Mutter (Ein Gemurmel) - Kate Zambreno - E-Book

Mutter (Ein Gemurmel) E-Book

Kate Zambreno

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Beschreibung

Kate Zambreno hat über dreizehn Jahre lang an Book of Mutter gearbeitet. Entstanden ist ein Buch - zwischen Autofiktion, Memoir und Collage - über das Potenzial des Schreibens, der Fotografie und des Erinnerns. Es ist der zärtliche und zugleich unsentimentale Versuch einer Tochter, die Familienapokryphen nach dem Tod ihrer Mutter zu inventarisieren, sich murmelnd (to mutter bedeutet auf Deutsch murmeln, Worte suchen) der Mutter zu nähern, die Trauer zugleich zu erinnern und zu vergessen. Kate Zambreno spinnt ein assoziatives Netz rund um die Leerstelle, an der die Mutter einst war, schreitet labyrinthische Erinnerungsräume ab, die vom »Muttergespenst« noch immer heimgesucht werden. Mit den Fragmenten der Mutter vermischen sich solche des Vaters, der Geschwister, von Louise Bourgeois, Roland Barthes, Henry Darger, Virginia Woolf, Franz Kafka und vielen anderen.»Wie kann ich mich erinnern daran?Es ist so lange her. Alles, was verbrieft ist, sind dieseWörter auf dem Blatt, die Art und Weise, wie ich mir diese Geschichte selbst erzählt und in den Jahren danach umgedeutet und umgeschrieben habe.«

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Seitenzahl: 113

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Kate Zambreno

Book of Mutter

Aus dem Englischen von Dorothee Elmiger

für meine Mutter

Ich beschäftige mich literarisch, wie auch sonst, veräußerlicht und versachlicht zu einer Erinnerungs- und Formulierungsmaschine.

Peter Handke, Wunschloses Unglück

 

 

Er schrieb mir: »Ich werde mich mein ganzes Leben nach der Funktion der Erinnerung gefragt haben, die nicht das Gegenteil des Vergessens ist, sondern vielmehr dessen Kehrseite. Wir erinnern uns nicht. Wir schreiben das Gedächtnis um, wie man die Geschichte umschreibt. Wie sollte man sich an den Durst erinnern?«

Chris Marker, Sans Soleil

Ich habe eine Erinnerung. Ich glaube, dass ich manchmal davon träume. Ich bin 18 Jahre alt. Ich klopfe an die Tür eines Hauses im reicheren Teil der Stadt, in der ich studiere. Ich habe auf eine Anzeige geantwortet, die im Studierendenwerk hing. Eine elegant gekleidete Frau, Ende 50 vielleicht, öffnet die Tür. Weißt du, warum du hier bist?, fragt die Frau, als wir in der Küche des großen, sonnigen Hauses stehen. Nein, sage ich, ich weiß es nicht. Höchstwahrscheinlich lächle ich, denn so fülle ich in jenem Alter die Stille zwischen mir und Fremden, so fülle ich sie auch heute noch manchmal. Sogar jetzt.

 

Sie sagt, da sei noch eine Frau, ihr gehöre dieses Haus. Sie sagt, diese andere Frau habe gute Tage und schlechte Tage. Und es werde meine Aufgabe sein, ihr – irgendwie – zu helfen. Und als sie diese Frau beim Namen ruft, kommt sie auf mich zu mit roten Händen, die links und rechts von ihr herabbaumeln. Sie trägt eine Bauchtasche um die Hüfte, als machte sie sich bereit für eine Reise.

 

Ich lächle bestimmt viel zu breit. Ich schaue zu der Frau, die mich ins Haus gebeten hat. Ich begreife, dass sie es ist, an die ich mich stattdessen richten soll. Ich frage nicht, was mit der anderen Frau los ist, zwar wird es mir allmählich klar werden, aber nie ist mir irgendetwas klar, und jeden Tag, an dem ich dann hingehe, tue ich es mit der Mattheit und der Verunsicherung des ersten Tages – ein Vorstellungsgespräch, in dem ich alle Fragen stelle.

