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Dass mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft notwendig ist und gesellschaftlich gefordert wird, dürfte kaum jemand bezweifeln. Fragen und Unsicherheiten treten aber schnell auf, wenn es um die praktische Umsetzung in den Unternehmen geht. Wie funktioniert also eine nachhaltige Unternehmensführung? Im vorliegenden Buch wird aktuellen Fragen zur Umsetzung der Nachhaltigkeit, mit teils überraschenden Erkenntnissen, nachgegangen: Fördert die Nachhaltigkeit den unternehmerischen Erfolg oder wird dieser vielmehr behindert? Lohnen sich nachhaltige Investitionen auch wirtschaftlich? Sind Kunden bereit, für nachhaltige Produkte mehr zu bezahlen und glauben sie den Unternehmen überhaupt, dass deren Produkte nachhaltig sind? Kann man Produkte so gestalten, dass es keinerlei negative Auswirkungen auf die Umwelt gibt? Welchen Beitrag zur Nachhaltigkeit werden vom Personalmanager erwartet? Führen Nachhaltigkeitsberichte tatsächlich zu mehr Transparenz? Das Buch entstand im Rahmen eines betriebswirtschaftlichen Studienprojektes an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen.
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Seitenzahl: 237
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Wie funktioniert eigentlich Nachhaltigkeit im Unternehmen und wie wird ein Unternehmen nachhaltig geführt? Hierzu existieren eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Tools, Methoden, Standards, Kodizes und Überzeugungen. Manches ist dabei gesetzlich verpflichtend, manches wird gesellschaftlich erwartet, anderes wünschen Kunden und wieder anderes ist dem Management und den Mitarbeitern wichtig. Die Volkswirtschaft und ganze Branchen verändern sich durch die Nachhaltigkeit, vor allem große Unternehmen berichten umfassend über ihr Engagement, sämtliche Beratungs- und vor allem Wirtschaftsprüfungsgesellschaften weisen „Sustainability“-Geschäftsfelder aus und schließlich bieten auch die örtlichen Handwerker eine ganze Reihe umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen an. Nicht wenige Hochschulen integrieren die Nachhaltigkeit in die Ausbildung und im Betriebswirtschaftsstudium wird in Ethikkursen über anständiges Management diskutiert. Trotz der immer wieder vorgetragenen Kritik, dass der Begriff der Nachhaltigkeit nicht klar definiert sei oder dieser gar eine fragwürdige wissenschaftliche Kategorie darstelle, ist die Nachhaltigkeit in der Gesellschaft und in der Wirtschaft längst angekommen.
Zu vielen grundlegenden Fragen des Nachhaltigkeitsmanagements gibt es überraschenderweise noch keine oder zumindest keine befriedigenden Antworten. Hierbei handelt es sich oftmals um ganz naheliegende Fragen, etwa derart: Geht die Nachhaltigkeit zu Lasten des wirtschaftlichen Erfolgs? Sind Kunden in großer Zahl tatsächlich auch bereit, für nachhaltige Produkte mehr zu bezahlen? Wenn jedes Unternehmen etwas weniger Ressourcen einsetzt und etwas weniger Emissionen verursacht, ist das zwar gut, leistet dies aber einen nennenswerten Beitrag zur Abwehr des Klimawandels und der Ressourcenverknappung? Kann man der Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen überhaupt vertrauen oder ist dies zum großen Teil nur Greenwashing? Kann ein Kunde beim täglichen Einkauf nachhaltige von nicht nachhaltigen Produkten zuverlässig unterscheiden? Es sind eher solche grundlegenden Fragen, die das Nachhaltigkeitsmanagement beeinflussen, als Spezialfragen zur Ökobilanz, zu ISO 14001 oder die Diskussion, ob die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit als Säulen oder besser als Dreieck dargestellt werden sollten.
Studierende der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen haben sich im Wahlmodul „Nachhaltige Unternehmensführung“ einige grundlegende Fragen zur Nachhaltigkeit im Unternehmen gestellt. Im Zeitraum von Oktober 2014 bis Februar 2015 wurden in Dreier- bzw. Vierergruppen diese Fragen entwickelt, untersucht und ausgearbeitet. Die Ergebnisse sind in diesem Buch enthalten. Das Seminar wurde nach der Methodik des „Forschenden Lernens“ organisiert. Dem entsprechend haben die Studierenden die Forschungsfrage eigenständig gesucht und in Form gegenseitiger Vorstellungen und gemeinsamer Diskussionen zunehmend präzisiert. Die Anforderung war, dass das Thema für einen Nachhaltigkeitsmanager in einem Unternehmen neuartig und hilfreich sein muss.
Neben dem laufenden Coaching, das durch den Dozenten wie auch durch die Gruppe der Studierenden selber erfolgte, wurde die Veranstaltung durch eine Vorlesung zu den Grundlagen der nachhaltigen Unternehmensführung und durch mehrere Gastvorträge aus dem Nachhaltigkeitsmanagement ergänzt.
Folgende Fragen wurden untersucht:
Können Unternehmen nachhaltig sein, auch wenn sie dem Kapitalmarktdruck ausgesetzt sind?
Lohnen sich nachhaltige Innovationen auch wirtschaftlich?
Ist der Cradle to Cradle-Ansatz, der echte Nachhaltigkeit ermöglicht, für Unternehmen tatsächlich machbar?
Wie sinnvoll sind Nachhaltigkeits-Gütesiegel für die Kunden?
Kann das Personalmanagement einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten?
Verschaffen Nachhaltigkeitsberichte Transparenz über das nachhaltige Engagement von Unternehmen?
