt wurde.
»Mama! Mama!!« Die Stimme steigerte sich rasch zu ohrenbetäubender Lautstärke, durchdrang das Innere des Vans und dröhnte mir in den Ohren.
In meinem Magen krampfte sich etwas zusammen und explodierte – ein Schwall Frustration stieg in mir auf, mit ungeahnter Beschleunigung.
Mein Kopf fuhr zur Sitzbank hinter Sean herum, sodass mein Haar noch heftiger mitflog als das von Willow Smith.
Mit furienhaft aufgerissenen Augen schnauzte ich sie an: »Ich rede gerade mit Daddy!« Die Worte schossen aus meinem Mund wie eine kochende Lavafontäne.
Ja, das war ich bei einem ›Anfall‹ wegen meiner Tochter. Kommt euch dabei vielleicht die Diagnose ›Stress‹ in den Sinn? Und angefangen hatte alles mit den Teppichfransen, die sich in meinem Kopfkino lauthals über die Schlammklümpchen beschwerten, von denen ich sie noch hatte befreien wollen, bevor wir losfuhren.
Der wohlgemeinte Rat »Denk nicht an zu Hause, an das Chaos, die Arbeit, die dort auf dich wartet« funktioniert in der Regel nicht. Wir wissen es nur zu genau. Wir wissen, wie das Haus ausgesehen hat, als wir es verlassen haben – geputzt oder ungeputzt – und es scheint uns zu verhöhnen, ganz gleich, wohin wir fahren.
Ich versuchte, mir das wild blickende, rothaarige Mami-Monster vorzustellen, das meine Kinder in diesem Moment sahen. Es war keine schöne Vorstellung. Doch es war nun einmal entfesselt, unfähig, sich zu beherrschen – und auch gar nicht willens. Es fühlte sich gut an, auf diese Weise ein wenig Dampf abzulassen.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Sean die Hände fester um das Lenkrad schloss. Ich starrte ihn an, fast drohend. Er sollte es nur wagen, etwas zu sagen! Man sollte doch annehmen, dass er nach acht Jahren Ehe gelernt hätte, wann er schweigen muss, doch offensichtlich war dies nicht der Fall, denn plötzlich hörte ich:
»Schatz, denk an dein Stresslevel. Es ist ein bisschen hoch und du weißt doch, die Psychotante, bei der du kürzlich warst …«
»Soll das heißen, du hältst mich für verrückt?«, schnaubte ich. »Verrückt!« Eine brillante Antwort, ich weiß. Irgendwie schon ein bisschen verrückt. Dabei war das erst der Anfang gewesen.
Wenn diese kleine Mami-Offenbarung noch nicht schlimm genug war, dann war es auf jeden Fall der Ausbruch fünf Minuten später, beim Anblick eines hilflosen, frisch verheirateten Pärchens.
Ich konnte nicht anders. Ich sah die beiden in dem hübschen Cabrio, das völlig unschuldig heranfuhr und an der roten Ampel hielt. Vielleicht lag es an der Tatsache, dass ich früher auch ein hübsches Cabrio besessen habe, das wir nach der Geburt von Brandon, unserem ersten Sohn, verkaufen mussten, um ein ›Familienauto‹ anzuschaffen. War das wirklich erst sechs Jahre her?
Das Cabrio war makellos. Keine Ketchupflecken auf den Sitzen. Keine zusammengedrückten Orangensaft-Packungen unter den Fußmatten. Und auf den glänzenden Türen stand in abwaschbarer Farbe »frisch verheiratet«.
Von Herzchen umrahmt. HERZCHEN!
Seans Fenster war heruntergelassen. Ich spürte, wie ich mich hinüberbeugte, als hätte ein anderes Wesen von mir Besitz ergriffen. Ich lehnte mich hinüber, wobei ich beinahe auf Seans Schoß zu sitzen kam, so dicht wie möglich an das offene Fenster.
»Wir möchten nur gratulieren!«, rief ich und sah das honigsüße Lächeln in ihren Gesichtern. »Genießen Sie diesen Moment in Ihrem Leben!«
Die beiden warfen einander Welpenblicke zu. Blicke der Zufriedenheit und des Vertrauens. Ich befahl mir, es dabei zu belassen. Es mit der Gratulation gut sein zu lassen … doch ich hörte nicht auf mich.
Als ich anfing zu reden, dachte ich noch, es würde mir helfen. Doch die Worte kamen immer schneller, wie ein durchgehendes Pferd. Ganz eindeutig hatten meine Gefühle das Reden übernommen.
»Genießen Sie den Augenblick«, hob ich erneut an. »Denn im Nu ist er vorbei und an seine Stelle treten Stimmen, laute Stimmen!«
»Mama!« Brandon versuchte, meine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, veranschaulichte dadurch aber lediglich, was ich gesagt hatte.
»Mami! Mami!«, fielen wie auf Bestellung die beiden anderen Stimmen ein.
