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Wer die 430 Kilometer auf dem Munkevejen von Rødbyhavn bis Roskilde in Dänemark als Fußpilger oder als Radpilger unterwegs sein möchte, der wird nicht nur ein anderes europäisches Land kennenlernen, sondern wird eine zauberhafte, idyllische und – noch – einsame Naturlandschaft vorfinden, die berührt, die entspannt und glücklich macht. Viele Sichtweisen ergeben sich auf die Landschaft, aber auch auf Land und Leute und schließlich auch auf einen selbst. Das Pilgern in unserer heutigen Zeit als individuell durchgeführte Reise ohne Gruppendruck und Gruppenzwang ist für jeden, der sich dazu entschließt, ein Genuss. Auch die spirituelle Komponente kommt dabei nicht zu kurz, denn der Möchsweg in Dänemark beschreibt den Weg der Christianisierung im Norden Europas. Eine individuelle Auszeit aus dem heute oft so Stress geplagten Leben, um eine Pilgerwanderung durchzuführen, bereichert das Leben und stärkt Körper, Geist und Seele. Für viele ist es leicht, genau das zu tun, denn es gibt in diesem Buch auch eine Packliste und ein Übernachtungsverzeichnis. Und für viele Menschen, die das alles aus diversen Gründen nicht mehr persönlich erleben können, ist diese Reise auch als Kopfreise in der Fantasie ein Genuss, also Mut zu neuen Wegen!
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Seitenzahl: 105
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de/DE/Home/home_node.html abrufbar.
Copyright (2020) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Je leichter das Gepäck
des Wanderers sei,
je mehr ist auf dem Weg er sorgenfrei.
Dara Shikoh (1615-1659), Sohn des Mogulherrschers Dschahan
Das Mönchswegsymbol
Cover
Titel
Impressum
Der Munkevejen und seine Geschichte (Nr. 88)
Pilgern, was ist das?
Übersichtskarte
Reiseberichte der Wanderetappen
Teil 1: Rødby – Præstø
1. Tag: 22. Mai:Lübeck– Fähre – Rødbyhavn
2. Tag: 23. Mai:Rødby – Maribo, 20 km
3. Tag: 24. Mai:Maribo – Godstedlund, 16 km
4. Tag: 25. Mai:Godstedlund – Nysted, 15 km
5. Tag: 26. Mai:Nysted – Nykøbing, 32 km
6. Tag: 27. Mai:Nykøbing – (vor) Eskilstrup, 20 km
7. Tag: 28. Mai:(vor) Eskilstrup – (Norre Vedby) Valse, 16 km
8. Tag: 29. Mai:Nørre Vedby – Stubbekøbing, 24 km
9. Tag: 30. Mai:Stubbekøbing – Bogø (Fähre) – Rytsebæk, kurz vor Hjelm (Møn), 26 km
10. Tag, 31. Mai:Rytsebæk (Hjelm) – Stege/ Møns Klint, 16 km (Taxi)
11. Tag, 1. Juni:Stege– Kalvehave (Bus), Jungshoved Kro 17 km, Præstø (Taxi)
12. Tag, 2. Juni:Præstø
13. Tag, 3. Juni:Præstø – Rødby- Puttgarden (Rückreise)
Zwischenbericht
Teil 2: Præstø – Roskilde
1. Tag, 22. Mai:Lübeck– Puttgarden (Fähre) – Rødby
2. Tag, 23. Mai:Rødby – Præstø (Zug, Bus)
3. Tag, 24.Mai:Præstø – Næstved, 24 + 6 km
4. Tag, 25. Mai:Næstved – Skelby (Kørshøjgaard), 24 km
5. Tag, 26.Mai:Kørshøjgaard (Skelby) – Sorø, 20 km + 6 km
6. Tag, 27. Mai:Sorø
7. Tag, 28. Mai:Sorø – Sigersted – Ringsted (Bus), 17 km
8. Tag, 29. Mai:Ringsted – Vigersted, 21 km
9. Tag, 30. Mai:Vigersted – Hvalsø Kirke, 23 km + 5 km (zum Restaurant)
10. Tag, 31. Mai:Hvalsø Kirke – Gl.Leire, 25 km – Svogerslev (6 km Taxi)
11. Tag, 1. Juni:Svogerslev (Gl. Leire) – Roskilde, 21 km
11. – 13. Tag, 2. - 4. Juni: Roskilde
13. Tag, 5. Juni:Rückreise von Roskilde
Zusammenfassung der Erfahrungen
Gehen ist die beste Medizin
Was kommt danach?
