Murg-s-gemacht - Sigrid Schmidt - E-Book

Murg-s-gemacht E-Book

Sigrid Schmidt

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Beschreibung

Ein Toter im grünen Schrank. Geheimfächer an den unmöglichsten Orten. Wo ist dieser mistige Safe? Ein hilfsbereiter Dieb und seine Mutti. Ein steifer Ex in der Schubkarre. Zwei doofe Antiquitätenhändler. "Hilde klemmt im Fensterloch" und Käpple träumt von Thailand. Die verschwundene Betbank. Bastian und Mama und Felix und Erika. Und Maxi? Vögele, und "...beißt Ihr Hund"? Kommissar Liebes und Assi Bombeck ... Lachen Sie ruhig laut, ...wand groinscht, isch´s aa net annerscht !

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Charaktere :

Johannes Vögele: Er würde gerne seinen Hof retten.

Püppi, sein irischer Wolfshund, süchtig nach Leberwurst, hilft ihm dabei.

Susanne Stängle hat nur zwei Männer in ihrem Leben,

Bübele, ihre Deutsche Dogge und ihren neuerdings toten

Liebhaber, Paul Zehnle.

Die erste Frau Kleimst, ordentliche Erbin und Nachkomme des „Waldhofes“, hat vier Kinder.

Bastian: Seine Arbeit ist das Entrümpeln und Verwerten.

Dessen bester Freund ist der Wirt vom „Hirschen“.

Erika: Aus dem romantischen Kind wurde eine frustrierte Ehefrau, bis eines Tages, … dieser Hundehaufen …!

Maximiliane: „Maxi“ hat Gartenbau studiert und wurde Landschaftsarchitektin.

Felix: Aus dem Human-ist wurde ein Poliz-ist.

Cornelia Kleimst, „Conny“ ist die Ehefrau von Felix, Enkelin und Erbin von Frau Schaible,

die hiesige Yogalehrerin

und Mutter von Baby „Ferkelviech“, Püppis Lieblingsmensch.

Die zweite Frau Kleimst hatte nur ein Kind:

Achim, einen Internisten, der in seinem Elternhaus einen Schatz gefunden hat, ihn wieder-versteckte und dann gestorben ist.

Heligunde „Heli“ Kleimst: dessen Ehefrau, hat zwei Kinder,

Zamira und Anastasia, allerdings von Achims Assistenzart

Henning Montag, ein Waisenkind. Auch der wurde Arzt.

Er hat gerade seinen Vater gefunden, nämlich Achim Kleimst.

Anne erfährt erst nach dem Tod ihrer Mutter, dass ihr Vater Achim Kleimst gewesen war.

Außerdem :

Gunnar, der Tankstellenjunge und Enkelsohn vom Wirt.

Ullrich, ein ganz gewöhnlicher Dieb.

Heinrich, der Makler.

Schmonsky und Kleinle, die Antiquitätenhändler.

Schmidtke und Willig, zwei übereifrige Finanzbeamte.

Walter Liebes und Eric Bombeck: Polizeibeamte, und auf der Suche nach einem Hund und dem Mörder von Paul Zehnle.

Adam und Hilde Käpple, die den irischen Wolfshund „Püppi“, jetzt wo er großgefüttert ist, gerne zum züchten wiederhaben möchten. Kostenlos, versteht sich.

Msr. Bertram. Der französische Fachmann für Farben entdeckt deren geheime Botschaft.

Und im Nachtrag:

Robert des Sablé: Großmeister des Templerorden.

Hieronymus de Bertráis: Sein „Double“.

Angeline Carnac: Dessen schwangere Freundin.

Ignaz: Nur ein unscheinbarer Diener.

Philip de Clermont: Ungewollt wird er ein Tempelritter.

Das mit dem „Sonntags-Brötchen-Dienst“ war auf dem Mist von meinem Vater gewachsen.

Und an wem ist die Schnapsidee hängen geblieben?

An mir!

Gunnar.

Dem Sohn und Erben des Geschäftes.

Was mein Vater nur für Vorstellungen hat!

An dem Tag, an dem ich diese Kaschemme erben werde, werde ich sie schleunigst verscherbeln und dann einer geregelten Arbeit nachgehen.

Mit Arbeitszeiten von acht bis vier.

2

Unsere kleine Tankstelle am Rand des Dorfes läuft schlecht.

Zu groß ist die Konkurrenz durch die Ölriesen, die ihre Zapfsäulen neben jeder Einkaufsmeile und jedem Baumarkt haben.