»Unvorstellbar laute Stimmen!« Meine Hände zitterten, während ich den Frischvermählten meine Prophezeiung zurief. Inzwischen stand ihnen das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Wer ist diese Frau?, schienen ihre weit aufgerissenen Augen zu fragen.
Ich sah flüchtig zu den Kindern auf dem Rücksitz, die zum ersten Mal an diesem Tag still waren. Vielleicht genossen sie die Show, die die Irre auf dem Vordersitz vor ihnen abzog.
Doch ich war noch nicht fertig – obwohl ich mir heute wünsche, ich hätte nicht weitergesprochen.
Ich räusperte mich. Und dann drang ein zitternder Rest von Stimme aus meiner Kehle. »Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht!«
Die Braut rümpfte die Nase und sah mich an, als sei mir ein zweiter Kopf gewachsen. Ich konnte förmlich ihre Gedanken lesen. Eine Verrückte in einem Minivan. Doch plötzlich wandelte sich ihr Schrecken in reine Panik. Panik ist wirklich das beste Wort dafür.
Die Frau in dem Cabrio sah mich an, doch jetzt sah sie nicht mehr mich. Ihr Schock war ein anderer, ein völlig neuer … als sähe sie plötzlich in ihre eigene Zukunft. Ein Albtraum schien vor ihr aufzutauchen.
Als ich ihren Gesichtsausdruck sah, biss ich mir auf die Unterlippe. Es war der Ausdruck eines Mädchens, dessen Märchen gerade ein jähes Ende gefunden hatte. Ich hatte es ermordet. Ich bin eine Märchen-Mörderin!
Und da, meine Freundinnen, erkannte ich die bittere Wahrheit. Mein Alltag macht mehr mit mir, als mir lieb ist. Wenn ich denke, ich hätte alles in mir und um mich herum bestens sortiert, wie Tetris-Bausteine herumgeschoben und jeden an seinen Platz gestellt, bis ich mich einigermaßen bewegen kann, dann passen die Bausteine plötzlich nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe, und die Gefühle türmen sich höher und höher, bis es »Peng!« macht.
Ich bin so etwas wie der Hulk, der Bruce Banner der nicht berufstätigen Mütter. Er will sich nicht in den Hulk verwandeln, doch es passiert einfach. Genau so fühle ich mich.
Im einen Augenblick bin ich noch ein ganz normaler Mensch. Im nächsten wächst das große grüne Monster in mir heran, breitet sich in alle Richtungen aus. Ich wachse und verwandle mich in etwas nicht mehr Wiederzuerkennendes, ja Bedrohliches. In eine Verrückte vielleicht, bis ich so riesig bin, dass ich die Wände sprenge. Dass nichts mich stoppen kann.
Und obwohl ich den Grund für mein unberechenbares Alter Ego kenne, weiß ich nicht, wie ich mit diesem Zustand umgehen soll. Wie kann es mir gut gehen angesichts eines Hauses, das ich ständig putze, das aber nie sauber ist? Oder angesichts meiner Kinder, denen es Spaß macht zu sehen, wie ihre verrückte Mutter sich beim Anblick der kleinsten Unordnung und des unbedeutendsten Fehlverhaltens verzweifelt die Haare rauft? Kann ich mich ändern? Kann ich in Ordnung bringen, was zuallererst, vor allem anderen, in Unordnung ist – mich selbst?
Ich liebe meine Kinder. Ich liebe auch meinen Mann und den Minivan. Mein Minivan ist wundervoll. Ich führe ein unglaublich tolles Leben, also … wieso fühle ich mich dann so?
Weiß das jemand? Irgendjemand?
Allyson las das Geschriebene noch einmal durch, korrigierte ein paar Tippfehler und klickte auf »Veröffentlichen«, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Die meisten ihrer klugen und witzigen Blog-Beiträge stellten keine Fragen, sondern lieferten Antworten, doch im Moment war sie völlig ratlos. Immerhin gab es heute trotzdem ein paar Dinge, auf die sie sich freuen konnte. Heute war Muttertag und heute würde Sean nach Hause kommen, der beruflich ein paar Tage unterwegs gewesen war. In seiner Abwesenheit fiel ihr alles immer noch schwerer. Sie lächelte beim Gedanken daran, wie er durch die Tür kommen würde – mit weit geöffneten Armen. Ob er wohl wusste, wie sehr sie ihn brauchte?
Sie warf noch einen kurzen Blick auf die Zahl der Seitenaufrufe ihres Blogs seit letztem Monat: 18. Drei für jeden Beitrag, den sie geschrieben hatte. Sean, ihre Mutter und Izzy (ihre beste Freundin), kein Zweifel. Allyson war allerdings nicht ganz sicher, ob Izzy den letzten Beitrag wirklich gelesen hatte; ihre Mutter hatte ihr gesagt, dass sie ihn zwei Mal gelesen hatte, und sie dabei auf drei Grammatikfehler hingewiesen.
