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Wer Fragen stellt, erwartet eine Antwort und beide Seiten müssen überlegen und nachdenken - der Fragende genauso wie der Antwortgeber. Vor einiger Zeit stellte mir Gina Maria zwanzig Fragen, deren Antworten ich in einem Buch (Keiner Frage ausgewichen) zusammengestellt habe. Diesmal hat Andreas, mein Sohn, mit weiteren Fragen nachgezogen.
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Seitenzahl: 95
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dieses Buch ist
Andreas
gewidmet
Vorwort
Welches waren Deine Meilensteine im Leben?
Welche Menschen (abgesehen von Deiner Frau und Deinen Kindern) haben Dein Leben bereichert?
Was ist Glaube für Dich?
Glaubst Du an Schicksal?
Wie lässt sich soziale Gerechtigkeit herstellen?
Macht Altern Spaß?
Wie steht es mit dem „Reifeprozess“?
Welche philosophischen Gedanken konntest Du beherzigen und haben sie Dir im Leben geholfen?
Gibt es von Dir Empfehlungen für Angehörige psychisch erkrankter Menschen?
Werden Ost- und Westdeutschland zusammenwachsen?
Welche Lehren ziehen wir aus der russischen Invasion der Ukraine?
Wie sieht die Schule der Zukunft aus?
Warum scheint Weltpolitik so schwer zu sein?
Betrachte die Lebensweise Deiner Vorfahren vor Jahrhunderten und im 19. bzw. 20. Jahrhundert. Welche gravierenden Fortschritte gab es?
Würdest Du gerne Dein Abbild auf einer Münze sehen?
Auf dem T-Shirt Deiner Enkelin steht
Make today amazing.
Inwieweit können wir unsern Lebenslauf beeinflussen?
Was ist Kunst für Dich?
Hättest Du gerne IKEA erfunden?
Würdest Du ins All fliegen?
Eines Ghostwriters Entwurf einer präsidialen Rede vor Schulabgängern
Eines Ghostwriters Entwurf einer präsidialen Rede anlässlich von Ordensverleihungen
Eines Ghostwriters Entwurf einer präsidialen Rede in einem Altersheim
Welche Chancen hat die Menschheit – und woran könnte sie scheitern?
Welchem Prominenten würdest Du gerne begegnen (und mit ihm sprechen)
Welche großen Träume hast Du?
Welche Romanfigur wärst Du gerne?
Hast Du fünf Lieblingswörter?
Wie lässt sich Deiner Meinung nach das Altern verlangsamen?
Welche TV-Sendung/Serie müsste noch erfunden werden?
Wärst Du gerne Olympionik?
Nachwort
Ich erinnere mich noch an eine Radiosendung in meiner Jugendzeit, die den Titel „Der RIAS-Antwortmann“ trug. Hörerinnen und Hörer konnten Fragen einreichen, die dann zu vormittäglicher Sendezeit beantwortet wurden und vermutlich manch einer fleißigen Hausfrau ein Bildungserlebnis bescherten.
Wer Fragen stellt, erwartet eine Antwort und beide Seiten müssen überlegen und nachdenken – der Fragende genauso wie der Antwortgeber.
Vor einiger Zeit stellte mir Gina Maria zwanzig Fragen, deren Antworten ich in einem Buch („Keiner Frage ausgewichen“) zusammengestellt habe. Diesmal hat Andreas, mein Sohn, mit weiteren Fragen nachgezogen.
Abermals ist kein Buch daraus geworden, das wissenschaftlichen Standards entspräche, weil ich keinerlei Sekundärliteratur verwendet oder in fremdem Gedankengut gewildert habe.