Bei der Gestaltung und Umsetzung des Buchprojektes unterstützte mich Herr Gregor Funk, wofür ich ihm herzlich danke. Über Rückmeldungen und Anregungen von der Leserschaft würde ich mich freuen.
Prof. Dr. Ulrich Sailer
Controlling – Nachhaltigkeit – Finance
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen
Fakultät Betriebswirtschaft und Internationale Finanzen
Sigmaringer Straße 14
72622 Nürtingen
Vorwort des Herausgebers
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Alper Altundas, Metus Memeti, Jonas Rau, Jochen Schrag
1 Erschwert der Kapitalmarkt nachhaltiges Wirtschaften?
Oliver Frey, Michael Munz, Julia Stilz
2 Nachhaltigkeitskriterien und deren Wirkung auf die Wirtschaftlichkeit von Innovationen
Fabienne Rau, Ronja Rolle, Lisa Welsch
3 Cradle to Cradle – Lohnt sich die Einführung eines nachhaltigen Produktdesigns für ein Unternehmen?
Martin Andreas, Larissa Freitag, Markus Haerter, Birgit Schmidt
4 Die Bedeutung der Gütesiegel in der Kaffeebranche aus der Sicht der Verbraucher
Markus Feiler, Katharina Olenberg, Michael Rau
5 Nachhaltiges Personalmanagement vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Personalknappheit
Steffen Bauer, Gregor Funk, Carsten Gerwig, Daniel Schorb
6 Bietet die Global Reporting Initiative eine ausreichende Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsberichten?
Abb. 1-1: 3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit
Abb. 1-2: Nachhaltigkeitsdreieck
Abb. 1-3: Bestandteile einer nachhaltigen Geldanlage
Abb. 2-1: Innovationsbewertung innerhalb des Innovationsprozesses
Abb. 2-2: Umweltbewusstsein deutscher Konsumenten
Abb. 2-3: Auswertung Brutto Umsatzrendite mit Extremwert
Abb. 3-1: Der biologische und der technische Kreislauf
Abb. 3-2: Die fünf Kategorien der Produktbewertung
Abb. 3-3: Zertifizierungsstufen nach Cradle to Cradle
Abb. 4-1: EU-Bio-Siegel
Abb. 4-2: Bio-Siegel
Abb. 4-3: Fairtrade
Abb. 4-4: Rainforest
Abb. 4-5: 4C Association
Abb. 4-6: UTZ Certified
Abb. 4-7: Melitta: MISSION eco & care
Abb. 4-8: Jacobs: Jacobs Cares
Abb. 4-9: Lidl: Fairglobe
Abb. 4-10: Aldi: One World
Abb. 4-11: Export von Rohkaffee
Abb. 4-12: Bekanntheit der Gütesiegel im Alter von 16 – 30 Jahren
Abb. 4-13: Kenntnis der Bedeutung der Gütesiegel im Alter der 16 – 30 Jährigen
Abb. 4-14: Bekanntheit der Gütesiegel im Alter von 31 - 60 Jahren
Abb. 4-15: Kenntnis der Bedeutung der Gütesiegel im Alter der 31 – 60-Jährigen
Abb. 4-16: Bekanntheit der Gütesiegel im Alter der über 60-Jährigen
Abb. 4-17: Kenntnis der Bedeutung der Gütesiegel im Alter der über 60- Jährigen
Abb. 4-18: Anteile über das Vertrauen in die Gütesiegel
Abb. 4-19: Anteile der Häufigkeit der Gütesiegel
Abb. 4-20: Die Anteile an Informationswunsch
Abb. 4-21: Anteile der Transparenz der Gütesiegel
Abb. 4-22: Anteile der Kriterien für die Kaufentscheidung
Abb. 4-23: Häufigkeit des Kaufes von Kaffee mit Gütesiegeln?
Abb. 4-24: Gründe für den Kauf von Kaffeeprodukten mit Gütesiegeln
Abb. 5-1: Altersaufbau 1950 und 2015 in Deutschland
Abb. 6-1: Screenshot Linde „Vergleich ausgewählter Kennzahlen“
Abb. 6-2: Screenshot VW „Mein Bericht“
Abb. 6-3: Helvetia Wesentlichkeitsmatrix
Abb. 6-4: Ausschnitt Daimler Kennzahlen
Abb. 6-5: Ausschnitt Daimler Ziele
Abb. 6-6: Ausschnitt Coca-Cola Wasserverbrauch
Tabelle 1-1: In der Studie berücksichtigte Ressourcen
Tabelle 1-2: Aktionärsstruktur am Beispiel BWM
Tabelle 1-3: Kapitalmarktabhängige Unternehmen
Tabelle 1-4: Kapitalmarktunabhängige Unternehmen
Tabelle 1-5: Erster Schritt der Berechnung des Sustainable Value
Tabelle 1-6: Zweiter Schritt der Berechnung des Sustainable Value
Tabelle 1-7: Dritter Schritt der Berechnung des Sustainable Value
Tabelle 1-8: Vierter Schritt der Berechnung des Sustainable
Tabelle 1-9: Berechnung des Ertrags-Kosten-Verhältnisses für BMW im Jahr 2013
Tabelle 1-10: Ranking nach Sustainable Value und Ertrags-Kosten-Verhältnis
Tabelle 1-11: Kapitalmarktabhängige Unternehmen
Tabelle 1-12: Kapitalmarktunabhängige Unternehmen
Tabelle 2-1: innovative und nachhaltig innovative Unternehmen
Tabelle 4-1: Vergleich der relevanten Gütesiegel
AG
Aktiengesellschaft
CERES
Coalition for Environmentally Responsible Economies
CFO
Chief Financial Officer
DAX
Deutscher Aktienindex
DIN
Deutsches Institut für Normung
DM
Diversity Management
EU
Europäische Union
GIZ
Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit
GRI
Global Reporting Initiative
IfM
Institut für Mittelstandsforschung
IIRC
Integrated Reporting Council
ILO
Internationale Arbeitsorganisation
Inc.
