My Dark Raider - Alice Ann Wonder - E-Book

My Dark Raider E-Book

Alice Ann Wonder

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Beschreibung

Verliebt in den Feind Als FBI Agentin Allison Bloom ein neuer Undercover-Auftrag zugeteilt wird, muss sie ausgerechnet mit dem arroganten, aber attraktiven Ian Sparrow zusammenarbeiten, um den Kopf eines berüchtigten New Yorker Drogenrings hinter Gitter zu bringen. Während ihre Arbeit von Tag zu Tag gefährlicher wird, kommen Ian und sie sich näher. Doch der Preis für die Leidenschaft ist hoch, denn ihr raubeiniger Partner verfolgt ganz eigene Pläne …

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Alice Ann Wonder

My Dark Raider

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

My Dark Raider

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alice Ann Wonder

 

Copyright © 2020 Alice Ann Wonder

Alle Rechte vorbehalten.

 

 

Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet. Sämtliche Personen im vorliegenden Buch sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

 

Über dieses Buch

 

Verliebt in den Feind

 

Als FBI Agentin Allison Bloom ein neuer Undercover-Auftrag zugeteilt wird, muss sie ausgerechnet mit dem arroganten, aber attraktiven Ian Sparrow zusammenarbeiten, um den Kopf eines berüchtigten Drogenrings hinter Gitter zu bringen.

Während ihre Arbeit von Tag zu Tag gefährlicher wird, kommen Ian und sie sich näher. Doch der Preis für die Leidenschaft ist hoch, denn ihr raubeiniger Partner verfolgt ganz eigene Pläne ...

 

 

 

 

 

 

 

Ich bin das Auge

des Sturms.Ich zerstöre

Dinge

und Menschen.

Mein Herz ist eine

Ruine.

Wenn du mich trotz

allem willst,

bin ich Dein.

 

-Ian Sparrow

 

 

1 - Allison - Prolog

 

Das Leben ist zu kurz und viel zu kostbar für Spielchen, sagen sie. Doch sie kennen dich nicht. Du lebst für das Spiel, für den Nervenkitzel, für das Kribbeln unter deiner Haut, das du einzig dann verspürst, wenn du dem Tod gerade noch einmal so von der Schippe gesprungen bist. Ich dachte, ich wüsste, was du für ein Typ bist, als ich dich das erste Mal sah. Ich dachte, mir machst du nichts vor. Ich dachte, ich hätte dich durchschaut. Dabei konnte ich nicht ahnen, dass du mir schon damals stets fünf Schritte voraus warst. Jedes deiner Worte war eine Lüge. Du hast diese Scharade genossen, da bin ich sicher.

Doch wisse eines: Ich bin dir auf die Schliche gekommen. Trotz all deiner Täuschungsversuche habe ich dein Vorhaben enttarnt und ich werde nicht eher ruhen, bis ich dich gefangen habe.

Du hast mir so viel mehr als nur meine Karriere, meine Freiheit und meine Identität genommen.

Was du getan hast, ist unverzeihlich. Wozu du mich gebracht hast, hat tiefe Narben auf meiner Seele hinterlassen.

Du wusstest, was geschehen würde und hast es nicht verhindert. Und trotzdem kann ich dich nicht hassen. Noch nicht. Aber ich setze alles daran, das zu ändern, dessen kannst du dir gewiss sein! Du wirst nicht für immer diese Macht über mich haben. Fürchten kannst du dich trotzdem vor mir, denn gebrochene Herzen können einen zu teuflisch gutem Schabernack verleiten.

Wenn ich dich zu fassen bekomme, mache ich dir ein für alle Mal den Garaus.

Liebe hin oder her.

 

2 - Allison

 

Dean nickt mir zu und fängt meinen Blick ein, bevor er mit einem rasanten Stoß die Tür zum Departement aufdrückt.

Er hat Dwayne Sawyer am Schlafittchen, während ich Liberto Herández vor mir herschiebe. Beide sind Mitglieder zweier unterschiedlicher Kartelle.

Dean und ich haben Dwayne monatelang zusammen mit unserem Team überwacht, bis sich heute endlich die Gelegenheit geboten hat, zuzuschlagen.

Der Ausdruck in seinen braunen Augen sagt mir, dass er darauf genauso stolz ist wie ich. “Seht mal, wen wir mitgebracht haben!”