Die meisten Antworten sind auf längeren Bahnfahrten zwischen Berlin und Winterthur entstanden, weil ich hier Zeit gefunden habe, ganz entspannt über dies und jenes zu reflektieren und die Antworten in wackeliger Schrift in einem Oktavheft zu notieren – wackelig, weil der Zug doch immer wieder merklich schwankte.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass meine Antworten auf dieselben Fragen bei den nächsten Fahrten völlig anders ausfallen würden, weil ich mich, erstens, schon jetzt nicht mehr an meine jüngst notierten Antworten erinnern kann und, zweitens, demzufolge beim nächsten Male nicht mehr dasselbe sagen würde. Ganz ähnlich erging es mir früher, als ich noch meinte, ich könne alte schulischen Stundenentwürfe aufbewahren um sie nochmals zu verwenden. Dies hat nie geklappt, weil es mir stets schwerfiel, frühere Überlegungen mit neuer Draufsicht nachzuvollziehen.
Manchmal scheren wir uns abends wenig um das, was wir morgens gedacht oder gesagt haben. Ein neuer Prozess des Denkens und Empfindens hat nämlich tagsüber eingesetzt. Natürlich werfen wir dabei nicht gleich alle unsere Grundwerte und Glaubenssätze über Bord; aber sofern unser Leben eher dynamisch als statisch verläuft, verändern sich gleichzeitig unser Sagen, Tun und Denken. Aus diesen Gründen bitte ich darum, meine Antworten nur als vorläufig zu betrachten - als Essays, als „Versuche“.
Berlin, im Sommer 2025
Meilensteine im Sinne der Fragestellung sind „hervorragende Ereignisse“ oder „wichtige Punkte“ in meinem Leben.
Wenn wir vor Grabsteinen auf dem Friedhof stehen oder Todesanzeigen in der Zeitung lesen, erfahren wir, dass unser Leben besteht zwischen der Vollendung der Geburt und dem Eintritt des Todes. Aus diesem Grunde werden uns Geburts- und Sterbedaten mitgeteilt – soweit bekannt. Die Geburt wäre somit der erste Meilenstein und der noch ausstehende Tod der letzte. Zwischen diesen beiden Ecksteinen findet unser Leben statt. Darin spielen wir ganz verschiedene Rollen, wie zum Beispiel in Bezug auf unseren Bildungsgang, als Berufstätige, im jeweiligen Familienstand oder als Ehrenamtler und an mancherlei Interessiertem.
Beginnen wir mit unserm Bildungsgang:
Wir erfüllen unsere Schulpflicht, die in Deutschland zehn Jahre beträgt. Am Beginn steht die Grundschule, dann erfolgt der Übergang auf die Oberschule. Bei mir war es eine OTZ, eine Oberschule Technischen Zweiges am Tempelhofer Weg in Berlin-Schöneberg, die ich mit dem Zeugnis der Mittleren Reife verließ. Im Zuge der dualen Berufsausbildung besuchte ich drei Jahre lang die Berufsschule für Bank- und Versicherungskaufleute in Lichterfelde und erhielt auch dort zugleich mit meiner Lehrabschlussprüfung als Bankkaufmann ein Abschlusszeugnis. Damit hatte ich meine gesetzliche Schulplicht bereits übererfüllt. Sogleich danach meldete ich mich bei Gabbes Lehranstalt am Rüdesheimer Platz an um mich auf mein externes (Abend-)Abitur vorzubereiten. An der Freien Universität Berlin studierte ich Geschichte und Anglistik und schloss mein Studium mit dem Ersten Staatsexamen ab, was damals noch eine staatliche Prüfung war.
Nun zu meinen Berufstätigkeiten:
Zunächst arbeitete ich sechs Jahre bei der Berliner Commerzbank; drei Jahre davon waren Lehrzeit in der P 15 am Kaiser-Wilhelm-Platz in Schöneberg, die anderen drei Jahre war ich dort als ausgelernter Bankkaufmann im Hauptgeschäft in der Potsdamer/Bülowstraße tätig.
Nach meinem Studienabschluss begann mein Referendariat im Höheren Schuldienst. Es endete mit dem Zweiten Staatsexamen, der unabdingbaren Voraussetzung für meine 36jährige Lehrtätigkeit als Landesbeamter an der Werner-von-Siemens-Oberschule (Gymnasium) in Nikolassee.
Bei der Berechnung meiner Pensionszahlungen wurde am Ende eine 46jährige Berufstätigkeit zugrunde gelegt.