incorporated
ISO
Internationalen Organisation für Standardisierung
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
NPM
nachhaltiges Personalmanagement
OECD
Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
UN
Vereinte Nationen
UNEP
Umweltprogramm der Vereinten Nationen
UNGC
Global Compact der Vereinten Nationen
WLB
Work-Life-Balance
von Alper Altundas, Metus Memeti, Jonas Rau, Jochen Schrag
Ergebnis
Ein geringes Nachhaltigkeitsengagement wird oftmals dadurch begründet, dass der wirtschaftliche Druck seitens des Kapitalmarktes kaum einen Spielraum hierfür ermögliche. Vom Kapitalmarkt abhängige Unternehmen könnten demnach nicht wirklich nachhaltig sein. Dabei gibt es aber weder „den“ Kapitalmarkt noch „das“ Ziel der Kapitalgeber. Zudem nehmen neben dem Kapitalmarkt auch die weiteren Stakeholder Einfluss auf das Unternehmen. Die Untersuchung zeigt, dass Unternehmen mit stabiler Beteiligungsstruktur und geringen kurzfristigen Abhängigkeiten vom Kapitalmarkt im Durchschnitt etwas nachhaltiger sind als Unternehmen mit einem hohen Streubesitz. Allerdings verhindert eine hohe Abhängigkeit vom Kapitalmarkt kein ausgeprägtes nachhaltiges Engagement, wie die Beispiele BASF oder Daimler zeigen.
1.1 Einleitung
1.1.1 Problemstellung
1.1.2 Gang der Untersuchung
1.2 Zielkonflikt zwischen dem eindimensionalen Shareholder-Value-Ansatz und einem multidimensional-nachhaltigen Wirtschaften
1.2.1 Shareholder-Value-Ansatz
1.2.2 Nachhaltiges Wirtschaften
1.2.3 Zielkonflikt
1.3 Erfolgsdruck: Einflussnehmende Faktoren auf dem Kapitalmarkt
1.3.1 Abgrenzung des traditionellen und nachhaltigen Kapitalmarktes
1.3.2 Klassifizierung der Investorenarten
1.3.3 Einflussfaktoren – traditioneller Kapitalmarkt
1.3.3.1 Private Anleger
1.3.3.2 Finanzinvestoren: Banken und Investmentfonds
1.3.3.3 Strategische Investoren: (Groß-) Unternehmen und Staat
1.3.4 Einflussfaktoren – nachhaltiger Kapitalmarkt
1.4 Sustainable-Value-Studie
1.4.1 Gruppenbildung – methodisches Vorgehen
1.4.1.1 Kapitalmarktabhängige Unternehmen
1.4.1.2 Kapitalmarktunabhängige Unternehmen
1.4.2 Scoringmodell in Anlehnung an den Sustainable-Value-Ansatz
1.4.3 Berücksichtigung der Unternehmensgröße
1.5 Resultat
1.6 Fazit
Seit jeher ist Wachstum bei börsennotierten Aktiengesellschaften ein ausschlaggebender Faktor zur Erreichung der Unternehmensziele. Dabei kann man den Eindruck gewinnen, dass das Wachstum keine Grenzen kennt. Dieses Phänomen resultiert zum einen aus dem Wettbewerbsdruck der Unternehmen und zum anderen aus den Anforderungen, die der Kapitalmarkt an die sich hier refinanzierenden Unternehmen stellt. Diese beinhalten u.a. die Maximierung des Shareholder Value. Daraus kann abgeleitet werden, dass vom Kapitalmarkt ein Erfolgsdruck ausgeht.
Andererseits ist die Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten neben den ökonomischen Zielsetzungen aus dem unternehmerischen Entscheidungskalkül von heute nicht mehr wegzudenken. Die Eingriffe, die vorgenommen werden, um den wirtschaftlichen Zielen näher zu kommen, haben oft eine negative Auswirkung auf das ökologische und soziale Umfeld. Bei einer eindimensionalen Fokussierung auf die ökonomischen Ziele werden ein massiver Ressourcenverbrauch und eine übermäßige Belastung der Umwelt, sowie ein unfairer Umgang mit Humankapital in Kauf genommen. Die Berücksichtigung der Faktoren Ökonomie, Ökologie und Soziales sind wesentliche Bestandteile einer nachhaltigen Unternehmensführung. Die Notwendigkeit eines nachhaltigen Wirtschaftens resultiert daraus, dass man mit verschiedensten Anspruchsgruppen umgehen und deren legitimen Interessen weitestgehend befriedigen muss, um von diesen die „license to operate“ zu erhalten. Damit ist die Erlaubnis von möglichst allen Anspruchsgruppen gemeint, die einem Unternehmen freies Handeln garantiert. Diese Erlaubnis wird durch sogenannte „Stakeholderdialoge“ gefördert, indem das Unternehmen verschiedene Stakeholder zum Austausch ihrer teils divergierenden Interessen einlädt und diese in sein Zielsystem integriert. Hierdurch wird ein nachhaltiges Wirtschaften ermöglicht. Ein Hemmnis hierfür ist u.a. die Umstellung von herkömmlichen zu innovativen und ressourcenschonenden Verfahrensweisen, welche dem Unternehmen keinen unmittelbaren Nutzen liefert. Deshalb werden sie meist nur als Kostenfaktor betrachtet und weniger als Chance einer nachhaltigen Existenzsicherung. Wird also nachhaltiges Wirtschaften durch den Erfolgsdruck der Kapitalgeber erschwert oder ist dieses miteinander vereinbar?