Wir alle fangen klein an, tröstete ihr Verstand ihr Herz. Ihr Wert hing schließlich nicht von Seitenaufrufen ab, richtig? Das jedenfalls sagte sie sich, während sich in ihrem Bauch ein Gefühl der Anspannung ausbreitete. Aber sie konnte ja immer noch ihr Haus putzen – das war doch etwas Greifbares! Wenn sie geputzt hatte, konnte sie den glänzenden Fußboden bewundern, den sauberen Kiefernduft einatmen. Es war ein kleines Gefühl der Kontrolle in ihrer Nicht-Berufstätigen-Welt. Es war etwas, auf das sie zeigen und wofür sie sich einen imaginären goldenen Stern verleihen konnte. Es bewies, dass sie ihr Leben nicht verschwendete. Dass ihre lauten, überfüllten, ermüdenden Tage einen Sinn hatten.
Doch sie verweilte nicht allzu lange bei diesem Gedanken. Es war Zeit zu handeln. Allyson klappte ihr Notebook zu und stand auf. Nach wenigen Minuten war ein weiteres Geräusch zu dem Grillenzirpen hinzugekommen: das Schaben des Besens auf dem Boden. Das Klappern des Spielzeugs, das sie auf einen Haufen warf.
Da, nimm das, dachte sie, während ihre roten Locken flogen.
Aus dem Augenwinkel nahm sie etwas wahr, das ihre Aufmerksamkeit erregte. Das erste leichte Morgendämmern drang durchs Küchenfenster, wie ein Spot fiel ein Sonnenstrahl auf eine kleine rosa Socke. Die Socke schien sie zu verhöhnen. »Siehst du mich? Willst du mich etwa hier liegen lassen? Da, wo ich herkomme, gibt es noch mehr Unordnung, das wirst du ja wohl wissen!«
Entschlossen schob sie den Besen auf die Socke zu. Ihre Augen wurden groß, als sie den Legostein dahinter sah. Und das Spielzeugauto. Weg damit. Ein Dutzend Buntstifte, zerbrochen, überall verstreut. Sie fegte sie zusammen. Es war, als hätten Hänsel und Gretel – oder in ihrem Fall Brandon, Bailey und Beck – eine Spur von Brotkrümeln beziehungsweise Spielzeug hinterlassen, die sie finden musste.
Alles Gute zum Muttertag.
Eine Strähne roten Haares löste sich aus ihrem achtlos zusammengedrehten Dutt und lockte sich auf ihrer Wange. Sie blies sie aus dem Gesicht. Ihre Hände umklammerten den Besen noch fester.
Kinder sind ein Segen, sagte sie sich, während sie sich vorarbeitete. Sie ging in das Familienzimmer und sortierte das Spielzeug in beschriftete Kästen. Als Nächstes war das Spülbecken dran und wurde kräftig geschrubbt. Dann öffnete sie die Spülmaschine. Zitronenduft stieg auf, Balsam für ihre Seele. Ein sauberer, frischer Duft.
Ihre Hände bewegten sich mit Ninja-Geschwindigkeit, während sie Tassen in den Schrank stellte.
»KEEP COOL AND MOMMY ON«, stand auf dem Mini-Poster an der Innenseite der Schranktür und Allyson schob entschlossen das Kinn vor.
Ich möchte gern glauben, dass das Muttersein ein Segen ist. Ich versuche es. Ich versuche es wirklich. Sie fuhr sich über die Augen. Aber irgendwie endet es immer damit, dass ich das Gefühl habe, es müsste noch etwas anderes im Leben geben. Das Zimmer um sie herum verschwamm ganz leicht vor ihren Augen.
Was spielt es schon für eine Rolle?, dachte sie, als sie den Besen wieder auf seinen Platz im Wäscheschrank stellte. Das Haus war jetzt sauberer. Nicht perfekt, aber besser.
Doch das nagende Gefühl in ihrem Bauch war immer noch da. Werde ich je das Gefühl haben, dass es genug ist? Wird es je genug sein? Und die Frage, die sie in ihrem Blog gestellt hatte, hallte weiterhin in ihr nach.
Wieso fühle ich mich so?
[Zum Inhaltsverzeichnis]
»Mama!« Die Stimme weckte sie unsanft auf. Allyson erinnerte sich an Aufräumen, Fegen und Wischen und daran, dass die Küche irgendwann endlich sauber gewesen war. War sie danach wieder eingeschlafen?
»Mama, Mama!«
Ihre Augen schlossen sich wieder. Vielleicht konnte sie noch eine Minute dösen. Nur eine Minute. Eine einzige Minute.
»Mama!!!« Sie riss die Augen auf, hob den Kopf und schaute auf die Uhr. 8:15.
»Oh nein!«
Sie stolperte aus dem Bett. Desorientiert. Von unten herauf drangen Stimmen, denen sie folgte. Geschirr klapperte. Geschirr! Das letzte Mal, als ihre drei sich selbst Frühstück gemacht hatten, war eine halbe Schachtel Müsli auf dem Boden gelandet und zu feinem Staub zertreten worden.
Sie hoffte, dass es diesmal nicht so schlimm war, und lief mit klopfendem Herzen die Treppe hinunter.
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