Familienstand:
In der jährlichen Steuererklärung werde ich dazu aufgefordert, meinen derzeitigen Familienstand anzukreuzen – ledig, verheiratet, geschieden oder verwitwet. Nun, bis 1968 war ich ledig, dann bis 2019 mit Ingrid Hembd geb. Rückert verheiratet und seitdem bin ich verwitwet.
Da unsere Tochter im Jahre 1974 und unser Sohn 1976 geboren wurden, sind sie seit langem volljährig und tauchen in meiner Steuererklärung nicht mehr auf. Meine Rolle als Vater werde ich hingegen lebenslänglich beibehalten und unsere Kinder werden meine Kinder bleiben. Daneben bin ich Großvater dreier Enkelkinder, aber für deren Existenz zeichne ich nicht unmittelbar verantwortlich; dennoch genieße ich meine Opa-Rolle.
Ehrenämter und Interessengebiete
Im Jahre 1955 wurde ich in Alt-Schöneberg konfirmiert und nach meinem Stimmbruch begann ich dort in der Alt-Schöneberger Kantorei unter der Leitung von Johannes Günter Kraner bis zum Jahre 1974 mitzusingen. Nach einer elfjährigen Pause fand ich mich 1985 in der Kantorei Mariendorf-Süd ein, zeitweilig auch in Mariendorf-Mitte, und bin nunmehr ungefähr seit der Jahrtausendwende in der Kantorei und im Blockflötenkreis der Gropiusstadt-Gemeinde bei René Schütz musikalisch zuhause. Musik entführt uns in eine schönere Welt und verlangt, was das Erarbeiten musikalischer Werke und deren Darbietung betrifft, viel Geduld, Ausdauer und Mut. Ich darf also sagen, dass sich das Musizieren wie ein roter Faden durch mein Leben zieht.
In jungen Jahren war ich unter dem Dach der ev. Kirchengemeinde Alt-Schöneberg Jugendgruppenleiter. Während des Studiums fungierte ich als studentischer Tutor. Ohne je damit beauftragt worden zu sein, hefteten sich später mehrere Referendare und Referendarinnen an meine Fersen als anleitender Lehrer. In den 70er Jahren besuchte ich als ehrenamtlicher Strafvollzugshelfer sieben Jahre lang die Strafanstalt Tegel. Ich nahm Lehraufträge an der FU und an den Volkshochschulen von Schöneberg und Charlottenburg wahr. Seit meiner Pensionierung im Jahre 2006 leite ich eine Senioren-Wandergruppe und organisiere in der Nachfolge meiner Frau vorerst noch die alljährlichen Senioren-Chorfeste im Britzer Garten.
Am liebsten setze ich mich für die Anderen still und unaufdringlich im Hintergrund ein.
Meine persönlichen Angaben wären das Gerüst eines individuellen Lebenslaufes, der in vielen Einzelheiten den Lebensläufen eines jeden von uns ähnelt. Meinen Schülern habe ich früher oft gesagt, dass mich an deren Biografien eigentlich nur dasjenige interessiere, was ihrem Leben Farbe gebe. Auf mich bezogen, hoffe ich, dass mein eigener Lebenslauf wenigstens einige Farbtupfer enthält, ohne dass ich nun einzelne Sektoren besonders hervorheben oder bewerten möchte. Manche von ihnen sind fremd- und andere wiederum eigenbestimmt, aber sie bleiben immerhin Tupfer – ohne jegliche Höhenflüge.
Lisa Sobanski geb. Tügel und Ulrich Sobanski, Bad Oldesloe
Es war im Jahre 1970, als Ingrid und ich mit der Fähre von Stockholm nach Turku in Finnland übersetzten, vorbei an den Åland-Inseln, quer über die Ostsee. Auf dem Oberdeck saß Lisa Sobanski (1921-2019), damals Dozentin an der Mütterschule in Bad Oldesloe, neben mir im Liegestuhl – und wir kamen über dies und das ins Gespräch.
Sie war verheiratet mit Ulrich Sobanski, einem Architekten, der seinerzeit einen Lehrauftrag an der Universität Hamburg hatte. Er stand an der Reling und karikierte die vorbeiziehende Landschaft – offenbar Bleistiftzeichnungen.