Aber immerhin kann ich die Dinge die ich hier in der Werkstatt lerne, Reifen montieren, Auspuff wechseln, lackieren und schweißen, sicher immer und überall gut gebrauchen.

Bestimmt immer ein paar Extra-Euro damit machen.

Irgendwann, irgendwo, in einer kleinen Werkstatt an einem Dorfrand, die einen fleißigen Zu-Arbeiter sucht.

3

Dieser hier, ein kleiner Wagen mit zwei Krawatten drin, war heute schon der vierte, der nach dem Weg zum Waldhof fragte.

Nachher werde ich auch hinauf müssen; Den Sack mit den trockenen Brötchen auf mein Mofa binden und ihn bei Vögele abliefern. Ihn direkt vor seine Tür stellen, Mamas Kühltruhe ist nämlich längst voll mit den Semmelbröseln der letzten trockenen Dinger, die von der „Sonntags-Angebots-Brötchen-Bäckerei“ übrig geblieben waren.

Auf gar keinen Fall darf ich Püppis roten Ball vergessen!

Püppi hatte ja schon öfter gewütet … aber das hier?

Das Warndreieck am Straßenrand war, bei der Geschwindigkeit meines Mofas von bergan zwei Kilometer die Stunde, nicht zu übersehen.

Hinter der nächsten Kurve steht der Wagen der beiden Krawatten, verlassen und mit Warnblink, mitten auf der schmalen Waldstraße, also lehne ich mein Mofa an den nächstbesten Baum.

Vögeles leerer Wagen raucht und schnaubt vor dem kleinen Kapellchen, während der verbeulte Kleinwagen vor ihm vorsichtshalber „toter Smart“ spielt.

5

Was´n hier nur los? Großer Rummel vor der kleinen Kapelle?

Der alte Herr Käpple schiebt, weiter hinten, seine widerspenstig zeternde Hilde die Straße hinunter.

Auf der Terrasse vom Waldhof sitzt ein blutender Mann, ein anderer steht schimpfend daneben.

Eine aufgetakelte alte Ziege stöckelt auf High-Heels über die Wiese.

Sechs Mann tragen eine Decke mit einem Hund darin den Weg zu Vögele hinauf.

Eine Frau geht heulend hinterher.

6

Das Herz fällt mir in die Hose, als mir klar wird, dass ich Püppi, diesen Riesenköter, inniglich liebe, aber da kommt sie auch schon quicklebendig über den Waldweg geprescht.

Mit schaukelnder Zunge stößt sie ihre Nase hastig in das laue Abendlüftchen, nimmt direkten Kurs auf das alte Scheunentor von Vögele und mir ahnt Böses, als sie am maroden Holz emporsteigt und das Lied von Zähnen, beißen und Tod atemdampfend durch die Ritzen der Bretter schnaubt.

Ein langer, dünner Fremder trägt einen Koffer zu seinem ordentlich geparkten Wagen. „Bon soir!“, dann ist er an mir vorüber.

Und von irgendwo her höre ich ein Lachen, unterlegt mit dem Duft von Leberwurst.

Ich komme also gerade rechtzeitig!

„No moi Püppi´le! ….Wilsch´ du schpiele? ... Bällsche´ fange´t?“

Weit hole ich aus und Püppi hechtet ihrem roten Ball hinterher.

8

Der LKW von Bastian steht noch, also ist Opa auch noch im Waldhof!

Die „Zwoie“, der Bastian vom Waldhof und mein Opa, der Wirt vom „Hirschen“, sind wie Pech und Schwefel.

Waren sie schon, bevor sie in die Schule kamen.

Muss schön gewesen sein, damals, als man noch die Schule im Dorf besuchen konnte.

Und jeder hat dort etwas gelernt. Ganz nach seinem eigenen Können. Und jeder hat auch seine Versetzung bekommen, egal wie viele Kinder es waren.

9

Jeder kannte hier jeden. Und alle kannten den Pfarrer, den Bürgermeister, den Wirt, den Schmied, den Schuhmacher, den Bäcker, den Schneider, den Lehrer.

Und ein jeder hatte seine Aufgabe.

Es gab auch noch keine „Fremden“ im Dorf. Auch waren die Lehrer Respektspersonen, die die Noten nach deinem, dir eigenen Können vergaben, deinen dir eigenen Möglichkeiten und nicht nach dem Programm der total verblödeten EU, oder wegen der Studien von Pisse.

Klar, bin ich nicht dumm, aber was ein „Algebra“ sein soll geht mir einfach nicht in den Kopf.