Die geschwollene Brust meines Partners ist schwer zu übersehen, als wir das lichtdurchflutete Großraumbüro betreten und von allen Seiten interessiert beäugt werden. “Das is mal ´ne Nummer!”, entgegnet Bertie und steht klatschend auf. Unsere übrigen Kollegen folgen seinem Beispiel. “Los, weiter”, zische ich Dean zu, denn die Situation ist mir unangenehm – immerhin haben wir nur unseren Job gemacht. “Miss Bloom, Mr Warren – hervorragende Leistung!” Einsatzleiter Ricksme reibt sich seine Glatze, als er aus seinem Büro kommt und nickt uns anerkennend zu.

Ich ahne bereits, was jetzt kommt und verkrampfe innerlich. Doch dann tut er etwas Unerwartetes: er klatscht ein paar Mal und winkt uns - ohne eine seiner berühmten Ansprachen zu halten – in sein Büro. Als Robert auf mich zukommt, zerrt der aus dem mexikanischen Pérez-Kartell stammende Herández an mir.Doch ich reagiere sofort und ziehe ihn mit einer schnellen Bewegung wieder näher an mich heran. “Was hast du vor, Freundchen? Abhauen, in einem Raum voller Agents?”, fahre ich ihn an und drücke ihm meinen Knüppel in den Rücken.

“Gib ihn mir, ich werd dem Wichser zeigen, wo es langgeht”, brummt Robert und greift den Verhafteten am Ellenbogen. Als ob ich das nicht selbst könnte! Zähneknirschend lasse ich Robert gewähren, doch gerade, als er Herández weiter zum Verhörraum zerren will, dreht dieser sich um und rotzt mir direkt ins Gesicht. “Dreckige Puta!” Der schwarzhaarige, leicht gebräunte Mann funkelt mich böse an, während ich mir seine widerliche Spucke vom Kinn wische.

Schneller, bevor ich irgendetwas dagegen tun kann, hat Dean Herández bereits einen festen Hieb in die Seite gegeben. “Sag das noch mal, du Mistkerl!”

“Dean!”, rufe ich fassungslos. Wir sind schon sechs Jahre Partner. Ich schätze ihn als Kollegen und als Mensch, aber ich bin strikt gegen Selbstjustiz – davon abgesehen, dass sein Verhalten alles andere als professionell ist.

“Das hat niemand hier gesehen, du Arschloch. Noch so ´ne Nummer und ich sorge dafür, dass du erst wieder aus dem Knast kommst, wenn deine Enkelkinder erwachsen sind.” Dean schlägt die Zähne aufeinander und wirft Herández einen letzten vernichtenden Blick zu, bevor Robert ihn mit einem solchen Ruck weiter hinter sich herzieht, dass dieser beinahe das Gleichgewicht verliert. Ich verdrehe die Augen und seufze. “Musste das sein?”, flüsterte ich, sodass niemand sonst es hören kann.

“Das war noch zu wenig”, entgegnet er schwer atmend. Dean ist ein Ehrenmann, aber in letzter Zeit fällt es ihm erstaunlich schwer, die Ruhe zu bewahren.

Das ist jetzt schon das zweite Mal in diesem Monat, dass er sich vergisst und im Dienst übergriffig wird. Wenn das so weitergeht, werde ich ihn melden müssen – das habe ich ihm schon beim letzten Mal gesagt, als er einen aufmüpfigen Biker mit dem Schlagstock auf den unteren Rücken geschlagen hat, obwohl dieser lediglich verbal ausfällig gewesen ist. “Vergiss den Kerl! Wir haben ihn eingebuchtet, das ist alles, was zählt.” Ich klopfe Dean beruhigend auf die Schulter. “Andere Frauen würden sich freuen, wenn man ihre Ehre verteidigt”, gibt Dean mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen zurück, woraufhin ich mit den Augen rolle. “Wir sind im Dienst – ich bin dein Partner und erst danach eine Frau.” Ich sage das ruhig und gelassen, obwohl mich die Anspielung auf mein Geschlecht stört. Dean meint es nur gut, das weiß ich. Aber es ist nicht leicht, sich als eine von zwei Frauen in einem Team voller Männer durchzusetzen und als gleichwertig betrachtet zu werden.