 

Ich soll zweimal die Woche kommen. Es geht, glaube ich, um die Erledigung von Büroarbeiten. In der folgenden Woche kehre ich zurück mit einer Angst, die ganz Körper geworden ist.

Die Frau begrüßt mich an der Tür. Die andere, jene, die mich eingestellt hat, ist nicht mehr da. Nein, vielleicht grüßt sie mich gar nicht, sondern öffnet die Tür und läuft dann davon, lässt sie offen stehen.

 

Ich folge ihren Schritten. Sie betritt jeden Raum als Erste. Trotzdem finde ich mich in der Rolle des Tourguides wieder. Das ist die Küche, sage ich. Ja, sagt sie, ja. Es ist anders, jetzt, da wir nur noch zu zweit sind. Ich habe das Gefühl, sie beruhigen zu müssen. Ich nehme eine gerahmte Fotografie vom Couchtisch. Eine Familie lächelt mir entgegen, einstudiert und in abgestimmten Farben. Sind Sie das? Ich zeige auf die Frau in der Mitte, umrahmt von zwei Jungen und einem Mann. Sie nimmt das Bild. Ein winziges Lächeln. Oh, ja, sagt sie. Ja.

 

 

Nie sehe ich jemand anderes im Haus, soviel ich weiß, ist sie jetzt allein. Ich sehe weder den Ehemann noch die Söhne von der Fotografie. Niemand ruft sie an. Die andere Frau, jene, die mich eingestellt hat, sehe ich nie wieder. Dieser Bruch, den ich wahrnehme, erschüttert mich. Ich verstehe ihn nicht.

Ich befinde mich in einem hellen Raum, wahrscheinlich eine umgebaute Veranda. Durch die Fenster erfasst das Sonnenlicht Spinnennetze und Staub. Sie steht in der Tür. Mit besorgtem Gesichtsausdruck schaut sie sich im Zimmer um. Überall sind Papiere verstreut. Ich begreife, dass ich diese Papiere durchgehen soll, Papiere eines früheren Ichs, das anscheinend mal ein eigenes Geschäft hatte.

 

Es ist eine unmögliche Arbeit. Ich bin eine ungeschickte Verwalterin. Stundenlang spiele ich mit den Papierstapeln, arrangiere sie neu, schiebe sie von hier nach da, hinein in Mappen, die ich eigenhändig beschrifte. Manchmal halte ich ihr einen Schnipsel oder einen Scheck oder ein krakeliges Schreiben vor die Nase, vor ihre Augen und frage sie: Erinnern Sie sich?

 

Am Ende jedes Nachmittags bezahlt sie mich. Sie schreibt mir einen Scheck, reißt ihn aus ihrem Scheckbuch. Ihre kuhhafte Schreibschrift ganz anders als die engen, ordentlichen Schnörkel, die ich mittlerweile wiedererkenne. Erst muss ich das Scheckbuch finden. Den Stift. Und ihr dann den richtigen Betrag nennen. Ich erinnere mich, dass ich versucht bin zu lügen. Ich habe keine Kohle und keinen Kompass. Aber ich erinnere mich auch an die Schuld, die ich empfinde, als läge sie unter meiner Haut, an meine Nutzlosigkeit. Auch mein Mitgefühl ist noch da, irgendwo, heftig schlagend und doch zittrig. Denn sie bezahlt mir sowieso zu viel für das, was ich tue, nämlich nichts.

 

Diese Erfahrung des Scheiterns. Wie sie sich mein ganzes Leben lang wiederholt.