In dieser Arbeit wird das Ziel verfolgt, börsennotierte Aktiengesellschaften auf ihre Nachhaltigkeitsleistung hin zu untersuchen. In diesem Zusammenhang sollen Abhängigkeiten, Einflüsse und Interessen, die vom Kapitalmarkt ausgehen und einen Erfolgsdruck auf die Unternehmen ausüben, dargestellt werden. Hierzu wurden zwei Hypothesen aufgestellt:
Hypothese 1:
Wenn ein Unternehmen eine börsennotierte Aktiengesellschaft ist, besteht ein Erfolgsdruck vom Kapitalmarkt.
Hypothese 2:
Wenn eine börsennotierte Aktiengesellschaft vom Kapitalmarkt abhängig ist (hohe „Freefloat-Quote“, niedrige Quote an Großinvestoren), ist ein nachhaltiges Wirtschaften nicht möglich.
Wenn eine börsennotierte Aktiengesellschaft weniger vom Kapitalmarkt abhängig ist (geringe „Freefloat-Quote“, hohe Quote an Großinvestoren), ist ein nachhaltiges Wirtschaften möglich.
Die Hypothesen werden in den folgenden Kapiteln aufgegriffen und inhaltlich analysiert. Die folgenden Untersuchungen sollen dazu führen, die Hypothesen zu be- oder zu widerlegen.
Wir beschränken uns auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft, da hier der Bezug zum Kapitalmarkt am ausgeprägtesten ist. Damit sind auch die Einflüsse auf die Unternehmensführung am stärksten. Um die Frage zu klären, ob nachhaltiges Wirtschaften vom Erfolgsdruck des Kapitalmarkts erschwert wird, werden hier zwei Unternehmensgruppen gebildet: eine „kapitalmarktabhängige“ und eine „kapitalmarktunabhängige“ Gruppe. Dabei erfolgt die Gruppeneinteilung durch die bestehende Aktionärsstruktur, die den Grad der Abhängigkeit vom Kapitalmarkt definiert. Anhand dieser Gruppen wird eine empirische Untersuchung vorgenommen, um die Forschungsfrage neben den theoretischen Ausführungen auch quantitativ zu belegen. Die Untersuchung wird anhand der Automobilindustrie durchgeführt. Sie bietet mit die beste Datenlage für eine Analyse der Nachhaltigkeitsleistungen.
Um die Frage zu beantworten, ob nachhaltiges Wirtschaften vom Erfolgsdruck des Kapitalmarkts erschwert wird, weist die vorliegende Arbeit folgende Struktur auf:
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Shareholder-Value-Ansatz und dessen Eindimensionalität in Bezug auf Nachhaltigkeitsleistungen. Zudem wird das konträre Modell des Stakeholder-Ansatzes beschrieben und ein Vergleich der beiden Modelle vorgenommen. Dadurch können die in der Arbeit benutzten Begriffe des nachhaltigen und traditionellen Wirtschaftens definiert werden.
Das dritte Kapitel widmet sich der Untersuchung eines möglichen Erfolgsdrucks vom Kapitalmarkt auf die Unternehmungen. Zuerst wird eine Abgrenzung des nachhaltigen und traditionellen Kapitalmarktes vorgenommen. Für den folgenden Abschnitt bildet diese Unterteilung die Wissensgrundlage und zugleich die weitere Struktur des Kapitels. Dabei werden zunächst die relevanten Kapitalmarktteilnehmer identifiziert und klassifiziert. Darauffolgend soll im Einzelnen geklärt werden, ob und inwiefern die identifizierten Marktteilnehmer einen Erfolgsdruck auf die sich dort refinanzierenden Aktiengesellschaften ausüben.
Im vierten Kapitel wird die Nachhaltigkeitsleistung der Unternehmen anhand der ausgewählten Gruppen untersucht, um die theoretischen Ausführungen quantitativ zu ergänzen. Die quantitative Untersuchung wurde unter Zuhilfenahme eines Scoringmodells durchgeführt. Die dafür notwendigen ökonomischen, sozialen und ökologischen Unternehmensdaten wurden analysiert, bewertet und interpretiert. Im fünften Kapitel werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung kritisch betrachtet. Zuletzt werden in Kapitel sechs die wesentlichen Erkenntnisse im Hinblick auf Forschungsfrage bewertet und die Grenzen der Untersuchung benannt.
Um herauszustellen, ob bei Aktiengesellschaften ein Erfolgsdruck vom Kapitalmarkt – speziell von den Eigenkapitalgebern – besteht und ob dieser ein nachhaltiges Wirtschaften erschwert, soll hier der Zielkonflikt zwischen dem eindimensionalen Shareholder-Value-Ansatz und einem multidimensional – nachhaltigen Wirtschaften aufgezeigt werden, indem diese zwei Konzepte erklärt und divergierende Interessen verschiedener Stakeholder dargelegt werden.
Im Folgenden soll nicht auf die Berechnung des Shareholder Value eingegangen werden, sondern viel mehr auf die Art und Weise, wie der Shareholder-Value-Ansatz das Unternehmen, dessen Führung und die Unternehmensziele beeinflusst.