Ich kann einfach nicht mit fiktiven oder „abstrakten“ Zahlen.

Wer schon!

Aber der Sohn vom Herrn „von und zu“ ist noch blöder als ich.

Trotzdem bekam der die besseren Noten und die Weiter-Empfehlung aufs Gymnasium.

Soll ich meinem Vater darum das Herz schwer machen?

Weil er keine Computer an die Schule spenden kann?

Nicht mit dem Rektor im selben Golfclub ist?

Aber ich kann ja warten!

Ich habe ja jede Menge Zeit!

Mal sehen, was der Depp vom „von und zu“ so im Leben schafft.

Sicher, er wird garantiert reicher als ich.

Sicher auch Erfolg-reicher.

Meine Sorge ist allerdings, dass sie den Idioten an das NASA-Programm lassen, oder in ein Atomkraftwerk,…denn dann sind wir alle verloren!

Nö!

Da bleibe ich lieber bei meinen Reifen und Auspüffen, ernähre mich redlich und kann danach mit Püppi spielen.

10

Jetzt kriegt sie wohl auch den Duft von der Leberwurst in die Nase … und weg ist sie!

„Ihr könn´et jetzt raus komm´et, … Sie isch weg!“

Nur ein hastiges „Danke, … das vergessen wir dir nie …“ später und die beiden Büro-Schlipse sind in ihrem Wagen und heulen auf und davon.

11

Ein wahres Wunder, dass die beiden es bis Vögeles sonst immer leeren Briefkasten geschafft haben, denn das halbherzig eigeschobene Kuvert, gleich über meinem Brötchensack, stammt sicher von ihnen.

„Gunnar ...“ Opa steht auf der Terrasse vom Kleimst-Haus, dem offiziellen „Waldhof“ und winkt aufgeregt mit beiden Armen, „… komm nauf´ert …!“

Keine Ahnung was er will, aber man geht, wenn der Opa ruft!

Mama kreist jetzt immer schwerfälliger um den Tisch, stellt dabei unsere Tassen auf ihre Plätze.

Zuerst für ihren Ältesten, für mich, Bastian, danach für sich.

Dann die Teller, die Butter, den Käse, die Wurst. So, wie sie es seit immer tut.

13

Wie lieb und vertraut mir diese Dinge allesamt sind!

Das verwaschen-bunte Kännchen mit der Milch.

Die Tasse mit dem Blumenstrauß für Mama. Die mit den verblassten Sternen für mich.

Den Teller mit dem blass-goldenen Rand für Mama. Den mit den kleinen blauen Blümchen für mich.

Ich weiß, dass sie die anderen Tassen, die von Erika, Felix und Maxi, hinter den unseren im Schrank hütet. Sehe, wie sie die Stücke manchmal in den Händen hält und redet, als säßen alle ihre Kinder noch am Tisch hinter ihr. Merke sehr wohl, wie gerne sie ihnen Milch eingegossen hätte. Höre besorgt, wie sie immer öfter von Opa und Oma und Grabesruhe spricht, sonst hätte ich jetzt nicht davon angefangen.

„Mudder…? …Wonn mer reich wäret, … richtich reich …!

Wonn mer Millionäre wäret. … Wonn mer uns alles däte leischde könntet, was mer wolltet, … was würd´schd du dann machet..? …Was hättsch´d du dann geh´re?“ „Ach, Bub! … Wonn i´ g´nu´ Geld hätt´, … dann würde i´ unser´n Hof kaafet und hoim gehet! … Au´, wenn es nit g´recht wär´, weil er uns doch immer no´ g´höret! … Awwer i´ hab´s aufge´bet noo Gerechtigkeit zu wartet! … I´ würd´ zahlet, damit i´ z´haus würd´ sterbe kennet!“

„Woischt Mudder,… i´ häb´ g´nuuh g´schbart! … Und jetzert, wo der´e falsche Kleimscht doot isch, … könntet mer widder hoim gehet! … I´ dät´ de Hoof kaafet. …Awwer nur, wonn´d mer versprich´schd, … das´ d´ nett so schnell schderwe duh´sch …!“

Ich trank meine Tasse aus und stieg hinauf auf den Speicher des Gemeindehauses, in dem wir seit all´ den Jahren wohnten, den wir den Waldhof verlassen mussten, setzte mich auf die alte Kiste, die dort schon immer stand, auf der ich immer so saß, wenn es mich übermannte und weinte bitterlich.

Wer sollte ich denn sein?

Wo sollte ich denn sein, ohne sie?

Ohne sie, bin ich allein auf dieser Welt!