“Soll ich Ihnen beiden noch Kaffee und Kuchen servieren oder gedenken Sie, mich heute noch mit Ihrer Anwesenheit zu beehren?” Ich erschrecke, als ich die scharfe Tonlage von Chief Ricksme höre. Die Tür zu seinem Büro ist halb geöffnet. Er sitzt hinter seinem Schreibtisch und hat Dean und mich fest im Blick. Sofort eile ich zu ihm, dicht gefolgt von meinem Partner.

“Sir”, begrüße ich Ricksme erneut, während Dean hinter sich die Tür schließt. Ricksme deutet mit einer Handbewegung an, dass wir auf den braunen Ledersesseln vor ihm Platz nehmen sollen. Nachdem wir seiner stillen Bitte nachgekommen sind, sehen wir ihn beide gespannt an.

Er ist ein kleiner, aber kräftiger Mann, mit nach vorn gebogenem Kinn und einem Blick, scharf wie ein Laserschwert. Zu sagen, dass ich ihn nicht mag, wäre ein Kompliment.

Aber er ist mein Boss und nur darauf kommt es an. “Warren, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Sie vorerst von dem Fall ausgeschlossen werden”, erklärt Ricksme und lehnt sich auf seinem Stuhl zurück.

Es dauert einige Sekunden, bis Dean reagiert und auch ich bin zunächst fassungslos. Hat er das tatsächlich gerade gesagt? “Weshalb?”, fragt Dean knapp. Der Schock steht ihm dabei ins Gesicht geschrieben. Wir haben gerade einen Durchbruch erzielt – wieso diese Entscheidung? Ricksme mag barsch und ein unangenehmer Typ sein, aber Willkür oder unüberlegtes Handeln gehört normalerweise nicht ins Repertoire seiner Charaktereigenschaften. Unser Einsatzleiter räuspert sich und wirkt dabei so, als wolle er Zeit gewinnen – was ihm ebenfalls überhaupt nicht ähnlich sieht.

“Ich habe vor fünfzehn Minuten die Nachricht erhalten, dass Sie einen Todesfall in der Familie hatten.”

Stille. Ich schlucke und sehe zu Dean, dessen Blick wiederum beharrlich auf dem Boss haftet. “Ihre Mutter. Da ich wusste, dass Sie in Kürze hier aufschlagen werden, hielt ich es für das Beste, Ihnen die Nachricht persönlich zu überbringen. Ich kann Ihnen eine Woche Spontanurlaub einräumen, damit Sie Ihre Angelegenheiten regeln können.” Ricksme stützt die Ellenbogen auf dem Schreibtisch ab und sieht noch immer zu Dean, der in eine Art Schockstarre verfallen ist.

“Mein Beileid”, fügt Ricksme noch hinzu, nachdem er sich ein weiteres Mal geräuspert hat. “Es tut mir so leid”, sage ich leise und wünschte, wir säßen nicht so weit voneinander entfernt, sodass ich ihm kurz über den Oberarm streichen könnte. Er hat nie viel über seine Familie gesprochen, seitdem wir zusammen arbeiten.

Ich weiß, dass sie aus Schottland stammen und dass er ein Einzelkind ist.

Seine Eltern sind schon lange geschieden, weshalb ich nicht sicher bin, ob er von seinem Vater Hilfe bei der Ausrichtung der Beerdigung und bei allem, was sonst noch anfällt, erhalten wird. Nachdem Ricksme ein weiteres Mal beteuert hat, wie leid es ihm tut, entschuldigt sich Dean und bittet darum, den Raum verlassen zu dürfen.

“Sir?”, frage ich. Ricksme macht eine Kopfbewegung in Richtung Tür, woraufhin ich dankbar nicke und meinem Partner hinterhereile. Als ich den Flur betrete, steht Dean dicht an einem der weiß gerahmten Fenster und starrt gedankenversunken auf die vielbefahrenen Straßen von New York.

“Hey, darf ich?” Ich lege meine Hand auf seine von einer schusssicheren Weste bedeckte Schulter.

“Fuck”, sagt Dean leise, als er sich umdreht und sich von mir umarmen lässt. “Ja.” Ich streiche ihm über den Rücken und lehne meinen Kopf an seine Brust.