Die Eigenkapitalgeber stellen in Unternehmen die oberste Entscheidungsinstanz dar. Dementsprechend ist es unumgänglich, die Interessen der Kapitalgeber zu verfolgen und zu befriedigen. Aus diesem Grunde richtet der Großteil der Aktiengesellschaften seine Unternehmensziele am Shareholder-Value aus, das 1986 von Alfred Rappaport begründet wurde. Nach Rappaport ist die Orientierung am Shareholder Value das wichtigste, eventuell sogar das einzige Ziel der Unternehmensführung. (vgl. Schittenhelm 2013, S. 183)
Der Shareholder-Value-Ansatz besagt, dass ein Unternehmen primär die Interessen der Aktionäre zu verfolgen habe. Dies bedeutet, dass die Interessen der Eigentümer und Kapitalgeber, den Wert ihres angelegten Kapitals zu steigern, über anderen Interessen stehen. Die Interessen der übrigen Stakeholder werden lediglich in dem Maße erfüllt, wie gesetzliche Mindeststandards vorliegen. (vgl. Gabius 2013, S. 256f.)
An sich ist die Idee der Shareholder-Value-Orientierung, den Kapitalwert des Investors zu maximieren, nicht kritisch, sondern vielmehr erforderlich. Wenn die Rendite des Aktionärs geringer ausfällt als die Zinsen, die er erhielte, wenn er sein Kapital z.B. an einer Bank anlegt, würde der Aktionär mit der Investition in die Aktie keinen Mehrwert schaffen, sondern Kapital vernichten. Deshalb ist es obligatorisch für jede Aktiengesellschaft, die Investition für den Anleger lohnend zu machen. Dabei scheint die einfachste und am weitesten verbreitete Variante der Shareholder-Value-Ansatz zu sein. Jedoch werden gesellschaftliche Normen durch das Konzept nicht oder nicht ausreichend beachtet, wodurch das Konzept in weiten Teilen der Gesellschaft als unanständig gilt. (vgl. Sailer 2012, S. 83)
Es lässt sich also schließen, dass der Shareholder-Value-Ansatz ausschließlich eine finanzwirtschaftliche Betrachtung des Unternehmens liefert (vgl. Ernst 2013, S. 44). Weitere Perspektiven wie die Gesellschaft oder die Umwelt, die gerade in Zeiten der aufstrebenden Nachhaltigkeit für ein Unternehmen von großer Bedeutung sind, werden vom Management zu Gunsten von noch mehr Rendite für die Shareholder vernachlässigt.
Nicht immer selbstverständlich ist aber, dass das Management eines Unternehmens im Sinne der Aktionäre handelt. Der Principal-Agent-Konflikt behandelt genau dieses Problem. Der Agent, also das Management, verfügt über weitreichende Entscheidungskompetenzen und Handlungsspielräume, um ihre eigenen Ziele zu verwirklichen. Der Principal hat nicht die Möglichkeit, die Agenten vollständig zu überwachen, wodurch das Eigentum und die Kontrolle teilweise auseinanderfallen.
Durch die Corporate-Governance-Kodizes wird die Machtposition der Manager geschwächt und es werden die Informationsasymmetrien und Interessendivergenzen zwischen den Shareholdern und dem Management reduziert. Dies geschieht dadurch, dass dem Management die Verantwortung für ihr Handeln übertragen wird und gesetzliche Normen es verpflichten, das Unternehmen im Sinne eines ehrbaren Kaufmanns zu führen. Es findet also eine Art nachhaltige Regelung bezüglich der Beziehung Shareholder – Management statt, die Vertrauen schafft.
Was ist aber mit den Interessengegensätzen zwischen dem Unternehmen und der Öffentlichkeit, der Umwelt, der Gesellschaft, der Mitarbeiter und vieler weiterer Stakeholder, deren Interessen im Shareholder-Value-Konzept nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden? Um auch diese auszugleichen bedarf es mehr, als nur der Shareholder-Value-Orientierung.
Um die Beziehungen des Unternehmens zu allen weiteren in irgendeiner Weise beteiligten und betroffenen Gruppierungen zu verbessern, was dem Prinzip der Nachhaltigkeit entspricht, benötigt es weit mehr, als nur die Beachtung des Shareholder Value.
Deshalb soll hier im Sinne der Nachhaltigkeit erklärt werden, inwieweit ein Unternehmen nachhaltig wirtschaften sollte, damit es möglichst alle Stakeholder miteinbeziehen kann. Hierbei soll zunächst auf die Nachhaltigkeit selbst eingegangen werden, um dann anhand des Stakeholder Ansatzes zu erläutern, inwiefern dieser besser dazu geeignet ist, nachhaltig zu wirtschaften.
Sehr wahrscheinlich ist, dass Hans Carl von Carlowitz 1713 zum ersten Mal den Begriff „nachhaltig“ benutzt hat. In seinem Werk zur Forstwirtschaft „Sylvicultura oeconomica“ spricht er sinngemäß davon, dass man pfleglich mit dem Holz umgehen und alle Verschwendung vermeiden solle, damit eine nachhaltende und beständige Nutzung des Waldes gewährleistet ist (vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit 2014). Das Wort „nachhaltig“ bedeutet also, dass etwas für längere Zeit bestehen bleibt, andauert oder auch, dass etwas zurückgehalten wird, damit man in schlechten Zeiten darauf zurückgreifen kann. 1953 entwickelte Howard R. Bowen mit dem Buch „Social Responsibilities of the Businessman“ das Konzept der Corporate Social Responsibility, also der Sozialverantwortung der Unternehmen, woraus u.a. Arbeitnehmerschutzgesetze entwickelt wurden (vgl. Raupp/Jarolimek/Schultz 2011, S. 9). Ein weiteres wichtiges Ereignis war die Gründung der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung 1983, deren Vorsitzende die ehemalige Ministerpräsidentin von Norwegen Gro Harlem Brundtland war. Das Ziel war die Erstellung eines Berichtes über die Leitbildbeschreibung der nachhaltigen Entwicklung von Unternehmen. Dieser Bericht – auch bekannt als Brundtland-Bericht – wurde 1987 unter dem Namen „Our common future“ veröffentlicht und die Definition von „nachhaltiger Entwicklung“ gilt heute als die Meistgebrauchte. Hier heißt es, dass eine Entwicklung dann nachhaltig ist, wenn diese den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht. Dabei dürfen aber die Möglichkeiten künftiger Generationen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und einen eigenen Lebensstil zu wählen, nicht gefährdet werden. Darauf folgend müssen Ziele in Bezug auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet werden. (vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit 2014)
Hier kommt deutlich zum Vorschein, dass eine wirtschaftliche Entwicklung auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet werden soll. Um auf Carlowitz zurückzugreifen, muss eine wirtschaftliche Entwicklung also nachhaltig sein.