Zuhause!

Sie hatte recht!

„Zuhause“!

Der Waldhof war der Ort, an den wir alle hingehörten!

Was bin ich doch froh, dass ich Mama gestern vor dem Losfahren zur Müllkippe gefragt hatte!

Der LKW ist noch vollgeräumt mit all´ den alten Möbeln, den Teppichen und dem Krimskrams, den ich aus dem Waldhof nach dem Ableben dieses „Achim“ und auf Anweisung seiner Frau ausgeräumt hatte. Und was jetzt eben nicht mehr da war, was Mama von den alten Dingen vermissen würde, werde ich einfach auf eben-diesen Achim schieben.

Ganz falsch wäre es ja nicht und es ist ihm ganz sicher sowieso egal, weil tot.

15

Ich seufze zufrieden. Wie gut, dass ich gestern auch gleich mein Geschäft aufgegeben habe!

So wird denn ein anderer den Laster wieder abladen.

Mein Freund, der Wirt und sein Enkel Gunnar vielleicht, oder Fremde aus den Annoncen des Badischen Tagblatt.

Ich werde die Dinge nur noch zurück an ihren angestammten Platz schieben, zuletzt den Schatz zurück in sein Versteck tun und mich dabei beeilen, damit mir kein anderer mit dem Hauskauf zuvor kommt. Etwa dieses junge Pärchen von gestern.

Gott-sei-Dank hat mich diese Heligunde Kleimst, die Frau und Erbin vom toten Achim nie gesehen, denn dann könnte ich ihr persönlich eines von den Schmuckstücken aus dem Schatz als geldwerten Gegenwert anbieten, denn wie man hört, steht sie ja auf Schmuck!

Damit würde ich mir dann auch sämtliche Unannehmlichkeiten,

mit dem aufwendigen Umtauschen gegen Geld,

den dann auch unvermeidlichen Wertverlust,

die eventuell bohrenden Fragen nach der Herkunft des Schmucks; Gutachter-, Juweliers-, Fachmanns-Kosten, ersparen.

Vorstellen könnte ich mich ihr allerdings nur schlecht, denn wenn sie den Namen „Kleimst“ hört, wird sie sofort wissen, woher und wohin der Hase läuft und es würde doppelt teuer.

Vielleicht konnte ich mir auch diesen Makler zunutze machen?

Oder vielleicht war mein Vorhaben auch besser zu tun ganz ohne Mitwisser und ich mache lieber einen Termin mit ihr persönlich aus.

Hier, im Gemeindehaus. Stelle mich ihr dabei gar nicht erst vor, oder nur, wenn mir nichts anderes übrig bleibt und dann, der Einfachheit halber, vielleicht nur als „Herr Bastian“, womit sie mich dann auch, sehr erwünscht, geistig total verkehrt einordnen konnte.

Vielleicht halte ich ihr auch einfach nur wortlos eine Handvoll Gold unter die Nase und fordere einen schnellen Termin für den Kaufvertrag!

Die ganze letzte Nacht hatte ich in diesem muffigen Schrank in der ersten Etage des Waldhofs festgesessen, war nur manchmal etwas eingenickt, denn zugegeben, es war sehr ruhig und gemütlich hier, wäre da nur nicht immer diese Angst des Diebes.

17

Mit Mühe und Not war ich den Ausräumern,

einem Makler,

ein paar Antiquitätensammlern

und einem Pärchen Kauf-Interessenten entgangen.

Konnte, vor einem blutendem Mann und seinem Freund,

einem Langen mit einem Koffer und seinem Stall-Date,

ungesehen davon kommen.

Habe meine Tasche schnell wieder zurück in den Baum an der Lichtung gehängt und bin nach Hause gefahren.

Duschte und frühstückte, während Mutti mir ein dickes Fresspaket für den nächsten Versuch zusammenpackte.

Zwei Thermoskannen mit Milchkaffee.

Zwei Flaschen mit Saft ohne Kohlensäure, wegen dem furzen und rülpsen!

Vier doppelte Stullen. Zwei fürs Abendbrot, zwei fürs Frühstück.

Zwei Rollen Krepppapier für alles nötige, … Sie wissen schon!

Und das Ganze wird in einen neuen, dunklen Eimer mit Deckel gepackt, den man ja immer für alles Mögliche brauchen konnte.

Es ist schwer, dem würzigen Duft von Leberwurst zu entgehen. Überhaupt diesem Wurstduft von meinem Lieblingsmetzger.