Kommst du nächste Woche? Ich erinnere mich an ihren Blick. Sie wird sich nächste Woche nicht an diesen Moment erinnern, an den Moment, als sie mich bittet, wiederzukommen, das Ende eines gemeinsam verbrachten Nachmittags, an dem sie nun weiß, wer ich bin. Ihr Leben ein Torkeln durch eine Reihe dunkler Räume – ihr großes, sonniges Haus ihr Labyrinth.

 

Ich sage, ich käme wieder, aber manchmal tue ich es nicht, und irgendwann komme ich gar nicht mehr. Ich erinnere mich nicht genau, warum. Ich frage mich, ob es mit dem Gefühl zu tun hat, dieses Projekt nicht beenden zu können, das Projekt nicht zu verstehen, keine Ordnung ins Chaos bringen zu können, ins Chaos außerhalb von mir, innerhalb …

 

Wie grausam. Ich habe sie einfach sich selbst überlassen. Vielleicht sucht sie mich deshalb noch immer heim.

Wie kann ich mich daran erinnern? Es ist so lange her. Alles, was verbrieft ist, sind diese Wörter auf dem Blatt, die Art und Weise, wie ich mir diese Geschichte selbst erzählt und in den Jahren danach umgedeutet und umgeschrieben habe.

 

 

Worauf ich mich stütze – nur einige Sinneserinnerungen:

 

große rote Hände

 

mein Feststecken, meine Nutzlosigkeit

 

 

 

 

 

 

 

Treppen

Für Cell (Choisy) schuf Louise Bourgeois ein Modell ihres Elternhauses in Choisy-le-Roi. Es ist umgeben von einem Drahtkäfig, darüber hängt eine große Guillotine. Das Miniaturhaus aus Marmor steht auf einer Werkbank aus dem 19. Jahrhundert, eine Anspielung auf die Tapisserie-Restaurierungswerkstatt, die die Familie im Flügel der ersten Etage betrieb. Das Haus wurde inzwischen abgerissen, an seiner Stelle steht ein Theater. Doch die hängende Guillotine steht nicht nur für die Zerstörung der physischen Struktur, sondern, wie Bourgeois sagte, auch für das Bedürfnis nach einer Zerstörung der Vergangenheit durch die Gegenwart. Sie sagte: »Um wirklich einen Exorzismus zu vollziehen, der mich von der Vergangenheit befreit, muss ich sie rekonstruieren, mich mit ihr auseinandersetzen, sie in eine Statue verwandeln und sie loswerden, indem ich Skulpturen schaffe. Dann kann ich sie vergessen. Ich habe meine Schuld mit der Vergangenheit beglichen und bin befreit.« Auf die Frage, weshalb die Umzäunung wie ein Gefängnis aussehe, antwortete sie: »Weil ich eine Gefangene meiner Erinnerungen bin. Ich bin eine Gefangene meiner Erinnerungen, und mein Ziel ist es, sie loszuwerden.«

 

Es sei eine exakte Reproduktion, sagt sie. Man könne das Zimmer ihrer Eltern betreten, ihr eigenes Zimmer …

Seit über zehn Jahren nun, meine vielfachen Versuche einer Rekonstruktion …

 

 

Wenige Monate bevor meine Mutter starb, zog ich zurück nach Hause, und dann bewohnten wir jenes Haus schweigend. Produzierten unsere spezifischen Geräusche, Vater und Tochter, unser je eigenes Türenschließen und Treppenhochsteigen, mieden einander in dem Haus, das komplett mit Cremefarbe ausgekleidet war. Ich wurde von dem unheimlichen Gefühl befallen, meine Mutter geistere darin herum, als ich beim Falten der kahler werdenden Handtücher ihre Bewegungen imitierte.

 

Das Haus ist noch immer so, wie es war, bevor sie krank wurde. Alles noch immer so eingerichtet, wie meine Mutter es diktiert hatte, nur zerfällt oder bröckelt es seither langsam, verliert seinen Platz oder Zweck. Staubige Mini-Handseifen in Herzform. Von Spinnennetzen verschleierte Winkel. Das versteinerte Eichhörnchen, das man Jahre später unter dem Sofa im Wohnzimmer fand – die ältere kroatische Frau, die einmal die Woche für meinen Vater putzt, hatte dort jahrelang nicht gesaugt.