Die Perspektiven der Nachhaltigkeit können gut am sogenannten „3-Säulen-Modell“ erklärt werden:
Abb. 1-1: 3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit
Quelle: eigene Darstellung
Ökonomie:
Es soll dadurch ein dauerhafter Wohlstand geschaffen werden, indem sorgsam mit Ressourcen umgegangen wird, Bildung gefördert wird und für den wirtschaftlichen Erfolg notwendige günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Umsetzung z.B. möglich durch den Einsatz innovativer Maschinen/Prozesse oder dem Ausbau des Ausbildungssystems (vermehrt für Weiterbildung sorgen), wie auch Shareholder Value
Ökologie:
Bewahrung der Natur und der Umwelt für kommende Generationen, indem auf Klimaschutz, Energie- und Ressourcenverbrauch, Abfälle und Emissionen geachtet wird.
Umsetzung z.B. durch Investitionen in erneuerbare Energien, Recycling, Einbeziehung von Gruppierungen, deren Interesse mit höchster Priorität in der Ökologie liegt
Soziales:
Eine zukunftsfähige wie auch lebenswerte Gesellschaft schaffen, mit dem Ziel, dass sich die darin Lebenden entfalten und am gemeinschaftlichen Geschehen teilnehmen können.
Umsetzung z.B. durch Orientierung an der internationalen Menschenrechtscharta der UN, Verbesserung von Mitarbeiterschutz und –sicherheit, Einbeziehung von Gruppierungen, deren Interesse mit höchster Priorität im sozialen Bereich liegt. (vgl. Sailer 2013, S. 26f.).
Ausgehend von dieser Dachkonstruktion wird Nachhaltigkeit von drei Säulen gestützt. Die isolierte Anordnung der drei Säulen legt zudem nahe, dass es keinerlei Interdependenzen gibt. Tatsächlich beeinflusst soziales und ökologisches Engagement sehr häufig den ökonomischen Erfolg. Ein weiterer Punkt, den das Modell durch die Höhe der Säulen zum Ausdruck bringt, ist die gleich große Bedeutung der drei Perspektiven. Deren Bedeutung kann sich von Unternehmen zu Unternehmen aber unterscheiden. Durch die Darstellung als Säulen könnte zudem der Eindruck entstehen, dass die Nachhaltigkeit auch noch auf zwei Säulen stabil stehe.
Von Kritikpunkten wie diesen kann man im sogenannten „Nachhaltigkeitsdreieck“, durch die integrierte Darstellung aller drei Perspektiven in einem Dreieck, nicht mehr sprechen:
Abb. 1-2: Nachhaltigkeitsdreieck
Quelle: eigene Darstellung
Nachhaltiges Wirtschaften sollte demnach so verstanden werden, dass alle drei Perspektiven ineinander übergehen, voneinander abhängig und unterschiedlich wichtig für das jeweilige Unternehmen sind. Von großer Bedeutung können bei einem kapitalmarktabhängigen Unternehmen die ökonomischen Ziele sein, um die Shareholder zu befriedigen. In diese Ziele sollten dann Maßnahmen zur ökologischen Verantwortung und einem sozialen Engagement integriert werden, um nicht nur die Shareholder, sondern auch alle übrigen relevanten Stakeholder zufrieden zu stellen. Dann kann man vom Stakeholderansatz sprechen. Dieser spiegelt die Sichtweise wider, die alle relevanten Stakeholder in die Entscheidungen des Unternehmens einbindet, damit sie den Entscheidungen und Handlungen des Unternehmens vertrauen. Nur so ist ein nachhaltiges Wirtschaften gewährleistet. Indem man auf die Stakeholder eingeht und zeigt, dass man deren individuelle Interessen in den Unternehmenszielen, den Unternehmensgrundsätzen und Kodizes berücksichtigt, erhält man die „license to operate“, also die gesellschaftliche Akzeptanz des unternehmerischen Handelns.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Konflikt zwischen dem Shareholder und dem Management im Shareholder-Value-Ansatz nicht ohne das Principal-Agent-Konzept durch die Einführung von wichtigen Kodizes und Gesetzen gelöst werden kann. Nur durch dieses kann in einer nachhaltigen Art und Weise die Machtposition des Managements eingedämmt werden.
Um nachhaltig zu wirtschaften reicht der eindimensionale Shareholder-Value-Ansatz nicht aus. Alle weiteren Stakeholderbeziehungen werden nicht berücksichtigt, was dem Prinzip der Nachhaltigkeit widerspricht, da diese versucht, die Interessen aller in irgendeiner Weise beteiligten und betroffenen Gruppierungen zu befriedigen.
Der Konflikt zwischen dem Shareholder-Value-Ansatz und einem nachhaltigen Wirtschaften besteht also darin, dass in ersterem eine eindimensional monetäre Perspektive eingenommen wird. Dies ist häufig mit einer negativen Beeinflussung der anderen beiden Nachhaltigkeitsziele verbunden. Es werden zu Gunsten eines Stakeholders viele andere benachteiligt, was nicht im Sinne des nachhaltigen Wirtschaftens ist. Vielmehr sollte sichergestellt werden, dass über die Wahrung der Anteilseignerinteressen hinaus, die Interessen aller Stakeholder bewahrt werden.