Das war Muttis Art mir ihre Liebe zu zeigen, warum ich sie noch viel lieber roch.

Darum verstehe ich auch diesen Riesenhund, der jetzt unvermittelt aber freundlich schwänzelnd, aus dem Grün rings um meinen Wald-Lichtungs-Baumgabel-Posten aufgetaucht ist.

Ein Mädchen, darum wohl anzunehmend eher friedlich, das sich fröhlich die Schnauze von einer Seite zur anderen leckt, während ihre Nase hoch im Leberwurstduft tanzt; Sie sich bald auf dem Boden wälzt, dann ihren Schwanz wie einen Trommelstab zwischen den Stämmen klopfen lässt. Dann wieder still sitzt und bittend „Pfötchen“ gibt, so breit wie meine beiden Knie.

Nur darum lasse ich mich jetzt erweichen, wohl wissend, dass ein knurrender Magen, in einer ruhigen Nacht, mich leicht verraten könnte.

19

Ich weiß nicht genau, wie viele Brote in so einen Hund passen, aber vier doppelte auf einmal waren schon eine Menge!

Vorsichtig nimmt sie eines um das andere von meiner Hand, grummelt ungut wenn ich vorausdenkend wenigstens in der Mitte der Stulle etwas heraus beiße und gibt erst Ruhe, als auch das letzte Krümelchen aufgegessen ist.

Kontrolliert mich, meine Tasche und meinen Eimer sorgfältigst, leckt mir dann mit ihrer breiten Zunge nochmal freundlich und fettig über das Gesicht, bevor sie zwischen den Bäumen verschwindet.

Ein wirklich netter Hund!

Langsam lasse ich meine Werkzeugtasche aus der Astgabel herunter.

Mein altes Fernglas habe ich für wenig Geld bei meinem Pfandleiher erworben, vor vielen Jahren, als ich mit dem Versorgen von Mutti und mir angefangen habe.

21

Es stört mich nicht mehr, dass er mich anfangs für einen Stalker oder einen Spanner gehalten hatte, weil ich bis heute nicht weiß, ob das besser oder schlechter ist als Einbrecher.

Zumindest aber ist es lukrativer!

Das hatte der alte Knauserer von Geldverdreher dann wohl auch irgendwann begriffen, als ich ihm immer wieder „Stückle“ aus einer angeblichen Erbschaft brachte.

22

Und heute Nacht werde ich auch ganz bestimmt diesen mistigen Tresor finden.

Niemand versteckt einen Tresor so, dass ich ihn nicht finde!

Andreas, mein alter Freund und Maurer hat gesagt, sie hätten ein großes Loch in eine Felswand gehauen, „…für einen mannshohen Tresor …!“ Das hatte ihnen ihr Auftraggeber, ein gewisser Achim Kleimst, hirnrissiger Weise verraten.

23

Heute Nacht wäre ich endlich alleine im Haus!

Heute Nacht werde ich nicht wieder einschlafen!

Bei diesem Schrank, in dem ich die ganze letzte Nacht gesessen hatte, werde ich wieder beginnen.

Dann die Wände drum herum abklopfen. Dann die in den anderen Stuben. Immer im Uhrzeigersinn!

Zuerst oben und mich dann das Treppenhaus hinab arbeiten bis ganz hinunter.

Akribisch alles absuchen.

Die Entrümpler hatten es mir außerdem leichter gemacht.

Die Dinge, die sie händisch aus dem Haus geschafft hatten, waren sicher alle ohne dreihundert-Kilo-Tresor gewesen.

Und alle Wände waren jetzt viel leichter zugänglich.

Felswand?

Wo konnte hier wohl eine Felswand sein?

Ich würde mich also auch gründlich in den Ställen umsehen müssen!

Im wahrsten Sinne des Wortes … Mist!

Hatte ich also richtig gedacht!

Hier steppte der Bär, während mein Makler mir erzählte es gäbe keine Interessenten für meinen Waldhof. Für mich bestenfalls ein Ferienhaus, das ich von meinem verstorbenen Mann, Achim Kleimst, geerbt habe!

25

Erst musste ich mich stundenlang durch diese „Wald-Kirmes“ drängen um überhaupt bis auf den Parkplatz vor meinem Haus zu kommen, dann die Dicke aus dem Fensterloch sprühen, und jetzt quäle ich mich durch die dicken Soden Gras rund um den Hof und um den Nasenbluter auf der Terrasse herum und sehe dabei selbst nach dem Rechten!

26

Das Pärchen, das Makler da gerade vor dem Haus verabschiedet, sieht mir allerdings nicht so aus, als könnten sie sich ein großes Haus leisten!