Ingrid war ständig auf Entdeckungsreise auf allen Ebenen der großen Fähre und tauchte hin und wieder auf, um aufgeregt über ihre Beobachtungen zu berichten.
In Turku kehrten wir gemeinsam ein und übernachteten in demselben Hotel, wobei sie vorher noch gar kein Quartier gebucht hatten. Mit Sicherheit haben wir ihnen damals erzählt, dass wir 1968 geheiratet hatten und im 15ten Stockwerk des damals einzigen Hochhauses in Berlin-Lichtenrade wohnten. Ganz gewiss erfuhren sie auch, dass ich nach meinen Staatsexamina die Studienratslaufbahn eingeschlagen hatte und dass Ingrid als Sozialpädagogin arbeiten wolle. Beim Abschied tauschten wir unsere Adressen aus und in den folgenden Jahren fuhren wir oft mit unserem VW-Käfer zu ihnen nach Bad Oldesloe; einmal kamen sie uns auch in Berlin besuchen und übernachteten in unserer Hochaus-Wohnung. Vom Alter her hätten Sobanskis unsere Eltern sein können, aber der Altersunterschied stand unserer jahrelangen Freundschaft überhaupt nicht im Wege.
Ulrich Sobanski hatte als Privatdruck ein Buch mit dem Titel „Der Augenzeuge“ veröffentlicht, welches seine Kriegserfahrungen einschließlich der Erlebnisse in russischer Kriegsgefangenschaft in Zeichnungen widerspiegelte. Er war ein sehr guter Erzähler, dem auch meine Schüler anlässlich einer Kursfahrt nach Bad Oldesloe aufmerksam zuhörten. Ich erinnere mich noch lebhaft daran, dass er uns die Architektur Lübecker Kirchen erklärte und zu historischen Grabungen führte. Wir lauschten bereitwillig, weil er uns mit seinen profunden Kenntnissen beeindruckte. (Sicherlich profitierten auch seine Studenten an der Universität Hamburg von ihm.) Schließlich wurden wir von ihm spontan zum Abendessen bei ihnen eingeladen.
Seine Frau Lisa (1921-2019) war die Tochter des Schriftstellers Ludwig Tügel (1889-1972). Sie engagierte sich in der evangelischen Kirchengemeinde in Bad Oldesloe und war eine ausgezeichnete Köchin und Gastgeberin. Beide, Ulrich und Lisa Sobanski, waren musikalischkünstlerisch unermüdlich engagiert und angetan von meiner Frau und ihrer frischen Wesensart. Sie nannten sie zärtlich „Mäuschen“, was Ingrid überhaupt nicht störte. Oft waren wir ihre Übernachtungsgäste und mochten den von Ulrich Sobanski entworfenen wohnlichen Flachbau mit gepflegtem Garten in der Klaus-Groth-Straße am Fuße der Eisenbahnlinie zwischen Hamburg und Lübeck. Von dort starteten viele Spaziergänge in die schöne Landschaft Schleswig-Holsteins.
Lisa und Ulrich Sobanski hatten in der Vorkriegszeit in Falkensee gewohnt und dort mag es gewesen sein, wo ihr Sohn noch als Baby nach einer tödlichen Impfdosis verstarb.
Nach der Geburt unserer beiden Kinder schrieben wir uns nur noch Briefe, doch auch dieser Kontakt verflachte allmählich – leider.
Ulrich Sobanskis Grabstätte liegt an der rückwärtigen Außenwand der Friedhofskapelle in Bad Oldesloe und das Grab von Lisa vermutlich auch.
*
Ich erinnere mich an eine Federzeichnung von ihm. Sie zeigt einen Knabenkopf im Profil mit zwei behütenden Händen über dessen Haarschopf - Händen, die aus dem Off kommen und mich mit ihrer Symbolkraft stark bewegten.
Irgendwie fühlten sich auch Ingrid und ich in der Nähe von Lisa und Ulrich Sobanski stets verstanden und behütet.