“Kann ich irgendetwas tun?” In diesem Moment wünsche ich mir, ich wüsste mehr über Dean – was er jetzt gerade braucht zum Beispiel; ob ich reden oder ihn einfach nur halten soll.

Ich bin leider noch nie gut in solchen Dingen gewesen. Dean stößt einen langen Atemzug aus. “Diesen Dreckskerl Lancaster schnappen, das kannst du für mich tun.” Ich löse mich von ihm und sehe in seine warmen braunen Augen.

“Das werde ich.”

 

 

3 - Allison

 

Nachdem ich mich von Dean verabschiedet habe, will ich gerade wieder in Ricksmes Büro gehen, als dieser die Tür aufreißt und “Sparrow!” brüllt.

Nein! Nein! Nein! Nein!

Wenn es eine Person in der Einheit gibt, die ich noch weniger als meinen Boss mag, dann ist das er: Ian Sparrow. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und sehe von dem langen Flur aus in das Großraumbüro, als Ricksme abermals “Sparrow!” blökt. Ian Sparrow steht mit dem Rücken zu uns und unterhält sich mit Robert und einer anderen Person, die ich nicht erkennen kann, da Sparrows breiter Rücken sie verbirgt.

“Bin in fünf Minuten da.” Unglaublich! Nur Sparrow bringt es fertig, Ricksme warten zu lassen – und dabei dreht er sich nicht einmal um! Noch verwunderlicher ist, dass Ricksme ihm dieses Verhalten durchgehen lässt.

Jeden anderen hätte er mit einer Schimpftirade abgestraft und dem Ultimatum, seiner Anweisung sofort Folge zu leisten oder den restlichen Monat über die Arbeiten zu erledigen, die sonst keiner machen will – seine Version eines Arschtritts.

Nur genießt Ian Sparrow aus unerfindlichen Gründen das Wohlwollen des Chiefs. Während ich wieder auf dem Stuhl vor Ricksmes Schreibtisch Platz nehme, hoffe ich inständig, dass er Sparrow lediglich gerufen hat, um ihm irgendeine wichtige Information zukommen zu lassen und nicht, weil er Dean als meinen Partner ersetzen soll. “Sie und Warren haben einen guten Job da draußen gemacht”, sagt Ricksme.

Ich bin sicher, er will damit nur die Wartezeit überbrücken, denn normalerweise ist er wenig freigiebig, was Lob angeht, das außer ihm und dem Betroffenen sonst keiner hört. Ich presse die Lippen aufeinander und ziehe einen Mundwinkel verhalten nach oben.

“Danke, Sir.”

Ein Sonnenstrahl, der durchs Fenster direkt vor Ricksmes Gesicht auf die wuchtige Tischplatte scheint, macht viele winzige Staubkörner in der Luft sichtbar, die vor seiner Nase herumtanzen. Ich stoße einen langen Atemzug aus und lasse meinen Blick durch den Raum gleiten. Derweil räuspert sich Ricksme abermals. Ist er etwa krank?

Die Tür wird aufgerissen, woraufhin ich wie auf Kommando scharf Luft einziehe und den Rücken durchbiege, um möglichst aufrecht zu sitzen.

“Sparrow! Schön, dass Sie´s einrichten konnten!”, knurrt Ricksme und lehnt sich demonstrativ nach hinten.

“George”, erwidert Sparrow zum Gruß und setzt sich seelenruhig neben mich. Noch so eine merkwürdige Sache: er nennt Ricksme stets beim Vornamen. Auch darüber kursieren die wildesten Gerüchte im Team, aber woher sie sich tatsächlich kennen, weiß niemand.

Auffallend ist jedoch, dass Ricksmes Nachsicht mit Sparrow nicht in Sympathiegründen wurzelt, denn die Falte zwischen seinen Brauen nimmt jedes Mal beträchtlich an Tiefe zu, wenn er mit ihm spricht. Ich spiegele die von Sparrow vor sechs Jahren, aus welchem Grund auch immer, getroffene Entscheidung, mich zu ignorieren, und würdige ihn keines Blickes. “Warren ist raus aus dem Fall, Sie übernehmen”, erklärt Ricksme ohne Umschweife.

Mist!