Ich werde ihm also den Auftrag entziehen.

Veralbern kann ich mich alleine!

27

„Einen Moment noch gnädige Frau, … ich bin gleich bei Ihnen!“

Er leckt der Jungen die Hand, schüttelt die des Mannes ausgiebig und wendet sich dann grinsend mir zu.

Seine ausgestreckte Rechte übersehe ich demonstrativ.

„Ich bin Heligunde Kleimst, ihre Auftraggeberin! … Ich denke, ihr Auftrag endet hier. … Ich bin heute extra hierher gefahren, um zu sehen, ob es tatsächlich keine Interessenten gibt. …

Und … siehe da …!“

„Aber gnädige Frau! … Mein Immobilienschild hat die letzten Tage unleserlich in der Wiese gelegen. … Wahrscheinlich irgendwelche Rowdies. … Da kann ich dann nichts dafür, wenn niemand anruft oder besichtigen will! … Außerdem müssten Sie den Verkauf sonst alleine abwickeln, … und ich weiß nicht, wie gut ihre Verbindungen zu Notariat und Grundbuchamt sind! … Wollen Sie also wirklich auf mich verzichten? … Außerdem hatte ich gerade zwei aussichtsreiche Interessenten. …. Aber bitte! … Wenn ich ihnen absagen soll …?

…Ich überlasse ihnen auch gerne meinen Platz auf der heißen Terrasse, damit Sie, das ganze Wochenende über, Hinz und Kunz durch ihr Haus führen können. … Ganz wie Sie es möchten …! … Der Kunde ist schließlich König!“

Makler Heinrich war mächtig in Fahrt und die Scharniere von totem Achims rostigen Klappstuhl knarzten melodisch dazu, als er das Dutzend vorbereiteter Immobilien-Exposés in die Schublade des praktischen kleinen Tischchens schob, das er aus dem Hausflur heraus genommen hatte; darunter und zwischen dessen Beine der alte Gartenstuhl, den er genau hier gefunden hatte, prächtig passte.

Greift des Tischchens Korpus also unter seine linke Achsel, dass dessen Beine abstehen wie spanische Piken, nimmt Achims gefalteten Klappstuhl unter den anderen Arm, tut große Schritte quer über die breite Wiese, schiebt alles in den Kofferraum seines Kombi und wirft seine Jacke darüber. „…ich bin schließlich ausgebildeter Makler und kein X-beliebiger Hanswurst!“

Heligunde war ihm immer kleinlauter werdend gefolgt, ob seiner treffenden Analyse.

Ungeschickt storcht sie auf ihren High heels durch das widerspenstige Gras, dem wütend weit ausholenden Makler krampfhaft hinterher … Und, NEIN! … Sie hatte keine große Lust ihre Wochenenden hier zwischen diesen Dorftrotteln zu verbringen!

„Also gut! … Das mit dem Schild konnte ich ja nun auch nicht wissen! … Machen Sie also ruhig so weiter…!“

Mehr könnte Heinrich wohl nicht von ihr erwarten.

Kopfschüttelnd fuhr er davon.

Weder Anne noch Henning Montag, ihr Arzt, nach Maklers Meinung das kaufinteressierte Pärchen, hätten das Schauspiel „… vom wütenden Makler und der Donner-Ziege“ verpassen wollen und hatten darum nur zu gerne aus ihrer Fahrerloge heraus zugesehen, bis „Makler“ davon fuhr und „Ziege“ frustriert davon stakste, Ihre dürren Stelzen in einen SUV hob und, ohne einen Blick zurück, die Straße hinunter heulte.

30

Annes Beinwunde klopft mittlerweile doch ziemlich heftig, und nur zu gerne würde sie sich jetzt wieder hinlegen, was ihr leicht anzumerken war, warum Henning ihr nun anbot:

„Ich glaube, ich sollte den Weg zurück in die Klinik fahren!“

Anne war hinüber gerutscht, während Henning um den Wagen ging und nun, „Himmel-Herrgott, …was isch jetzert dess…?“, am Fahrersitz versuchte.

Eine alte Einkaufstasche widerstand jedem Versuch den Schlitten mit dem Sitz ganz nach hinten zu schieben, nicht nur weil sie so sperrig war, sondern auch, weil sie sich als sehr schwer erwies, wegen einer metallenen Kassette darin.