Packliste
Übernachtungsverzeichnis
Literaturliste
Biographie
Bibliographie
Lohnt es sich wirklich, sich in Dänemark auf den Weg zu machen? Diese Frage stellt sich mir, nachdem ich bereits in den Jahren zuvor dem Mönchsweg in Deutschland pilgernd begegnet bin. Und diese Frage ist nicht mit einem Satz zu beantworten. Vielmehr benötigt es fast vier Wochen, um hier zu einem Ergebnis zu kommen.
Immerhin stehen dem Mönchsweg im Norden Deutschlands mit 195 Kilometern von Bremen nach Glückstadt/Hamburg1 und 340 Kilometern von Glückstadt nach Puttgarden2 weitere 430 Kilometer in Dänemark von Rødbyhavn nach Roskilde entgegen. Somit umfasst der Mönchsweg in seiner Gesamtlänge ca.985 Kilometer, die in Deutschland vollständig und in Dänemark weitgehend gekennzeichnet sind.
Auch wenn der Mönchsweg ursprünglich als Radfernweg geplant wurde, lässt er sich nach meinem Erleben vorzüglich als Pilgerweg nutzen: Noch ist er sehr einsam, führt an Nebenwegen, die häufig geteert sind, entlang und ist leicht zu belaufen. Von Rødbyhavn bis Præstø ist er fast immer eben und ohne Steigung, während der Weg sich zwischen Præstø bis Roskilde zum Teil auch leicht hügelig zeigt, aber trotz allem einen geringen Schwierigkeitsgrad aufweist. Es ist also ein entspanntes Laufen möglich, fast immer fernab der stark befahrenen Straßen.
Der Mönchsweg folgt in Deutschland und in Dänemark der Einführung des Christentums im 10. Und 11. Jahrhundert, genauer erstreckte sich dieser Prozess in Dänemark in unterschiedlich starker Ausprägung vom 7. bis ins 13. Jahrhundert. So soll der Erzbischof und Missionar Ebo von Reims, der 823 Dänemark besuchte, der erste gewesen sein, der die Kunde vom christlichen Glauben nach Dänemark trug3 , wobei König Harald Blauzahn auf dem Runenstein von Jelling 970 behauptete, Dänemark christianisiert zu haben.4
Und somit wurden mit der Christianisierung als Hauptantrieb durch die Kirche tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen wirksam, wie z.B. die Entstehung erster Städte, die Einführung eines neuen Geldwesens, ein neues Verwaltungssystem und vieles mehr, wobei die Kirchen als Pfarrkirchen zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert erbaut wurden.5
Pilgern, was ist das eigentlich? Diese Frage sollte man für sich klären, bevor man sich auf die Wanderung begibt. Der Mönchsweg beschreibt die Christianisierung im Norden Deutschlands, so wie der Munkevejen im Süden Dänemarks den Kirchenbauten auf diesem Weg der Missionierung folgt. Demnach gehört zum Pilgern auch eine christliche, zumindest eine spirituelle Nähe, die den Menschen, die unterwegs sind, zeigt, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als der Verstand es für möglich hält.
Das Wort „pilgern“ stammt vom lateinischen Wort „peregrinus“ und bedeutet so viel wie „in der Fremde sein Heil suchen“. Das tun viele Menschen, wenn sie sich an einem Krisen- oder Wendepunkt in ihrem Leben befinden. In der unsicheren und unüberschaubaren Welt unseres Jahrhunderts, in der vielfach das Vertrauen in weltliche oder kirchliche Instanzen verloren gegangen ist, wenden sich viele Menschen der unmittelbaren spirituellen Mystik zu, um individuelle Antworten auf viele Fragen des persönlichen Lebens zu finden. Das führt sicherlich zu einer Renaissance des Pilgertums, so wie wir es heute erleben.6
Noch zeigt sich der Mönchsweg/Munkevejen als Geheimtipp, denn bisher ist er nur wenig frequentiert, so dass das Pilgern ein Erlebnis werden kann, bei dem der Mensch sich als Gesamtheit erlebt, bei dem Körper, Geist und Seele zusammen auf dem Weg sein können, um störungsfrei wieder einen Weg zu einander zu finden.