Dieses Kapitel widmet sich der Frage, ob und inwiefern vom Kapitalmarkt ein Erfolgsdruck auf die Unternehmen wirkt. Hierzu wird zunächst eine Unterteilung des Kapitalmarktes in einen traditionellen, sowie in einen nachhaltigen Kapitalmarkt vorgenommen. Im Rahmen der Arbeit wird unter der Begrifflichkeit des nachhaltigen Kapitalmarktes der Teil des Kapitalmarktes verstanden, in dem mit nachhaltigen Anlageprodukten gehandelt wird. Die folgenden Abschnitte dienen zur Klassifizierung der Investoren, sowie zur Darstellung der Abhängigkeiten, Einflüsse und Interessen, die vom Kapitalmarkt - und dessen Akteuren - ausgehen und einen Erfolgsdruck auf die Unternehmen ausüben können.
Kapitalmärkte ermöglichen börsennotierten Unternehmen ihre Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung zu sichern und stellen somit eine Finanzierungsquelle dar. Klassische Kapitalanlagen, die an der Börse gehandelt werden, stehen in einer Wechselbeziehung aus Rendite, Sicherheit und Liquidität. Nachhaltige Investments beinhalten zusätzlich noch soziale und ökologische Kriterien.
Variablen klassischer Geldanlagen:
Rentabilität: Welchen Kapitalertrag soll die Investition bringen?
Liquidität: Wann soll das angelegte Geld dem Investor wieder zur Verfügung stehen?
Sicherheit: Welches Risiko wird mit dem Investment eingegangen?
Nachhaltige Investments ergänzen die Kriterien um drei weitere soziale/ethische Aspekte:
Umwelt und ökologische Aspekte (E)
Soziale und gesellschaftliche Aspekte (S)
Verantwortliche Unternehmensführung (G)
Abb. 1-3: Bestandteile einer nachhaltigen Geldanlage
Quelle: eigene Darstellung
Was sind nachhaltige Investments?
Die neue, ergänzende Dimension der sozialen Kriterien soll die Investoren bei ihren Investments für Nachhaltigkeit sensibilisieren. "Nachhaltiges Investment" ist die allgemeine Bezeichnung für eine nachhaltige, verantwortliche, ethische, soziale, ökologische Geldanlage. (vgl. Forum Nachhaltige Geldanlagen)
Verantwortungsvolle Investoren wollen ihr Geld ethisch verdienen und nicht in Unternehmen investieren, die der Nachhaltigkeit wenig Bedeutung beimessen. Anleger sollen sich fragen, in welche Unternehmen sie investieren möchten? Wo investiert ihre Bank ihr Geld? Passen diese Investments zu ihren sozialen und ethischen Wertvorstellungen? Die Beliebtheit der nachhaltigen Kapitalanlagen ist zu spüren. Laut dem Forum für Nachhaltige Geldanlagen lag das Anlagevolumen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Ende 2011 bei 103,5 Mrd. Euro, Tendenz steigend. (vgl. oekom research AG 2013, S. 11)
Sind soziale und ethische Wertvorstellungen mit dem Kapitalertrag vereinbar?
Nachhaltige Geldanlagen müssen sich immer wieder mit Vorurteilen auseinandersetzen, dass sie bezüglich ihrer Anlagenzusammensetzung, durch Ausschlusskriterien, eingeschränkt sind und sich so nicht diversifiziert aufstellen können. Einige Ausschlusskriterien sind z.B. Tabak, Alkohol oder Rüstung. Die Einschränkung der Anlagenzusammensetzung könnte somit zu mehr Risiko und weniger Rendite führen. Jedoch sind verantwortungsvolle und nachhaltige Investoren immer mehr der Meinung, dass zusätzliche Kriterien wie soziale und ethische Wertvorstellungen dazu beitragen die Risiken gering zu halten und eine Auseinandersetzung mit den Gefahren zu verstehen hilft, um welche Anlagerisiken es sich handelt.
Für den folgenden Abschnitt bildet die Unterteilung in den traditionellen und nachhaltigen Kapitalmarkt die Wissengrundlage und zugleich die weitere Struktur des Kapitels. Im Rahmen der Arbeit wird unter der Begrifflichkeit des nachhaltigen Kapitalmarkts der Teil des Kapitalmarktes verstanden, in dem mit nachhaltigen Anlageprodukten gehandelt wird. Im Einzelnen soll geklärt werden, ob und inwiefern die Marktteilnehmer einen Erfolgsdruck auf die sich dort refinanzierenden Unternehmungen ausüben. Weiterhin wird eine Unterteilung in Marktteilnehmer des traditionellen sowie des nachhaltigen Kapitalmarktes vorgenommen. Diese Differenzierung ist notwendig, da gemäß der Erläuterungen über den Shareholder- und Stakeholder-Ansatz die Erwartungen der Marktteilnehmer bezüglich der Unternehmensperformance unterschiedlich sind. Zudem beschränkt sich die Betrachtung auf den Aktienmarkt als Teilsegment des Kapitalmarkts, da dieser den Unternehmenserfolg am ehesten abbilden kann.
Es gilt folgende Fragen zu beantworten:
Wie lassen sich die Marktteilnehmer (z.B. Aktionäre) klassifizieren?
Besteht ein Erfolgsdruck ausgehend vom Markt?
Wie wird "Unternehmenserfolg" von den Marktteilnehmern definiert?
Welche Marktteilnehmer sind direkt oder indirekt am Erfolg des Unternehmens interessiert?