„Was haben Sie denn da drin? … Goldbarre´…?“

„Keine Ahnung was da drin ist! … Die fiel aus dem Mülleimer, bei meinem blutigen Kletterversuch hier … und ich habe sie, wohl im Schreck, einfach mitgenommen!“

„Hhmmmhhh. … Dick mit Silikon verklebt! … Aber kümmern wir uns erst mal um Sie und ihr Bein …!“ Henning legt die Tasche mit dem schweren Klotz darin hinter den Beifahrersitz, „…und wenn wir wieder in der Klinik sind, erzählen Sie mir bitte, wie Sie zu dem äußerst unterhaltsamen Hobby der „Hausbesichtigungen“ gekommen sind!“

„Oh, … das war heute meine Erste! … Aber es wäre als Hobby wirklich zu überlegen! … Zumindest besser als Theater oder fernsehen. …Wissen Sie, … der Besitzer des Hauses war mein Vater. … Leider habe ich ihn nie kennengelernt. … Ich kam zu spät! … Er ist nur wenige Tage nach meiner Mutter verstorben!

…Aber Sie müssen ihn ja gekannt haben, …er arbeitete doch in Ihrer Klinik, … Doktor Achim Kleimst! ... Kannten Sie ihn?“

31

Anne hatte den während der ganzen Fahrt über ihre Frage schweigend brütenden Henning oft und stumm von der Seite angesehen. Irgendwie fühlte sie sich schuldig den fröhlichen Einklang zwischen ihnen gestört zu haben.

Endlich rollten sie auf den Parkplatz des Krankenhauses, saßen dort eine Weile einträglich und ganz still, bis Henning zu dem üblichen Schluss gekommen war, dass der gerade, der kürzeste Weg, eben auch immer der bessere ist.

„Ich habe lange Jahre nach meinem leiblichen Vater gesucht.

…Für bestimmt hundert Gen-Proben sinnlos gezahlt, … bis ich heute Morgen eine Antwort bekam, mit der ich nie und nimmer gerechnet hatte, … die ich nur der Vollständigkeit halber in Auftrag gegeben hatte. … Achim Kleimst war auch mein Vater. … Wir sind demnach Geschwister. …Zumindest Halbe….!“

Ich weiß jetzt, warum es „Stein-reich“ heißt!

Eben, weil man viele Steine besitzt, in Form von Häusern, Burgen, Mauern und anderem Besitz aller steinigen Form und Art.

Sicher wäre es auch erstrebenswert „Stein-reich“ zu sein, aber noch besser wäre es, wenn man Steine essen könnte.

Braten, kochen, grillen.

Sie in die Suppe hauen, mit etwas Salz, Wurzelgemüse und Knoblauch sieden lassen, bis sie weich sind und Kartöffelchen dazu, wenn man denn welche hat.

Und genau das ist das Problem!

Jedenfalls für einen Dieb!

Denn „Stein-reich“ war nicht dasselbe wie „Schein-reich“, womit ich nicht den „schönen Schein“ meine, der den Verstand blenden und den wachsamen Geist einlullen soll, sondern die bunt bedruckten Scheine, die unsere Banken so stolz als Währung ausgeben, egal ob Kaufkraft oder nicht!

Wobei hingegen so eine „Stein-reiche“ Immobilie aber eine Sicherheit, ein bester Garant für ein gutes Ansehen und ein Pfand für ein langes Auskommen darstellt.

Eine ewige Option.

Durchaus erstrebenswert!

Nicht nur für einen Dieb wie mich!

33

Die halbe Nacht war ich wieder durch dieses Haus gegangen, hatte an Wände geklopft und auf ein hohles Echo gehofft.

Hatte nach kalten, dichten Stellen im Mauerwerk gesucht, denn sicher war das lohnender, als in den dunklen Stollen zu kriechen, wie es der Polizist vorhin getan hat, den ich bei meiner Suche im Stall dabei beobachtet hatte.

Ihn, seine Frau und das niedliche Baby.

Er sah gar nicht zufrieden und glücklich aus, als er da blutend und schmutzig aus dem dunklen Loch zurück kam.

Wahrscheinlich sowieso nur ein alter Brunnenschacht!

Besser, ich schleiche wieder zurück ins Haus, nehme die beiden alten Ölschinken, die als einziges vom Entrümpeln übrig geblieben waren und verhökere sie als „alten Familienbesitz“ in irgendeiner Galerie.

Noch besser, ich frage zuerst in einem Museum nach, was sowas denn überhaupt wert wäre.

Man weiß ja nie!

Und Alles kann man ja sowieso nicht wissen, selbst als erfahrener Dieb wie ich!