Pause haben und Pause machen, einen Weg aus dem überlasteten Alltag finden, das wünschen sich viele Menschen. Jedoch ist es eine besondere Erfahrung, aktiv gehend eine längere Pause von zwei bis vier Wochen zu genießen.
Kann der Mensch sich überhaupt erholen, wenn er oder sie über längere Zeiträume den halben Tag lang oder länger läuft? Merkwürdigerweise ja, denn das Laufen an der frischen Luft in schönster Natur entspannt den Menschen, macht ihn wieder offen für die schönen Dinge des Lebens, die um ihn herum in der Natur zu bewundern sind. Die Gedanken haben Zeit, sich mit den unverarbeiteten Situationen im Leben zu beschäftigen, der Körper wird gestärkt und gekräftigt, wenn die Muskeln arbeiten und der Wind einem um die Nase weht.
Störungsfreie Zeit für sich selbst zu haben, wann im Leben gelingt einem das, wenn nicht auf dem Weg? Und das genießen alle Menschen, die sich dazu durchringen, sich zu trauen, sich auf den Weg zu machen. Denn häufig ist der Start nicht einfach, zu viele Hindernisse im Kopf müssen beseitigt werden. So stellt sich des Öfteren die Frage, wie ich die Angst überwinde, mich alleine auf den Weg zu machen. Schließlich lösen viele das Problem, indem sie doch einen Partner oder eine Partnerin mitnehmen, der oder die zur Unterstützung oder gegen aufkommende Einsamkeit helfen soll.
Jedoch zeigt es sich sehr bald, dass jeder in Begleitung wieder Kompromisse machen und man Rücksicht auf einander nehmen muss. Auf der anderen Seite können aber auch viele intensive Gespräche unterwegs oder am Abend eine Bereicherung der Pilgertour darstellen. Somit ist leider das Kennenlernen von anderen Menschen unterwegs oft reduziert, da die Laufpartner, die zusammen unterwegs sind, bereits eine feste Gemeinschaft bilden, in die sie nur selten jemand anderen hineinlassen. Also auch hier muss jeder seinen eigenen Weg finden. Wahrscheinlich wird jemand, der alleine lebt, gerne in Gesellschaft pilgern, während jemand, der durch die Familie oder den Beruf stets viel Kontakt mit anderen Menschen hat, sicherlich gerne alleine losgeht.
Und schließlich, wenn es beginnt, dann darf jeder gespannt sein, was sich – vielleicht auch völlig unerwartet – auf dem Wege für einen selber ergibt. Was ändert sich für mich auf dem Weg und was verändert der Weg schließlich in mir? Diese Prozesse gilt es aufmerksam zu verfolgen, denn viele behaupten, dass nach dem Weg nichts mehr so sein wird wie davor. Lassen wir es auf uns zukommen und seien wir gespannt auf das Abenteuer des Pilgerns mit seinen möglichen Auswirkungen.
Und trotz alledem, merkt der Pilgernde sehr schnell, dass alles nicht so einfach ist, dass das Pilgern kein Spaziergang ist, denn schließlich trägt jeder seinen Rucksack bei Wind und Wetter auf dem Rücken durch die Landschaft. Nicht jeder Tag ist gleich: Das Wetter ändert sich, die Kondition ändert sich, das persönliche Wohlbefinden ändert sich. Ich muss also meine persönliche Komfortzone verlassen, wenn ich unterwegs sein will.
Häufig erlebt und berührt der Pilgernde zum ersten Mal in seinem Leben seine persönlichen körperlichen und seelischen Grenzen, muss der Pilgernde zum ersten Mal – völlig auf sich allein gestellt – tägliche Probleme lösen und auch Belastungsgrenzen aushalten, wenn der Weg an einem Tag kein Ende zu nehmen scheint.
Und bei all’ dem, was Sie täglich erleben werden, sind Sie frei, sich den Tag zu gestalten. Fühlen Sie sich frei und unbeschwert beim Laufen, denn Sie erleben die Kür und nicht die Pflicht des täglichen Lebens. Also, seien Sie gespannt auf all’ das, was da auf Sie zukommen wird!