“Hat Mr Sonnenschein sich bei der Festnahme von Herández und Sawyer einen Fingernagel abgebrochen?” Sparrows arroganter Tonfall lässt mir einen Schauer über den Rücken laufen, besonders in Anbetracht der Tatsache, was der tatsächliche Grund für Deans Freistellung ist.

“Die Verhaftung der beiden hat zur Folge, dass wir uns in einer so noch nie da gewesenen Situation befinden: wir haben zwei mittelgroße Fische der beiden größten Kartelle New Yorks an den Eiern zu fassen bekommen, noch bevor sie den Deal abgeschlossen haben. Alle, die außerhalb des Departments davon wissen, sind tot. Ist Ihnen klar, was das bedeutet?!”

Stolz und Aufregung schwingen in Ricksmes Stimme mit, auch wenn er bemüht ist, es sich nicht anmerken zu lassen. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Sparrow seinen Kiefer für den Bruchteil einer Sekunde mahlen lässt. Na, was gefällt dir daran nicht, Mr Arschloch 3000?

“Wir werden sie umdrehen – alle beide”, beantwortet Ricksme mit einem triumphierenden Funkeln in den Augen seine eigene Frage.

“Schon mal ´ne Undercover-Mission durchgeführt, Mrs Bloom?” Er sieht mich mit hochgezogener Braue von oben herab an.

“Wäre meine erste, Sir”, gebe ich das Offensichtliche zurück, denn er kennt meine Akte ganz genau. Mein Blick schnellt unauffällig zu Sparrow, dessen farngrüne Augen mich für einen kurzen Moment ins Visier genommen haben – so kam es mir zumindest vor.

“Sie haben Glück – Mr Sparrow hat jede Menge Erfahrung, wenn es darum geht, anderen ein A für ein O vorzumachen und sich dabei möglichst bedeckt zu halten.” Die Spitze in seiner Ausdrucksweise ist nicht zu überhören. Schwer vorstellbar, dass Sparrow so viel mehr Erfahrung als ich hat. Ich schätze ihn auf fünfunddreißig, vielleicht sechsunddreißig. Höchstens.

“Wie sieht dieser Auftrag genau aus, Sir?”, frage ich und schlage unabsichtlich die Beine übereinander.

Eine der vielen Angewohnheiten, die ich mir unbedingt abgewöhnen muss. Männer wittern Schwäche. Weibliche Verhaltensweisen zur Schau zu stellen ist nicht gerade hilfreich, wenn man sich als ebenbürtige Kollegin inmitten eines Rudels von testosterongesteuerten FBI-Wölfen behaupten will. Leider habe ich meinen Körper jedoch nicht immer so unter Kontrolle, wie ich es mir wünsche. Ricksme reibt sich über seine glänzende Glatze, als wolle er sie polieren, während er mich mit einem selbstgerechten Grinsen bedenkt, das deutlich zeigt, wo er meinen Platz in der Nahrungskette sieht: ganz weit unten.

Ich warte kauernd und winselnd auf dem Boden darauf, dass er sich erbarmt und mir den dicken, fetten Knochen in Form von dem Wissen, das er besitzt und ich nicht, hinwirft.

Nachdem einige Sekunden jener stillen Machtdemonstration verstrichen sind, erklärt er schließlich: “Sie werden sich von den beiden in Lancasters Mafiakreis einschleusen lassen. Ab heute gehören Sie zu den Mexikanern. Sie sind die Handlanger von Herández, den kennt Lancaster bereits. Und Sawyer wird Sie drei mit ihm zusammenführen. Wir werden dem Arschloch einen Deal anbieten, den er nicht abschlagen kann.”

Mir rutscht das Herz in die Hose, doch das lasse ich mir selbstverständlich nicht anmerken.

Wieso musste Deans Mutter ausgerechnet jetzt sterben? Ich beiße mir auf die Unterlippe, um mich für diesen bösen Gedanken zu bestrafen.

Ricksme steht plötzlich auf und geht zum Fenster.

Nachdem er einige Sekunden schweigend hinausgesehen hat, wendet er sich wieder Sparrow und mir zu. “Sie werden für die Zeit des Auftrages in einem kleinen Haus außerhalb von New York bei einer Zivilistin leben. Sie hatte früher eine Pension und stellt uns ihre Räumlichkeiten schon seit mehr als zehn Jahren immer mal wieder zur Verfügung. Morgen geht's los.”