Meine ganze Kindheit über erinnere ich meine Mutter putzend.

 

Louise Bourgeois’ Femme-Maison-Serie. Die gemalten Frauen mit Häusern als Köpfe.

 

Eine Hausfrau von der alten Garde zu sein, hieß, nach dem Gesetz der Auslöschung zu leben. Der ganze Tag war darauf ausgerichtet, so zu tun, als sei nichts passiert, als seien keine Abdrücke hinterlassen worden. Das Leben nach Zimmern gegliedert. Wie Chantal Akermans belgische Hausfrau Jeanne Dielman.

 

Peter Handke über das begrenzte und fremdbestimmte Leben seiner Mutter: die Biographie eines Frauenlebens.

 

Wir mussten die Schuhe ausziehen. Wir mussten so leise sein wie der Teppichboden.

 

Wovor sich meine Mutter am meisten fürchtete, als alles im Chaos versank, war, die Kontrolle über ihr Haus zu verlieren, das aus ihrer Sicht langsam in Unordnung geriet, obwohl es in den Augen Außenstehender noch immer makellos war.

 

Oh das Haus das saubere Haus, stöhnte sie. Hat sie es nur ein einziges Mal gesagt?

 

Über ein Jahrzehnt später werde ich es noch immer nicht los.

… jetzt bewohne ich ihr Zimmer. Ich schlafe in ihrem Bett. Ich benutze ihr Nachtgeschirr. Ich habe ihren Platz eingenommen. Ich werde ihr gewiß immer ähnlicher.

Samuel Beckett, Molloy

 

 

 

 

 

 

 

Roland Barthes, der mit seiner Mutter eine Wohnung teilt. Nach ihrem Tod, unmittelbar nachdem man sie weggebracht hat, beginnt er unwillkürlich über Abwesenheit nachzudenken. Die Mutter befällt sein Schreiben über die Fotografie – sie ist überall. Sie ist überall, weil sie unauffindbar ist.

Ich weigerte mich, das Eichhörnchen anzuschauen. Mir graut vor überfahrenen Tieren. Der Sinnlichkeit der an den Straßenrand geworfenen, zerfetzten Körper. Aber in meiner Vorstellung ist es erstarrt, als wäre es überrascht worden.

 

Lots Ehefrau, unbeweglich, ihr Mund weit geöffnet.

 

Schau nicht zurück.

Schau niemals zurück.

 

 

(Sie wollte einen letzten Blick auf ihr Zuhause werfen, das Zuhause, um das sie sich so sorgfältig gekümmert hatte.)

Wir wohnten in der Camelot Street. Ein weißer Zaun, von dem die Farbe absplitterte, verkündete es mit schwarzen Buchstaben, auch wenn einige der Lettern jahrelang fehlten. Mein Vater hat mir einmal erzählt, der Architekt dieser ziemlich gewöhnlichen Sechziger-Jahre-Siedlung in den Suburbs nordwestlich von Chicago habe sie nach den Kennedys benannt. Ich weiß nicht, ob das apokryph ist, wie so viele der Erzählungen meiner Familie. Es fühlte sich immer an wie ein Witz.

 

 

 

 

Roland Barthes: Die Geschichte ist hysterisch.

Ich weiß nicht viel über die Kindheit meiner Mutter, aber ich weiß, dass ihre Sweet-Sixteen-Geburtstagsfeier in Glen Rock, New Jersey abgesagt werden musste, weil JFK an diesem Tag erschossen wurde. Ich versuche mir meine Mutter als dieses Teenagermädchen vorzustellen.