Die 450 Kilometer des dänischen Munkevejens, der mit der Nummer 88 ausgeschildert ist, habe ich in zwei Etappen von jeweils etwa vierzehn Tagen in zwei auf einander folgenden Jahren erlaufen. Dabei erschien mir als Etappenende und auch wieder als Etappenanfang Præstø sehr geeignet, da dieses ein größerer Ort ist, der über eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel verfügt und eine gute Sozialstruktur hat.
Von Præstø aus kann man mit dem Bus bis Vordingborg fahren, um dann mit der Bahn wieder nach Rødbyhavn zu kommen. Danach geht es mit der Fähre weiter nach Puttgarden, von wo aus man dann mit dem Zug weiter nach Hamburg reisen kann. Hamburg als Großstadt verfügt über den Flughafen Fuhlsbüttel und auch jegliche Zuganbindung. Die Anreise im folgenden Jahr erfolgte dann genauso, natürlich in umgekehrter Reihenfolge.
Die Tage der Fährverbindung zwischen Puttgarden und Rødbyhavn sind offensichtlich gezählt, da die Planungen für den Belttunnel auf Hochtouren laufen. Hierbei soll ein Straßen- und Eisenbahntunnel zwischen der deutschen Insel Fehmarn und der dänischen Insel Lolland unter der Ostsee im Fehmarnbelt errichtet werden. Im Jahre 2015 genehmigte das dänische Parlament dieses Bauwerk, die deutsche Baugenehmigung steht noch aus. Demnach ist noch nicht klar, wann der Belt per Tunnel unterquert werden kann.7 Hier leidet Deutschland wieder einmal am Bürokratismus, an Widersprüchen und Klagen, die den Baubeginn erheblich verzögern. Lediglich die Bahn hat bereits reagiert und den Zugverkehr Richtung Kopenhagen auf dieser Strecke mit dem EC über Flensburg verlegt, so dass Puttgarden nur noch mit dem Bummelzug zu erreichen ist.
Angekommen in Roskilde in Dänemark ist es später jedoch kein Problem, mit dem Zug über Flensburg zurück nach Deutschland zu fahren, das scheint, von Roskilde kommend, die kürzeste Strecke zu sein.
Nicht ganz unbeschwert begebe ich mich auf meine Reise nach Dänemark, denn auch mir, reiseerprobt wie ich bin, fällt es schwer, mich aus meinen Familienbanden zu lösen. Unterwegs sein, das ist stets spannend, aber es bedeutet auch, dass man sein gewohntes Leben verlassen muss, um sich dann wieder einmal auf ein ungewisses Abenteuer einzulassen. Überraschung erwünscht, denn niemand weiß beim Start in eine neue Reise, was diese für Besonderheiten bringen wird.
Ich reise mit dem Zug über Lübeck nach Puttgarden, was fast zwei Stunden dauert. Am Bahnhof in Puttgarden dann finde ich nahe des Fährterminals die Übersicht für den Start oder das Ziel des Mönchsweges.
Wegweiser
Ich denke daran, dass ich hier vor drei Jahren bereits einmal gestanden habe, als ich von meinem Weg von Glückstadt/Hamburg nach Puttgarden gelaufen bin.8 Nun geht es von Puttgarden mit der Fähre in einer guten Dreiviertelstunde weiter nach Rødbyhavn.
Der heutige Tag verwöhnt mich mit blauem Himmel und Sonnenschein, es ist ein sommerlicher Frühlingstag, der mir die Fährfahrt angenehm gestaltet. Weit kann ich über das Meer blicken, die Schaumkronen des Wassers bewundern und die Ankunft in Rødbyhavn, wenn sich das Fährschiff in die Hafenbucht legt, genießen.
Die Fähre Scandlines
Mit vielen anderen Reisenden steige ich aus und muss erst einmal die Fußgängerbrücke vom Hafenbereich in den Ort Rødby suchen, laufe gut zwanzig Minuten, bis ich auf dem Wege dann ohne viel Suchen mein Hotel entdecke, das fast auf dem direkten Weg zu finden ist.
Hier nun checke ich ein und habe dann den Rest des Nachmittages für mich zur freien Verfügung. Zuerst möchte ich etwas trinken, kann dafür im Außenbereich des Hotels sitzen und weiterhin das wunderbar warme Wetter genießen. Ich fühle mich erleichtert, dass die erste Etappe für heute geschafft ist und dass ich jetzt entspannen kann.
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