“Morgen schon?”, platzt es aus mir heraus. Ricksme hebt eine Braue. “Haben Sie morgen schon etwas Wichtiges vor, Mrs Bloom?” Ich schlucke und schabe nervös mit dem Zeigefinger an der Innenseite meines Daumens. “Nein, das nicht. Es ist nur recht … spontan.”

Du Idiotin! Wie sollte es das nicht sein?

Wer hätte schon ahnen können, dass es uns heute tatsächlich gelingt, Herández und Sawyer zu schnappen? “Wann gedenken Sie denn, einen Blick in Ihren Terminkalender zu werfen und mir zu sagen, ob Sie einsetzbar sind oder nicht?”, fragt Ricksme in abfälligem Ton. “I-ch bin bereit, Sir.”

Geht's vielleicht noch eine Spur unsicherer, Bloom?

Verdammte Scheiße! Ich stoße so leise wie möglich einen langen Luftzug aus.

Dabei entgeht mir nicht, dass Sparrow mich offenbar die ganze Zeit über im Visier hat. Das ist mal was Neues. Ricksme kratzt sich am Kinn und sieht wieder aus dem Fenster, als er zu Sparrow sagt:

“Sie tragen für den Auftrag die volle Verantwortung. Ich erwarte jeden Tag einen detaillierten Bericht.”

Danach erklärt er uns die Einzelheiten: wie wir uns zu kleiden haben, wo die Abhörgeräte angebracht werden, wie wir bei dem ersten Treffen mit Lancaster vorgehen sollen. Ich reibe mir zwischendurch immer wieder unauffällig meine nassen Handflächen an den schwarzen Hosenbeinen ab. Als Ricksme uns mit den Worten

“Ich erwarte Sie morgen früh um fünf am Departement. Dort wird Sie einer unserer Agents zu Ihrer neuen Bleibe fahren” entlässt, raunt Sparrow mir zu:

“Besorg dir lieber auch ein schusssicheres Arschpolster, denn es könnte ab morgen das erste Mal in deinem Leben tatsächlich gefährlich werden. Wäre doch schade um den kleinen Apfelpopo.” Während er das sagt, streift sein nach Pfefferminz riechender Atem über mein Gesicht.

So nah wie jetzt bin ich ihm während der gesamten letzten sechs Jahre nicht gewesen. Zu sagen, dass ich perplex über diesen sexistischen, völlig unangebrachten Kommentar bin, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts.

“Was haben Sie da eben gesagt?”, ranze ich Sparrow an, sobald er die Tür zu Ricksmes Büro hinter mir geschlossen hat. Während sich meine blauen Augen in seinen grünen verhaken, versuche ich, die Tattoos an seinem Hals, die wegen ihrer Größe und Vielzahl meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, auszublenden. “Keine Sorge, ich fang mir anstelle deines Arsches jederzeit 'ne Kugel ein, Bloom.” Seine Stimme ist rau und hinter seinem Augenzwinkern verbirgt sich nicht eine Spur Humor oder … Anstand. “Wenn Sie noch einmal etwas in dieser Art zu mir sagen, hat Ihr Arsch auf dem Departement schon bald nichts mehr zu suchen! Das ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz."

Er weiß ja nicht, dass ich ihn niemals anzeigen würde, denn Cops sind das Letzte, wenn es um solche Dinge geht. Vielleicht hat sie es ja provoziert! Sie soll sich nicht so anstellen! Bestimmt hat er sie abblitzen lassen und jetzt rächt sie sich! Schlampe! Auf jemanden wie Ricksme könnte ich jedenfalls nicht zählen, um meiner Version der Geschichte Gewicht zu verleihen. Meine Worte bescheren mir ein hämisches Grinsen von Sparrows wohlgeformten Lippen. “Denk an deine Wärmflasche und zwei Paar Kuschelsocken! Soll kalt werden die nächsten Tage.” Ich forme ein stummes “Fuck you” mit meinem Mund, bevor ich mich ohne jeden weiteren Kommentar umdrehe und auf den Verhörraum zusteuere, in dem Robert gerade Herández in die Mangel nimmt.