 

Aus dem Tagebuch von Lady Bird, der First Lady und Ehefrau Lyndon B. Johnsons:

 

Mrs Kennedys Kleid war mit Blut befleckt. Ein Bein war fast vollständig damit bedeckt, und ihr rechter Handschuh war verkrustet, er war mit Blut verkrustet – dem Blut ihres Mannes. Dieser Anblick erschütterte mich mehr als alles andere, diese makellose Frau, so exquisit gekleidet – und verkrustet mit Blut.

 

In meiner Erinnerung war meine Mutter jene glamouröse, entrückte, leicht tragische Frau. Wie Hedy Lamarr.

 

Dieser Anblick erschütterte mich mehr als alles andere …

Meine Mutter ist in meiner Erinnerung jene glamouröse, entrückte, leicht tragische Frau, aber manchmal, wenn ich meine Augen schließe, sehe ich sie in blitzhaften Bildern auf dem Totenbett, den Mund weit geöffnet wie die Statuen jener ekstatischen Heiligen. Bilder, die mich noch Jahre später unwillkürlich laut nach Luft schnappen ließen.

 

 

Schau nicht zurück, sonst wirst du hinweggerafft.

Die elektrische Taxonomie der Erinnerung: Louise Bourgeois’ antiker blauer Holzschrank gefüllt mit leeren, von hinten beleuchteten Glasgefäßen – Parfümflakons, Karaffen, Vasen, Apothekerflaschen, Silbertabletts, alle einst von der Künstlerin benutzt. An dieser Installation vorbeizugehen, vor ihr zu stehen in der Tate und dann im Guggenheim, vor Jahren, als ich mich auf Pilgerfahrt zu ihren Cells befinde, fühlt sich riskant an. Wie instabil sie sind. Wie sie herabstürzen könnten.

 

 

All die Frauen, die Louise Bourgeois sammelte wie diese zerbrechlichen Gläser, Frauen, die ich ebenfalls sammle, fiktional und fiktionalisiert, denen ich mich in intensiven Recherche- und Ermittlungsvorgängen hingebe – Anne Sexton, Antigone, Marilyn Monroe, Medea, Ophelia, Kassandra, Sylvia, Virginia, Zelda.

 

Nachtrag: Barbara Loden, Nella Larsen, Diane Arbus, Shulamith Firestone, Valerie Solanas, Susan Sontag, Kathy Acker, Chantal Akerman, Louise Brooks.

 

Jede entrückte und unergründliche, jede wütende und verzweifelte Frau. Ich sammle sie für meinen Kaminsims.

Im Badezimmerschränkchen meiner Eltern eine Reihe Clinique-Lippenstifte in silbrigen Hülsen. Alle Schattierungen von bräunlichem Rosa, alle verwittert in der langen Abwesenheit ihrer Lippen. Würde man das Spiegelschränkchen heute öffnen, wären die unsichtbare Linie, die seins von ihrem trennt, und die Lippenstifte immer noch da. Die Überreste der Lieblingsheiligen meines Vaters, ihr Altar aus Puder und Vaseline, Pinzette. Die Erinnerung an ihre körperliche Anwesenheit, wie sie dort steht, sich schminkt. Ich muss mein Gesicht machen, sagte sie immer. Wegen ihrer schwächer werdenden Augen benutzte sie den beleuchteten Make-up-Spiegel, der noch immer im Schränkchen steht. Kosmetika, die perfekten Relikte für meine Mutter, die sich mit solcher Hingabe schminkte, ein Ritual, das ich beobachtete und dann schon früh zu wiederholen lernte.

 

eine Haarlocke

ein Knochenstück

 

 

meine Mutter mein Spiegel

Anne Carson beschreibt Echo in ihrem Essay »Das Geschlecht des Klanges« als das Mädchen ohne Tür vor dem Mund.

 

 

 

 

 

 

 

Manchmal öffnet sich mein Mund, und das Lachen meiner Mutter springt heraus, ein Zaubertrick.

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