Welche Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Unternehmung haben diese Marktteilnehmer?
Was sind die Folgen, sofern dem Erfolgsdruck nicht nachgekommen wird?
Die klassischen Investorengruppen des Aktienmarktes lassen sich in private und institutionelle Anleger unterteilen. Dabei zählen zu den institutionellen Anlegern:
Strategische Investoren: Unternehmen die aus dem produzierenden Gewerbe und nichtfinanziellen Dienstleistungssektor kommen sowie öffentliche Haushalte
Finanzinvestoren: Banken, Investmentfonds, Versicherungen und sonstige finanzielle Investoren
Für die weiteren Betrachtungen der Kapitalmarktteilnehmer wird die o.g. Klassifizierung eingehalten und teilweise verfeinert.
Laut dem Monatsbericht (9/2014) der Bundesbank über die Eigentümerstruktur des deutschen Aktienmarktes werden rund 11% des investierten Kapitals von den inländischen privaten Haushalten gestellt. Weitere 18% von der Gruppe der inländischen strategischen Investoren, sowie ca. 11% von inländischen Finanzinvestoren. Besonders hervorzuheben sind innerhalb der inländischen Finanzinvestoren die Banken mit 2,7%, sowie die Investmentfonds mit einem Anteil von 6,3%. Der Bericht weist zudem darauf hin, dass der verbleibende Anteil der investierten Mittel am Aktienmarkt von ausländischen Investoren gehalten wird. Dabei ist auch hier festzustellen, dass die institutionellen Anleger einen überwiegenden Anteil ausmachen. (vgl. Deutsche Bundesbank Eurosystem 2014)
Klassisch hat ein Aktionär als Eigenkapitalgeber einen Mindestrenditeanspruch (aus Unternehmenssicht: Eigenkapitalkosten), der vergleichbar mit der Rendite einer risikolosen Staatsanleihe ist. Da der Eigenkapitalgeber zusätzlich die unternehmerischen Risiken übernimmt, sind diese mittels eines Risikozuschlags einzupreisen. In der Praxis haben sich verschiedene Berechnungsmethoden dieser Renditeansprüche durchgesetzt. Die gängigen Methoden zur Berechnung der Renditeansprüche sind das Capital Asset Pricing Model (CAPM) sowie das Arbitrage Pricing Model (APM). Auf die Methodik der Berechnungsansätze soll hier nicht weiter eingegangen werden. (vgl. Schmeisser/Rönsch/Zilch 2009, S. 15)
Um allen Anspruchsgruppen eines Unternehmens gerecht zu werden, findet auch am traditionellen Kapitalmarkt der Stakeholder-Ansatz immer größeren Zuspruch. Nichtsdestotrotz steht für die kapitalistisch orientierten Unternehmen die Steigerung des Shareholder-Value im Vordergrund. Gründe dafür sind unter anderem folgende Entwicklungen:
Globalisierung: Diese führt zu stärkerem Wettbewerb und damit zu einem erhöhten Finanzierungsbedarf der Unternehmen. Kapital stellt ein knappes Gut dar, das nur über die internationalen Kapitalmärkte gedeckt werden kann. Eine dementsprechende Wertorientierung der Unternehmen ist erforderlich, um für Investoren attraktiv zu sein.
Unternehmen als Investitionsobjekte: institutionelle Investoren halten mitunter immer größere Unternehmensanteile. Die Machtposition der Investoren führt damit zu einer wertorientierten Unternehmensführung um deren Interessen nachzukommen. (vgl. Schmeisser/Rönsch/Zilch 2009, S. 6)
Im Allgemeinen sollen die Renditeerwartungen der Eigenkapitalgeber, wie oben dargestellt, maximal erfüllt werden. In der theoretischen Betrachtungsweise lässt sich damit aus Sicht der Shareholder der "Unternehmenserfolg" als Steigerung des Marktwertes des Eigenkapitals definieren. (vgl. Burgy 2013, S. 66)
In der Realität sind die Interessen der aufgeführten Investorengruppen jedoch keineswegs homogen und auf kurzfristige Kursgewinne oder hohe Gewinnausschüttungen ausgerichtet. So wird Kleinanlegern bzw. Minderheitsaktionären als vorrangiges Interesse die Maximierung des Aktienkurses unterstellt. Dem Staat wird hingegen unterstellt, mit einem Investment stärker gesellschaftliche Ziele, wie den Erhalt von Arbeitsplätzen, zu verfolgen (vgl. Furch 2011, S. 54). Auch die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Unternehmensleitung unterscheiden sich u.a. aufgrund der Machtverhältnisse erheblich. Ein wirtschafspsychologischer Zusammenhang ist etwa das Phänomen der "rationalen Apathie". Das Phänomen kommt vorwiegend bei Minderheitsaktionären vor und gründet auf der Logik, dass die Einflussnahme eines Investors auf die Unternehmensleitung mit Kosten für diesen verbunden ist. Aufgrund des geringen Kapitalanteils und der verhältnismäßig hohen Kosten, wird sich ein Minderheitsaktionär in der Regel gegen eine direkte Einflussnahme entscheiden. Daher wird die direkte Einflussnahme vorwiegend den institutionellen Investoren mit entsprechend größeren Kapitalanteilen überlassen (vgl. Kehren 2006, S. 1).
Aus der Kombination der Interessen der jeweiligen Investorengruppe sowie deren Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensleitung, lässt sich ein möglicher Erfolgsdruck ableiten. Wie stark dieser Erfolgsdruck tatsächlich auf die Unternehmung wirkt, wird nachfolgend untersucht. Dafür werden die relevanten Investorengruppen genauer beleuchtet.