 

 

4 - Allison

 

Genau in dem Moment als ich die Türklinke runterdrücken will, greift jemand an meine Schulter. Ich wirbele herum – bereit, diesem verfluchten Sparrow eine Ohrfeige zu verpassen, selbst wenn mir das eine Abmahnung einbringt. Glücklicherweise halte ich rechtzeitig inne, denn es ist Ricksme.

“Kann ich auf Sie zählen?”, fragt er. Als ob ich ihm je einen Anlass gegeben hätte, an meiner Fähigkeit als Agent oder meiner Verlässlichkeit zu zweifeln. Von meinem Geheimnis weiß er natürlich nichts.

“Selbstverständlich, Sir. Ein Undercover-Einsatz ist genau das Richtige für mich.” Bestimmt nicht.

Deshalb habe ich während der letzten Jahre auch alles dafür getan, um mich davor zu drücken.

Was bisher nicht sonderlich schwer gewesen ist, da Dean und ich schon lange an dem Lancaster-Kartell-Fall arbeiten.

Es ist geradezu unmöglich, jemanden undercover in sein Kartell einzuschleusen, für den sich nicht mindestens eine Person aus dem engsten Kreis seiner Familie verbürgt. Und einen der Jungs aus seinem Clan bei etwas zu erwischen, für das man ihn länger als ein, zwei Jahre einbuchten kann, ähnelt einem Sechser im Lotto.

Da ist es nicht verwunderlich, dass bisher keiner von ihnen auch nur im Entferntesten daran interessiert war, zu singen. Bei der Aussicht auf zweimal Lebenslänglich sieht die Lage dann schon anders aus.

Ricksme nickt, während er mich noch immer mit einem prüfenden Blick taxiert, so als wolle er sich selbst davon überzeugen, dass ich der Sache gewachsen bin.

“Nehmen Sie sich den Rest des Tages frei.”

“Aber, Sir – ”, unterbreche ich ihn, nur um noch im selben Atemzug gleich wieder von ihm das Wort abgeschnitten zu bekommen. “Bloom! Sie gehen heim, habe ich gesagt! Regeln Sie alles für morgen, entspannen Sie, gehen Sie mit Ihren Freundinnen aus – was weiß ich! Aber hauen Sie jetzt hier ab, die Jungs haben das im Griff!”

Als ich meinen Mund erneut öffnen will, schnauzt Ricksme mich barsch mit “Keine Widerrede” an und verschwindet in seinem Büro.

Ich hole tief Luft und reibe meine Handflächen noch einmal über meine Schenkel. Schöne Scheiße!

Ich war es, die Herández dingfest gemacht hat und jetzt darf ich mir das Verhör noch nicht einmal ansehen, geschweige denn dabei sein? Ärgerlich und vermutlich mit hochrotem Kopf jage ich durch den Flur.

Als ich das Großraumbüro verlasse, ruft mir Bertie “Was ist dir denn über die Leber gelaufen?” hinterher, aber ich ignoriere ihn.

 

Ein eisiger Wind peitscht mir ins Gesicht, als ich die schweren Glastüren am Seitenausgang aufstoße.

Jetzt bloß schnell weg hier! “Allison!” Beim Klang jener Stimme gerät mein Herz ins Stolpern.

Ich sehe mich um, doch noch bevor ich Barren ausfindig gemacht habe, greift er mich auch schon unsanft am Arm und drängt mich gegen die Hauswand.

Er muss direkt hinter der Einbuchtung gestanden und dort auf mich gelauert haben.

“Was willst du?”, zische ich und sehe mich nervös um, aus Angst, jemand könnte uns entdecken.

Barrens grüne Augen funkeln.

Zum ersten Mal wird mir bewusst, dass die Abneigung, die ich Ian Sparrow gegenüber verspüre, ziemlich sicher auch damit zusammenhängt, dass das Grün seiner Augen ähnlich stechend wie das von Barren ist.

Allerdings zieren Barrens Augen noch einige braune Sprenkel, während die von Sparrow durchgehend grün und klar sind. Nicht, dass ich besonders darauf geachtet hätte, aber dieser kleine Unterschied ist für einen geschulten Agenten nur schwer zu übersehen.

“Mit meiner Frau sprechen!”, herrscht Barren mich an.