Außerdem ist mir jetzt scheißkalt, nach den vielen Stunden in dem ungeheizten Haus und den alten, leeren und eisigen Ställen.

34

Mist! Gerade bin ich vor der Tür zum Schrankzimmer angekommen, als ich unten einen Schlüssel in einem alten Schloss knarzen höre.

Hätte ich nur nicht diese Gemälde mit den hässlichen Fratzen so voreilig im breiten Teil vom Schrank verwahrt, damit sie nicht doch noch einer mitnimmt!

Nun bleibt mir nur noch das schmale Schrankteil zum verstecken.

Gott-sei-Dank bin ich ein Schmaler, Kleiner.

Spiele ich also einfach “toter Mann“.

Knicke mich zusammen, die Ellbogen über den Knien, lege mein Gesicht darauf und stelle die Augen auf Schlitz.

Mal sehen was passiert!

Und als sich die Tür jetzt tatsächlich öffnet, lasse ich mich steif heraus plumpsen, wie ich mir das bei einem Toten so vorstelle und harre reglos der Dinge, die da jetzt wohl kommen.

Nach zwei, drei Schrecksekunden schiebt mich die Uniform ganz vorsichtig wieder in mein Versteck.

Damit hatte ich zwar nicht gerechnet, aber auf Rettung gehofft!

Also ..! … Warten, bis er weg ist, … die Bilder unter den Arm klemmen…und nix wie weg. … Und nie mehr wiederkommen!

Als ich, noch bei der Arbeit auf der Wache, den Anruf von Conny bekomme, klingt es sehr nach Notruf, aber sie hatte aufgelegt bevor ich Konkretes nachfragen konnte.

Kurzerhand werfe ich mich in den Dienstwagen und fahre Richtung Waldhof.

36

Mir fällt das Herz in die Hose, als ich das Warndreieck am Rand der Straße sehe, trotzdem wäre ich dem letzten Wagen, der mitten auf der schmalen Waldstraße steht, beinahe hintendrauf gefahren, und zum ersten Mal in meiner Laufbahn als Polizist vergesse ich, aus Sorge um meine Beiden, meine Dienststelle zu informieren. Fahre stattdessen meinen Dienstwagen an den Rand des nächsten Wanderweges, lasse die Handbremse schnarren und renne einfach los.

Was hatte sie gesagt, … „ …komm zu den Ställen!“ …?!?

37

Was war denn hier nur los?

Zwei Anzüge stürmen aus der Scheune, stürzen in den Kleinwagen, den ich beinahe als Rammbock benutzt hätte und rauschen reifenqualmend davon.

Gunnar schlendert gemächlich über die Wiese, hoch zum Waldhof.

Zwei Männer schieben einen total demolierten Kleinwagen neben die kleine Kapelle; Der Lenker blutet aus der Nase und hat ein blutunterlaufenes Auge. Der andere schiebt zornig und brabbelt dabei böse vor sich hin, während sie gekonnt um Vögeles leeren, rauchenden Wagen navigieren,… „... denne verwischet mer schon no´! ... Denne nehm´ i´ am Schlafittche´ … unn ruckel ehrm, … bis ´es Geld,… fer d´ neue Karre, … unte´ raus klimpert...! …… I´ zeig´s ehrm ...!“

38

Conny steht am Tor zu den Ställen, schaukelt Baby in ihren Armen und wirkt dabei ein wenig ratlos.

Selig umarme ich beide, halte sie eine Weile und denke bei mir, dass das Lauschen auf das Herzklopfen eines geliebten Menschen das wunderbarste Tick der vergehenden Zeit ist.

Nur ungern lasse ich meine zappelnde Frau wieder los.

„Das glaubst du mir nie, wenn ich es dir vorher erzähle,… deshalb zeige ich es dir gleich! … Aber verrammle erst die Stalltür von innen, damit uns niemand überraschen kann!“

Ein paar Keile waren schnell gefunden.

Viele Male war ich als Kind in diese Kammer gegangen, hatte Astgabeln im Herbst hinein und Rindenarbeit im Winter heraus getragen. Mich gegruselt, in dem zugigen, eiskalten Raum und nichts dabei geahnt.

Wer könnte auch so etwas ahnen?

Der dunkle Schlund, der hinter dem Regal zum Vorschein kommt, heult und pfeift leise, dabei verlockend, einlullend und besänftigend, wie die Flöte eines Schlangenbeschwörers.

„Der Franzose ist hinein gegangen und damit wieder heraus gekommen!“ Geistlos stiere ich auf die Handvoll knarziger Münzen.

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