Dabei tritt die längs verlaufende Ader auf seiner Stirn so weit hervor, dass man annehmen könnte, sein restlicher Körper würde in diesem Augenblick nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt, da das ganze Blut in seinen krebsroten Kopf gepumpt wird.

“Ich bin nicht mehr deine Frau! Und jetzt lass mich gefälligst los!”, sage ich ruhig und bestimmt, obwohl es in mir brodelt. Doch statt von mir abzulassen, tritt Barren nun noch einen Schritt näher an mich heran.

Sein Atem riecht, als hätte er drei Tage lang in Hochprozentigem gebadet.

“Wir kriegen das wieder hin, Baby! Das weiß ich genau.”

Als er versucht, mich zu küssen, verziehe ich das Gesicht und drehe den Kopf weg. “Unterschreib endlich die Scheidungspapiere!”

Ich winde mich aus seiner Falle, indem ich ihm einen Arm auf den Rücken drehe, woraufhin er vor Schmerz kurz aufschreit.

“Was fällt dir ein! Du bist immer noch meine Frau!”

“Barren! Ich bin bei der Arbeit! Was soll das? Willst du mich vor meinen Kollegen blamieren?” Weshalb frage ich ihn das überhaupt? Es ist ihm vollkommen egal, wie ich vor meinen Kollegen dastehe. Ich lockere meinen Griff, als ich sage: “Bitte geh jetzt.”

Ein Fehler. Keine zwei Sekunden später gelingt es ihm, sich umzudrehen, eine Hand an meine Hüfte zu legen und mich zurück an die Betonwand zu drücken. “Du hast mir nicht zu sagen, was ich tun soll!”

Wieder kommt er mir näher als mir lieb ist, während er mit seiner Nase von meinem Schlüsselbein angefangen bis zu meinen Hals hinauf fährt und tief einatmet.

“Jetzt helfen dir deine kleinen Tricks nicht weiter, was? Ich werde immer stärker als du sein, vergiss das nicht, Liebling.” Er zischt die Worte wie eine Schlange, die kurz davor ist, ihre giftigen Zähne in das Fleisch ihrer Beute zu schlagen.

“Behandelt man so eine Lady?”

Mein Blick schnellt zur Seite, vorbei an Barrens Schulter.

Sparrow! Der hat mir gerade noch gefehlt!

“Er ist mein Mann”, sage ich, damit er ja nicht auf die Idee kommt, ich hätte die Situation nicht im Griff. Ich könnte Barren jederzeit mein Knie in die Eier rammen, wenn ich das wollte. “Und?” Sparrow steht etwa einen Meter von uns entfernt; in einer Hand hält er einen Kaffee to go, in der anderen seine Lederjacke.

Der Kerl läuft im Winter bei Minusgraden im T-Shirt rum!

Ein T-Shirt, das so eng ist, dass es keinen Raum für Fantasien lässt, was seine Brust- und Armmuskeln angeht. Ob er wohl überall auf seinem Körper von diesen furchtbaren Tattoos übersät ist?

Ich schüttle gedankenverloren den Kopf, so als könne ich die eben darin aufgetauchte Vorstellung wie Jeannie wieder zurück in die Flasche stecken.

“Ich komme klar”, beteuere ich mit Nachdruck und gebe mir große Mühe, Sparrow in die Augen und nicht auf seinen athletischen Körper zu sehen.

Was ist bloß los mit mir?

Spielen meine Hormone jetzt schon allein beim Anblick nackter männlicher Haut verrückt, nur, weil ich zwei Jahre keinen Sex hatte? Sparrow nimmt einen Schluck aus seinem Becher. Dann greift er nach Barrens Kragen und zieht ihn mit nur einem Ruck zwei Meter von mir weg, als wäre Barren ein hagerer zehnjähriger Junge und er der Terminator.

“Nimm deine Drecksgriffel weg!”, schimpft mein unleidlicher Noch-Ehemann und ich muss mir ein kleines Lachen verkneifen, weil er mir auf einmal vorkommt wie ein wütendes Kind, dem jemand sein Lieblingsspielzeug weggenommen hat. Und dieser Gedanke ist gar nicht mal so abwegig, denn genau das war ich für Barren während unserer achtjährigen Ehe: eine Puppe, von der er Gebrauch gemacht hat, wann immer ihm danach war.